Gesetzliche Betreuungen im Main-Kinzig-Kreis 1992 2006 - Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst / Betreuungsstelle
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Gesetzliche Betreuungen im Main-Kinzig-Kreis 1992 - 2006 Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst / Betreuungsstelle Gesundheitsberichterstattung Band 4
Gesundheitsberichterstattung des Gesundheitsamtes im Main-Kinzig-Kreis Band 4 Gesetzliche Betreuungen im Main-Kinzig-Kreis 1992-2006 Sachgebiet Sozialpsychiatrischer Dienst / Betreuungsstelle
Impressum Herausgeber: Main-Kinzig-Kreis Erster Kreisbeigeordneter Günter Frenz Gesundheitsamt Leiter: Ltd. Med. Dir. Dr. med. Helmut Ernst, MPH Barbarossastraße 24 63571 Gelnhausen Informationen: Tel: 06051 85-12455, Geschäftszimmer der Betreuungsstelle, E-Mail: bts.gesundheitsamt@mkk.de Autoren, Federführung und Redaktion: Dr. med. Helmut Ernst, Leiter des Gesundheitsamtes Ute Horst, Gesundheitsberichterstattung Michael Latka, Sachgebietsleiter Sozialpsychiatrischer Dienst/Betreuungsstelle November 2008
Inhalt INHALT Seite Grußwort des Dezernenten 5 Für die eiligen Leser 7 Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis 9 Daten für Taten – Handlungsempfehlungen 14 Beraten – Kontrollieren – Abheften. Was tun die vom „Amt“ eigentlich? 16 Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel 17 Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen 20 Beraten – Betreuen – Berichten. Oder was macht die Betreuungsstelle genau? 24 Was folgt daraus? Resümee und Zielformulierungen 44 Anhang 47 Literatur- und Bildverzeichnis 59 Nützliche links 60 Hinweis Damit der Bericht leichter zu lesen ist, haben wir bei der Personenbezeichnung meistens die männliche Form gewählt. Sofern es nicht ausdrücklich anders erwähnt ist, sind trotzdem immer Männer und Frauen gemeint. Weiterhin sind bei der Benennung des Vormundschaftsgerichts sämtliche Vormundschaftsgerichte gemeint.
Grußwort Grußwort Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser. „Ein altes Gesetz hat ausgedient! der Begriff „Betreuung“ häufig zu fal- Keine Entmündigung, Vormundschaft schen Vorstellungen und auch Hoff- und Pflegschaft mehr für Erwachsene.“ nungen. Mit diesen Worten wurde das alte Oftmals mit dem Begriff verbundene Entmündigungs- und Vormundschafts-/ Erwartungen wie helfen, pflegen, ver- Pflegschaftsgesetz 1992 durch das sorgen und unterstützen, eben „be- „Gesetz zur Reform des Rechts der treuen“, können nicht immer erfüllt Vormundschaft und Pflegschaft für werden und führen zu Konflikten. Hier Volljährige (Betreuungsgesetz)“ abge- ist eine bessere und umfangreiche In- löst. Mit neuen Zielsetzungen sollten formation der Bevölkerung, aber auch die in ihrer Selbstbestimmung einge- der im Sozial- und Gesundheitswesen schränkten Menschen unterstützt wer- Tätigen erforderlich. den. Oder wussten Sie, dass Die Folgen und der seit nunmehr 15 Jahre anhaltende Trend steigender ¾ das Betreuungsgesetz nicht nur Betreuungszahlen haben nicht nur die ältere Menschen betrifft... Fachleute überrascht. Öffentlichkeit und Fachwelt hatten im Vorfeld des ¾ es keine Entmündigung mehr gibt... Betreuungsgesetzes kaum eine Zu- nahme des betroffenen Personenkrei- ¾ eine Betreuerbestellung ein Ge- ses, einen derartigen Betreuungszah- richtsverfahren beinhaltet... lenanstieg und die daraus resultieren- de Kostenentwicklung erwartet. ¾ Sie selbst Vorsorge für Zeiten der nicht mehr vorhandenen oder ein- Vielmehr gingen die Fachleute von geschränkten Selbstbestimmung einem sparsamen Gebrauch des treffen können... Rechtsinstruments aus, denn auch bei aller fürsorglicher und wohlmeinender ¾ der rein demographische Anstieg Zielsetzung ist und bleibt die Betreuer- der Betreuungszahlen relativ gering bestellung ein Eingriff in die individuel- ausfällt... le Selbstbestimmung. Zwar ist inzwischen eine hohe Akzep- ¾ gesetzlich bestellte Betreuer vom tanz des Instruments „rechtliche Be- Vormundschaftsgericht kontrolliert treuung“ in der Öffentlichkeit erkenn- werden... bar, dennoch führt insbesondere 5
Grußwort ¾ die Betreuungsstelle im Main- Ich hoffe, Ihnen als Leserin und Leser Kinzig-Kreis dem Gesundheitsamt mit dem vorliegenden Bericht interes- angehört und eine zentrale Funkti- sante und differenzierte Informationen on im Betreuungsrecht inne hat... rund ums Thema Betreuungsrecht an die Hand geben zu können. ¾ die Betreuungsstelle nicht nur Be- richte schreibt? Diese und weitere Fakten finden Sie im vorliegenden Bericht. Während wir zunächst den Main- Günter Frenz Kinzig-Kreis mit seiner Strukturdarstel- Erster Kreisbeigeordneter lung in den Blick genommen haben, Gesundheitsdezernent zeigen wir Ihnen danach, dass Daten Grundlagen für zukünftige Taten sind. Häufig werde ich gefragt: „Das Ge- sundheitsamt – was machen die ei- gentlich? Beraten – Kontrollieren – Ab- heften?“ In einem kurzen Überblick möchte ich Sie mit diesem Amt be- kannt machen. Und dass Betreuung nicht gleich Be- treuung ist, verdeutlichen wir Ihnen im Folgenden. Wir bieten Ihnen einen kleinen Einstieg in den Paragraphen- dschungel zum Betreuungsrecht und geben eine Übersicht über ausgewähl- tes Zahlenmaterial. Denn ersichtlich ist, dass die Zahl der Menschen, die gesetzlich betreut werden, weiterhin zunimmt und uns, auch in unserer Re- gion, vor neue Herausforderungen stellt. Eine differenzierte Beschreibung der Betreuungsstelle mit den gesetzlichen Aufgaben und Leistungen, aber auch ihren zukünftigen Herausforderungen, zeigt, dass hinter jeder gesetzlichen Entscheidung eine Verantwortung für den Menschen steht. Zielformulierungen, die einer Verbes- serung der Kooperation der am Be- treuungswesen Beteiligten zum Wohle der Betroffenen dienen können, schließen sich dem Kapitel an. 6
