1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit

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1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
SÄZ – BMS Bulletin des médecins suisses – Bollettino dei medici svizzeri – Gasetta dals medis svizzers

                   Schweizerische
                   Ärztezeitung
                    1170 Editorial                                                    1175 FMH                                                        1204 «Zu guter Letzt»
                    von Carlos Beat Quinto                                            Wie entwickelt sich                                             von Jean Martin
38 16. 9. 2020

                    Gesund?                                                           die Prämienbelastung                                            Späte Erkenntnis
                                                                                      der Haushalte?

                    1171 FMH
                    Nachholbedarf in Sachen
                    Ärztegesundheit

                                                 Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch
                                                 Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch
                                                 Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services
                                                 Organ ufficial da la FMH e da la FMH Services
                 Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.       See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
INHALTSVERZEICHNIS                                                                                                                                                               1167

Redaktion                                                                                          Redaktion Ethik
Dr. med. vet. Matthias Scholer (Chefredaktor);                                                     Prof. Dr. theol. Christina Aus der Au;
Dipl.-Biol. Tanja Kühnle (Managing Editor);                                                        Prof. Dr. phil., dipl. Biol. Rouven Porz
Julia Rippstein (Redaktorin Print und Online);                                                     Redaktion Medizingeschichte
Dr. med. Werner Bauer, Mitglied FMH; Prof. Dr. oec. Urs Brügger;                                   Prof. Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann; Prof. Dr. rer. soc. Eberhard Wolff
Prof. Dr. med. Samia Hurst; Dr. med. Jean Martin, Mitglied FMH;                                    Redaktion Public Health, Epidemiologie, Biostatistik
Dr. med. Jürg Schlup, Präsident FMH;                                                               Prof. Dr. med. Milo Puhan
Dr. med. Daniel Schröpfer, Mitglied FMH;                                                           Redaktion Recht
Charlotte Schweizer, Leitung Kommunikation der FMH;                                                Dr. iur. Ursina Pally, Leiterin Rechtsdienst FMH
Prof. Dr. med. Hans Stalder, Mitglied FMH;

FMH
        EDITORIAL:Carlos Beat Quinto
1170 Gesund?

                                                       THEMA:Linda Hadorn, Barbara Weil, Carlos B. Quinto
 1171                                                  Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit Mit dem Slogan «la santé des autres dépend de
                                                       la nôtre» hat das Unterstützungsnetzwerk für Ärztinnen und Ärzte in Québec (PAMQ) 1990 einen
                                                       zentralen Aspekt der ärztlichen Tätigkeit konzise zusammengefasst. Die eigene Gesundheit der
                                                       Ärztinnen und Ärzte ist ein zentrales Gut und hat Auswirkungen auf die Qualität der Patientenver-
                                                       sorgung. Im ärztlichen Arbeitsalltag und seinen Rahmenbedingungen gibt es bezüglich der
                                                       Berücksichtigung dieser Tatsache noch Nachholbedarf.

        AKTUELL:Nora Wille, Jürg Schlup
 1175 Wie entwickelt sich die Prämienbelastung der Haushalte?                                        Die Entwicklung der Krankenkassenprämien wird häufig als
        unmittelbare Be­d rohung für die Haushalte und die Bezahlbarkeit unseres Gesundheitswesens d
                                                                                                   ­ argestellt – nicht selten, um für
        eigene politische Vorhaben zu werben. Tatsächlich haben sich die Prämien seit 1996 mehr als verdoppelt. Fakt ist aber auch, dass der
        Einkommenszuwachs den Prämienzuwachs deutlich übersteigt und der Prä­m ienanstieg seit über 10 Jahren abflacht.

        ÄRZTEKAMMER
 1182 Ärztekammersitzung – bereits feststehende Traktanden

1184 Personalien

Briefe / Mitteilungen
 1187 Briefe an die SÄZ
1188 Facharztprüfungen

                                                                                                                                                            Persönlich
                                                                                                                                                            und diskret.

                                                                                                                                                            Psychotherapie
                                                                                                                                                            Psychosomatik
                                                                                                                                                            Psychiatrie

  Anzeigen SÄZ 186x60 - 4.indd 3                                                                                                                                      26.08.20 11:39
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1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
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FMH Services
1190 Stellen und Praxen (nicht online)

Tribüne
        RECHT: V
                ladislava Talanova, Franziska Sprecher
 1197 Verbesserungspotenzial des Generalkonsents

        INTERVIEW MIT MARTIN ACKERMANN: M
                                         atthias Scholer
1201 «Nehmen Sie selbst das Virus ernst und werden Sie so zum Vorbild»

Zu guter Letzt
        Jean Martin
1204 Späte Erkenntnis

HUBER

Impressum
Schweizerische Ärztezeitung                     «Stellenmarkt/Immobilien/Diverses»:               Abonnementspreise: Jahresabonne-           ausdrück­licher vorgängiger Erlaubnis
Offizielles Organ der FMH                       Inserateannahme,                                  ment CHF 320.– zzgl. Porto.                von EMH und auf der Basis einer
und der FMH Services                            Tel. +41 (0)61 467 86 08,                                                                    schriftlichen Vereinbarung zulässig.
Redaktionsadresse: Nina Abbühl,                 stellenmarkt@emh.ch                               ISSN: Printversion: 0036-7486 /
Redaktionsassistentin SÄZ,                                                                        elektronische Ausgabe: 1424-4004           Hinweis: Alle in dieser Zeitschrift pu­
EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG,             «Stellenvermittlung»: FMH Consulting              Erscheint jeden Mittwoch                   blizierten Angaben wurden mit der
Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz,             Services, Stellenvermittlung,                                                                grössten Sorgfalt überprüft. Die ange-
Tel. +41 (0)61 467 85 72,                       Postfach 246, 6208 Oberkirch, Tel. +41            © FMH                                      gebenen Dosierungen, Indikationen
redaktion.saez@emh.ch, www.saez.ch              (0)41 925 00 77, Fax +41 (0)41 921 05 86,         Die Schweizerische Ärztezeitung ist        und Applikationsformen, vor allem von
                                                mail@fmhjob.ch, www.fmhjob.ch                     aktuell eine Open-Access-Publikation.      Neuzulassungen, sollten in jedem Fall
Verlag: EMH Schweizerischer Ärzte-                                                                FMH hat daher EMH bis auf Widerruf         mit den Beipackzetteln der verwende-
verlag AG, Farnsburgerstrasse 8,                Abonnemente FMH-Mitglieder:                       ermächtigt, allen Nutzern auf der Basis    ten Medikamente verglichen werden.
4132 Muttenz, Tel. +41 (0)61 467 85 55,         FMH Verbindung der Schweizer                      der Creative-Commons-Lizenz                Druck: Vogt-Schild Druck AG,
www.emh.ch                                      Ärztinnen und Ärzte, Elfenstrasse 18,             «Namens­nennung – Nicht kommer-            https://www.vsdruck.ch/
                                                3000 Bern 15, Tel. +41 (0)31 359 11 11,           ziell – Keine Bearbeitung 4.0 inter­
Anzeigen:                                       Fax +41 (0)31 359 11 12, dlm@fmh.ch               national» das zeitlich unbeschränkte
Markus Süess,                                                                                     Recht zu gewähren, das Werk zu ver­
Key Account Manager EMH                         Andere Abonnemente: EMH Schweize-                 vielfältigen und zu verbreiten und
Tel. +41 (0)61 467 85 04,                       rischer Ärzteverlag AG, Abonnemente,              ­öffentlich zugänglich zu machen.
markus.sueess@emh.ch                            Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz,                Der Name des Verfassers ist in jedem
                                                Tel. +41 (0)61 467 85 75,                          Fall klar und transparent auszuweisen.    Titelbild: © Wavebreakmedia Ltd |
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1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
FMH Editorial                                                                                                                                                                         1170

Gesund?
Carlos Beat Quinto
Dr. med., Mitglied des FMH-Zentralvorstandes, Departementsverantwortlicher Public Health und Gesundheitsberufe

