2018/19 Alternative Kraftstoffe Forschung für den Klima- und Umweltschutz - OWI Aachen

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2018/19 Alternative Kraftstoffe Forschung für den Klima- und Umweltschutz - OWI Aachen
Tätigkeitsbericht

                           2018/19

Themenschwerpunkt

Alternative Kraftstoffe
Forschung für den Klima-
und Umweltschutz
2018/19 Alternative Kraftstoffe Forschung für den Klima- und Umweltschutz - OWI Aachen
zusammen mit

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                    Flüssige Energie für morgen
Das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) und seine Tochtergesell-
schaften, die OWI Science for Fuels gGmbH und die TEC4FUELS GmbH,
arbeiten gemeinsam an zukunftsfähigen Lösungen für die Energiewende.

Institut für Wärme und Oeltechnik e.V.                          TEC4FUELS GmbH
Das Institut für Wärme und Oeltechnik e. V. (IWO) ist eine      Die TEC4FUELS GmbH ist ein technischer Dienstleister,
Einrichtung der deutschen Mineralölwirtschaft. Namhafte         der in der Forschung und Entwicklung zu technischen
Heizgeräte- und Komponentenhersteller begleiten die             Produkten, Systemen und Energieträgern und deren
Arbeit des in Hamburg ansässigen Instituts als Förder-          Anwendung im Energiemarkt für Brenn-, Kraft-, Treib- und
mitglieder. Das IWO setzt sich für eine technologieoffene       Schmierstoffe aktiv ist. Hierzu gehört auch das Testing der
Gestaltung der Energiewende ein, denn Transformations-          Einsatzfähigkeit und Performance in der Praxis. Darüber
pfade mit einem breiten Technologie- und Energieträger-         hinaus werden damit verbundene Beratungs- und sonsti-
mix sind robuster und kostengünstiger als solche, die sich      ge Dienstleistungen angeboten.
überwiegend auf strombasierte Anwendungen stützen.
                                                                Mehr auf www.tec4fuels.com
Dieser Energieträgermix sollte auch flüssige Kraft- und
Brennstoffe enthalten, die künftig zunehmend erneuer-
bar hergestellt werden. Solche alternativen Fuels sind für
                                                                OWI Science for Fuels gGmbH
eine weitgehend treibhausgasneutrale Energieversorgung          OWI ist eine unabhängige und gemeinnützige For-
unverzichtbar.                                                  schungseinrichtung. In Zusammenarbeit mit Partnern
                                                                aus Industrie und Forschung forscht und entwickelt
Als Kompetenzzentrum für effiziente Heiztechnologien,           OWI Konzepte und Technologien auf den Gebieten der
den Wandel der Energieversorgung sowie die Entwicklung          energieeffizienten Nutzung flüssiger konventioneller und
und den künftigen Einsatz treibhausgasneutraler Kraft-          alternativer Brenn- und Kraftstoffe sowie innovativer
und Brennstoffe ist das IWO in vier Kernbereichen tätig:        Effizienztechnologien. Das Ziel sind technisch ausgereif-
Gestaltung von Rahmenbedingungen, Forschung, Technik            te, treibhausgas- und emissionsarme Lösungen für die
und Kommunikation. Das Ziel der IWO-Arbeit besteht da-          Wärmeerzeugung und Mobilität von Morgen. OWI ist ein
rin, die Vorteile flüssiger Energieträger langfristig nutzbar   An-Institut der RWTH Aachen und versteht sich als Mittler
zu machen.                                                      zwischen Grundlagenforschung und Anwendung.

Mehr auf www.zukunftsheizen.de                                  Mehr auf www.owi-aachen.de
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Tätigkeitsbericht
                                                     2018/19

                     © 2020
OWI Science for Fuels, An-Institut der RWTH Aachen
               www.owi-aachen.de

                TEC4FUELS GmbH
               www.tec4fuels.com
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Unsere Sponsoren und Fördermitglieder

Die OWI Science for Fuels gGmbH ist eine gemeinnützige      Fördermitglieder
und unabhängige Forschungseinrichtung, die es sich zur
Aufgabe gemacht hat, Forschung im Bereich der flüssi-
gen Brenn- und Kraftstoffe und angewandter Technolo-
gien zu betreiben. Hierfür werben wir erfolgreich öffent-
liche Fördermittel ein und erforschen Fragestellungen,
die aus der Mineralölbranche sowie der Automobil- und
Heizgeräteindustrie an uns herangetragen werden.
Zusätzlich sind wir auf Zuwendungen und Spenden
angewiesen.                                                 AFTON Chemical GmbH
                                                            Arbeitsgemeinschaft Qualitätsmanagement Biodiesel e. V.
                   An dieser Stelle bedanken wir uns bei
                                                            ASG Analytik-Service Gesellschaft mbH
                   dem Institut für Wärme und Oeltech-
                                                            Bosch Thermotechnik GmbH
                   nik e.V. (IWO) für seine großzügige
                   finanzielle Unterstützung sowie bei      Bundesverband Lagerbehälter e.V.
                   unseren Sponsoren und unseren För-       Cedicol vzw, Voorlichtingscentrum voor Vloeibare
dermitgliedern. Sie unterstützen unsere Tätigkeiten teils   Brandstoffen
finanziell und stehen uns in vielen Bereichen beratend      CETIAT – Centre Technique des Industries Aérauliques
zur Seite. Viele unserer Unterstützer sind auch als For-    et Thermiques
schungspartner oder projektbegleitende Ausschussmit-        Chimec GmbH
glieder in den Forschungsprojekten engagiert, die das       DANFOSS A/S Burner Compenents Division
OWI durchführt.                                             DEHOUST GmbH
                                                            Eberspächer Climate Control Systems GmbH & Co. KG
                                                            Enertech GmbH Division GIERSCH
                                                            ERC Emission-Reduzierungs-Concept GmbH
                  AVIA sponsort die OWI-                    EVUP Erdöl-Vereinigung
                  Forschungsaktivitäten                     GMA – Gesellschaft für Mineralöl-Analytik und Qualitäts-
                                                            management mbH + Co. KG
                  AVIA ist ein Verbund von 33 mit-
                                                            GOK Regler- und Armaturen- Gesellschaft mbH & Co. KG
                  telständischen Unternehmen der
                                                            Hovalwerk AG
Energiewirtschaft. Als Dachgesellschaft bündelt die AVIA
AG in Deutschland unter anderem den Einkauf einer           INNOSPEC Fuel Specialties
breiten Palette an Mineralölprodukten, Brennstoffen         Körting Hannover AG
und Energie für ihre Mitglieder. Zum Produktportfolio       Laudon GmbH & Co. KG
zählen die Lieferung von Schmierstoffen, Brennstoffen,      Max Weishaupt GmbH
Erdgas, Strom und Pellets an Privat- und Gewerbekun-        MEKU Energie Systeme GmbH & Co. KG
den sowie der Betrieb von Windkraftanlagen in mehre-
                                                            NORA National Oilheat Research Alliance
ren Tochterunternehmen. Unter der Marke AVIA wer-
                                                            OMV Refining & Marketing GmbH
den in Deutschland mehr als 800 Tankstellen betrieben.
Ziel der AVIA AG ist es, sich aus der Energiewende          ROTEX Heating Systems GmbH
ergebende Chancen zu identifizieren und dabei den           SCHEER Heizsysteme & Produktionstechnik GmbH
Stellenwert innovativer Kraft- und Schmierstoffe in wei-    Schiedel GmbH & Co. KG
terführenden Entwicklungsstadien frühzeitig erkennen        Siemens AG – Infrastructure & Cities
zu können. Dabei ermöglicht die Kooperation mit dem         Vaillant GmbH & Co. KG
OWI Oel-Waerme-Institut AVIA die Gewinnung wichtiger
                                                            Viessmann Werke GmbH & Co. KG
Informationen über den wissenschaftlichen Fortschritt
                                                            Webasto AG, Global Comfort Solutions
bei der Herstellung und Verwendung zukunftsfähiger,
treibhausgasarmer flüssiger Brenn- und Kraftstoffe.
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                                                                                                                  Vorwort

                                                                        Olaf Bergmann,
                                                                      TEC4FUELS GmbH
                                                                              Foto: IWO     Dr. Klaus Lucka,

Sehr geehrte
                                                                                            TEC4FUELS GmbH

Leserinnen und Leser,
das OWI Oel-Waerme-Institut hat sich im April 2020
nach fast 22 Jahren Geschäftstätigkeit umbenannt und
heißt jetzt OWI Science for Fuels gGmbH. Damit will das
Forschungsinstitut auch in seiner Firmierung konsequent                Dr. Wilfried Plum,
betonen, dass sein Fokus schon seit längerem auf tech-      OWI Science for Fuels gGmbH
nisch ausgereiften sowie emissions- und treibhausgasar-                                     Elmar Pohl,
men Lösungen für die Mobilität und Wärmeerzeugung                                           OWI Science for Fuels gGmbH
von Morgen liegt. OWI Science for Fuels bleibt weiterhin
ein „An-Institut der RWTH Aachen University“.

