100 Jahre SEV VPT Sektion BLS - im Einsatz für die Menschen bei der BLS
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Sie haben Recht! Einen Runden soll man gebührend feiern. Wir gratulieren der Sektion BLS herzlich zum 100. Geburtstag. www.cooprecht.ch
Vorwort des Sektionspräsidenten Liebe Gäste, liebe Mitglieder sind und bleiben Vorbild und Motor unserer gewerkschaftlichen Tätigkeit. Unsere Sektion SEV VPT BLS wird 100-jährig. Ein Anlass zur Freude. Das Engagement der Basis, das seid Dieses Ereignis soll gebührend gefeiert ihr alle an euren Arbeitsplätzen, in der werden - am 19. September 2015. Gesellschaft oder zuhause ist daher wichtiger denn je. Jede und jeder kann Die Arbeitsbedingungen in all den seinen Teil dazu beitragen, damit wir Jahren waren selten so gut wie heute. unsere Kraft für das Wohl der Unter- Was unsere Vorfahren in gewerk- nehmung und zum Allgemeinwohl schaftlicher Hinsicht geleistet haben einsetzen. Auseinandersetzungen, verdient unsere Anerkennung und Gleichgültigkeit und Demotivation unseren Respekt. Gerechte Löhne, angemessene Zulagen und Vergütun- machen krank. Sichere, abwechs- gen, verkraftbare Arbeitszeiten sowie lungsreiche und interessante Arbeit andere soziale Anstellungsbedingun- hingegen macht Spass und unterstützt gen, das alles sind hart erstrittene den täglichen Ausgleich zwischen Errungenschaften und keine Ge- Arbeit und Freizeit. Das ist unser Ziel! schenke der Arbeitgeber. Wir dürfen Gemeinsam sind wir stark. davon profitieren. Gleichzeitig sind wir Dem Organisationskomitee für dieses verpflichtet diese zu verteidigen. Von Jubiläum und den weiteren Helfenden Ausruhen kann keine Rede sein, denn danken wir für die Organisation dieses im Zuge der konstanten Sparpolitik Anlasses. Sie haben in den vergan- werden Lohn, Zulagen und Verfüg- genen vier Jahren viel gearbeitet, um barkeit immer wieder in Frage gestellt. diesem Fest einen würdigen Rahmen Andrerseits werden Projekte lanciert, zu verleihen. Der Dank richtet sich die Unsummen kosten und meist nicht auch an diejenigen, die dieses Ereignis oder nur halbwegs umgesetzt werden finanziell oder materiell unterstützt ha- können. Grundsätzlich ist also Geld ben. Ein spezieller Dank geht an Nick vorhanden. Es bleibt jedoch immer die Raduner, Pensionierter SEV-Zentral- Voraussetzung, dieses wirtschaftlich sekretär, der die Geschichte unserer und gerecht einzusetzen. Wir Ge- Sektion akribisch aufgearbeitet und in werkschafter sind entschlossen, unsere dieser Festschrift verewigt hat. begründeten Werte zu erhalten und In diesem Sinne wollen wir, liebe Kol- diese immer wieder in Erinnerung zu leginnen und Kollegen, liebe Gäste, rufen. Die Herausforderungen sind den heutigen Jubiläumsanlass genies- nicht neu, sie sind einfach anders. Den sen und ihn mit Freude und Zuversicht mutigen Männern und Frauen von begehen. damals, denen bei ihrem Kampf oft mit Entlassung gedroht wurde oder die Balthasar Stöcklin sogar ihr Leben für ihr Engagement Präsident SEV VPT Sektion BLS riskiert haben, wollen wir danken. Sie 3
Inhaltsverzeichnis Vorwort des Sektionspräsidenten ... 3 Personalausschüsse und Mitwirkung ..................................... 15 Teil 1 (1915–1990): Schwierige Aufgabenteilung 75 Jahre im Schnelldurchlauf zwischen BLS und SBB .................. 15 Die grosse Not der Eisenbahner ..... 5 BLS Cargo AG: Der erste Weltkrieg machte die eine äusserst lebhafte Tochter ......... 16 Eisenbahner noch solidarischer ...... 6 Die Fusion von BLS und RM Der Vorläufer des Einheits- zur BLS AG .................................... 18 verbandes ........................................ 7 Die gute BLS-Krankenkasse – Das BLS-Personal trug den bis zur Umsetzung des KVG .......... 19 Generalstreik mit ............................ 7 Personalvorsorgestiftung BLS, dann Der SEV als Einheitsverband ......... 8 Ascoop und jetzt Symova ............... 20 Die 1920-er Jahre: Dienst- respektive Berufskleider ..... 22 Kampf gegen Lohnabbau .............. 9 Der sehr lange Weg zum GAV BLS 22 Die 1930-er Jahre: Ein Rahmen-GAV für den regio- Geprägt von der Deflationspolitik .. 9 nalen Personenverkehr .................... 25 Die Gründung der Die Arbeitszeit als ständiger Pensionskasse ASCOOP ................. 10 Konfliktherd ................................... 26 Der zweite Weltkrieg verlangt Ein Rückblick auf die jährlichen alles vom BLS-Personal .................. 10 Lohnverhandlungen ....................... 28 Die AHV – in der Verfassung seit Die Bahnproduktion und die Aus- 1925, eingeführt aber erst 1948 ...... 10 wirkungen auf die Mitarbeitenden . 30 Das Eisenbahngesetz galt lange nur Die BLS Netz AG, eine Unterneh- für Industrielle und Kantone .......... 11 mung ohne Personal ....................... 31 Die Lohnsystematisierung brachte Lohnsystem ..................................... 31 gewisse Lohngleichheit ................... 11 Offizialdelikte ................................. 34 Die Verstaatlichung der BLS – Äusserst aktive Gruppenvorstände: 34 und schliesslich doch nicht .............. 12 Die Pensionierten ............................ 34 Der Doppelspurausbau am Das Personal von Bau und Unterhalt 35 Lötschberg ...................................... 13 Das Personal im und am Zug ......... 36 Berufsrechtsschutz und SEV- Das Personal von Administration Multirechtsschutzversicherung ....... 13 und Services .................................... 39 75 Jahre SEV VPT Sektion BLS Das Zugpersonal ............................. 41 wurde sehr bescheiden gefeiert ....... 13 Das Schiffspersonal ......................... 42 Teil 2 (1990–2015): Das Lokpersonal ............................. 44 25 Jahre bis zur Gegenwart Die BLS-Personalkommission resp. Gewerkschaftliche Bildung der Zentralvorstand SEV BLS ....... 44 macht mündige Angestellte ............ 14 Zum Schluss: Das grosse Engagement für die Neat am Lötschberg ............ 14 Die Unternehmensreform 1997 ..... 15 Realisierung: Nick Raduner 4
