I . Wirtschaftspolitische Themen und Analysen
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M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 2 Auf einen Blick Bestmöglich auf den Brexit vorbereitet sein Mit Ablauf des 29. März 2019 wird das Vereinigte Königreich – nach dem bisher vorgesehenen Zeitplan – aus der Europäischen Union (EU) ausscheiden. Das Austrittsabkommen, welches einen geordneten Austritt sicherstellen soll, wurde bislang nicht ratifiziert. Umso wichtiger ist es, dass sich die EU, die Bundesregierung, aber vor allem auch Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger auf diesen Tag gut vorbereiten. Aktuelle Lage Die EU und die britische Regierung haben ein Austrittsab- sprochen. Die britische Regierung hat daraufhin angekün- kommen ausgehandelt, das eine Übergangsphase bis Ende digt, mit der EU verhandeln zu wollen. 2020 vorsieht, einmalig verlängerbar bis Ende 2022. In dieser Übergangsphase würde das EU-Recht im Vereinigten König Die EU und die Bundesregierung wollen einen ungeordne- reich im Wesentlichen weiter gelten. Das Austrittsabkom- ten Austritt des Vereinigten Königreichs ebenfalls vermei- men inklusive Übergangsphase wird jedoch nur in Kraft tre- den. Das Austrittsabkommen bleibt die beste und einzige ten, wenn das europäische und das britische Parlament das Lösung hierfür. Das weitere Verfahren liegt nun bei der bri- Abkommen ratifizieren. tischen Regierung. Die EU hat angekündigt, die politische Erklärung über das zukünftige Verhältnis anzupassen, Das britische Parlament hat nach Ablehnung des Austritts- wenn das Vereinigte Königreich seine Maßgaben für die abkommens am 15. Januar die britische Regierung am zukünftige Partnerschaft weiterentwickelt. 29. Januar aufgefordert, alternative Lösungen zum soge- nannten Back-Stop (im Austrittsabkommen mit der EU) zu Bis zu einer Ratifizierung des Abkommens müssen sich alle finden, um eine harte Grenze zwischen Irland und Nord Beteiligten jedoch auf alle Szenarien intensiv vorbereiten. irland zu vermeiden. Außerdem hat das britische Parlament Das gilt insbesondere auch für den Fall eines ungeregelten sich mehrheitlich gegen einen ungeregelten Brexit ausge- Austritts, das sogenannte No-Deal-Szenario. Das Vereinigte
3 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 Königreich würde Drittstaat ohne gültiges Austrittsabkom- • Ein Brexit-Bürgerservice ermöglicht den direkten Kon- men und ohne Übergangsregelungen. Günstigere Regeln takt per Telefon (Brexit-Hotline: 030-340 6065 61) oder des EU-Rechts, wie die Vorschriften des EU-Binnenmarktes E-Mail (brexit@buergerservice.bund.de), um konkrete und der EU-Zollunion, gelten dann nicht mehr. Das heißt Anliegen zu klären. etwa, dass Zollanmeldungen, -kontrollen und Zollsätze angewendet werden müssten, Regulierungen würden nicht mehr gegenseitig anerkannt. Maßnahmen der Bundesregierung In Vorbereitung auf einen ungeregelten Austritt hat die Bun Maßnahmen des Bundesministeriums für desregierung mehrere Gesetzesvorhaben angestoßen. Dazu Wirtschaft und Energie gehört eine Änderung des Umwandlungsgesetzes, die bereits im Januar 2019 in Kraft getreten ist. Diese Änderung soll Die Bundesregierung und das Bundesministerium für Wirt den Wechsel von der Gesellschaftsform Limited Company schaft und Energie bereiten sich intensiv auf alle denkbaren (Ltd.) in eine deutsche Gesellschaftsrechtsform erleichtern. Austrittsszenarien vor, auch auf einen eventuellen ungere- gelten Austritt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Ein weiterer Gesetzesentwurf schafft Übergangsregelungen Energie steht von Beginn an auf allen Ebenen im engen im Bereich Arbeit und Sozialversicherung. Demnach sollen Austausch mit Branchen-, Verbands- und Unternehmens- u. a. deutsche und britische Staatsbürger, die am 30. März vertretern und hat zahlreiche Informationsangebote 2019 im jeweils anderen Land leben und arbeiten, in Sozial- geschaffen: versicherungsangelegenheiten Vertrauensschutz erhalten: in der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Renten- und Unfall- • Die Brexit-Webseite informiert und führt u. a. eine Viel- versicherung. Der Entwurf eines Steuerbegleitgesetzes soll zahl von Informationsangeboten zusammen, die durch verhindern, dass allein der Brexit nachteilige steuerliche die Bundesregierung, die nachgeordneten Behörden, Rechtsfolgen auslöst, obwohl bereits alle wesentlichen Verbände und die Europäische Kommission bereitge- steuerlich relevanten Handlungen vor dem Austritt vollzo- stellt werden – (https://bit.ly/2TwqbyV). gen wurden. Ferner enthält das Gesetz Regelungen für den Bereich der Finanzdienstleistungen, die darauf abzielen, • Fragen und Antworten zu den Folgen eines No-Dea-Sze- nachteilige Auswirkungen im Zusammenhang mit einem narios für Unternehmen wurden auf der Webseite veröf- Austritt des Vereinigten Königreichs ohne Austrittsabkom- fentlicht – (https://bit.ly/2DYLLH1). men zu vermeiden. So wird etwa der Bundesanstalt für
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 4 Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Bank- und Versi- (https://www.ihk.de/brexitcheck). Auch der Bundesver- cherungsbereich die Möglichkeit gegeben, Unternehmen band der Deutschen Industrie e. V. (BDI) hat gemeinsam mit Sitz im Vereinigten Königreich, die bislang grenzüber- mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber schreitend im Inland tätig waren, zu gestatten, ihr Bestands verbände (BDA) und der Vereinigung der Bayerischen geschäft unter gewissen Voraussetzungen für einen Über- Wirtschaft e. V. (vbw) einen Leitfaden mit 111 Orientierungs gangszeitraum fortzuführen. Darüber hinaus sind weitere fragen für die Praxis veröffentlicht (https://bit.ly/2GvaAfa). untergesetzliche Maßnahmen geplant, etwa in Bezug auf Umfangreiche Informationen auch zu den verschiedenen aufenthalts- und arbeitsmarktrechtliche Fragen und bezüg- Branchen bietet die Brexit-Webseite der Germany Trade lich der Personalausstattung des Zolls sowie verschiedener and Invest (https://bit.ly/2t9SeIX). Zulassungsbehörden. Weitere Informationen sowie einen Fragen- und-Antworten- Kontakt: Mariana Gross Katalog zum Brexit finden Sie unter https://bit.ly/2tajSFR Referat: Beziehungen zu EU-Mitgliedstaaten (außer sowie auf den Webseiten der Bundesministerien. Skandinavien, Bulgarien und Rumänien) Maßnahmen der Europäischen Kommission Die Europäische Kommission hat am 19. Dezember 2018 ihre Notfallplanung für das No-Deal-Szenario vorgelegt. Darin enthalten sind 14 eng begrenzte, zeitlich befristete und einseitige Maßnahmen, u. a. in den Bereichen Finanz- dienstleistungen, Luftverkehr, Straßengüterverkehr, Dual- Use-Güter und Klimapolitik. Die Vorhaben ergänzen die von der Bundesregierung bereits geplanten Maßnahmen. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission eine so genannte „Preparedness“-Webseite eingerichtet und rund 80 Mitteilungen veröffentlicht (Stand Januar 2019), welche die Folgen eines Austritts, auch im Falle eines No-Deal-Sze- narios, und ggf. notwendige Maßnahmen der Wirtschafts- beteiligten skizzieren. Alle Informationen dazu erhalten Sie unter https://ec.europa.eu/info/brexit/brexit-prepared- ness_en. Was Unternehmen tun können Wie sich Unternehmen konkret auf den Austritt des Verei- nigten Königreichs aus der EU vorbereiten, ist grundsätzlich eine unternehmerische Entscheidung. Das Bundesministe- rium für Wirtschaft und Energie steht als Ansprechpartner und mit den skizzierten Informationen bereit. Eine Rechts- beratung darf das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie allerdings nicht erteilen. Ganz praktische Unterstützung erhalten Unternehmen auf den Webseiten der Verbände. So stellt bspw. der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) eine interaktive Checkliste für Unternehmen zur Verfügung, um die Betrof- fenheit durch den Brexit zu ermitteln und Anpassungsbe- darf in unternehmerischen Bereichen aufzuzeigen