Bereits 2019 stellte sich die Geschäftsleitung des For-    ihre Einsatzmöglichkeiten etwa in Motoren, Heizsystemen,
schungsinstituts neu auf. In Anbetracht der Dynamik in     Brennstoffzellen und Thermoprozessanlagen. Ein wichti-
der Entwicklung alternativer klimaschonender Fuels und     ges Merkmal der Forschungsarbeit ist die Entwicklung und
der Erweiterung der Forschungsaktivitäten in den Mobili-   Durchführung von Testverfahren, die unter realitätsnahen
tätsbereich stehen OWI mit Dr. Wilfried Plum und           Einsatzbedingungen die Interaktion von Kraftstoffen und
Elmar Pohl nun zwei Geschäftsführer gemeinsam vor.         technischen Bauteilen im Laufe des Betriebs beschleunigt
Dr. Plum ist promovierter Chemiker und war zuvor           darstellen können. Damit lassen sich nach relativ kurzer
in verschiedenen Positionen, etwa als Prokurist und        Zeit sowohl die Stabilität von Kraftstoffen als auch die
Geschäftsführer, im Energiebereich tätig. Elmar Pohl       Lebensdauer und Betriebssicherheit technischer Kompo-
ist seit 2011 in verschiedenen Positionen bei OWI tätig    nenten und Gesamtsysteme beurteilen.
und verfügt als diplomierter Wirtschaftsingenieur über
technische Expertise in den Bereichen Energiesysteme       Zusammen mit der OWI-Forschung in den Bereichen
und Hochtemperaturtechnik. Er leitete mehrere natio-       Energiesysteme (z.B. Brennstoffzellen und Reformie-
nale und internationale Brennstoffzellenprojekte des       rung, Entwicklung von Brennern, Vormischsystemen und
Forschungsinstituts.                                       Reaktoren) und Hochtemperaturtechnik (Prüfung und
                                                           Optimierung von Komponenten und verfahrenstechni-
Ein aktueller Schwerpunkt der Forschung und Entwick-       schen Prozessen sowie der Ermittlung von Einsatzgren-
lung bei OWI Science for Fuels und der Muttergesell-       zen und Lebensdauerprognosen von hochtemperaturbe-
schaft TEC4FUELS GmbH sind Brenn- und Kraftstoffe mit      ständigen Werkstoffen) ergeben sich anwendungsnahe
einem möglichst hohen CO2-Minderungspotenzial und          Lösungsansätzen für die klima- und umweltschonende
ihre Kompatibilität mit modernen Verbrennungs- und         Mobilität und Raumwärme von Morgen.
Motorentechnologien. Beispielsweise wird der Einsatz
von Kraftstoffen aus Abfällen und Reststoffen biogener     Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre dieses
Herkunft untersucht. Auch synthetische Kraftstoffe, die    Tätigkeitsberichts. Doch noch wichtiger ist uns, dass
aus regenerativ erzeugtem Strom und einer erneuerbaren     Sie und Ihre Angehörigen in diesen besonderen Zeiten
Kohlenstoffquelle hergestellt werden, untersucht OWI auf   gesund bleiben.
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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis
Vorwort5

Inhaltsverzeichnis6

Schwerpunktthema: Alternative Kraftstoffe
Synthetische Energieträger sind notwendige Bausteine für einen weltweiten Klimaschutz
Gastbeitrag von Andreas Kuhlmann                                                        8

Neue kundenorientierte Energielösungen für eine Net-Zero-Mobilitätswelt
Gastbeitrag von Jens Müller-Belau                                                      12

Klimaschonende Kraftstoffe                                                             16

Forschung an CO2-armen Kraftstoffen der Zukunft                                        22

REDIFUEL – erste Ergebnisse aus Labortests                                             24

Synthetische Kraftstoffe für den Klimaschutz?                                          26

Umweltschonender Bordstrom für Schiffe                                                 28

Projekte
Alternative Brenn- und Kraftstoffe

Innere Ablagerungen an Dieselinjektoren                                                30

Hydriertes Bioöl aus Reststoffen ist zum Heizen geeignet                               32

Synthetische Brennstoffe im Heizungstest                                               32

Technologiestudie: Die Wirkung von Kraftstoffadditiven                                 33

Heizen mit Pyrolyseöl                                                                  33

OWI entwickelt No-Harm-Test für Additive in Heizöl                                     34

Erforschung der Mischung alternativer Brenn- und Kraftstoffe                           34

Screening-Prüfmethode für Schmierfette                                                 35

Beimischung biogener Brenn- und Kraftstoffe im Test                                    36

Suche nach dem „perfekten“ Heizöl                                                      37
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                                                        Inhaltsverzeichnis

Energietechnik für flüssige Brenn- und Kraftstoffe

Smarte KWK-Anlage nutzt erneuerbare Energie                           38

Multi-Fuel-Brenngaserzeuger für BHKW´s entwickelt                     38
Industrieofenbau

Industrieofenbau

Betrieb von Industrieöfen wirtschaftlich optimieren                   39

Industriewärme mit biogenen Brennstoffen erzeugen                     39

Wissenschaft am OWI
Vorträge und Veröffentlichungen                                       40

Impressum                                                             43
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Foto: Tomas Picka - fotolia.com

Neben der weiteren Erhöhung der Energieeffi-
zienz und dem Ausbau der direkten Nutzung
von erneuerbaren Energien werden auch
weiterhin gasförmige und flüssige Energie-
träger und Rohstoffe benötigt, die für ein
nachhaltiges Energie- und Wirtschaftssystem
erneuerbar erzeugt werden müssen.
Foto: H.D.Volz_pixelio.de
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                                                                               Gastbeitrag / Alternative Kraftstoffe

Gastbeitrag // von Andreas Kuhlmann

Synthetische Energieträger sind
notwendige Bausteine für einen
weltweiten Klimaschutz
Der Klimaschutz steht weltweit auf den politischen Agenden der Staaten weit
oben. Die große Mehrheit der Nationen hat den menschlichen Einfluss auf das
globale Klimasystem und die Notwendigkeit globaler Maßnahmen zur Bekämp-
fung des Klimawandels in multilateralen Abkommen wie den Pariser Verträgen
anerkannt und daraus verbindliche Handlungsschritte entwickelt: Bis 2024 wird
es zum ersten Mal gemeinsame Mindeststandards für die Berichterstattung der
Staaten über ihre Aktivitäten bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen
und anderen Klimaschutzmaßnahmen geben.

