Gesetzliche Betreuungen im Main-Kinzig-Kreis 1992 2006 - Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst / Betreuungsstelle

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Gesetzliche Betreuungen
                   im Main-Kinzig-Kreis
                             1992 - 2006

                               Gesundheitsamt
Sozialpsychiatrischer Dienst / Betreuungsstelle

                       Gesundheitsberichterstattung
                       Band 4
Gesundheitsberichterstattung

        des Gesundheitsamtes im

             Main-Kinzig-Kreis

                   Band 4

         Gesetzliche Betreuungen
           im Main-Kinzig-Kreis
                1992-2006

                  Sachgebiet
Sozialpsychiatrischer Dienst / Betreuungsstelle
Impressum

Herausgeber:            Main-Kinzig-Kreis
                        Erster Kreisbeigeordneter Günter Frenz
                        Gesundheitsamt
                        Leiter: Ltd. Med. Dir. Dr. med. Helmut Ernst, MPH
                        Barbarossastraße 24
                        63571 Gelnhausen

Informationen:          Tel: 06051 85-12455, Geschäftszimmer der Betreuungsstelle,
                        E-Mail: bts.gesundheitsamt@mkk.de

Autoren, Federführung
und Redaktion:          Dr. med. Helmut Ernst, Leiter des Gesundheitsamtes
                        Ute Horst, Gesundheitsberichterstattung
                        Michael Latka, Sachgebietsleiter Sozialpsychiatrischer
                        Dienst/Betreuungsstelle

November 2008
Inhalt

INHALT                                                                              Seite

Grußwort des Dezernenten                                                                5

Für die eiligen Leser                                                                   7

Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis                                         9

Daten für Taten – Handlungsempfehlungen                                                14

Beraten – Kontrollieren – Abheften. Was tun die vom „Amt“
eigentlich?                                                                            16

Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel                                           17

Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen                                                     20

Beraten – Betreuen – Berichten. Oder was macht die Betreuungsstelle genau?             24

Was folgt daraus? Resümee und Zielformulierungen                                       44

Anhang                                                                                 47

Literatur- und Bildverzeichnis                                                         59

Nützliche links                                                                        60

Hinweis
Damit der Bericht leichter zu lesen ist, haben wir bei der Personenbezeichnung meistens die
männliche Form gewählt. Sofern es nicht ausdrücklich anders erwähnt ist, sind trotzdem
immer Männer und Frauen gemeint.
Weiterhin sind bei der Benennung des Vormundschaftsgerichts sämtliche
Vormundschaftsgerichte gemeint.
Grußwort

Grußwort

Sehr geehrte Leserin,
sehr geehrter Leser.

„Ein altes Gesetz hat ausgedient!                der Begriff „Betreuung“ häufig zu fal-
Keine Entmündigung, Vormundschaft                schen Vorstellungen und auch Hoff-
und Pflegschaft mehr für Erwachsene.“            nungen.

Mit diesen Worten wurde das alte                 Oftmals mit dem Begriff verbundene
Entmündigungs- und Vormundschafts-/              Erwartungen wie helfen, pflegen, ver-
Pflegschaftsgesetz 1992 durch das                sorgen und unterstützen, eben „be-
„Gesetz zur Reform des Rechts der                treuen“, können nicht immer erfüllt
Vormundschaft und Pflegschaft für                werden und führen zu Konflikten. Hier
Volljährige (Betreuungsgesetz)“ abge-            ist eine bessere und umfangreiche In-
löst. Mit neuen Zielsetzungen sollten            formation der Bevölkerung, aber auch
die in ihrer Selbstbestimmung einge-             der im Sozial- und Gesundheitswesen
schränkten Menschen unterstützt wer-             Tätigen erforderlich.
den.
                                                 Oder wussten Sie, dass
Die Folgen und der seit nunmehr 15
Jahre anhaltende Trend steigender                ¾ das Betreuungsgesetz nicht nur
Betreuungszahlen haben nicht nur die               ältere Menschen betrifft...
Fachleute überrascht. Öffentlichkeit
und Fachwelt hatten im Vorfeld des               ¾ es keine Entmündigung mehr gibt...
Betreuungsgesetzes kaum eine Zu-
nahme des betroffenen Personenkrei-              ¾ eine Betreuerbestellung ein Ge-
ses, einen derartigen Betreuungszah-               richtsverfahren beinhaltet...
lenanstieg und die daraus resultieren-
de Kostenentwicklung erwartet.                   ¾ Sie selbst Vorsorge für Zeiten der
                                                   nicht mehr vorhandenen oder ein-
Vielmehr gingen die Fachleute von                  geschränkten      Selbstbestimmung
einem sparsamen Gebrauch des                       treffen können...
Rechtsinstruments aus, denn auch bei
aller fürsorglicher und wohlmeinender            ¾ der rein demographische Anstieg
Zielsetzung ist und bleibt die Betreuer-           der Betreuungszahlen relativ gering
bestellung ein Eingriff in die individuel-         ausfällt...
le Selbstbestimmung.
Zwar ist inzwischen eine hohe Akzep-             ¾ gesetzlich bestellte Betreuer vom
tanz des Instruments „rechtliche Be-               Vormundschaftsgericht kontrolliert
treuung“ in der Öffentlichkeit erkenn-             werden...
bar, dennoch führt insbesondere

                                             5
Grußwort

¾ die Betreuungsstelle im Main-                Ich hoffe, Ihnen als Leserin und Leser
  Kinzig-Kreis dem Gesundheitsamt              mit dem vorliegenden Bericht interes-
  angehört und eine zentrale Funkti-           sante und differenzierte Informationen
  on im Betreuungsrecht inne hat...            rund ums Thema Betreuungsrecht an
                                               die Hand geben zu können.
¾ die Betreuungsstelle nicht nur Be-
  richte schreibt?

Diese und weitere Fakten finden Sie im
vorliegenden Bericht.

Während wir zunächst den Main-                             Günter Frenz
Kinzig-Kreis mit seiner Strukturdarstel-             Erster Kreisbeigeordneter
lung in den Blick genommen haben,                     Gesundheitsdezernent
zeigen wir Ihnen danach, dass Daten
Grundlagen für zukünftige Taten sind.

Häufig werde ich gefragt: „Das Ge-
sundheitsamt – was machen die ei-
gentlich? Beraten – Kontrollieren – Ab-
heften?“ In einem kurzen Überblick
möchte ich Sie mit diesem Amt be-
kannt machen.

Und dass Betreuung nicht gleich Be-
treuung ist, verdeutlichen wir Ihnen im
Folgenden. Wir bieten Ihnen einen
kleinen Einstieg in den Paragraphen-
dschungel zum Betreuungsrecht und
geben eine Übersicht über ausgewähl-
tes Zahlenmaterial. Denn ersichtlich
ist, dass die Zahl der Menschen, die
gesetzlich betreut werden, weiterhin
zunimmt und uns, auch in unserer Re-
gion, vor neue Herausforderungen
stellt.

Eine differenzierte Beschreibung der
Betreuungsstelle mit den gesetzlichen
Aufgaben und Leistungen, aber auch
ihren zukünftigen Herausforderungen,
zeigt, dass hinter jeder gesetzlichen
Entscheidung eine Verantwortung für
den Menschen steht.

Zielformulierungen, die einer Verbes-
serung der Kooperation der am Be-
treuungswesen Beteiligten zum Wohle
der Betroffenen dienen können,
schließen sich dem Kapitel an.

                                           6
Für die eiligen Leser

Für die eiligen Leser                         Der Ausbau des innerbetrieblichen
                                              Gesundheitsmanagement wäre sinn-
In diesem Bericht lesen Sie:                  voll, um die gesundheitlichen Risiken
                                              des Arbeitsprozesses zu minimieren.

