2018 Tumorzentrum München

 
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2018 Tumorzentrum München
ISSN 1437-8019
                                                 Einzelverkaufspreis 4,– €

                                                       1 | 2018

Highlights vom ASH 2017
Molekular zielgerichtete Therapien gegen
Maligne Lymphome – Martin Dreyling

„Weniger in Entitäten, mehr in Mechanismen
denken“
Interview mit Florian Bassermann, neuer Ordinarius
an der Technischen Universität München

Screen2Care
Digitale Erfassung psychischer Belastungen von
Krebspatienten – Theresa Pichler

„… dann kann es auch mal kritisch werden“
Interview mit Michael von Bergwelt, neuer Ordinarius
an der Ludwig-Maximilians-Universität

Zeitschrift des Tumorzentrums München und des CCC München
an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität München
und der Technischen Universität München
2018 Tumorzentrum München
REZIDIV DES MULTIPLEN MYELOMS

ÜBERZEUGENDE
RISIKOREDUKTION
nach nur 1 Vortherapie für Progress oder Versterben1,2

DVd vs. Vd: 77 % (HR 0,23)3,*
DRd vs. Rd: 59 % (HR 0,41)4,*

* HR 0,23 ⩠Risikoreduktion von 77 %, HR 0,41 ⩠Risikoreduktion von 59 %.
Daten stammen aus zwei beim ASH 2017 vorgestellten präspezifierten Subgruppenanalysen der Pat. mit 1 Vortherapie der randomisierten, offenen, aktiv-kontrollierten Phase-3- Studien
CASTOR (Daratumumab, Bortezomib, Dexamethason [DVd] vs. Bortezomib, Dexamethason [Vd])1 und POLLUX (Daratumumab, Lenalidomid, Dexamethason [DRd] vs. Lenalidomid,
Dexamethason [Rd])2 bei Pat. mit rez. und refr. multiplen Myelom mit verlängerter Beobachtungszeit.

1. Palumbo A, et al. NEJM 2016;375(8):754-766.                      3. Andrew Spencer et al., Poster presented at ASH; December 9-12, 2017, Atlanta. Abrufbar unter: http://bit.ly/2FOsnz9
2. Dimopoulos MA, et al. NEJM 2016;375(14):1319-1331.               4. Philippe Moreau et al., Poster presented at ASH; December 9-12, 2017, Atlanta. Abrufbar unter: http://bit.ly/2FOsnz9

   Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Daher ist es wichtig, jeden Verdacht auf Nebenwirkungen in Verbindung mit diesem Arzneimittel zu melden.
DARZALEX® 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkstoff: Daratumumab. Zusammensetz.: Jede 5 ml Durchstechfl. enth. 100 mg; jede 20 ml Durchstechfl. enth. 400 mg
Daratumumab. Sonst. Bestandt.: Essigsäure 99%, Mannitol (E421), Polysorbat 20, Natriumacetat-Trihydrat, Natriumchlorid, Wasser f. Injektionszw.. Anw.geb.: Als Monotherapie z. Bhdlg. erw. Pat. m.
rezidiviertem u. refraktärem multipl. Myelom, d. bereits m. e. Proteasom-Inhibitor u. e. Immunmodulator bhdlt. wurden u. d. währ. d. letzt. Ther. e. Krankh.-progr. zeigten. In Komb. m. Lenalidomid
u. Dexamethason od. Bortezomib u. Dexamethason f. d. Bhdlg. erw. Pat. m. multipl. Myelom, d. bereits mind. eine Ther. erh. haben. Gegenanz.: Überempfindl. gg. Daratumumab od. e. d. sonst. Be-
standt., Schwangersch., es sei denn Nutzen d. Bhdlg. f. d. Frau überw. potent. Risik. f. Fetus. Warnhinw. u. Vorsichtsmaßn. für d. Anw.: Nur zur einmaligen intravenös. Anw.. Frauen, d. schwanger
werden könnt., müssen währ. d. Bhdlg. u. f. weit. 3 Mo. nach d. Bhdlg. e. zuverl. Verhütgs.meth. anw.; Vors. b. Pers. unter Natrium kontroll. (natriumarmer/kochsalzarmer) Diät. Um d. Risiko in-
fus.-bedgt. Reakt. (IRRs) zu reduz., sollt. Pat. v. Bhdlg. m. DARZALEX® e. Prämedikation m. Antihistaminika, Antipyretika u. Kortikoiden erhalt.. Bei IRRs jd. Schw.grad. soll Infus. v. DARZALEX® unterbr.
werd. u. b. Bedarf IRRs medikament. beh. u. unterstützd. Maßn. eingeleitet werden. Bei Fortführg. d. Infus. soll d. Infus.-geschwindigkt. reduz. werd.; um d. Risiko verzögert. IRRs zu reduz., sollen b.
allen Pat. nach DARZALEX®-Infus. orale Kortikoide angew. werd., b. Pat. m. chron. obstrukt. Lungenerkr. i. d. Anamn. soll nach d. Infusion e. entspr. Medikat. in Erwäg. gezogen werden, um mögli-
cherw. auftr. respirator. Komplikat. zu beherrschen. B. lebensbedrohl. IRRs Bhdlg. m. DARZALEX® dauerhaft absetzen. DARZALEX® kann e. Neutropenie u. Thrombozytopenie, d. durch d. in Komb. m.
DARZALEX® angew. Arzneim. ind. werd., verstärken; kompl. Blutbild währ. d. Bhdlg. regelm. kontroll.; Pat. m. e. Neutropenie auf Anz. e. Infekt. überw.. E. verzög. Anw. v. DARZALEX® kann erforderl.
sein, damit sich d. Zellzahl i. Blut erhöhen kann; Dosisredukt. nicht empf.; unterstütz. Maßn. m. Transfusionen od. Wachstumsfakt. i. Erwäg. ziehen. DARZALEX® kann zu e. positiven indirekten
Coombs-Test führen.; Pat. sollt. v. Beginn d. Bhdlg. m. Daratumumab typis. u. gescreent werd. u. Bluttransfus.-zentren sind ü. Interferenz m. indir. Coombs-Test zu inform.. DARZALEX® kann e.
Bestimmg. d. vollständ. Ansprechens u. der Krankheitsprogress. b. einig. Pat. m. IgGkappa-Myelomprotein beeinfl.. Arzneim. f. Kdr. unzugängl. aufbew.. Nicht schütteln. Nebenwirk.: Sehr häufig (≥
1/10), Häufig (≥ 1/100 bis < 1/10). Sehr häufig: Infus.-bedgt. Reakt. (schw. inf.bed. Reakt. (Grad 3) waren Bronchospasmus, Dyspnoe, Larynxödem, Lungenödem, Hypoxie u. Hypertonie; andere inf.bed.
Reakt. ( jeden Grades, ≥ 5%) waren e. verstopfte Nase, Husten, Schüttelfrost, Rachenreizung, Erbrechen u. Übelk.). And. Nebenwirk.: Sehr häufig: Pneumonie, Infekt. d. ober. Atemwege, Neutropenie,
Thrombozytopenie, Anämie, Lymphopenie, periph. sensor. Neuropathie, Kopfschm., Husten, Dyspnoe, Diarrhö, Übelk., Erbr., Muskelspasm., Fatigue, Pyrexie, periph. Ödem Häufig: Influenza, Vor-
hofflimmern. Verschreibungspflichtig. Hinweise der Fachinformation beachten. Pharmazeut. Unternehmer: Janssen-Cilag International NV, Turnhoutseweg 30, B 2340 Beerse, Belgien. Örtlicher
Vertreter für Deutschland: Janssen-Cilag GmbH, Johnson & Johnson Platz 1, D-41470 Neuss. Stand d. Inform.: 04/2017.

                                     www.janssen.com/germany
2018 Tumorzentrum München
Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,                                                               4   Highlights vom ASH 2017
                                                                                               Molekular zielgerichtete Therapien
                                                                                               gegen Maligne Lymphome
anlässlich der TZM Essentials Ende Januar dieses Jahres haben Sie
vielleicht schon davon gehört, und in dieser Ausgabe ist es auf dem                            Martin Dreyling
Cover nicht zu übersehen: Die TZM-News ist jetzt das offizielle Mit-
teilungsorgan nicht nur des Tumorzentrums München, sondern auch                            8   Interview
des Comprehensive Cancer Centers München (CCC München).                                        „Weniger in Entitäten, mehr
Seit Gründung des CCC München ist das Tumorzentrum Teil dieses                                 in Mechanismen denken“
onkologischen Spitzenzentrums und in erster Linie verantwortlich für                           Florian Bassermann, neuer Ordinarius
die Fort- und Weiterbildungsaktivitäten in München und der Region.                             für Innere Medizin mit Schwerpunkt
Es ist deshalb nur schlussfolgerichtig, dass TZM und CCC München                               Hämatologie und Onkologie an der
                                                                                               Technischen Universität München,
nun über eine gemeinsame Zeitschrift verfügen.
                                                                                               im Gespräch mit Ludger Wahlers