                                Auf Seite 1171 dieser Ausgabe finden Sie einen Artikel,                            Wie steht es mit gewissen Kostendämpfungsmassnah-
                                der die Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten thema-                                 men, die zu einer Zweiklassenmedizin, einer zusätz­
                                tisiert. Wie steht es um unsere Schlafqualität, Ernäh-                             lichen Gefährdung der Versorgungssicherheit, einer
                                rung, Bewegung? Sind Sie Nichtraucher und trinken                                  schlechteren Behandlung chronisch Kranker und we-
                                Alkohol nur mit Mass? Wie viel Zeit haben Sie für Ihre                             gen falscher Anreize zu einer Staatsmedizin führen?
                                Familie? Wie steht es um Suchtverhalten als Coping-                                Haben wir dank dieser Massnahmen bei einer Pan­
                                Strategie? Sofern PROFILES (Principal Relevant Objec­                              demie dann Zustände wie in gewissen europäischen
                                tives and Framework for Integrative Learning and Edu-                              Ländern mit staatlich orientierten und durch Spar-
                                cation in Switzerland) im Medizinstudium konsequent                                massnahmen geschwächten Gesundheitssystemen?
                                umgesetzt werden, ist die Gesundheit von Ärztin-
                                nen und Ärzten bereits während der Ausbildung                                 Sinnvolle Massnahmen im Gesundheitswesen
                                Thema. Während der Weiterbildungsphase ist der                                erfordern den Einbezug der praktischen Erfah-
                                Lead beim VSAO; anschliessend nimmt sich die                                  rung von Medizinal- und Gesundheitsberufen.
                                FMH des Themas an. Wichtig für unsere Gesund-
                                heit ist, dass unsere ­Arbeit sinnstiftend ist. Entschei-                          Manche dieser Kostendämpfungsmassnahmen geben
                                dend dafür sind die Rahmenbedingungen unserer                                      den Eindruck, dass das Gesundheitswesen als komple-
                                Arbei­t. In den letzten Jahren hat der administrative                              xes System nicht verstanden wurde und relevante Kol-
                                Aufwand enorm zugenommen. Das heisst, wir haben                                    lateralschäden auftreten werden, falls die Massnah-
                                immer weniger Zeit für die Patientinnen und Patien-                                men tatsächlich so umgesetzt werden sollten. Es droht
                                ten und verbringen immer mehr Zeit hinter dem Bild-                                eine Gefährdung der Versorgungssicherheit, unter an-
                                schirm oder über Papier­stapeln.                                                   derem personell, aber auch materiell durch eine ein­
                                Wie sollen Ärztinnen und Ärzte auf ihre eigene Ge-                                 geschränkte Versorgung mit Medikamenten, Impfstof-
                                sundheit achten, wenn die Prioritäten falsch gesetzt                               fen und Medizinalprodukten. Einige vorgeschlagene
                                sind? Die erste COVID-19-Welle haben wir gut überstan-                             Massnahmen muten an wie eine Neuauflage von Ideen
                                den. Auf kantonaler Ebene sind in gewissen Kantonen                                aus den Niederlanden: Dort mussten die Massnahmen
                                erstmals kleine Wunder geschehen: Reserviertheit,                                  aber bereits wieder korrigiert werden. Unser Berufs-
                                Vorurteile und allfälliges Misstrauen waren verschwun-                             ethos wird uns, gemeinsam mit anderen Medizin­al-
                                den. Der Not gehorchend arbeiteten Regierung, Ad­                                  und Gesundheitsberufen, zum Handeln zwingen. Es
                                                                                                                   geht um die Gesundheit unserer Patientinnen und
                           Wir Ärztinnen und Ärzte müssen auf unsere                                               ­Patienten sowie um unsere eigene Gesundheit. Der
                           Gesundheit achten, um gut für unsere Patien-                                            Lösungsansatz wäre Partizipation, zeitgerecht und
                                                                                                                   ­
                           ten sorgen zu können.                                                                   ­adäquat, um unser gemäss OECD bestes Gesundheits-
                                                                                                                   wesen zu bewahren und in die Zukunft zu führen.
                                ministration, Spitäler und die kantonale Ärztegesell-                              Man sollte mit den Medizinal- und Gesundheitsbe­
                                schaft konstruktiv zusammen, effizient und ohne                                    rufen Massnahmen erarbeiten und nicht gegen diese.
                                administrativen oder formalen Ballast. Und auf natio-                              Damit dies auf nationaler Ebene gelingt, benötigen wir
                                naler Ebene? Ja, aber nur auf den hierarchisch zu tief                             unter den Entscheidungsträgern Gesprächspartner,
                                angesiedelten Ebenen, wo noch Fachwissen und beruf-                                die über das nötige Fachwissen und berufliche prak­
                                liche Erfahrung vorhanden ist. Weiter oben gab es                                  tische Erfahrung in Medizin und Public Health
                                Fehlentscheide – die nur teilweise korrigiert werden                               verfüge­n. Nur so lassen sich die Prioritäten für die
                                konnten und deren Folgen wir heute noch ausbaden.                                  ­Gesundheit unserer Bevölkerung und für unser Ge-
                                Unterstützungsangebote von unserer Seite auf natio-                                sundheitswesen richtig setzen. Unsere Unterstützungs-
                                naler Ebene wurden mehrfach gemacht.                                               angebote stehen.

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1170
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1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
FMH Thema                                                                                                                                                                             1171

Nachholbedarf in Sachen
­Ärztegesundheit
Linda Hadorn a , Barbara Weil b , Carlos B. Quinto c
a
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin / stv. Leitung der Abteilung Public Health FMH
b
    Leiterin Abteilung Public Health FMH
c
    Dr. med., Mitglied des FMH-Zentralvorstandes, Departementsverantwortlicher Public Health, Gesundheitsberufe und Heilmittel

                                Mit dem Slogan «la santé des autres dépend de la nôtre» [1] hat das Unterstützungs­
                                netzwerk für Ärztinnen und Ärzte in Québec (PAMQ) 1990 einen zentralen Aspekt
                                der ärztlichen Tätigkeit konzise zusammengefasst. Die eigene Gesundheit der Ärz­
                                tinnen und Ärzte ist ein zentrales Gut und hat Auswirkungen auf die Qualität der
                                Patientenversorgung. Im ärztlichen Arbeitsalltag und seinen Rahmenbedingungen
                                gibt es bezüglich der Berücksichtigung dieser Tatsache noch Nachholbedarf.

                                Ärztinnen und Ärzte setzen sich jeden Tag für die Ge­                              matisierung, Suchterkrankungen und Arztsuizid als
                                sundheit ihrer Patientinnen und Patienten ein und ge­                              grösste Risikofaktoren für Ärztinnen und Ärzte aus [4].
                                hen dabei bis an ihre Grenzen und darüber hinaus. Der                              Der mangelhafte Umgang mit der eigenen Gesundheit
                                eigenen Gesundheit Rechnung zu tragen ist jedoch ge­                               hat einerseits Auswirkungen auf das eigene Wohlbefin­
                                nauso Pflicht und Recht für Ärztinnen und Ärzte. Das                               den; eigene Erkrankungen werden immer wieder
                                Genfer Gelöbnis wurde im Oktober 2017 aktualisiert                                 falsch eingeschätzt oder zu spät erkannt und behan­
                                und verpflichtet Ärztinnen und Ärzte, zur eigenen Ge­                              delt. Andererseits beeinflusst die eigene Gesundheit
                                sundheit Sorge zu tragen. In der offiziellen deutschen                             auch die Versorgung von Patientinnen und Patienten.
                                Übersetzung steht: «Ich werde auf meine eigene Ge­                                 Die effektive und qualitativ hochwertige Patientenver­
                                sundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten                                   sorgung ist abhängig von der Gesundheit und Zufrie­
                                achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leis­                               denheit der behandelnden Ärztinnen und Ärzte [5].
                                ten zu können» [2]. In der Schweiz ist der Gesundheits­                            Einer der Gründe für den schwierigen Umgang mit der
                                schutz zudem auch rechtlich verankert. So muss der                                 eigenen Gesundheit liegt wohl in den hohen Erwartun­
                                Arbeitgeber «alle Anordnungen erteilen und alle Mass­                              gen, die Ärztinnen und Ärzte an sich selbst stellen bzw.
                                nahmen treffen, die nötig sind, um den Schutz der phy­                             die an sie gestellt werden. Der Anspruch, im eigenen
                                sischen und psychischen Gesundheit zu wahren und                                   Fachgebiet alles zu wissen, keine Fehler zu machen
                                zu verbessern» [3].                                                                und gleichzeitig Patientinnen und Patienten stets mit
                                                                                                                   der grössten Aufmerksamkeit zu behandeln, geht ein­
                           Der Umgang mit der eigenen Gesundheit hat                                               her mit der Vorstellung, dies auch wirtschaftlich und
                           Auswirkungen auf das eigene Wohlbefinden und                                            effizient zu leisten. Gleichzeitig haben sie den An­
                           beeinflusst die Patientenversorgung.                                                    spruch, auch ausserhalb des ärztlichen Alltags aus­
                                                                                                                   geglichen und glücklich zu sein, eine Beziehung zu
                                Leider scheint es auch heute noch so, dass die Voraus­                             pflegen, Kinder grosszuziehen und eigene Hobbys
                                setzungen im anspruchsvollen medizinischen Berufs­                                 zu pflegen. Diese Ziele sind schlicht nicht in Einklang
                                alltag so gestaltet sind, dass es vielen Ärztinnen und                             zu bringen und erst recht nicht nur durch eine Person
                                Ärzten schwerfällt, auf die eigene Gesundheit zu ach­                              zu erfüllen.
                                ten. Selbsttherapie, Selbstdiagnostik und ausgeprägter                             Diese Ausgangslage führt in eine Spirale, die nichts
                                Präsentismus sind weit verbreitet und dem Fakt ge­                                 ­Gutes erahnen lässt. Denn die Überlastung und Ver­
                                schuldet, dass die Arbeitslast so hoch ist, dass ein Aus­                          nachlässigung der eigenen Gesundheit von Ärztinnen
                                fall bei der Arbeit nicht kompensiert werden kann. Die                             und Ärzten führen im Endeffekt dazu, dass die Qualität
                                Stiftung Arztgesundheit aus Deutschland weist Infek­                               der eigenen Arbeit leidet, obwohl durch das gelebte
                                tionen, körperliche und psychische Überlastung, Trau­                              Verhalten angestrebt wird, dass Patientinnen und