                    • Struktur, Aufga-        III. Beraten – Kontrollieren - Abhef-
                      benstellung und         ten. Was tun die vom „Amt“ eigent-
                      gesetzliche             lich?
                      Grundlagen der
                      Betreuungsstelle.
                    • Zahlenmaterial
                                              Wir zeigen die Aufgaben, das vielseiti-
                      zum Thema ge-           ge Leistungsspektrum und die Wahr-
                      setzliche Be-           nehmung der Aufgaben durch ca. 80
                      treuungen.              Mitarbeiter in den verschiedenen
                    • Ziele und Hand-         Sachgebieten. Diese sind: Amtsärztli-
                      lungsbedarfe für        cher Dienst, Grundsatzangelegenhei-
                      die Zukunft.
                                              ten und Allgemeine Verwaltung, Sozi-
                                              alpsychiatrischer Dienst / Betreuungs-
                                              stelle, Hygiene und Umweltmedizin,
                                              Kinder- und Jugendärztlicher Dienst,
I. Ausgewählte Daten rund um den
                                              Stabsstelle    Psychiatriekoordination,
   Main-Kinzig-Kreis
                                              Zahnärztlicher Dienst.
Wir möchten Ihnen zunächst die (Le-
                                              IV. Kleiner Einstieg in den Paragra-
bens-) Lage der Bevölkerung in der
                                              phendschungel
Kreisregion anhand einiger Daten dar-
stellen.
                                              Der kleine Einstieg zeigt die umfang-
Die      Bevölkerungsentwicklung     im
                                              reichen gesetzlichen Grundlagen in
Kreisgebiet wird bis zum Jahr 2050
                                              einem Überblick. Denn eine Betreuer-
weiter rückläufig sein und im Jahr
                                              bestellung ist an gesetzlich definierten
2031: 389.020 Einwohner zählen.
                                              Bedingungen und gerichtlichen Verfah-
Der Anteil der 60 – 79-Jährigen wird im
                                              renswegen gebunden und erfordert
Jahr 2031 voraussichtlich 105.932
                                              eine umfangreiche Prüfung durch das
Einwohner betragen.
                                              Amtsgericht (Vormundschaftsgericht),
Die Altersgruppe der über 80-Jährigen,
                                              und Betreuungsstelle. Es werden dar-
des so genannten „4. Lebensalters“,
                                              über hinaus Ärzte als Sachverständige
wird weiter steigen und im Jahr 2031:
                                              und Gutachter einbezogen.
27.591 Einwohner zählen.
                                              V. Vom Zählen und Zählungen zu
II. Daten für Taten – Handlungsemp-
                                              Zahlen
fehlungen
                                              Die Entwicklung der bundesweiten Be-
Sowohl für die Bevölkerung als auch
                                              treuungszahlen ist seit 1992 zuneh-
für die kommunale Kreisverwaltung als
                                              mend. Im Jahr 2006 waren für
Arbeitgeber und der übrigen Arbeitge-
                                              1.227.932 Personen gesetzliche Be-
ber „älterer“ Mitarbeiter im Landkreis
                                              treuungen angeordnet. Der Anstieg
resultieren hieraus Änderungen im ge-
                                              findet in allen Personengruppen statt,
sundheitlichen Leistungs- und Versor-
                                              ist also keine rein demographisch be-
gungsbedarf. Der Ausbau präventiver
                                              dingte Erscheinung.
Maßnahmen und des Informationssys-
tems z.B. über Möglichkeiten der Ver-
tretungsbevollmächtigung, aber auch
die Verbesserung sozialer Netzwerke
sind hier zu nennen.

                                          7
Für die eiligen Leser

VI. Beraten- Betreuen- Berichten.              Betreuungsgesetzes, nämlich die re-
Oder was macht die Betreuungsstel-             gelhafte Beteiligung der Betreuungs-
le genau?                                      stelle im Betreuungsverfahren, wird im
                                               Main-Kinzig-Kreis weitgehend erfüllt.
Die Mitarbeiter der Betreuungsstelle
(Betreuungsbehörde) nehmen bera-               Die kontinuierliche Reduzierung von
tende, gutachterliche und eingreifende         angeordneten Behördenbetreuungen
Funktionen wahr. Sie sind mit ihrem            lässt sich auf die gute Kooperation und
Sachgebiet         Sozialpsychiatrischer       Förderung des Betreuungsvereins
Dienst/Betreuungsstelle im Gesund-             Main-Kinzig e.V. durch den Main-
heitsamt integriert.                           Kinzig-Kreis, der Kooperation mit den
                                               ehrenamtlichen Betreuern und den
Die Aufgabenstellung der Betreuungs-           Berufsbetreuern zurück führen.
stelle umfasst 4 Hauptbereiche:
                                               Die intensive Fortbildung und Schulung
1. Die      Vormundschaftsgerichtshilfe        der Berufsbetreuer und die Entwick-
   mit der allgemeinen Unterstüt-              lung/Anwendung erstellter Qualitäts-
   zungspflicht des Vormundschafts-            standards für die Zulassung geeigneter
   gerichts, der Vollzugshilfe bei ge-         Berufsbetreuer im Main-Kinzig-Kreis
   richtlich angeordneten Maßnah-              bilden einen weiteren wichtigen Be-
   men, der Benennung geeigneter               standteil im regionalen Betreuungswe-
   Betreuer, der Sachverhaltsermitt-           sen.
   lung.
2. Die Beratung und Unterstützung              Das Ziel der Querschnittsaufgaben,
   von Betreuern und Bevollmächtig-            nämlich die qualitative Verbesserung
   ten bei der Ausübung ihres Amtes            der Betreuungsausübung und die Re-
   und der Wahrnehmung ihrer Auf-              duzierung von Betreuungsverfahren
   gaben.                                      durch Aufklärung der Öffentlichkeit
3. Das Führen von Behördenbe-                  über alternative Vorsorgemöglichkei-
   treuungen beinhaltet die Betreuer-          ten, ist langfristig aufrecht zu erhalten.
   bestellung der Behörde (= Be-
   treuungsstelle) durch das Vor-              VII. Was folgt daraus? Resümee und
   mundschaftsgericht.                         Zielformulierungen
4. Die Wahrnehmung der Querschnitt-
   aufgaben beschreibt die Unterstüt-          Die Zukunft der Betreuungsstelle wird
   zung / Fortbildung von Berufsbe-            zunehmend eine koordinierende Funk-
   treuern, die Förderung und Koope-           tion beinhalten, um das Ziel, gesetzli-
   ration mit dem Betreuungsverein,            che Betreuungen durch alternative Hil-
   die Aufklärung und Beratung der             festellungen und Vorsorgemöglichkei-
   Bevölkerung über Vorsorgemög-               ten zu reduzieren und Betroffene bei
   lichkeiten, die Bildung und Mitwir-         erlittener Erkrankung/Behinderungen in
   kung bei Arbeitskreisen zum Be-             ihrer Selbstbestimmung zu stärken, zu
   treuungsrecht, die Öffentlichkeits-         erreichen.
   und Informationsarbeit.
                                               Festzustellen ist, dass sich die Koope-
Wie bundesweit sind auch im Main-              rationskonzepte der Akteure des Be-
Kinzig-Kreis die Bearbeitungszahlen            treuungswesens in der Region Main-
für die Betreuungsstelle zunehmend.            Kinzig-Kreis bewährt haben, jedoch mit
Im Jahr 1999 betrug die Anzahl der             dem Ziel einer Qualitätssicherung fort-
erfolgten Stellungnahmen noch 1.883,           geführt und erweitert werden müssen.
im Jahr 2006 bereits 3.031. Ein we-            Vielschichtige Einzelmaß nahmen soll-
sentliches Qualitätsmerkmal des                ten unter folgende Zielformulierung
                                               gestellt werden:

                                           8
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis

 • Intensivierung der allgemeinen und                                   der Verteilung von Krankheiten, Ge-
   themenspezifischen Aufklärung der                                    sundheitsrisiken, Versorgungsleistun-
   Bevölkerung und der am Be-                                           gen etc. ermöglichen. Eine Bevölke-
   treuungswesen Beteiligten durch                                      rung mit ihren Veränderungen an Al-
   Vorträge und Schulungen.                                             ters- und Sozialstruktur steht in Ver-
 • Förderung der Bereitschaft zur                                       bindung mit der gesundheitlichen Be-
   Übernahme ehrenamtlicher Be-                                         völkerungssituation und nimmt hier-
   treuungen.                                                           durch wiederum Einfluss auf Angebote
 • Verbesserung des bürgerlichen                                        und Leistungsnachfragen im Gesund-
   Verhaltens hinsichtlich der persön-                                  heitswesen.
   lichen Vorsorge durch Beratung                                       Zudem ermöglichen die Daten dem
   und Information z. B. Durchführung                                   Bürger, Politiker und interessierten Le-
   des Betreuertages.                                                   ser einen Einblick in die Struktur sei-
 • Stärkung/Förderung der Inans-                                        nes Landkreises.
   pruchnahme      vorrangiger    Hilfe
   durch Vermittlung und Koordination                                   Strukturmerkmal Einwohnerzahl
   unterstützender Systeme.                                             Die Einwohnerzahl des Main-Kinzig-
 • Förderung des Verständnisses von                                     Kreises setzt sich aus der Bevölkerung
   betreuungsbedürftigen Menschen.                                      der insgesamt 29 Städte und Gemein-
 • Konzipierung, Umsetzung und Wei-                                     den zusammen und betrug zum
   terentwicklung einer bedarfsgerech-                                  31.12.2006 insgesamt 408.826 Ein-
   ten Struktur für das regionale Be-                                   wohner. Der Main-Kinzig-Kreis ist so-
   treuungswesen auf Basis des vor-                                     mit der bevölkerungsreichste Landkreis
   handenen und zu entwickelnden                                        in Hessen.
   Datenmaterials.
                                                                        Strukturmerkmal Alter
                                                                        Die gegenwärtige Altersstruktur des
Ausgewählte Daten rund um                                               Main- Kinzig- Kreises gibt Auskunft
den Main-Kinzig-Kreis                                                   über Leistungs- und Versorgungsbe-
                                                                        darfe in ihrem „Ist- Zustand“. Die ab-
Für die kommunalen Entscheidungs-
                                                                        nehmende Geburtenziffer und die zu-
träger sind Kenntnisse über den Auf-
                                                                        nehmende Lebenserwartung der Men-
bau, Struktur und über die Entwicklung
                                                                        schen prägen den vorhandenen Anteil
der Bevölkerung einer Stadt bzw. Re-
                                                                        älterer Menschen an der Gesamtbe-
gion interessant. Diese Basisdaten
                                                                        völkerung im Kreisgebiet.
sind wichtig, da sie durch den Bezug
zur Bevölkerung Interpretationen z. B.
                                                Altersanteile an Gesamtbevölkerung in den Jahren
                                                                  2000 und 2006
                                                                                                                      2000
                   300.000
                                                         263.513                                                      2006
                                                                   256.621