Inhaltlich wird die TZM-News weiterhin die verlässliche Plattform zur
Verbreitung wichtiger Fortbildungsinhalte bleiben. Darüber hinaus wird                    11   Fortbildung
es aber verstärkt auch Berichte über konkrete Projekte des CCC geben.                          Einladung zu den Highlights 2018
Den Anfang macht in dieser Ausgabe Theresa Pichler, die mit Screen2Care                        vom amerikanischen Krebskongress
ein Instrument zur digitalen Erfassung psychischer Belastungen von
Krebspatienten vorstellt.                                                                 12   CCC München
                                                                                               Screen2Care – Digitale Erfassung
Und eine weitere Besonderheit findet sich in dieser Ausgabe: Ausnahms-                         psychischer Belastungen von Krebs-
weise kommen zwei neue Ordinarien in jeweils eigenen Interviews zu Wort:                       patienten
Professor Florian Bassermann, seit dem 1. November 2017 Inhaber des                            Theresa Pichler
Lehrstuhls für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onko-
logie an der Technischen Universität München, sowie Professor Michael
                                                                                          14   TZM-Jahreskongress 2018
von Bergwelt, der zum 1. Dezember des letzten Jahres an der Ludwig-
Maximilians-Universität München ebenfalls den Lehrstuhl für Innere                             10 Jahre TZM Essentials –
                                                                                               40 Jahre Tumorzentrum München
Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie übernommen hat.
                                                                                               Impressionen vom
                                                                                               TZM-Jahreskongress 2018
Die engere Kooperation zwischen TZM und CCC München wird schließlich
auch in der Veranstaltung Highlights 2018 vom amerikanischen Krebskon-                         Volkmar Nüssler
gress sichtbar werden. Am 30. Juni dieses Jahres laden beide Institutionen
zu diesem Symposium ein. Im Wesentlichen geht es um die Einordnung                        16   Interview
und Bewertung der Präsentationen bei der Jahrestagung 2018 der amerika-                        „… dann kann es auch mal
nischen Gesellschaft für klinische Onkologie (ASCO). Über Details zu                           kritisch werden“
Programm und Anmeldung informieren wir auf Seite 11 dieser Ausgabe.                            Michael von Bergwelt, neuer Ordinarius
                                                                                               für Innere Medizin mit Schwerpunkt
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.                                                     Hämatologie und Onkologie an der Lud-
                                                                                               wig-Maximilians-Universität München,
                                                                                               im Gespräch mit Ludger Wahlers
Herzlichst
Ihre
                                                                                          14   TZM intern
                                                                                               Alle Projekt- und Arbeitsgruppen
                                                                                               des TZM auf einen Blick

                                                                                          11   Impressum

Prof. Dr. med.      Prof. Dr. med.        Prof. Dr. med.   Prof. Dr. rer. soc.
Thomas Kirchner     Volkmar Nüssler       Volker Heinemann Peter Herschbach
Vorsitzender des    Geschäftsführender    Direktor des       Stellvertretender Direktor
TZM-Vorstands       Koordinator des TZM   CCC München        des CCC München
2018 Tumorzentrum München
TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

                                                                                                 4
                     H i g h l i g h t s v o m A S H 2 01 7

        Molekular
     zielgerichtete        Therapien
           gegen Maligne Lymphome

                             Prof. Dr. med. Martin Dreyling, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Klinikum der Universität München

                             Molekular zielgerichtete Therapien gewinnen auch in der Hämatologie stetig an Bedeutung. Tyrosinkinase-
                             Inhibitoren, Antikörper und mit chimären Antigenrezeptoren ausgestattete T-Zellen (CAR-T-Zellen) spielten
                             bei der Jahrestagung 2017 der amerikanischen Fachgesellschaft für Hämatologie (ASH) eine Hauptrolle.
                             In diesem Beitrag geht es um Fortschritte in der Behandlung von Patienten mit Hodgkin-Lymphom, um die
                             Therapie des rezidivierten großzelligen B-Zell-Lymphoms, des Mantellzell-Lymphoms, des follikulären
                             Lymphoms und des Multiplen Myeloms.

Brentuximab-Vedotin                               febrile Neutropenie (21% versus 8%),          Rezidiviertes diffus großzelliges
beim Hodgkin-Lymphom                              weshalb der supportive Einsatz von            B-Zell-Lymphom (DLBCL)
Große Aufmerksamkeit erlangte die                 G-CSF bei Nutzung dieser Therapie-            In der Primärtherapie des DLBCL hat
Präsentation der Phase-III-Studie ECHE-           option obligat ist. Eine Polyneuropathie      sich mit R-CHOP weltweit ein Therapie-
LON-1 zum Erstlinientherapie-Einsatz              trat bei 67% versus 43% der Patienten auf.    Regime etabliert, mit dem Heilung prinzi-
des Antikörper-Toxin-Konjugats Brentu-            Unter der Standardtherapie ABVD war           piell möglich geworden ist. Deutlich ein-
ximab-Vedotin bei Patienten mit einem             dagegen die pulmonale Toxizität deut-         geschränkter sind die Möglichkeiten in
Hodgkin-Lymphom im Stadium III oder               licher ausgeprägt [1]. Mit einer Zulassung    der Rezidivtherapie. Als Therapiestandard
IV. Getestet wurde die ursprünglich in den        von Brentuximab-Vedotin als Kombina-          kommt derzeit die Kombination von
1970er-Jahren entwickelte Standardthera-          tionspartner für die Erstlinientherapie       Bendamustin und Rituximab zum Ein-
pie aus Doxorubicin, Bleomycin, Vinblas-          des Hodgkin-Lymphoms ist in den USA           satz. Etwa ein Drittel der Patienten spricht
tin und Dacarbazin (ABVD) gegenüber               demnächst zu rechnen.                         auf die Therapie an, die Ansprechdauer
einer Kombination, in der Brentuximab-                                                          beträgt median 2 Monate.
Vedotin anstelle von Bleomycin gegeben            Einen ähnlichen Ansatz wie die
wurde (A+AVD). Primärer Endpunkt war              ECHELON-Studie verfolgt die Deutsche          Eine bei der ASH-Jahrestagung präsentier-
das sogenannte modifizierte progressions-         Hodgkin-Studiengruppe GHSG mit der            te Phase-II-Studie mit 80 Patienten belegt
freie Überleben, das heißt die Zeit bis zur       Phase-III-Studie HD21 [2]. Dort wird          vielversprechende Wirkungen des Anti-
Progression oder zum Tod beziehungs-              das in Deutschland verbreitete BEACOPP-       körper-Wirkstoff-Konjugats Polatuzumab
weise bis zur nicht kompletten Remission          eskaliert-Schema (Bleomycin, Etoposid,        Vedotin, das zusätzlich zu Bendamustin
mit nachfolgend notwendiger anderer               Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincris-         und Rituximab eingesetzt wurde. Im
Therapie.                                         tin, Procarbazin, Prednison) mit dem          Vergleich mit der Standardtherapie ver-
                                                  BrECADD-Schema (Brentuximab-                  längerte sich das mediane progressions-
Mit dem Prüfregime wurde ein Vorteil              Vedotin, Etoposid, Cyclophosphamid,           freie Überleben von 2,0 auf 6,7 Monate
hinsichtlich des modifizierten progres-           Adriamycin, Dacarbazin, Dexamethason)         (HR 0,31; p
2018 Tumorzentrum München
Highlights vom ASH 2017                                                        TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