Die Herausforderung von Klimaschutzpolitik besteht         Institutionen wie die OWI Science for Fuels gGmbH,
darin, Regelwerke zu schaffen, die Wettbewerbsfähigkeit,   An-Institut der RWTH Aachen, und die Deutsche Energie-
Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze zu sichern und       Agentur haben frühzeitig die Chancen klimafreundlicher
gleichzeitig Unternehmen in die Lage zu versetzen, ihre    Energieträger aufgezeigt und damit Debattenbeiträge
Innovationskraft für den Klimaschutz zu entfalten. Das     für die breite Akzeptanz von Powerfuels geleistet –
Klimapaket der Bundesregierung oder der europäische        Energieträger, die gerade jetzt, in Zeiten der Corona-
Green Deal sind zwei Beispiele solcher Strategien. Indes   Epidemie, einen erheblichen Beitrag zur „green reco-
wurden die Grundlagen schon bedeutend früher gelegt:       very“ leisten können.
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Gastbeitrag / Alternative Kraftstoffe

Powerfuels werden zur dritten Säule                           Demgegenüber stehen noch relativ hohe Kosten für ihre
                                                              Erzeugung. Stromkosten machen dabei den größten Teil
der Energiewende
                                                              aus, gefolgt von den Kosten für die Bereitstellung von
                                                              erneuerbarem Kohlenstoff. Aber: Es gibt erheblichen
Die Chance, Wachstumspotenziale zu heben, bietet sich
                                                              Spielraum für künftige Kostensenkungen durch Skalen-
gerade jetzt: Neben der weiteren Erhöhung der Ener-
                                                              effekte in der Produktion und durch die vollständige
gieeffizienz und dem Ausbau der direkten Nutzung von
                                                              Integration der Endprodukte in den Vertrieb.
erneuerbaren Energien werden auch weiterhin gasför-
mige und flüssige Energieträger und Rohstoffe benötigt,
die für ein nachhaltiges Energie- und Wirtschaftssystem
erneuerbar erzeugt werden müssen. Regenerativ er-
                                                              Powerfuels global: ein neuer Markt mit vielen
zeugte Elektronen müssen durch grün erzeugte Mole-            Anknüpfungspunkten
küle ergänzt werden. „Powerfuels“ werden somit als
dritte Säule der Energiewende einen wichtigen Beitrag         Nationale Powerfuels-Strategien können unterschied-
zum Erreichen der Klimaziele leisten. Gleichzeitig bieten     lich ausfallen. Länder positionieren sich derzeit als
sie die ökonomische Jahrhundertchance zur Weiterent-          Exporteure von Powerfuels, als Anbieter von Erzeu-
wicklung einer Milliardenbranche, die statt der bisher        gungs-Technologie oder als Abnehmer. Für Länder mit
fossil geförderten Stoffe zukünftig erneuerbare Energie-      hohem Potenzial für erneuerbare Energien bietet die
träger und Rohstoffe erzeugt und verarbeitet, transpor-       Erzeugung synthetischer Kraftstoffe viele Chancen: Sie
tiert und speichert, handelt und distribuiert.                können lokal einen Mehrwert durch Industrieansied-
                                                              lung schaffen, zur nationalen Energiewende beitragen
                                                              und global exportiert werden. Länder hingegen, die
Relevanz von Powerfuels für das                               über Erfahrungen in der Förderung, Weiterverarbei-
                                                              tung und im globalen Handel von fossilen Kraftstoffen
Energiesystem
                                                              verfügen, können ihr Know-how und ihre Technologie
                                                              für Powerfuels nutzbar machen. Hochtechnologisierte
Powerfuels sind aus regenerativem Strom erzeugte
                                                              Nationen können als Anbieter und Projektierer von der
gasförmige und flüssige Energieträger und Rohstoffe.
                                                              Errichtung von Powerfuels-Lösungen auf der ganzen
Der Begriff umfasst sowohl Produkte am Anfang der
                                                              Welt profitieren. Am wahrscheinlichsten ist es jedoch,
Wertschöpfungskette wie Elektrolyse-Wasserstoff („grü-
                                                              dass Länder mehrere solcher Motive kombinieren
ner Wasserstoff“) als auch daraus erzeugte Endprodukte
                                                              und sich in multilateralen Kollaborationen ein globaler
wie synthetisches Kerosin oder chemische Grundstoffe.
                                                              Markt für grüne Kraftstoffe herausbilden wird.
Alle diese Produkte können gespeichert oder über große
Entfernungen transportiert werden. Die flexiblen Energie-
träger ermöglichen so den weltweiten Handel mit lokalen
Produktionspotenzialen aus erneuerbarer Energie. Weite-
                                                              Powerfuels transformieren die Wirtschaft
rer Vorteil: Für Powerfuels können bestehende Infrastruk-     Schritt für Schritt
turen wie Pipelines und Tankläger oder Kavernen genutzt
werden. Diese bestehenden Strukturen halten langfristi-       Synthetische Kraftstoffe können in allen Sektoren einge-
ge Speichermöglichkeiten für erneuerbare Energieträger        setzt werden, in denen bislang fossile Energieträger ge-
bereit und bedeuten niedrigere Kosten beim Ausbau.            nutzt werden. Dabei kann in der Regel auf vorhandene
Darüber hinaus sind die synthetischen Energieträger           Infrastruktur sowie Distributions- und Logistikstruktu-
klimafreundliche Lösungen für Anwendungen, die über           ren zurückgegriffen werden, was Investitionskosten und
keine praktikablen Alternativen verfügen, beispielsweise      -zyklen positiv beeinflusst. Diese enorme Bandbreite
als emissionsfreie Kraftstoffe im Luft-, Schwerlast und       und bestehende Infrastruktur erklären die Anziehungs-
Schiffsverkehr. Außerdem können Powerfuels für beste-         kraft dieser Technologien.
hende Endverbrauchergeräte eine grüne Drop-in-Alterna-        Wie bereits erwähnt, können Powerfuels einen immen-
tive zu fossilen Energieträgern sein. Die Vorteile verdeut-   sen Beitrag zur Dekarbonisierung des Mobilitätssektors
lichen die Relevanz von Powerfuels und warum große            leisten. Insbesondere scheinen sie für einen emissions-
Hoffnungen in diese Innovation gesetzt werden.                freien Luft- und Schiffsverkehr der Schlüssel zu sein.
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                                                                                    Gastbeitrag / Alternative Kraftstoffe

Ähnlich verhält es sich im Industriesektor: Energiein-      konsequenten Ausbau der Rahmenbedingungen gelin-
tensive Branchen wie die Stahl- oder Chemieindustrie        gen kann. So kann gerade diese vielseitige Technologie
wollen ihren fertigungsbedingten CO2-Austoß etwa            das Streben gegen den Klimawandel vorantreiben,
durch grünen Wasserstoff klimaneutral gestalten. Und        unsere Energieversorgung zukunftsfähig gestalten und
selbst in der Wohnungswirtschaft können klimafreund-        die Wirtschaft stärken. Diese Trümpfe kann die Politik
lich hergestellte synthetische flüssige Energieträger       jederzeit ziehen. Besonders in Zeiten der Corona-Pan-
perspektivisch fossiles Heizöl ersetzen.                    demie sollte diese Möglichkeit zur kurzfristigen Kon-
Erste Beispiele für erfolgreiche Powerfuels-Anwen-          junkturbelebung nicht verpasst werden.
dungen in der Wirtschaft verdeutlichen das Potenzial
synthetischer Energieträger. Klar ist aber auch, dass für
eine erfolgreiche Transformation künftig ein enormer        Der Autor: Andreas Kuhlmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung
Bedarf gedeckt werden muss, was nur durch einen             der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena)

Synthetische Kraftstoffe können in allen
Sektoren eingesetzt werden, in denen bislang
fossile Energieträger genutzt werden.
Foto: Viola / pixabay
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Future Fuels 

                                 Foto: Rainer Sturm_pixelio.de

                 Zukünftige Kraftstoffe müssen einen
                 CO2-Reduktionsbeitrag leisten.
                 Foto: SB – AdobeStock
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                                                                              Gastbeitrag / Alternative Kraftstoffe

Gastbeitrag // von Jens Müller-Belau

Neue kundenorientierte Energielösungen
für eine Net-Zero-Mobilitätswelt
Die Mobilitätswelt befindet sich nicht erst seit der Corona Pandemie im Wandel. Viel-
mehr beschäftigen sich Verkehrsforschung, aber auch Wirtschaft, Politik und enga-
gierte gesellschaftliche Gruppen schon seit langem damit. Spätestens mit der Ankün-
digung einer CO2-Bepreisung für Brennstoffe im Gebäude- und im Verkehrssektor
ab 2021 existiert ein weiteres Instrument, um die Ziele der Klimapolitik und langfris-
tig eine weitestgehende CO2-Neutralität in diesen Sektoren bis 2050 zu erreichen.

