Im Austausch - KARL& FABER Journal 2019 - Sigmar Polke Franz Marc Museum Busch-Reisinger Museum Richard Ziegler - Karl & Faber
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KARL& FABER Journal 2019 Im Austausch Sigmar Polke · Franz Marc Museum · Busch-Reisinger Museum · Richard Ziegler
Liebe Leserinnen und Leser, unser Journal beleuchtet in seiner aktuellen Ausgabe im Besonderen den Austausch von KARL&FABER mit Museen und Institutionen. Diese leben letzt- lich immer von den Menschen, die dort arbeiten und/oder sie unterstützen. Mit ihnen im Blick wird einmal mehr deutlich, dass Sammler und Institutionen, Händler und Auktionshäuser in einem sehr symbiotischen Verhältnis stehen, das nicht immer frei von Spannungen, dafür aber immer spannend ist. Mit dem Franz Marc Museum in Kochel am See unddem Busch-Reisinger Museum in Cambridge bei Boston (USA) fühlt sich K ARL&FABER eng verbunden. In un- serer Titelgeschichte erfahren Sie, welche Strategien beide Museumsdirekto- rinnen entwickeln, um neben den großen Playern Besonderes zu bewirken. Un- sere Rubrik „Von KARL&FABER ins Museum“ erzählt Ihnen, wie ein Gemälde von Heinrich Reinhold und eine Fotografie von Sigmar Polke aus unseren vergange- nen Auktionen den Weg ins Museum gefunden haben. Was ist Kunst wert? Diese Frage, zu der eine illustre Gesprächsrunde letzten Sommer in unseren Räumen Stellung nahm, bleibt ein Dauerbrenner. Lassen Sie sich in der Zusammenfassung von neuen und erstaunlichen An- sichten überraschen! Wir dürfen auf immer neue Kunden zählen, die uns ihre Kunstwerke an- vertrauen. Dies führt auch zu neuen Vertriebswegen sowie zu einer weiteren Stärkung unserer zeitgenössischen Kunstabteilung, wie Sie verschiedenen Beiträgen unseres Journals entnehmen können. Ihnen, unseren Kunden, verdanken wir, dass KARL&FABER in den letz- ten Jahren in der D-A-CH-Region dasjenige Auktionshaus ist, das sich seit 2010 am dynamischsten entwickelt (Quelle: artnet market report, Januar © COURTESY GALERIE EIGEN+ART LEIPZIG / BERLIN UND ZWIRNER, NEW YORK / LONDON / VG-BILD KUNST, BONN 2019 2019). Wir freuen uns auf den weiteren Austausch auch mit Ihnen, liebe Lese- rinnen und Leser. Kommen Sie vorbei, sprechen Sie mit uns über Ihre Kunst – wer weiß, vielleicht hängt eines Tages auch das Werk, das Sie uns für eine unserer Auktionen anvertraut haben, in einem Museum … Beste Grüße Dr. Rupert Keim, Geschäftsführender Gesellschafter & Sheila Scott, Geschäftsleitung und Leitung Moderne Kunst NEO RAUCH, PLAN, 1994 Grußwort 3
KONTAKT JETZT EINLIEFERN! KARL & FABER Kunstauktionen seit 1923 Einlieferungsschluss Frühjahr 2019 Amiraplatz 3 · München Dr. Rupert Keim Alte Meister & 19. Jahrhundert: Mitte März T + 49 89 22 18 65 Geschäftsführender Gesellschafter Moderne & Zeitgenössische Kunst: Anfang April F + 49 89 22 83 350 + 49 89 22 18 65 info@karlundfaber.de info@karlundfaber.de Einlieferungsschluss Herbst 2019 Alte Meister & 19. Jahrhundert: Anfang September Moderne & Zeitgenössische Kunst: Anfang Oktober Sheila Scott Geschäftsleitung & Annegret Thoma Leiterin Moderne Kunst Expertin Moderne Kunst INHALTSVERZEICHNIS + 49 89 24 22 87 16 + 49 89 24 22 87 222 sscott@karlundfaber.de athoma@karlundfaber.de TOP-ERGEBNISSE 2018 5 Termine 2019 Expertentage 26 Vorbesichtigungen 27 Auktionen 29 Dr. Julia Macke Nina von Lichtenstern Titelthema Leiterin Zeitgenössische Kunst Expertin Zeitgenössische Kunst Von Museen – Das Franz Marc Museum + 49 89 24 22 87 29 + 49 89 24 22 87 220 und das Busch-Reisinger Museum im Austausch 31 jmacke@karlundfaber.de nvonlichtenstern@karlundfaber.de Von KARL&FABER ins Museum Heinrich Reinhold in der Hamburger Kunsthalle 45 Sigmar Polke im Museum für Gegenwartskunst Siegen 48 Rückblick 2018 Caroline Klapp Alexandra Ruth Sonderauktionen 52 Expertin Zeitgenössische Kunst Expertin Österreichische Kunst Was ist Kunst wert? 54 + 49 89 24 22 87 12 + 49 159 01 29 01 76 KARL&FABER wächst! 64 cklapp@karlundfaber.de aruth@karlundfaber.de Ausblick 2019 Wer hat Angst vor Online-Auktionen? 66 Neu entdeckt bei KARL&FABER! 68 Der andere Blick – Kolumne von Max Scharnigg 70 Heike Birkenmaier Junge Kunstszene im Fokus / KARL&FABER meets Loggia 72 Dr. Peter Prange Leiterin Kunst des 15. bis Wissenschaftlicher Leiter 19. Jahrhunderts Repräsentanten 74 + 49 89 24 22 87 26 + 49 89 24 22 87 15 Dependancen 75 pprange@karlundfaber.de hbirkenmaier@karlundfaber.de Impressum 76 4 Experten Inhalt 5
#karlundfaber Top-Ergebnisse 2018 Verpassen Sie keine Auktion und kein Event von KARL & FABER ! Erfahren Sie mehr zu außergewöhnlichen Künstlern und Kunstwerken und w erden Sie Teil unserer Community. „Die gestiegene Bedeutung der Zeitgenössischen Kunst für Folgen Sie uns auf Facebook KARL&FABER spiegelt sich in und Instagram den hohen Zuschlägen wider.“ @ karlundfaber @ karlandfaber Parnass – 19.7.2018 6 Inhalt 7
ZEITGENÖSSISCHE KUNST GERHARD RICHTER Ergebnis: € 350.000* Grün-Blau-Rot, 1993 „Werke deutscher Zeitgenossen haben dem Münchner Versteigerer KARL&FABER beachtliche Erlöse eingebracht.“ Handelsblatt – 14.6.2018 Öl auf Leinwand, 29,5 × 40 cm © GERHARD RICHTER 2019 (23012019) *INKLUSIVE AUFGELD 8 Top-Ergebnisse Zeitgenössische Kunst 9
ALBERT OEHLEN Ergebnis: € 175.000* NEO RAUCH Ergebnis: € 250.000* Ohne Titel (Augen), 1987 Plan, 1994 © COURTESY GALERIE EIGEN+ART LEIPZIG / BERLIN UND ZWIRNER, NEW YORK / LONDON / VG-BILD KUNST, BONN 2019 Öl, Acryl, Tusche und Kunstharz über Radierung mit Kaltnadel auf cremefarbenem Velin, Öl, teils laviert, und Collage auf mehreren zusammengefügten Bögen Büttenpapier, Ø 180 cm kaschiert auf Leinwand, 211 × 244 cm © VG BILD-KUNST, BONN 2019 *INKLUSIVE AUFGELD 10 Top-Ergebnisse Zeitgenössische Kunst 11
BERND UND HILLA BECHER Ergebnis: € 300.000* JESÚS RAFAEL SOTO Ergebnis: € 156.300* Folge von 15 Bll.: Kühlturm Typologie, 1965–1991 Azul y negro, 1971 Silbergelatine-Abzug auf Fotopapier, auf Karton kaschiert, 40 × 31 cm (Karton 55 × 45 cm) © ESTATE OF BERND & HILLA BECHER, REPRESENTED BY MAX BECHER Acryl auf Holz, Metallstäbe, Nylonschnüre, 48,5 × 48,5 × 5 cm (Sockelplatte) © VG BILD-KUNST, BONN 2019 *INKLUSIVE AUFGELD 12 Top-Ergebnisse Zeitgenössische Kunst 13
MODERNE KUNST HEINRICH CAMPENDONK Ergebnis: € 750.000* Kühe im Wald, 1919 „Die Herbstauktion bei KARL&FABER punktet mit Werken aus der Moderne.“ FAZ – 11.1.2019 Öl auf Leinwand, 51,5 × 70,5 cm © VG BILD-KUNST, BONN 2019 *INKLUSIVE AUFGELD 14 Top-Ergebnisse Moderne Kunst 15
LOVIS CORINTH Ergebnis: € 337.500* PABLO PICASSO Ergebnis: € 150.000* Tulpen, Flieder und Kalla, 1915 Le Repas frugal, 1904 © SUCCESSION PICASSO / VG BILD-KUNST, BONN 2019 Öl auf Leinwand, 63 × 50 cm Radierung auf Velin von Van Gelder Zonen, 63,5 × 50,5 cm (Blattgröße) *INKLUSIVE AUFGELD 16 Top-Ergebnisse Moderne Kunst 17