                   250.000

                   200.000

                   150.000

                                   77.990                                              78.165
                   100.000                  74.040
                                                                              64.439

                     50.000
                                                                                                     13.718 18.076

                            0
 Quelle: Hess. Stat. Landesamt
                                 0 - 18 Jahre          18 - 65 Jahre         über 65 Jahre      davon über 80 Jahre

                                                                   9
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis

Zudem stellt auch der Rückgang der                                                       Es müssen Arbeits- und Lebensbedin-
Altersmortalität (= Alterssterblichkeit)                                                 gungen, gesundheitliche Belastungen,
ein Kriterium dar.                                                                       ihr Umgang als auch die Inanspruch-
Im Jahr 2000 registrierte das Hessi-                                                     nahme von gesundheitlichen Versor-
sche Statistische Landesamt noch                                                         gungsleistungen in geschlechtsspezifi-
77.990 Personen unter 18 Jahren, im                                                      schen Bezügen betrachtet werden.
Jahr 2006: 74.040 Personen.                                                              Das Strukturmerkmal Herkunft ist für
Für die Altersgruppe der 18 – 65-                                                        das regionale Gesundheitswesen von
Jährigen ist vom Jahr 2000 auf das                                                       Bedeutung, da die nichtdeutsche Be-

                    Gesamtzahl und Zusammensetzung der Bevölkerung des Main-Kinzig-Kreises im Jahr 2006

  450.000
             408.826
  400.000
                                                                 367.168

  350.000

  300.000

  250.000
                                             208.174
                            200.652                                                                  187.418
  200.000
                                                                                      179.750

  150.000

  100.000

                                                                                                                         41.658
   50.000
                                                                                                                                             20.902           20.756

       0
            Bevölkerung   davon männlich   davon weiblich   Deutsche insgesamt    davon männlich   davon weiblich      Nichtdeutsche      davon männlich   davon weiblich
             insgesamt      (49,08 %)        (50,92 %)          (89,81 %)           (48,96 %)        (51,04 %)      insgesamt (10,19 %)     (50,18 %)        (49,82 %)

                                                                                                                                      Quelle: Hess. Stat. Landesamt

Jahr 2006 ebenfalls ein Bevölkerungs-                                                    völkerungsgruppe häufig höheren ge-
rückgang um 1795 Personen auf                                                            sundheitlichen Risiken durch schlechte
256.621 Einwohner zu verzeichnen.                                                        Wohn-/Arbeitsverhältnissen mit ge-
Dahingegen ist die Personenzahl in                                                       sundheitlich belastenden und/oder un-
der Altersgruppe der über 65-Jährigen                                                    sicheren Arbeitsplätzen unterliegt und
im Vergleichszeitraum von 64.439 auf                                                     zudem Faktoren wie Sprach- oder Ver-
78.165 Personen gestiegen, somit um                                                      ständigungsprobleme,        psychische
13.726. Davon erfuhr die Altersgruppe                                                    Stressoren wie Trennungserfahrungen
der über 80-Jährigen eine Steigerung                                                     sowie kulturelle Werte Auswirkungen
von 13.718 auf 18.076 Einwohner.                                                         auf das Gesundheits- und Krankheits-
(Quelle: Hess. Statistische Landesamt)                                                   verhalten haben. In der weiteren Folge
                                                                                         kommt es oftmals aufgrund unzurei-
Für den Themenbereich „Gesetzliche                                                       chender Sprachkenntnisse in Verbin-
Betreuung“ ist der Bevölkerungsanteil                                                    dung mit Erkrankungen und der Erfor-
der über 18-Jährigen primär von Be-                                                      derlichkeit der rechtlichen Vertretung
deutung.                                                                                 gegenüber Behörden, Ärzten und Kli-
                                                                                         niken zu Betreuungsanregungen.
Strukturmerkmal Geschlecht und
Herkunft                                                                                 Von Interesse ist auch die regionale
Die Frage der Unterschiedlichkeit des                                                    Versorgungsstruktur und ihre Inans-
Geschlechts stellt sich in den jeweils                                                   pruchnahme, die speziell auf die Be-
spezifischen Verhaltensweisen, aber                                                      dürfnislagen abgestimmt sein sollte
auch hins. Krankheiten und gesund-                                                       und ein wichtiger Bestandteil der im
heitlichen Einschränkungen.                                                              Betreuungsrecht benannten vorrangi-
                                                                                         gen Hilfen darstellt.

                                                                                 10
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis

              In der Übersicht auf Seite 10 ist Zu-                                                                         strukturen, wie z. B. die Zunahme der
              sammensetzung der Bevölkerung des                                                                             Ledigen und Alleinlebenden, noch ver-
              Main-Kinzig-Kreis im Jahr 2006 fol-                                                                           stärkt.“
              gendermaßen dargestellt.

                                    Bevölkerungsentwicklung im Main-Kinzig-Kreis in den Jahren 1984 bis 2006

420.000

410.000

400.000

390.000

380.000

370.000

360.000

350.000

340.000

330.000
               1984      1985      1986      1987      1988      1989      1990      1991      1992      1993      1994      1995      1996      1997      1998      1999      2000      2001      2002      2003      2004      2005      2006

 Gesamtzahl   362.714   363.446   365.214   358.399   361.962   368.223   376.035   382.407   390.337   395.770   398.288   401.349   402.399   402.152   402.616   404.375   405.942   408.144   409.487   409.589   410.203   409.941   408.826

                Quelle: Hess. Stat. Landesamt

                                                                                                                            Die Bevölkerungsstruktur des Main-
              Bevölkerungsentwicklung                                                                                       Kinzig-Kreises ist von einer seit 1987
              Aus dem Gesundheitsbericht des Bun-                                                                           bestehenden Zunahme bis zum Jahr
              des, 2006:                                                                                                    2005 geprägt. Der Landkreis zählte
                                                                                                                            zum 31.12.1984: 362.714, zum
              „Umfang und Struktur der Bevölkerung                                                                          31.12.2006: 408.826 Einwohner.
              bestimmen in hohem Maße Leistungs-
              nachfrage und Versorgungsangebot im                                                                           Im Jahr 2005 ist erstmalig ein Einwoh-
              Gesundheitswesen. Im Lebenszyklus                                                                             nerrückgang von 410.203 Personen im
              ändert sich die Anfälligkeit für Krank-                                                                       Jahr 2004 auf 409.941 Personen im
              heiten und Unfälle und damit der medi-                                                                        Jahr 2005 (=262 Personen) zu ver-
              zinische Versorgungsbedarf (auch im                                                                           zeichnen. Auch das Jahr 2006 zeigt
              betreuungsrechtlichen Kontext; An-                                                                            einen Bevölkerungsrückgang um 1.115
              merk. d. Verf.). Zudem bestehen ent-                                                                          Personen auf 408.826.
              sprechende Unterschiede zwischen
              Männern und Frauen.                                                                                           Der bis zum Jahr 2004 anhaltende Be-
              Im Allgemeinen kommt es im fortge-                                                                            völkerungszuwachs mit seiner Spitze
              schrittenen Alter zu einer hohen Inans-                                                                       in den Jahren 1991 bis 1996 basiert in
              pruchnahme von Leistungen. Der als                                                                            erster Linie auf den Wanderungsbe-
              demographische Alterung bezeichnete                                                                           wegungen aus den neuen Bundeslän-
              Wandel in der Altersstruktur der Bevöl-                                                                       dern, die wiederum politisch und wirt-
              kerung stellt eine besondere gesund-                                                                          schaftlich motiviert waren. Die Nähe
              heitspolitische Herausforderung dar.                                                                          des Main-Kinzig-Kreises zum Rhein-
              Diese wird durch die Veränderung fa-                                                                          Main- Gebiet und eigene gute Wirt-
              miliärer Lebensformen und Haushalts-