5 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 Mögliche ökonomische Auswirkungen des „Government Shutdown“ in den USA Der längste Shutdown der US-Geschichte US-Wirtschaftswachstum im ersten Quartal könnte deutlich sinken Am 25. Januar 2019 endete der längste Government Shut- down der US-Geschichte – zumindest vorläufig. Wegen Die US-Wirtschaft wird über verschiedene Kanäle durch eines Streits um die Finanzierung einer Mauer an der die Regierungsschließung beeinträchtigt. Zunächst gibt es Grenze zu Mexiko war die US-Bundesverwaltung seit dem einen direkten Effekt auf das amerikanische Bruttoinlands 22. Dezember 2018 teilweise geschlossen. Es war bereits der produkt. Nach Schätzungen des US Council of Economic zweite Shutdown unter Präsident Trump. Advisers senkt jede Woche, die der Shutdown andauert, das US-Wirtschaftswachstum um 0,13 Prozentpunkte. Dieser Wegen des Shutdowns galt eine Ausgabensperre und damit Bremseffekt lässt sich aufteilen auf Arbeitsausfälle der Bun- Zwangsurlaub für circa 800.000 US-Bundesangestellte. Etwa desangestellten (-0,08 Prozentpunkte) und nicht ausge- die Hälfte der betroffenen Bundesangestellten arbeitete führte Dienstleistungen der öffentlichen Auftragnehmer ohne Bezahlung, die andere Hälfte war beurlaubt. Es scheint (-0,05 Prozentpunkte). sicher, dass diejenigen, die ohne Bezahlung arbeiteten, rück wirkend ihr Gehalt erhalten werden. Ob dies für die Beur- Auch geringere Konsumausgaben der betroffenen Arbeit- laubten auch der Fall ist, hängt davon ab, ob der Kongress nehmer senken die heimische Nachfrage der USA: Der letzte ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. längere Shutdown im Jahr 2013 dauerte 16 Tage und hat einer Schätzung von Ökonomen der North Western Univer Weiterhin waren Schätzungen zufolge knapp 10.000 private sity und New York University zufolge die Konsumausgaben Dienstleister (beispielsweise das Wachpersonal öffentlicher der unbezahlten Bundesangestellten um 10 – 15 Prozent Gebäude oder Gärtner) mit einem wöchentlichen Auftrags- gesenkt. Ähnliches ist auch bei diesem Shutdown zu erwar- volumen von ca. 200 Millionen US-Dollar indirekt von der ten und wird sich mit Verzögerung in den Umsatzdaten Ausgabensperre betroffen. niederschlagen.
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 6 Bei einem erwarteten annualisierten Wachstum von 2,0 Pro Darüber hinaus könnte sich die Verschuldungssituation der zent für das erste Quartal 2019 könnte der fünfwöchige privaten Haushalte verschlechtern. Nach einer Studie der Shutdown damit rechnerisch zu einer Reduktion der Wachs amerikanischen Notenbank müssen sich schon in Zeiten tumsrate auf ca. 1,35 Prozent führen. ohne Shutdown 40 Prozent der amerikanischen Haushalte Geld leihen oder Wertgegenstände verkaufen, wenn uner- Es ist allerdings zu erwarten, dass diese direkten Effekte wartete Ausgaben von 400 US-Dollar oder mehr (bezie- nach Ende der Haushaltssperre – zumindest teilweise – hungsweise in diesem Fall unerwartete Einkommensaus- kompensiert werden, zum Beispiel durch die erwartete fälle) auf sie zukommen. Nachzahlung an Regierungsbeamte. Zudem können die Kompensationszahlungen für US-Far- mer, die von chinesischen Zöllen auf US-Agrarprodukte Indirekte Auswirkungen der Haushaltssperre (insbesondere Soja) betroffen sind, derzeit nicht ausbezahlt werden. Weiterhin wirkt sich der Shutdown über eine Reihe von indirekten Effekten auf die Entwicklung der US-Wirtschaft aus. So können negative Vertrauenseffekte der US-Wirtschaft Folgen für Deutschland und die Weltwirtschaft auch langfristig schaden. Die Öffentlichkeit, Analysten und Anleger könnten Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Für deutsche Unternehmen ist insbesondere die reibungs- US-Administration verlieren. Beispielsweise muss die US- lose Grenzabfertigung wichtig. Mehr als die Hälfte der Schuldengrenze spätestens im Sommer erneut erhöht wer- deutschen Exporte in die USA sind Vorleistungs- und Inves den. Die derzeitige Situation lässt Zweifel zu, ob dieser Pro- titionsgüter. Diese sichern US-Produktion und Arbeitsplätze. zess reibungslos ablaufen wird. Sollte es zu Verzögerungen dieser Lieferungen kommen, könnte die Störung der internationalen Wertschöpfungs- Es besteht auch die Gefahr, dass sich gut qualifiziertes, vom ketten auch zu Produktionsausfällen bei Unternehmen in Shutdown demotiviertes Personal der Bundesbehörden nach den USA führen. alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten umsehen könnte und der US-Regierung so wichtiges Wissen verloren ginge. Deutsche Stahl- und Aluminiumexporteure müssen länger darauf warten, dass ihre amerikanischen Geschäftspartner Auch die Abwicklung des US-Außenhandels wird durch Ausnahmegenehmigungen für den Import spezieller Stahl- den Shutdown beeinträchtigt. Die Containerabfertigung und Aluminiumprodukte aus Deutschland erhalten. wird von den US-Zollbehörden zwar prioritär behandelt, die Bearbeitung von Anträgen für Ausnahmegenehmigun- Grundsätzlich schürt eine andauernde Haushaltssperre gen für Stahl- und Aluminiumimporte ruht nach Pressebe- Unsicherheit. Diese beeinträchtigt in mittlerer Frist auch richten infolge des Shutdowns jedoch derzeit ganz. Schon internationale Finanzmärkte und könnte somit auch nega- vor dem Regierungsstillstand konnte die zuständige Behörde tive Folgen für die Weltwirtschaft haben. die Flut der Anträge nur langsam bearbeiten, nun kommt es zu weiteren Verzögerungen. Dies könnte sich auch nega- tiv auf die US-Industrieproduktion niederschlagen, weil Kontakt: Katrin van Dyken notwendige Vorleistungsprodukte zu spät geliefert werden. Referat: USA, Kanada und Mexiko Weiterhin beeinträchtigen nicht angebotene Dienstleistun- gen der US-Behörden (wie zum Beispiel Genehmigungspro zesse oder Finanzierungen, aber auch geschlossene National parks und Museen) die US-Wirtschaft. Geplante Börsengänge, wie beispielsweise von Uber, müssen möglicherweise ver- schoben werden. Zudem findet zurzeit keine Datenerfassung für statistische Berichte zum US-Außenhandel und für die Lage der US-Wirtschaft statt. Somit werden auch die Folgen der Haushaltssperre erst mit einer Zeitverzögerung nach- zuvollziehen sein.