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1171–1172
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1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
FMH Thema                                                                                                                                                                             1172

                                Tabelle 1: Bestehende Angebote zur Ärztegesundheit der FMH.

                                Angebot                                Kurzbeschrieb
                                                                       Unterstützungsnetzwerk für Krisensituationen sowie die V
                                                                                                                              ­ ermittlung von präventivem Wissen
                                ReMed
                                                                       und Erfahrung mit 2
                                                                                         ­ 4-Stunden-Helpline: www.swiss-remed.ch
                                                                       Generationenübergreifendes Mentoring-Angebot für den ärztlichen Nachwuchs. Insbesondere
                                Coach my Career
                                                                       für die Planung der W
                                                                                           ­ eiterbildung und beruflichen Entwicklung.
                                                                       Veranstaltungen zur Sensibilisierung für einen adäquaten Umgang mit Belastungen des Ärzte­
                                Prevention for doctors
                                                                       alltags. Leitung der breit abgestützten Arbeitsgruppe zur Umsetzung von diversen Projekten.
                                                                       Analyse der Bedürfnisse der ärztlichen Nachwuchskräfte und Beobachtung des medizinisch-­
                                Berufsentwicklung
                                                                       demographischen Wandels. Entwicklung neuer Dienstleistungen für die Mitglieder der FMH.

                                Patienten eine optimale Behandlung erhalten. An­
                                ­                                                                                  Aus der Veranstaltungsreihe «Gesunde Ärzte: vom Stu­
                                spruch und Wirklichkeit gehen in diesem Fall ausein­                               dium bis zur Pensionierung» ist eine Arbeitsgruppe
                                ander. Ein adäquater Umgang und ein Bewusstsein für                                hervorgegangen. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe
                                Pflicht und Recht auf die eigene Gesundheit sowie die                              ­setzen sich zusammen aus Vertretern diverser Ärzte­
                                Auswirkungen auf die Behandlung müssen gefördert                                   organisationen und weiterer relevanter Stakeholder:
                                werden. Hier besteht eindeutig Handlungsbedarf auf                                 Swiss Medical Students Association swimsa, Verband
                                unterschiedlichen Ebenen.                                                          Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte/-innen VSAO,
                                                                                                                   Schweizerisches Institut für Weiter- und Fort­bildung
                           Als Berufsverband ist auch die FMH im Bereich                                           SIWF, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Haus-
                           der Ärztegesundheit aktiv.                                                              und Kinderärzte Schweiz mfe, Junge Hausärztinnen und
                                                                                                                   Hausärzte Schweiz JHaS, Verbindung Schweizer Ärztin­
                                Im neuen Lernzielkatalog PROFILES für das Studium                                  nen und Ärzte FMH. Gemeinsam werden relevante
                                der Humanmedizin, der seit dem 1. Januar 2018 gilt,                                Projekte zur Ärztegesundheit umgesetzt. «Für die Ge­
                                ist abgebildet, dass die Problematik erkannt ist [6]. In                           sundheit von Ärztinnen und Ärzten zu sorgen ist dabei
                                zwei Lernzielen wird die Gesundheit von Ärztinnen                                  kein fragwürdiger Luxus einer elitären Berufsgruppe
                                und Ärzten entsprechend gewichtet:                                                 oder eine Überpsychologisierung ärztlicher Berufspra­
                                – GO 7.2 «Be aware of their own limits, and seek super­                            xis, sondern unverzichtbare Voraussetzung für eine
                                    vision when appropriate.»                                                      hochwertige Patientenversorgung» [7]. Individuelle
                                – GO 7.9 «Allocate personal time and resources effec­                              und strukturelle Anpassungen werden zukünftig der
                                    tively in order to balance patient care, learning                              Schlüssel sein, um dem offensichtlichen Handlungsbe­
                                    needs, and private activities outside the workplace,                           darf zu begegnen und einen medizinischen Arbeits­
                                    and to sustain their own health; recognize exces­                              alltag zu ermöglichen, der die Gesundheit von Ärztin­
                                    sive stress; recognize their own substance misuse or                           nen und Ärzten nicht gefährdet. Denn um eine
                                    personal illness in order to protect patients.»                                Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können,
                                Mit der Anpassung der Lernziele wird bereits im Stu­                               braucht es eine entsprechende Gestaltung der Arbeit
                                dium ein Rahmen geschaffen, der Klinik, Public Health                              und die Achtung der eigenen Gesundheit.
                                und Ethik verbindet und somit die ärztliche Tätigkeit
                                in ein Umfeld verortet, das auch der Realität entspricht
                                und den integrativen Ansatz verfolgt. Damit ist auch                               Literatur
                                                                                                                   1	Programme d’aide aux médecins du Qébec, http://pamq.org/fr/
                                ein notwendiger Wertewandel eingeleitet.                                              (Zugriff am 21.8.2020).
                                Als Berufsverband ist auch die FMH im Bereich der                                  2	Weltärztebund, Deklaration von Genf, aktualisiert an der General­
                                                                                                                      versammlung des Weltärztebundes, Chicago, Oktober 2017.
                                Ärztegesundheit aktiv. In einer internen Arbeits­
FMH                                                                                                                3 ArGV 3 Art. 2: Grundsatz.
Abteilung Public Health         gruppe werden die bereits bestehenden Angebote im                                  4 Stiftung Arztgesundheit: Flyer «Geht’s Ihnen noch gut?».
Nussbaumstrasse 29              Bereich der Ärztegesundheit der FMH stärker koordi­                                5	Wallace JE, Lemaire JB, Ghali WA. Physician wellness: a missing
Postfach                                                                                                              quality indicator. Lancet. 2009;374:1714–21.
CH-3000 Bern 15
                                niert und der Auftritt gegen aussen geschärft (siehe                               6	PROFILES, https://www.profilesmed.ch/ (Zugriff am 21.8.2020).
public.health[at]fmh.ch         Tab. 1).                                                                           7 Aus KVSH, Nordlicht aktuell 2008.

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1171–1172
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.            See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
FMH Ak tuell                                                                                                                                                                          1174

Prämienbelastung der Schweizer Haushalte – die aktuellsten Zahlen

Wie entwickelt sich die Prämien-
belastung der Haushalte?
Nora Wille a , Jürg Schlup b
a
    Dr. phil., persönliche wissenschaftliche Mitarbeiterin des Präsidenten; b Dr. med., Präsident der FMH

                                Die Entwicklung der Krankenkassenprämien wird häufig als unmittelbare Be­
                                drohung für die Haushalte und die Bezahlbarkeit unseres Gesundheitswesens
                                ­dargestellt – nicht selten, um für eigene politische Vorhaben zu werben. Tatsäch­
                                 lich haben sich die Prämien seit 1996 mehr als verdoppelt. Fakt ist aber auch, dass
                                 der Einkommenszuwachs den Prämienzuwachs deutlich übersteigt und der Prä­
                                 mienanstieg seit über 10 Jahren abflacht.