                                                                                                                  11
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis

schaftsstrukturen ermöglichten Vielen                             Frau) von einem Maximum im Jahr
neue Arbeitsplätze und Wohnraum.                                  2000 mit 1,41 und einem Minimum im
Diese Ost- West- Wanderbewegungen                                 Jahr 2002 mit 1,31. Dazwischen lagen
haben sich inzwischen reduziert.                                  die Werte bei jeweils 1,35 in den Jah-
                                                                  ren 2003 und 2004 sowie bei 1,33 im
Bundesweit ist seit 1972 ein Geburten-                            Jahr 2005 (aus: Bericht zur Demogra-
rückgang erkennbar. Nach einem                                    phischen Entwicklung im Main-Kinzig-
Höchststand an Geburten im Jahr                                   Kreis, Leitstelle für ältere Bürger,
1964 mit 1,36 Mio. erreichte das Jahr                             2006).
1975 den Tiefststand mit 782.000.
Nach zwischenzeitlichen Anstiegen                                 Es ist festzustellen, dass der viel disku-
und erneuten Rückgängen geht die                                  tierte demographische Wandel nicht
Entwicklung seit 1998 wieder zurück.                              auf das steigende Durchschnittsalter
Im Jahr 2006 weist die Statistik bun-                             und die Vermutung reduziert werden
desweit mehr Sterbefälle (821.627) als                            darf, in Deutschland gibt es zu viele
Lebendgeborene (672.724) auf (aus:                                alte Menschen. Es ist vielmehr so,
Gesundheitsberichterstattung      des                             dass die Bevölkerungszahl sinkt und
Bundes, statistisches Bundesamt).                                 Kinder fehlen. Und nicht nur bundes-
                                                                  weit, sondern so auch im Landkreis.
Die Lebenserwartung der Bundesbür-
ger nimmt dahingegen zu. Ein im Jahr                              Die Ergebnisse der regionalisierten
2006 in Hessen geborener Junge hat                                Bevölkerungsvorausberechnung        bis
eine Lebenserwartung von 76,43 Jah-                               2031 der Leitstelle für ältere Bürger
ren, ein im Jahr 2006 geborenes Mäd-                              aus dem Jahr 2006 („Die demographi-
chen 81,82 Jahren (aus: Gesundheits-                              sche Entwicklung im Main-Kinzig-
berichterstattung des Bundes, statisti-                           Kreis“) zeigt eine langsame kontinuier-
sches Bundesamt).                                                 liche Schrumpfung der Bevölkerung im
                                                                  Kreisgebiet auf (siehe unten stehende
Im Main-Kinzig-Kreis schwankte das                                Graphik).
Geburtenniveau (Zahl der Kinder je

                    Voraussichtliche Bevölkerungsentwicklung Main- Kinzig- Kreis bis 2031

        415.000

        410.000

        405.000

        400.000

        395.000

        390.000

        385.000

        380.000

        375.000
                      2006             2011             2016            2021             2026                2031
                     408.826          410.167         407.458          403.133          397.163          389.020

  Quelle: Bericht zur Demographischen Entwicklung im Main-Kinzig-Kreis, Leitstelle für ältere Bürger, 2006
                                                           12
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis

Die Zusammensetzung der Altersantei-
le im Main-Kinzig-Kreis wird in etwa die
Bundesverteilung wieder spiegeln:
                              Vergleich der Altersanteile an der Gesamtbevölkerung
                                     Bund - Main- Kinzig- Kreis im Jahr 2031

     100%

      90%

      80%

      70%

      60%                                                49%    49,7%

      50%
                                                                                28%                                    Bund
      40%                                                                              27,2%
                                                                                                                       MKK
      30%                                    16%
                                      15%
      20%                                                                                        8%
                                                                                                         7,1%
      10%

        0%
               Bevölkerung         0-17 Jahre         18-59 Jahre           60-79 Jahre        80+ Jahre
                insgesamt

Quelle: Bevölkerungsvorausberechnung, Altersaubau 2031, Statistisches Bundesamt 2006

Dem Bericht der Leitstelle für ältere                                          Altersaufbau der Bevölkerung
Bürger zufolge wird auch in der Region                                         Main-Kinzig-Kreis in 2006/2031
ein allgemeiner Bevölkerungsrückgang
bis zum Jahr 2031 auf 389.020 Men-                                         Männer
Daten für Taten - Handlungsempfehlungen
                                                     •
Für die kommunale und gesundheitli-                      nigen ansteigen, die in regelmäßi-
che Sicht ist die Altersgruppe des 4.                    gen Abständen Pflegehilfen benöti-
Lebensalters wegen des zu erwarten-                      gen.
den hohen Pflege- und Begutach-                  •       Abnehmendes Pflegepotential in
tungsaufwandes von besonderem                            der Familie: Der Rückgang des Be-
Interesse, zumal auch in diesem Zu-                      völkerungsanteils im mittleren Le-
sammenhang das nicht mehr in aus-                        bensalter führt zu einem Rückgang
reichendem Maß zur Verfügung ste-                        der potentiellen Pflegekräfte, zu-
hende soziale und familiäre Netzwerk                     mindest bei Pflegeleistungen in der
gesehen werden muss. Auswirkungen                        Familie....Aufgrund der Individuali-
werden sich insbesondere in den Auf-                     sierung der Lebensformen ist län-
gabenstellungen der Leistungsanbie-                      gerfristig damit zu rechnen, dass
ter, aber auch des Gesundheitsamtes                      immer weniger Ältere in ein Fami-
bemerkbar machen.                                        liennetzwerk eingebunden sein
                                                         werden. Kann der Unterstützungs-
Daten für Taten -      Handlungsemp-                     bedarf dann nicht durch andere
fehlungen                                                Netze aufgefangen werden, wird
                                                         sich die Bedeutung der professio-
Aus den derzeitigen Bevölkerungs-                        nellen Pflege zwangsläufig erhö-
strukturen und den zu erwartenden                        hen.
demographischen Trends werden Än-                •       Wandel auf dem Arbeitsmarkt:
derungen im gesundheitlichen Leis-                       Nicht nur die Bevölkerung insge-
tungs- und Versorgungsbedarf folgen,                     samt, auch die Erwerbsbevölkerung
die in der Gesundheitsberichterstat-                     wird sich zahlenmäßig verringern
tung des Bundes, Gesundheitsbericht                      und altern. Außerdem müssen
für Deutschland 1998, bereits folgen-                    künftig vermehrt Arbeitsplätze ent-
dermaßen formuliert sind: (Auszug)                       stehen, die den Anforderungen äl-
                                                         terer Arbeitnehmer gerecht werden:
                                                         dies erfordert einen intensiveren
                                                         Arbeits- und Gesundheitsschutz.....“
                   Auch das Gesundheitsamt und die Kreisverwaltung als Arbeit-
         geber müssen sich auf die demographischen Veränderungen einstellen.

•  „Gesundheitsförderung und Prä-                Es ist mit einem Anstieg u.a. an erfor-
   vention: Zu einer gesundheitlichen            derlichen Begutachtungen durch den
   Vorbereitung auf das Alter gehören            Amtsärztlichen Dienst zu rechnen
   Prävention gegen soziale Isolation,           (Pflege-, Erwerbsfähigkeits- und Be-
   Erhalt der körperlichen Fitness, das          treuungsgutachten etc.). Die Anzahl
   Gewinnen einer positiven Lebens-              der Betreuungsverfahren für die Al-
   einstellung trotz wachsender ge-              tersgruppen mit Auswirkungen auf das
   sundheitlicher Beeinträchtigungen,            Sachgebiet         Sozialpsychiatrischer
   materielle Sicherheit sowie alters-           Dienst/Betreuungsstelle wird steigen.
   gerechtes Wohnen.                             Gleichzeitig ist ebenfalls mit einem er-
• Inanspruchnahme stationärer und                höhten Beratungs- und Unterstüt-
   ambulanter Leistungen: Mit dem Al-            zungsbedarf durch den Sozialpsychiat-
   tern der Bevölkerung wird die Mor-            rischen Dienst/Betreuungsstelle zu
   bidität (= Krankheitshäufigkeit) stei-        rechnen. Hier wird noch die besondere
   gen, und es wird zu einer Zunahme             Problematik der gerontopsychiatri-
   von ambulanten und stationären                schen Erkrankungen und der Folgen
   Behandlungen kommen.                          zu berücksichtigen sein.
 • Pflegebedürftigkeit: Mit den Älteren
   und Ältesten wird die Anzahl derje-
                                            14
Daten für Taten - Handlungsempfehlungen

Für das Gesundheitsamt wird dies                Darüber hinaus müssen Arbeitgeber
Veränderungen im Aufgaben- und                  der Region allgemein, aber auch die
Leistungsprofil unter einer verstärkten         Kreisverwaltung selbst als Arbeitgeber,
Berücksichtigung der älteren Genera-            aufgrund des demographischen Wan-
tionen bedeuten. Das beinhaltet nicht           dels und der längeren Lebensarbeits-
nur die Erfüllung der gesetzlichen Auf-         zeit mit einem höheren Anteil älterer
gaben, sondern auch den Ausbau prä-             Mitarbeiter rechnen. Daher ist der Auf-
ventiver Maßnahmen z. B. im Rahmen              bau eines innerbetrieblichen Gesund-
der Öffentlichkeitsarbeit. Hier wäre als        heitsmanagements sinnvoll, um ge-
Beispiel die Intensivierung der Informa-        sundheitliche Risiken des Arbeitspro-
tionen für ältere Bevölkerungsgruppen           zesses zu minimieren.
über Möglichkeiten einer Vertretungs-
bevollmächtigung sowie die Verbesse-
rung sozialer Netzwerke und die Infor-
mation der Bevölkerung über beste-
hende Versorgungsangebote zu nen-
nen. Dies geschieht bereits durch die
regelmäßig stattfindenden Betreuerta-
ge; so auch wieder am 21.11.2008.