7 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 Wirtschaftspolitische Termine des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie Februar 2019 06.02. Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (Dezember) 07.02. Produktion im Produzierenden Gewerbe (Dezember) 11./12.02. Eurogruppe ECOFIN 14.02. Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage 18.02. WBF-Rat 21./22.02. Informeller Handelsministerrat Ende Februar 2019 Schlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website) März 2019 04.03. Energieministerrat 08.03. Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (Januar) 11.03. Produktion im Produzierenden Gewerbe (Januar) 11./12.03. Eurogruppe/ECOFIN 14.03. Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage Ende März 2019 Schlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website) April 2019 02.04. Informeller Energieministerrat (Rumänien) 04.04. Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (Februar) 05.04. Produktion im Produzierenden Gewerbe (Februar) 05./06.04. Informeller ECOFIN-Rat (Rumänien) 12.04. Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage 12.04. Informelles Treffen der Kohäsionsminister Ende April 2019 Schlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website) In eigener Sache: Die „Schlaglichter“ als E-Mail-Abonnement Der Monatsbericht des Bundesministeriums für Darüber hinaus können auf der Homepage des Wirtschaft und Energie ist nicht nur als Druck Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie exemplar, sondern auch im Online-Abo als elektro- auch einzelne Ausgaben des Monatsberichts sowie nischer Newsletter verfügbar. Sie können ihn Beiträge aus älteren Ausgaben online gelesen unter der nachstehenden Internet- werden: Adresse bestellen: www.bmwi.de/schlaglichter www.bmwi.de/abo-service
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 8 Grafik des Monats Der Brexit … … ist mit vielen Unwägbarkeiten über die zukünftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU verbunden. Ein wichtiger Aspekt ist neben dem Handel die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Dies spiegelt sich auch in der Zahl der Einbürgerungen aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland wider: Im Jahr des Brexit-Votums 2016 erhöhte sich die Zahl der Briten, die die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten, um 360 Prozent auf knapp 3.000. Im Jahr 2017 ist die Zahl dann noch einmal deutlich gestiegen, lediglich aus der Türkei wurden in diesem Jahr mehr Personen in Deutschland eingebürgert. Zusammengenommen gab es in den letzten beiden Jahren damit mehr als drei Mal so viele Einbürgerungen von Briten wie im gesamten Zeitraum zwischen 2007 und 2015. Einbürgerungen aus dem Vereinigten Königreich in Deutschland 7.493 2.865 515 622 460 211 232 260 256 248 325 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Statistisches Bundesamt.
9 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 Überblick über die wirtschaftliche Lage Vorjahr. Stärker als im Vorjahr entwickelten sich die Brutto- • Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr investitionen, wozu neben Investitionen in Ausrüstungen und um 1,5 % real gewachsen. Dies ist eine Abschwä- Bauten auch ein Vorratsaufbau aufgrund des Staus bei den chung gegenüber den ursprünglichen Erwartun- Pkw-Typenzulassungen beitrug. Der Lagerbestand dämpfte gen, aber ein solides Ergebnis, das zeigt, dass die auch noch im Jahresendquartal die Erzeugung. Dennoch deutsche Wirtschaft nach wie vor wächst. dürfte die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal nach dem Rückgang im dritten wieder zugelegt haben. Die Auftrags • Gründe für das geringere Wachstum liegen in einer eingänge in der Industrie zeigen eine Bodenbildung und global abgeschwächten Konjunktur, im Niedrig- stärken die Erwartung eines Ausklingens der WLTP-Proble wasser durch die anhaltende Dürreperiode, in den matik. Unterstützung erhält die Binnenkonjunktur Anfang Absatzproblemen der Automobilindustrie auf- des Jahres durch die spürbare Entlastung von Bürgerinnen grund der WLTP-Problematik und in dämpfenden und Bürgern bei Steuern und Abgaben sowie die Erhöhung Sondereffekten wie der Grippewelle oder Streiks. der monetären Sozialleistungen. Die Konjunktur dürfte Die Binnenwirtschaft lieferte rechnerisch die ent- daher auch zu Jahresbeginn aufwärtsgerichtet bleiben.2, scheidenden Impulse. Für die Weltkonjunktur zeichnet sich eine Verlangsamung • Der Sondereffekt WLTP läuft aber allmählich aus ihrer Dynamik ab. So startete die industrielle Erzeugung nur und ab dem Jahreswechsel ergeben sich zusätzliche schwach ins vierte Quartal 2018. Der Welthandel entwickelte Impulse durch die Umsetzung des Koalitionsver- sich im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls gedämpft. Der IHS trages, z. B. durch die Senkung von Steuern und Markit PMI für die globale Industrie lag im Dezember 2018 Abgaben oder das Baukindergeld. Das Wachstum auf dem niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Auch der ifo setzt sich daher im laufenden Jahr fort. Index zum Weltwirtschaftsklima gab für das vierte Quartal 2018 eine verhaltene Stimmung wieder. Angesichts der Indi • Trotz einer leichten Abschwächung der Auf- katoren und der derzeitigen Ballung globaler Risiken hat die tragseingänge ist der Auftragsbestand weiterhin Weltbank ihre Wachstumsprognose für die globale Kon- sehr hoch. Das Baugewerbe befindet sich in der junktur zuletzt nach unten korrigiert. Insgesamt gehen die Hochkonjunktur. internationalen Organisationen in ihren letzten Prognosen von einer weniger dynamischen, aber weiterhin merklich • Die Einkommen steigen und ebenso die Konsum- aufwärtsgerichteten Entwicklung der Weltwirtschaft aus. nachfrage der privaten Haushalte. Dies zeigt sich auch in den Zahlen zu den deutschen Ausfuh- • Die Erwerbstätigkeit nimmt weiter zu und der ren von Waren und Dienstleistungen. So nahmen die Exporte Rückgang der Arbeitslosigkeit setzt sich fort. im November saisonbereinigt und in jeweiligen Preisen um 1,6 % ab. Im Zweimonatsvergleich Oktober/November ge genüber August/September sind die Ausfuhren nominal leicht gestiegen (+0,9 %). Preisbereinigt dürfte diese Steigerung Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr preisberei- jedoch geringer ausfallen. Die ifo Exporterwartungen fielen nigt in einem unruhigen außenwirtschaftlichen Umfeld auf ein Zwei-Jahres-Tief. Die nominalen Importe von Waren und trotz der Produktions- und Absatzstörungen bei den und Dienstleistungen gingen im November saisonbereinigt um Pkw-Herstellern solide um 1,5 % gewachsen, nach +2,2 % 1,0 % zurück. Im Zweimonatsvergleich ergab sich ein Plus von im Boomjahr 2017.1, Die Impulse kamen rechnerisch aus- 1,3 %. Bei steigenden Importpreisen dürfte sich preisbereinigt schließlich von der Binnenwirtschaft. Die Ausfuhren nah- aber auch hier ein schwächerer Anstieg ergeben. Insgesamt men angesichts der geringeren Dynamik der Weltwirt- deuten die Indikatoren auf eine verhaltene Entwicklung der schaft langsamer zu als im Vorjahr und auch weniger als Ausfuhren in den kommenden Monaten hin. die von der starken Binnenwirtschaft nachgefragten Ein- fuhren. Die privaten und staatlichen Konsumausgaben Bei der Produktion im Produzierenden Gewerbe ist es im wurden spürbar ausgeweitet, aber weniger deutlich als im November zu einer weiteren Abschwächung gekommen, 1, Meldung des Statistischen Bundesamtes zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2018 vom 15. Januar 2019. 2, In diesem Bericht werden Daten verwendet, die bis zum 16. Januar 2019 vorlagen. Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich um Verände- rungsraten gegenüber der jeweiligen Vorperiode auf Basis preisbereinigter sowie kalender- und saisonbereinigter Daten.