Zu Jubiläen gehört eine Rückschau, das Es lag wohl an der Bescheidenheit der ist unabdingbar. Zur Feier von Jubilä- Amtsvorgänger der Sektion SEV VPT en werden normalerweise Festschrif- BLS, solche Jubiläen ohne viel Aufse- ten verfasst. 25 Jahre, 50 Jahre oder 75 hen zu feiern. Es fanden sich in den Ar- Jahre sind die gebräuchlichen Zeitab- chiven einzig etwas ausführlichere Jah- schnitte, bei denen es gilt sich hinzu- resberichte oder im vorliegenden Fall setzen, in staubigen Akten zu stöbern vor 25 Jahren ein „Tätigkeitsbericht“, und dabei das Rad der Zeit zurück zu er sollte dafür ausreichen. drehen. Teil 1: 75 Jahre im Schnelldurchlauf (1915–1990) Einigermassen bescheiden wollen wir Huttwil. Bis 1907 kamen weitere 13 jetzt auch den 100. Geburtstag feiern. Kreise hinzu. Sämtliche Kreise blie- Wir versuchen dennoch einige wesent- ben ebenso dem Verband des Personals liche Ereignisse auf ein paar Seiten fest- schweizerischer Transportanstalten zuhalten. Kurz schauen wir dabei auf (VPST, der Vorgängerorganisation des die ersten 75 Jahre seit der Gründung heutigen SEV) angeschlossen. zurück, dann etwas eingehender auf die Jahre danach. Als Direktbeteiligte Die grosse Not der Eisenbahner können wir die jüngere Vergangenheit Und noch weiter zurück: Die Not wohl eher nachvollziehen, weshalb sich der Eisenbahner war sehr gross, weil diese Schrift schwergewichtig auf die sie durch die Geldgeber der privaten letzten 25 Jahre konzentriert. Vielleicht Eisenbahn-Gesellschaften schamlos ergeben sich für die Lesenden daraus ausgebeutet wurden. Die Arbeitsbe- ein paar so genannte Aha-Erlebnisse: dingungen beim Bau der Infrastruktur waren äusserst hart, die Gesundheit 2015 ist also ein Jubeljahr, denn 100 Jah- schädigend, gefährlich und absolut un- re vorher entschieden Arbeiter aus den vier genügend bezahlt. Insbesondere die Kreisen Gürbetal, Bern–Neuenburg, Interla- Direktion und der Verwaltungsrat der ken und Spiez sich gemeinsam in der Sektion Nordostbahn (NOB) hielten Zuge- „B.L.S./B.N.“ zu organisieren. In der Folge ständnisse nicht ein, die sie mit der Lei- waren weitere regionale Gruppen oder Berufs- tung des VPST ausgehandelt hatten. kategorien davon überzeugt, dass sich ein Zu- Bei geringfügigsten Verfehlungen der sammenschluss auf jeden Fall lohnt. Angestellten wurden demgegenüber Weiter zurück, bis ins Jahr 1903: Der grosse Geldbussen ausgesprochen. Die- Kreis Gürbetal gründete damals zu- se schlimme Situation gipfelte darin, sammen mit zwölf weiteren Interessier- dass die Mitarbeiter der NOB im März ten den Unterverband mit dem Namen 1897 für zwei Tage streikten. Erst die Verband des Nebenbahnen-Personals Vermittlung des damaligen Vorstehers (VNP), den heutigen VPT. Die ande- des Eidgenössischen Post- und Eisen- ren Kreise lagen verteilt über das ganze bahndepartements, Bundesrat Josef Eisenbahn-Land, darunter war auch Zemp, brachte eine nachhaltige Eini- 5
gung und zahlreiche Verbesserungen überdies den Militärgesetzen unter- für das Personal. Dazu steht in der Fest- stellt. Damit verbunden wurden Lehr- schrift zum 50-Jahr-Jubiläum des SEV: linge und Hilfskräfte ohne zwingende „In einem prächtigen, mustergültig ge- Gründe entlassen. Stattdessen hätte al- führten Kampf hatte das Personal der les getan werden müssen, um Arbeits- NOB einen glänzenden Sieg errungen. losigkeit zu vermeiden. Allein die Teue- Die Disziplin war vorbildlich.“ rung, die sich während der Kriegsjahre Dass die Eisenbahner litten, war lan- bis 1918 mehr als verdoppelte, machte desweit bekannt und mit ein wesent- gewerkschaftliche Erfolge zunichte. In licher Grund, dass das Schweizervolk dieser Zeit war die Solidarität unter 1898 der Gründung der Schweizeri- den Eisenbahnern sehr gross, sam- schen Bundesbahnen (SBB) zustimm- melten doch im Jahr 1914 die Kolle- te. Unter diesem Namen wurden ab gen besser gestellter Privatbahnen und dem 1. Januar 1902 fünf Privatgesell- der SBB insgesamt 115‘000 Franken schaften vereint. Konkret waren das für wirklich notleidende Privatbahner, die Schweizerische Centralbahn, die denen der Lohn teils um mehr als die Schweizerische Nordostbahn, die Ju- Hälfte gekürzt wurde. ra-Simplon-Bahn sowie die Vereinig- Mitten in den Kriegsjahren standen am 12. ten Schweizerbahnen und etwas später Dezember 1915 mutige Arbeiter der vier Krei- noch die Gotthardbahn. se Gürbetal, Bern–Neuenburg, Interlaken und Das Besoldungsgesetz der Beamten Spiez zusammen und gründeten den Kreis und Angestellten der SBB wurde 1910 „B.L.S./B.N.“. Im Vorwort des Protokollbu- in Kraft gesetzt, die wichtigsten Aus- ches schrieb der erste Präsident: „Der organi- führungserlasse in den Jahren 1912, satorische Geist wurde unter dem dröhnenden 1913 und 1914. Damit glaubte man, Kanonendonner, der unser liebes Schweizerland für dieses Personal mit einigen Jahren umtost, aufgeweckt und mit frohem Mut und relativer Ruhe rechnen zu können. starkem Willen geht der neue Kreisvorstand ans Werks, um unsere soziale Stellung zu ver- Der erste Weltkrieg machte die bessern und die durch die kriegerischen Ereig- Eisenbahner noch solidarischer nisse verlorenen Rechte zurückzuerobern.“ Ein Mord in Sarajevo am 28. Juni Schon im Folgejahr waren erste an die Ver- 1914, derjenige an Erzherzog von waltungen eingereichte Forderungen erfolgreich. Österreich-Ungarn, Franz Ferdinand Allerdings wurden vorerst Verbesserungen aus- – und an dessen Gattin –, löste den gerichtet, die schon 1915 versprochen waren. ersten Weltkrieg definitiv aus und zer- Weitere gute Erfolge konnten bald erzielt wer- störte die Hoffnungen auf einigermas- den. „Dabei ist zu beachten, dass die Lage der sen lebbare Arbeitsformen für Jahre B.L.S./B.N. zur Zeit eine besorgniserregende vollständig. ist“, stand damals in der Verbandszeitung. Die Mobilmachung der schweizeri- Bald haben sich weitere regionale Gruppen und schen Armee am 9. August 1914 hatte Berufskategorien dem Kreis angeschlossen, die für die Eisenbahner nicht nur gewaltige 1917 gemeinsam und einstimmig eine Resolu- Mehrleistungen zur Folge, sie wurden tion verabschiedete (siehe Text nebenan). 6
Der Vorläufer des Einheitsver- bandes Diese schier nicht erlebbare Situation für das Schweizervolk allgemein und speziell für die Arbeiter, Angestellten und Beamten der Eisenbahnunterneh- mungen sowie die immer überheblich auftretende Führung stärkte die Einheit des Verbandes, obwohl die Meinungen seiner Mitglieder zum Teil nicht gegen- sätzlicher hätten sein können. Trotzdem ist aus dem VPST am 1. Januar 1918 der VSEA mit seinen sechs Unterver- bänden hervorgegangen. Der Verband des Personals schweizerischer Privat- bahnen und Dampfschiffgesellschaften (VPPD) gehörte von Beginn an dazu. Die Privatbahner gehörten zudem zu denjenigen, die den Anschluss an den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB, gegründet 1880) propagierte. Das BLS-Personal trug den Ge- neralstreik (11.–14.11.1918) mit Die frappante Entwertung der Wäh- rung führte unter anderem zur Reso- lution des Föderativverbands des öf- fentlichen Personals (FöV, gegründet 1903) vom 23. Juli 1918 an den Bun- desrat, wonach grosse Teile des eidge- nössischen Personals so stark litten und deshalb bereit seien, die Arbeit nieder- zulegen, falls die verlangten Nachteu- erungszulagen nicht bewilligt würden. Der VSEA – somit auch der VPPD –, weitere Eisenbahner-Berufsverbän- de und das „Oltener Aktionskomitee“ unterstützten die Resolution des FöV. Diese ernsthaften Warnungen im Som- Auszug aus der Verbandszeitung von 1917: mer und Herbst und zahlreiche weitere Die Not war gross, die Resolution an die BLS Sturmzeichen aus dem Schweizervolk wurde einstimmig angenommen. blieben jedoch unerhört, weshalb es 7