Für die eiligen Leser Für die eiligen Leser Der Ausbau des innerbetrieblichen Gesundheitsmanagement wäre sinn- In diesem Bericht lesen Sie: voll, um die gesundheitlichen Risiken des Arbeitsprozesses zu minimieren. • Struktur, Aufga- III. Beraten – Kontrollieren - Abhef- benstellung und ten. Was tun die vom „Amt“ eigent- gesetzliche lich? Grundlagen der Betreuungsstelle. • Zahlenmaterial Wir zeigen die Aufgaben, das vielseiti- zum Thema ge- ge Leistungsspektrum und die Wahr- setzliche Be- nehmung der Aufgaben durch ca. 80 treuungen. Mitarbeiter in den verschiedenen • Ziele und Hand- Sachgebieten. Diese sind: Amtsärztli- lungsbedarfe für cher Dienst, Grundsatzangelegenhei- die Zukunft. ten und Allgemeine Verwaltung, Sozi- alpsychiatrischer Dienst / Betreuungs- stelle, Hygiene und Umweltmedizin, Kinder- und Jugendärztlicher Dienst, I. Ausgewählte Daten rund um den Stabsstelle Psychiatriekoordination, Main-Kinzig-Kreis Zahnärztlicher Dienst. Wir möchten Ihnen zunächst die (Le- IV. Kleiner Einstieg in den Paragra- bens-) Lage der Bevölkerung in der phendschungel Kreisregion anhand einiger Daten dar- stellen. Der kleine Einstieg zeigt die umfang- Die Bevölkerungsentwicklung im reichen gesetzlichen Grundlagen in Kreisgebiet wird bis zum Jahr 2050 einem Überblick. Denn eine Betreuer- weiter rückläufig sein und im Jahr bestellung ist an gesetzlich definierten 2031: 389.020 Einwohner zählen. Bedingungen und gerichtlichen Verfah- Der Anteil der 60 – 79-Jährigen wird im renswegen gebunden und erfordert Jahr 2031 voraussichtlich 105.932 eine umfangreiche Prüfung durch das Einwohner betragen. Amtsgericht (Vormundschaftsgericht), Die Altersgruppe der über 80-Jährigen, und Betreuungsstelle. Es werden dar- des so genannten „4. Lebensalters“, über hinaus Ärzte als Sachverständige wird weiter steigen und im Jahr 2031: und Gutachter einbezogen. 27.591 Einwohner zählen. V. Vom Zählen und Zählungen zu II. Daten für Taten – Handlungsemp- Zahlen fehlungen Die Entwicklung der bundesweiten Be- Sowohl für die Bevölkerung als auch treuungszahlen ist seit 1992 zuneh- für die kommunale Kreisverwaltung als mend. Im Jahr 2006 waren für Arbeitgeber und der übrigen Arbeitge- 1.227.932 Personen gesetzliche Be- ber „älterer“ Mitarbeiter im Landkreis treuungen angeordnet. Der Anstieg resultieren hieraus Änderungen im ge- findet in allen Personengruppen statt, sundheitlichen Leistungs- und Versor- ist also keine rein demographisch be- gungsbedarf. Der Ausbau präventiver dingte Erscheinung. Maßnahmen und des Informationssys- tems z.B. über Möglichkeiten der Ver- tretungsbevollmächtigung, aber auch die Verbesserung sozialer Netzwerke sind hier zu nennen. 7
Für die eiligen Leser VI. Beraten- Betreuen- Berichten. Betreuungsgesetzes, nämlich die re- Oder was macht die Betreuungsstel- gelhafte Beteiligung der Betreuungs- le genau? stelle im Betreuungsverfahren, wird im Main-Kinzig-Kreis weitgehend erfüllt. Die Mitarbeiter der Betreuungsstelle (Betreuungsbehörde) nehmen bera- Die kontinuierliche Reduzierung von tende, gutachterliche und eingreifende angeordneten Behördenbetreuungen Funktionen wahr. Sie sind mit ihrem lässt sich auf die gute Kooperation und Sachgebiet Sozialpsychiatrischer Förderung des Betreuungsvereins Dienst/Betreuungsstelle im Gesund- Main-Kinzig e.V. durch den Main- heitsamt integriert. Kinzig-Kreis, der Kooperation mit den ehrenamtlichen Betreuern und den Die Aufgabenstellung der Betreuungs- Berufsbetreuern zurück führen. stelle umfasst 4 Hauptbereiche: Die intensive Fortbildung und Schulung 1. Die Vormundschaftsgerichtshilfe der Berufsbetreuer und die Entwick- mit der allgemeinen Unterstüt- lung/Anwendung erstellter Qualitäts- zungspflicht des Vormundschafts- standards für die Zulassung geeigneter gerichts, der Vollzugshilfe bei ge- Berufsbetreuer im Main-Kinzig-Kreis richtlich angeordneten Maßnah- bilden einen weiteren wichtigen Be- men, der Benennung geeigneter standteil im regionalen Betreuungswe- Betreuer, der Sachverhaltsermitt- sen. lung. 2. Die Beratung und Unterstützung Das Ziel der Querschnittsaufgaben, von Betreuern und Bevollmächtig- nämlich die qualitative Verbesserung ten bei der Ausübung ihres Amtes der Betreuungsausübung und die Re- und der Wahrnehmung ihrer Auf- duzierung von Betreuungsverfahren gaben. durch Aufklärung der Öffentlichkeit 3. Das Führen von Behördenbe- über alternative Vorsorgemöglichkei- treuungen beinhaltet die Betreuer- ten, ist langfristig aufrecht zu erhalten. bestellung der Behörde (= Be- treuungsstelle) durch das Vor- VII. Was folgt daraus? Resümee und mundschaftsgericht. Zielformulierungen 4. Die Wahrnehmung der Querschnitt- aufgaben beschreibt die Unterstüt- Die Zukunft der Betreuungsstelle wird zung / Fortbildung von Berufsbe- zunehmend eine koordinierende Funk- treuern, die Förderung und Koope- tion beinhalten, um das Ziel, gesetzli- ration mit dem Betreuungsverein, che Betreuungen durch alternative Hil- die Aufklärung und Beratung der festellungen und Vorsorgemöglichkei- Bevölkerung über Vorsorgemög- ten zu reduzieren und Betroffene bei lichkeiten, die Bildung und Mitwir- erlittener Erkrankung/Behinderungen in kung bei Arbeitskreisen zum Be- ihrer Selbstbestimmung zu stärken, zu treuungsrecht, die Öffentlichkeits- erreichen. und Informationsarbeit. Festzustellen ist, dass sich die Koope- Wie bundesweit sind auch im Main- rationskonzepte der Akteure des Be- Kinzig-Kreis die Bearbeitungszahlen treuungswesens in der Region Main- für die Betreuungsstelle zunehmend. Kinzig-Kreis bewährt haben, jedoch mit Im Jahr 1999 betrug die Anzahl der dem Ziel einer Qualitätssicherung fort- erfolgten Stellungnahmen noch 1.883, geführt und erweitert werden müssen. im Jahr 2006 bereits 3.031. Ein we- Vielschichtige Einzelmaß nahmen soll- sentliches Qualitätsmerkmal des ten unter folgende Zielformulierung gestellt werden: 8
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis • Intensivierung der allgemeinen und der Verteilung von Krankheiten, Ge- themenspezifischen Aufklärung der sundheitsrisiken, Versorgungsleistun- Bevölkerung und der am Be- gen etc. ermöglichen. Eine Bevölke- treuungswesen Beteiligten durch rung mit ihren Veränderungen an Al- Vorträge und Schulungen. ters- und Sozialstruktur steht in Ver- • Förderung der Bereitschaft zur bindung mit der gesundheitlichen Be- Übernahme ehrenamtlicher Be- völkerungssituation und nimmt hier- treuungen. durch wiederum Einfluss auf Angebote • Verbesserung des bürgerlichen und Leistungsnachfragen im Gesund- Verhaltens hinsichtlich der persön- heitswesen. lichen Vorsorge durch Beratung Zudem ermöglichen die Daten dem und Information z. B. Durchführung Bürger, Politiker und interessierten Le- des Betreuertages. ser einen Einblick in die Struktur sei- • Stärkung/Förderung der Inans- nes Landkreises. pruchnahme vorrangiger Hilfe durch Vermittlung und Koordination Strukturmerkmal Einwohnerzahl unterstützender Systeme. Die Einwohnerzahl des Main-Kinzig- • Förderung des Verständnisses von Kreises setzt sich aus der Bevölkerung betreuungsbedürftigen Menschen. der insgesamt 29 Städte und Gemein- • Konzipierung, Umsetzung und Wei- den zusammen und betrug zum terentwicklung einer bedarfsgerech- 