GABRIELE MÜNTER Ergebnis: € 106.300* EMIL NOLDE Ergebnis: € 125.000* Blumenbild mit weißer Rose, 1949 Weinlaub und Dahlien, um 1930/40 © VG BILD-KUNST, BONN 2019 © NOLDE STIFTUNG SEEBÜLL Öl auf Leinwand, 55,5 × 38,5 cm Aquarell auf Japan, 47 × 36 cm *INKLUSIVE AUFGELD 18 Top-Ergebnisse Moderne Kunst 19
KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS CARL SPITZWEG Ergebnis: € 156.300* Die Sonne bringt es an den Tag, um 1875 KARL&FABER gibt für die Frühjahrs auktionen einen Gesamtumsatz von sieben Millionen Euro bekannt, davon entfallen 1,8 Millionen auf die Alte Kunst. […] Beim 19. Jahrhundert stach Carl Spitzweg hervor. FAZ – 16.7.2018 Öl auf Mahagoniplatte, 25 × 16,1 cm *INKLUSIVE AUFGELD 20 Top-Ergebnisse Kunst des 19. Jahrhunderts 21
FRANCISCO DE GOYA Ergebnis: € 50.000* PETER HEINRICH LAMBERT VON HESS Ergebnis: € 25.000* El famoso americano, Mariano Ceballos, 1825 Rastende Reisende in Griechenland, 1834 Lithographie auf Velin, 41,6 × 53,1 cm (Blattgröße) Aquarell auf Velin, 21,6 × 28 cm *INKLUSIVE AUFGELD 22 Top-Ergebnisse Kunst des 19. Jahrhunderts 23
ALTE MEISTER NICOLAES VAN VEERENDAEL Ergebnis: € 362.500* Blumenstrauß mit Rosen, Tulpe, Hibiskus und Brombeeren, 1672 „Bei den […] Alten Meistern schoss Nicolaes van Veerendael den Vogel ab.“ FAZ – 11.1.2019 Öl auf Leinwand, 52 × 42 cm *INKLUSIVE AUFGELD 24 Top-Ergebnisse Alte Meister 25
REMBRANDT HARMENSZ VAN RIJN Ergebnis: € 87.500* MARTIN SCHONGAUER Ergebnis: € 231.300* Adam und Eva, 1638 Das Rauchfass, um 1485 Radierung auf Bütten, 16,4 × 11,6 cm (Blattgröße) Kupferstich auf Bütten, 29,1 × 21,7 cm (Blattgröße) *INKLUSIVE AUFGELD 26 Top-Ergebnisse Alte Meister 27
EXPERTENTAGE FRÜHJAHR 2019 VORBESICHTIGUNGEN FRÜHJAHR 2019 ALTE MEISTER & KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS / AUKTION 288 ALTE MEISTER & KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS / AUKTION 288 Schweiz (Basel & Bern) 29. – 31.1. USA 11. – 15.2. Hamburg Vernissage: Dienstag, 16.4.2019, 18 – 21 Uhr Frankfurt & Hessen 7. – 8.2. Rheinland 13. – 14.2. Vorbesichtigung: 17.4.2019, 11 – 16 Uhr Mailand 7. – 8.2. Hamburg 20. – 21.2. München & Tegernsee 28.2. München Vernissage: Donnerstag, 2.5.2019, 18 – 21 Uhr Süddeutschland 11. – 15.2. 3. – 9.5.2019, Mo – Fr, 10 – 18 Uhr, Sa & So, 11 – 17 Uhr MODERNE & ZEITGENÖSSISCHE KUNST / AUKTIONEN 289 & 290 MODERNE & ZEITGENÖSSISCHE KUNST / AUKTIONEN 289 & 290 USA 11. – 15.2. Garmisch-Partenkirchen 12.3. Wien Vernissage: Donnerstag, 9.5.2019, 18 – 21 Uhr Schweiz 12. – 14.2. Wien/Graz/ Vorbesichtigung: 10.5.2019, 11 – 16 Uhr. Hamburg 20. – 21.2. Klagenfurt 12. – 15.3 Rheinland 20. – 22.2. Brüssel 18. – 19.3 Stuttgart Vernissage und Vorbesichtigung: Donnerstag, 16.5.2019, 18 – 21 Uhr München 25.2. – 1.3. Fünfseenland 20. – 21.3. Stuttgart 26. – 28.2. Salzburg/St. Pölten/ Düsseldorf Vernissage: Freitag, 17.5.2019, 18 – 21 Uhr London 5.– 7.3. Linz 20. – 22.3 Vorbesichtigung: 18.5.2019, 11 – 16 Uhr Bregenz 7.3. Bozen /Südtirol 27. – 28.3. Berlin/Potsdam 7. – 8.3. Innsbruck 29.3. Hamburg Vernissage: Montag, 20.5.2019, 18 – 21Uhr Frankfurt am Main 7./8.3. & 26. – 27.3. München 1. – 5.4. Vorbesichtigung: 21.5.2019, 11 – 16 Uhr (Änderungen vorbehalten) München Vernissage: Dienstag, 28.5.2019, 18 – 21 Uhr 29.5. – 4.6.2019, 10 – 18 Uhr / Sa, So & Feiertag, 11 – 17 Uhr Wir freuen uns auf ein persönliches Gespräch und Ihre Einlieferung! VORBESICHTIGUNGEN HERBST 2019 ALTE MEISTER & KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS / AUKTION 291 München Vernissage: Donnerstag, 30.10.2019, 18 – 21 Uhr Vereinbaren Sie mit uns einen persönlichen Termin, auch außerhalb der Expertentage. 30.10. – 7.11.2019, 10 – 18 Uhr / Sa, So & Feiertag, 11 – 17 Uhr Die Kontaktdaten unserer Experten finden Sie auf S. 2 sowie S. 74 f. MODERNE & ZEITGENÖSSISCHE KUNST / AUKTIONEN 292 & 293 KARL & FABER Kunstauktionen GmbH München Vernissage: Dienstag, 26.11.2019, 18 – 21 Uhr Amiraplatz 3 · Luitpoldblock · D 80333 München 26.11. – 3.12.2019, Mo – Fr, 10 – 18 Uhr, Sa & So, 11 – 17 Uhr T + 49 89 22 18 65 · F + 49 89 22 83 350 info@karlundfaber.de (Änderungen vorbehalten) Expertentage für die Herbstauktionen 2019 auf karlundfaber.de. Alle Orte sowie weitere Vorbesichtigungstermine auf karlundfaber.de. 28 Expertentage Vorbesichtigungen 29
The February 8–July 28, 2019 AUKTIONEN FRÜHJAHR 2019 EINLIEFERUNGSSCHLUSS Bauhaus Mitte März 2019: Alte Meister & 19. Jahrhundert Anfang April 2019: Moderne & Zeitgenössische Kunst ONLINE ONLY AUKTIONEN NEU Mittwoch, 24. April – Freitag, 3. Mai 2019: Alte Meister & 19. Jahrhundert Mittwoch, 22. Mai – Freitag, 31. Mai 2019: Moderne & Zeitgenössische Kunst LIVE AUKTIONEN IN MÜNCHEN Freitag, 10. Mai 2019: Alte Meister & 19. Jahrhundert Mittwoch, 5. Juni 2019: Moderne Kunst Donnerstag, 6. Juni 2019: Zeitgenössische Kunst AUKTIONEN HERBST 2019 EINLIEFERUNGSSCHLUSS Anfang September 2019: Alte Meister & 19. Jahrhundert Anfang Oktober 2019: Moderne & Zeitgenössische Kunst ONLINE ONLY AUKTIONEN NEU and Mittwoch, 23. Oktober – Freitag, 1. November 2019: Alte Meister & 19. Jahrhundert Mittwoch, 20. November – Freitag, 29. November 2019: Moderne & Zeitgenössische Kunst LIVE AUKTIONEN IN MÜNCHEN Harvard Freitag, 8. November 2019: Alte Meister & 19. Jahrhundert Mittwoch, 4. Dezember 2019: Moderne Kunst Donnerstag, 5. Dezember 2019: Zeitgenössische Kunst (Änderungen vorbehalten) Weitere Informationen auf karlundfaber.de #Bauhaus100 harvardartmuseums.org/bauhaus Herbert Bayer, Design for a Multimedia Trade Fair Booth, 1924. © Artists Rights Society (ARS), New York/VG Bild-Kunst, Bonn. Auktionen 31
Von Museen Auf Einladung von K ARL& FABER trafen sich Dr. Lynette Roth, Direktorin des Busch-Reisinger Museums, und Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Direktorin des Franz Marc Museums, in München. Mit Dr. Anne-Cécile Foulon, Leiterin Kom- munikation & Development bei KARL& FABER, tauschten sie sich über ihre Strategien und die Positionierung ihrer Häuser in einer globalisierten und di- gitalisierten Welt aus. Das Busch-Reisinger Museum wurde 1903 an der Har- vard University in Cambridge, Massachusetts als Universitätsmuseum ge- gründet, um Amerikaner mit der deutschen Kunst vertraut zu machen. Heute zählt es mit einer Sammlung vom 7. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu den Harvard Art Museums. Das Franz Marc Museum in Kochel am See widmet sich seit seiner Gründung 1986 dem Werk des Künstlers mit dem Ziel, es in neue Kontexte zu stellen. Auch Werke des Blauen Reiters, der Brücke sowie der deutschen und französischen Nachkriegsabstraktion gehören zum Kern der Sammlung. Interview Anne-Cécile Foulon Fotografie Verena Kathrein Titelthema 33