zum landesweiten Generalstreik kam, wurde 1925 in die Verfassung aufge- er dauerte vom 11. bis 14. November nommen, wirklich eingeführt wurde 1918 und wurde von über 250‘000 Ar- sie nach verschiedenen weiteren Volks- beitern getragen. abstimmungen erst 1948. Das verspro- chene Frauenstimmrecht wurde sogar Die sozialen Erschütterungen der Kriegsjahre erst 1971 eingeführt. gingen an der BLS nicht spurlos vorbei. Die grosse Mehrheit des Personals beteiligte sich Der SEV als Einheitsverband am Generalstreik. Die Auswirkungen des Generalstreiks Der Generalstreik hat die schweizeri- stärkte ganz allgemein die Solidari- sche politische Agenda danach mass- tät der Arbeiter. Speziell die Eisen- geblich geprägt. Umgesetzt wurden die bahnerorganisationen rückten enger Forderungen jedoch teils erst viel, viel zusammen. Die letzten Hindernisse später: Seit 1919 wird der National- für die Einheit der Eisenbahner von rat nach dem Proporzsystem gewählt. Staats- und Privatbahnen waren regel- Die 48-Stunden-Woche wurde Anfang recht weggefegt. Weil die Bezeichnung 1920 verwirklicht. Dies bedeutete teil- Verband des Nebenbahnen-Personals weise massive Arbeitszeitverkürzungen (VNP) nicht mehr aktuell war, wurde ohne Lohneinbussen. Die Alters- und er ebenfalls 1918 in den Verband des Hinterlassenenversicherung (AHV) Personals der schweizerischen Privat- 8
bahnen und Dampfschiffgesellschaf- Rahmen selbstständig, jedes einzelne ten (VPPD) umbenannt (und erhielt Mitglied wurde so aber primär Mit- 1955 den heutigen Namen „Verband glied des SEV, die Autonomie der Sek- des Personals privater Transportun- tionen und Unterverbände blieb damit ternehmungen“ respektive das Kürzel jedoch klar gewahrt. VPT). Ein Jahr später, am 30. Novem- Die 1920-er Jahre: Kampf gegen ber 1919, wurde aus dem VSEA der Lohnabbau Schweizerische Eisenbahner-Verband (SEV). Der junge SEV hatte gleich von Be- ginn weg überaus stark zu kämpfen: Damit verbunden wurde die Presse ver- was mit dem Generalstreik erstritten einheitlicht und ebenso die Wohlfahrts- werden konnte, wurde in den Folgejah- einrichtungen. Zu den Wohlfahrtsein- ren massiv bekämpft – auch durch den richtungen zählten schon damals der Bundesrat. Zulagen wurden gekürzt, Rechtsschutz, die Unterstützungs- und was hauptsächlich die Arbeiterkatego- Darlehenskasse, die Ferienheime, der rien empfindlich traf. Es kam zu zahl- Arbeitslosenunterstützungsfonds und reichen Arbeitsniederlegungen, die je- der Kalenderunfallfonds sowie die Ver- weils mehrere Tage dauerten. sicherungskasse. Nach einer Aussperrung kam es im Novem- Eingebettet einerseits im FöV und an- ber und Dezember 1920 zu einem Streik der dererseits im SGB spielte der SEV im- BLS-Werkstättemitarbeiter der ganze fünf mer eine starke Rolle, was 1921 den Wochen lang dauerte. Präsidenten der Generaldirektion der Bundesbahnen, Hans Dinkelmann, zu Die 1930-er Jahre: Geprägt von folgender Aussage bewog: „Meine Her- der Deflationspolitik ren, ich habe die Überzeugung gewon- Die Weltwirtschaftskrise wurde durch nen, dass der Schweizerische Eisenbah- den New Yorker Börsen-Crash im ner-Verband eine Macht darstellt. Ich Herbst 1929 ausgelöst. Das Schweizer bitte Sie, diese Macht nie zu missbrau- Parlament beschloss, die Löhne für chen.“ 1934 und 1935 um 7,5 Prozent zu kür- Die Form des SEV festigte sich in den zen, worauf der FöV das Referendum darauf folgenden Jahren und der Pen- ergriff. Über 325‘000 Unterschriften sioniertenverband erhielt grundsätz- wurden dazu in kurzer Zeit gesammelt lich die Rechte eines Unterverban- und eingereicht. Bei der Abstimmung des. Derart weiter entwickelt fand im wurde die angestrebte Abbaupolitik bei Sommer 1930 eine Urabstimmung für sehr hoher Stimmbeteiligung klar ver- den Übergang zur heute noch weitge- worfen. hend geltenden Organisation statt. Mit Trotzdem wurden 1934 die Löhne für das knapp 87 Prozent stimmte die ganz BLS-Personal auf dem Platz Bern um drei grosse Mehrheit für den Einheitsver- Prozent gekürzt. Für Personal ausserhalb von band, die Privatbahner stimmten sogar Bern wurde die Kürzung sogar auf fünf Pro- mit über 91 Prozent zu. Die Unterver- zent festgesetzt. Diese Massnahme war befris- bände und Sektionen blieben in diesem tet und sollte bis Ende 1936 dauern. 9
Die Gründung der Pensions- das Land keine direkten kriegerischen kasse ASCOOP Handlungen zu verzeichnen hatte, Bereits 1920 wurden alle Mitarbeiten- herrschten dennoch kriegsähnliche Zu- den der SBB als Vollversicherte in die stände: Grenzbesatzungen, Lebensmit- Pensions- und Hilfskasse aufgenom- telrationierungen sind nur zwei Stich- men. 1926 wurde auf Initiative des worte dazu. Arbeitsrechtliche Erfolge SEV eine Genossenschaft gegründet, wurden neutralisiert oder gar gestri- die Geld durch Mittel von Lotterien chen. zu beschaffen versuchte. Daraus ging Die Sektion feierte 1940 den 25. Geburtstag schliesslich 1933 die ASCOOP hervor, eher bescheiden aber mit vielen Rednern und die paritätisch geleitet wurde. Fünf Jah- zahlreichen Gästen. Wie im Gründungsjahr re später waren dieser Pensionskasse 15 war wieder Krieg. Im „Eisenbahner“ steht Bahngesellschaften angeschlossen. dazu: Der schon seit Monaten rege Güterver- Eine Pensionskasse für das BLS-Personal gab kehr auf der Lötschberg- und Simplonlinie es schon vor 1913, also vor dem Zeitpunkt der nimmt unvermindert seinen Fortgang. Tag und Übernahme der früheren Thunerseebahn und Nacht rollen die langen Güterzüge, die auf- des Schiffsbetriebes durch die BLS. Erst viel fallend auch nach Norden mit Frachten aller später, im Jahr 2001 ging die BLS-eigene Per- Art vollbeladen sind. Im regen Verkehr müs- sonalvorsorge zur Ascoop über (mehr dazu ab sen ständig neue Züge eingeschaltet werden. Seite 20). Das verfügbare Schiffspersonal vom Thunersee wurde zum Bremserdienst herangezogen und In den Jahren vor dem zweiten Welt- die alten in der Remise stehenden Lokomotiven krieg wurde der Kampf zwischen Arm sind wieder hervorgeholt und eingesetzt wor- und Reich noch weit härter geführt, den. Die Arbeit wurde auf diejenigen verteilt, der Graben zwischen Arbeitenden die nicht ins Militär eingezogen wurden.“ und Besitzenden immer tiefer. Letzte- re strebten sogar die „Entrechtung des Jährlich, teils sogar halbjährlich muss- (SBB-)Personals“ an, was 1934 nach te mit den Unternehmungen über den langem und hartem Schlagabtausch im Ausgleich der Teuerung verhandelt Parlament scheiterte. Im gleichen Jahr werden, denn allein in den Kriegsjah- sah sich der SGB gezwungen die Kri- ren stieg die Teuerung um über 50 seninitiative zu lancieren, 335‘000 Un- Prozent. Eigentliche Verbesserungen terschriften kamen dazu in kurzer Zeit wurden erst gegen Ende des zweiten zustande. Ein Jahr später scheiterte die Weltkriegs möglich. Abstimmung allerdings, was den Weg zu massgeblichen Lohn- und sogar Die AHV – in der Verfassung seit Rentenkürzungen frei machte. 1925, eingeführt aber erst 1948 Die Fürsorge für erwerbsunfähige und Der zweite Weltkrieg verlangt betagte Menschen war bis weit ins 20. alles vom BLS-Personal Jahrhundert hinein weitgehend Sache Die Kriegsjahre von 1939 bis 1945 von Familienangehörigen. Erst 1912 – brachten nicht nur um die Schweiz mehr als 20 Jahre nach Aufnahme in herum unendliches Leid. Auch wenn der Verfassung – wurde das entspre- 10