31.12.2006 insgesamt 408.826 Ein- ten Struktur für das regionale Be- wohner. Der Main-Kinzig-Kreis ist so- treuungswesen auf Basis des vor- mit der bevölkerungsreichste Landkreis handenen und zu entwickelnden in Hessen. Datenmaterials. Strukturmerkmal Alter Die gegenwärtige Altersstruktur des Ausgewählte Daten rund um Main- Kinzig- Kreises gibt Auskunft den Main-Kinzig-Kreis über Leistungs- und Versorgungsbe- darfe in ihrem „Ist- Zustand“. Die ab- Für die kommunalen Entscheidungs- nehmende Geburtenziffer und die zu- träger sind Kenntnisse über den Auf- nehmende Lebenserwartung der Men- bau, Struktur und über die Entwicklung schen prägen den vorhandenen Anteil der Bevölkerung einer Stadt bzw. Re- älterer Menschen an der Gesamtbe- gion interessant. Diese Basisdaten völkerung im Kreisgebiet. sind wichtig, da sie durch den Bezug zur Bevölkerung Interpretationen z. B. Altersanteile an Gesamtbevölkerung in den Jahren 2000 und 2006 2000 300.000 263.513 2006 256.621 250.000 200.000 150.000 77.990 78.165 100.000 74.040 64.439 50.000 13.718 18.076 0 Quelle: Hess. Stat. Landesamt 0 - 18 Jahre 18 - 65 Jahre über 65 Jahre davon über 80 Jahre 9
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis Zudem stellt auch der Rückgang der Es müssen Arbeits- und Lebensbedin- Altersmortalität (= Alterssterblichkeit) gungen, gesundheitliche Belastungen, ein Kriterium dar. ihr Umgang als auch die Inanspruch- Im Jahr 2000 registrierte das Hessi- nahme von gesundheitlichen Versor- sche Statistische Landesamt noch gungsleistungen in geschlechtsspezifi- 77.990 Personen unter 18 Jahren, im schen Bezügen betrachtet werden. Jahr 2006: 74.040 Personen. Das Strukturmerkmal Herkunft ist für Für die Altersgruppe der 18 – 65- das regionale Gesundheitswesen von Jährigen ist vom Jahr 2000 auf das Bedeutung, da die nichtdeutsche Be- Gesamtzahl und Zusammensetzung der Bevölkerung des Main-Kinzig-Kreises im Jahr 2006 450.000 408.826 400.000 367.168 350.000 300.000 250.000 208.174 200.652 187.418 200.000 179.750 150.000 100.000 41.658 50.000 20.902 20.756 0 Bevölkerung davon männlich davon weiblich Deutsche insgesamt davon männlich davon weiblich Nichtdeutsche davon männlich davon weiblich insgesamt (49,08 %) (50,92 %) (89,81 %) (48,96 %) (51,04 %) insgesamt (10,19 %) (50,18 %) (49,82 %) Quelle: Hess. Stat. Landesamt Jahr 2006 ebenfalls ein Bevölkerungs- völkerungsgruppe häufig höheren ge- rückgang um 1795 Personen auf sundheitlichen Risiken durch schlechte 256.621 Einwohner zu verzeichnen. Wohn-/Arbeitsverhältnissen mit ge- Dahingegen ist die Personenzahl in sundheitlich belastenden und/oder un- der Altersgruppe der über 65-Jährigen sicheren Arbeitsplätzen unterliegt und im Vergleichszeitraum von 64.439 auf zudem Faktoren wie Sprach- oder Ver- 78.165 Personen gestiegen, somit um ständigungsprobleme, psychische 13.726. Davon erfuhr die Altersgruppe Stressoren wie Trennungserfahrungen der über 80-Jährigen eine Steigerung sowie kulturelle Werte Auswirkungen von 13.718 auf 18.076 Einwohner. auf das Gesundheits- und Krankheits- (Quelle: Hess. Statistische Landesamt) verhalten haben. In der weiteren Folge kommt es oftmals aufgrund unzurei- Für den Themenbereich „Gesetzliche chender Sprachkenntnisse in Verbin- Betreuung“ ist der Bevölkerungsanteil dung mit Erkrankungen und der Erfor- der über 18-Jährigen primär von Be- derlichkeit der rechtlichen Vertretung deutung. gegenüber Behörden, Ärzten und Kli- niken zu Betreuungsanregungen. Strukturmerkmal Geschlecht und Herkunft Von Interesse ist auch die regionale Die Frage der Unterschiedlichkeit des Versorgungsstruktur und ihre Inans- Geschlechts stellt sich in den jeweils pruchnahme, die speziell auf die Be- spezifischen Verhaltensweisen, aber dürfnislagen abgestimmt sein sollte auch hins. Krankheiten und gesund- und ein wichtiger Bestandteil der im heitlichen Einschränkungen. Betreuungsrecht benannten vorrangi- gen Hilfen darstellt. 10
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis In der Übersicht auf Seite 10 ist Zu- strukturen, wie z. B. die Zunahme der sammensetzung der Bevölkerung des Ledigen und Alleinlebenden, noch ver- Main-Kinzig-Kreis im Jahr 2006 fol- stärkt.“ gendermaßen dargestellt. Bevölkerungsentwicklung im Main-Kinzig-Kreis in den Jahren 1984 bis 2006 420.000 410.000 400.000 390.000 380.000 370.000 360.000 350.000 340.000 330.000 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Gesamtzahl 362.714 363.446 365.214 358.399 361.962 368.223 376.035 382.407 390.337 395.770 398.288 401.349 402.399 402.152 402.616 404.375 405.942 408.144 409.487 409.589 410.203 409.941 408.826 Quelle: Hess. Stat. Landesamt Die Bevölkerungsstruktur des Main- Bevölkerungsentwicklung Kinzig-Kreises ist von einer seit 1987 Aus dem Gesundheitsbericht des Bun- bestehenden Zunahme bis zum Jahr des, 2006: 2005 geprägt. Der Landkreis zählte zum 31.12.1984: 362.714, zum „Umfang und Struktur der Bevölkerung 31.12.2006: 408.826 Einwohner. bestimmen in hohem Maße Leistungs- nachfrage und Versorgungsangebot im Im Jahr 2005 ist erstmalig ein Einwoh- Gesundheitswesen. Im Lebenszyklus nerrückgang von 410.203 Personen im ändert sich die Anfälligkeit für Krank- Jahr 2004 auf 409.941 Personen im heiten und Unfälle und damit der medi- Jahr 2005 (=262 Personen) zu ver- zinische Versorgungsbedarf (auch im zeichnen. Auch das Jahr 2006 zeigt betreuungsrechtlichen Kontext; An- einen Bevölkerungsrückgang um 1.115 merk. d. Verf.). Zudem bestehen ent- Personen auf 408.826. sprechende Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Der bis zum Jahr 2004 anhaltende Be- Im Allgemeinen kommt es im fortge- völkerungszuwachs mit seiner Spitze schrittenen Alter zu einer hohen Inans- in den Jahren 1991 bis 1996 basiert in pruchnahme von Leistungen. Der als erster Linie auf den Wanderungsbe- demographische Alterung bezeichnete wegungen aus den neuen Bundeslän- Wandel in der Altersstruktur der Bevöl- dern, die wiederum politisch und wirt- kerung stellt eine besondere gesund- schaftlich motiviert waren. Die Nähe heitspolitische Herausforderung dar. des Main-Kinzig-Kreises zum Rhein- Diese wird durch die Veränderung fa- Main- Gebiet und eigene gute Wirt- miliärer Lebensformen und Haushalts- 11