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 10 wozu auch Brückentage mit beigetragen haben. Die Erzeu- Neuzulassungen von Pkw bei privaten Haltergruppen auch gung in der Industrie ging im November um 1,8 % und im im vierten Quartal insgesamt niedriger als in den Vorquar- Zweimonatsvergleich um 1,5 % zurück. Die Produktion im talen. Hier ist aber eine Trendwende eingetreten. Seit Okto- Baugewerbe wurde im November ebenfalls eingeschränkt ber nehmen die Zulassungszahlen monatlich wieder spür- (-1,7 %). Im Zweimonatsvergleich ergab sich hier ein Minus bar zu. Für eine positive Entwicklung des privaten Konsums von 0,9 %. Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe in den kommenden Monaten spricht außerdem der weitere verringerten sich im November um 1,0 % und im Zweimo- Anstieg der verfügbaren Einkommen, der zum Jahreswech- natsvergleich um 0,3 %. Damit lagen sie gleichwohl in den sel durch die Entlastungen bei Steuern und Abgaben zusätz letzten beiden Monaten rd. ½ Prozentpunkt über ihrem lichen Schub erhielt. durchschnittlichen Niveau im dritten Quartal. Dies spricht zusammen mit dem hohen Auftragspolster mit einer Reich Vom Arbeitsmarkt kamen zum Jahresende 2018 weiterhin weite von 5,5 Monaten dafür, dass die Industriekonjunktur positive Nachrichten. Die Erwerbstätigkeit wurde im Novem wieder etwas an Schwung gewinnt. Der gewichtige Wirt- ber auf über 45,2 Mio. Personen ausgeweitet. Saisonbereinigt schaftsbereich Kfz/Kfz-Teile konnte zudem in Oktober und lag der Zuwachs zum Vormonat mit 34.000 Personen im November deutlich mehr Bestellungen verbuchen (+4,1 % Mittel der letzten Monate. Die sozialversicherungspflichtige bzw. +4,5 %). Beschäftigung nahm nach einem schwachen Vormonat kräftig zu. Die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeits- Angesichts der guten Beschäftigungs- und Einkommens kräften bleibt in vielen Sektoren sehr hoch, es gibt aber entwicklung stiegen die Konsumausgaben der privaten Anzeichen, so aus der Arbeitnehmerüberlassung und dem Haushalte im Jahr 2018 zwar spürbar um 1,0 %, aber doch Baugewerbe, für eine etwas ruhigere Gangart. Die Zahl der weniger stark als ihre real verfügbaren Einkommen. Nach Arbeitslosen nahm im Dezember saisonbereinigt um den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes ist die Spar 14.000 Personen ab; in Ursprungszahlen stieg sie weniger quote der privaten Haushalte im Jahr 2018 um 0,4 Prozent- stark als jahreszeitlich üblich auf knapp über 2,2 Mio. Per- punkte angestiegen, was im Gegenzug die Konsumausgaben sonen. Damit erhöhte sich auch die Arbeitslosenquote dämpfte. Nach der negativen Entwicklung im 3. Quartal nah leicht auf 4,9 %. Die Langzeitarbeitslosigkeit geht kontinu- men aber die Umsätze im Einzelhandel (ohne Kfz) im Okto- ierlich zurück, der Vorjahresstand wurde um mehr als 11 % ber und November wieder deutlich zu (+0,8 % bzw. +1,6 %). unterschritten. Die Stärkung der Wirtschaftskraft struk Vor dem Hintergrund der WLTP-Problematik waren die turschwacher Regionen bleibt eine Herausforderung. Konjunktur auf einen Blick* Entwicklung von Bruttoinlandsprodukt, Produktion und Auftragseingang in der Industrie sowie ifo Geschäftserwartungen 6 18 5 15 4 12 3 9 2 6 1 3 0 0 -1 -3 -2 -6 -3 -9 2014 2015 2016 2017 2018 Bruttoinlandsprodukt (Quartale) (linke Skala) Industrieproduktion (linke Skala) Auftragseingang in der Industrie (linke Skala) ifo Geschäftserwartungen in der Gewerblichen Wirtschaft (rechte Skala) * zentrierte gleitende 3-Monats-Durchschnitte bzw. Quartale, saisonbereinigt, Veränderungen gegenüber Vorperiode in v. H. bzw. Salden bei ifo Quellen: StBA, BBk, ifo Institut.