chende Gesetz vom Volk gutgeheissen, gingen dazu ein, sie führten 1953 zu womit die Unfall- und Krankenkasse einem neuen Vorentwurf, der schliess- eingeführt werden konnte. lich 1957 in den eidgenössischen Räten diskutiert, verabschiedet und danach Die BLS hatte schon 1911 eine Kranken- und in Kraft gesetzt wurde. Darin war neu Hilfskasse für das Personal, sie war erst ab die gesetzliche Pflicht des Staates fest- 1929 für alle obligatorisch. Bis 1998 wurde geschrieben, die Bahnen für ihre bahn- sie als selbstständige Kasse geführt. fremden Lasten und gemeinwirtschaft- In der Verfassung wurde die heutige lichen Verpflichtungen abzugelten. AHV im Jahr 1925 aufgenommen. Die Lohnsystematisierung (1958– Eine erste Gesetzesvorlage scheiterte 1995) brachte gewisse Lohn- 1931 in einer Volksabstimmung klar. gleichheit Der Bundesrat schuf während den Kriegsjahren mit ausserordentlichen Es wurden also Massnahmen zur För- Vollmachten die „Lohn- und Verdienst derung der Eisenbahnen eingeführt. ersatzordnung für die Militärdienst- Dazu gehörte ab 1961 die vom SEV leistenden“, die heutige EO. Dies bil- angestrebte Systematisierung der Per- dete gleichzeitig die Grundlage für die sonalaufwendungen. Als Basis mass- AHV. 1947 wurde das entsprechende geblich für die Lohnfestsetzung des Pri- Bundesgesetz deutlich angenommen vatbahnpersonals im Folgejahr wurden und am 1. Januar 1948 in Kraft gesetzt. die mittleren Aufwendungen der SBB pro Mitarbeiter. Weitere Zuschläge Mit der Schaffung der Invalidenversicherung für Betriebs- und Verkehrsleistungen wurden der Pensionskasse wesentliche Lasten ergänzten den Bewertungsschlüssel. abgenommen, was sich in den versicherungs- So wurde die im Eisenbahngesetz fest- technischen Bilanzen der Krankenkasse positiv geschriebene soziale Kompetenz um- auswirkte. gesetzt, es sollte auch Kinderzulagen Mittlerweilen ist über elf Revisionen und Nebenbezüge umfassen. Aufgrund diskutiert worden, nicht alle wurden dieser Basis fanden Verhandlungen umgesetzt. Unter dem Titel „Reform mit den einzelnen Privatbahnen statt, Altersvorsorge 2020“ laufen zurzeit wobei sich die Unternehmungen ent- schieden dagegen wehrten und argu- Bestrebungen die beiden Säulen AHV mentierten, dass die Ansätze lediglich und Pensionskassen als Ganzes be- als maximale Beträge gelten könnten. trachtet zu überarbeiten. Ab 1965 wurden auch die Teuerungs- Das Eisenbahngesetz galt lange zulagen in die Systematisierung auf- nur für Industrielle und Kantone genommen. Alle fünf Jahre wurde der Das erste Eisenbahngesetz stammte aus Bewertungsschlüssel neu festgelegt. dem Jahr 1852. Die für das Jahr 1940 Für die Betriebsgemeinschaft BLS, BN, GBS vorgesehene Revision verzögerte sich und SEZ wurde der Ansatz von durchwegs vorerst des Krieges wegen. Schliesslich 100 Prozent festgelegt, was im Durchschnitt startete die Vernehmlassung sogar erst gleich hohe Personalaufwendungen bedeutete 1950. Über 600 Änderungsanträge wie für die SBB. 11
Es liegt in der Natur der Geschichte spur fehlten jedoch. Deswegen stellte der Eisenbahnen, dass nicht allein die der Grosse Rat des Kantons Bern im Personalaufwendungen zu namhaften Jahr 1962 das Gesuch an den Bund, Kämpfen zwischen dem SEV und den die gesamte BLS-Gruppe zu überneh- einzelnen Unternehmungen führten. men. Alles oder nichts, wie es der Kan- Es mussten alle Anstellungsbedingun- ton und die BLS wollten, ging für den gen bei den privaten Transportunter- Bund nicht. In der Folge prophezeiten nehmungen mit äusserst viel Einsatz er- Gerüchte, dass mit der Verstaatlichung stritten werden, also die Einreihungen der Fahrplan verschlechtert würde und der Stellen, sämtliche Arbeitszeitbe- das Personal mächtig unter Druck ge- dingungen, Zulagen und Vergütungen, riet, beispielsweise in dem die Werkstät- Personalversicherungen, Berufskleider, te Bönigen aufgehoben würde. Obwohl Mitwirkung und so weiter. diese Ängste zerstreut werden konnten, fehlten für eine Umsetzung klare Zusa- Die Verstaatlichung der BLS – gen in Bezug auf die integrale Über- und schliesslich doch nicht nahme des Schiffsbetriebes auf dem Das Personal der seinerzeit konsequent Thuner- und Brienzersee. finanzielle Not leidenden Privatbah- Obwohl die Verstaatlichung eine Ver- nen musste mit teils schwerwiegenden besserung der Anstellungsverhältnisse Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten bedeutet hätte, fehlten massgebliche leben. Speziell der Privatbahnkanton Besitzstandsgarantien für das gesam- Bern und die Verwaltungen der BLS te Personal, zumal die Löhne der samt mitbetriebenen Linien, die EBT BLS-Angestellten und -Arbeiter auf- und die MOB stellten bereits 1940 grund der Systematisierung höher wa- Rückkaufsgesuche an den Bund. Mit ren. dem 1958 in Kraft gesetzten revidier- Die kantonalen Politiker verhinderten ten Eisenbahngesetz wich die Dring- schliesslich, dass die BLS unter den lichkeit in dieser Angelegenheit. Einfluss des Bundes geriet. Es sollte Mit der „Dienstordnung für die Beamten“, aber nicht der letzte Versuch für ein der Grundlage für die Anstellung bei der BLS, Zusammengehen mit der SBB bleiben. ergab sich 1960 die Situation, dass für das Im Rahmen einer Sitzung der Personalkom- Personal ein (kantonales) Beamtenverhältnis mission wurde lebhaft und ausführlich über geschaffen wurde, obwohl die BLS privatrecht- einen Antrag diskutiert, „dass der SEV sei- lich organisiert war. Begründet wurde dieser nerseits eine Studie betreffs Verstaatlichung der „unechte Beamtenstatus“ mit der Hauptbe- BLS erstellen lassen sollte“. Da die Anstel- teiligung des Kantons Bern an der Unterneh- lungsbedingungen weitgehend denjenigen der mung. SBB angeglichen seien – ausser bei der Pensi- Weil der Transitverkehr massiv zu- onskasse –, sei der Alleingang nicht notwendig. nahm, investierte der Kanton Bern Der Antrag wurde schliesslich mit 11 zu 10 bei der BLS stark in die Steigerung Stimmen ganz knapp abgelehnt. der Leistungsfähigkeit. Die Mittel für In dieser Zeit feierte die Sektion SEV VPT den dringenden Ausbau der Doppel- BLS den 50. Geburtstag. Die Zeit vorher sei 12