Das Ziel ist klar. Ebenso klar ist: es gibt viele Hand-   Gelernte festzuhalten und weiterzuvermitteln.
lungsoptionen, um CO2-Emissionen zu senken. Und           Tatsächlich tut sich der Verkehrssektor am schwersten
alle müssen einen Beitrag leisten – leisten können.       mit der Energiewende. Gegenläufige Effekte haben eine
Manche dieser Lösungen stehen noch am Anfang              Senkung des CO2-Ausstoßes seit 1990 faktisch nicht
ihrer Entwicklung. Es gilt, bestehende Technologie-       zugelassen. Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung
und kommerzielle Risiken zu managen. Niemand weiß         haben zu steigender Verkehrsnachfrage geführt. Effi-
heute, wie 2050 aussehen wird. Es ist aber deutlich,      zienzgewinne wurden aber auch durch Kaufentschei-
dass Forschung & Entwicklung sowie Projekte zur Ska-      dungen von Wirtschaft und Verbrauchern kompensiert.
lierbarkeit von Technologien essenziell sind. Skalie-     So wurden die Kraftfahrzeuge – und das gilt sowohl für
rungsprojekte brauchen eine begleitende Forschungs-       Pkw wie auch für Nutzfahrzeuge – immer größer, kom-
betreuung, um als Beschleuniger zu dienen und das         fortabler, sicherer und leistungsstärker.
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Gastbeitrag / Alternative Kraftstoffe

Das Ziel: Null-Emissionen-Mobilität                        fernverkehr mit schweren Nutzfahrzeugen sowie für
                                                           Non-Road Anwendungen dar. Aber auch der Einsatz für
Daher ist es nun umso wichtiger, dass sich Fahrzeug- und   Anwendungen in der Schifffahrt könnte Sinn machen.
Kraftstoff- bzw. Energiehersteller darauf konzentrieren,   Grundsätzlich gilt: je weniger weitere Umwandlungs-
neue Optionen zu entwickeln und dem Ziel einer Null-       schritte für einen Energieträger benötigt werden,
oder nahe Null-Emissionen-Mobilität möglichst schnell      desto energieeffizienter ist seine Gesamtbilanz. Trotz
näher zu kommen. Dabei müssen sie die gesamte Ver-         der niedrigen Energieeffizienz macht es Sinn, auch in
sorgungskette von der Produktion und dem Betrieb bis       strombasierte Gase und/ oder Flüssigkeiten zu inves-
zum Recycling im Transportsystem berücksichtigen.          tieren. Im Gegensatz zu Fahrzeugen im Kurzstrecken-
Gefragt sind folglich nicht nur Verbraucher und Gesell-    betrieb ist es beim gegenwärtigen Stand der Technik
schaft, sondern auch Politik und Wirtschaft. Die zentra-   kaum zu erwarten, dass der Betrieb von Seeschiffen
len Fragen lauten: Welche Technologien werden zu wel-      oder Verkehrsflugzeugen ohne chemisch gespeicherte
chen Kosten von den Kunden akzeptiert? Und welchen         Energie möglich ist. Gasförmige oder flüssige Produkte
Mehrwert liefern sie – insbesondere gegenüber den          mit einem im Vergleich zu Mitteldestillaten reduzierten
bisherigen Technologien?                                   CO2-Abruck sind also dringend erforderlich.

Basierend auf dem heutigen Kenntnisstand ist grund-
sätzlich davon auszugehen, dass sich Technologien für      Investitionssicherheit für Kunden und Industrie
unterschiedliche Verkehrsmittel und Anwendungszwe-         erforderlich
cke weiter ausdifferenzieren – also das Angebot breiter
wird und der spezifische Anwendungsbedarf die Wahl
                                                           Die Politik besitzt mit novellierten Europäischen-Erneu-
des Energieträgers bestimmt. Vor allem bei leichten
                                                           erbare-Energien-Richtlinie (RED II) auf der Kraftstoff-
Fahrzeugen und/oder für den Kurzstreckenbetrieb
                                                           bzw. Energieseite ein wichtiges Gestaltungsinstrument.
zeigen batterieelektrische Antriebe großes Potenzial.
                                                           Die RED II kann damit ein bedeutsamer Hebel werden,
Batterie- und Fahrzeugtechnik haben gute Fortschrit-
                                                           um den Einsatz von fortschrittlichen biogenen Kraft-
te gemacht. Die Politik unterstützt den Fahrzeugkauf
                                                           stoffen als auch Technologieoptionen für aus Strom
mit signifikanten Anreizen. Allmählich bieten auch die
                                                           gewonnenen Wasserstoff und dessen Folgeprodukte
großen Fahrzeughersteller mehr batterieelektrische
                                                           zu beschleunigen. Erforderlich ist eine entsprechende
Modelle an. Und auch die Ladeinfrastruktur wird ausge-
                                                           Umsetzung in nationale Gesetzgebung.
baut. Es ist folglich davon auszugehen, dass die Markt-
penetration von Elektrofahrzeugen in den kommenden
                                                           Wissenschaftliche Arbeiten etwa des Forschungsaus-
Jahren steigen wird.
                                                           schusses Treibhausgasreduktion in der Deutschen
                                                           Wissenschaftlichen Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und
                                                           Kohle e.V. (DGMK) beleuchten Potentiale, aber auch die
Biogene und strombasierte Kraftstoffe                      erforderlichen Umsetzungszeiträume solcher Produk-
                                                           te im Detail. Auch sie zeigen, dass sowohl biogene als
Jedoch ist Mobilität allein basierend auf dem Einsatz      auch strombasierte Kraftstoffe erforderlich sind, um die
von Strom nach heutigem technischem Stand auf              Klimaziele zu erreichen. Gleichwohl sind die Heraus-
absehbare Zeit nicht möglich. Hier können Alternativen     forderungen groß. Denn neben der verlässlichen,
wie biogene und strombasierte Kraftstoffe Lösungen         ausreichenden und kostengünstigen Verfügbarkeit von
bieten. Und tatsächlich haben in den vergangenen           erneuerbarem Strom sowie einer sinnvollen CO2-Quelle
Jahren Forschung & Entwicklung zur chemischen Spei-        für die Kombination mit grünem Wasserstoff müssen
cherung von Strom in gasförmiger oder flüssiger Form       die Kostennachteile solch neuartiger Produkte gegen-
Fahrt aufgenommen. In einem ersten Umwandlungs-            über gängigen Alternativen deutlich verringert werden.
schritt wird aus Strom mittels Elektrolyse Wasserstoff     Wir stehen an einer Wegegabelung. Auch wenn sich
erzeugt. Wasserstoff aus erneuerbaren Energien stellt      2050 noch weit weg anfühlt, gilt es heute verbindliche,
nicht nur eine gute Option für den Langstreckenverkehr     konkrete und ganzheitliche Ziele zu definieren sowie
bzw. größere Pkw, sondern auch für den Straßengüter-       erforderliche Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
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                                                                                    Gastbeitrag / Alternative Kraftstoffe

Angesichts der enormen Herausforderungen brauchen          Der Autor: Jens Müller-Belau ist Energy Transition Manager bei der
Unternehmen und Kunden Verlässlichkeit, um in die          Deutsche Shell Holding GmbH. Darüber hinaus ist er Mitglied des
                                                           Vorstandes der Deutschen Wissenschaftlichen Gesellschaft für Erdöl,
Entwicklung neuer Technologien zu investieren und          Erdgas und Kohle e.V. (DGMK) und unter anderem Vorsitzender des
Konsum- bzw. Investitionsentscheidungen daran auszu-       Fachausschusses Treibhausgasreduktion der DGMK
richten. Dabei wird die Rolle der Nachfrageseite für das
Gelingen der Energiewende und Erreichung gesteckter
Klimaziele noch nicht ausreichend gewürdigt. Nur wenn
es uns gelingt, den Kunden und seine Bedürfnisse bei
der Entwicklung klimaschonender Angebote und Ener-
gielösungen in den Mittelpunkt zu stellen und „auf die
Reise mitzunehmen“, wird die Energiewende auch im
Verkehr gelingen.