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis schaftsstrukturen ermöglichten Vielen Frau) von einem Maximum im Jahr neue Arbeitsplätze und Wohnraum. 2000 mit 1,41 und einem Minimum im Diese Ost- West- Wanderbewegungen Jahr 2002 mit 1,31. Dazwischen lagen haben sich inzwischen reduziert. die Werte bei jeweils 1,35 in den Jah- ren 2003 und 2004 sowie bei 1,33 im Bundesweit ist seit 1972 ein Geburten- Jahr 2005 (aus: Bericht zur Demogra- rückgang erkennbar. Nach einem phischen Entwicklung im Main-Kinzig- Höchststand an Geburten im Jahr Kreis, Leitstelle für ältere Bürger, 1964 mit 1,36 Mio. erreichte das Jahr 2006). 1975 den Tiefststand mit 782.000. Nach zwischenzeitlichen Anstiegen Es ist festzustellen, dass der viel disku- und erneuten Rückgängen geht die tierte demographische Wandel nicht Entwicklung seit 1998 wieder zurück. auf das steigende Durchschnittsalter Im Jahr 2006 weist die Statistik bun- und die Vermutung reduziert werden desweit mehr Sterbefälle (821.627) als darf, in Deutschland gibt es zu viele Lebendgeborene (672.724) auf (aus: alte Menschen. Es ist vielmehr so, Gesundheitsberichterstattung des dass die Bevölkerungszahl sinkt und Bundes, statistisches Bundesamt). Kinder fehlen. Und nicht nur bundes- weit, sondern so auch im Landkreis. Die Lebenserwartung der Bundesbür- ger nimmt dahingegen zu. Ein im Jahr Die Ergebnisse der regionalisierten 2006 in Hessen geborener Junge hat Bevölkerungsvorausberechnung bis eine Lebenserwartung von 76,43 Jah- 2031 der Leitstelle für ältere Bürger ren, ein im Jahr 2006 geborenes Mäd- aus dem Jahr 2006 („Die demographi- chen 81,82 Jahren (aus: Gesundheits- sche Entwicklung im Main-Kinzig- berichterstattung des Bundes, statisti- Kreis“) zeigt eine langsame kontinuier- sches Bundesamt). liche Schrumpfung der Bevölkerung im Kreisgebiet auf (siehe unten stehende Im Main-Kinzig-Kreis schwankte das Graphik). Geburtenniveau (Zahl der Kinder je Voraussichtliche Bevölkerungsentwicklung Main- Kinzig- Kreis bis 2031 415.000 410.000 405.000 400.000 395.000 390.000 385.000 380.000 375.000 2006 2011 2016 2021 2026 2031 408.826 410.167 407.458 403.133 397.163 389.020 Quelle: Bericht zur Demographischen Entwicklung im Main-Kinzig-Kreis, Leitstelle für ältere Bürger, 2006 12
Ausgewählte Daten rund um den Main-Kinzig-Kreis Die Zusammensetzung der Altersantei- le im Main-Kinzig-Kreis wird in etwa die Bundesverteilung wieder spiegeln: Vergleich der Altersanteile an der Gesamtbevölkerung Bund - Main- Kinzig- Kreis im Jahr 2031 100% 90% 80% 70% 60% 49% 49,7% 50% 28% Bund 40% 27,2% MKK 30% 16% 15% 20% 8% 7,1% 10% 0% Bevölkerung 0-17 Jahre 18-59 Jahre 60-79 Jahre 80+ Jahre insgesamt Quelle: Bevölkerungsvorausberechnung, Altersaubau 2031, Statistisches Bundesamt 2006 Dem Bericht der Leitstelle für ältere Altersaufbau der Bevölkerung Bürger zufolge wird auch in der Region Main-Kinzig-Kreis in 2006/2031 ein allgemeiner Bevölkerungsrückgang bis zum Jahr 2031 auf 389.020 Men- Männer
Daten für Taten - Handlungsempfehlungen • Für die kommunale und gesundheitli- nigen ansteigen, die in regelmäßi- che Sicht ist die Altersgruppe des 4. gen Abständen Pflegehilfen benöti- Lebensalters wegen des zu erwarten- gen. den hohen Pflege- und Begutach- • Abnehmendes Pflegepotential in tungsaufwandes von besonderem der Familie: Der Rückgang des Be- Interesse, zumal auch in diesem Zu- völkerungsanteils im mittleren Le- sammenhang das nicht mehr in aus- bensalter führt zu einem Rückgang reichendem Maß zur Verfügung ste- der potentiellen Pflegekräfte, zu- hende soziale und familiäre Netzwerk mindest bei Pflegeleistungen in der gesehen werden muss. Auswirkungen Familie....Aufgrund der Individuali- werden sich insbesondere in den Auf- sierung der Lebensformen ist län- gabenstellungen der Leistungsanbie- gerfristig damit zu rechnen, dass ter, aber auch des Gesundheitsamtes immer weniger Ältere in ein Fami- bemerkbar machen. liennetzwerk eingebunden sein werden. Kann der Unterstützungs- Daten für Taten - Handlungsemp- bedarf dann nicht durch andere fehlungen Netze aufgefangen werden, wird sich die Bedeutung der professio- Aus den derzeitigen Bevölkerungs- nellen Pflege zwangsläufig erhö- strukturen und den zu erwartenden hen. demographischen Trends werden Än- • Wandel auf dem Arbeitsmarkt: derungen im gesundheitlichen Leis- Nicht nur die Bevölkerung insge- tungs- und Versorgungsbedarf folgen, samt, auch die Erwerbsbevölkerung die in der Gesundheitsberichterstat- wird sich zahlenmäßig verringern tung des Bundes, Gesundheitsbericht und altern. Außerdem müssen für Deutschland 1998, bereits folgen- künftig vermehrt Arbeitsplätze ent- dermaßen formuliert sind: (Auszug) stehen, die den Anforderungen äl- terer Arbeitnehmer gerecht werden: dies erfordert einen intensiveren Arbeits- und Gesundheitsschutz.....“ Auch das Gesundheitsamt und die Kreisverwaltung als Arbeit- geber müssen sich auf die demographischen Veränderungen einstellen. • „Gesundheitsförderung und Prä- Es ist mit einem Anstieg u.a. an erfor- vention: Zu einer gesundheitlichen derlichen Begutachtungen durch den Vorbereitung auf das Alter gehören Amtsärztlichen Dienst zu rechnen Prävention gegen soziale Isolation, (Pflege-, Erwerbsfähigkeits- und Be- Erhalt der körperlichen Fitness, das treuungsgutachten etc.). Die Anzahl Gewinnen einer positiven Lebens- der Betreuungsverfahren für die Al- einstellung trotz wachsender ge- tersgruppen mit Auswirkungen auf das sundheitlicher Beeinträchtigungen, Sachgebiet Sozialpsychiatrischer materielle Sicherheit sowie alters- Dienst/Betreuungsstelle wird steigen. gerechtes Wohnen. Gleichzeitig ist ebenfalls mit einem er- • Inanspruchnahme stationärer und höhten Beratungs- und Unterstüt- ambulanter Leistungen: Mit dem Al- zungsbedarf durch den Sozialpsychiat- tern der Bevölkerung wird die Mor- rischen Dienst/Betreuungsstelle zu bidität (= Krankheitshäufigkeit) stei- rechnen. Hier wird noch die besondere gen, und es wird zu einer Zunahme Problematik der gerontopsychiatri- von ambulanten und stationären schen Erkrankungen und der Folgen Behandlungen kommen. zu berücksichtigen sein. • Pflegebedürftigkeit: Mit den Älteren und Ältesten wird die Anzahl derje- 14