nie einfach gewesen, wurde im Rahmen einer gen und -Unfällen sowie bei Problemen Jubiläums-Feier festgehalten. Man sei immer im Zusammenhang mit der Anstellung bestrebt gewesen, die Arbeits- und Lebensbe- nie auf sich allein gestellt. Der Berufs- dingungen des Personals zu verbessern. Das rechtsschutz ist heute ebenso aktuell werde wohl auch in Zukunft so bleiben. Den- wie damals. noch wolle man die nächsten 25 Jahre guten Kurz vor dem 75. Geburtstag der Sek- Mutes in Angriff nehmen. tion führte der SEV auf Mitte 1989 Der Doppelspurausbau am einen Kollektivvertrag mit Coop-Mul- Lötschberg tirechtsschutz ein, er kostete 42 Fran- ken pro Jahr. Er deckt vor allem die Damit die Kapazität der Transitbahn- vielfältigen privatrechtlichen Aspekte linien in der Schweiz erhöht werden ab. Bei der Einführung wurde haupt- konnte, setzte das eidgenössische Ver- sächlich kritisiert, dass der SEV diese kehrs- und Enerigiedepartement 1963 Versicherung für alle Mitglieder ab- eine Expertenkommission ein, die 1970 schloss, die sich nicht innerhalb einer den Bau des Gotthardbasistunnels und vorgegebenen Frist dagegen ausgespro- den Doppelspurausbau für die gesam- chen hatten. Dass sich zwei Drittel der te Lötschbergachse vorschlug. Für den Mitglieder dafür entschieden haben, Tunnel zwischen Erstfeld und Biasca unterstreicht den Erfolg für dieses An- war die Zeit nicht reif, hingegen stimm- gebot, das sowohl in Bezug auf den te das eidgenössische Parlament 1976 Leistungsumfang als auch in Sachen dem Doppelspurausbau am Lötsch- Preis heute noch immer sehr attraktiv berg zu und genehmigte dazu ein Dar- und absolut konkurrenzfähig ist. lehen in der Höhe von 620 Millionen Franken. Obwohl der erste Teil des 75 Jahre SEV VPT Sektion BLS Darlehens erst 1982 ausbezahlt wurde, wurde sehr bescheiden gefeiert begann die BLS schon 1977 mit ersten „Es wurde in den letzten 75 Jahren so viel Arbeiten. Die technischen Einrichtun- erreicht, dass die Gewerkschaften Opfer ih- gen für die Doppelspur wurden zu ei- res eigenen Erfolges werden könnten, denn in nem grossen Teil durch BLS-Personal guten Zeiten ist Solidarität nicht gefragt.“ So ausgeführt. Im Frühling 1992 wurde fasste Sektionspräsident Bernhard Siegenthaler das Gesamtbauwerk eingeweiht. in seinem ersten Tätigkeitsbericht 1990 die Berufsrechtsschutz Vorgeschichte kurz zusammen. Es liegt wohl und SEV-Multirechtsschutz- in der Bescheidenheit der Sektion, dass dieses versicherung Jubiläum nicht weiter gefeiert wurde, denn ausser diesem Hinweis findet sich in den Akten Wie erwähnt wurde der berufliche schlicht nichts. Rechtsschutz schon mit der Gründung des SEV eingeführt. Diese unverzicht- bare Einrichtung war über lange Jahre das wichtigste Werbeargument für po- tenzielle Neumitglieder. Damit waren Mitarbeitende bei Verkehrsgefährdun- 13
Teil 2: 25 Jahre bis zur Gegenwart (1990–2015) Damit sind wir geschichtlich in der Kurse und Ausbildungen erarbeitet Neuzeit angekommen. Wie eingangs und vermittelt. erwähnt sollen in dieser Schrift die 25 Das grosse Engagement für die Jahre bis zur Gegenwart etwas ausführ- Neat am Lötschberg licher dargelegt werden. Dazu gehören die Entwicklung der BLS selber und Trotz unglaublich viel Kritik hat der speziell die daraus resultierenden Ar- damalige Verkehrsminister, Bundesrat beits- respektive Anstellungsbedingun- Adolf Ogi die beiden Alpentransver- gen für das Personal. salen am Gotthard und am Lötschberg verteidigt und durchgesetzt. Ogi, der Historiker sowie Kenner der Bahnland- politische Vater der Neat, sagte denn schaft in der Schweiz und insbesondere auch 2010 beim Durchstich am Gott- der BLS mögen verzeihen, wenn wich- hard: „Den Kritikern fehlt der bei- tige Elemente – insbesondere auch geisternde Blick aufs Ganze. Für mich politische Entwicklungen – nicht oder bleibt der Bau der Neat ein historischer nicht ausreichend aufgenommen sind. Entscheid des Schweizervolkes, eine Gewerkschaftliche Bildung mutige Tat – aber keine Spekulation.“ macht mündige Angestellte Damals war der Lötschbergbasistun- nel schon fast drei Jahre in Betrieb und Der SEV war immer bestrebt, den Mit- verschiedentlich schon an seine Kapa- gliedern bei der BLS situationsbezoge- zitätsgrenzen gekommen. ne Aus- und Weiterbildungen anzubie- ten. So standen konsequent zahlreiche Ähnlich wie Ogi argumentierte Jah- Kurse auf dem Programm für die ge- re zuvor der damalige BLS-Direktor, werkschaftliche Arbeit: Vereinsleitung, Martin Josi, anlässlich der Hauptver- Redeschulung, Protokollführung oder sammlung der Sektion im März 1996 Kassenwesen. und überzeugte damit die SEV-Mit- glieder: „Es gibt eben nicht nur diese Später kamen Bildungskurse wie Ver- buchhalterische Wirtschaftlichkeit, handlungstechnik hinzu, damit insbe- sondern auch noch eine staatspoliti- sondere die verschiedenen Verhand- sche, föderalistische, europapolitische, lungsdelegationen ihre Verantwortung verkehrspolitische und insbesondere sachgerecht und erfolgreich wahrneh- eine gesamtvolkswirtschaftliche Be- men konnten. Arbeitszeit, Lohnsys- trachtungsweise.“ Ihnen und vielen tematiken, Mitwirkungsrechte stan- weiteren Befürwortern gelang es, dass den ebenso auf dem Programm wie die Neat am Lötschberg gebaut werden GAV-Schulungen. Daneben wurden konnte. Das BLS-Personal hat seiner- auch Veranstaltungen für Mitglieder seits im Vorfeld der Abstimmungen mit aus dem BLS-Kader zu den Themen zahlreichen sympathischen und politi- Kaderpolitik, Sozialpartnerschaft und schen Aktionen ebenfalls massgeblich Ethik organisiert. Situationsbezogen zum Gelingen beigetragen. Die Neat wurden weitere, teils berufsbezogene am Lötschberg wurde am 15. Juni 2007 14
eingeweiht. Bald schon rückte der Voll- setzte ihre Leute selber bezeichnet hat- ausbau ins Blickfeld. ten. Zudem waren verschiedene Chefs überzeugt, sämtliche Probleme ihrer Die Unternehmensreform 1997 Mitarbeitenden am Arbeitsplatz bes- Auf Mitte 1997 setzte die BLS eine tens zu kennen und sie in eigener Regie Unternehmensreform um. Damit wur- lösen zu können. Diese Herr-im-Haus- den die BLS mit den drei mitbetrie- Strategie waren der aufgezwungenen benen Bahnen GBS (Gürbetal–Bern– Arbeit in den Mitwirkungsorganen Schwarzenburg), BN (Bern–Neuchâtel) nicht dienlich. Noch weniger Verständ- und SEZ (Spiez–Erlenbach–Zweisim- nis für die aktive Mitarbeit des Perso- men) in der BLS Lötschbergbahn AG nals hatten Vorgesetzte wiederholt, zusammengefasst. Der „Free Access“, wenn Mitarbeitende für Personalaus- also der bevorstehende freie Netzzu- schüsse durch SEV-Gremien bestimmt gang, werde Konkurrenz bringen. Mit oder portiert wurden. Verbreiteter war der neuen Organisationsform erhoffte und ist dennoch die andere Art der sich die BLS eine stärkere Position. Mitwirkung: regelmässige Sitzungen mit relevanten Themen und Fragestel- Personalausschüsse und lungen, bei denen die Mitarbeitenden Mitwirkung echt einbezogen und gefordert sind. Mit der Unternehmensreform verbun- Nach Inkraftsetzung des GAV wurden den wurden verschiedene personalrele- die Mitwirkungsorgane weiter präzi- vante Bestimmungen überarbeitet. Viel siert, ständige Ausschüsse bestehen zu diskutieren gab dabei die Aufhe- heute in etlichen Bereichen. bung des Personalausschusses, in wel- chem bislang auf vier Jahre gewählte Schwierige Aufgabenteilung Vertretungen zahlreiche Mitwirkungs- zwischen BLS und SBB geschäfte diskutierten. An dessen Stelle Wenn bislang eine Bahnunternehmung traten mit den Dienstplankommissio- konsequent nur diejenigen S-Bahnstre- nen Lok- und Zugpersonal sowie je ein cken befuhr, deren Infrastruktur sie Ausschuss für Lokpersonalfragen, für auch unterhielt, wurde dieses Vorgehen Zugpersonalfragen und für die Distri- mit dem Fahrplanwechsel Mitte 1998 bution als ständige Gremien. Daneben aufgebrochen: Die S1 von Thun nach wurden Themen bezogen temporäre Fribourg, sowie die S3 im Gürbetal be- Ausschüsse gebildet. Es waren vor al- trieb die SBB, die BLS fuhr auf der S2 lem die Lokpersonal-Ausschüsse, die von Langnau bis Schwarzenburg sowie tatsächlich aktiv waren. die S5 von Bern nach Neuchâtel und schliesslich deckte der RM die S4 ab, Die Mitwirkung des Personals wurde von Bümpliz Süd nach Burgdorf und durch Vorgesetzte recht unterschied- weiter nach Langnau und Sumiswald. lich angenommen und umgesetzt. Das Einsetzen eines Personalausschusses Schon als die SBB 1999 erstmals öf- lief aus Sicht der Unternehmung in fentlich davon sprach, die BLS über- jenen Fällen reibungslos, wenn Vorge- nehmen zu wollen, intervenierte der 15