                                Die Entwicklung der Prämien seit Einführung der obli­                              fahren» [3]. Die Massnahmen des Bundesrats sollten in
                                gatorischen Krankenpflegeversicherung wird häufig                                  dieser Situation «Luft schaffen» [3].
                                mit bedrohlichen Metaphern beschrieben – nicht sel­                                Dass uns die Luft ausgeht, deutet auch die SAMW an,
                                ten, um die Notwendigkeit verschiedener politischer                                wenn sie die Prämienentwicklung mit der Bedrohung
                                Vorhaben zu unterstreichen. «In den letzten 20 Jahren                              unserer Ökosysteme vergleicht: Es sei «wie beim Kli­
                                sind die Prämien im Vergleich zu den Löhnen und Renten                             maschutz: Alle wissen darum, niemand tut etwas ...»
                                geradezu explodiert», begründet die SP ihre Prämien­                               Es spiele darum auch «keine grosse Rolle, was zuerst
                                initiative [1]. Auch die CVP diagnostiziert eine «Prä­                             verändert wird. Hauptsache, wir tun etwas» [4]. Zur Ver­
                                mien­explosion»: «Seit Jahren steigen die Krankenkassen­                           anschaulichung reiche «der Vergleich der eigenen
                                prämien jährlich um rund 5% und reissen ein immer                                  Krankenversicherungsprämie heute mit jener vor zehn
                                grösseres Loch in unser Budget» [2]. Ihre Initiative soll                          Jahren. Der Kostenanstieg kann nicht so weitergehen»
                                darum «das Gesundheitswesen retten» [2]. Ähnlich be­                               [5]. Es stellt sich also die Frage: Steigt die Belastung
                                unruhigend klingt es aus dem BAG: «Wenn wir jetzt                                  durch Prämien tatsächlich so stark an, dass nur noch
                                nichts Entscheidendes unternehmen, besteht die Ge­                                 schnelle und einschneidende Massnahmen unser
                                fahr, dass wir unser Gesundheitssystem an die Wand                                 ­Gesundheitswesen «vor dem Grounding» [6] retten
                                                                                                                   können?

Baumol: Steigende Gesundheitskosten sind tragbar –                                                                 Der Anstieg der mittleren Prämien
­wenn die Lastenverteilung stimmt                                                                                  flacht seit über 10 Jahren ab
Dass die Ausgaben für die Gesundheit wachsen und gleichzeitig der Sparbetrag steigt, lässt
                                                                                                                   Als im Jahr 1996 das Krankenversicherungsgesetz
an den Baumol-Effekt denken [10]: Dieser ökonomische Effekt beschreibt den Umstand, dass
personenbezogene Dienstleistungen wie ein Arzt-Patienten-Gespräch oder die Ernährung                               (KVG) eingeführt wurde, bezahlten die Versicherten an
­eines Pflegebedürftigen kaum Produktivitätsfortschritt aufweisen, während die Arbeitspro-                         die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP)
 duktivität insbesondere im produzierenden Gewerbe deutlich wächst. Da die Löhne aber in                           eine mittlere jährliche Prämie von 1539 Franken [7]. In
 allen Sektoren ähnlich steigen, müssen Dienstleistungen im Verhältnis zu Industriegütern
                                                                                                                   den folgenden 23 Jahren bis 2019 stieg diese mittlere
 langfristig teurer werden. Die dienstleistungsintensive Gesundheitsversorgung bleibt für die
 Konsumenten jedoch grundsätzlich erschwinglich, «da ihr Einkommen steigt und die Preise,                          Prämie jahresdurchschnittlich um 4% an, wobei der
 die sie für Industriegüter bezahlen müssen, relativ sinken» [10].                                                 Prämienzuwachs über die Zeit abflachte: Im ersten
 Was «im Durchschnitt» zutrifft, geht jedoch an der Lebensrealität einkommensschwacher                             Jahrzehnt nach Einführung des KVG stiegen die Prä­
 Haushalte vorbei, wenn Einkommenszuwächse ungleich verteilt sind. Aus der baumolschen                             mien noch durchschnittlich um 5,3%, in den folgenden
 Theorie folgt darum, dass die Lastenverteilung angegangen werden muss. Kostendeckel
                                                                                                                   zehn Jahren dann «nur» noch um 2,9% pro Jahr. Auch
 oder ähnliche Weichenstellungen, die eine solida­rische Gesundheitsversorgung beschnei-
 den, wären hingegen nicht zielführend und besonders für die unteren Einkommensgruppen                             die letzten in der Statistik verfügbaren Jahrgänge 2017
 von Nachteil [10].                                                                                                bis 2019 weisen mit durchschnittlich 3,1% einen deut­

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1174–1180
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.            See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
1171 FMH Nachholbedarf in Sachen Ärztegesundheit
FMH Ak tuell                                                                                                                                                                          1176

                                lich moderateren Prämienanstieg auf als die Anfangs­                               der absoluten Zahlen anders aus: Ein Prämienanstieg
                                jahre. Dennoch hatte sich 2019 die mittlere O
                                                                            ­ KP-­                                 von 2196 Franken steht einem Einkommenszuwachs
                                Jahresprämie mit 3772 Franken verglichen mit dem                                   von 20 765 im selben Zeitraum gegenüber [9].
                                Jahr 1996 mehr als verdoppelt.
                                Neben der Höhe der OKP-Prämien wuchs auch ihre
                                                                                                                   1998 gaben die Haushalte 4,3%
                                ­Bedeutung in der Finanzierung des Gesundheitswesens.
                                                                                                                   ihres Budgets für Prämien aus –
                                Während die OKP im Jahr 1996 noch 30% der Gesund­
                                                                                                                   2017 waren es 6,5%
                                heitskosten [8] finanzierte, waren es in den letzten Jah­
                                ren 37% des Gesundheitswesens. Eine geringere Rolle                                Durch die Zuwächse der OKP-Prämien einerseits und
                                in der Finanzierung des Gesundheitswesens spielen                                  der Einkommen andererseits stieg der Anteil des
                                heute hingegen die Selbstzahlungen, deren Finanzie­                                Bruttoeinkommens, den Schweizer Haushalte für die
                                rungsanteil sich im gleichen Zeitraum von 31 auf 26%                               ­Prämien ausgaben, von 4,3% im Jahr 1998 auf 6,5%
                                reduziert hat. Auch der Anteil der Privatversiche­                                 im Jahr 2017 (Abb. 1). Die Prämienentwicklung wirkte
                                rungen sank von 11 auf 7%.                                                         sich in den verschiedenen Einkommensgruppen
                                                                                                                   aller­dings sehr unterschiedlich aus: Während sich die
                                                                                                                   Belastung durch Prämienzahlungen im einkom­
                                Der Einkommenszuwachs übersteigt
                                                                                                                   mensschwächsten Fünftel der Haushalte von 9,3 auf
                                die Prämienerhöhung deutlich
                                                                                                                   14,1% steigerte, wuchs sie beim finanzkräftigsten
                                Um einschätzen zu können, inwieweit der Prämien­                                   Fünftel von 2,4 auf 3,9% an. Die gestiegene Belastung
                                anstieg die Versicherten belastet, muss zwangsläufig                               der einkommensschwächsten Haushalte durch die
                                auch die Entwicklung der Einkommen betrachtet wer­                                 Prä­
                                                                                                                      m ienzahlungen relativiert sich jedoch etwas,
                                den. Das Bundesamt für Statistik weist für das Jahr                                wenn man das Gesamt der obligatorischen Abgaben
                                1996 ein «Gesamtes Einkommen pro Kopf» von 58 279                                  betrachtet (Abb. 2). Die Gesamtheit der Abgaben
                                Franken aus, im Jahr 2018 lag es bei 79 044 Franken.                               wuchs für das einkommensschwächste Fünftel der
                                Während die mittlere OKP-Prämie zwischen 1996 und                                  Haushalte von 25,4 auf 29,2%, für das wohlhabendste
                                2018 von 1539 auf 3735 Franken um 143% anstieg, wuchs                              Fünftel von 28,4 auf 31,0%. Dass die OKP-Prämien für
                                das Einkommen also um 36% von 58 279 auf 79 044                                    Haushalte mit kleinen Einkommen heute stärker ins
                                Franken. Was in Prozent ausgedrückt dramatisch                                     Gewicht fallen, wird durch geringere prozentuale
                                klingt und suggeriert, die Prämienzuwächse würden                                  Ausgaben für die Sozialversicherung teilweise kom­
                                die Lohnzuwächse übertreffen, sieht bei Betrachtung                                pensiert.