Mobilität allein basierend auf dem Einsatz von Strom
ist nach heutigem technischem Stand auf absehbare
Zeit nicht möglich. Hier können Alternativen wie bio-
gene und strombasierte Kraftstoffe Lösungen
bieten. Foto: H_Ko – AdobeStock
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Alternative Kraftstoffe

Klimaschonende Kraftstoffe
Vielversprechende Alternativen

Klimaschonende Kraftstoffe sind eine unverzichtbare und praktikable Ergänzung zur
Elektromobilität, um die Klimaziele zu erreichen. An der Substitution von konventio-
nellen durch alternative synthetische und biogene Kraftstoffe wird auch bei OWI und
TEC4FUELS intensiv geforscht. Dabei gibt es vielversprechende Ergebnisse, doch ha-
ben die neuen Kraftstoffe auch eine realistische Chance auf eine Markteinführung?
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                                                                                                           Alternative Kraftstoffe

                                        Alternative Kraftstoffe werden unter anwendungsnahen Bedingungen
                                        auch auf ihr Alterungsverhalten untersucht. Foto: OWI

Das Ziel der aktuellen Bemühungen zur Begrenzung                 länge, bis zum Jahr 2030 zehn Millionen Elektroautos auf
des Ausstoßes von Treibhausgasen ist, den Eintrag von            die Straße zu bringen, gäbe es unter der Annahme eines
weiterem CO2 aus fossilen Quellen in die Erdatmosphä-            gleichbleibenden Fahrzeugbestands immer noch knapp
re zu verhindern. Durch die Nutzung regenerativer                38 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotoren. Doch auch
CO2-Quellen soll der Kohlenstoffkreislauf geschlossen,           Verbrenner können einen Beitrag zum Klimaschutz
eine weitere Erwärmung der Atmosphäre gebremst und               leisten, sofern die für den Betrieb benötigten Kraftstoffe,
die Energieversorgung gesichert werden.                          Schmierstoffe und Kühlmittel auf regenerativen Kohlen-
                                                                 stoff- und Wasserstoff-Quellen basieren. Damit synthe-
Der von der Politik favorisierte Weg der Defossilisierung        tische und biogene Kraftstoffe klimaschonend werden,
der Energieversorgung durch die Elektrifizierung bei-            muss der Kohlenstoff aus Restbiomasse, Reststoffen oder
spielsweise von Fahrzeugantrieben und Heizgeräten mit            der Luft gewonnen werden und der Wasserstoff aus einer
regenerativ erzeugtem Strom wird allein nicht ausrei-            Elektrolyse stammen, die mit rein regenerativ erzeugtem
chen, um die Klimaziele zu erreichen. Selbst wenn es ge-         Strom etwa aus Solar- oder Windenergie betrieben wird.
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Alternative Kraftstoffe

Sowohl die Auswahl und Aufbereitung geeigneter              synthetische und biogene Kraftstoffe, für die es noch
Rohstoffe als auch die Verfahren zur Herstellung von        keine Norm gibt, haben aus heutiger Sicht nur mittel- bis
neuartigen Kohlenwasserstoffen sind derzeit teilweise       langfristig eine Perspektive auf Markteinführung, da die
noch Gegenstand der Forschung. Diese konzentriert           Anpassung bestehender und die Erstellung neuer Nor-
sich in erster Linie auf Substitute für Benzin- und         men ein langwieriger Prozess von mehreren Jahren ist.
Dieselkraftstoffe, weil flüssige Energieträger im Ver-
kehr einen vergleichsweise hohen Anteil am Ausstoß          Eine weitere Hürde bei der Einführung neuer Kraftstoffe
von Klimagasen haben und in bestimmten Bereichen,           ist, dass alternative, treibhausgasgeminderte Kraftstoffe
wie Flug- und Schienenverkehr sowie bei schweren            derzeit nicht anrechenbar sind bei der Erfüllung der
Nutzfahrzeugen, noch nicht durch batteriebetriebene         Flottenziele. Ob eine Anrechnung bestimmter alter-
Lösungen ersetzt werden können. Dieselsubstitute, die       nativer Kraftstoffe künftig möglich wird, entscheidet
in Fahrzeugmotoren einsetzbar sind, eignen sich zudem       sich voraussichtlich erst im Jahr 2021 nach der dann
auch als Brennstoffe für Ölheizungen, weil sich schon       vorgesehenen Überprüfung der Erneuerbare Energien
heute Dieselkraftstoff und Heizöl praktisch nur durch       Richtlinie der EU (RED II). Denn neue flüssige Energieträ-
eine veränderte Additivierung unterscheiden.                ger müssen sich unter anderem auszeichnen durch
                                                            • ein Treibhausgasminderungspotenzial, das den
                                                              Anforderungen der in der politischen Abstimmung
Anforderungen an neue Kraftstoffe                             befindlichen Renewable Energy Directive (RED II) der
                                                              Europäischen Union entspricht,
Welche biogenen und synthetischen Kraftstoffe der
2. und 3. Generation eine Chance auf eine Markteinfüh-      • verfügbare und technisch wie gesellschaftlich akzep-
rung haben, ist für die Automobilindustrie derzeit eine       tierte Rohstoffquellen für ihre Herstellung
der entscheidenden Fragen in der Entwicklung künfti-        • und Kombinier- und Mischbarkeit mit konventionellen
ger Fahrzeug- und Motorengenerationen. Die OEM´s              und anderen alternativen Kraftstoffen.
befinden sich in einer schwierigen Situation, denn ihnen
drohen hohe Strafzahlungen, die die Europäische Union
verhängt, wenn ihre Fahrzeugflotten das gesetzte Ziel
eines CO2-Ausstoßes von 95 g/ km im Jahr 2020 nicht
erreichen. Motoren für neue Kraftstoffe zu qualifizieren,
ist eine hochkomplexe Aufgabe. Die Kraftstoffe müssen

• die No-Harm-Kriterien erfüllen, das heißt es dürfen
  keine Wechselwirkungen zwischen den Kraftstoffen
  und den kraftstoffführenden Motorkomponenten
  entstehen,
• die Performance-Anforderungen der Autohersteller
  erfüllen hinsichtlich der Oktan- und Cetan-Zahlen
• und die seit Januar 2020 geltenden anspruchsvollen
  Vorgaben des „Real Drive Emissions“-Tests (RDE) un-
  ter allen Fahr- und Umweltbedingungen und in allen
  Fahrzeug- bzw. Motorentypen jederzeit einhalten.

Zur Erfüllung der RDE ist zu prüfen, ob alle erforder-
lichen Kraftstoff-Parameter in den bestehenden Nor-
men abgebildet sind. Eine realistische Chance auf eine
zeitnahe Markteinführung haben nur Kraftstoffe, die die
Anforderungen der bestehenden Kraftstoffnormen EN
590 für Diesel und EN 228 für Benzin erfüllen. Neuartige    Kraftstoffproben im Test. Foto: OWI
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                                                                                                 Alternative Kraftstoffe

Marktchancen treibhausgasarmer Kraftstoffe                   In einem ähnlichen Herstellungspfad sind im Fischer
                                                             Tropsch-Verfahren aus biogenen Rest- und Abfallstoffen
                                                             auch Alkohole herstellbar. Alkohole mit kurzen Mole-
         Forschung an Future Fuels                           külketten von Methanol über Ethanol bis hin zu Butanol
                                                             dienen als Benzinersatz und langkettige Alkohole bis
                                                             hin zu Octanol können Dieselkraftstoff ersetzen. OWI
                                                             und TEC4FUELS sind in einem internationalen Konsor-
                                        Anwendungstech-      tium rund um das EU-Forschungsprojekt REDIFUEL an
    Rohstoffe                               nische und
                          Motorische                         der Entwicklung eines solchen Dieselersatzkraftstoffs
       und                               stoffliche Eigen-
   Herstellungs-         Verbrennung:                        („Redifuel“) beteiligt. Das Ziel ist ein EN 590-kompatibler
                                           schaften von
    verfahren:              OEMs,
                         Komponenten-
                                          Fuels, Qualifi-    Dieselersatz auf Basis biogener Rohstoffe. Zum Rahmen
   Hochschulen,                           zierung neuer
     Industrie             hersteller                        des Projekts und den ersten Zwischenergebnissen lesen
                                             Produkte:
                                         OWI, TEC4FUELS      Sie mehr ab Seite 24.