versus 13% (Anämien) der Patienten vor,           Von den 101 behandelten Patienten spra-         Tabelle 1: PFS- und OS-Raten in der ZUMA-1-
                                                                                                  Studie. Adaptiert nach [4].
erwiesen sich aber als kontrollierbar. Aller-     chen initial 82% auf die Therapie an,
dings waren in jedem Arm auch 7 Todes-            54% erreichten eine komplette Remission.            Zeitpunkt    PFS-Rate (%)        OS-Rate (%)
fälle im Sinne einer Grad-5-Nebenwir-             Nach 24 Monaten befanden sich immer                6 Monate          49                  78
kung zu beklagen.                                 noch 43% der Patienten in kompletter              12 Monate          44                  59
                                                  Remission. 18 Monate nach der Therapie            18 Monate          41                  52
Die Autoren gelangen zu der Auffassung,           waren 41% der Patienten nach wie vor
dass Polatuzumab Vedotin in Kombina-              progressionsfrei, die Gesamtüberlebens-
tion mit Bendamustin und Rituximab für            rate betrug 52% (Tab. 1).                        Eine beim ASH präsentierte gepoolte
diese Patientengruppe vielversprechend ist                                                         Datenanalyse aus drei Studien zeigte
und weiter untersucht werden sollte [9].          Diese Ergebnisse bedeuten speziell für           nun beeindruckende Langzeitdaten zur
                                                  die genannte Patientenklientel einen             Rezidivtherapie mit Ibrutinib. Bereits im
CAR-T-Zellen als Hoffnungsträger                  Riesenfortschritt. Dass das Epitop CD19          ersten Rezidiv profitieren Patienten erheb-
beim rezidivierten DLBCL                          ein vielversprechendes Target darstellt,         lich mit einem medianen PFS von 33,6
Die Immuntherapie mit CAR-T-Zellen                konnte auch in einer zweiten Präsentation        Monaten. Bei Patienten, die unter Ibruti-
(siehe Kasten) gilt für die Therapie des          gezeigt werden. Die von einer Gruppe um          nib im ersten Rezidiv eine komplette
rezidivierten DLBCL als Hoffnungsträger.          Stephen J. Schuster durchgeführte Unter-         Remission erreicht hatten, hielt das An-
In den USA ist das CD19-CAR Axicab-               suchung von CTL019, einem CD19-CAR,              sprechen fast 5 Jahre lang an [5].
tagen Ciloleucel, kurz Axi-cel, bereits seit      war mit 28 Patienten zwar wesentlich
Oktober letzten Jahres zur Behandlung             kleiner, kam aber zu ähnlich positiven           In den USA bereits zugelassen ist der
erwachsener Patienten mit rezidiviertem           Ergebnissen [8].                                 neue BTK-Inhibitor Acalabrutinib, der
oder refraktärem DLBCL zugelassen.                                                                 über eine im Vergleich zu Ibrutinib höhe-
Beim ASH 2017 wurden Langzeitergeb-               Mantelzell-Lymphom                               re Substratspezifität verfügt. Aktuellen              5
nisse der Phase-II-Studie ZUMA-1                  Ibrutinib als Inhibitor der Bruton-              Studiendaten zufolge liegt die 1-Jahres-
vorgestellt, die anhaltende Remissionen           Tyrosinkinase ist in der Therapie des            PFS-Rate für Acalabrutinib bei Patienten
und beeindruckende PFS- beziehungs-               rezidivierten Mantelzell-Lymphoms in             mit rezidiviertem MCL bei 67%, die
weise OS-Raten belegte [4].                       Deutschland bereits seit 2014 zugelassen.        1-Jahres-OS-Rate bei 87% [11].

     CAR-T-Zell-Therapie
                                                                              Das Akronym CAR steht für Chimeric Antigen Receptor.
          Exemplarischer Aufbau eines CAR-T-Zell-Rezeptors                    CAR-T-Zellen werden einem Empfänger zu therapeuti-
                                                                              schen Zwecken zugeführt (adoptiver T-Zell-Transfer).
                                                          Intermediäre        Ihr T-Zell-Rezeptormolekül ist chimär, sprich zusammen-
                                                          Signalmoleküle
                                                                              gesetzt aus der Antigen-Erkennungsregion eines bei-
                                                          Transkriptions-
                                                          faktoren            spielsweise gegen CD19 gerichteten Antikörpers sowie
                          Extrazelluläre
                          Antikörperdomäne                                    den klassischen Domänen eines T-Zellrezeptors, die bei
                                                                              Bindung des Antigens an der Außenseite für die Übertra-
                                                                              gung des Signals ins Zellinnere zuständig sind und über
                         PI3K                                   PIP3          verschiedene Signalkaskaden die T-Zellantwort hervor-
                                                                              rufen. Auf diese Weise lassen sich hochspezifische zel-
                         GRB2                   VAV
              TRAF1                                                           luläre Immunantworten auf ein genau definiertes Antigen
                        CD137
                        CD137            LAT      SLP76
                                                                              erzielen.
      ASK1                               PLCγ
                                                                              Das Prinzip der CAR-T-Therapie ist einfach, technisch
                                                                              aber anspruchsvoll. Den Patienten werden autologe T-
      MKK               ZAP70                             IκB          mTOR
                                                                              Zellen entnommen, diese im Labor über Genfähren mit
                                                                              dem Konstrukt des Erkennungsrezeptors transfiziert und
                                         DAG
                                                                              anschließend zurückinfundiert. Bei Ansprechen erkennen
                                                                              die veränderten T-Zellen ihr Antigen und lysieren Zellen,
     MAPK        RAS      CAN            PKCα                                 die damit ausgestattet sind. Vom Behandlungsprinzip her
                                                                              ist eine einmalige Anwendung der CAR-T-Zell-Therapie
                                                                              ausreichend, es handelt sich also nicht um eine Lang-
          ATF2           NFAT           NF-κB                                 zeittherapie. Als wichtigste Nebenwirkung dieser Be-
                                                                              handlung wird bei etwa einem Drittel aller Patienten ein
                                                                   T-Zelle    schwerwiegendes Zytokin-Freisetzungssyndrom beob-
             Proliferation, Überleben und Zytokinproduktion                   achtet, das einer intensiven supportiven Therapie bedarf.
2018 Tumorzentrum München
Kapseln

                                                                                        BTK-Inhibition
                                                                                             revolutioniert CLL-Erstlinientherapie*

                                                                    So viel mehr
                                                                        ist machbar.

* IMBRUVICA® ist zugel. als Einzelsubstanz z. Bhdlg. erw. Pat. m. nicht vorbd. chron. lymphatischer Leukämie (CLL) und als Einzelsubstanz od. in Kombin. m. Bendamustin u. Rituximab (BR) z. Bhdlg.
  erw. Pat. m. CLL, d. mind. eine vorangeh. Therapie erhalten haben.

T Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Daher ist es wichtig, jeden Verdacht auf Nebenwirkungen in Verbindung mit diesem Arzneimittel zu melden.
IMBRUVICA® 140 mg Hartkapseln. Wirkstoff: Ibrutinib. Zusammensetz.: Jede Hartkapsel enth. 140 mg Ibrutinib. Sonst. Bestandt.: Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat, mikrokrist.
Cellulose, Natriumdodecylsulfat, Gelatine, Titandioxid (E171), Schellack, Eisen(II,III) oxid (E172), Propylenglycol. Anw.geb.: Als Einzelsubstanz z. Bhdlg. erw. Pat. m. rezidiv. od. refrakt. Mantelzell-
Lymphom (MCL) und z. Bhdlg. erw. Pat. m. nicht vorbd. chron. lymphatischer Leukämie (CLL). Als Einzelsubstanz od. in Kombin. m. Bendamustin u. Rituximab (BR) z. Bhdlg. erw. Pat. m. CLL, d.
mind. eine vorangeh. Therapie erhalten haben. Als Einzelsubstanz z. Bhdlg. erw. Pat. m. Morbus Waldenström (MW), d. mind. eine vorangeh. Therapie erhalten haben, od. zur Erstlinien-Therapie
b. Pat., d. für eine Chemo-Immuntherapie nicht geeignet sind. Gegenanz.: Überempfindl. gg. d. Wirkstoff od. einen d. sonst. Bestandt.; gleichz. Anw. v. Präp., d. Johanniskraut enth.; gleichz.
Einn. zus. m. Grapefruit od. Bitterorangen (Sevilla Orangen) sowie Säften od. Nahrungsergänzungsmitteln, d. diese Früchte enthalten könnten; Schwangerschaft (währ. d. Einn. u. bis zu 3 Mon.
danach unter Anw. e. Barrieremethode); Stillzeit. Warnhinw. u. Vorsichtsmaßn.: hämorrhag. Ereign.; Einn. v. Arzneim. od. Nahrungsergänzungsmitteln, d. das Blutungsrisiko erhöhen; Leuko-
stase; Infektionen; progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML); Zytopenie; interstit. Lungenerkr.; kardiale Arrhythm.; Tumorlysesyndrom; nicht-melanozytärer Hautkrebs; schwere
Herzschwäche; Virusreaktivrg.; Leber- u. Nierenfunkt.störg.; chirurg. Eingriff. Nebenwirk.: Sehr häufig: Pneumonie, Infekt. d. ob. Atemwege, Infekt. d. Haut, Sinusitis, Neutropenie, Thrombo-
zytopenie, Kopfschm., Blutung, Bluterguss, Diarrhö, Erbr., Stomatitis, Übelk., Obstip., Hautausschlag, Arthralgie, Muskelspasmen, muskuloskelettale Schm., Fieber, periph. Ödeme. Häufig:
Sepsis, Harnwegsinfekt., nicht-melanozytärer Hautkrebs, Basalzellkarzinom, Plattenepithelzellkarzinom, febrile Neutropenie, Leukozytose, Lymphozytose, interstit. Lungenerkr.,
Tumorlysesyndr., Hyperurikämie, Schwindel, Verschwommensehen, Vorhofflimmern, ventrik. Tachyarrhythm., subdurales Hämatom, Nasenbluten, Petechien, Hypertonie, Urtikaria, Erythem,
Onychoklasie. Gelegentl.: Hep. B Reaktivrg., Leukostasesyndr., Angioödem. Nicht bekannt: Leberversagen, Stevens-Johnson-Syndrom. Verschreibungspflichtig. Warnhinw.: Arzneim. f. Kdr.
unzugänglich aufbew.. Weit. Ang.: siehe Fachinformation u.a. zu Wechselwirkungen. Pharmazeut. Unternehmer: Janssen-Cilag International NV, Turnhoutseweg 30, B 2340 Beerse, Belgien.
Örtlicher Vertreter für Deutschland: Janssen-Cilag GmbH, Johnson & Johnson Platz 1, 41470 Neuss. Stand d. Inform.: 08/2017.