                                Abbildung 1: Entwicklung der OKP-Prämien und obligatorischen Abgaben* in Franken und im Verhältnis zum Bruttohaushalts-
                                einkommen (farbig hinterlegte Angaben in Prozent).            (Quelle: Haushaltsbudgeterhebung, Bundesamt für Statistik)
                                * Steuern, Sozialversicherungen, OKP-Prämien und Transferzahlungen an andere Haushalte.

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1174–1180
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.            See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
FMH Ak tuell                                                                                                                                                                          1178

                                Abbildung 2: Entwicklung der obligatorischen Ausgaben nach Einkommensquintilen, in % des Bruttohaushaltseinkommens.
                                                                                               (Quelle: Haushaltsbudgeterhebung, Bundesamt für Statistik)

                                Wir bezahlen mehr für die Gesundheit –                                             grösseren Schmerzen bereiten dürfte: Legte der «Durch­
                                und haben trotzdem mehr Geld übrig                                                 schnittshaushalt» 2007 noch mit monatlich 875 Franken
                                                                                                                   9,6% seines Bruttoeinkommens zurück, waren es im
                                Was passiert also, wenn ein «Durchschnittshaushalt»                                Jahr 2017 bereits 1428 Franken – und damit 14,4% des
                                der eingangs zitierten Aufforderung der SAMW nach­                                 Bruttoeinkommens. Im gleichen Zeitraum, in dem die
                                kommt, die eigenen Ausgaben für die Grundversiche­                                 Prämienausgaben des Durchschnittshaushalts um 156
                                rung mit denen von vor zehn Jahren zu vergleichen? Er                              Franken und damit 32% wuchsen, stieg der Sparbetrag
                                wird feststellen, dass die Prämienzahlungen im Jahr 2017                           folglich um 553 Franken und damit 63%.
                                etwa 1% mehr des Haushaltsbudgets beanspruchten, als
                                dies 2007 der Fall war. Die Entwicklung des Sparbetrags
                                                                                                                   Es braucht eine differenzierte Prämien-
                                lässt dabei vermuten, dass dies vielen Haushalten keine
                                                                                                                   diskussion für zielführende Massnahmen

                                                                                                                   Die hier präsentierten Zahlen können einige in der
Warum die lange kommunizierte S
                              ­ tandardprämie                                                                      Prämiendiskussion vorgebrachte Argumente korri­
den Prämienzuwachs überschätzt                                                                                     gieren: So ist die Behauptung der CVP eines langfristi­
Die mittlere Prämie entspricht dem Durchschnitt der in der Schweiz effektiv bezahlten Prä-                         gen jährlichen Prämienzuwachses von fünf Prozent
mien. Die bis 2017 in der Kommunikation des Bundes genannte Standardprämie betrifft hin-
                                                                                                                   schlicht falsch. Vor allem zeigen die Zahlen jedoch den
gegen ausschliesslich Erwachsene im Standardmodell mit ordentlicher Franchise und Unfall-
                                                                                                                   Kontext einiger Aussagen auf: Es ist wahr, dass sich die
deckung. Versicherte mit ordentlicher Franchise waren jedoch bereits seit 2001 mit 45% die
Minderheit [11]. Als das BAG im Jahr 2017 letztmalig die Standardprämie kommunizierte,                             mittlere Prämie seit Einführung des Krankenversiche­
hatte zudem die Beliebtheit alternativer Versicherungsmodelle stark zugenommen, so dass                            rungsgesetzes mehr als verdoppelt hat. Es ist ebenfalls
nur noch 17,5% im Standardmodell versichert waren [12].                                                            wahr, dass die Prämiensteigerung höher war als
Die kommunizierte Prämienerhöhung übertraf die reale Prämienerhöhung aber nicht nur,
                                                                                                                   der Einkommenszuwachs – allerdings ausschliesslich
weil die Standardprämie stärker stieg als die Prämien der übrigen Versicherungsmodelle. Da
die Versicherten erst nach der Prämienkommunikation ihre Versicherung für das folgende                             dann, wenn man diese Entwicklung in Prozent aus­
Jahr festlegen, können sie durch ihr Marktverhalten das angekündigte Prämienwachstum                               drückt. An den absoluten Zahlen lässt sich hingegen
deutlich abfangen [13]. Nach Berechnungen der Helsana machte 1996 «die durchschnittliche                           klar ein Wohlstandsgewinn ablesen, und auch bei
zu bezahlende pro-Kopf-Prämie rund 74 Prozent des zunächst kommunizierten Prämientari-                             ­einem Blick auf die Haushaltsbudgets stellt sich die
fes aus. 2016 waren es noch 67 Prozent» [13].
                                                                                                                   ­Situation sehr viel positiver dar.
Die Helsana empfahl darum im April 2018, «die Prämienkommunikation differenzierter anzu-
gehen»: Nur die Standardprämie ­heranzuziehen habe «einen Hauch von Fehlinformation»                               Die Ausgaben für die Grundversicherung sind inner­
[14]. Seit Herbst 2018 zieht das BAG in seiner Kommunikation nun die mittlere Prämie heran.                        halb von knapp 20 Jahren von 4,3 auf 6,5% des Haus­

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1174–1180
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                                haltseinkommens gestiegen – eine solche Entwicklung                                Literatur
                                                                                                                    1 Mediencommuniqué vom 23.1.2020; SP reicht Prämien-Entlas­
                                dürften die wenigsten Menschen spontan mit einer                                      tungs-Initiative ein.
                                «Prämienexplosion» assoziieren. Auch dass das Prä­                                  2 Website der CVP; URL: https://www.cvp.ch/de/kampagnen/initia­
                                                                                                                      tive-fuer-tiefere-praemien-kostenbremse-im-gesundheitswesen
                                mienwachstum im letzten Jahrzehnt klar abgeflacht                                   3 Interview. BAG-Direktor: «Die Gefahr besteht, dass wir das
                                und der Sparbetrag der Haushalte deutlich gestiegen                                   ­Gesundheitssystem an die Wand fahren.» watson, 18.4.2018.
                                                                                                                    4 Scheidegger D. Wie beim Klimaschutz: Alle wissen darum,
                                ist, lässt sich schwer mit der Behauptung eines steilen                                ­niemand tut etwas ... SAMW-Bulletin 01/2019; S. 2.
                                Prämienanstiegs vereinbaren, der zur Unbezahlbar­                                   5 SAMW-Jahresbericht 2018.
                                                                                                                    6 «Das Gesundheitswesen ist wie die Swissair vor dem Grounding.»
                                keit der Grundversicherung führe.
                                                                                                                        NZZ, 27.11.2017.
                                Zweifelsohne verdienen nicht nur explosionsartig,                                   7 Bundesamt für Gesundheit, T 1.01 Obligatorische Krankenpflege­
                                                                                                                        versicherung ab 1996: wichtigste Indikatoren.
                                sondern bereits stetig ansteigende OKP-Prämien un­
                                                                                                                    8 Bundesamt für Statistik, Kosten und Finanzierung des Gesund­
                                sere Aufmerksamkeit. Insbesondere für die Prämien­                                      heitswesens, Kosten des Gesundheitswesens nach Finanzierungs­
                                last einkommensschwacher Haushalte braucht es                                           regimes, T 14.05.02.01, Datenstand vom 31.3.2020.
                                                                                                                    9 Bundesamt für Statistik, Gesamtes Einkommen, Haupt- und Sub­
                                ­Lösungen. Wirksame Antworten wie zielgenaue Prä­                                       komponenten, 1995-2018, T 20.02-VGR-02.
                                mienverbilligungen, die einheitliche Finanzierung                                  10 Hartwig J, Krämer H. Baumolsche Kostenkrankheit im schweizeri­
                                                                                                                        schen Gesundheitswesen. Schweiz Ärzteztg. 2018;99(26–27):874–7.
                                ambulanter und stationärer Leistungen sowie nach­                                  11 Bundesamt für Sozialversicherung; Statistik der Krankenversiche­
                                haltige Lösungen für eine gute Altersvorsorge haben                                     rung 2001.
                                                                                                                   12 Bundesamt für Gesundheit, Statistik der obligatorischen Kranken­
                                wir bereits an anderer Stelle ausgeführt [15]. Gegenüber                                versicherung 2017, Statistiken zur Krankenversicherung, Publika­
                                politischen Forderungen, denen mit Drohkulissen und                                     tion: 7/2019.
                                                                                                                   13 Bundesamt für Sozialversicherung, Statistik über die Kranken­
                                Übertreibungen Nachdruck verliehen wird, ist hin­
                                                                                                                        versicherung 1997.
Dr. phil. Nora Wille            gegen Skepsis angebracht: Wer undifferenziert Dia­                                 14 Gyger P, Helsana Prämienreport, 20 Jahre Prämien-Zahlen,
Nussbaumstrasse 29                                                                                                      April 2018.
                                gnosen stellt, hat vermutlich auch keine passgenaue
Postfach 300                                                                                                       15 Wille N, Schlup J. Schweizer Krankenkassenprämien: Wer zahlt
CH-3000 Bern 15                 Therapie.                                                                               wie viel? Schweiz Ärzteztg. 2020;101(36):1057-1060.