Es sollte zudem eine öffentliche, aber
auch innerbetriebliche Aufklärung über
alterspezifische Erkrankungen, risiko-
haftes Verhalten z. B. über Rauch-,
Ess-, Bewegungs- und Suchtmittelver-
halten und mögliche Präventivmaß-
nahmen erfolgen. Eine Transparenz
und Vernetzung gesundheitlicher und
altersübergreifender Angebote in der
Region sollte darauf abzielen, dass die
Bürger mit möglichst wenig Aufwand
notwendige Informationen über die
Angebote bekommen. Angebote soll-
ten in aktueller, übersichtlicher und
benutzerfreundlicher Form dargestellt
werden, z. B. Broschüren zu unter-
schiedlichen Gesundheitsthemen, im
Intra- und im Internet.

                                           15
Das Gesundheitsamt im Main-Kinzig-Kreis

Beraten- Kontrollieren- Abheften.
Was tun die vom „Amt“ eigentlich?

Das Gesundheitsamt ist als vor Ort
tätige Behörde zentraler Bestandteil
des öffentlichen Gesundheitsdienstes
und Teil der Kommunalverwaltung.
Das Gesundheitsamt erfüllt vielfältige
Aufgaben im Bereich des öffentlichen
Gesundheitswesens und bietet spezifi-
sche Leistungen an. Die Tätigkeiten
basieren auf gesetzlichen Grundlagen
wie z. B. Infektionsschutzgesetz, Hess.
Beamtengesetz,        Sozialgesetzbuch,
Waffengesetz, Hess. Schulgesetz,
Asylrecht,     Bundessozialhilfegesetz,
Betreuungsgesetz, Hess. Gesetz über
den öffentlichen Gesundheitsdienst.

                                                                 Organisationsstruktur Gesundheitsamt

                                                 Herr Günter Frenz
                                                 1.Kreisbeigeordneter
                                                Gesundheitsdezernent

                                              Amtsleiter
                                         Herr Dr. Helmut Ernst
             Grundsatzangele-          Stellvertreter: Herr Dr. Giernat                       Psychiatrie-
              genheiten/Allg.                                                                 koordination
               Verwaltung

                                       Sozialpsychiatrischer
 Amts-                  Hygiene und           Dienst /                        Kinder- /                Zahnärztlicher
ärztlicher             Umweltmedizin                                       jugendärztlicher               Dienst
                                         Betreuungsstelle                      Dienst
 Dienst

                                           Betriebliche                                                Arbeitskreis
                                          Suchtberatung                                             Jugendzahnpflege

                                                                   Eine Kurzdarstellung der Sach-
                                                                   gebiete finden Sie im Anhang
                                                                   Seite 47ff.

                                                      16
Das Gesundheitsamt im Main-Kinzig-Kreis

Die Zielbeschreibung des Gesund-
heitsamtes lautet:                                               Berufsgruppen des Gesundheitsamtes

• Das Gesundheitsamt erhebt und
  bewertet Daten zur gesundheitlichen                              Sozialarbeiter
                                                                                                    Verwaltungskraft

  Situation und Versorgung der Bevöl-             Gesundheits-

  kerung im Main- Kinzig- Kreis. Die              aufseher

  Darstellung erfolgt in Gesundheits-
  berichten.
• Auf der Basis dieser Daten plant das            Arzthelferin

  Gesundheitsamt die optimale ge-                                     Arzt / Ärztin
                                                                                                             Sonstige

  sundheitliche Versorgung und ers-
  tellt Standards, wie diese Versor-
  gung erfolgen kann.
• Das Gesundheitsamt identifiziert
  Schwächen und Lücken und koordi-
  niert Angebote, diese Defizite aus-          Im vorliegenden Bericht stellen wir Ih-
  zugleichen.                                  nen den Bereich Betreuungsstelle als
• Das Gesundheitsamt gestaltet mit             Teilbereich des Sachgebiets Sozial-
  eigenen Produkten aktiv die ge-              psychiatrischer
  sundheitliche Versorgung der Bevöl-          Dienst/Betreuungsstelle vor.
  kerung im Main-Kinzig-Kreis und
  kompensiert Defizite.
                                               Kleiner Einstieg in den Para-
                                               graphendschungel
Die Aufgaben des Gesundheitsam-
tes sind vielseitig und beinhalten u.a.

• Amtsärztliche Begutachtungen z. B.
  bei Dienstunfähigkeit, Beamtenein-
  stellungen, für Beihilfestellen etc.
• Einschulungs- und Sonderschulun-
  tersuchungen.
• Impfungen und Impfberatungen.
• Zahnärztliche Untersuchungen und                                                  Betreuungsge-
                                                                                         setz
  Aufklärung.
• Hygieneüberwachungen.
• Hilfen für psychisch kranke Men-
  schen.                                       Am 01. Januar 1992 trat das Be-
• Betreuungsrechtliche Begutachtun-            treuungsgesetz in Kraft und löste das
  gen und Sozialberichterstattung.             bis dahin geltende Pflegschafts- und
• Aufklärung und Beratung der Bevöl-           Vormundschaftsrecht für Volljährige
  kerung.                                      ab. Das Betreuungsgesetz regelt in
                                               seinen Bestimmungen der §§1896 ff
Die sich aus den gesetzlichen Grund-           BGB die Voraussetzungen für eine
lagen und der Zielbeschreibung abge-           Betreuerbestellung und hebt die rech-
leiteten Aufgaben und Leistungen wer-          tliche Vertretung des Betreuten hervor.
den von 80 Mitarbeiter (Stand:                 Grundgedanke des neuen Gesetzes
31.12.07) unterschiedlicher Professio-         war und ist, statt einer Entmündigung
nen wahrgenommen und sicherge-                 den Betroffenen mit der Betreuung Hil-
stellt.                                        fe zu einem möglichst selbst bestimm-
                                               ten Leben zu leisten.

                                          17
Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel

Das Betreuungsgesetz soll weder der                                                                                                                                                                       Die Betreuerbestellung erfolgt nicht
Erziehung noch der Durchsetzung ge-
sellschaftlicher Vorstellungen, auch                                                                                                                                                                      * gegen den freien Willen,
nicht der Durchsetzung von so ge-
nannten Drittinteressen dienen.
                                                                                                                                                                                                          * bei Vertretung durch einen     Bevoll-
                                                                                                                                                                                                            mächtigten,
Das Betreuungsrecht stützt sich dabei                                                                                                                                                                     * bei Besorgung der Angelegenheiten
auf die Grundsätze:                                                                                                                                                                                         durch andere Hilfen ohne die Erfor-
                                                                                                                                                                                                            derlichkeit einer gesetzlichen Vertre-
                                                                                                                                                                                                            tung.

                                                                                                                                                                                                          Zur Feststellung der medizinischen
                                                                                                                                                                                                          Voraussetzungen ist ein ärztliches und
                                                                                                                                                                                                          teilweise fachärztliches Gutachten er-
                                                                                                                                                                                                          forderlich, in dem die medizinischen
                                                 Betreuungsrecht                                                                                                                                          Diagnosen, die daraus resultierenden
                                                                                                                                                                                                          Defizite, aber auch mögliche unterstüt-
                                                                                                                                                                                                          zende Notwendigkeiten benannt wer-
                                                                                                                                                                                                          den.
                                                    Keine Betreuung gegen den freien Willen

                                                                                                                                                                  Keine ambulante Zwangsbehandlung

                                                                                                                                                                                                          Zu den psychischen Erkrankungen
                                                                                                                             Geschäftsfähigkeit bleibt erhalten

                                                                                                                                                                                                          zählen u.a. körperlich nicht begründba-
                                                                                              Vorrangigkeit anderer Hilfen
                      Erforderlichkeitsprinzip