SEV bei Bund, Kanton, SBB und BLS. BLS arbeiten. Diese Trennung verlief Damit ging es nicht mehr nur um ein weitgehend gut, für das BLS-Personal Kräftemessen zwischen den beiden resultierten daraus neue Berufsbilder Unternehmungen, um Geben und und wesentlich verbesserte Einreihun- Nehmen, um Aufgaben und deren Auf- gen. Dem Lokpersonal von Langnau teilung oder um Verkehre. Vielmehr und Neuchâtel blieb Zeit für einen drängten damit auch personalrele- Wechsel bis Ende 2003. Im Raum Bern vante Aspekte in den Vordergrund. In wurde das Depotpersonal der BLS, das fünf SEV-Personalausschüssen wurden seit 1997 im neu erbauten Depot Aus- Fragen, Feststellungen und Forderun- serholligen arbeitete, und dasjenige gen zum Thema sowohl der BLS als der SBB ab 2003 bei der BLS und in auch der SBB unterbreitet. So gelang der Aebimatt zusammengeführt – das es, die „Grundsätze für Personalver- Depot Ausserholligen ist seitdem weit- schiebungen“ in Bezug auf die Über- gehend verwaist. Alternativ blieb dem nahmebedingungen namhaft aufwer- SBB-Personal nur ein örtlicher Wech- ten zu können, sowohl BLS- als auch sel. Nach und nach wurden schliesslich SBB-seits. So übernahm die BLS die verschiedene Bahnhöfe zwischen den S-Bahn Bern und verabschiedete sich Unternehmungen abgetauscht, auch vom Fernverkehr sowie - im Grundsatz hier verbunden mit dem Austausch des - vom Einzelwagenladungsverkehr. In Personals. den Bereichen Infrastruktur und Gü- Die Übernahme des Regionalverkehrs tertransitverkehr wurde Wettbewerb im Bahndreieck Luzern, Langnau und beschlossen. Diese neue Ausgangslage Langenthal bildete die vorläufig letzte wurde in einer Grundsatzvereinbarung grössere Verschiebung von Leistungen festgeschrieben und in den Folgejahren zur BLS. Die entsprechenden Leistun- umgesetzt, mit teils einschneidenden gen wurden auf den Fahrplanwechsel Konsequenzen für das Personal. von Ende 2010 vollzogen. Damit ver- Im Juni 2001 gingen zirka 30 BLS-Mit- bunden mussten wiederum Mitarbeite- arbeitende im Bereich Rangier zu SBB rinnen und Mitarbeiter ihren Arbeits- Cargo. 2002 wechselten die Visiteure ort wechseln. Dadurch, dass akzeptable und Wagenreiniger von Brig zur SBB. Übergangsbestimmungen ausgehan- Auf denselben Zeitpunkt hin wurde delt werden konnten, blieben wirklich der Regionalverkehr der BLS über- gravierende Probleme aus. tragen, der Fernverkehr ging zur SBB BLS Cargo AG: eine äusserst über, für die Aufteilung des Rollmate- lebhafte Tochter rials blieb vorerst Zeit bis Ende 2004. Die Zugbegleiterinnen und Zugbeglei- Die BLS Cargo AG wurde 2001 als tern im Raum Bern und im BLS-Wir- Tochter der BLS gegründet. Sie über- kungskreis mussten sich entscheiden: nahm das Güterverkehrsgeschäft der entweder zum Fernverkehr wechseln BLS. An dieser neuen Unterneh- und damit zur SBB oder schwerge- mung beteiligten sich neben der BLS wichtig in der sporadischen Stichkon- auch Railion Deutschland und die trolle (SPO) im S-Bahn-Bereich bei der italienische Ambrogio-Gruppe. Die 16
BLS-Tochter engagiert sich hauptsäch- kannibalisiert. Der SEV bezog sich da- lich im Ganzzugsbereich. Anfänglich bei auf das Eisenbahngesetz, wonach bezeichnete sie sich selber als „Ro- Netzzugangsbewilligungen auch von sinenpicker, weil wir nur diejenigen der Einhaltung der Gesetze und der Züge führen, die unter dem Strich ren- Gewährleistung branchenüblicher Ar- tieren“. BLS Cargo AG wurde als Ma- beitsbedingungen abhängig gemacht nagementgesellschaft aufgebaut, heute werden müssen. Da der Ort der er- beschäftigt sie gegen 100 Mitarbeiten- brachten Leistung in der Schweiz sein de vorwiegend in den Bereichen Pro- soll, müssen schweizerisch übliche An- dukte und Vertrieb. Die übrigen Leis- stellungsbedingungen auf dem Schwei- tungen, vorab die personellen, werden zer Bahnnetz zu gelten. beim Mutterhaus eingekauft. Angesichts der damaligen Situation er- Im selben Jahr startete RAlpin AG mit gab sich folgende Einigung: BLS Car- der „Rollenden Autobahn“ vom deut- go legte dem SEV regelmässig offen, schen Freiburg im Breisgau über die dass BLS-Lokpersonal zu Schweizer Lötschbergachse bis nach Novara in Anstellungsbedingungen ebenso viele Italien. Verschiedentlich waren diese Fahrten nach Deutschland machte, wie Verkehre über mehrere Cargo-Unter- deutsches Lokpersonal zu dessen Be- nehmungen aufgeteilt. dingungen in die Schweiz hinein fuhr. Bereits 2003 führte BLS Cargo mit 2006 gründete BLS Cargo BLS Car- ersten grenzüberschreitenden Produk- go Italia S.r.l. und 2007 BLS Cargo tionskonzepten zusammen mit Raili- Deutschland GmbH. Damit verbun- on Güterzüge auf der Gotthardachse. den wurde Personal insbesondere in Damit verbunden wurden Personal- Mannheim und Domodossola einge- standorte im grenznahen deutschen stellt. Haltingen, in Erstfeld und 2004 eine Servicestelle in Chiasso aufgebaut. Ab Mitte 2007 wurden kommerzielle Güterzüge durch den Basistunnel am Mit der Beteiligung von Railion Lötschberg geführt. Damit verbun- Deutschland am Aktienkapital von den konnte die Produktion über die BLS-Cargo bestand bald die Absicht, wesentlich schnellere Verbindung ins deutsches Lokpersonal zu deutschen Wallis und weiter nach Italien reali- Arbeitsbedingungen in die Schweiz siert werden. Die BLS war überzeugt, fahren zu lassen. Eine entsprechende eine weitere Servicestelle in Frutigen Bewilligung hatte das Bundesamt für mit Rangierpersonal, Visiteuren und Verkehr (BAV) noch nicht erteilt, denn Lokpersonal aufbauen zu müssen. Die der SEV wehrte sich vehement dage- Züge sollten jeweils dort aufgestellt, gen, würde eine solche Zulassung dem bewirtschaftet und so minutengenau Sozialdumping doch Tür und Tor öff- durch den Tunnel verkehren können. nen. Das hätte gleichzeitig bedeutet, Dem Personal wurde sehr viel zugemu- dass die BLS mit diesem Vorgehen ihre tet. Begründet wurde diese Strategie eigenen guten Anstellungsbedingungen mit dem Wettbewerb im Güterverkehr 17