                                                                                                                                             www.cochranelibrary.com

                       Cochrane Library — Evidenz frei Haus
                        Zuverlässige Evidenz.                                  Informierte Entscheidungen.                           Bessere Gesundheit.

                        Im Netzwerk von Cochrane                               In über 8000 Cochrane                                 Cochrane Reviews befassen sich
                        arbeiten Forscher, Ärzte und                           Reviews ist das Wissen aus                            mit medizinischen Fragestellun­
                        Patienten zusammen, um in                              unzähligen Studien zu Therapie,                       gen, die für Patienten relevant
                        systematischen Reviews den                             Prävention und Diagnose                               sind – damit Evidenzbasierung
                        aktuellen Stand der Forschung                          verfügbar. Das ermöglicht                             auch bessere Gesundheit
                        zu bewerten und zusammen­                              fundierte Entscheidungen in                           bedeutet.
                        zufassen – frei von kommer­                            Gesundheitsfragen.
                        ziellen Einflüssen.

                        SAMW und FMH fördern den freien Zugang zur Cochrane Library
                        und setzen sich so für die Wissenskultur im Gesundheitswesen ein.

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1174–1180
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.            See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
FMH Är z tekammer                                                                                                                                                                     1182

Mittwoch und Donnerstag, 28./29. Oktober 2020, BERNEXPO Bern

Ärztekammersitzung
                                Bereits feststehende Traktanden

                                – Begrüssung, Mitteilungen

                                – Gesamterneuerungswahlen Legislatur 2020–2024

                                – Budgetstabilisierungsmassnahmen

                                – Jahresberichte 2019

                                – Jahresrechnung 2019

                                – Dechargen-Erteilung

                                – Wahl der Revisionsstelle (BDO AG) für die Periode 2021/22

                                – Grundsätze neue Finanzierung der ärzteeigenen Datensammlung

                                – Änderungen in den Statuten

                                –	Wahrung der ärztlichen Berufspflichten in Unternehmen für medizinische
                                   Dienstleistungen

                                – Interprofessionalität: zukünftige Entwicklungen

                                – Unterstützungsbeitrag an Dritte

                                – Änderungen in der Geschäftsordnung

                                – Änderungen in der Standesordnung

                                – Budget 2021

                                – Verabschiedungen

                                – Ambulante Tarifrevision TARDOC

                                – Informationen zu MAS

                                –	Informationen aus Zentralvorstand, Generalsekretariat, SIWF und Abteilungen

                                – Varia

                                Neue Traktanden sind bis am 22. September 2020 an das Zentrale Sekretariat
                                (direction[at]fmh.ch) einzureichen.
                                Disclaimer
                                Aufgrund des nur grob schätzbaren Zeitaufwands im Zusammenhang mit den Wahlen verzichten wir darauf, die Traktanden einem Tag zuzuordnen.
                                Die Traktandenliste wird an den beiden Sitzungstagen folglich in der vorgesehenen Reihenfolge abgearbeitet werden, ohne dass zum heutigen Zeitpunkt
                                klar ist, welches Traktandum am 28.10.2020 das letzte bzw. am 29.10.2020 das erste auf der jeweiligen Tagesordnung sein wird.

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1182
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.            See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
FMH Personalien                                                                                                                                                                        1184

Personalien
                                                                                                                                     Diese Kandidaturen werden in Anwendung
Todesfälle / Décès / Decessi                                     Priska Minder, 5600 Lenzburg, Fachärztin                            von Art. 5 der Statuten des Aargauischen
Marianne Moser (1938), † 30.12.2019,                             für Allgemeine Innere Medizin, FMH,                                 Ärzteverbandes veröffentlicht. Einsprachen
1006 Lausanne                                                    Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft                               müssen innert 14 Tagen seit der Bekannt­
                                                                 in Lenzburg per 1. Juli 2020                                        machung schriftlich und begründet der
                                                                                                                                     Geschäftsleitung des Aargauischen Ärztever­
Aargauischer Ärzteverband                                                                                                            bandes eingereicht werden. Nach Ablauf der
                                                                 Torben Müller, 8335 Feusisberg, Facharzt
Zur Aufnahme in den Aargauischen Ärzte­                                                                                              Einsprachefrist entscheidet die Geschäftslei­
                                                                 für Anästhesiologie, Freelancer Anästhesie
verband haben sich angemeldet:                                                                                                       tung über Gesuch und allfällige Einsprachen.
                                                                 in Aarau seit 1. Juni 2020

Als ordentlich praktizierende Mitglieder:
                                                                 Franziska Perini, 5400 Baden, Fachärztin                            Ärztegesellschaft des Kantons Bern
                                                                 für Allgemeine Innere Medizin, FMH,                                 Ärztlicher Bezirksverein Bern Regio
Matthias Aurin, 4800 Zofingen, Facharzt für
                                                                 Heimärztin in Niederwil per 1. Januar 2021                          Zur Aufnahme als ordentliches Mitglied
Psychiatrie und Psychotherapie, FMH,
                                                                                                                                     haben sich angemeldet:
Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in
Strengelbach per 1. November 2020                                Julian Sromicki, 8400 Winterthur, Facharzt
                                                                 für Ophthalmologie, Praxiseröffnung in Pra­                         Arne-Carsten Göbel, Praktischer Arzt, FMH,
                                                                 xisgemeinschaft in Baden per 1. Februar 2021                        Medbase Bern Zentrum, Schwanengasse 10,
Ulas Gögüs, 5033 Buchs, Facharzt für
                                                                                                                                     3011 Bern
Orthopädische Chirurgie und Traumatologie
des Bewegungsapparates, FMH,                                     Mohy Eldin Taha, 5034 Suhr, Facharzt für
Praxiseröffnung in Brugg per 1. Oktober 2020                     ­Orthopädische Chirurgie und Traumatologie                          Johannes Andreas Maubach, Facharzt für
                                                                  des Bewegungsapparates, Praxiseröffnung in                         ­A llgemeine Innere Medizin und Facharzt für
                                                                  Praxisgemeinschaft in Aarau per 1. Novem­                           Gastroenterologie, Inselspital – Bauchzentrum
Michel Hug, 5400 Baden, Facharzt für
                                                                  ber 2020                                                            Bern, Universitätsklinik für Viszerale
Allgemeine Innere Medizin, FMH,
                                                                                                                                      ­Chirurgie und Medizin, Freiburgstrasse 18,
Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft in
                                                                                                                                       3010 Bern
Wettingen per 1. Januar 2021                                     Jan Weidner, 6047 Kastanienbaum, Facharzt
                                                                 für Orthopädische Chirurgie und Traumato­
                                                                                                                                     Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen
                                                                 logie des Bewegungsapparates, FMH,
Andreas Indermühle, 7017 Flims, Facharzt                                                                                             innerhalb 14 Tagen seit der Veröffentlichung
                                                                 ­Praxiseröffnung in Praxisgemeinschaft
für Kardiologie, FMH, Praxiseröffnung                                                                                                schriftlich und begründet bei den Co-Präsi­
                                                                  in Aarau per 1. September 2020
in Praxisgemeinschaft in Othmarsingen AG                                                                                             denten des Ärztlichen Bezirksvereins Bern
seit 10. August 2020                                                                                                                 Regio eingereicht werden. Nach Ablauf der
                                                                 Als Assistenz- und Oberarztmitglieder:
                                                                                                                                     Frist entscheidet der Vorstand über die
                                                                                                                                     Aufnahme der Gesuche und über allfällige
Matthias Kretschmer, D-79650 Schopfheim,
                                                                 Veronika Bodnár, 5405 Dättwil, Fachärztin                           Einsprachen.
Praktischer Arzt, angestellt in Praxisgemein­
                                                                 für Gynäkologie und Geburtshilfe, Assistenz­
schaft in Würenlingen seit 24. Juli 2020
                                                                 ärztin in Praxisgemeinschaft in Baden seit
                                                                 15. April 2019                                                      Ärztegesellschaft des Kantons Luzern
Filip Kostal, 6206 Neuenkirch, Facharzt für                                                                                          Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft
Allgemeine Innere Medizin und Facharzt für                                                                                           Sektion Gäu haben sich gemeldet:
                                                                 Marilena Wagner, 5332 Rekingen,
Angiologie, FMH, Praxiseröffnung in Praxis­
                                                                 ­Assistenzärztin in Praxisgemeinschaft
gemeinschaft in Aarau seit 1. September 2020
                                                                  in Baden AG seit 1. August 2020                                    Serpil Karagöz, Praktische Ärztin, ­
                                                                                                                                     Praxis Gruppe Wolhusen,
Juliane Lindenberg, 8050 Zürich, Fachärztin                      Als Chef- und Leitender Arzt:                                       Menznauerstrasse 11, 6110 Wolhusen
für Allgemeine Innere Medizin und Fachärztin
für Angiologie, FMH, Praxiseröffnung in
                                                                 Stephan Engelberger, 5426 Lengnau,                                  Beate Tanner, Fachärztin für Innere Medizin
Praxisgemeinschaft in Baden seit 1. Septem­
                                                                 Facharzt für Chirurgie und Facharzt für                             und Fachärztin für Infektiologie, FMH,
ber 2020
                                                                 ­Gefässchirurgie, FMH, Leitender Arzt im                            ­Luzerner Kantonsspital, Spitalstrasse 16a,
                                                                  ­Kantonsspital Baden AG seit 1. Juni 2019                           6210 Sursee