Herzlich willkommen Lynette Roth und Cathrin Klingsöhr-Leroy! Das Busch Reisinger Museum widmet sich vor allem deutschsprachigen Künstlern. Wa- rum ist das gerade im Zeitalter der Globalisierung von Bedeutung? Und wie nehmen Amerikaner die deutschsprachige Kunst heute wahr? LR: In der Zeit der Globalisierung sammeln wir immer mehr ähnliche Erfahrun- gen, egal wo wir hingehen. In deutschen Museen sieht man zum Teil die glei- chen Künstler wie in amerikanischen Institutionen. Deswegen finde ich es sehr wichtig, dass Museen mit ihren Sammlungen einen Schwerpunkt setzen, um sich anders zu positionieren. Unser Schwerpunkt ist die Kunst im deutschspra- chigen Raum. Im Gegensatz zur Gründungszeit unseres Museums 1903 sind die Amerikaner heute sehr offen für deutsche Kunst. Die Namen Richter, Base- litz, Kiefer fallen allerdings immer noch am häufigsten. Viele deutsche Künstler werden eher als „international“ wahrgenommen. Ich war sehr erfreut darüber, dass das Publikum meine letzte Ausstellung über die deutsche Nachkriegszeit begeistert aufgenommen hat. Es ist eine Offenheit da, bestimmte Stereotypen infrage zu stellen und das zeigt mir, dass wir mit unseren langjährigen For- Die Direktorinnen tauschen sich über ihre Ideen und Ansätze zu einem Museum der Zukunft aus. schungsprojekten und deren Vermittlung auf dem richtigen Weg sind. Wird das Franz Marc Museum in Kochel am See, weit weg von der Großstadt, auch (inter)national wahrgenommen? CKL: Wir haben in den letzten zehn Jahren daran gearbeitet, uns zu vernet- zen und haben es geschafft, als gleichwertiger Partner von Sammlungen mit CKL: Ein Künstler-Museum ist natürlich immer in Gefahr, eine Pilgerstätte zu Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts wahrgenommen zu werden. Diese Zusam- werden. Das Franz Marc Museum ist aber viel umfassender gedacht, so wie es menarbeit z.B. mit Sammlungen aus Frankreich, Holland, der Schweiz und den unser Logo kommuniziert: Franz Marc Museum – Kunst im 20. Jahrhundert. Die USA hat vor allem dank einer kontinuierlichen, inhaltlich orientierten Arbeit besondere Identität des Museums ergibt sich aus der Kombination der geogra- geklappt und weil wir mithilfe unserer Unterstützer jedes Jahr eine große, fischen Lage mit dem Thema. Mit den Ausstellungen und den Sammlungsprä- anspruchsvolle Ausstellung zeigen konnten, die andere Fragestellungen ins sentationen zeige ich, dass unser Museum auf der qualitativen Ebene über eine Zentrum rückt als die großen Museen in München. hochwertige Sammlung verfügt, wenn auch eine kleinere als die Pinakothek der Moderne oder das Lenbachhaus. Mein erstes Bemühen ist zu verhindern, dass LR: Vernetzung ist wichtig. Die Kunstmuseen der Harvard University waren das Museum in eine provinzielle Ecke reinrutscht. In Sachen Globalisierung immer vernetzt, aber die Entscheidung, alle drei in einem Gebäude unterzu- glaube ich, dass man sich mit neuen Fragestellungen entwickeln und entspre- bringen, wurde nicht sofort von allen begrüßt. Nach vier Jahren stellen wir chend reagieren muss. So könnte man z. B. im Hinblick auf den Blauen Reiter jedoch fest, dass sich die Besucher dadurch alle Sammlungen anschauen und fragen, wie sich diese Künstler damals zur Kolonialisierung verhalten haben. dass diese so in einen Dialog treten. Jeden Monat kommen aus aller Welt viele Leihanfragen. Durch den Leihverkehr schaffen wir auch internationale LR: Diese Fragestellung finde ich sehr wichtig. Auch wenn unsere Sammlung Präsenz. Die Werke unserer Sammlung sind unsere Boten, wenn sie woanders zu einer bestimmten Zeit aus einem anderen Kontext heraus erworben wur- hinreisen. Darüber hinaus unterstreicht die wissenschaftliche Arbeit mit Kolle- de, können wir sie heute nicht hängen und erwarten, dass das ausreicht. Wir gen anderer Museen und Institutionen weltweit unseren Schwerpunkt auf For- müssen uns als Vermittler immer fragen, was die heutigen Besucher interes- schung und Lehre. siert und womit sie sich auseinandersetzen. Unsere zeitgenössische Kunst und unsere historische Sammlung spielen beide eine wichtige Rolle. Mit ih- Mit ca. 6.300 Museen ist Deutschland reich gesegnet. Noch deutlich breiter nen können wir allen aktuell relevanten Fragen nachgehen. ist die US-amerikanische Museumslandschaft, die um die 17.500 Museen zählt. Doch gemessen an den Bevölkerungszahlen sind die US-amerikanische und Wie wichtig und relevant ist eine nationale und internationale Vernetzung für die deutsche Situation vergleichbar. Wie schaffen es Ihre Häuser, sich gegen Ihre Institutionen? so viel Konkurrenz zu behaupten? 34 Von Museen Titelthema 35
LR: Die wichtige Frage der Identität haben wir uns stellen müssen, als wir 2014 neu eröffnet haben. Wir haben damals festgestellt, dass wir als Universitäts- museum anders aufgestellt sind als die restlichen Bostoner Museen. Alleine das Wort „Harvard“ schreckt manche ab. Sie fragen sich: Darf ich da auch hin? Dagegen arbeiten wir in unserer Werbung. Unsere neue Direktorin der H arvard Art Museums hat „Welcome“ auf die Eingangstür geschrieben. Trotzdem sa- gen wir: „You can’t be everything for everybody“. Ich denke, dass das Publikum von unserem Angebot und von der Qualität unserer Sammlung weiß. Viele Lehrmuseen in den USA werden als zweite Ware abgeschrieben. Aber wir ha- ben eine erstklassige Sammlung und das hat uns geholfen, uns nicht nur in Boston, sondern überhaupt zu positionieren. CKL: Ich glaube, dass die Frage der Konkurrenz nicht so entscheidend ist. Ich denke, dass diese große Anzahl an Museen wahrscheinlich eher ein Problem für die Museen ist, die nicht wirklich relevant sind. Die große Zahl von Museen entsteht auch, weil fast jeder Sammler denkt, er brauche sein eigenes Museum und weil jedes Thema museal verpackt werden muss. Ich habe eher den Eindruck, dass es wichtig ist, dass das Museum eine klare Identität hat, daran arbeitet und sie den Besuchern gut vermittelt. Außer- dem stelle ich Synergien fest, wenn ich mit anderen Museen zusammenar- beite. Wir hatten zwei sehr erfolgreiche Kooperationen mit dem Lenbach- haus und der Pinakothek der Moderne. Wir haben nicht nur Leihgaben ausgetauscht, sondern auch gemeinsame Symposien organisiert. Solche Projekte sind für das Franz Marc Museum ungemein förderlich. Auch klei- nere Museen können für eine Partnerschaft geeignet sein. So haben sich im „Blauen Land“ vier Museen unter dem Motto „MuSeenLandschaft“ zu- sammengeschlossen. Das Franz Marc Museum und das Busch-Reisinger Museum sind private Mu- seen. Wie schaffen Sie es, sich ohne staatliche Fördermittel zu finanzieren? Welche Rolle spielen Ihre Freundeskreise dabei? LR: Wir gehören der Harvard University, aber finanziell sind wir eigenständig. Wir würden uns mehr Unterstützung von der Universität wünschen, weil wir sehr viel für die Lehre tun. Wir werden hauptsächlich von privaten Geldern und unserem deutschen Verein gefördert sowie durch jährliche Ausschüttun- gen von Fonds, die vor hundert Jahren angelegt worden sind. Verlangen Sie keinen Museumseintritt? LR: Wir sind für Studenten aus aller Welt, für ganz Harvard und für Cambrid- ges Einwohner kostenlos. Es ist ein großes Anliegen der Direktorin der H arvard Art Museums, dass der Eintritt für alle umsonst ist. Wir hoffen, dafür einen Stifter oder eine Stifterin zu finden. Aus Eintrittsgeldern generieren wir nicht viel Budget, aber genug, um nicht darauf verzichten zu können. Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy studierte Kunstgeschichte, Archäologie und Deutsche Literaturwissenschaft in Regensburg, Bonn und Paris. Seit 2006 ist sie als künstlerische Direktorin des Franz Marc Museums in Kochel am See tätig und leitet seit 2010 das Museum als Direktorin und Geschäftsführe- rin der Franz Marc Museumsgesellschaft. Titelthema 37