www.imbruvica.de
2018 Tumorzentrum München
Highlights vom ASH 2017                                                                   TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

Follikuläres Lymphom (FL) –                                                                      tung sollten Patienten allerdings eine anti-   35 behandelten Patienten sprachen
Rituximab-Erhaltung                                                                              infektiöse Prophylaxe mit Cotrimoxazol         60% an, etwa die Hälfte mit sehr guten
Die Erhaltungstherapie mit Rituximab                                                             erhalten. Optional kann auch Aciclovir         partiellen Remissionen [10]. Gegen das-
beim follikulären Lymphom war beim                                                               zum Einsatz kommen.                            selbe Antigen wurden in verschiedenen
ASH 2017 Gegenstand vieler Diskussio-                                                                                                           Zentren CAR-T-Zellen entwickelt, die
nen. Von einer Rituximab-Erhaltungs-                                                             Multiples Myelom – Antikörper-                 derzeit bei Patienten mit refraktärem
therapie profitieren FL-Patienten nach                                                           therapien auf dem Vormarsch                    Myelom untersucht werden.
den Langzeitdaten der PRIMA-Studie                                                               Die Therapie mit Antikörpern spielt beim
eindeutig im Sinne eines verlängerten                                                            Multiplen Myelom (MM) eine immer
progressionsfreien Überlebens. Nach                                                              wichtigere Rolle. Daratumumab, seit Mai        Literatur
10 Jahren war in der Rituximab-Gruppe                                                            2016 zur Zweitlinientherapie des Multi-        [1] Connors JM, et al. (2018) Brentuximab Vedotin
                                                                                                                                                with Chemotherapy for Stage III or IV Hodgkin’s Lym-
etwa die Hälfte der Patienten immer noch                                                         plen Myeloms zugelassen, hat sich in der       phoma. N Engl J Med 378:331-344
progressionsfrei, in der Beobachtungs-                                                           ALCYONE-Studie auch in der Erstlinie           [2] https://www.ghsg.org/aktuelle-studien/articles/
gruppe waren es lediglich etwa 35%                                                               bewährt. In der Phase-III-Studie mit mehr      hd21-details, aufgerufen am 3. April 2018
(Abb. 1). Das Gesamtüberleben allerdings                                                         als 700 Patienten profitierten unbehan-        [3] Mateos MV, et al. (2017) Phase 3 Randomized
war in beiden Gruppen gleich [7].                                                                delte MM-Patienten von Daratumumab             Study of Daratumumab Plus Bortezomib, Melphalan,
                                                                                                                                                and Prednisone (D-VMP) Versus Bortezomib, Melpha-
                                                                                                                                                lan, and Prednisone (VMP) in Newly Diagnosed Mul-
                                                                                                                                                tiple Myeloma (NDMM) Patients (Pts) Ineligible for
                                         1,0                                                                                                    Transplant (ALCYONE). ASH 2017, Abstract #LBA-4
  Anteil progressionsfrei Überlebender

                                                                                                                                                [4] Neelapu SS, et al. (2017) Axicabtagene Ciloleucel
                                                                       Rituximab-Erhaltung – Medianes PFS 10,5 Jahre                            CAR T-Cell Therapy in refractory Large B-Cell Lym-
                                         0,8
                                                                                                                                                phoma. N Engl J Med 377:2531-2544
                                                                                                                                                [5] Rule S, et al. (2017) Median 3.5-year Follow-Up       7
                                         0,6                                                                                                    of Ibrutinib Treatment in Patients with Relapsed/Re-
                                                                                                                                                fractory Mantle Cell Lymphoma: A Pooled Analysis.
                                                                                                                                                ASH 2017, Abstract #151
                                         0,4
                                                                       Beobachtung – Medianes PFS 4,1 Jahre                                     [6] Rummel MJ, et al. (2017) Four Versus Two Years
                                                                                                                                                of Rituximab Maintenance (R-maintenance) Following
                                         0,2                                                                                                    Bendamustine Plus Rituximab (B-R): Initial Results
                                                                                                                                                of a Prospective, Randomized Multicenter Phase 3
                                                   p
2018 Tumorzentrum München
TZM News 13 / 2018
              2008 (20
                   (10 Jg.)

                                                                                                 8

                                    „Weniger in
                      Entitäten,
      mehr in                 Mechanismen                                                                              denken“

                                I n t e r v i e w m i t P r o f . D r. m e d . F l o r i a n B a s s e r m a n n

                              Der neue Ordinarius für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie an der Technischen
                              Universität München, Professor Dr. med. Florian Bassermann, kennt sein wissenschaftliches und klinisches
                              Umfeld sehr genau; denn er ist der TU schon seit Studienzeiten eng verbunden. Er ist in München geboren,
                              in den USA und in Regensburg aufgewachsen, hat sein Studium in Ulm, München und New York absolviert
                              und ist bis auf einen längeren Postdoc-Aufenthalt in New York immer am Klinikum rechts der Isar tätig
                              gewesen. Sein eindeutiges Ideal ist die akademische Medizin, in der Forschung, Klinik und Empathie für
                              den Patienten eine Einheit bilden. In seiner neuen Position will er Patienten und Forschung einander nä-
                              herbringen, wie er im Gespräch mit Ludger Wahlers erläutert.

Herr Professor Bassermann, Sie hatten            Ja, ich bin das, was man neudeutsch            Also das, was man gemeinhin
auch Angebote, an andere Universitäts-           einen clinician scientist nennt. Ich habe      bench to bedside nennt.
kliniken zu wechseln. Was macht die              zwei Standbeine, ein wissenschaftliches        Wir brauchen beides: die Umsetzung
TU für Sie persönlich so attraktiv?              und ein klinisches, die natürlich eng          grundlegender Erkenntnisse am Patien-
Tatsächlichbin ich mit der TU schon              miteinander verbunden sind. Das ist            ten, aber auch die Erfahrungen am
lange verbunden. Ich habe mein Physi-            das Merkmal der akademischen Medizin:          Patienten, die uns klar machen können,
kum in Ulm abgelegt und bin dann nach            dass wir klinisch auf höchstem Niveau          wie eine Erkrankung funktioniert. Da
München gewechselt, weil ich den Wis-            arbeiten und gleichzeitig den Auftrag          spielt auch die Genomik eine große Rolle.
senschaftsstandort TU immer schon gut            haben, an ganz konkreten Erkrankungen          Wir finden einen bestimmten Verlauf,
fand. Hier steigt man als Medizinstudent         so zu forschen, dass echte Entdeckungen        sequenzieren das Tumorgenom und
ja erst nach dem Physikum ein, eine Vor-         möglich werden – Forschung, deren              können gefundene Veränderungen mit
klinik und damit auch die vorzugsweise           Ergebnisse wir auch wieder direkt an           klinischen Verläufen assoziieren. Mit
in der Vorklinik gelehrten naturwissen-          Patienten bringen können. Wir können           diesen Befunden gehen wir zurück ins
schaftlichen Grundlagenfächer gibt es            durchaus Grundlagenforschung betrei-           Labor, um sie zu interpretieren. Das ist so
hier nicht. Das bedeutet aber, dass wir          ben, haben dabei aber immer auch die           etwas wie reversed translation, wenn Sie so
hier in der Klinik auch einen ganz klaren        Erkrankung und damit den Patienten             wollen, der Weg von bedside to bench.
Fokus auf Forschung legen. Wenn Sie bei          im Sinn.
uns auf dem Campus sind, ist das wirk-                                                          Können Sie das an einem konkreten
lich auffällig. Hier gehen Klinik und For-       Könnte man das als stufenweise                 Beispiel erläutern?
schung an vielen Stellen ineinander über.        Translation bezeichnen?                        Ja klar. In meiner Arbeitsgruppe beschäf-
Wir trennen das ganz bewusst nicht.              Ja, das kann man so sagen. Das Wort            tigen wir uns mit der Frage, wie Proteine
Hier wird die akademische Medizin                Translation ist ja inzwischen in aller         miteinander kommunizieren. In diesem
gelebt. Und das fand ich schon damals            Munde, wird nicht selten überinter-            Zusammenhang untersuchen wir Ubiqui-
überzeugend.                                     pretiert. Translatieren bedeutet über-         tin, das ist ein eher kleines Protein, das als
                                                 tragen, übersetzen. Wir übertragen also        Signalmolekül fungiert. Wenn ein Ubi-
Ihr Interesse an der Medizin gilt also der       Erkenntnisse aus der Forschung in die          quitin auf ein Protein übertragen wird,
Patientenversorgung und der Forschung            Klinik, sind im Idealfall in der Lage, das,    hat das für das Empfängerprotein unter-
gleichermaßen?                                   was wir herausgefunden haben, Patienten        schiedliche Konsequenzen. Die Ubiqui-
                                                 als Therapieoption anzubieten.
2018 Tumorzentrum München
Interview                                                                       TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