Daten für Taten - Handlungsempfehlungen Für das Gesundheitsamt wird dies Darüber hinaus müssen Arbeitgeber Veränderungen im Aufgaben- und der Region allgemein, aber auch die Leistungsprofil unter einer verstärkten Kreisverwaltung selbst als Arbeitgeber, Berücksichtigung der älteren Genera- aufgrund des demographischen Wan- tionen bedeuten. Das beinhaltet nicht dels und der längeren Lebensarbeits- nur die Erfüllung der gesetzlichen Auf- zeit mit einem höheren Anteil älterer gaben, sondern auch den Ausbau prä- Mitarbeiter rechnen. Daher ist der Auf- ventiver Maßnahmen z. B. im Rahmen bau eines innerbetrieblichen Gesund- der Öffentlichkeitsarbeit. Hier wäre als heitsmanagements sinnvoll, um ge- Beispiel die Intensivierung der Informa- sundheitliche Risiken des Arbeitspro- tionen für ältere Bevölkerungsgruppen zesses zu minimieren. über Möglichkeiten einer Vertretungs- bevollmächtigung sowie die Verbesse- rung sozialer Netzwerke und die Infor- mation der Bevölkerung über beste- hende Versorgungsangebote zu nen- nen. Dies geschieht bereits durch die regelmäßig stattfindenden Betreuerta- ge; so auch wieder am 21.11.2008. Es sollte zudem eine öffentliche, aber auch innerbetriebliche Aufklärung über alterspezifische Erkrankungen, risiko- haftes Verhalten z. B. über Rauch-, Ess-, Bewegungs- und Suchtmittelver- halten und mögliche Präventivmaß- nahmen erfolgen. Eine Transparenz und Vernetzung gesundheitlicher und altersübergreifender Angebote in der Region sollte darauf abzielen, dass die Bürger mit möglichst wenig Aufwand notwendige Informationen über die Angebote bekommen. Angebote soll- ten in aktueller, übersichtlicher und benutzerfreundlicher Form dargestellt werden, z. B. Broschüren zu unter- schiedlichen Gesundheitsthemen, im Intra- und im Internet. 15
Das Gesundheitsamt im Main-Kinzig-Kreis Beraten- Kontrollieren- Abheften. Was tun die vom „Amt“ eigentlich? Das Gesundheitsamt ist als vor Ort tätige Behörde zentraler Bestandteil des öffentlichen Gesundheitsdienstes und Teil der Kommunalverwaltung. Das Gesundheitsamt erfüllt vielfältige Aufgaben im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens und bietet spezifi- sche Leistungen an. Die Tätigkeiten basieren auf gesetzlichen Grundlagen wie z. B. Infektionsschutzgesetz, Hess. Beamtengesetz, Sozialgesetzbuch, Waffengesetz, Hess. Schulgesetz, Asylrecht, Bundessozialhilfegesetz, Betreuungsgesetz, Hess. Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst. Organisationsstruktur Gesundheitsamt Herr Günter Frenz 1.Kreisbeigeordneter Gesundheitsdezernent Amtsleiter Herr Dr. Helmut Ernst Grundsatzangele- Stellvertreter: Herr Dr. Giernat Psychiatrie- genheiten/Allg. koordination Verwaltung Sozialpsychiatrischer Amts- Hygiene und Dienst / Kinder- / Zahnärztlicher ärztlicher Umweltmedizin jugendärztlicher Dienst Betreuungsstelle Dienst Dienst Betriebliche Arbeitskreis Suchtberatung Jugendzahnpflege Eine Kurzdarstellung der Sach- gebiete finden Sie im Anhang Seite 47ff. 16
Das Gesundheitsamt im Main-Kinzig-Kreis Die Zielbeschreibung des Gesund- heitsamtes lautet: Berufsgruppen des Gesundheitsamtes • Das Gesundheitsamt erhebt und bewertet Daten zur gesundheitlichen Sozialarbeiter Verwaltungskraft Situation und Versorgung der Bevöl- Gesundheits- kerung im Main- Kinzig- Kreis. Die aufseher Darstellung erfolgt in Gesundheits- berichten. • Auf der Basis dieser Daten plant das Arzthelferin Gesundheitsamt die optimale ge- Arzt / Ärztin Sonstige sundheitliche Versorgung und ers- tellt Standards, wie diese Versor- gung erfolgen kann. • Das Gesundheitsamt identifiziert Schwächen und Lücken und koordi- niert Angebote, diese Defizite aus- Im vorliegenden Bericht stellen wir Ih- zugleichen. nen den Bereich Betreuungsstelle als • Das Gesundheitsamt gestaltet mit Teilbereich des Sachgebiets Sozial- eigenen Produkten aktiv die ge- psychiatrischer sundheitliche Versorgung der Bevöl- Dienst/Betreuungsstelle vor. kerung im Main-Kinzig-Kreis und kompensiert Defizite. Kleiner Einstieg in den Para- graphendschungel Die Aufgaben des Gesundheitsam- tes sind vielseitig und beinhalten u.a. • Amtsärztliche Begutachtungen z. B. bei Dienstunfähigkeit, Beamtenein- stellungen, für Beihilfestellen etc. • Einschulungs- und Sonderschulun- tersuchungen. • Impfungen und Impfberatungen. • Zahnärztliche Untersuchungen und Betreuungsge- setz Aufklärung. • Hygieneüberwachungen. • Hilfen für psychisch kranke Men- schen. Am 01. Januar 1992 trat das Be- • Betreuungsrechtliche Begutachtun- treuungsgesetz in Kraft und löste das gen und Sozialberichterstattung. bis dahin geltende Pflegschafts- und • Aufklärung und Beratung der Bevöl- Vormundschaftsrecht für Volljährige kerung. ab. Das Betreuungsgesetz regelt in seinen Bestimmungen der §§1896 ff Die sich aus den gesetzlichen Grund- BGB die Voraussetzungen für eine lagen und der Zielbeschreibung abge- Betreuerbestellung und hebt die rech- leiteten Aufgaben und Leistungen wer- tliche Vertretung des Betreuten hervor. den von 80 Mitarbeiter (Stand: Grundgedanke des neuen Gesetzes 31.12.07) unterschiedlicher Professio- war und ist, statt einer Entmündigung nen wahrgenommen und sicherge- den Betroffenen mit der Betreuung Hil- stellt. fe zu einem möglichst selbst bestimm- ten Leben zu leisten. 17
Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel Das Betreuungsgesetz soll weder der Die Betreuerbestellung erfolgt nicht Erziehung noch der Durchsetzung ge- sellschaftlicher Vorstellungen, auch * gegen den freien Willen, nicht der Durchsetzung von so ge- nannten Drittinteressen dienen. * bei Vertretung durch einen Bevoll- mächtigten, Das Betreuungsrecht stützt sich dabei * bei Besorgung der Angelegenheiten auf die Grundsätze: durch andere Hilfen ohne die Erfor- derlichkeit einer gesetzlichen Vertre- tung. Zur Feststellung der medizinischen Voraussetzungen ist ein ärztliches und teilweise fachärztliches Gutachten er- forderlich, in dem die medizinischen Betreuungsrecht Diagnosen, die daraus resultierenden Defizite, aber auch mögliche unterstüt- zende Notwendigkeiten benannt wer- den. Keine Betreuung gegen den freien Willen Keine ambulante Zwangsbehandlung Zu den psychischen Erkrankungen Geschäftsfähigkeit bleibt erhalten zählen u.a. körperlich nicht begründba- Vorrangigkeit anderer Hilfen Erforderlichkeitsprinzip re seelische Erkrankungen, seelische Keine Entmündigung Störungen als Folge von Erkrankungen (z. B. Hirnverletzungen), Neurosen, Zwangserkrankungen, Persönlichkeits- störungen sowie chronische Suchter- krankungen, sofern diese zu einem Abbau der geistigen Fähigkeiten und zu einer Unfähigkeit, eigene Angele- genheiten selbständig zu regeln, ge- führt haben. Geistige Behinderungen beinhalten angeborene oder durch frühkindliche Hirnschädigungen verur- sachte Intelligenzdefekte. Bleibende Im Jahr 1999 und 2005 erfuhr das Ge- psychische Beeinträchtigungen auf- setz zwei gesetzliche Novellierungen, grund von psychischen Erkrankungen, die insbesondere die Vergütungsrege- aber auch geistige Auswirkungen des lungen für Betreuer und die Aufgaben Altersabbaus (z. B. Demenz, Alzhei- der Betreuungsbehörden betreffen. mererkrankungen) werden zu den see- lischen Behinderungen gezählt. Die Voraussetzungen, nach denen das Können aufgrund einer körperlichen Vormundschaftsgericht einen Betreuer Behinderung (z. B. dauernde Bewe- bestellt, sind in §1896 BGB benannt gungsunfähigkeit, Taubblindheit) zu und sind im Vorliegen einer „psychi- regelnde Angelegenheiten ganz oder schen Krankheit oder einer körperli- teilweise nicht erledigt werden, kommt chen, geistigen oder seelischen Behin- ebenfalls eine Betreuerbestellung in derung“ begründet. Sofern diese zu Betracht. einem teilweise oder vollständigem Unvermögen zur Regelung eigener Ein wesentlicher Grundsatz stellt je- Angelegenheiten führt. doch das Erforderlichkeitsprinzip dar, denn das bloße Vorhandensein der 18
Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel Behinderung/Erkrankung allein rech- bestellung nur auf eigenen Antrag hin tfertigt keine Betreuerbestellung. möglich, sofern die Behinderung eine Es muss vielmehr ein konkreter Hand- Verständigung mit dem Betroffenen lungsbedarf zur Regelung persönlicher zulässt. Dinge bestehen, die zudem eine rech- Die Betreuerbestellung erfolgt im tliche Vertretung erfordern. Rahmen eines gerichtlichen Verfah- rens, dessen gesetzliche Grundlagen Die Betreuerbestellung ist nicht erfor- im Gesetz über die Angelegenheiten derlich, wenn notwendige Angelegen- der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§65 ff heiten durch so genannte andere Hil- FGG) geregelt sind. fen geregelt werden können. Zu diesen werden Familienangehörige, Nach- Der auf Seite 20 skizzierte Verfahrens- barn, andere Bezugspersonen, aber ablauf lässt erkennen, dass umfangrei- auch soziale Dienste, Beratungsstel- che Prüfungen und Anhörungen im len, ambulante und stationäre Wohn- Vorfeld der Betreuerbestellung erfor- einrichtungen sowie Bevollmächtigte derlich sind. Die Betreuerbestellung ist an Verfahrensab- läufe gebunden und erfordert umfängliche Prüfungen und Zeit. gezählt. Hierbei ist nicht die praktische Im Rahmen von erforderlichen Eilent- Hilfe wie z. B. im Rahmen der Haus- scheidungen bei Gefahrenverzug (z. B. haltsführung gemeint, sondern die medizinische Maßnahmen, Unterbrin- rechtliche Vertretung. gungsverfahren) können so genannte vorläufige Betreuerbestellungen und Mit Inkrafttreten des 2. Betreuungs- gerichtliche Entscheidungen angeord- rechtsänderungsgesetzes 2005 wurde net werden. in §1896 (1a) BGB explizit der Aus- schluss einer Betreuungsanordnung Bei Änderungen des Aufgabenkrei- gegen den freien Willen des Betroffe- ses, Betreuerwechsel, Betreuungs- nen aufgenommen. Wer demnach sei- aufhebungen, -verlängerungen und nen Willen frei bestimmen kann, dem der Entscheidung über einzelne Maß- darf kein rechtlicher Betreuer bei Ab- nahmen kann dieser Verfahrensweg lehnung bestellt werden. Wenn der wieder erforderlich werden. freie Wille durch Krankheits- oder Be- hinderungseinflüsse beeinträchtigt oder eingeschränkt wird, kann die zwangsweise Betreuerbestellung erfol- gen. Ggf. muss das Vormundschafts- gericht zu dieser Fragestellung ein ärz- tliches Gutachten einholen. Die Betreuerbestellung kann von je- dem angeregt werden und erfolgt schriftlich oder mündlich beim Vor- mundschaftsgericht. Häufig erfolgen die Anregungen durch Familienange- hörige oder durch Soziale Dienste z. B. in Krankenhäusern. Bei körperlich be- hinderten Menschen ist die Betreuer- 19
Kleiner Einstieg in den Paragraphendschungel Das Betreuungsverfahren in einer Übersicht: Antragstellung / Anregung beim Vormundschaftsgericht (Antragsformular Bspl. Amtsgericht Hanau s. Anhang, Seite 54ff) Beauftragung durch den Vormundschaftsrichter Sachverständiger Arzt Verfahrenspfleger Sozialbericht oder Betreuungsstelle Verwendung des Gutachtens des MDK Vormundschaftsrichter Anhörung des Betroffenen ggf. Stellungnahme der Angehörigen Beschlussfassung durch den Vormundschaftsrichter Betreuer Betroffener Betreuungsstelle Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen Die bundesweite Entwicklung der Be- treuungszahlen ist seit 1992 zuneh- mend und stellt sich im Zeitraum 1999 – 2006 mit den am 31.12. der jeweili- gen Jahre bestehenden Betreuungen folgendermaßen dar: 20
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen Gesamtzahl zum 31.12. des jeweiligen Jahres 1.400.000 1.200.000 1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Gesamtzahl 857.582 924.624 986.392 1.047.406 1.100.626 1.157.819 1.200.413 1.227.932 Quelle: Bundesministerium für Justiz Im Zeitraum von 10 Jahren ist ein Wie die Abbildung erkennen lässt, ist Anstieg der Betreuungsverfahren die Gesamtzahl zwar weiterhin stei- feststellbar. Im Jahr 2006 wurden in gend, die jährliche Steigerungsrate (s. Deutschland 1.227.932 Menschen untenstehende Abbildung) ist insge- rechtlich betreut. samt abflachend, beträgt von 2004 auf 2005: 3,7% und auf 2006: 2,5%. Steigerungsrate Betreuungsverfahren bundesweit in % 12 10,15 10 7,69 7,64 7,82 7,51 6,68 8 6,19 5,2 6 5,08 3,7 4 2,5 2 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Quelle: Bundesministerium der Justiz 21
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen Horst Deinert hat in seiner Ausarbei- tung „Betreuungszahlen 2005“ (veröf- fentlicht in der Fachzeitschrift für Be- treuungsrecht BtPrax Ausgabe 1/07) die Zahlen im Einzelnen nach den Bundesländern unterteilt. Demzufolge stellen sich die Betreuungszahlen für Hessen folgendermaßen dar: Betreuungen Bund - Hessen 1.300.000 1.200.000 1.100.000 1.000.000 900.000 800.000 700.000 600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 0 1995 2000 2005 Bund 624.695 924.624 1.200.413 Hessen 45.827 68.061 90.056 Einwohner- Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je Betreuungen Betreute je zahl 31.12.2001 1000 EW 31.12.2002 1000 EW 31.12.2003 1000 EW 31.12.2004 1000 EW 31.12.2005 1000 EW 31.12.2005 31.12.2001 31.12.2002 31.12.2003 31.12.2004 31.12.2005 6.092.354 72.871 11,95 79.225 12,99 82.189 13,48 85.119 13,96 90.056 14,78 Hessen 82.437.995 986.392 11,96 1.047.406 12,70 1.100.626 13,34 1.157.819 14,03 1.200.413 14,56 Bundesgebiet Quelle: Stat. Bundesamt, Bundesministerium der Justiz, Deinert, Horst in BtPrax, 1/07 In seinen Ausführungen und Auswer- • Herabsetzung der „Hemm- tungen der Betreuungsstatistik bis schwelle“ durch den Wegfall der 2005 (Betreuungsrechtwikia.com) Entmündigung nennt Horst Deinert mögliche Haupt- • zunehmende „Verrechtlichung“ gründe für die Zunahme der Be- der Gesellschaft durch zusätzli- treuungszahlen: che Gesetze (z. B. Pflegeversi- • demographische Faktoren (Zu- cherung), die eine rechtliche nahme von Einzelpersonen- Vertretung erforderlich machen haushalten, Verlagerung der Al- • Legitimationszwang durch einen terspyramide) gesetzlichen Vertreter bei An- • „Nachholbedarf“ der neuen wendung von freiheitsentzie- Bundesländern henden Maßnahmen. 22