Das Franz Marc Museum oberhalb vom Kochelsee Der Innenhof der Harvard Art Museums Welche Rolle spielen die Eintrittsgelder im Franz Marc Museum? zu großen Museen ermöglichen, einen Tag freien Eintritt zu gewähren. Aber manchmal berührt es mich ein bisschen unangenehm, dass speziell an die- CKL: Wir könnten auf die Eintrittsgelder nicht verzichten. Wir generieren aus sen Tagen die Museen überfüllt sind und an den anderen Tagen leer. den Eintritten 60% unserer Gesamtkosten. Das heißt wir müssen noch 40% aus anderen Quellen bekommen. Die Stiftung Etta und Otto Stangl und die LR: In der Umgebung von Boston gibt es viele Menschen, die sich einen Franz Marc Stiftung unterstützen das Haus, indem sie ihre Sammlungen als Museumsbesuch nicht leisten können. Und es mag sein, dass sie vielleicht eher Dauerleihgabe dem Museum zur Verfügung stellen. Die Stiftung Etta und bereit sind, das Geld für etwas anderes auszugeben. Aber vor allem für Familien Otto Stangl finanziert außerdem einen Großteil des Ausstellungsetats. Zu- ist das tatsächlich manchmal ein Hindernis. Das Museum of Fine Arts kostet dem erhalten wir bedeutende Zuwendungen einzelner Stifter und sporadisch über 20 Dollar pro Erwachsener. Die Bank of America stiftet dort einen Tag, an Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung oder des Kulturfonds dem der Eintritt frei ist. Und es stimmt, das Museum ist dann überfüllt. Ich sehe Bayern s owie von kleineren Stiftungen. Wir bekommen außerdem jährlich es so: Das Interesse ist da, sonst würden die Menschen sich nicht anstellen. Das eine großzügige Summe von den Freunden des Franz Marc Museums. Wir Busch-Reisinger Museum ist zwar ein Lehrmuseum, aber wir möchten trotzdem brauchen aber unbedingt die Basis der Eintrittsgelder. Ich persönlich finde, gerne andere Zielgruppen erreichen als nur Wissenschaftler und Studierende. dass man auch im Museum Eintritt zahlen kann. Wenn ich sehe, was viele Menschen für andere kulturelle Ereignisse wie z.B. Kino, Theater oder Oper Zu den Grundaufgaben des Museums gehört an oberster Stelle das Sammeln. ausgeben, dann weiß ich nicht, warum die intensive Museumsarbeit und der Ohne Sammlung kein Museum. In den letzten Jahren hat das Busch-Reisinger Beitrag zu unserem kulturellen Bewusstsein nicht bezahlt werden sollten. Na- Museum ein Werk von Gabriele Münter bei KARL&FABER ersteigert und das türlich muss es Ermäßigungen geben für Menschen, die sich den Museums- Franz Marc Museum eine Zeichnung von Franz Marc. Auf welche Ressourcen besuch nicht leisten können. Ich finde es schön, dass private Stifter ab und und Mittel können Sie zurückgreifen, um Ihre Sammlungen zu erweitern? © PETER VANDERWARKER © ROGER FREI 38 Von Museen Titelthema 39
LR: Wir bekommen keine staatliche Förderung, weil wir ein privates Universi- tätsmuseum sind. Unsere Sammlung kann nur aus privat angelegten Fonds erweitert werden. Diese Mittel sind nicht vergleichbar mit denen vieler Muse- en. Ich bin oft unterwegs, weil wir Unterstützung brauchen, um unsere Samm- lung auf diesem Niveau weiterzuführen. Seit 1983 haben wir einen deutschen Verein, der gegründet wurde, um das damals finanziell bedrohte Busch-Rei- singer Museum am Leben zu halten. Die Mitgliedsbeiträge aus dem Verein sind für uns wesentlich und fließen in Ausstellungen, Publikationen, Neuer- werbungen und Fellowships ein. CKL: Bei uns ist der Freundeskreis auch sehr wichtig. Die Zeichnung von Franz Marc, die Sie erwähnt haben, konnten wir nur ersteigern, weil unser Freundeskreis spontan reagiert hat. Auf diese Art und Weise konnten wir ver- schiedene Arbeiten erwerben. Unser Freundeskreis hat vor, durch Mitglieds- beiträge und Sonderspenden die Skulptur „Torso Ast“ von Per Kirkeby zu er- werben, die wir vor dem Eingang des Museums aufgestellt haben. Wir haben darüber hinaus den Kreis der Museumsstifter, der sich immer wieder mit ein- zelnen großen Sonderspenden für den Erwerb neuer Kunstwerke engagiert. So werden wir dieses Jahr die Skulptur „Gabelung“ erwerben und einweihen, die Tony Cragg für das Museum entworfen hat. Ihre beiden Häuser sind in den letzten Jahren räumlich gewachsen: 2008 eröffnete das Franz Marc Museum einen Erweiterungsbau von Diethelm & Spillmann. 2014 wurde an der Harvard University ein neuer Museumskom- plex von Renzo Piano eingeweiht, in dem das Busch-Reisinger Museum zu- sammen mit dem Fogg Museum und dem Arthur M. Sackler Museum unter- gebracht ist. Wie hat diese Veränderung Ihre Ausstellungsmöglichkeiten bzw. Ihre Ausstellungspolitik beeinflusst? LR: Alle drei Museen haben im Neubau an Platz gewonnen. Außerdem teilen wir eine große Sonderausstellungsfläche, die viel mehr Platz bietet als die jeweiligen Museen früher je hatten. Die Museen wechseln sich immer wieder ab. Im Frühling zeigen wir eine große Bauhaus-Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum und aktuell plane ich bereits ein paar Jahre im Voraus die nächste Ausstellung über Identitätsfragen. CKL: Bei uns ist es ein bisschen anders, weil wir keine Ausstellungsfläche haben. Der Neubau hat dazu geführt, dass die erweiterte Sammlung gezeigt werden kann. Das Haus ist so konzipiert, dass wir einzelne Sammlungsteile sehr gut ins Depot verlagern können und dann diese Räume für eine Aus- stellung nutzen können. Wir müssen allerdings häufig neue Ausstellungen zeigen, damit wir im Gespräch bleiben und unsere Besucher Lust auf einen neuen Besuch bekommen. Trotzdem arbeite ich auf keinen Fall wie ein Aus- stellungshaus, sondern versuche, mich dabei immer auf die Kernidee des Museums zu beziehen. Dr. Lynette Roth studierte Germanistik und Interdisciplinary Studies in Michigan und promovierte in Kunstgeschichte an der Johns Hopkins University in Baltimore. Seit 2011 ist sie Kuratorin des Busch-Reisinger Museums in Cambridge und Leiterin der Abteilung für moderne und zeitgenössische 40 Von Museen Kunst an den Harvard Art Museums.