tin-Übertragung ist ein hochspezifischer    – wie ein Zufallsbefund zeigte – antiproli-     Unterstützung der Proteinfaltung.
Prozess. Im humanen Genom finden sich       ferativ auf verschiedene B-Zell-Tumoren         Proteine benötigen im Verlauf ihrer
Codes für mehr als 500 Ubiquitin-über-      wirken. Lenalidomid ist mittlerweile als        Synthese, genauer bei ihrer endgültigen
tragende Enzyme. Die katalysieren die       Zweitgenerations- und Pomalidomid als           Faltung gewissermaßen Unterstützung,
Übertragung von jeweils einem oder          Drittgenerationspräparat auf dem Markt.         um funktionsfähig zu werden. Und diese
mehreren Ubiquitin-Molekülen auf ein        Diese Präparate waren und sind so erfolg-       Unterstützung leistet Cereblon. Wenn ein
Zielprotein.                                reich, dass sie sich bis in die Erstlinie der   IMiD das Cereblon bindet, ist Cereblon
                                            Therapie von Multiplem Myelom und               nicht mehr in der Lage, die notwendige
Und dieses Zielprotein reagiert dann        bestimmten Lymphomen etablierten –              Unterstützung zu leisten. Die eigentlich
darauf in spezifischer Weise?               ohne dass man irgendeine Ahnung hatte,          unterstützungsbedürftigen Proteine
Genau. Die Übertragung kann beispiels-      wie die funktionierten. Es gab allerdings       erreichen nicht ihre endgültige Form,
weise zur Folge haben, dass das Zielpro-    Hinweise, dass ihre Wirkung mit Cere-           können also auch nicht funktionieren.
tein abgebaut wird oder – in anderem        blon zusammenhängt, einem Protein,              In der Embryonalentwicklung hemmen
Zusammenhang –, dass es aktiviert           das in den Ubiquitin-Signalweg eingreift.       IMiDs auf diese Weise vor allem die
beziehungsweise inaktiviert wird oder                                                       Cereblon-Wirkung bei Proteinen, welche
auch, dass es sich von einem Zellkom-       Und am Ende haben Sie den Wirk-                 die Entwicklung von Gefäßen fördern.
partiment in ein anderes bewegt. Auf        mechanismus der IMiDs aufgeklärt.               Dadurch kommt es zu Fehlbildungen.
diese Weise werden viele, um nicht zu       Wir haben zumindest mit dazu beigetra-
sagen fast alle zellulären Prozesse regu-   gen, denn es gibt offenbar zwei Mechanis-       Und wie sieht die Wirkung gegen
liert. Daher stammt auch der Name           men, die parallel wirken – den einen hat        Multiple Myelome und bestimmte
Ubiquitin, weil es als Signalmolekül so     ein Gruppe aus Boston identifiziert, den        Lymphome aus?
gut wie überall vorkommt. Wir unter-        anderen wir.                                    Auch da verdrängen IMiDs das Cereblon,
suchen Mechanismen, wie der Tumor                                                           der Mechanismus ist hier sehr ähnlich.             9

diese Sprache der Proteine für sich         Wirken IMiDs nach wie vor teratogen?            Allerdings spielen hier neben den
selbst nutzt, um onkogene Prozesse zu       Ja, denn wenn der Wirkmechanismus               Proteinen der Gefäßbildung insbesondere
starten und in Gang zu halten.              in der Embryogenese aktiviert wird, führt       Proteine des Tumormetabolismus eine
                                            er zu Fehlbildungen. Wird er hingegen in        entscheidende Rolle.
Und inwieweit haben diese                   der somatischen, ausgereiften Tumorzelle
Erkenntnisse Bedeutung für Patienten?       ausgelöst, wird daraus bei gewissen Enti-       Und diese Proteine sind es aber, die
Ich wollte Ihnen ja ein Beispiel geben      täten eine hochwirksame Tumortherapie.          vor allem in Tumorzellen des Multiplen
für den Weg von bedside to bench. Auf                                                       Myeloms vorkommen und dort unver-
Grundlage unserer Ubiquitinforschung        Können Sie die Wirkungsweise kurz               zichtbar sind?
haben wir uns gefragt, wie genau die        zusammenfassen?                                 Genau. Das sind Proteine, die zum Bei-
Nachfolgesubstanzen des teratogenen         Entscheidend sind die Interaktionen             spiel für die Zelle wichtig sind, um über-
Thalidomids wirkten. Sie erinnern sich:     zwischen Cereblon und den IMiDs.                schüssiges Laktat auszuschleusen. Denn
In den 1950er- und frühen 1960er-Jahren     Cereblon wird von IMiDs kompetitiv              eine Tumorzelle steigt in einem eher hy-
kam es zu dem furchtbaren Contergan-        von seinen Interaktionspartnern ver-            poxischen Milieu auf anaerobe Glykolyse
Skandal. 50 Jahre später erlebte die        drängt. Diese werden dadurch inaktiviert.       um und produziert sehr viel Laktat, das
Substanzklasse eine Renaissance, weil sie   Cereblon ist nämlich wichtig bei der            sie loswerden muss. Cereblon ist auch
2018 Tumorzentrum München
TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

                                               Interview                                       10

wichtig für die Reifung von Aminosäure-        Sie sind mit der jetzt von Ihnen geleite-      Auch bisher haben wir ein breites Spek-
transportern. Die Zelle kann bei einer         ten Klinik schon lange verbunden, Sie          trum an soliden Tumoren wie Kopf-Hals-
Hemmung von Cereblon durch IMiDs               übernehmen von Ihrem Vorgänger ein             Tumoren, Sarkome und Lungentumoren
keine essenziellen Aminosäuren mehr            gut bestelltes Haus. Da drängt sich die        behandelt. Gastrointestinale Tumoren
aufnehmen, sie geht letztlich an Nähr-         Frage auf: Wird sich in Zukunft etwas          versorgen wir internistisch-onkologisch
stoffmangel zugrunde.                          ändern?                                        gemeinsam mit der II. Medizinischen Kli-
                                               Sie haben Recht, ich habe eine gut funk-       nik. Karzinome der Frau und urogenitale
Sie selbst haben sich als Clinician            tionierende Klinik übernommen, aber es         Tumoren werden schwerpunktmäßig von
Scientist bezeichnet. Den Wissenschaft-        gibt natürlich Pläne zur Weiterentwick-        den Gynäkologen und den Urologen ver-
ler haben wir nun kennengelernt.               lung. Wir machen hier einen echten Neu-        sorgt. Allerdings ist die Versorgung von
Was ist Ihr Ideal für Ihren Umgang             anfang, rein äußerlich mit neuen Räum-         soliden Tumoren noch mehr als bei hä-
mit Patienten?                                 lichkeiten. Unter anderem werden wir           matologischen Tumoren von Anfang an
Wer Patienten erfolgreich behandeln und        eine neue und größere allogene Trans-          eine interdisziplinäre Aufgabe, bei der
betreuen will, muss zur Empathie in der        plant-Einheit bekommen. Breiten Raum           Onkologen, Chirurgen, Strahlentherapeu-
Lage sein. Als Arzt möchte ich wissen, was     wird die Immunonkologie im Allgemei-           ten und die Fächer der Bildgebung zu-
meine Patienten bewegt, worüber sie sich       nen und speziell die CAR-T-Zelltherapie        sammenarbeiten. Die Therapie und die
sorgen. Ich begegne Patienten auf Augen-       einnehmen.                                     Erforschung solider Tumoren liegen mir
höhe und mit größtmöglicher Offenheit,                                                        sehr am Herzen, weshalb ich diesen
denn ich möchte sie dazu bewegen, mir          Sie verfügen an der TU derzeit über das        Schwerpunkt an unserer Klinik weiter
ihre Empfindungen mitzuteilen. Mir ist         einzige Labor in München, in dem mit           ausbauen möchte. Beispielsweise werden
schon klar, dass das nicht immer ganz          CAR-T-Zellen gearbeitet werden darf.           wir jetzt sehr schnell den Bereich Lungen-
einfach ist, dass da unter Umständen           Das ist die TUM Cells. Und mit den             tumoren ausbauen, nicht zuletzt deshalb,
Barrieren bestehen, nicht zuletzt in           CAR-T-Zellen haben wir bei gewissen            weil wir mit Professor Hans Hoffmann
großen Universitätskliniken. Aber die          Lymphom- und Leukämiearten eine                einen renommierten Thoraxchirurgen für
will ich überwinden.                           Therapieoption, mit der sich fantastische      unsere Klinik gewinnen konnten.
                                               Ergebnisse erzielen lassen. Die zellbasierte
Wie binden Sie Patienten in die                Therapie wird auch in der Therapie             Damit entsteht ein wirklich neuer
Therapieentscheidung ein?                      solider Tumoren kommen, und deshalb            Schwerpunkt.
In der Theorie ist das eine einfache Sache:    wird die dazu wichtige Infrastruktur hier      Auf jeden Fall. Und die neue Sektion
Man erläutert dem Patienten die unter-         sicher weiter ausgebaut.                       Thoraxchirurgie ist dafür die unverzicht-
schiedlichen Optionen, begründet,                                                             bare Voraussetzung. Hier in der medizi-
warum man diese oder jene für die              Da sind Sie dann ja mit Herrn Professor        nischen Klinik verstehen wir uns aber als
geeignete hält, und bereitet so den Weg        von Bergwelt, Ihrem neuen Gegenüber            Systemtherapeuten, die nicht nur eine
für die Entscheidung des Patienten. In         an der LMU, ganz auf einer Linie.              Läsion, sondern den ganzen Patienten
der Praxis ist das je nach konkreter Situa-    Auf jeden Fall. Mit dem Comprehensive          behandeln. Immer mehr zeichnet sich ab,
tion schwierig. Dieser Prozess ist umso        Cancer Center München und dem                  dass es sinnvoll ist, weniger in Entitäten
schwieriger und komplexer, je weniger          DKTK-Standort München verfügen wir             und mehr in Mechanismen zu denken.
eindeutig die Situation ist. Wenn heute        auch über die geeigneten Plattformen für       Die Grundsätze der systemischen Thera-
ein junger Patient mit einer Leukämie zu       eine enge Kooperation. Was wir außer-          piekonzepte sind bei den verschiedenen
uns kommt, dann muss man ihm raten,            dem noch benötigen ist der Ausbau einer        Entitäten häufig ähnlich. Benötigt wird
sich der aggressivsten, weil aussichts-        Frühen-Phase-Einheit, in der man bei-          eine Systemtherapie aus Chemotherapie,
reichsten Therapie zu unterziehen. Da          spielsweise auch First-in-Man-Studien          Immuntherapie und molekular zielge-
ist die Evidenz einfach eindeutig. In der      durchführen kann. Mir liegt daran, auf         richteter Therapie. Hinzu kommt ganz
palliativen Situation nehmen die Diskus-       diesem Weg dort sowohl eigene Erkennt-         essenziell eine ausgewiesene Expertise
sionen über Therapieentscheidungen             nisse im Sinne eines proof of principle zu     für das Komplikationsmanagement, nicht
immer breiteren Raum ein. Auch hier            überprüfen als auch ganz neue Substan-         nur, aber im Besonderen auch hinsicht-
kann beispielsweise eine Chemotherapie         zen, die aus der industriegetragenen For-      lich der neuen Verfahren in der Immun-
mit nur 10-prozentiger Ansprechwahr-           schung kommen, möglichst früh an den           onkologie. Die genannten systemischen
scheinlichkeit sinnvoll sein, beispielsweise   Patienten bringen zu können.                   Regime gehören über Entitätsgrenzen
wenn der Tumor wegen großer Raumfor-                                                          hinweg intrinsisch zusammen.
derung große Beschwerden macht. Am             Ihre Klinik ist bislang vor allem für
Ende geht es aber immer um die Frage,          ihre hämatologische Expertise bekannt.         Herr Professor Bassermann, haben Sie
wie sich die für den Patienten optimale        Wie ist die Versorgung von Patienten           herzlichen Dank für das Gespräch.
Lebensqualität erreichen lässt.                mit soliden Tumoren organisiert?
Fortbildung                                           TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