11 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 Jahreswirtschaftsbericht 2019: Soziale Marktwirtschaft stärken Wachstumspotenziale heben, Wettbewerbsfähigkeit erhöhen Das Bundeskabinett hat am 30. Januar den Jahreswirtschaftsbericht 2019 beschlossen. Die deutsche Wirtschaft setzt ihren Wachstumskurs fort, allerdings mit reduziertem Tempo. Die Bundesregierung trägt mit zahlreichen Maßnahmen dazu bei, Wachstumspotenziale zu heben und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu steigern. Deutschland 2019: Wirtschaftliche Entwicklung schaft. Die expansiv ausgerichtete Fiskalpolitik regt die Kon- bleibt aufwärtsgerichtet junktur zusätzlich an. Insgesamt bleibt die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland aufwärtsgerichtet, sie ist aber Die deutsche Wirtschaft befindet sich das zehnte Jahr in in unruhigeres Fahrwasser geraten. Die Risiken, vornehm- Folge auf Wachstumskurs, wie der Jahreswirtschaftsbericht lich aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld, haben sich 2019 darlegt. Allerdings dürfte sich die konjunkturelle erhöht. Dies ist ein Grund dafür, dass sich das Wachstums Grunddynamik gegenüber dem Vorjahr merklich verlang- tempo 2019 im Vergleich zum Vorjahr reduziert. samen. Nach einem Wachstum von 1,5 Prozent im Jahr 2018 erwartet die Bundesregierung für dieses Jahr eine Steigerung des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts um 1,0 Prozent Wirtschaftspolitik stellt Weichen (Übersicht 1). Die solide binnenwirtschaftliche Entwicklung bleibt hierfür eine wichtige Basis. Die Beschäftigung, die Die wirtschaftlichen Erfolge der vergangenen Jahre stehen Einkommen und damit die Konsummöglichkeiten der Men in der Kontinuität der siebzigjährigen Erfolgsgeschichte der schen nehmen weiter spürbar zu. Die Arbeitslosenquote Sozialen Marktwirtschaft. Allerdings ist zu beachten, dass wird im Jahr 2019 voraussichtlich auf 4,9 Prozent sinken, sich die wirtschaftlichen Chancen und Risiken im Laufe der die Zahl der Beschäftigten weiter auf 45,2 Millionen steigen. Zeit geändert haben. Gegenwärtig kommt der Digitalisierung Die Nettolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer steigen im von Wirtschaft und Gesellschaft eine herausragende Bedeu Jahr 2019 um 4,8 Prozent, wozu auch die Entlastungen bei tung zu. Auch die Globalisierung birgt neben großen Chan- Steuern und Abgaben beitragen. Dabei setzt das niedrige cen in jüngerer Zeit Herausforderungen und Risiken. Insbe- Zinsumfeld spürbare Impulse insbesondere in der Bauwirt- sondere protektionistische Tendenzen bilden ein Risiko für
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 12 eine offene und auf den freien Welthandel angewiesene gene Existenzminimum angepasst und die kalte Progression Volkswirtschaft. Ferner stellt der Klimawandel Deutschland ausgeglichen; außerdem werden Kindergeld und Kinderfrei- und die internationale Gemeinschaft vor große Herausfor- betrag angehoben. Allein mit dem Familienentlastungsgesetz derungen. Die demografische Entwicklung geht einher mit ergibt sich in den Jahren 2019 und 2020 eine Entlastung in einem sinkenden Erwerbspersonenpotenzial und zuneh- Höhe von 9,8 Milliarden Euro bei voller Jahreswirkung. menden Anforderungen an Alterssicherung, Gesundheits- versorgung und Pflege. Mit Blick auf diese Herausforderun- Für Unternehmen wird die Bundesregierung wachstums- gen stellt die Bundesregierung strukturelle Weichen, um freundliche und faire steuerliche Rahmenbedingungen die Soziale Marktwirtschaft zu stärken und zukunftsfest zu nachhaltig sicherstellen. Hierfür enthält der Koalitionsver- machen. trag mit der Einführung einer steuerlichen Forschungsför- derung eine erste wichtige Maßnahme zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Bundesregierung wird dazu im Freiräume schaffen, Teilhabe ermöglichen ersten Halbjahr 2019 einen Gesetzentwurf vorlegen. Darüber hinaus überprüft die Bundesregierung das Unternehmen- Die Soziale Marktwirtschaft lebt vom Einsatz und der Pro- steuerrecht laufend auf Anpassungsbedarf an veränderte duktivität ihrer Akteure. Deswegen muss die Wirtschafts- Rahmenbedingungen, insbesondere mit Blick auf kleine und politik Anreize so setzen, dass Leistungsträger – Unterneh- mittlere Unternehmen. Ein wichtiger Bestandteil ist die Ab mer wie Beschäftigte – die Früchte ihres ökonomischen schaffung des Solidaritätszuschlags, beginnend mit einem Engagements ernten können. So werden Finanzspielräume deutlichen ersten Schritt für 90 Prozent der Zahler des Soli- insbesondere auch durch Entlastungen bei Steuern und daritätszuschlags, um die Gesamtsteuerbelastung für Bürge- Sozialabgaben dafür genutzt, nachhaltiges Wachstum zu rinnen und Bürger zu senken. sichern und den sozialen Zusammenhalt weiter zu stärken. Die Bundesregierung will die Sozialversicherungsabgaben „Wohlstand für alle“ bedeutet auch, dass alle Regionen unter der Marke von 40 Prozent halten. In diesem Zusam- Deutschlands am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben menhang hat sie die Erhöhung des Pflegebeitragssatzes müssen. Auch um neue regionalpolitische Impulse zu durch eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversiche- setzen, hat die Bundesregierung die Kommission „Wachs- rung ausgeglichen. Mit dem Familienentlastungsgesetz tum, Strukturwandel und Beschäftigung“ eingesetzt, die am werden die verfügbaren Einkommen von Bürgerinnen und 26. Januar einen Abschlussbericht vorgelegt hat. Ferner soll Bürgern erhöht: Der Grundfreibetrag wird an das gestie- die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ insbe- Übersicht 1: Ausgewählte Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland 1. Jahresprojektion 2017 2018 2019 Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent, soweit nicht anders angegeben ENTSTEHUNG des Bruttoinlandsprodukts (BIP) BIP (preisbereinigt) 2,2 1,5 1,0 Erwerbstätige (im Inland) 1,4 1,3 0,9 Arbeitslosenquote in Prozent (Abgrenzung der Bundesagentur für Arbeit – BA) 2. 5,7 5,2 4,9 VERWENDUNG des BIP preisbereinigt (real) Private Haushalte und private Organisationen ohne Erwerbszweck 1,8 1,0 1,3 Ausrüstungen 3,7 4,5 2,3 Bauten 2,9 3,0 2,9 Inlandsnachfrage 2,0 1,8 1,4 Exporte 4,6 2,4 2,7 Importe 4,8 3,4 4,0 Außenbeitrag (Impuls) 2. 0,3 -0,2 -0,3 Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer 2,5 3,2 3,1 1. Bis 2018 vorläufige Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes; Stand: Januar 2019. 2. Bezogen auf alle Erwerbspersonen. 3. Absolute Veränderung des Außenbeitrags in Prozent des BIP des Vorjahres (= Beitrag zur Zuwachsrate des BIP).
13 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 sondere ein gesamtdeutsches Fördersystem für struktur- entlasten. Dies betrifft unter anderem die Bereiche Migra schwache Regionen für die Zeit nach dem Auslaufen des tionskosten (6,3 Milliarden Euro), Gemeindeverkehrsfinan- Solidarpaktes II zum Jahresende 2019 erarbeiten. zierung (1,7 Milliarden Euro), Kindertagesstätten (5,5 Mil liarden Euro), Ganztagsschulen/-betreuung für Kinder im Grundschulalter (2 Milliarden Euro ab 2020) und Sozialer Solide Finanzpolitik fortsetzen, Investitionen Wohnungsbau einschließlich Kompensationsmittel (zusätz- fördern lich 2,5 Milliarden Euro für 2019 bis 2021). Die Bundesre- gierung hat ferner die einfachgesetzlichen Voraussetzungen Seit dem Jahr 2014 hat der Bund keine neuen Schulden auf dafür geschaffen, Länder und Kommunen auch in Zukunft genommen. Die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote sinkt gezielt beim Ausbau der digitalen Infrastruktur zu unter- seit 2013 kontinuierlich und wird gemäß der aktuellen Pro- stützen. jektion der Bundesregierung in diesem Jahr unterhalb des Maastricht-Grenzwerts in Höhe von 60 Prozent des Brutto- inlandsprodukts liegen. Unterstützt hat diese Entwicklung Digitalen Wandel vorantreiben neben einer guten konjunkturellen Lage auch das sehr günstige Zinsniveau. Die Bundesregierung trägt mit einem Der digitale Wandel bietet große Chancen, den Wohlstand ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden zu den soliden und die Lebensqualität zu steigern und die Wettbewerbs Staatsfinanzen bei. Gleichzeitig sieht der Bundeshaushalt in fähigkeit deutscher Unternehmen zu erhöhen. Um den den kommenden Jahren deutlich höhere Investitionsausga- Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft im digitalen Zeitalter ben gegenüber der vergangenen Legislaturperiode vor. Die langfristig zu sichern, hat die Bundesregierung die Umset- Investitionsausgaben des Bundes sollen laut Finanzplanung zungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ verabschiedet, die im Zeitraum 2018 bis 2021 mit insgesamt 154,5 Milliarden die prioritären Digitalisierungsvorhaben aller Ressorts in Euro ein Rekordniveau erreichen (Abbildung 1). fünf Handlungsfeldern zusammenführt (Abbildung 2). Allein durch die im Jahr 2018 beschlossenen Maßnahmen Grundvoraussetzung für die zukünftige Wettbewerbsfähig- wird der Bund die Länder und Kommunen im Bereich der keit ist eine flächendeckende und hochleistungsfähige digi- Sozialabgaben und der kommunalen Investitionstätigkeit tale Infrastruktur. Der möglichst flächendeckende Ausbau bis zum Jahr 2022 in Höhe von rund 29 Milliarden Euro von Gigabitnetzen bis zum Jahr 2025 erfordert vor allem Abbildung 1: Investitionsausgaben des Bundes (2010 – 2021) Mrd. Euro 180 160 154,5 140 121,7 120 103,9 100 80 60 40 20 0 2010–2013 2014–2017 2018–2021 (Ist) (Ist) (Soll und Finanzplan) Quelle: Bundesministerium der Finanzen. Ohne Zuführung an den ESM (2012 – 2014); in 2018 einschließlich der Zuweisung an das Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ (2,4 Mrd. Euro); ab 2020 ohne Entflechtungsmittel (Länder erhalten diese dann über Umsatzsteueranteile).