Welche Rolle spielt für Ihre Museen die Digitalisierung? LR: Unsere Website spielt international eine wichtige Rolle. Die gesamte Sammlung ist online und das führt zu vielen Leihanfragen. Wir veröffentli- chen auch tiefgreifende Forschungsseiten online, z.B. zum Bauhaus. Die In- halte und Forschungsergebnisse haben da denselben Stellenwert wie in einem kleinen Sammlungskatalog. Wir führen ausführliche Interviews mit le- benden Künstlern. Ich sage immer „the Busch-Reisinger is a gift, that keeps on giving“: Auch wenn alles online oder in der Datenbank ist, heißt das noch lange nichts! Wir entdecken immer wieder etwas Neues in unseren Bestän- den, z. B. zuletzt über hundert Fotografien von Lucia Moholy, die bei der In- ventarisierung verkannt wurden. Aber die Sammlung beinhaltet im Busch-Rei- singer um die 50.000 Werke … CKL: 50.000 Werke habt ihr auf die Website gestellt? LR: Ja, alle. Aber möglicherweise stimmen eben nicht alle Angaben. Unsere Forschung und sogar die Online-Community hilft uns, sie zu verbessern. Auch die Ausstellungsprojekte der letzten Jahre dienten zur Recherche und Korrek- tur der Datenbank. Das ist wahnsinnig viel Arbeit! CKL: Im Franz Marc Museum haben wir uns entschlossen, die Sammlung teil- weise, dafür mit tiefergehenden Informationen auf die Website zu stellen. Für Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy sammelt Kunst auch digital. die ganze Sammlung wäre das aus finanziellen, technischen und personellen Gründen nicht möglich. In einem Kooperationsprojekt entwickeln wir zurzeit eine digitale Strategie. dass wir wirklich sehen, worauf die Besucher reagieren. Als Harvard Art Mu- Wie machen Sie Ihre Museen dabei stark für die Zukunft? seums haben wir 50.000 Followers bei Instagram. Ich habe z. B. über Weih- nachten gepostet, dass ich die Zitrone von Beuys’ Capri-Batterie persönlich CKL: Das Franz Marc Museum ist ein Ort, an dem man Natur und Kunst ge- ausgewechselt habe, weil alle im Urlaub waren. So können wir Einblicke in die nießt und sich auch ein bisschen zurückzieht. Nicht nur aus der Großstadt- Museumsarbeit geben. welt wie Franz Marc, sondern aus einer Welt, die von ständigen Signalen durchsetzt ist. Mein Konzept ist, dass dieser museale Raum eine Gegenwelt CKL: Wir sind auch in den sozialen Medien aktiv. Ich finde es schön zu zeigen, ist, ein Ort der Stille. Deshalb ist Fotografieren bei uns nicht erlaubt und wir was hinter den Kulissen passiert und welche Aktivitäten im Museum stattfin- haben keine Multimediaguides, nur Audioguides. Das Museum soll ein Raum den, aber es bleibt eine Art Nebenraum. Die Online-Besucher sind nicht un- des Rückzugs sein und die Werke sollen im Vordergrund stehen. Am Wochen- bedingt die Museumbesucher. ende bieten wir sogar Yoga an, um die innere Bereitschaft für die Kunstwahr- nehmung zu stärken. Auszug aus dem Gespräch am 8. Januar 2019. LR: Digital Detox am Franz Marc Museum! Das wollen jetzt alle, es kippt wie- Protokoll: Fabienne Crljen, Redaktion: Anne-Cécile Foulon der um! Am Anfang dachte ich, weniger sei mehr, aber wir haben irgendwann doch das Fotografieren erlaubt. Wir haben auch keine Audioguides und keine interaktiven Medienstationen, nur anspruchsvolle Texte an der Wand und Erfahren Sie mehr über beide Museen: Hinweise auf Angebote auf unserer Webseite. Wir möchten ebenfalls das franz-marc-museum.de Kunstwerk in den Vordergrund stellen. Aber das Schöne an Social Media ist, harvardartmuseums.org 42 Von Museen Titelthema 43
Von KARL&FABER ins Museum AUSSTELLUNGEN 2019/20 ERICH HECKEL DER POETISCHE EXPRESSIONIST 24.02 – 19.05.2019 TONY CRAGG SKULPTUREN UND ZEICHNUNGEN 02.06 – 06.10.2019 100 WERKE – NEUER BLICK Begegnen Sie 02.06 – 06.10.2019 den Werken des BLAUER REITER Abonnieren Sie unseren Newsletter »Blauen Reiters« in der Landschaft, die die Künstler inspirierte. DAS MOMENT DER Franz Marc Museum Kochel am See ABSTRAKTION 13.10.2019 – 16.02.2020 auf karlundfaber.de www.franz-marc-museum.de 45 Außenansicht Franz Marc Museum, ©Franz Marc Museum, Foto Doris Leuschner, Per Kirkeby, Torso Ast, 1988 ©Franz Marc Museum, Dauerleihgabe der Galerie Michael Werner und der Freunde des Franz Marc Museums e.V.