                                                                                   München
           Chicago

                                                                                                     Impressum
                                                                                                     TZM-News
                                                                                                     ISSN: 1437-8019, © 2018 by Tumorzentrum München
                                                                                                     und LUKON Verlagsgesellschaft mbH, München

                                                                                                     Redaktion
                                                                                                     Prof. Dr. med. Volkmar Nüssler (verantwortlich),
                                                                                                     Günter Löffelmann, Petra Möbius, Hermann Werde-
                                                                                                     ling, Ludger Wahlers, Tina Schreck (CvD), Anschrift wie
                                                                                                     Verlag

                                                                                                     Anzeigen
                                                                                                     Reinhard Bröker (Fon: 089-820737-20;
                                                                                                     R.Broeker@Lukon.de), Anschrift wie Verlag

                                                                                                     Herausgeber
                                                                                                     Geschäftsführender Vorstand des Tumorzentrums
                                                                                                     München, c/o Geschäftsstelle des Tumorzentrums
                                                                                                     München, Pettenkoferstraße 8 a, 80336 München,
                                                                                                     Fon: 089-44005-2238, Fax: 089-44005-4787
                                                                                                     tzmuenchen@med.uni-muenchen.de
                                                                                the                  www.tumorzentrum-muenchen.de

                                                                           Save   !
                                                                             date
                                                                                                     Vorsitzender
       30. Juni 2018, 9:00 bis 17:00 Uhr                                                             Professor Dr. med T. Kirchner, Direktor des
                                                                                                     Pathologischen Instituts der LMU

                                                                                                     1. stellvertretende Vorsitzende
       Gemeinsame Fortbildung des CCC München und des TZM                                            Prof. Dr. med. S. E. Combs, Direktorin der
       im Hörsaaltrakt des Klinikums der Universität – Campus Großhadern                             Radioonkologie und Strahlentherapie am Klinikum
                                                                                                     rechts der Isar der TU München

                                                                                                     2. stellvertretender Vorsitzender
       Die gesamte onkologische Welt schaut alljährlich in der ersten Juniwoche nach Chicago,        Prof. Dr. med. J. E. Gschwend, Direktor der
                                                                                                     Urologischen Klinik und Poliklinik des Klinikums
       zur Jahrestagung der amerikanischen Gesellschaft für klinische Onkologie; denn von            rechts der Isar der TU München

       diesem Kongress der Superlative gehen wichtige Impulse aus, die für Klinik und Wissenschaft   Schatzmeister
                                                                                                     Prof. em. Dr. med. R. Gradinger
       gleichermaßen wichtig sind.
                                                                                                     Direktor CCCLMU und CCC München
                                                                                                     Prof. Dr. med. V. Heinemann, Direktor
       In diesem Jahr bieten CCC München und TZM mit den Highlights 2018 zum ersten Mal ge-          Krebszentrum CCCLMU, Klinikum der Universität
                                                                                                     München, Großhadern
       meinsam eine Nachlese dieses weltweit wichtigsten Kongresses an, und zwar speziell für
                                                                                                     Direktor RHCCC und CCC München (Stellvertreter)            11
       onkologisch engagierte Ärzte aus der Region München. Referenten und Vorsitzende sind          Prof. Dr. rer. soc. P. Herschbach, Direktor Roman-
                                                                                                     Herzog-Krebszentrum, Klinikum rechts der Isar
       Experten vom Klinikum der Universität München und vom Klinikum rechts der Isar der            der TU München
       Technischen Universität.                                                                      Leitung TRM
                                                                                                     Prof. Dr. med. J. Engel, Tumorregister München,
       Detaillierte Infos und eine Möglichkeit zur Online-Anmeldung finden sich unter                Klinikum der Universität München, Großhadern

                                                                                                     Geschäftsführender Koordinator
       www.highlights2018.de.                                                                        Prof. Dr. med. V. Nüssler (Anschrift wie Herausgeber)

                                                                                                     Verlag
                                                                                                     LUKON Verlagsgesellschaft mbH
                                                                                                     Landsberger Straße 480 a, 81241 München,
                                                                                                     Fon: 089-820 737-0, Fax: 089-820 737-17
                     09:00 Uhr   Begrüßung – Volker Heinemann
Programm

                                                                                                     E-Mail: TZM-News@Lukon.de, www.lukon-verlag.de
                     09:10 Uhr   Prostatakarzinom – Alexander Kretschmer                             Abonnement
                     09:25 Uhr   Nieren-/Harnblasenkarzinom – Thomas Horn                            Die TZM-News erscheint viermal jährlich zum Einzel-
                                                                                                     preis von 4,00 €. Der Preis für ein Jahresabonnement
                                                                                                     beträgt 15,00 €. Die genannten Preise verstehen sich zu-
                                                                                                     züglich Versandkosten: Inland 3,00 €; Ausland:
                     09:40 Uhr   Hauttumoren – Carola Berking                                        12,00 €. Die Bezugsdauer beträgt ein Jahr. Der Bezug
                                                                                                     verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn
                                                                                                     das Abonnement nicht spätestens sechs Wochen vor Ab-
                     09:55 Uhr   GIST-Tumoren – Christian Bogner                                     lauf des Bezugsjahres schriftlich gekündigt wird. Für
                                                                                                     Mitglieder des Tumorzentrums München ist der Bezug
                     10:10 Uhr   Weichteilsarkome – Lars Lindner                                     der TZM-News im Mitgliedsbeitrag bereits enthalten.