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen Ist aber der Einfluss der Altersentwick- lung als Begründung zur Steigerung der Betreuungszahlen als hauptur- „Der Personenkreis der Betreuten sächlich anzusehen? unterscheidet sich von den jeweils ihnen entsprechenden Gruppen in Bisher war der genaue Anteil des de- der Wohnbevölkerung in Merkma- mographischen Faktors an der Ge- len, die eine Isolierung in gesell- samtentwicklung nicht bekannt. Die schaftlichen Primärbeziehungen Akademie für öffentliches Gesund- anzeigen: Alleinstehend und damit heitswesen in Düsseldorf widmete sich stärker dem Risiko ausgesetzt, in einem Forschungs- und Praxispro- auch bei Aufgaben des Lebensall- jekt „Die Lebenslage älterer Menschen tags auf Fremdhilfe angewiesen zu mit rechtlicher Betreuung“ in den Jah- sein. Ein Hinweis darauf, dass ren 2001- 2004 dieser Fragestellung. rechtliche Betreuung in einer en- Sie kommt in ihrem Abschlussbericht gen Beziehung zu sozialen Hilfen, 2004 u.a. zu folgendem Ergebnis: insbesondere zur Krankenversor- gung steht.“ (S.13) Im Untersuchungsspektrum beträgt der rein demographisch bedingte Anstieg der Betreuungen von 2001 auf 2002 Das Institut für Sozialforschung und 2,78% des tatsächlichen Anstiegs, fällt Gesellschaftspolitik Köln (ISG) ermittel- also relativ gering aus. te in einer Studie zur Evaluation des 2. Die Wahrscheinlichkeit hingegen, im BtÄndG, dass die am stärksten vertre- hohen Alter eine rechtliche Betreuung tene Altersgruppe die der 40 – 69- zu haben, steigt erheblich an. In der Jährigen ist. Der Anteil der Betreuun- Altersklasse bis unter 75 Jahren betrug gen der Altersgruppe 18 – 39-Jährigen der Anteil 1% pro 100 Einwohner; bei beträgt im Jahr 2002: 21% und ist auf den über 75-Jährigen waren es 10%; 26% im Jahr 2004 angestiegen. 75% der über 65-Jährigen lebten in Einrichtungen. Zudem ist die Anzahl der berufsmäßig geführten Betreuungen bundesweit Zusammenfassend kommt die Studie von 362.400 Betreuungen im Jahr zu folgenden Erkenntnissen: 2004 auf 379.890 Betreuungen im Jahr 2005 angestiegen. „Der Anstieg der Betreuungen findet Die Gründe für eine Betreuerbestellung bei allen Personengruppen statt, von selbständigen Berufsbetreuern denen eine Anerkennung ihrer sind (seit 2002) psychische Erkran- Selbstbestimmung versagt bleibt. kungen, Demenzerkrankungen, Misch- Dies gibt einen ersten Hinweis dar- bild von Krankheit und Behinderung, auf, dass der Zunahme der Be- geistigen Behinderungen und Suchter- treuungen systemische Ursachen krankungen bei den Betreuten. zugrunde liegen.“ (S.13) Auch das ISG geht davon aus, dass der Anstieg der Betreuungszahlen Und weiter heißt es: demnach nicht allein mit dem demog- raphischen Wandel zu erklären ist. 23
Vom Zählen und Zählungen zu Zahlen Mit Anstieg der Betreuungsverfahren Weitere Diskussionen des Zwischen- und angeordneten Betreuungen stei- berichts und des für das Jahr 2009 / gen auch die Kosten. Die Gesamtaus- 2010 erwarteten Abschlussberichts gaben im Betreuungswesen stellen sind - auch im gesetzgeberischen Kon- sich im Jahresvergleich 2004, 2005 text - nicht auszuschließen. und 2006 wie folgt dar: Kostenentwicklung im Betreuungswesen: 2004 2005 Steigerung % 2006 Steigerung % Bund 434.407.952€ 501.348.569€ 15,4 579.068.871€ 15,5 Hessen 34.415.640€ 38.299.349€ 11,3 43.900.301€ 14,6 Quelle: Zwischenbericht zur Evaluation des 2. BtÄndG, ISG Das ISG sieht im Zwischenbericht zur Die Bundesjustizministerin Brigitte Zyp- Evaluation zum 2. BtÄndG die Steige- ries schließt in ihrem Schreiben vom rung der Betreuervergütungen als 17.08.07 zum Zwischenbericht der hauptsächliche Komponente für die ISG- Studie „kurzfristig geeignete ge- Ausgabensteigerung. Bei dieser An- setzgeberische Maßnahmen“ nicht nahme ist jedoch die in 2006 erwartete aus, da „ein wesentlicher Reforman- und 2007 in Kraft getretene Mehrwert- satz des Betreuungsrechts war ja, die steuererhöhung zu berücksichtigen, persönliche Betreuung im Gegensatz die zu einer vermehrten Abrechnungs- zur bloßen Verwaltung zu stärken.“ tätigkeit zum Jahresende 2006 bei den Berufsbetreuern geführt haben könnte. Die Kostenentwicklung ab 2007 ist da- Beraten- Betreuen- Berichten. her zu beobachten. Oder was macht die Die Befragung der Berufsbetreuer Betreuungsstelle genau? durch das ISG ergab weiterhin, dass der persönliche Kontakt zu den Betreu- Die Betreuungs- ten im Zeitraum 2004 bis 1. Halbjahr stelle hat eine 2006 zugunsten der telefonischen Kon- zentrale Funkti- takte zurück ging. Besonders betroffen on im Be- sind hiervon in Einrichtungen lebende treuungsrecht Betreute. Es ist sicherlich die weitere und im regiona- Beobachtung der Tendenz erforderlich, len Betreuungs- um zukünftige Auswirkungen auf die wesen. Qualität der Betreuung und mögliche Nachteile für die Betroffenen erkennen zu können. Mit Inkrafttreten des Betreuungsgeset- zes zum 01.01.1992 und dem hessi- Angesichts der im Zwischenbericht schen Ausführungsgesetz zum Be- geäußerten Tendenz ist im Rahmen treuungsgesetz wurden die Zuordnun- der Evaluation kritisch zu prüfen, ob gen der Aufgaben im Bereich der ge- das 2. BtÄndG die Zielsetzung der setzlichen Betreuung für Volljährige Kostenreduzierung im Betreuungswe- neu geregelt. sen bei Erhalt / Steigerung der Be- treuungsqualität erreichen kann. 24