„Unter den jungen Landschaftsmalern steht Reinhold ohne Zweifel an der Spitze“ Heinrich Reinhold in der Hamburger Kunsthalle Von Peter Prange Derjenige, den Julius Schnorr von Carolsfeld am 19. Mai 1824 in einem Brief an den großen Mäzen Johann Gottlob von Quandt derart überschwänglich lobt, ist bei KARL & FABER kein Unbekannter. Der aus einer Geraer Künstlerfamilie stammende, 1788 geborene Heinrich Reinhold ist in unseren Auktionen ein ste- tiger, dabei gefragter Gast – sei es bereits 1958 mit einem kleinen Gemälde aus Olevano, das sich heute in der Kunsthalle Bremen befindet (Abb. S. 44), oder 1978/79, als in zwei aufeinander folgenden Auktionen über 30 Zeichnungen HEINRICH REINHOLD von ihm versteigert wurden, bis hin in die jüngste Zeit, als eine wunderbare Haus auf Felsen bei Olevano, 1821, Bleistiftzeichnung mit dem Blick in die Serpentara bei Olevano den Weg in eine Öl auf Papier, 16,6 � 22,4 cm, Münchner Privatsammlung fand (Abb. S. 46). Kunsthalle Bremen, Inv. Nr. 1958/597, In dem östlich von Rom gelegenen Felsennest, diesem Sehnsuchtsort erworben über KARL & FABER, 1958 (Auktion 66) deutscher Kunst im 19. Jahrhundert, fand auch Reinhold seine künstlerische Inspiration. Hier entstanden seine bedeutenden, wegweisenden Ölstudien, die mit am Beginn der deutschen Freilichtmalerei stehen und von den Kollegen hochgeschätzt wurden – allein Reinhold war es nicht vergönnt, sein überra- gendes Talent lange zu entfalten, denn bereits Anfang 1825 starb er im Alter © KUNSTHALLE BREMEN – DER KUNSTVEREIN IN BREMEN, FOTO: DIE KULTURGUTSCANNER von nur 36 Jahren an Schwindsucht. Dieser Frühvollendete, dem nach seiner Ankunft in Rom 1819 nur wenige Jahre intensiven Schaffens blieben, ist jetzt in der Hamburger Kunsthalle zu entdecken. In Kooperation mit der Klassik Stiftung Weimar widmet die Kunst- HEINRICH REINHOLD – DER LANDSCHAFT AUF DER SPUR halle dem Künstler erstmals eine umfangreiche Ausstellung unter dem Titel Hamburger Kunsthalle, Hubertus Wald-Forum, noch bis 10. März 2019 „Heinrich Reinhold – Der Landschaft auf der Spur“. Die Schau ist auf knapp 120 Werke konzentriert, die alle Lebens- und Schaffensphasen des vielseitigen Ma- Zur Ausstellung ist im Hirmer Verlag, München, ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen lers eindringlich beleuchten. von M. Bertsch, H. Börsch-Supan, N. Brüggebors, W. Busch, S. Gerndt, H. Mildenberger, Reinhold war nach einem kurzen Intermezzo an der Akademie in Dres- P. Prange, H. Sieveking, A. Stolzenburg, R. Wegner erschienen. den 1807 zum Studium nach Wien gekommen, wo er im Kreis der dortigen Ro- mantiker um Friedrich Olivier, Julius Schnorr von Carolsfeld und Joseph Anton 46 Heinrich Reinhold 19. Jahrhundert 47
Landschaft“, wie er 1813 seinem Bruder Gottfried schrieb. Deshalb kehrte Rein- hold nach dem Sturz Napoleons 1814 nach Wien zurück, wo er sich nun intensiv der Landschaftsmalerei widmete. Gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich Phi- lipp, befreundeten Malern wie Johann Christoph Erhard und Johann Adam Klein unternahm er verschiedene Studienreisen in die verwunschene Gegend der Schneebergregion südlich von Wien und nicht zuletzt darf Reinhold neben den Gebrüdern Olivier zu den künstlerischen Entdeckern des Salzkammergu- tes und des Berchtesgadener Landes gezählt werden, als er 1818 zusammen mit seinen Künstlerfreunden dorthin reiste. Die Zäsur erfolgt im Jahr darauf, als Reinhold im Herbst 1819 zusammen mit Erhard nach Rom aufbricht. Hier und in Olevano, wohin die deutschen Künstler wegen der reizvollen Landschaft und des erträglichen Klimas im Som- mer zogen, entstand nun ein Landschaftswerk, das den Beginn eines neuen, an der Schwelle zum Naturalismus und Realismus stehenden Naturverständnis- ses markiert. Noch vor Carl Blechen, der erst 1828 in Italien eintreffen sollte, und anderen hat Reinhold neben der Zeichnung die Ölskizze zum wesentlichen Medium seiner künstlerischen Ausdruckskraft gemacht. In der Ölskizze, in der direkten Erfassung von Licht und Atmosphäre, in dem präzisen Studium von Naturdetails und der genauen Beobachtung wechselnder Wetterphänome wird Reinhold zum Pionier der Freilichtmalerei. Seine Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Landschaftsmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird jetzt erstmals sichtbar. Den von Reinholds Künstlerkollegen Ludwig Rich- ter apostrophierten Gegensatz zwischen deutschen und französischen Künst- lern – die Deutschen seien nur als Zeichner mit spitzen Bleistiften unterwegs, während die Franzosen mit ihren Malkästen durch die Landschaft ziehen – löst Reinhold spielend auf: Präzise Zeichnungen von kristalliner Schönheit entste- HEINRICH REINHOLD hen gleichzeitig neben kraftvollen Ölskizzen von erdiger Farbigkeit, die nicht In der Serpentara bei Olevano, 1822, von ungefähr an ähnliche Ölskizzen von Camille Corot erinnern. Reinholds Öl- Bleistift auf Velin, 27,7 × 36 cm, skizzen zogen die uneingeschränkte Bewunderung der Künstlerkollegen auf Privatsammlung, München, sich: So „etwas Wirkliches von Kunst“ sei selten, schrieb begeistert der berühm- bei KARL & FABER 2014 versteigert (Auktion 258) te Berliner Architekt Karl Friedrich Schinkel an seine Frau Susanne, als er Rein- hold im Oktober 1824 in dessen Atelier in Rom besucht hatte. Bei dieser Gele- genheit erwarb Schinkel insgesamt zwölf Ölskizzen, die sich heute größtenteils im Besitz der Hamburger Kunsthalle befinden. Sie und noch vieles mehr sind nun noch bis zum 10. März dort zu sehen, zu bestaunen und zu entdecken. Koch erstmals sein künstlerisches Potential andeutete. Zunächst als Kupfer- stecher, als er nach eigenen und Vorlagen seines Bruders Friedrich Philipp stach, eröffnete ihm diese Tätigkeit 1809 überraschend die Möglichkeit, nach Dr. Peter Prange leitet seit Anfang 2016 die Abteilung Kunst des 19. Jahr- Paris zu gehen. In Wien war Baron Vivant Denon, die zentrale Figur der Kunst- hunderts bei KARL & FABER und übernimmt ab Frühjahr 2019 die Leitung politik Napoleons, auf ihn aufmerksam geworden und verpflichtete Reinhold, der wissenschaftlichen Katalogbearbeitung und Provenienzforschung. Sein Napoleons europäische Feldzüge in großformatigen Radierungen zu doku- Spezialgebiet: Kunst der Goethezeit und der Romantik, insbesondere Zeich- mentieren. Fünf Jahre sollte ihn das Projekt der „Campagnes de Napoleon“ be- nungen dieser Epochen, die zu den bedeutendsten Kunstäußerungen der schäftigen, doch war die künstlerische Ausbeute des Aufenthalts für Reinhold Zeit gehören. Besonders verbunden ist er den in Italien tätigen deutschen eher unbefriedigend: Die zeitintensive Tätigkeit als Radierer ließ ihm nur wenig Künstlern; einer seiner „Helden“, die ihn immer wieder beschäftigen, ist Jo- Zeit für das erhoffte Kunst- und Naturstudium, trieb ihn doch sein „Gemüth zur seph Anton Koch, der wie Reinhold zur gleichen Zeit in Rom tätig war. 48 Heinrich Reinhold 19. Jahrhundert 49