                                                                                                     Layout und Illustration
                     10:30 Uhr   Frühes Mammakarzinom – Nadia Harbeck                                Charlotte Schmitz, 42781 Haan
                     10:50 Uhr   Metastasiertes Mammakarzinom – Johannes Ettl                        Bildnachweis
                     11:10 Uhr   Ovarialkarzinom – Alexander Burges                                  Alle Grafiken und Illustrationen: Charlotte Schmitz,
                                                                                                     Haan; Titelseite: 4designersart (Fotolia.com);
                     11:30 Uhr   Zervixkarzinom – Christine Brambs                                   S. 4 und 16: Klinikum der Universität München;
                                                                                                     S. 8/9: Klinikum r. d. Isar der TUM; S. 12: Michael
                     11:50 Uhr   Neuroendokrine Tumoren – Christoph Auernhammer                      Stobrawe; S. 15: Stefan Wartini
                     12:05 Uhr   Aktuelle Entwicklungen in der Immuntherapie –                       Druck
                                 Michael von Bergwelt                                                Flyeralarm, 97080 Würzburg; Printed in Germany

                                                                                                     Urheber- und Verlagsrecht
                                                                                                     Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen
                     13:30 Uhr   Ösophagus und Magen – Sylvie Lorenzen                               Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich
                     13:50 Uhr   Pankreas-/Gallenwegstumoren – Hana Algül                            geschützt. Mit Annahme des Manuskripts gehen das
                                                                                                     Recht zur Veröffentlichung sowie die Rechte zur Über-
                     14:10 Uhr   Hepatozelluläres Karzinom – Enrico De Toni                          setzung, zur Vergabe von Nachdruckrechten, zur
                                                                                                     elektronischen Speicherung in Datenbanken, zur
                     14:30 Uhr   Kolorektales Karzinom – Sebastian Stintzing                         Herstellung von Sonderdrucken, Fotokopien und
                                                                                                     Mikrokopien an den Verlag über. Jede Verwertung
                                                                                                     außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz festgeleg-
                     15:20 Uhr   Erstlinientherapie bei thorakalen Tumoren – Thomas Wehler           ten Grenzen ist ohne Zustimmung des Verlags unzuläs-
                                                                                                     sig. In der unaufgeforderten Zusendung von Beiträgen
                     15:40 Uhr   Rezidivtherapie bei thorakalen Tumoren – Rudolf M. Huber            und Informationen an den Verlag liegt das jederzeit
                                                                                                     widerrufliche Einverständnis, die zugesandten Beiträge
                                                                                                     beziehungsweise Informationen in Datenbanken einzu-
                     16:00 Uhr   Oropharyngeale Tumoren – Henning Bier                               stellen, die vom Verlag oder Dritten geführt werden.

                                                                                                     Auflage 2.500 Exemplare
                     16:15 Uhr   Neuroonkologische Tumoren – Niklas Thon

                     16:35 Uhr   Diskussion
                     17:00 Uhr   Ende der Veranstaltung
TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

                                                                                               12

                Screen2Care
Digitale Erfassung psychischer Belastungen von Krebspatienten

Ein Drittel bis die Hälfte aller Krebs-
patienten ist psychosozial derart belastet,
dass sie professionelle psychoonkologische
Unterstützung benötigt [1, 3]. Um den
individuellen Bedarf einschätzen zu kön-
nen, ist es sinnvoll, Kurzfragebögen zur
Erfassung des psychischen Befindens ein-
zusetzen. Screen2Care bietet die Möglich-
keit, entsprechende Befragungen digital
durchzuführen. Dank der Einbindung in
das klinikinterne Dokumentationssystem
kann eine gegebenenfalls notwendige
psychoonkologische Konsilanforderung
automatisiert erfolgen.

                                               Die Anleitung zum digitalen Screening übernahmen im Projekt Screen2Care Krankenpflegekräfte,
                                               die beteiligten Patienten haben den Fragebogen anschließend am Tablet selbst ausgefüllt.

K
         rebserkrankungen gehen häufig         Diese Erkennung erweist sich im klini-         werden die Digitalisierung und Automa-
          mit hohen psychischen Belastun-      schen Alltag häufig als schwierig, mit der     tisierung von Screening-Prozeduren seit
          gen einher: Neueste Studien zei-     Folge, dass der Bedarf an professioneller      2009 forciert. Im Zuge des aktuellsten
gen, dass jeder zweite bis dritte Krebspa-     Unterstützung unterschätzt wird. Um            Projekts Screen2Care entwickelte das
tient klinisch bedeutsamen Distress auf-       dem entgegen zu wirken und bedarfsge-          CCC München gemeinsam mit der
weist [1, 3]. Ein Drittel leidet unter einer   rechte psychosoziale Unterstützung be-         IT-Abteilung des Klinikums rechts der
manifesten psychischen Störung [2].            reitstellen zu können, kommen objektive        Isar (MRI) und der Medical Electronic
Diese Zahlen unterstreichen die Notwen-        Verfahren zur Erfassung des psychischen        Questionnaire GmbH (meQ) ein digitales
digkeit professioneller Unterstützung.         Befindens von Krebspatienten zum Ein-          Distress Screening mit Anbindung an das
Die Verankerung psychoonkologischer            satz. Standardisierte Kurzfragebögen           klinikinterne Dokumentationssystem
Versorgung als fester Bestandteil einer        (Screening-Instrumente) werden von             SAP IS-H/i.s.h.med-System.
umfassenden Krebsbehandlung findet             Patienten beantwortet und ermöglichen
sich auch in den Zielen des Nationalen         eine erste Einschätzung des Belastungs-        Nicht nur die Verbesserung der psycho-
Krebsplans wieder [5]. Dort wird neben         grades.                                        onkologischen Versorgung soll mit dem
der Sicherstellung von Versorgungsstruk-                                                      neuen Instrument erreicht werden; das
turen im stationären sowie im ambulan-         Elektronische Screening-Instrumente            System gilt auch als Modell für eine mög-
ten Bereich auch die Verbesserung der          Neben Distress Screenings in Papierver-        lichst effiziente und praxisgerechte Patient
Erkennung des psychoonkologischen              sion finden auch elektronische Screening-      Reported Outcome Measure (PROM).
Unterstützungsbedarfs gefordert.               Instrumente zunehmend Verbreitung.             Zusätzlich soll es die Datenaufbereitung
                                               Innerhalb des Comprehensive Cancer             von Screening-Ergebnissen für wissen-
                                               Centers München (CCC München)                  schaftliche Auswertungen erleichtern.
Neues aus dem CCC München                                                            TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

Screen2Care –                                    für drei Monate pilotiert. Die Ergebnisse        Literatur
Produkt und Anwendung                            zeigen, dass die Patientinnen das Screening      [1] Mehnert A, Hartung T J, Friedrich M, et al. (2018) One
                                                                                                  in two cancer patients is significantly distressed: prevalence
Die Anmeldung der Patienten zum digi-            sehr positiv beurteilen. Auch die Pflege-        and indicators of distress. Psychooncology 27, 75-82
talen Distress Screening sowie die Spei-         kräfte gaben der elektronischen Erfassung        [2] Mehnert A, Brähler E, Faller H, et al. (2014) Four-week
cherung der Screening-Ergebnisse erfolgt         den Vorzug gegenüber einem Screening             prevalence of mental disorders in patients with cancer across
                                                                                                  major tumor entities. J Clin Oncol 32(31) 3540–3546
im SAP-System. Inhalt des Screenings ist         auf Papier. Die Bedienung im SAP sowie
                                                                                                  [3] Faller H, Weis J, Koch U, et al. (2016) Perceived need for
der Fragebogen zur Belastung von Krebs-          das Handling am Tablet-PC empfanden              psychosocial support depending on emotional distress and
patienten (FBK-R10) mit zehn Aussagen            sie als unproblematisch und auch für neue        mental comorbidity in men and women with cancer. J
                                                                                                  Psychosom Res, 81, 24–30
zu unterschiedlichen Belastungsaspekten          Mitarbeiter schnell erlernbar.
                                                                                                  [4] Book K, Marten-Mittag B, Henrich G, et al. (2011) Distress
[4]. Anhand der sechs Antwortkategorien                                                           screening in oncology-evaluation of the Questionnaire on
sollen die Patienten angeben, ob das jewei-      Die Integration in den Arbeitsalltag beur-       Distress in Cancer Patients-short form (QSC-R10) in a Ger-
                                                                                                  man sample. Psycho-oncology, 20(3), 287–293
lige Problem auf sie zutrifft und – falls ja –   teilen die beteiligten Pflegekräfte wegen
                                                                                                  [5] Herschbach P, Mandel T (2011) Psychoonkologische Ver-
wie stark es sie belastet (von „kaum“ bis        des Zeitaufwands allerdings noch kritisch.       sorgung im Nationalen Krebsplan. Onkologe 17(12), 1107–
                                                                                                  1114
„sehr stark“). Teilnehmende Patienten be-        Als größten Vorteil des elektronischen
antworten die zehn Fragen des FBK-R10            Distress Screenings sehen die an der Pilot-
sowie die Zusatzfrage nach einem mögli-          phase Beteiligten die Anbindung an das
cherweise vorhandenen Wunsch nach                SAP-System und die damit verbundene
psychoonkologischer Unterstützung auf            Automatisierung von gegebenenfalls not-
dem Tablet-PC. Die Synchronisation der           wendigen Konsilanforderungen.
Daten erfolgt automatisiert. In Abhängig-
keit der Ergebnisse der Befragung wird im        Die Machbarkeit und Nützlichkeit
SAP-System gegebenenfalls automatisch            elektronischer PROMs konnte im Zuge                                                                               13
ein klinischer Auftrag an die psychoonko-        der Pilotphase bestätigt werden. Damit
logische Abteilung gesendet. Zentrale            dient das Projekt als Modell für weitere
Ausführende des Screenings sind die              Entwicklungen im Bereich der digitalen
Krankenpflegekräfte.                             Erfassung der individuellen Patienten-
                                                 sicht. Aufgrund der insgesamt sehr               Theresia Pichler, Psychologin, M. Sc.
Erfolgreicher Pilotversuch                       positiven Ergebnisse des Projektes wird          Autorin dieses Beitrags, ist wissenschaftliche
Das Projekt Screen2Care wurde in der             Screen2Care in seiner jetzigen Form in           Mitarbeiterin im CCC München
Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar       der Frauenklinik auch künftig eingesetzt.