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 14 erhebliche Investitionen der Privatwirtschaft. Im Rahmen Digitale Ordnungspolitik gestalten der Novelle des Telekommunikationsgesetzes sollen inno- vations- und investitionsfreundlichere, aber gleichzeitig Eine moderne und effektive digitale Ordnungspolitik ist auch wettbewerbssichernde Regulierungsbedingungen notwendig, um die Innovationskräfte des Marktes zur Ent- geschaffen werden. Für den Ausbau von Gigabitnetzen in faltung zu bringen – und gleichzeitig die Digitalisierung unwirtschaftlichen Gebieten werden Mittel im Sonderver- wettbewerbskonform und sozial nachhaltig zu gestalten. mögen „Digitale Infrastruktur“ bereitgestellt werden. Bei Um das deutsche und europäische Wettbewerbsrecht für die der 2019 anstehenden Frequenzversteigerung werden ver- Herausforderungen der Digitalisierung fit zu machen, hat pflichtende Ausbauauflagen erlassen, durch die insbeson- die Bundesregierung mit der Vorbereitung der 10. Novelle dere die Mobilfunk-Versorgung entlang der Verkehrswege des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in den Blick genommen und der Aufbau von 5G-Netzen begonnen und außerdem die „Kommission Wettbewerbs- dynamisch vorangetrieben wird. recht 4.0“ eingesetzt. Die Bundesregierung setzt außerdem verstärkt auf Reallabore als Testräume für Regulierung und Die Digitalisierung stellt gerade kleine und mittlere Unter- Innovation. In solchen Reallaboren werden innovative nehmen (KMU) und Handwerksbetriebe vor enorme Heraus Technologien und Geschäftsmodelle in einem zeitlich forderungen, insbesondere mit Blick auf Produktions- und befristeten, geographisch abgegrenzten sowie gegebenen- Arbeitsprozesse und die Weiterbildung von Mitarbeitern. falls rechtlich angepassten Raum (Experimentierklauseln, Mit dem Förderschwerpunkt „Mittelstand-Digital“ wird die Sondergenehmigungen etc.) ergebnisoffen getestet. digitale Transformation der Wertschöpfungsprozesse un terstützt. Mit einem neuen Förderprogramm „Investitions- zuschuss Digitalisierung im Mittelstand“ sollen gezielt An Schlüsseltechnologien gemeinsam mit der reize geschaffen werden, um digitale Geschäftsprozesse zu Wirtschaft voranbringen verbessern und neue Geschäftsmodelle zu generieren. Die Bundesregierung wird außerdem die digitale Transforma- In der Sozialen Marktwirtschaft unterstützt und flankiert tion der Industrie weiter mit geeigneten Maßnahmen der Staat die Entscheidungen privater Akteure und Markt- unterstützen. Dazu wird die Plattform „Industrie 4.0“ ziel- prozesse durch die Gestaltung von verlässlichen Rahmen- gerichtet inhaltlich weiter ausgebaut. bedingungen, die den Wettbewerb sichern. Ein darüber Abbildung 2: Handlungsfelder der Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ Quelle: Bundesregierung.
15 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 hinausgehendes staatliches Engagement in einzelnen Bran- neuen KfW-Beteiligungsgesellschaft „KfW Capital“ der chen kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn es Markt für Wagniskapital weiterentwickelt werden. darum geht, im internationalen Vergleich faire Wettbewerbs bedingungen zu gewährleisten oder die Grundlagenfor- Darüber hinaus ist die Förderung von Forschung und Ent- schung zu fördern. Das ist unter anderem beim Aufbau einer wicklung ein prioritäres Ziel der Bundesregierung. Die Bun europäischen Batteriezellfertigung, bei der Künstlichen desregierung flankiert Initiativen der privaten Wirtschafts- Intelligenz und der Bioökonomie der Fall. Diese Technolo- teilnehmer auch im Rahmen der Gründung einer Agentur gien können maßgeblich zur Sicherung der langfristigen für Sprunginnovationen. Geplant ist außerdem eine Initia- Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft beitragen. tive zur Verbesserung des Technologietransfers. Die High- Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung eine tech-Strategie 2025 soll das politische Ziel strategisch unter industriepolitische Strategie vorlegen, um Schlüsseltechno- mauern, die privaten und öffentlichen Ausgaben für logien gezielt zu stärken und die technologische Souverä Forschung und Entwicklung bis 2025 auf 3,5 Prozent des nität in zentralen Technologiefeldern zu wahren. BIP zu steigern (Abbildung 3). Unternehmensgründungen fördern, Forschung Fachkräftebedarf decken unterstützen Der Arbeitsmarkt präsentiert sich insgesamt in der besten Ein wichtiges Element zur Aufrechterhaltung der marktwirt Verfassung seit der Wiedervereinigung. In Bezug auf be schaftlichen Dynamik ist das kontinuierliche Nachrücken stimmte Qualifikationen, Regionen und Branchen treten neuer Unternehmen mit innovativen Produkten und Ge allerdings Fachkräfteengpässe auf. Dies betrifft insbeson- schäftsmodellen. Die Bundesregierung hat daher eine Grün dere Gesundheits- und Pflegeberufe sowie einzelne techni- dungsoffensive gestartet und stellt für innovative Unter- sche Berufsfelder und das Handwerk. Die Mobilisierung nehmensgründungen im Jahr 2019 zusätzliche finanzielle von Fachkräften wird deshalb immer stärker zu einer Her- Mittel zur Verfügung. Sie setzt sich für eine neue Grün- ausforderung für die Soziale Marktwirtschaft. Die Bundes- dungskultur und gründungsfördernde Strukturen in Wis- regierung verfolgt deswegen eine Fachkräftestrategie, die senschaft und Forschung ein. Darüber hinaus soll mit der auf drei Säulen beruht: Erstens geht es darum, Menschen Abbildung 3: Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt Prozent 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Eurostat (Daten für 2017 vorläufig).