Die Verbindung von Allem mit Jedem Sigmar Polke und die 1970er Jahre im Museum für Gegenwartskunst in Siegen Von Christian Spies Beim Namen Sigmar Polke denkt man unweigerlich an Malerei. Entweder an die Leinwände voller Würste und Socken samt den berühmten Rasterpunk- ten in den 1960er Jahren oder die großen, geschichteten Leinwände seit den 1980er Jahren, die Polke den Beinamen des Maleralchemisten eingebracht haben. Auch im Museum für Gegenwartskunst in Siegen ist Polke in der Samm- lung der Rubenspreisträgerinnen und -preisträger durch Gemälde aus ver- schiedenen Werkphasen vertreten. Der Neuerwerb eines umfassenden Kon- voluts von Fotografien war nun Anlass, diese gängige Konzentration auf den Maler Polke in einem Ausstellungsprojekt kritisch zu hinterfragen. SIGMAR POLKE Der Blick richtet sich dabei auf die 1970er Jahre, ein Jahrzehnt, in dem Quetta, 1974, Polkes Werk schwer fassbar ist und so erst in den letzten Jahren mehr Auf- Silbergelatine auf Fotopapier, aquarelliert, merksamkeit erfuhr: Das Zusammenspiel unterschiedlichster Bildquellen und 84 × 118,5 cm Motive, vom Pornoheftchen bis zur pakistanischen Teezeremonie, mit Techni- ken und Medien, sei es Pinsel oder Super-8-Kamera, ist für diese Zeit typisch. Ergebnis: € 400.000* Der Künstler selbst steht in den 1970er Jahren für jene neuartige Kunst, die durch „Netzwerke, Experimente und Identitäten“ bestimmt ist, wie es der Untertitel der Siegener Ausstellung formuliert. Wo Polke im Düsseldorf der © THE ESTATE OF SIGMAR POLKE, COLOGNE / VG BILD-KUNST, BONN 2019 1960er Jahre gemeinsam mit Gerhard Richter in Anzug und Krawatte auftritt, da inszeniert er sich nun in Schlangenlederhose und mit hennagefärbten Achselhaaren. Mit einer ständig wechselnden Gruppe befreundeter Künstle- rinnen und Künstler (u.a. Achim Duchow, Walter Dahn, Katharina Sieverding, Candida Höfer) lebte er ab 1973 auf einem alten Bauernhof im niederrheini- schen Willich, wo die Künstlerkommune im Rübenacker unter den Dorfbewoh- nern wohl nur Befremden ausgelöst hat. Das alte Ideal des einsamen Künstlers im Atelier gehörte damit der Ver- gangenheit an. Man lebte, arbeitete und experimentierte zusammen, so dass SIGMAR POLKE UND DIE 1970ER JAHRE – NETZWERKE, EXPERIMENTE, IDENTITÄTEN sich rückblickend oft gar nicht mehr bestimmen lässt, wer am Ende der Urhe- Noch bis 10.3.2019 im Museum für Gegenwartskunst Siegen ber einer Zeichnung oder Collage war oder die Kamera auslöste. Legendär Unteres Schloss 1 · 57072 Siegen · www.mgk-siegen.de sind die großen Papierbögen, die alle Mitbewohner und Gäste neben dem Te- lefon dazu einluden, sich mit Kritzeleien, Kommentaren, Collagen und Stem- *INKLUSIVE AUFGELD 50 Sigmar Polke Zeitgenössische Kunst 51
Rückblick 2018 Sigmar Polke, Telefonzeichnung, 1975. Rechts: Memphis Schulze und Christof Kohlhöfer, 3,60 qm, schön durcheinander, 1976 – 1977 © FOTO: MUSEUM FÜR GEGENWARTSKUNST, SIEGEN peln darauf zu verewigen. So entstanden die „Telefonzeichnungen“ ohne be- stimmbaren Urheber aus den zufälligen Launen des Alltags heraus. Bald erstreckte sich das Arbeiten in Gruppen auch auf andere Orte. So traf Polke in der Schweiz der 1970er Jahre auf eine politisch sehr aktive Künstlerszene, in der die Verbindung von Alltag und Kunst durch persönliche Beziehungen im- mer enger wurde. In Bern waren es die Freundschaften mit dem Galeristen Toni Gerber und Mariette Althaus und für Zürich gibt das große Fotokonvolut der damaligen Freundin und Anthropologin Katharina Steffen detaillierte Ein- blicke, wie sehr sich Polke mit den politischen Anliegen der jungen Züricher © VG BILD-KUNST, BONN 2019; © CHRISTOF KOHLHÖFER. Kunstszene identifiziert hat. Polke war in den 1970er Jahren für mehrere Monate mit Freunden per Motorrad auf der „Opium Route“ durch Afghanistan und Pakistan unterwegs. Von dort brachte er Fotografien mit, um sie später in der Willicher Dunkel- kammer zu vergrößern. Ein weiteres Foto der Ausstellung zeigt, wie die Kom- mune anschließend gemeinsam diese Fotografie übermalte. Alles – möchte man sagen – hängt bei Polke in den 1970er Jahren mit Allem und Jedem zusammen: Malerei mit Fotografie, die Hippiekommune am Niederrhein mit einer Galerie in der Berner Altstadt, Pin-Ups aus Erotikma- gazinen mit feministischen Aktionen, genauso wie pakistanische Opiumpfei- Jetzt bei MY KARL&FABER © THE ESTATE OF SIGMAR POLKE, COLOGNE / ESTATE OF MEMPHIS SCHULZE fen mit deutschen Fliegenpilzen. Prof. Dr. Christian Spies ist Professor für Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart an der Universität zu Köln. Derzeit forscht er vor allem zu den registrieren und mit Ihrem Profil künstlerischen Netzwerken der europäischen Nachkriegskunst. Als Kurator betreut er die Sammlung Lambrecht-Schadeberg, in der umfassende Werk- automatisch über Auktionen gruppen aller Preisträgerinnen und Preisträger des Rubenspreises der Stadt Siegen im Museum für Gegenwartskunst in Siegen gesammelt werden. und Künstler informiert bleiben. 52 Sigmar Polke 53
Sonderauktionen Sensationelle Zuschläge für die Sammlung Preuss und White Glove Sale für eine Sammlung von Gugginger Künstlern LAWRENCE WEINER „Despite it seems“, 2012, Buntstift, Gouache und Tintenstrahldruck auf geklebtem und gefaltetem Velin, 101 × 81 cm KARL & FABER versteigert regelmäßig ganze Sammlungen. In sorgfältiger wis- senschaftlicher Bearbeitung durch die Experten des Hauses entstehen hoch- Ergebnis: € 23.800 wertige Kataloge, die nicht nur regelmäßig als Referenz-Publikationen zu den betreffenden Sammlungsgebieten herangezogen werden, sondern auch Ein- gang in die Bibliotheken vieler Liebhaber finden. Sonderauktionen erzielen überdurchschnittlich gute Ergebnisse, mit zahlreichen Steigerungen über die Schätzungen hinaus und oft auch Rekordpreisen für Werke einzelner Künstler. So durfte KARL & FABER 2018 die bedeutende Hamburger Sammlung Preuss versteigern. Der Sonderkatalog “Reiz der Linie – Arbeiten auf Papier“ umfasste mehr als 30 Jahre Sammlungsgeschichte. Abseits der Trends des Kunstmarktes trug Dr. Frank Preuss Werke von rund 60 Künstlern zusammen. Dabei galt seine Liebe dem Linearen, dem Zeichnerischen im Allgemeinen und dem Material Papier. Die Arbeiten von Lawrence Weiner, Fred Sandback und Richard Tuttle bildeten ein besonderes Highlight der Auktion und lösten hitzige Bietergefechte im Saal aus. Die Auktion erreichte eine Verkaufsquote von knapp 170% nach Schätzung mit einem Gesamtumsatz von 630.000 €. Auch die Versteigerung einer Sammlung mit knapp 50 Papierarbeiten von Gugginger Künstlern (u.a. August Walla, Johann Hauser oder Oswald Tschirtner) aus einer nordrhein-westfälischen Privatsammlung wurde zum JOHANN HAUSER internationalen Erfolg. Der Sammler wählte mit Bedacht und Leidenschaft Sophia Loren, und in Übereinstimmung mit Walter Navratil, Künstler und Sohn des Psychia Wachskreide, Bunt- und Bleistift auf ter-Ehepaars Erna und Leo Navratil, Werke der Art-Brut-Künstler der ehema- festem Papier „Austria Zeichen“, ligen Nervenheilanstalt in Niederösterreich aus. Mit einer sensationellen Quo- 40 × 30 cm te von 234% nach Schätzung und einer Verkaufsquote von 100% wurde diese © VG BILD-KUNST, BONN 2019 Auktion zu einem „White Glove Sale“. Ergebnis: € 21.300 54 Sonderauktionen Rückblick 2018 55