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         4. Auflage 2017, 312 Seiten, 24,90 €             10. Auflage 2015, 272 Seiten, 24,90 €           3. Auflage 2009, 296 Seiten, 18,90 €
         ISBN 978-3-86371-249-5                           ISBN 978-3-86371-185-6                          ISBN 978-3-88603-964-7
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         9. Auflage 2013, 360 Seiten, 27,90 €             6. Auflage 2011, 164 Seiten, 19,90 €            Hämatologie und Onkologie
         ISBN 978-3-86371-106-1                           ISBN 978-3-88603-995-1                          2. Auflage 2014, 182 Seiten, 24,90 €
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           Hirntumoren und spinale Tumoren                  Maligne Ovarialtumoren
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         ISBN 978-3-86371-199-3                           ISBN 978-3-86371-111-5                          11. Auflage 2017, 340 Seiten, 24,90 €
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           Knochentumoren und Weichteilsarkome              Malignome des Corpus uteri
         6. Auflage 2017, 232 Seiten, 24,90 €             3. Auflage 2007, 88 Seiten, 19,90 €               Urogenitale Tumoren
         ISBN 978-3-86371-242-6                           ISBN 978-3-88603-906-7                          4. Auflage 2008, 372 Seiten, 18,90 €
                                                                                                          ISBN 978-3-88603-941-8
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         ISBN 978-3-86371-133-7                           ISBN 978-3-86371-246-4                          2. Auflage 2011, 76 Seiten, 14,90 €
                                                                                                          ISBN 978-3-86371-009-5
           Leukämien, myelodysplastische Syndrome           Multiples Myelom
         und myeloproliferativeNeoplasien                 5. Auflage 2017, 308 Seiten, 24,90 €              Zervixkarzinom
         4. Auflage 2015, 252 Seiten, 24,90 €             ISBN 978-3-86371-211-2                          2. Auflage 2004, 96 Seiten, 25,10 €
         ISBN 978-3-88603-160-3                                                                           ISBN 978-3-88603-839-4

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TZM News 1 / 2018 (20 Jg.)

    10 Jahre TZM Essentials –
    40 Jahre Tumorzentrum München

M
            it den TZM Essentials am        Entwicklungen der vorangegangenen            die nicht immer einfache
                                                                                                                                                                                          Dendritische

            20. Januar 2018 hat das         12 Monate sollten von Organ-Spezialisten     Erstellung des TZM-Jahr-
                                                                                                                                                                                             Zelle

                                                                                                                                                                              PD-L1
                                                                                                                                                                              PD-L2
                                                                                                                                                                                                B7          MHC
                                                                                                                                                                                                            Antig

                                                                                                                                                                              PD-1             CD28
                                                                                                                                                                                      PD-L1              T-Zellr

            Tumorzentrum München            und onkologischen Experten gemeinsam         buchs durch den Lukon                   Thomas Kirchner,
                                                                                                                                                    Volkmar Nüssler
                                                                                                                                                                      (Hg.)

                                                                                                                                 Tumorzentrum Münc
                                                                                                                                                  hen
gleich ein doppeltes Jubiläum gefeiert:     präsentiert werden. Mit diesem Konzept,      Verlag, vertreten durch                 Jahrbuch 2018

Unser Jahreskongress hat heuer zum          das über ein bloßes Update weit hinaus-      Herrn Ludger Wahlers.
zehnten Mal stattgefunden; außerdem ist     weist, hat das Tumorzentrum in den ver-      Ein herzliches Dankeschön schließlich
das Tumorzentrum München im Herbst          gangenen Jahren großen Erfolg gehabt,        geht auch an die Sponsoren, ohne deren
letzten Jahres stolze 40 Jahre alt gewor-   wie die ständig steigenden Teilnehmer-       Engagement die TZM Essentials in dieser
den. Nahezu 500 Teilnehmer haben am         zahlen belegen. Die TZM Essentials mar-      Form nicht stattfinden könnten.
dritten Januarwochenende die Gelegen-       kieren heute gewissermaßen die Eröff-
heit genutzt, sich nicht nur über die       nung des Fortbildungsjahres für Hämato-      Das Doppeljubiläum ist uns Anlass und
Geschichte des TZM, sondern vor allem       logen und Onkologen in Süddeutschland.       Ansporn zugleich, den Jahreskongress
über alle wichtigen und praxisrelevanten    Eine solche Veranstaltung ist immer so       und seine Vortragsformate weiter zu
Entwicklungen des abgelaufenen Jahres       gut wie das Engagement ihrer Protago-        entwickeln. Sie dürfen gespannt sein auf
zu informieren.                             nisten, und zwar auf wie hinter der          das, was wir derzeit vorbereiten, so viel sei
                                            Bühne. Das Tumorzentrum München              an dieser Stelle schon gesagt. Verfolgen
Aus der Flut der Informationen relevan-     dankt den Vorsitzenden für die Initiie-      Sie diese und andere Aktivitäten über
tes Wissen zu generieren, das war und       rung wichtiger Diskussionen nach den         unsere Publikationskanäle, seien es die
ist das charakteristische Kennzeichen       Referaten; Dank gebührt den vortragen-       Manuale, die TZM-News oder die Inter-
der erstmals im Jahr 2009 durchgeführten    den Experten nicht nur für ihr Statement     net-Blogs, über die wir Sie auf dem
TZM Essentials. Ein engagiertes Vorbe-      im Saal, sondern auch für ihren vertiefen-   Laufenden halten.
reitungsteam, das aus damals jungen         den Beitrag im Jahrbuch. Die perfekte
Oberärzten des TZM und Vertretern           Veranstaltungsorganisation durch MCI,
des Lukon Verlags bestand, legte sozu-      vertreten durch Herrn Andreas Kandler,       Prof. Dr. med. Volkmar Nüssler
sagen den Grundstein: Die wichtigsten       sei hier noch einmal gewürdigt, genau wie    Geschäftsführender TZM-Koordinator

Alle Projekt- und Arbeitsgruppen des Tumorzentrums München
auf einen Blick

Endokrine Tumoren                           Maligne Lymphome                             Supportive Maßnahmen in der
Herr Prof. Dr. H. Fürst                     Herr Prof. Dr. M. Dreyling                   Hämatologie und Onkologie
heinrich.fuerst@martha-maria.de             martin.dreyling@med.uni-muenchen.de          Herr Prof. Dr. H. Ostermann
                                                                                         helmut.ostermann@med.uni-muenchen.de
Gastrointestinale Tumoren                   Maligne Melanome
Herr Prof. Dr. J. Werner                    Frau Prof. Dr. C. Berking                    Tumoren der Lunge und des Mediastinums
jens.werner@med.uni-muenchen.de             carola.berking@med.uni-muenchen.de           Herr Prof. Dr. R. M. Huber
                                                                                         pneumologie@med.uni-muenchen.de
Hirntumoren                                 Maligne Ovarialtumoren
Herr Prof. Dr. J.-C. Tonn                   Herr Dr. A. Burges                           Urogenitale Tumoren
joerg.christian.tonn@med.uni-muenchen.de    alexander.burges@med.uni-muenchen.de         Herr PD Dr. S. Tritschler
                                                                                         stefan.tritschler@med.uni-muenchen.de
Knochentumoren / Weichteilsarkome           Mammakarzinome
Herr PD Dr. L. Lindner                      Herr Dr. I. Bauerfeind                       Uterusmalignome
lars.lindner@med.uni-muenchen.de            frauenklinik@klinikum-landshut.de            Herr Prof. Dr. Ch. Dannecker
                                                                                         christian.dannecker@med.uni-muenchen.de
Kopf-Hals-Malignome                         Multiples Myelom
Herr Dr. Dr. G. Mast                        Herr Prof. Dr. Ch. Straka                    AG Ernährung und Krebs
gerson.mast@med.uni-muenchen.de             christian.straka@lmu.de                      Herr Prof. Dr. H. Hauner
                                                                                         hans.hauner@tum.de
Leukämien und MDS                           Psycho-Onkologie
Herr Prof. Dr. K. Spiekermann               Frau Dr. D. Pouget-Schors                    AG Komplementärmedizin
karsten.spiekermann@med.uni-muenchen.de     d.pouget-schors@lrz.tu-muenchen.de           Frau Prof. Dr. S. Combs
                                                                                         stephanie.combs@mri.tum.de
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