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 16 im Inland für den Arbeitsmarkt zu gewinnen und besser zu cherung (GKV) versicherte Selbständige weitere Maßnahmen qualifizieren, zweitens geht es um die Nutzung der Möglich zur Entlastung von Beitragszahlern ergriffen. Gleichzeitig keiten der Freizügigkeit von Fachkräften aus Mitgliedstaa- hat die Bundesregierung eine Anhebung des Pflegebeitrags- ten der Europäischen Union und drittens um eine Gewin- satzes um 0,5 Prozentpunkte beschlossen. So können wich- nung qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten. Auch um tige Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Pflege- das inländische Erwerbspersonenpotenzial noch stärker bedürftigen finanziert sowie die Arbeitsbedingungen von auszuschöpfen, hat der Deutsche Bundestag das Qualifizie- Pflegekräften attraktiver gestaltet werden, um mehr Men- rungschancengesetz beschlossen. Dieses baut die Förderung schen für den Pflegeberuf zu gewinnen. von Weiterbildungsmöglichkeiten für Beschäftigte und Arbeitslose aus, damit sie angesichts des technologischen Wandels ihre Kompetenzen fortentwickeln können. Darü- Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern ber hinaus eröffnet das Teilhabechancengesetz Langzeitar- beitslosen neue Perspektiven zur Teilhabe auf dem Arbeits- Eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf trägt markt durch Lohnkostenzuschüsse sowie intensive ebenfalls zur Sicherung und Gewinnung von Fachkräften Betreuung und Qualifizierung. bei. So hat die Bundesregierung zur Verbesserung der Qua- lität der Kinderbetreuung das „Gute-KiTa-Gesetz“ auf den Über die Nutzung inländischer und europäischer Fachkräfte Weg gebracht, das auch einen Beitrag zu gleichwertigen potenziale hinaus muss Deutschland noch attraktiver werden Lebensverhältnissen im Bereich frühkindlicher Bildung und für qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten. Ziel des Fach- zu mehr Chancengleichheit für Kinder leisten soll. Insgesamt kräfteeinwanderungsgesetzes ist deshalb ein zeitgemäßer stellt der Bund den Ländern bis 2022 hierfür 5,5 Milliarden Steuerungs- und Ordnungsrahmen für den Zuzug qualifi- Euro für festgelegte Handlungsfelder zur Verfügung. Das zierter Arbeitskräfte. Außerdem sollen die Anerkennung „Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einfüh- ausländischer Abschlüsse und die Förderung der deutschen rung einer Brückenteilzeit“, das 2019 in Kraft getreten ist, Sprache im In- und Ausland verbessert, eine Strategie zur stellt insbesondere sicher, dass Arbeitnehmer nach einer Fachkräftegewinnung gemeinsam mit der Wirtschaft erar- zeitlich begrenzten Teilzeitbeschäftigung wieder zu ihrer beitet und Verwaltungsverfahren effizienter und transpa- früheren Arbeitszeit zurückkehren können. renter gestaltet werden. Lebenswerte Städte, attraktive Regionen und Soziale Sicherung zukunftsorientiert aufstellen bezahlbares Wohnen sicherstellen Die demografische Entwicklung stellt auch für die soziale Für das Leben und Arbeiten sowie den Zusammenhalt der Sicherung eine große Herausforderung dar. Die Bundes Gesellschaft sind lebenswerte Städte, attraktive Regionen regierung hat ein Rentenpaket beschlossen, das Leistungs- und bezahlbarer Wohnraum elementar. Die Bundesregierung verbesserungen bei Erwerbsminderung und für erbrachte hat im September 2018 Eckpunkte einer Wohnraumoffen Kindererziehungszeiten ebenso umfasst wie eine Reduktion sive beschlossen. Darüber hinaus sieht die Bundesregierung der Abgabenlast von Geringverdienern. Ferner sollen der unter anderem eine Stärkung des sozialen Wohnungsbaus, Beitragssatz zur Rentenversicherung bis zum Jahr 2025 nicht die steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus durch über 20 Prozent steigen und das Rentenniveau nicht unter Einführung einer Sonderabschreibung sowie ein Baukinder 48 Prozent sinken. Der Umgang mit langfristigen Heraus- geld vor. Mit einer Wohngeldreform 2020 soll das Wohngeld forderungen im Kontext der Alterssicherung ist Gegenstand verbessert werden. Die Bundesregierung strebt darüber einer von der Bundesregierung eingesetzten Kommission hinaus eine zeitnahe Reform der Grundsteuer an. „Verlässlicher Generationenvertrag“. In der Arbeitslosenver- sicherung werden die Beitragszahler entlastet; so wurde der Beitragssatz per Gesetz um 0,4 Prozentpunkte und per Ver- Energie- und Klimaschutz marktwirtschaftlich ordnung um zusätzliche 0,1 Prozentpunkte befristet bis vorantreiben Ende des Jahres 2022 gesenkt. Seit dem 1. Januar 2019 liegt der Arbeitslosenversicherungsbeitrag damit bei 2,5 Prozent. Die Energiewende stellt eine zentrale, langfristige Gestal- Darüber hinaus hat die Bundesregierung mit der Rückkehr tungsaufgabe für den Standort Deutschland und die Soziale zur paritätischen Finanzierung und der Senkung der Min Marktwirtschaft dar. Die Bundesregierung will sowohl die destbeiträge für freiwillig in der Gesetzlichen Krankenversi- Energie- und Klimaziele auf nationaler und europäischer
17 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 Ebene erfüllen als auch die Verpflichtungen, die sich aus dem der Stromnetze zentral. Um den Netzausbau zu beschleuni- internationalen Klimaschutzabkommen von Paris ergeben. gen und das bestehende Netz besser auszulasten, hat die Im Jahr 2018 betrug der Anteil erneuerbarer Energien an der Bundesregierung in Konkretisierung des Aktionsplans Bruttostromerzeugung bereits 35,2 Prozent (Abbildung 4). Stromnetz unter anderem einen Entwurf für ein novellier- Bis zum Jahr 2030 strebt die Bundesregierung eine Erhöhung tes Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG 2.0) vorge- des Erneuerbaren-Anteils im Stromsektor auf etwa 65 Pro- legt. Mit der Verordnung zur schrittweisen Einführung zent an. bundeseinheitlicher Übertragungsnetzentgelte hat die Bundesregierung zudem einen Schritt für eine sachgerech- Der Paradigmenwechsel von staatlich administrierten Fest- tere Verteilung der Netzausbaukosten eingeleitet. preisvergütungen hin zu wettbewerblich ermittelten För- dersätzen hat seit 2017 zu mehr Wettbewerb und einem kosteneffizienteren Ausbau der erneuerbaren Energien Energieeffizienz als zentraler Baustein geführt. Insgesamt ist es gelungen, den Strompreis für pri- der Energiewende vate Haushaltskunden zu stabilisieren (Abbildung 5). Energie effizienter einzusetzen und einzusparen ist ein zentraler Baustein der Energiewende. Die Bundesregierung Stromnetzausbau beschleunigen wird daher eine sektorenübergreifende Energieeffizienz- strategie verabschieden. Diese soll konkrete Maßnahmen Wesentlich für den Erfolg der Energiewende ist der Netz- enthalten, um den deutschen Beitrag zum EU-Energieeffi- ausbau, der bisher nicht mit dem Ausbau der erneuerbaren zienzziel für das Jahr 2030 zu erreichen, und auch einen Energien Schritt hält. Daher muss das Stromnetz optimiert, langfristigen Fahrplan zur Halbierung des Energiever- verstärkt und ausgebaut werden. Zudem muss der Ausbau brauchs bis zum Jahr 2050. Die Bundesregierung plant, das der erneuerbaren Energien besser mit dem Netzausbau Energieeinsparrecht für Gebäude durch ein Gebäudeener- synchronisiert erfolgen. Hierfür ist die Aufnahmefähigkeit giegesetz zu novellieren. Zudem prüft die Bundesregierung Abbildung 4: B ruttostromerzeugung in Deutschland 2018 in Terawattstunden (TWh)* Erdgas Mineralöl 12,8 % 0,8 % Sonstige 4,1 % 83,0 5,2 26,9 Steinkohle 12,8 % Windkraft Biomasse 83,0 17,5 % 7,0 % 113,3 45,7 228,5 Erneuerbare 35,2 % Kernenergie 76,1 46,3 11,7 % Photovoltaik/ 16,9 6,3 Geothermie 7,1 % Wasserkraft ** Hausmüll ** 2,6 % 1,0 % 146,0 Braunkohle 22,5 % Bruttostromerzeugung insgesamt: 649 TWh * vorläufige Zahlen, z. T. geschätzt ** Regenerativer Anteil Geothermie aufgrund der geringen Menge in Photovoltaik (PV) Quelle: AG Energiebilanzen, Stand: Dezember 2018.