auf Schiene und Strasse, dem Stru- tiv. Nicht übernommen wurde dabei del der sich ständig ändernden Wirt- Crossrail, die Güterverkehrstochter des schaftslage und mit der Tatsache, dass RM. Das gesamte Aktienkapital dieser sich Kunden kaum mehr längerfristig Unternehmung wurde bereits auf Jah- binden liessen. Nach langem Hin und resbeginn 2006 an die australische Be- Her konnten Lösungen gefunden wer- ratungs- und Investment-Gesellschaft den, die unter dem Strich allen dienten, Babcock & Braun verkauft. Flexibilität auf beiden Seiten war dazu Gut 500 RM-Mitarbeitende waren notwendig. Diese Servicestelle hatte in von dieser Fusion direkt betroffen. Ein dieser Form nicht lange Bestand. Grossteil von ihnen stufte diesen Vor- 2008 produzierte BLS Cargo um die gang als „unfreundliche Übernahme“ 26‘000 Züge. 2009 hingegen betrug durch die BLS ein. Der Übergang zur der Verkehrsrückgang volle 19 Pro- BLS-Kultur bedeutete für sie, gegen ih- zent. Die Produktionsleistung pendel- ren Willen viel loslassen zu müssen. te sich bei ca. 20‘000 Zügen pro Jahr In dieser Schrift sind die RM-Mitar- ein, bis 2013 die Zusammenarbeit mit beitenden inhaltlich erst ab dem Zeit- Railion Deutschland endete. Gemäss punkt der Integration in die BLS AG Geschäftsbericht gelang es BLS Cargo miterwähnt. Dennoch soll an dieser im selben Jahr, „die Basis für die Zu- Stelle ein kurzer Abriss über die Ent- kunft als unabhängiger Traktionsspezi- stehung und Entwicklung der Bahnen alist auf dem Nord–Süd-Korridor“ zu im Emmental erfolgen: legen. Das Kernelement dazu sei der grenzüberschreitende Einsatz von BLS 1875 Emmentalbahn (EB) von Burg- Cargo-Lokomotiven, schrieb die Un- dorf nach Solothurn ternehmung. 1881 Burgdorf–Langnau (EB) 1889 Langenthal–Huttwil (LHB) Die Fusion von BLS und RM zur 1895 Huttwil–Wolhusen (HWB) BLS AG 1899 Hasle-Rüegsau–Thun (BTB) In der ersten Jahreshälfte 2006 stimm- 1908 Ramsei–Sumiswald–Huttwil ten die Generalversammlungen von und Zweiglinie nach Wasen RM (Regionalverkehr Mittelland) und (RSHB) BLS Lötschbergbahn der Fusion zu. 1908 Solothurn–Moutier (SMB) Damit wurde ein entscheidendes Ka- 1915 Huttwil–Eriswil (HEB) pitel zu einer gut positionierten Unter- Diese Eisenbahnen sollten den An- nehmung im öffentlichen Verkehr vor- schluss der erschlossenen Regionen an läufig fertig geschrieben. Diese Fusion die Welt garantieren. Dazu hatten Ge- entsprach insbesondere den Vorgaben meinden und Private teils grosse finan- des Bundesrates, wonach künftig ne- zielle Opfer erbracht und damit auch ben der SBB noch zirka zwei weitere die Verbundenheit zur Bevölkerung Normalspur-Transportunternehmun- sichergestellt. In der Region arbeiten gen Bestand haben sollen. Am 27. Juni zu können war dem Personal häufig 2006 startete die neue BLS AG opera- wichtiger als auswärts bessere Löhne zu 18
verdienen. In jener Zeit waren die Sta- Verbunden mit der Fusion zur BLS AG wur- tionsvorstände die eigentlichen Mittels- den die Strukturen der SEV-Sektionen VPT personen und spielten in der ländlichen Emmental und VPT BLS rasch hinterfragt, Gegend oft eine wichtige Rolle. den aktuellen Gegebenheiten angepasst und die Risikoreich war denn auch, die Burg- einzelnen Personalgruppen zusammengeführt. dorf–Thun-Bahn als erste elektrische Zwischenzeitlich haben sich weitere Verände- Vollbahn zu bauen. Der Versuch wur- rungen in der Organisationsform ergeben, die de zum Erfolg und die Elektrifizierung in der Abbildung unten ersichtlich sind: bildete die Basis für ganz Europa. Aus Anlass des 75-Jahr-Jubiläums der Mit der Zeit schlossen sich die verschie- SEV-Sektion VPT Emmental wurde denen Bahngesellschaften vorerst be- 1992 eine eigene Schrift verfasst. Sie trägt trieblich zusammen, woraus bis 1944 den Titel „75 Jahre Sektion Emmental die EBT (Emmental–Burgdorf–Thun- VPT“. Bahn), die SMB (Solothurn–Mou- Die gute BLS-Krankenkasse tier-Bahn) und die VHB (Vereinigte – bis zur Umsetzung des KVG Huttwil-Bahnen) entstanden. Die Fu- sion dieser Bahnen zum Regionalver- Wie erwähnt wurde die Kranken- und kehr Mittelland wiederum erfolgte Hilfskasse für das BLS-Personal 1911 1997. Einzelne Linien wurden aber gegründet. Die Krankenkassen-Kom- schon 1975 (Huttwil–Eriswil) und 1994 mission war durchwegs paritätisch (Sumiswald–Wasen) auf Busbetrieb aufgebaut, Entscheide wurden ebenso umgestellt. Die Bahnstrecke Sumis- gefällt. Nach einer Revision des Kran- wald–Huttwil ist seit 2009 stillgelegt, kenversicherungsgesetzes (KVG) waren auch dort fahren jetzt Busse. die Bedingungen für die Krankenkas- VPT BLS VPT Emmental zusammengelegt aktualisiert Bahndienstpersonal Baudienstpersonal Bahndienstpersonal Elektrotechnik Monteurpersonal Elektrotechnik Bau & Unterhalt Rangier- und Bahnhofpersonal Stationspersonal Betrieb und Stationspersonal Betrieb und Bahnhofpersonal Administration und Services Verkauf SBV Verkauf SBV Schiffspersonal Thuner- und Schiffspersonal Thuner- und Brienzersee Brienzersee Verwaltungspersonal Verwaltungspersonal Verwaltungspersonal WAV Interlaken WAV Interlaken Werkstättepersonal WAV Oberburg WAV Spiez/Bern WAV Spiez/Bern Aufsichtspersonal Pensionierte Pensionierte Pensionierte ex BLS Pensionierte BLS Pensionierte ex Emmental Einzelmitglieder Einzelmitglieder Zugpersonal Zugpersonal Zugpersonal LPV Aare LPV Aare Lokpersonal LPV Emmental LPV Lötschberg LPV Lötschberg 19
se BLS nicht mehr gegeben, weiterhin se nicht allein zum Ziel führen würden. selbstständig aufzutreten. Deshalb bot Dazu kam die Inkraftsetzung des neuen sie ab 1996 keine eigenen Zusatzver- Freizügigkeitsgesetzes (FZG) auf 1995. sicherungen mehr an. An deren Stelle Damit verbunden mussten die Statuten trat ein Kollektivvertrag mit der Vi- der BLS-Personalvorsorgestiftung re- sana. Die Visana übernahm auch das vidiert werden. Das Absenken des De- Inkasso der Prämien. Die Delegier- ckungsgrads von 96.2 auf 86.5% war tenversammlung der Krankenkasse eine Folge davon. Zum Ausgleich der BLS beschloss 1997 die gesamtheitli- Deckungslücken gewährte der Bund che Überführung auf den 1. Januar den Pensionskassen eine Frist von zehn 2000 in die Visana. Deren Umgang Jahren. Gleichzeitig durften keine Teu- mit der BLS bei der Aushandlung der erungszulagen auf den Renten mehr Details und die Tatsache, dass die Vi- gewährt werden. sana in der Grundversicherung keine Aufgrund der zwischenzeitlich er- konkurrenzfähigen Prämien mehr an- bieten konnte, bewog die Leitung der langten Grösse der BLS und deren BLS-Krankenkasse zu einer grundle- Pensionskasse sowie die zunehmende genden Neuausrichtung. Als Resultat Komplexität in dieser Sache wurde der dieser Untersuchungen wurde an einer Themenbereich immer schwieriger zu ausserordentlichen Delegiertenver- handhaben. Dies und die bevorstehen- sammlung beschlossen, mit der Kran- den Pensionierung des damaligen Lei- kenkasse KPT zu fusionieren, und das ters war die Zeit für eine neue Lösung bereits ein Jahr früher auf den 1. Janu- definitiv gekommen. ar 1999. Die Überführung verlief dann Vorab die äusserst schwierige finanzi- ohne nennenswerte Probleme. Zudem elle Situation aber auch all die ande- konnten die Mitglieder der ehemaligen ren Veränderungen führten