                                                             Ein anderer Herstellungspfad für Kraftstoffalternativen
                    Gesetzliche Rahmen-                      wird im Forschungscluster „NAMOSYN“ untersucht,
                   bedingungen, Normung:
                                                             an dem OWI und TEC4FUELS auch beteiligt sind. Hier
                    Politik und Verbände
                                                             werden sogenannte C1-Oxygenat-Kraftstoffe wie
                                                             Methylformiat (MeFo) und Dimethylcarbonat (DMC) als
                    Markteinführung                          Benzinersatz untersucht, die im Gegensatz zu anderen
                                                             Kraftstoffalternativen einen sehr hohen Sauerstoffan-
                                                             teil in ihrer Zusammensetzung haben. Das hat den
Grafik: OWI/ TEC4FUELS                                       Vorteil, dass diese Kraftstoffe einen hohen Wirkungs-
                                                             grad haben und die Schadstoffemissionen (Feinstaub,
Welche treibhausgasarmen Kraftstoffvarianten kom-            Stickoxide) bei der motorischen Verbrennung sehr
men unter diesen Voraussetzungen als Benzin- und             gering sind bzw. ganz vermieden werden können. Zum
Dieselersatz infrage? Als Dieselersatz heute schon ver-      Beispiel entstehen durch die Beimischung von 20 bis
fügbar sind Gas-to-Liquid (GtL)-Kraftstoffe, die in dem      30 % Oxymethylenether (OME) zu konventionellem
bereits ausgereiften und bewährten Fischer-Tropsch-Ver-      Dieselkraftstoff keine Rußpartikel mehr. Da C1-Oxyge-
fahren auch in bestehenden Produktionsanlagen schon          nate aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften in keine
großtechnisch herstellbar sind. Allerdings basiert ihre      der bestehenden Kraftstoffnormen passen, können sie
Herstellung bisher noch auf Erdgas als Rohstoff, und das     erst langfristig eine Option für den Kraftstoffmarkt sein.
macht sie in dieser Variante nicht zu einer Klimaschutz-     Mehr dazu lesen Sie ab Seite 26.
lösung.
                                                             Das Forschungsprojekt „C³-Mobility“ untersucht Optio-
Wenn Rest- und Abfallstoffe, wie zum Beispiel Altspeise-     nen für verschiedene klimaschonende Kraftstoffe auf
fett, zur Herstellung eingesetzt werden, dann entsteht       Basis von Methanol, die aus CO2, Wasser und regene-
im GtL-Verfahren hydriertes Pflanzenöl (HVO) mit die-        rativ erzeugtem Strom herstellbar sind. Ausgangspunkt
selähnlichen Eigenschaften, das ein Treibhausgasmin-         der Forschung ist die Weiterverarbeitung des Methanols
derungspotenzial von bis zu 90 % haben kann. Da es           zu neuen regenerativen Kraftstoffen für Benzin- und
mit der DIN 51940 bereits eine eigene Norm für solche        Dieselmotoren. Dazu zählen etwa Methanol-to-Gasoline
paraffinischen Kraftstoffe gibt, sind sie heute schon        (Methanol zu Benzin, MtG) sowie mittel- und langkettige
marktfähig. Erste Flottenversuche mit einer Mischung         Alkohole. Ein Schwerpunkt liegt auf der Erzeugung von
aus 67 % mineralölbasiertem Diesel, 26 % HVO und 7 %         hochoktanigem Benzin in einer Pilotanlage. Mehr zum
Fettsäuremethylester (FAME) haben gezeigt, dass diese        Projekt und den Aktivitäten von OWI und TEC4FUELS
Mischung betriebssicher in Fahrzeugen einsetzbar ist.        lesen Sie ab Seite 22.
Diese „Regenerativ 33 (R33)“ genannte Mischung ist
derzeit an zwei Tankstellen in Deutschland verfügbar.
20
Alternative Kraftstoffe

Prüfverfahren für Fuels und technische                     • Wechselwirkungen
                                                             Treten bei der Mischung Wechselwirkungen zwischen
Komponenten
                                                             den Kraftstoffen auf?
Um zukünftige CO2-arme Brenn- und Kraftstoffe zur          • Materialverträglichkeit
technischen Reife zu bringen, ist es einerseits wichtig,     Entstehen Wechselwirkungen zwischen Kraftstoffen und
die Herstellungsverfahren weiter zu optimieren, und          den Materialien kraftstoffführender Bauteile, wie zum
andererseits die Kompatibilität der neuen Kraftstoffe        Beispiel Korrosion, erhöhter Verschleiß oder quellende
mit technischen Systemen im Bestand sicherzustellen.         Dichtungen?
Regenerative Kraftstoffe sind zwar neu, aber die anwen-    • Gesamtsystemverträglichkeit
dungstechnischen Fragen bleiben gleich:                      Wie steht es um die Gesamtsystemverträglichkeit eines
                                                             Kraftstoffs?
• Alterung/ Oxidationsstabilität
  Wie verändern sich die Kraftstoffeigenschaften über
  bestimmte Zeiträume unter definierten äußeren Einflüs-   Das klassische Testing betrachtet einerseits die Fuels
  sen, wie zum Beispiel Temperatur?                        und andererseits die Bauteile, aber oft steht das
• Mischbarkeit                                             komplexe Wechselspiel von Fuels und Technologien/
  Lassen sich neue regenerative Kraftstoffe mit ande-      Systemen nicht im Fokus der Untersuchungen. Teilwei-
  ren alternativen und konventionellen Kraftstoffen gut    se mangelt es auch an schnellen und kostengünstigen
  mischen? Wie verändern sich die Kraftstoffeigenschaf-    Testverfahren. OWI und TEC4FUELS haben sich dagegen
  ten, wenn frische und alte Ware miteinander gemischt     eine ganzheitliche Betrachtung der Zusammenhänge zu
  werden?                                                  eigen gemacht.

                                                                                                 Grafik: OWI/ TEC4FUELS
21
                                                                                                      Alternative Kraftstoffe

                                                                   Kreislaufprüfstand zur Untersuchung der Betriebssicherheit von
                                                                   Kraftstoffen und Bauteilen. Foto: OWI