                                                                                                                                     Einsprachen sind innert 20 Tagen nach der
                                                                                                                                     Publikation schriftlich und begründet zu
                                                                                                                                     richten an: Ärztegesellschaft des Kantons
                                                                                                                                     Luzern, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1184–1185
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.             See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
FMH Personalien                                                                                                                                                                        1185

Unterwaldner Ärztegesellschaft                                   Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zug                                  Daniel Vasella, Facharzt für Allgemeine
Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft hat sich                     Zur Aufnahme in die Ärzte-Gesellschaft des                          ­Innere Medizin, FMH, Aabachweg 3,
gemeldet:                                                        Kantons Zug als ordentliches Mitglied haben                          6343 Risch
                                                                 sich angemeldet:
                                                                                                                                     Einsprachen gegen diese Kandidaturen
Claudia Göhring, Fachärztin für Allgemeine
                                                                                                                                     müssen innerhalb 14 Tagen seit dieser
Innere Medizin, FMH, ab 1. September 2020:                       Erlend Hendrik Bogaard Hansen,
                                                                                                                                     Veröffentlichung schriftlich und begründet
Praxis am Dorfplatz, 6374 Buochs                                 Facharzt für Allgemeine Innere Medizin,
                                                                                                                                     beim Sekretariat der Ärzte-Gesellschaft des
                                                                 FMH, G­ esundheitspunkt Oberägeri,
                                                                                                                                     Kantons Zug eingereicht werden. Nach Ablauf
Einsprachen gegen diese Aufnahme sind mit                        Hauptstrasse 42, 6315 Oberägeri
                                                                                                                                     der Einsprachefrist entscheidet der Vorstand
Begründung innert 20 Tagen an die Präsidentin
                                                                                                                                     über Gesuch und allfällige Einsprachen.
der Unterwaldner Ärztegesellschaft, Dagmar
Becker, Mondmattli 3, 6375 Beckenried, zu
richten.

                                                                      VHL – eine von vielen seltenen
                                                                      Erbkrankheiten

                                                                      Das mögliche Risiko, vielleicht eines Tages an einer schweren Erbkrankheit leiden zu
                                                                      müssen, oder bereits vorhandene Symptome sind eine grosse Herausforderung für die
                                                                      Betroffenen, ihre Angehörigen, aber auch die Betreuerinnen und Betreuer. Dabei geht
                                                                      es nicht nur um medizinische und genetische Probleme, über deren Bewältigung in
                                                                      Fachkreisen (soweit es der heutige Wissensstand überhaupt zulässt) ein guter Konsens
                                                                      besteht, sondern vor allem um psychische und soziale Sorgen und um ethische sowie
                                                                      rechtliche Fragen.
                                                                      Dieser Ratgeber enthält leicht zugängliche, von Fachleuten verfasste Informationen über
                                                                      medizinisch-genetische, ethische, psychische, soziale und rechtliche Aspekte zum Leben
                                                                      mit einer Erbkrankheit sowie konkrete Angaben zur Familienplanung und über den
                                                                      Umgang mit Sozialversicherungen. Persönliche Erfahrungsberichte von Betroffenen
                                                                      geben einen Einblick in das Leben mit einer Erbkrankheit.
                                                                      Dieses Buch richtet sich an Betroffene, deren Partnerinnen und Partner, aber auch an
                                                                      alle in der Betreuung involvierten Fachleute, vom Arzt über den Sozialarbeiter bis zum
       Hansjakob Müller und VHL-Schweiz (Hrsg.)
                                                                      Versicherungsexperten.
       Mit einer Erbkrankheit leben!
       Ein Ratgeber – auch für Jugendliche.
       Herausgegeben zum 10-jährigen Bestehen
                                                                      Der Autor
       des Selbsthilfevereins VHL-Schweiz                             Hansjakob Müller ist Professor emeritus für Medizinische Genetik an der Universität
       EMH Schweizerischer Ärzteverlag                                Basel. Er war Leiter der Abt. Medizinische Genetik des Universitäts-Kinderspitals beider
       2014. Ca. 144 Seiten, einige Abbildungen.                      Basel (UKBB) und des Dept. Biomedizin USB.
       Broschiert.                                                    Der VHL-Schweiz ist der Verein für von der Von-Hippel-Lindau-(VHL-)Erkrankung betrof-
       Ca. sFr. 24.– / € (D) 19.– / € (A) 19.50                       fene Familien in der Schweiz.
       ISBN 978-3-03754-078-7
                                                                                                                              Ihre Bestellmöglichkeiten:
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       Weitere Informationen finden Sie unter                                                                                 auslieferung@emh.ch, www.emh.ch
       www.emh.ch in der Rubrik «Bücher».                                                                                     EMH Schweizerischer Ärzteverlag AG
                                                                                                                              Farnsburgerstrasse 8, CH-4132 Muttenz

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1184–1185
Published under the copyright license “Attribution – Non-Commercial – NoDerivatives 4.0”. No commercial reuse without permission.             See: http://emh.ch/en/services/permissions.html
BRIEFE                                                                                                                                                                                            1187