M O N AT S B E R I C H T 0 2 - 2 0 1 9 18 verschiedene Ausgestaltungsoptionen zur Einführung der kung der Wirtschafts- und Währungsunion geeinigt. Gemein im Koalitionsvertrag als prioritäre Maßnahme vereinbarten sam mit Frankreich hat sich die Bundesregierung aktiv in steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanie- diesen Reformprozess eingebracht. Für die Bundesregierung rung, auch unter Berücksichtigung der haushaltspolitischen war hierbei die Fortentwicklung des Europäischen Stabili- Vorgaben des Koalitionsvertrags, um die energie- und kli- tätsmechanismus (ESM), der Mitgliedstaaten der Währungs mapolitischen Ziele im Gebäudebereich zu erreichen. Mit- union unter strikten Auflagen Stabilitätshilfen gewähren hilfe einer „Förderstrategie Energieeffizienz und Wärme kann, ein besonderes Anliegen. aus erneuerbaren Energien“ soll die Förderung noch ziel gerichteter und der Zugang zur Förderung vereinfacht wer- Die Bundesregierung begrüßt den Fokus auf Innovationen den. und Investitionen im Vorschlag der Europäischen Kommis- sion für den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 bis 2027. Ein Element neben dem künftigen For- Europa gestalten und die Finanzmärkte schungsrahmenprogramm sind die hohen Innovations- zukunftsfest machen und Forschungsanteile beim Ansatz für die Kohäsionspoli- tik, aber auch in anderen Haushaltslinien. Dazu gehört Die Soziale Marktwirtschaft Deutschlands ist eng eingebet- außerdem die Fortführung des Europäischen Fonds für tet in den europäischen Kontext. Allerdings steht Europa Strategische Investitionen (EFSI), der künftig zusammenge- vor großen Herausforderungen. Hierzu gehören aktuell ins fasst mit anderen Finanzinstrumenten im neuen Programm besondere der Brexit sowie die Frage der zukünftigen Gestal „InvestEU“ aufgehen wird. Wichtig bleibt dabei sicherzu- tung der Wirtschafts- und Währungsunion. Eine zentrale stellen, dass es sich um zusätzliche Investitionen handelt, Voraussetzung für eine zukunftsfähige Europäische Union und insgesamt ein investitionsfreundliches Umfeld zu schaf ist ein wettbewerbsfähiger und krisenfester Euroraum. Die fen. Die Europäische Kommission hat ferner Vorschläge Mitgliedstaaten haben sich auf dem Eurogipfel im Dezem- gemacht, um die Umsetzung von Strukturreformen in den ber 2018 daher auf ein umfassendes Reformpaket zur Stär- Mitgliedstaaten zu unterstützen. Die Bundesregierung Abbildung 5: Entwicklung der Strompreise für private Haushaltskunden ct/kWh 35 29,24 29,53 29,11 29,80 29,86 29,88 30 25,45 26,06 25 22,75 23,42 21,39 20 15 10 5 0 01.04.2008 01.04.2009 01.04.2010 01.04.2011 01.04.2012 01.04.2013 01.04.2014 01.04.2015 01.04.2016 01.04.2017 01.04.2018* Energiebeschaffung und Vertrieb (inkl. Marge) Netzentgelt Umlage nach EEG Umlage nach KWKG Konzessionsabgabe Umlage nach § 19 StromNEV Offshore-Haftungsumlage Umlage für abschaltbare Lasten Stromsteuer Umsatzsteuer * Der Wert für 2018 ist vorläufig. Quelle: Bundesnetzagentur. Die Daten wurden jeweils zum Stichtag 1. April ermittelt.
19 M O N AT S B E R I C H T 0 2 -2 0 1 9 unterstützt dieses Anliegen, auch wenn zu einzelnen Vor- len Handelssystems der Welthandelsorganisation (WTO) als schlägen noch Fragen zu klären sind. Ordnungsrahmen für einen regelbasierten Welthandel ein. Ergänzend unterstützt die Bundesregierung bilaterale Frei In diesem Jahr wird es nun insbesondere darum gehen, die handelsabkommen der EU, durch die Handels- und Investi- Beschlüsse des Eurogipfels im Dezember 2018 umzusetzen. tionshemmnisse beseitigt und gleichzeitig hohe Standards Die Bundesregierung bedauert den Entschluss des Verei- verbindlich vereinbart werden. nigten Königreichs, aus der EU auszutreten. Sie begrüßt die Einigung auf ein Austrittsabkommen sowie auf eine politi- Offene Märkte sind nicht nur mit Blick auf den Handel sche Erklärung über den Rahmen der zukünftigen Bezie- wichtig, sondern auch für Investitionen und Kapitalflüsse. hungen, setzt sich weiter für einen geordneten EU-Austritt Dabei gilt es, europäische beziehungsweise nationale Sicher des Vereinigten Königreiches ein und strebt auf Basis der heitsbelange bei ausländischen Direktinvestitionen zu be Leitlinien des Europäischen Rates ein auch zukünftig enges rücksichtigen und einheitliche Wettbewerbsbedingungen Verhältnis der EU mit dem Vereinigten Königreich an. zu gewährleisten. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass sich die EU-Mitgliedstaaten wirksamer insbesondere vor staatlich gelenkten Direktinvestitionen aus Drittstaaten Globalisierung nutzen, internationalen in sicherheitsrelevante Unternehmen schützen können. Wettbewerb fair gestalten Gleichzeitig entwickelt sie das nationale Prüfinstrumenta- rium weiter, um verstärkt Sicherheitsbelange bei ausländi- Der globale Handel trägt maßgeblich zu Wohlstand, Wachs- schen Direktinvestitionen angemessen berücksichtigen zu tum und Beschäftigung bei. Gerade für das Exportland können. Deutschland sind offene Märkte von besonderer Bedeu- tung. Voraussetzung für die wohlstandssteigernden Effekte der Globalisierung sind daneben auch Regelgebundenheit und einheitliche Wettbewerbsbedingungen bei Handel und Kontakt: Sven Bergschmidt, Dr. Ulrike Bramburger, Investitionen. Vor diesem Hintergrund tritt die Bundesre- Dr. Tobias Meyer und Dr. Kenan Šehović gierung protektionistischen Tendenzen entgegen und setzt Referat: Grundsatzfragen der Wirtschaftspolitik sich für die Stärkung und Modernisierung des multilatera-
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