OWI entwickelt anwendungsnahe „Fit for Purpose“-Test-      von Know-how und Daten können OWI und TEC4FUELS
verfahren, die im Labor reale Einsatzbedingungen           auch als Consultants technische Pfade aufzeigen sowie
nachbilden und klassische Testmethoden ergänzen.           Herstellungsprozesse und Potenziale neuer Fuels und
TEC4FUELS entwickelt diese Prüfverfahren von der tech-     Marktchancen bewerten.
nischen Reife weiter bis zur Marktreife und führt damit
Fuel- und Komponententests für die Automobilindus-         Am OWI entwickelte und von TEC4FUELS im Kundenauf-
trie, Schifffahrt, Komponentenhersteller und Mineralöl-    trag durchgeführte Testverfahren sind beispielsweise der
wirtschaft als Dienstleistung durch.                       Schnelltest für Dieselinjektoren (ENIAK) und der ATES-
                                                           FUELS-Test, mit denen die Kompatibilität von Mitteldestil-
                                                           laten mit Motor- und Heizungsbauteilen untersucht wer-
Zentrales Kriterium: Betriebssicherheit                    den können. Damit wird sichergestellt, dass die Industrie
                                                           keine Überraschungen bei Markteinführungen erlebt.
Auf der Basis der Ergebnisse der Prüfverfahren sind        Unternehmen, die mit einem neuen Fuel, einem Bauteil
valide Aussagen über das Verhalten von Kraftstoffen,       oder System in einen Feld- bzw. Flottentest oder gar in
Additiven, Bauteilen und gesamter Systeme unter anwen-     den Markt gehen, brauchen maximale Betriebssicherheit,
dungsnahen Bedingungen möglich, die beispielsweise         um sich vor Regressforderungen und Imageschäden
kraftstoff- und materialbedingte Risiken offenlegen.       zu schützen. Die Erkenntnisse aus der Anwendung der
Außerdem ergeben sich daraus wertvolle Stoffdaten          Prüfmethoden bieten nicht nur wichtige Entscheidungs-
über die sich verändernden chemisch-physikalischen         grundlagen für die Produktentwicklung, sondern auch für
Eigenschaften von Kraftstoffen im Laufe von Alterungs-     die Qualitätssicherung bestehender Produkte. Sie führen
prozessen, die für ein Fuel Condition Monitoring nutzbar   letztlich zu einer hohen Betriebssicherheit und Lebens-
sind. Auf der Basis der stetig wachsenden Sammlung         dauer von technischen Komponenten.
Forschung an CO2-
armen Kraftstoffen
der Zukunft
High-Performance-Fuels auf
Methanol-Basis geplant

Das Forschungsprojekt „C³-Mobility“ untersucht Optio-
nen für verschiedene klimaneutrale Kraftstoffe, die aus
CO2, Wasser und regenerativ erzeugtem Strom herge-
stellt werden sollen. Eine vorab durchgeführte Bewer-
tung ergab, dass für die Herstellung der „Methanolpfad“
gute Voraussetzungen bietet, die oben genannten
Anforderungen zu erfüllen. Methanol kann als Basispro-
dukt mit relativ überschaubarem Aufwand in großen
Mengen regenerativ hergestellt und anschließend als
flüssiger Energieträger einfach transportiert werden.
Das Potenzial der infrage kommenden Technologien,
bereits kurzfristig einen signifikanten Beitrag zur Reduk-
tion des CO2-Ausstoßes zu leisten, wird als sehr hoch
eingeschätzt und daher in diesem Projekt untersucht.

Ausgangspunkt der Forschung ist die Weiterverarbei-
tung des Methanols zu neuen regenerativen Kraftstof-
fen für Benzin- und Dieselmotoren. Dazu zählen etwa
Methanol-to-Gasoline (MtG, Methanol zu Benzin) sowie
mittel- und langkettige Alkohole. Ein Schwerpunkt liegt
auf der Erzeugung von hochoktanigem Benzin in einer
Pilotanlage. Die Entwicklung neuer Kraftstoffsynthese-
verfahren und Verbrennungskonzepte wird durch
bereichsübergreifende Forschung zur Materialverträg-
lichkeit, Kraftstoffstabilität, Abgasnachbehandlung und
Kraftstoffsensorik begleitet.

Das sektorübergreifende Projektkonsortium setzt sich aus
29 Partnern aus der Energieversorgung, der verfahrens-
technischen Industrie, der Automobil- bzw. Industrie-
motorindustrie sowie der Forschung und Entwicklung

Prüfstand zur Untersuchung möglicher Wechselwirkungen zwischen
neuen Kraftstoffen und kraftstoffführenden Bauteilen von Fahrzeugen.
Foto: OWI
23
                                                                                               Alternative Kraftstoffe

zusammen. Die OWI Science for Fuels gGmbH und die            stellten MtG-Kraftstoffes in einer Pkw-Flotte gezeigt.
TEC4FUELS GmbH sind Partner in diesem Konsortium             Die Projektergebnisse münden in eine ganzheitliche
und untersuchen, wie die erwünschte hohe Betriebs-           Bewertung aller Optionen. Diese umfasst die Merkmale
sicherheit und Lebensdauer kraftstoffführender Bau-          der Synthesewege, die Motorentechnologie einschließ-
teile von Motoren beim Betrieb mit neuen Kraftstoffen        lich Effizienz und Schadstoffemissionen sowie die
sicherzustellen sind. Während OWI Fragen der Kraft-          Übereinstimmung neuer Energieträger mit der heutigen
stoffalterung und der Interaktion von Kraftstoffen mit       Kraftstoffgesetzgebung und möglichen Kraftstoffmisch-
dem Motoröl untersucht, konzentriert sich TEC4FUELS          strategien. Neben den Herstellungs- und Nutzungspfa-
auf die Verträglichkeit neuer Kraftstoffe mit den kraft-     den fließen auch Markteinführung und Vertrieb in die
stoffführenden technischen Komponenten und ihren             Gesamtbewertung ein.
Materialien.
                                                             Dieses Forschungsprojekt wird durch das Bundes-
                                                             ministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Die
Erste Untersuchungsergebnisse                                Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung
                                                             liegt beim Autor.
TEC4FUELS hat die ersten Untersuchungen zur Verträg-
lichkeit von Materialien durchgeführt, die zur Herstellung
kraftstoffführender Bauteile wie Dichtungen, Tanks oder
Tankeinbaueinheiten (Schwalltöpfen) für gewöhnlich ein-
gesetzt werden. Hinzu kamen Tests von Einspritz-Kom-
ponenten wie Hochdruckpumpen, Injektoren und Rails.
Dazu wurden die Komponenten sowie Materialproben
unterschiedlicher Art über Zeiträume von 7 Tagen bis
zu 9 Monaten in einer breiten Auswahl verschiedener
Kraftstoffe und Blends eingelagert. Zur Kraftstoffmatrix
zählten beispielsweise ein Euro 6-Homologisationskraft-
stoff, Methanol, Ethanol und Butanol, eine Mischung
dieser Alkohole mit 40 % Ottokraftstoff sowie mit FAM-B,
ein Prüfmedium für Elastomere. Die Materialien und
Bauteile verhielten sich in den relevanten Kraftstoffen
unauffällig. Gleichzeitig diente die Untersuchung dazu,
die Materialien zu charakterisieren und eine Basis für
die weitere Datensammlung anzulegen. In den nächsten         Weitere Informationen im Internet unter
Arbeitsschritten sind an unterschiedlichen Prüfständen       www.c3-mobility.de
forcierte Versuche zur Alterung und Ablagerungsbildung
sowie möglichen Wechselwirkungen zwischen Kraftstof-            Über das C³-Mobility-Konsortium
fen und Bauteilen vorgesehen.                                   Das Forschungsprojekt C³-Mobility („Closed Carbon
                                                                Cycle Mobility – Klimaneutrale Kraftstoffe für den
In weiteren Arbeitspaketen soll die Fahrzeugtauglichkeit        Verkehr der Zukunft“) fokussiert sich auf die
der im Projekt hergestellten neuen Kraftstoffe auch             Entwicklung von Produktionstechnologien zur Her-
unter realen Fahrbedingungen überprüft werden. Die              stellung erneuerbarer Kraftstoffe und Praxistests
Anwendungen erstrecken sich dabei von Benzin- und               im Transportsektor. Das Konsortium besteht aus 29
Dieselmotoren im Pkw-Bereich über leichte Nutzfahr-             Partnern aus Industrie, Universitäten und außeruni-
zeuge bis hin zu Schwerlast-Nutzfahrzeugen. Dazu                versitären Forschungseinrichtungen.
werden die anwendungs- und kraftstoffspezifischen Pro-
blemstellungen erforscht und insgesamt 8 Demonstra-
tionsfahrzeuge aufgebaut. Zudem wird die Anwendung
des in der Demonstrationsanlage zu Testzwecken herge-
24
Future Fuels 

                                                                           Redifuel - Herstellung einer Alkohol-GtL-Mischung
                                                                           Foto: OWI