schliess- Krankenkasse BLS vom übertragenen lich zum Beschluss, sich auf 2001 hin Vermögen noch bis Ende 2003 in Form der Pensionskasse der Ascoop anzu- von Prämienverbilligungen profitieren. schliessen. Damit der Übergang von der Personalvorsorgestiftung BLS zur Erst die Personalvorsorgestif- Ascoop gelingen konnte, mussten sich tung BLS, dann die Ascoop und alle (Bund, Kanton, BLS und Personal) aktuell die Symova daran beteiligen: Lange Jahre stand nicht zur Diskussion, - Der Bund gibt seinen Segen dazu. dass die Leistungen der Pensionskassen Im Gegensatz zu seiner finanziellen von Unternehmungen des öffentlichen Unterstützung an die SBB-Pensions- Verkehrs nicht vollumfänglich gedeckt kasse beteiligt er sich aber nicht am waren. Dennoch wurden Anstrengun- Ausgleich der Unterdeckung. gen unternommen, die Unterdeckung - Der Kanton Bern verzichtet auf Re- der BLS-Personalvorsorgestiftung aus- duktionen der Beiträge an Infrastruk- zugleichen. So wurden auf 1995 ent- tur und Verkehr. sprechende Massnahmen beschlossen. - Zusammen mit diesem Übergang Es zeigte sich allerdings rasch, dass die- konnte die Sektion BLS zwei Vertre- 20
ter in die wichtigsten Gremien der meinschaftsstiftung nicht erfolgreich Ascoop – Vorstand und Genossen- sein konnte. Deshalb wurde sie auf das schafts- resp. Stiftungsrat – stellen. Jahr 2006 hin in eine Sammelstiftung Integriert in die Ascoop ergaben sich umgebaut. Zudem erfolgte der Wech- wesentliche Verbesserungen für das sel vom Leistungs- ins Beitragsprimat. Personal: Weil nicht alle angeschlossenen Unter- - Die Beiträge der Arbeitnehmenden nehmungen den eingeschlagenen Weg wurden um 1,5% gesenkt. Diese vollumfänglich tragen wollten, wurde Vergünstigung musste aber der Un- für die sanierungswilligen und sanie- terdeckung wegen allerdings auf den rungsfähigen Unternehmungen die 1. Januar 2003 wieder rückgängig ge- neue Sammelstiftung Symova auf Mit- macht werden. te 2010 gegründet. Die BLS trat der - Der Einkauf von Lohnerhöhungen Symova ebenfalls bei. wurde für viele Versicherte wesent- Die BLS richtete 2006 aus dem Kon- lich günstiger. Auch dieser Erfolg zernergebnis einen Sanierungsbeitrag musste der späteren Unterdeckung in der Höhe von 31 Mio. Franken an wegen wieder rückgängig gemacht die Ascoop, im Jahr darauf waren es werden. sogar 38,5 Millionen, davon kam eine - Höhere Rentenleistungen im Leis- Million von der BLS Cargo AG. Damit tungsprimat bei mehr als 40 Versi- betrug der Deckungsgrad des BLS-Vor- cherungsjahren. sorgewerks bei der Ascoop-Sammelstif- - Die Pensionierung mit entsprechen- tung im Januar 2008 rund 88 %. In der Rentenkürzung war ab 58 Jahren den nächsten Jahren sollten weitere möglich. Zuschüsse den Deckungsgrad auf 100 - Die Ascoop finanzierte bei vorzeiti- % erhöhen, damit auch die Fusion der ger Pensionierung die halbe Über- beiden Pensionskassen RM und BLS brückungsrente. vollzogen werden könne. Die Vorsorge- Auf den 1. Januar 2002 erfolgten wei- pläne wurden für alle Mitarbeitenden tere Verbesserungen: Rentenzuschüsse schon bei der Fusion der Unterneh- für die Pensionierten, die Mindestinva- mungen angeglichen. lidenrente wurde auf 60% angehoben „Die Sache ist also noch lange nicht und die Gleichstellung der Konkubi- ausgestanden. Wenn der Bund die natspartner. Unterdeckungen seiner Pensionskas- Das Platzen der Dotcom-Blase an den sen und diejenigen der konzessionier- Finanzmärkten ab Ende 2000 und ten Transportunternehmungen früher das Ausrichten von nicht finanzierten noch ganz offiziell unterstützt hat, muss Leistungen führten dazu, dass der De- er nun nach seiner Abkehr von dieser ckungsgrad nicht nur bei der Ascoop Haltung auch hinstehen und mithelfen, auf unter 75 Prozent sank. Die Sa- diese Deckungslücken zu schliessen. Zu nierung der Stiftung startete mit einer lange wirkt sonst der Sanierungspfad neuen Führung im Sommer 2003. Al- als schier unüberwindbarer Sumpf lerdings war bald klar, dass diese Ge- für das Personal.“ (SEV-Sekretär Nick 21
Raduner im Kommentar der Gewerk- Beim „Personal mit Kundenkontakt“ schaftszeitung zu den Sanierungsbe- stand das Thema Dienstkleider auch mühungen der BLS, Mai 2008) immer auf der Liste hängiger Themen. Der Bund blieb bei seiner Haltung. Das Sortiment wurde öfters den neuen Aktuell ist dennoch klar: die Vorsorge- Gegebenheiten und auch der Mode werke BLS, BLS Cargo und Busland angepasst. Aufreibend diskutiert wurde weisen aktuell einen Deckungsgrad von hingegen die Tragpflicht der Dienst- über 100% aus. Dasselbe gilt auch für mütze. Vorerst ging es dem Personal die gesamte Stiftung. um die Lockerung der Tragpflicht bei heissem Wetter, später wurde deren Bis zum Übergang der ehemaligen Notwendigkeit grundsätzlich in Frage RM-Angestellten von ihrer betriebs- gestellt. Mit dem Wandel vom Kont- eigenen Pensionskasse in die Symova rolleur zum Begleiter im Zug und mit vergingen erwartungsgemäss etliche der Aufgabe der Aufsichtspersonen auf Jahre. Voraus schon ging die Ren- den Perrons rückte dieses emotional ten-Administration an die damalige diskutierte Thema in den Hintergrund. Ascoop über. Die Vermögensanlagen Dennoch: die Abschaffung der Mütze wurden neu durch die Swisscanto Vor- wurde beschlossen, bevor die letzten sorge AG verwaltet. Den eigentlichen Mitarbeitenden „draussen auf den Übergang zur Symova beschlossen die Bahnhöfen“ abgezogen wurden. bei der Pensionskasse RM Versicherten im Mai 2012 im Rahmen einer Urab- Nach der Fusion von BLS und RM stimmung, vollzogen wurde auf den 1. sollte das Personal rasch mit einheitli- Januar 2013, obwohl die Übertragung chen Berufskleidern ausgerüstet wer- noch viel zu diskutieren gab. den. Die BLS-Personalkommission, in der sämtliche im SEV organisierten Dienst- respektive Berufskleider BLS-Mitarbeitenden vertreten sind In den späten 1990-er Jahren rollte die (siehe Seite 44), stellte deshalb wieder- BLS-Personalkommission das The- um Mitglieder in eine Arbeitsgruppe, ma Dienstkleider für das nicht reprä- testete neue „schützende Berufsklei- sentative Personal neu auf. Dies nach der“ und verhandelte über die Inhalte massgeblichen technischen Weiterent- des zu revidierenden Reglements. wicklungen im Berufskleider-Bereich. Der sehr lange Weg zum GAV BLS Statt der festen, überaus schweren und nicht wettertauglichen Stoffe wurden Mit dem Übergang vom Beamtenge- effizientere entwickelt, die auch den setz zum Bundespersonalgesetz 2001 steigenden Sicherheitsanforderungen wurden die Regiebetriebe aufgefordert, entsprachen. Eine SEV-Arbeitsgruppe mit den Sozialpartnern Gesamtar- entwickelte Optimal-Sortimente für die beitsverträge auszuhandeln, die einen einzelnen Berufskategorien. Diese wur- gleichwertigen Übergang garantierten. den in der Folge der BLS vorgestellt. Damit begann für das SBB-Personal, Daraus entstand ein weitgehend neues später aber im öffentlichen Verkehr Sortiment für die Arbeiterkategorien. ganz allgemein, das GAV-Zeitalter. 22
Sie können auch lesen