                                                                                                                                                                                                          re seelische Erkrankungen, seelische
 Keine Entmündigung

                                                                                                                                                                                                          Störungen als Folge von Erkrankungen
                                                                                                                                                                                                          (z. B. Hirnverletzungen), Neurosen,
                                                                                                                                                                                                          Zwangserkrankungen, Persönlichkeits-
                                                                                                                                                                                                          störungen sowie chronische Suchter-
                                                                                                                                                                                                          krankungen, sofern diese zu einem
                                                                                                                                                                                                          Abbau der geistigen Fähigkeiten und
                                                                                                                                                                                                          zu einer Unfähigkeit, eigene Angele-
                                                                                                                                                                                                          genheiten selbständig zu regeln, ge-
                                                                                                                                                                                                          führt haben. Geistige Behinderungen
                                                                                                                                                                                                          beinhalten angeborene oder durch
                                                                                                                                                                                                          frühkindliche Hirnschädigungen verur-
                                                                                                                                                                                                          sachte Intelligenzdefekte. Bleibende
Im Jahr 1999 und 2005 erfuhr das Ge-                                                                                                                                                                      psychische Beeinträchtigungen auf-
setz zwei gesetzliche Novellierungen,                                                                                                                                                                     grund von psychischen Erkrankungen,
die insbesondere die Vergütungsrege-                                                                                                                                                                      aber auch geistige Auswirkungen des
lungen für Betreuer und die Aufgaben                                                                                                                                                                      Altersabbaus (z. B. Demenz, Alzhei-
der Betreuungsbehörden betreffen.                                                                                                                                                                         mererkrankungen) werden zu den see-
                                                                                                                                                                                                          lischen Behinderungen gezählt.
Die Voraussetzungen, nach denen das                                                                                                                                                                       Können aufgrund einer körperlichen
Vormundschaftsgericht einen Betreuer                                                                                                                                                                      Behinderung (z. B. dauernde Bewe-
bestellt, sind in §1896 BGB benannt                                                                                                                                                                       gungsunfähigkeit, Taubblindheit) zu
und sind im Vorliegen einer „psychi-                                                                                                                                                                      regelnde Angelegenheiten ganz oder
schen Krankheit oder einer körperli-                                                                                                                                                                      teilweise nicht erledigt werden, kommt
chen, geistigen oder seelischen Behin-                                                                                                                                                                    ebenfalls eine Betreuerbestellung in
derung“ begründet. Sofern diese zu                                                                                                                                                                        Betracht.
einem teilweise oder vollständigem
Unvermögen zur Regelung eigener                                                                                                                                                                           Ein wesentlicher Grundsatz stellt je-
Angelegenheiten führt.                                                                                                                                                                                    doch das Erforderlichkeitsprinzip dar,
                                                                                                                                                                                                          denn das bloße Vorhandensein der

                                                                                                                                                                                                     18
Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel

Behinderung/Erkrankung allein rech-              bestellung nur auf eigenen Antrag hin
tfertigt keine Betreuerbestellung.               möglich, sofern die Behinderung eine
Es muss vielmehr ein konkreter Hand-             Verständigung mit dem Betroffenen
lungsbedarf zur Regelung persönlicher            zulässt.
Dinge bestehen, die zudem eine rech-             Die Betreuerbestellung erfolgt im
tliche Vertretung erfordern.                     Rahmen eines gerichtlichen Verfah-
                                                 rens, dessen gesetzliche Grundlagen
Die Betreuerbestellung ist nicht erfor-          im Gesetz über die Angelegenheiten
derlich, wenn notwendige Angelegen-              der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§65 ff
heiten durch so genannte andere Hil-             FGG) geregelt sind.
fen geregelt werden können. Zu diesen
werden Familienangehörige, Nach-                 Der auf Seite 20 skizzierte Verfahrens-
barn, andere Bezugspersonen, aber                ablauf lässt erkennen, dass umfangrei-
auch soziale Dienste, Beratungsstel-             che Prüfungen und Anhörungen im
len, ambulante und stationäre Wohn-              Vorfeld der Betreuerbestellung erfor-
einrichtungen sowie Bevollmächtigte              derlich sind.

                                       Die Betreuerbestellung ist an Verfahrensab-
                      läufe gebunden und erfordert umfängliche Prüfungen und Zeit.

gezählt. Hierbei ist nicht die praktische        Im Rahmen von erforderlichen Eilent-
Hilfe wie z. B. im Rahmen der Haus-              scheidungen bei Gefahrenverzug (z. B.
haltsführung gemeint, sondern die                medizinische Maßnahmen, Unterbrin-
rechtliche Vertretung.                           gungsverfahren) können so genannte
                                                 vorläufige Betreuerbestellungen und
Mit Inkrafttreten des 2. Betreuungs-             gerichtliche Entscheidungen angeord-
rechtsänderungsgesetzes 2005 wurde               net werden.
in §1896 (1a) BGB explizit der Aus-
schluss einer Betreuungsanordnung                Bei Änderungen des Aufgabenkrei-
gegen den freien Willen des Betroffe-            ses, Betreuerwechsel, Betreuungs-
nen aufgenommen. Wer demnach sei-                aufhebungen, -verlängerungen und
nen Willen frei bestimmen kann, dem              der Entscheidung über einzelne Maß-
darf kein rechtlicher Betreuer bei Ab-           nahmen kann dieser Verfahrensweg
lehnung bestellt werden. Wenn der                wieder erforderlich werden.
freie Wille durch Krankheits- oder Be-
hinderungseinflüsse beeinträchtigt
oder eingeschränkt wird, kann die
zwangsweise Betreuerbestellung erfol-
gen. Ggf. muss das Vormundschafts-
gericht zu dieser Fragestellung ein ärz-
tliches Gutachten einholen.

Die Betreuerbestellung kann von je-
dem angeregt werden und erfolgt
schriftlich oder mündlich beim Vor-
mundschaftsgericht. Häufig erfolgen
die Anregungen durch Familienange-
hörige oder durch Soziale Dienste z. B.
in Krankenhäusern. Bei körperlich be-
hinderten Menschen ist die Betreuer-

                                            19
Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel

    Das Betreuungsverfahren in einer Übersicht:

               Antragstellung / Anregung beim Vormundschaftsgericht
                  (Antragsformular Bspl. Amtsgericht Hanau s. Anhang, Seite 54ff)

                 Beauftragung durch den Vormundschaftsrichter

         Sachverständiger Arzt          Verfahrenspfleger            Sozialbericht
         oder                                                        Betreuungsstelle
         Verwendung des
         Gutachtens
         des MDK

                                 Vormundschaftsrichter

                               Anhörung des Betroffenen

                        ggf. Stellungnahme der Angehörigen

               Beschlussfassung durch den Vormundschaftsrichter

               Betreuer                    Betroffener            Betreuungsstelle

                                                   Vom Zählen und Zählungen zu
                                                   Zahlen
                                                   Die bundesweite Entwicklung der Be-
                                                   treuungszahlen ist seit 1992 zuneh-
                                                   mend und stellt sich im Zeitraum 1999
                                                   – 2006 mit den am 31.12. der jeweili-
                                                   gen Jahre bestehenden Betreuungen
                                                   folgendermaßen dar:

                                             20
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen

                                                Gesamtzahl zum 31.12. des jeweiligen Jahres
 1.400.000

 1.200.000

 1.000.000

  800.000

  600.000

  400.000

  200.000

           0
                     1999              2000              2001             2002         2003             2004             2005             2006
Gesamtzahl        857.582            924.624            986.392        1.047.406     1.100.626      1.157.819      1.200.413            1.227.932

                                                                                                                  Quelle: Bundesministerium für Justiz

     Im Zeitraum von 10 Jahren ist ein                                             Wie die Abbildung erkennen lässt, ist
     Anstieg der Betreuungsverfahren                                               die Gesamtzahl zwar weiterhin stei-
     feststellbar. Im Jahr 2006 wurden in                                          gend, die jährliche Steigerungsrate (s.
     Deutschland 1.227.932 Menschen                                                untenstehende Abbildung) ist insge-
     rechtlich betreut.                                                            samt abflachend, beträgt von 2004
                                                                                   auf 2005: 3,7% und auf 2006: 2,5%.

                                                Steigerungsrate Betreuungsverfahren bundesweit in %
      12
                                 10,15
      10
                                             7,69        7,64               7,82
                                                                   7,51               6,68
       8
                                                                                                 6,19
                                                                                                                     5,2
       6                                                                                                   5,08
                                                                                                                                  3,7
       4
                                                                                                                                               2,5
       2

       0
               1995         1996         1997         1998      1999      2000     2001      2002       2003      2004       2005         2006
               Quelle: Bundesministerium der Justiz

                                                                            21
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen

   Horst Deinert hat in seiner Ausarbei-
   tung „Betreuungszahlen 2005“ (veröf-
   fentlicht in der Fachzeitschrift für Be-
   treuungsrecht BtPrax Ausgabe 1/07)
   die Zahlen im Einzelnen nach den
   Bundesländern unterteilt. Demzufolge
   stellen sich die Betreuungszahlen für
   Hessen folgendermaßen dar:

                                                            Betreuungen Bund - Hessen
         1.300.000
         1.200.000
         1.100.000
         1.000.000
             900.000
             800.000
             700.000
             600.000
             500.000
             400.000
             300.000
             200.000
             100.000
                      0
                                        1995                                   2000                            2005
               Bund                   624.695                                 924.624                       1.200.413
               Hessen                  45.827                                 68.061                          90.056

 Einwohner- Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je
    zahl     31.12.2001 1000 EW 31.12.2002 1000 EW 31.12.2003 1000 EW 31.12.2004 1000 EW 31.12.2005 1000 EW
 31.12.2005             31.12.2001              31.12.2002              31.12.2003              31.12.2004              31.12.2005

 6.092.354        72.871          11,95          79.225           12,99          82.189          13,48    85.119        13,96    90.056     14,78
  Hessen

 82.437.995      986.392          11,96         1.047.406         12,70        1.100.626         13,34   1.157.819      14,03   1.200.413   14,56
Bundesgebiet

     Quelle: Stat. Bundesamt, Bundesministerium der Justiz, Deinert, Horst in BtPrax, 1/07

   In seinen Ausführungen und Auswer-                                                        •   Herabsetzung     der     „Hemm-
   tungen der Betreuungsstatistik bis                                                            schwelle“ durch den Wegfall der
   2005        (Betreuungsrechtwikia.com)                                                        Entmündigung
   nennt Horst Deinert mögliche Haupt-                                                       •   zunehmende „Verrechtlichung“
   gründe für die Zunahme der Be-                                                                der Gesellschaft durch zusätzli-
   treuungszahlen:                                                                               che Gesetze (z. B. Pflegeversi-
       • demographische Faktoren (Zu-                                                            cherung), die eine rechtliche
          nahme von Einzelpersonen-                                                              Vertretung erforderlich machen
          haushalten, Verlagerung der Al-                                                    •   Legitimationszwang durch einen
          terspyramide)                                                                          gesetzlichen Vertreter bei An-
       • „Nachholbedarf“     der   neuen                                                         wendung von freiheitsentzie-
          Bundesländern                                                                          henden Maßnahmen.