Briefe an die SÄZ
                                                                 ­ llein die Ärztinnen und Ärzte der Argomed
                                                                 A
Verflechtung offenlegen                                          Ärzte AG erzielten 2019 erneut ca. 200 Millio-                      Nicht das Virus ist entscheidend,
Brief zu: Pascolo S. Replik auf:                                 nen Franken an Einsparungen gegenüber kon-                          sondern das Milieu, individuell und
Genetische Impfstoffe gegen COVID-19: Hoffnung oder Risiko?
                                                                 ventionell versicherten Patienten, dank einer                       gesellschaftlich
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(35):1026.
                                                                 sinnvollen Koordination über den Behand-                            Brief zu: Balli-Frantz F, et al. Berichtet die Ärztezeitung
                                                                                                                                     ausgewogen? (mit Replik). Schweiz Ärzteztg. 2020;101(35):1026-7.
                                                                 lungspfad. Aus diesem Grund sind wir legiti-
Es ist Kollege Pascolo zugestanden, die beiden
                                                                 miert, zu den geplanten Massnahmen des                              Bisher hatten die Patienten ARI selbst thera-
berichtigenden Kommentare zu redigieren,
                                                                 Bundesrats Stellung zu nehmen.                                      piert, den Hausarzt konsultiert falls nötig
was aber an der grundsätzlichen Kritik von Kol-
                                                                 Diese Erfahrungen zeigen, dass eine verbindli-                      und überwiesen wir sie ins Spital falls indi-
lege Array an den beschleunigten Prozeduren
                                                                 che und freiwillige Vereinbarung zwischen                           ziert. Mangels therapeutischer Konsequenzen
für die COVID-19-Impfstoffe nichts ändert. Nach
                                                                 Krankenversicherer und Leistungserbringer                           hatte­n wir Erregerdiagnostik nur betrieben,
der Erfolglosigkeit, einen Impfstoff für SARS,
                                                                 im Rahmen der alternativen Versicherungsmo-                         wenn schwer Erkrankte spezifisch therapiert
Mers und HIV zu kreieren, sowie dem Debakel
                                                                 delle ein Erfolg ist. Voraussetzung ist jedoch,                     werden mussten.
um den H1N1-Impfstoff sind besondere Vor-
                                                                 dass die Partner in vertrauensvoller Art ver-                       Im Februar wurde dies auf den Kopf gestellt
sicht und eingehende Evaluation angezeigt.
                                                                 nünftige und umsetzbare Ziele vereinbaren.                          durch den PCR-Test von Prof. Drosten. Die Spi-
Es ist klar, dass hier sowohl ein gesundheitspo-
                                                                 Diese beinhalten nebst vereinbarten Kosten-                         täler wurden erst überrannt von mehrheitlich
litisches als auch ein enormes ökonomisches
                                                                 einsparungen auch Qualitätsvereinbarungen,                          leicht erkrankten Patienten, und bald waren
Interesse besteht, und es wäre Kollege Pascolo
                                                                 welche finanziell unterstützt werden. Ein Wer-                      unsere Praxen und die Spitäler befohlener-
gut angestanden, seine diesbezügliche Ver-
                                                                 mutstropfen, aber passend zur bisherigen poli-                      weise halbleer. Das Gesundheitssystem drohte
flechtung ehrlicherweise offenzulegen, um
                                                                 tischen Entwicklung, bleibt das konsequente                         zu kollabieren, nicht wegen des neu entdeck-
seine Kritik einerseits, seinen Enthusiasmus
                                                                 Negieren des grossen Erfolgs dieser hausärzt-                       ten Coronavirus, sondern wegen unserer para-
andererseits im richtigen Gesamtkomplex er-
                                                                 lich koordinierten Medizin (Man­     aged Care)                     doxen Reaktion, aufgeschreckt durch absurde
scheinen zu lassen.
                                                                 durch die Politik. Die hausärztlich koordinierte                    Prognosen von Biologen, die von absurden
                                                                 Medizin ist nachweislich die einzige Mass-                          Annahmen (80% Erkrankte, exponentielle
                     Dr. André Thurneysen, Avenches
                                                                 nahme, welche die Kosten im Gesundheitswe-                          Ausbreitung wegen fehlender Kreuz-Immuni-
                                                                 sen zu senken vermochte – und dies bei gleich-                      tät, 2% IFR und 5% IPS-Bedürftige) von bis zu
                                                                 zeitiger Steigerung der Behandlungsqualität.                        100 000 Toten ausgingen: «Flatten the curve!»
Replik auf «Verflechtung offenlegen»                             Heute sind über 60% der Bevölkerung in                              Der PCR-Test weist RNA-Fragmente von SARS-
                                                                 ­einem alternativen Versicherungsmodell ver-                        CoV-2 nach mit einer in einem deutschen La-
Ich bin seit 2006 nicht mehr für CureVac tätig
                                                                  sichert, aber nur 20% in einem mit verbindli-                      borringversuch objektivierten Spezifität von
und befinde mich in keinem Interessenkon-
                                                                  cher Budget-Mitverantwortung. Genau diese                          98,6%, entsprechend 1,4% falsch positiven Er-
flikt, weder wie im Brief vermutet noch in
                                                                  Modelle mit Budget-Mitverantwortung müs-                           gebnissen. Bei Anwesenheit des Coronavirus
Bezug auf anti-COVID-19-mRNA-Impfungen
­
                                                                  sen gefördert und die Patienten vermehrt                           E229 liegt die falsch-positive Rate bei 7,6%. An-
allgemein.
                                                                  einbezogen werden. Differenzierte und hö-                          ders als etwa bei HIV wird nach positivem
                                                                  here Prämienreduktion gegenüber Listenmo-                          Ausfall dieses hoch sensitiven Screeningtests
 PD Dr. Steve Pascolo, UniversitätsSpital Zürich
                                                                  dellen («Schwarzfahrermodelle»), Apotheker-                        offenbar kein spezifischer Bestätigungstest
                                                                  oder Telmed-Modellen, welche kaum echte                            durchgeführt. Vielmehr wird jeder nicht auf
                                                                  Kosteneinsparungen gezeigt haben, würden                           SARS-CoV-2, sondern auf RNA-Fragmente po-
                                                                  die hausärztlich koordinierte Medizin mit ih-                      sitiv Getestete als mit SARS-CoV-2 Infizierter
Nach 20 Jahren erfolgreicher haus-                                ren funktionierenden Strukturen stärken.                           respektive an COVID-19 Erkrankter oder Ver-
ärztlich koordinierter Versorgung                                 Erfolgreiche Freiwilligkeit braucht kein Obli-                     storbener ausgewiesen. Zudem hatte es nie ei-
torpediert das BAG das Erfolgsmodell                              gatorium, sondern Überzeugung und Anreize                          nen exponentiellen Anstieg «Infizierter» ge-
                                                                  für alle Beteiligten; das fördert nachweislich                     geben, bloss einen exponentiellen Anstieg der
Die Sicht der Hausarztnetzwerke zu den
                                                                  die Qualität und senkt in der Folge auch Kos-                      Anzahl Tests. Deren Positivitätsrate stieg ma-
geplanten bundesrätlichen Massnahmen zur
                                                                  ten. Die aktuelle politische Diskussion über                       ximal linear.
Kostendämpfung im Gesundheitswesen
                                                                  Zielkosten oder Budgetdeckel werden über                           Was hat dies mit Wissenschaft und Medizin
Die geplanten bundesrätlichen Massnahmen                          lange Zeit Ressourcen im ganzen System bin-                        zu tun?
zur Kostensenkung, insbesondere die Einfüh-                       den, Gräben zwischen den Exponenten auf-                           Zu allem Unglück hatte sich das BAG entschie-
rung einer obligatorischen Erstberatungsstelle,                   tun und Vertrauen verspielen, welches über                         den, in Woche 12 das Sentinella ARI einzustel-
gefährdet das auf Freiwilligkeit beruhende und                    Jahre aufgebaut wurde.                                             len. Seither fliegen wir blind.
bisher äusserst erfolgreiche Hausarztmodell.                      Was es lediglich noch braucht, ist die einheit-                    Ich kenne nur eine Strategie, um die «Corona-
Der Qualitätsaspekt, in den bisherig gemein-                      liche Finanzierung ambulanter und stationä-                        Pandemie», die keine Pandemie ist, auch
sam vereinbarten Verträgen, wird durch den                        rer Leistungen (EFAS). Das Ziel der geplanten                      wenn die WHO noch so oft das Gegenteil be-
Fokus auf reine Kostenreduktion torpediert.                       Kostensenkungsmassnahmen, nämlich die                              hauptet, zu beenden: Teststopp! Testen wir
Seit über 20 Jahren weisen die Ärztenetze mit                     Prämienlast der Bürgerinnen und Bürger zu                          nicht mehr alle «Grippepatienten» auf ein
vertraglicher Budget-Mitverantwortung jähr-                       senken, wird so zur Realität.                                      und nur ein «Grippevirus», versinkt dieses so
liche Einsparungen von 15–20% auf, und zwar                                                                                          schnell in der durch Influenza- und Corona­
ohne relevante Risikoselektion, wie fälsch­                        Dr. med. Wolfgang Czerwenka, Präsident des                        viren bedingten saisonalen Grippewelle, wie
licherweise immer wieder behauptet wird.                         Verwaltungsrats, Argomed Ärzte AG, Lenzburg                         es aus ihr aufgetaucht war.

SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI                                  2020;101(38):1187–1188
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