Was ist Herzlich Willkommen, Herr Hoffman, Herr Prof. Raue und Herr Ropac. Wie schön, Sie heute Abend hier zu Gast zu haben. Was nichts kostet, ist nichts wert. No price, no value. Wie wird der Wert eines Kunstwerkes im Sinne eines Preises festgesetzt? Wer setzt ihn fest: der Künstler, der Künstlernachlass oder die Galerie? Kunst wert? Thaddaeus Ropac: Meiner Meinung nach ist es schwierig, den Wert eines Kunstwerks sowie den Preis auf einer Ebene zu nennen. Jeder Antwortver- such banalisiert das Thema. In den Galerien versuchen wir, Künstlerpersön- lichkeiten in ihren Karrieren zu begleiten. Es geht nicht nur darum, Kunst zu verkaufen, sondern einen Künstler richtig zu platzieren. Es sind Partnerschaf- ten, die man auch mit den Sammlern eingeht. Das Wichtigste ist, die Künstler in die Museen zu bekommen. Positionen zu klären, sie zu zeigen, bevor man sie anschließend verkaufen kann. Erst nach diesem ersten Schritt kann man über eine sinnvolle Preisbildung sprechen. Aus der Sicht des Auktionshauses oder des Investments betrachtet, könnte man meinen, dass wir den Großteil unserer Gespräche mit den Künstlern über den Preis führen. So ist es nicht. Viele Faktoren bestimmen die Preisbildung. Sobald es jedoch für einen Künst- ler einen Markt gibt, beeinflussen auch die Auktionshäuser, die Berater und die Vermittler den Preis. Die Preisbildung ist nur ein Teil unseres Jobs. Es geht uns vorrangig darum, Künstlern ihre Visionen zu ermöglichen. Das Ver- trauen, das Künstler einer Galerie entgegenbringen müssen, basiert auf dem, was die Galerie leisten kann. Sie müssen den Eindruck haben, dass die Gale- rie den richtigen Platz für ihr Werk findet. Dabei ist der Preis letztendlich eine Nebensache, wenn auch keine unwichtige. © VG BILD-KUNST, BONN 2019 Philip Hoffman: Heutzutage sind die besten Künstler wie Fußballstars. Sie möchten gerne in den besten Galerien präsentiert werden und Thaddaeus hat eine solche Galerie. Allerdings verändert sich der Galeriemarkt und ande- re Galerien kommen und sagen: „Ich kann einen höheren Preis für Dich erzie- len!“ Es gibt bestimmte Galerien in London und New York, die auf diese Art © HEIMRAD PREM, FIGUREN IN DER LANDSCHAFT (DETAIL), 1961, HP ZIMMER, DREI KOMISCHE FIGUREN (DETAIL), 1961 von Geschäft spezialisiert sind. Thaddaeus Ropac: Nein, nein, nein! An dieser Stelle muss ich wirklich pro- testieren. Ich denke, dass sich das Verhältnis von Künstlern und Galerien zwar verändert hat, aber dass man Künstler trotzdem nicht mit Fußballstars vergleichen kann. Einem Künstler einfach nur die Möglichkeit zu geben, mehr Geld zu verdienen, reicht als Motivation nicht aus, um die Galerie zu wech- seln. Sie unterschätzen, was Künstler mit ihrer Kunst zu erreichen versuchen. Was sie anzieht ist eine Galerie, die ihre Kunst versteht und in bedeutenden Auf Einladung von KARL & FABER und The Fine Art Group debattierten Institutionen und Sammlungen platzieren kann. Peter Raue: Jeder Galerist – sei er noch so klein oder noch so groß – will das Philip Hoffman, Prof. Dr. Peter Raue, Thaddaeus Ropac sowie Rupert Keim Beste für den Künstler, will ihn platzieren und in die Museen bringen. Wie über die Veränderungen des Kunstmarktes. Für Sie haben w ir Auszüge des Preise zustande kommen bleibt ein ewiges Geheimnis. Wenn der Künstler lan- Expertengesprächs vom 25.7.2018 zusammengestellt. ge genug auf dem Markt ist, gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Aber wenn ein Künstler aus einem normalen Preissegment ab morgen bei Ropac ist, wird er plötzlich wahnsinnig teuer sein. Nicht weil die Qualität bes- Moderation Rupert Keim ser geworden ist, sondern weil er nun bei Ropac ist. Ist das wirklich ein Qua- 56 Was ist Kunst wert? Rückblick 2018 57
litätskriterium? Ist die Kunst, wenn sie nicht mehr 60.000 Euro, sondern 160.000 Euro kostet, besser geworden? Es gibt kein objektives Kriterium für die Frage: Warum ist Günther Uecker so viel teuer als Gotthard Graubner? Bestimmte Häuser beeinflussen aufgrund ihres Namens den Preis. Außer- dem ist es ein Markt: Alle Dinge, die knapp sind, werden teuer. „Der Kunst- markt ist vom Das Festlegen von Preisen, Schätzungen und so w eiter, gehört zu Ih- rem Tagesgeschäft. Welche Kriterien haben Sie hierfür? Konzentrieren Sie sich mehr auf den Preis von Galerien oder auf den von Auktions häusern? Wie bestimmen Sie den richtigen Preis? Philip Hoffman: Die meisten unserer Kunden nehmen die Auktionspreise und die Qualität des Kunstwerkes als Ausgangspunkt. Aber es gibt über zwanzig Elfenbeinturm weitere Kriterien, worauf die Kunden im Hinblick auf den Preis achten. Die Gale- rien haben zwar Einfluss auf junge Künstler und legen den Preis fest, jedoch spielen die Auktionshäuser eine ebenso zentrale Rolle für den Preis eines Kunst- werkes. So entsteht häufig ein Konflikt zwischen Galerien, die ihre Künstler zu beschützen versuchen, indem sie kontrollieren, wo ihre Kunst landet, und denje- nigen Personen, die zuerst in Galerien kaufen, um die Kunst dann später in Auk- in die Mitte tionen mit einem Gewinn zu versteigern. Einen Preis für ein Kunstwerk festzule- gen ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst. Es ist sehr schwierig, jedoch sind die Auktionshäuser recht gut darin geworden, auch wenn sie immer noch gelegentlich daneben liegen. Sie haben gesehen, was mit einem Kunstwerk wie „Salvator Mundi“ passiert ist, welches bei Christie’s für 450 Millionen Dollars versteigert wurde. Die Schätzung lag um ein Vierfaches darunter. Aber bei ei- des Lebens nem „Spot Painting“ von Damien Hirst kann man den Preis vermutlich auf den Tag genau bestimmen, weil so viele von ihnen in Auktionen versteigert werden. Was ist Ihrer Meinung nach am Ende zuverlässiger: der Auktionspreis oder der Galeriepreis? Philip Hoffman: Beides. Wir haben jetzt eine neue Art von Supergalerien wie Thaddaeus Ropac oder Gagosian, die hinter ihren Künstlern stehen. Aber die gerückt.“ großen Auktionshäuser – vor allem Christie’s und Sotheby’s – machen den größten Umsatz. Christie’s gab bekannt, dass es in den ersten sechs Mona- ten des Jahres vier Milliarden Pfund verdient hat – ein gewaltiger Anstieg von 38 Prozent. Aber inzwischen machen auch einige dieser Supergalerien eine Milliarde Dollar an Umsatz. Ich habe das Gefühl, dass sich Preise heute sehr viel schneller entwi- ckeln als früher. Wie lässt sich so etwas erklären? Woher kommen die großen Ausschläge? Thaddaeus Ropac: Der Kunstmarkt ist vom Elfenbeinturm in die Mitte des Lebens gerückt. Früher war er etwas Elitäres, nicht im monetären Sinn, weil man viel weniger verkauft hat, sondern in der Erreichbarkeit. Die Kunstszene war sehr klein und in wenigen Städten konzentriert. In Deutschland war Köln Seit ihrer Gründung im Jahr 1983 in Salzburg hat sich die Galerie Thaddaeus Ropac auf internationale das wichtigste Zentrum, aber es gab nur wenige Sammler und wenige beach- zeitgenössische Kunst spezialisiert und repräsentiert heute etwa 60 KünstlerInnen und renommierte tete Künstler. In den 1970er Jahren musste man sich selbst die Wahrneh- Nachlässe. Mit einem Team von 100 Mitarbeitern und durchschnittlich 40 Einzel- und Gruppenausstel- mung zeitgenössischer Kunst erkämpfen. Das hat sich verändert. Heute ist lungen pro Jahr in den Räumlichkeiten von Salzburg, Paris Marais, Paris Pantin und London sowie mit das Erleben von zeitgenössischer Kunst etwas, womit wir ständig zu tun ha- einem Büro in Hongkong präsentiert die Galerie einige der einflussreichsten KünstlerInnen unserer Zeit. 58 Was ist Kunst wert? Rückblick 2018 59
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