                                                                             22
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen

Ist aber der Einfluss der Altersentwick-
lung als Begründung zur Steigerung
der Betreuungszahlen als hauptur-                „Der Personenkreis der Betreuten
sächlich anzusehen?                              unterscheidet sich von den jeweils
                                                 ihnen entsprechenden Gruppen in
Bisher war der genaue Anteil des de-             der Wohnbevölkerung in Merkma-
mographischen Faktors an der Ge-                 len, die eine Isolierung in gesell-
samtentwicklung nicht bekannt. Die               schaftlichen    Primärbeziehungen
Akademie für öffentliches Gesund-                anzeigen: Alleinstehend und damit
heitswesen in Düsseldorf widmete sich            stärker dem Risiko ausgesetzt,
in einem Forschungs- und Praxispro-              auch bei Aufgaben des Lebensall-
jekt „Die Lebenslage älterer Menschen            tags auf Fremdhilfe angewiesen zu
mit rechtlicher Betreuung“ in den Jah-           sein. Ein Hinweis darauf, dass
ren 2001- 2004 dieser Fragestellung.             rechtliche Betreuung in einer en-
Sie kommt in ihrem Abschlussbericht              gen Beziehung zu sozialen Hilfen,
2004 u.a. zu folgendem Ergebnis:                 insbesondere zur Krankenversor-
                                                 gung steht.“ (S.13)
Im Untersuchungsspektrum beträgt der
rein demographisch bedingte Anstieg
der Betreuungen von 2001 auf 2002               Das Institut für Sozialforschung und
2,78% des tatsächlichen Anstiegs, fällt         Gesellschaftspolitik Köln (ISG) ermittel-
also relativ gering aus.                        te in einer Studie zur Evaluation des 2.
Die Wahrscheinlichkeit hingegen, im             BtÄndG, dass die am stärksten vertre-
hohen Alter eine rechtliche Betreuung           tene Altersgruppe die der 40 – 69-
zu haben, steigt erheblich an. In der           Jährigen ist. Der Anteil der Betreuun-
Altersklasse bis unter 75 Jahren betrug         gen der Altersgruppe 18 – 39-Jährigen
der Anteil 1% pro 100 Einwohner; bei            beträgt im Jahr 2002: 21% und ist auf
den über 75-Jährigen waren es 10%;              26% im Jahr 2004 angestiegen.
75% der über 65-Jährigen lebten in
Einrichtungen.                                  Zudem ist die Anzahl der berufsmäßig
                                                geführten Betreuungen bundesweit
Zusammenfassend kommt die Studie                von 362.400 Betreuungen im Jahr
zu folgenden Erkenntnissen:                     2004 auf 379.890 Betreuungen im Jahr
                                                2005 angestiegen.

 „Der Anstieg der Betreuungen findet            Die Gründe für eine Betreuerbestellung
 bei allen Personengruppen statt,               von selbständigen Berufsbetreuern
 denen eine Anerkennung ihrer                   sind (seit 2002) psychische Erkran-
 Selbstbestimmung versagt bleibt.               kungen, Demenzerkrankungen, Misch-
 Dies gibt einen ersten Hinweis dar-            bild von Krankheit und Behinderung,
 auf, dass der Zunahme der Be-                  geistigen Behinderungen und Suchter-
 treuungen systemische Ursachen                 krankungen bei den Betreuten.
 zugrunde liegen.“ (S.13)
                                                Auch das ISG geht davon aus, dass
                                                der Anstieg der Betreuungszahlen
Und weiter heißt es:                            demnach nicht allein mit dem demog-
                                                raphischen Wandel zu erklären ist.

                                           23
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen

Mit Anstieg der Betreuungsverfahren                                      Weitere Diskussionen des Zwischen-
und angeordneten Betreuungen stei-                                       berichts und des für das Jahr 2009 /
gen auch die Kosten. Die Gesamtaus-                                      2010 erwarteten Abschlussberichts
gaben im Betreuungswesen stellen                                         sind - auch im gesetzgeberischen Kon-
sich im Jahresvergleich 2004, 2005                                       text - nicht auszuschließen.
und 2006 wie folgt dar:

Kostenentwicklung im Betreuungswesen:

                                2004                     2005           Steigerung %      2006           Steigerung %

       Bund                434.407.952€             501.348.569€            15,4       579.068.871€          15,5

      Hessen               34.415.640€              38.299.349€             11,3       43.900.301€           14,6

 Quelle: Zwischenbericht zur Evaluation des 2. BtÄndG, ISG

Das ISG sieht im Zwischenbericht zur                                     Die Bundesjustizministerin Brigitte Zyp-
Evaluation zum 2. BtÄndG die Steige-                                     ries schließt in ihrem Schreiben vom
rung der Betreuervergütungen als                                         17.08.07 zum Zwischenbericht der
hauptsächliche Komponente für die                                        ISG- Studie „kurzfristig geeignete ge-
Ausgabensteigerung. Bei dieser An-                                       setzgeberische Maßnahmen“ nicht
nahme ist jedoch die in 2006 erwartete                                   aus, da „ein wesentlicher Reforman-
und 2007 in Kraft getretene Mehrwert-                                    satz des Betreuungsrechts war ja, die
steuererhöhung zu berücksichtigen,                                       persönliche Betreuung im Gegensatz
die zu einer vermehrten Abrechnungs-                                     zur bloßen Verwaltung zu stärken.“
tätigkeit zum Jahresende 2006 bei den
Berufsbetreuern geführt haben könnte.
Die Kostenentwicklung ab 2007 ist da-                                    Beraten- Betreuen- Berichten.
her zu beobachten.
                                                                         Oder     was     macht    die
Die Befragung der Berufsbetreuer                                         Betreuungsstelle genau?
durch das ISG ergab weiterhin, dass
der persönliche Kontakt zu den Betreu-
                                                                                                      Die Betreuungs-
ten im Zeitraum 2004 bis 1. Halbjahr                                                                    stelle hat eine
2006 zugunsten der telefonischen Kon-                                                                  zentrale Funkti-
takte zurück ging. Besonders betroffen                                                                     on im Be-
sind hiervon in Einrichtungen lebende                                                                   treuungsrecht
Betreute. Es ist sicherlich die weitere                                                               und im regiona-
Beobachtung der Tendenz erforderlich,                                                                 len Betreuungs-
um zukünftige Auswirkungen auf die                                                                          wesen.
Qualität der Betreuung und mögliche
Nachteile für die Betroffenen erkennen
zu können.                                                               Mit Inkrafttreten des Betreuungsgeset-
                                                                         zes zum 01.01.1992 und dem hessi-
Angesichts der im Zwischenbericht                                        schen Ausführungsgesetz zum Be-
geäußerten Tendenz ist im Rahmen                                         treuungsgesetz wurden die Zuordnun-
der Evaluation kritisch zu prüfen, ob                                    gen der Aufgaben im Bereich der ge-
das 2. BtÄndG die Zielsetzung der                                        setzlichen Betreuung für Volljährige
Kostenreduzierung im Betreuungswe-                                       neu geregelt.
sen bei Erhalt / Steigerung der Be-
treuungsqualität erreichen kann.
                                                                   24
Beraten – Betreuen – Berichten? Die Betreuungsstelle