Beraten – Betreuen – Berichten? Die Betreuungsstelle Nach „altem“ Recht, d.h. bis 1992, waren die Behördenaufgaben im Be- Mit dieser Regelung hat der Gesetzge- reich der Vormundschaft und Pfleg- ber dem Landesgesetzgeber dahinge- schaft für hend Spielraum überlassen, dass die Volljährige den Jugendämtern zuge- jeweilige Gebietskörperschaft ent- wiesen. Diese Regelung stieß in der scheiden kann, ob die Aufgaben schon Praxis jedoch häufig auf Probleme, da bestehenden oder neu einzurichtenden die Akzeptanz der Jugendamtsmitar- Behörden übertragen werden. Zudem beiter von den erwachsenen „Mündeln“ sind die Kommunen in der konkreten häufig nicht gegeben war und es im- Ausgestaltung und Organisation frei. mer wieder zu Konflikten bei Interes- senswahrnehmung des Betreuten ge- In der kommunalen Praxis hat es sich genüber dem eigenen Amt kam. Be- gezeigt, dass die Aufgaben auf bereits reits vor 1992 wurde der Wunsch nach bestehende Behörden übertragen wur- einem eigenen „Betreuungsamt“ for- den, z. B. auf Jugend-, Sozial- oder muliert. Gesundheitsämter. Im Main-Kinzig- Kreis wurde 1992 die Aufgabenwahr- Mit der Einführung des Betreuungsge- nehmung im Sinne des Betreuungsge- setzes wurde die Entscheidung über setzes dem Gesundheitsamt zugeord- die örtliche Zuständigkeit gem. §1 Be- net. treuungsbehördengesetz (BtBG) auf die Länderebene übertragen. Das für Mit der Strukturveränderung des Ge- Hessen entstandene hessische Aus- sundheitsamtes zu Sachgebieten im führungsgesetz zum Betreuungsgesetz Jahr 1995 wurde die Betreuungsstelle regelt die örtliche Zuständigkeit in §1 ein eigenes Sachgebiet. Zum 01.07.07 (1) dahingehend, dass die Magistrate erfolgte die Zusammenlegung der der kreisfreien Städte sowie die Kreis- Sachgebiete Sozialpsychiatrischer ausschüsse der Landkreise zuständige Dienst und Betreuungsstelle zu einem. Behörden in Betreuungs- und Unterb- ringungsangelegenheiten sind. Bei der Erfüllung der Aufgaben führen sie die Bezeichnung „Betreuungsstelle“. Das hessische Ausführungsgesetz tritt mit Ablauf des 31.12.2012 außer Kraft. Mit Die Teilbereiche Sozialpsychiatri- einer Nachfolgeregelung ist zu rech- scher Dienst und die Betriebliche nen. Suchtberatung werden in geson- derten Berichten beschrieben. Den Bundesländern wurde außerdem im Rahmen ihrer landesrechtlichen Bestimmungen die Möglichkeit der Er- richtung weiterer Behörden wie z. B. einer überörtlichen Betreuungsbehörde gegeben. Hessen hat hiervon keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr haben sich die hessischen Betreuungsstellen zu einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammen geschlossen, die örtliche Betreuungsstellen unterstützt und Empfehlungen zu Gesetzesvorhaben und zur Umsetzung des Betreuungs- rechts erarbeitet. 25
Beraten – Betreuen – Berichten? Die Betreuungsstelle Organisationsstruktur des Sachgebiets zum 01.07.2007 Sachgebietsleitung Herr Michael Latka Sozialpsychiatrischer Dienst Betreuungsstelle (BtS) MitarbeiterInnen (Zuständigkeit MitarbeiterInnen (Zuständigkeit nach regionalen Bezirken) nach regionalen Bezirken) Geschäftszimmer Geschäftszimmer Das umfangreiche und vielfältige Leis- 2. Die Mitarbeiter der Betreuungsstelle tungsspektrum der Mitarbeiter der Be- sind zur Beratung und Unterstützung treuungsstelle lässt sich in vier Grup- von Betreuern und Bevollmächtig- pen einteilen: ten bei der Ausübung ihres Amtes und Wahrnehmung ihrer Aufgaben gesetz- lich verpflichtet. 1. 2. Vormund- Beratung / 3. Sie übernehmen weiterhin Aufgaben Unterstüt- schafts- zung von im Rahmen einer eigenen Betreuer- gerichtshilfe bestellung, d.h. die Mitarbeiter bzw. Betreuern und Bevoll- die Betreuungsstelle ist dann als mächtigten Behördenbetreuerin gerichtlich be- stellt und BtS sichert die rechtliche Vertretung des Betreuten im Rahmen der übertrage- 3. 4. BtS nen Aufgabenkreise. Quer- als schnitt- Behörden- aufgaben 4. Die Querschnittaufgaben beinhal- be- treuerin ten die Unterstützung und Fortbildung von Berufsbetreuern, die Förderung von Betreuungsvereinen, die Aufklä- rung der Bevölkerung über Vorsorge- 1. Die Vormundschaftsgerichtshilfe möglichkeiten und der Möglichkeiten umfasst die allgemeine Unterstüt- einer öffentlichen Beglaubigung, die zungspflicht des Vormundschaftsge- Förderung von Arbeitsgemeinschaften richts, die Vollzugshilfe bei angeordne- zum Betreuungsrecht sowie den Be- ten Maßnahmen, die Benennung ge- reich der Öffentlichkeitsarbeit. eigneter Betreuer und Verfahrenspfle- ger sowie die Übermittlung von Sach- verhalten ans Vormundschaftsgericht Die wichtigsten gesetzlichen nach Beauftragung oder durch Erlan- Grundlagen und Bestimmungen gung entsprechender Kenntnisse. finden Sie zum Nachlesen im An- hang, Seite 49ff. 26
Beraten – Betreuen – Berichten? Die Betreuungsstelle 1. Vormundschaftsgerichtshilfe Die Unterstützung des Vormund- schaftsgerichts bezieht sich nicht nur Die Vormundschaftsgerichtshilfe stellt auf die im Gesetz genannte Sachver- die direkte Kooperation mit dem Vor- haltsermittlung und die Mitteilung über mundschaftsgericht dar. Es handelt die Betreuungsbedürftigkeit oder der sich hierbei um Mitteilungs- und Ermitt- Prüfung im Rahmen des Betreuungs- lungsaufgaben, die Wahrnehmung von verfahrens. Die Mitarbeiter werden Anhörungs- und Beschwerderechten häufig vom Vormundschaftsgericht z. sowie Vorführmaßnahmen nach B. bei der Vermittlung in Konfliktsitua- Anordnung durch das Vormund- tionen, der Kontaktaufnahme zu Be- schaftsgericht. troffenen oder auch bei Einzelfallbesp- Die zugrunde liegenden gesetzlichen rechungen zu Rate gezogen, da sie ein Bestimmungen finden sich hauptsäch- wichtiges Bindeglied zwischen dem lich im Gesetz über die Angelegenhei- Vormundschaftsgericht und den Betrof- ten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit fenen/Angehörigen/Betreuern sind. (FGG) und im Gesetz über die Wahr- nehmung behördlicher Aufgaben bei Die gerichtliche Unterstützung in Form der Betreuung Volljähriger – Be- von Übermittlung aufklärungsbedürfti- treuungsbehördengesetz (BtBG). ger Sachverhalte und sonstigen Mittei- Die Mitarbeiter der Betreuungsstelle lungen an das Vormundschaftsgericht sind im Auftrag der Vormundschaftsge- stellt den Arbeitsschwerpunkt dar. richte Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern, aber auch anderer Ge- 1.2. Übermittlung von Sachverhalten richte außerhalb des Kreises tätig. Der und Mitteilungen an das Vormund- Einfachheit halber wird jedoch nachfol- schaftsgericht gend auf die einzelne Benennung ver- zichtet. Das Betreuungsbehördengesetz (BtBG) regelt den Mitteilungsfluss zwi- 1.1. Allgemeine Unterstützungs- schen Betreuungsstelle und Vormund- pflicht des Vormundschaftsgerichts schaftsgericht unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Rechtsgrundlage für die allgemeine Insbesondere sieht §8 Satz 2 BtBG Unterstützungspflicht ist das Be- vor, dass die Betreuungsstelle das treuungsbehördengesetz (BtBG). Vormundschaftsgericht bei der Fest- stellung des Sachverhaltes, den das Anzahl Neuanträge im MKK 2.000 1.884 1.805 1.712 1.500 1.291 HU GN 1.000 SLÜ 926 848 871 Gesamt MKK 678 576 500 551 487 447 407 382 313 206 0 1999 2001 2004 2006 27
Sie können auch lesen