Nach „altem“ Recht, d.h. bis 1992,
waren die Behördenaufgaben im Be-              Mit dieser Regelung hat der Gesetzge-
reich der Vormundschaft und Pfleg-             ber dem Landesgesetzgeber dahinge-
schaft für                                     hend Spielraum überlassen, dass die
Volljährige den Jugendämtern zuge-             jeweilige Gebietskörperschaft ent-
wiesen. Diese Regelung stieß in der            scheiden kann, ob die Aufgaben schon
Praxis jedoch häufig auf Probleme, da          bestehenden oder neu einzurichtenden
die Akzeptanz der Jugendamtsmitar-             Behörden übertragen werden. Zudem
beiter von den erwachsenen „Mündeln“           sind die Kommunen in der konkreten
häufig nicht gegeben war und es im-            Ausgestaltung und Organisation frei.
mer wieder zu Konflikten bei Interes-
senswahrnehmung des Betreuten ge-              In der kommunalen Praxis hat es sich
genüber dem eigenen Amt kam. Be-               gezeigt, dass die Aufgaben auf bereits
reits vor 1992 wurde der Wunsch nach           bestehende Behörden übertragen wur-
einem eigenen „Betreuungsamt“ for-             den, z. B. auf Jugend-, Sozial- oder
muliert.                                       Gesundheitsämter. Im Main-Kinzig-
                                               Kreis wurde 1992 die Aufgabenwahr-
Mit der Einführung des Betreuungsge-           nehmung im Sinne des Betreuungsge-
setzes wurde die Entscheidung über             setzes dem Gesundheitsamt zugeord-
die örtliche Zuständigkeit gem. §1 Be-         net.
treuungsbehördengesetz (BtBG) auf
die Länderebene übertragen. Das für            Mit der Strukturveränderung des Ge-
Hessen entstandene hessische Aus-              sundheitsamtes zu Sachgebieten im
führungsgesetz zum Betreuungsgesetz            Jahr 1995 wurde die Betreuungsstelle
regelt die örtliche Zuständigkeit in §1        ein eigenes Sachgebiet. Zum 01.07.07
(1) dahingehend, dass die Magistrate           erfolgte die Zusammenlegung der
der kreisfreien Städte sowie die Kreis-        Sachgebiete      Sozialpsychiatrischer
ausschüsse der Landkreise zuständige           Dienst und Betreuungsstelle zu einem.
Behörden in Betreuungs- und Unterb-
ringungsangelegenheiten sind. Bei der
Erfüllung der Aufgaben führen sie die
Bezeichnung „Betreuungsstelle“. Das
hessische Ausführungsgesetz tritt mit
Ablauf des 31.12.2012 außer Kraft. Mit           Die Teilbereiche Sozialpsychiatri-
einer Nachfolgeregelung ist zu rech-             scher Dienst und die Betriebliche
nen.                                             Suchtberatung werden in geson-
                                                 derten Berichten beschrieben.
Den Bundesländern wurde außerdem
im Rahmen ihrer landesrechtlichen
Bestimmungen die Möglichkeit der Er-
richtung weiterer Behörden wie z. B.
einer überörtlichen Betreuungsbehörde
gegeben. Hessen hat hiervon keinen
Gebrauch gemacht. Vielmehr haben
sich die hessischen Betreuungsstellen
zu einer Landesarbeitsgemeinschaft
zusammen geschlossen, die örtliche
Betreuungsstellen    unterstützt  und
Empfehlungen zu Gesetzesvorhaben
und zur Umsetzung des Betreuungs-
rechts erarbeitet.

                                          25
Beraten – Betreuen – Berichten? Die Betreuungsstelle

   Organisationsstruktur des Sachgebiets zum 01.07.2007

                                    Sachgebietsleitung
                                    Herr Michael Latka

      Sozialpsychiatrischer Dienst                   Betreuungsstelle (BtS)
      MitarbeiterInnen (Zuständigkeit               MitarbeiterInnen (Zuständigkeit
         nach regionalen Bezirken)                   nach regionalen Bezirken)

           Geschäftszimmer                                Geschäftszimmer

Das umfangreiche und vielfältige Leis-          2. Die Mitarbeiter der Betreuungsstelle
tungsspektrum der Mitarbeiter der Be-           sind zur Beratung und Unterstützung
treuungsstelle lässt sich in vier Grup-         von Betreuern und Bevollmächtig-
pen einteilen:                                  ten bei der Ausübung ihres Amtes und
                                                Wahrnehmung ihrer Aufgaben gesetz-
                                                lich verpflichtet.
          1.                    2.
      Vormund-             Beratung /           3. Sie übernehmen weiterhin Aufgaben
                            Unterstüt-
       schafts-
                            zung von
                                                im Rahmen einer eigenen Betreuer-
     gerichtshilfe                              bestellung, d.h. die Mitarbeiter bzw.
                            Betreuern
                           und Bevoll-          die Betreuungsstelle ist dann als
                           mächtigten           Behördenbetreuerin gerichtlich be-
                                                stellt und
                     BtS                        sichert die rechtliche Vertretung des
                                                Betreuten im Rahmen der übertrage-
          3.                  4.
         BtS
                                                nen Aufgabenkreise.
                             Quer-
         als                schnitt-
     Behörden-
                           aufgaben             4. Die Querschnittaufgaben beinhal-
         be-
      treuerin
                                                ten die Unterstützung und Fortbildung
                                                von Berufsbetreuern, die Förderung
                                                von Betreuungsvereinen, die Aufklä-
                                                rung der Bevölkerung über Vorsorge-
1. Die Vormundschaftsgerichtshilfe              möglichkeiten und der Möglichkeiten
umfasst die allgemeine Unterstüt-               einer öffentlichen Beglaubigung, die
zungspflicht des Vormundschaftsge-              Förderung von Arbeitsgemeinschaften
richts, die Vollzugshilfe bei angeordne-        zum Betreuungsrecht sowie den Be-
ten Maßnahmen, die Benennung ge-                reich der Öffentlichkeitsarbeit.
eigneter Betreuer und Verfahrenspfle-
ger sowie die Übermittlung von Sach-
verhalten ans Vormundschaftsgericht               Die    wichtigsten  gesetzlichen
nach Beauftragung oder durch Erlan-               Grundlagen und Bestimmungen
gung entsprechender Kenntnisse.                   finden Sie zum Nachlesen im An-
                                                  hang, Seite 49ff.

                                           26
Beraten – Betreuen – Berichten? Die Betreuungsstelle

1. Vormundschaftsgerichtshilfe                                          Die Unterstützung des Vormund-
                                                                        schaftsgerichts bezieht sich nicht nur
Die Vormundschaftsgerichtshilfe stellt                                  auf die im Gesetz genannte Sachver-
die direkte Kooperation mit dem Vor-                                    haltsermittlung und die Mitteilung über
mundschaftsgericht dar. Es handelt                                      die Betreuungsbedürftigkeit oder der
sich hierbei um Mitteilungs- und Ermitt-                                Prüfung im Rahmen des Betreuungs-
lungsaufgaben, die Wahrnehmung von                                      verfahrens. Die Mitarbeiter werden
Anhörungs- und Beschwerderechten                                        häufig vom Vormundschaftsgericht z.
sowie     Vorführmaßnahmen        nach                                  B. bei der Vermittlung in Konfliktsitua-
Anordnung durch das Vormund-                                            tionen, der Kontaktaufnahme zu Be-
schaftsgericht.                                                         troffenen oder auch bei Einzelfallbesp-
Die zugrunde liegenden gesetzlichen                                     rechungen zu Rate gezogen, da sie ein
Bestimmungen finden sich hauptsäch-                                     wichtiges Bindeglied zwischen dem
lich im Gesetz über die Angelegenhei-                                   Vormundschaftsgericht und den Betrof-
ten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit                                    fenen/Angehörigen/Betreuern sind.
(FGG) und im Gesetz über die Wahr-
nehmung behördlicher Aufgaben bei                                       Die gerichtliche Unterstützung in Form
der Betreuung Volljähriger – Be-                                        von Übermittlung aufklärungsbedürfti-
treuungsbehördengesetz (BtBG).                                          ger Sachverhalte und sonstigen Mittei-
Die Mitarbeiter der Betreuungsstelle                                    lungen an das Vormundschaftsgericht
sind im Auftrag der Vormundschaftsge-                                   stellt den Arbeitsschwerpunkt dar.
richte   Hanau,     Gelnhausen      und
Schlüchtern, aber auch anderer Ge-                                      1.2. Übermittlung von Sachverhalten
richte außerhalb des Kreises tätig. Der                                 und Mitteilungen an das Vormund-
Einfachheit halber wird jedoch nachfol-                                 schaftsgericht
gend auf die einzelne Benennung ver-
zichtet.                                                                Das         Betreuungsbehördengesetz
                                                                        (BtBG) regelt den Mitteilungsfluss zwi-
1.1. Allgemeine Unterstützungs-                                         schen Betreuungsstelle und Vormund-
pflicht des Vormundschaftsgerichts                                      schaftsgericht unter Berücksichtigung
                                                                        datenschutzrechtlicher Bestimmungen.
Rechtsgrundlage für die allgemeine                                      Insbesondere sieht §8 Satz 2 BtBG
Unterstützungspflicht ist das Be-                                       vor, dass die Betreuungsstelle das
treuungsbehördengesetz (BtBG).                                          Vormundschaftsgericht bei der Fest-
                                                                        stellung des Sachverhaltes, den das

                                             Anzahl Neuanträge im MKK

    2.000
                                                                                                              1.884
                                                                                   1.805
                                                        1.712

    1.500
                              1.291

                                                                                                                      HU
                                                                                                                      GN
    1.000
                                                                                                                      SLÜ
                                                                                           926
                                      848

                                                                871

                                                                                                                      Gesamt MKK
            678

                                                                                                 576

     500
                                            551

                                                                      487
                                                                             447
                  407

                                                                                                        382
                                                  313
                        206

       0
                  1999                      2001                      2004                       2006

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