REDIFUEL – erste Ergebnisse aus Labortests
Entwicklung eines hochwertigen CO2-armen Biokraftstoffs

Um die Klimaschutzziele der Europäischen Union zu       fossile Kraftstoffe nach und nach zu ersetzen, einerseits
erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen bis        durch die Einführung von Elektromobilität auf Kurzstre-
zum Jahr 2050 um 80 % im Vergleich zu 1990 reduziert    cken und andererseits die Markteinführung von CO2-ar-
werden. Im Straßenverkehr, der heute noch nahezu        men, flüssigen, biobasierten Kraftstoffen der zweiten
vollständig auf konventionellen Kraftstoffen und Ver-   Generation zur Sicherung der Mobilität über große
brennungsmotoren basiert, sollen die CO2-Emissionen     Distanzen. Die für ihre Herstellung eingesetzte Biomasse
bis dahin um 60 % sinken. Ein Lösungsweg könnte sein,   darf weder eine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduk-
25
                                                                                                        Alternative Kraftstoffe

tion noch zu deren Anbauflächen bilden. In dem nun            schiedene Materialien eines Kraftstoffsystems, das
gestarteten Projekt „REDIFUEL“ soll die erforderliche         Alterungsverhalten des Kraftstoffe und seine Interaktion
Forschungsarbeit für die Herstellung und Einführung           mit anderen Betriebsstoffen (Schmieröl) zu untersuchen.
solcher Biokraftstoffe einen entscheidenden Schritt
vorangebracht werden.                                         CoCos ist ein speziell für Kraftstoff- und Komponen-
                                                              tentests designter Hardware in the Loop-Prüfstand, bei
Das übergeordnete Ziel des seit Ende 2018 laufenden           dem der Kraftstoff ein vollständiges Diesel Common Rail
Forschungsprojekts REDIFUEL ist die nachhaltige Nutzung       System im Kreislauf durchströmt und wieder aufgefangen
verschiedener biogener Rohstoffe zur Herstellung eines        wird. Im Prüfverfahren wird der Kraftstoff bei verschiede-
erneuerbaren Diesel-Biokraftstoffs, der in jedem Mi-          nen Testparametern belastet und sein Verhalten über län-
schungsverhältnis mit herkömmlichen Kraftstoffen kom-         gere Zeiträume analysiert. Diese Tests ermöglichen eine
patibel (drop-in fähig) ist. Dazu sind neue Technologien      detaillierte Analyse der Drop-in-Fähigkeit des Kraftstoffs
und Prozesse für die Herstellung erneuerbarer Kraftstoffe     sowie seiner Interaktion und Kompatibilität mit dem Kraft-
erforderlich. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung ei-   stoffeinspritzsystem. Außerdem kann die Einspritzleistung
nes kompakten und hocheffizienten Fischer-Tropsch-Pro-        über längere Betriebszeiten beobachtet werden.
zesses zur Wandlung von biogenem Synthesegas in ein
flüssiges Rohprodukt. Zu dessen Weiterverarbeitung zu         Das EU-Forschungsprojekt „REDIFUEL“ wird von der
einem qualitativ hochwertigen Kraftstoff wird im Projekt      Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und
ein effizienter Hydroformulierungsprozess entwickelt. Für     Innovationsprogramms Horizon 2020 unter dem För-
diesen Produktionsprozess vom Synthesegas bis zum die-        derkennzeichen Nr. 817612 gefördert.
sel-kompatiblen, normgerechten Biokraftstoff (EN 590) ist
ein Design zum Aufbau einer kleinen und einer mittelgro-
ßen Produktionsanlage zu erarbeiten. Neben einer hohen
Energiedichte soll der Kraftstoff sich auch durch beson-
ders vorteilhafte Emissionswerte auszeichnen. In einem
umfassenden Biomass-to-Wheel-Leistungscheck werden
die Umwelt- und Gesellschaftsaspekte der entwickelten
Technologien geprüft.
                                                              Weitere Informationen im Internet unter
                                                              www.redifuel.eu
Erste Testläufe
                                                                  Über das REDIFUEL-Konsortium
Da sich der Produktionsprozess für das Zielprodukt „Re-           Das EU-Forschungsprojekt REDIFUEL fokussiert
difuel“ noch im Aufbau befindet, wurde von OWI Science            sich auf der Entwicklung von Produktionstechno-
for Fuels und TEC4FUELS ein Ersatzkraftstoff aus vor-             logien zur Herstellung erneuerbarer Brennstoffe
handenen Alkoholen für erste Versuche und Analysen                im Transportsektor. Das Konsortium setzt sich aus
zusammengestellt, der beispielsweise hinsichtlich seiner          Universitäten, Forschungsinstituten sowie kleinen
Dichte, Viskosität und Cetanzahl konform mit der Norm             und mittelständischen Unternehmen aus sechs
EN 590 für Dieselkraftstoff ist. Erste Testläufe absol-           verschiedenen EU Ländern zusammen.
vierte der Ersatzkraftstoff auf dem anwendungsnahen
Complete Common Rail System (CoCoS)-Prüfstand der             FEV Europe GmbH (DE) | Max-Planck-Gesellschaft zur Forderung
TEC4FUELS GmbH über 100 Stunden ohne Ausfall oder             der Wissenschaften EV (DE) | Agencia Estatal Consejo Superior de
Wartung der Common Rail Systemkomponenten und                 Investigaciones Cientificas (ES) | Teknologian tutkimuskeskus VTT
                                                              Oy (FI) | Rheinisch-Westfaelische Technische Hochschule Aachen
verhielt sich somit erwartungstreu. Die Injektor-Durch-
                                                              (DE) | OWI Science for Fuels gGmbH (DE) | Vrije Universiteit Brussel
flussrate war während der gesamten Testperiode kon-           (BE) | Neste OYJ (FI) | MOL Hungarian Oil and Gas PLC (HU) | INERA-
stant und es traten keine Ablagerungen auf. In weiteren       TEC GmbH (DE) | TEC4FUELS GmbH (DE) | Uniresearch BV (NL)
Tests werden demnächst verschiedene Mischungen mit
unterschiedlichen Surrogat-Konzentrationen im Diesel
getestet, um die Auswirkungen des Kraftstoffs auf ver-
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Alternative Kraftstoffe

Synthetische                                                          Hardware-in-the-Loop-Prüfstand

Kraftstoffe für                                                       zur Qualifizierung von Brenn- und
                                                                      Kraftstoffen. Foto: TEC4FUELS

den Klimaschutz?
Forschungsprojekt NAMOSYN untersucht
Kraftstoffalternativen

Wie könnten Diesel- und Benzinfahrzeuge künftig einen
größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten? Für die an
dem neuen Forschungsprojekt „NAMOSYN“ (Nachhaltige
Mobilität durch synthetische Kraftstoffe) beteiligten 29
Unternehmen und Institutionen aus Forschung, Industrie,
Verbänden und Gesellschaft ist das eine realistische Op-
tion. Sie wollen die nachhaltige Herstellung und Verwen-
dung von synthetischen Kraftstoffen unter ökologischen,
ökonomischen und gesellschaftlichen Kriterien erfor-
schen. Wenn künftig zunehmend solche synthetischen
statt erdölstämmiger Kraftstoffe verwendet würden,
könnten die Emissionen von Verbrennungsmotoren kli-
maschonender und deutlich schadstoffärmer werden.

Die Projektpartner haben dabei verschiedene Kraftstoffal-
ternativen wie Oxymethylenether (OME) als Dieselkraft-
stoff sowie Methylformiat (MeFo) und Dimethylcarbonat
(DMC) als Ottokraftstoffe im Blick, die für Straßen- und
Offroad-Fahrzeuge sowie mobile Arbeitsmaschinen mit
heute verfügbaren und künftig zu erwartenden Moto-
rengenerationen geeignet sein könnten. Aber auch für         ebenso Untersuchungsgegenstand wie die Bestimmung
Schiffe und den kraftstoffbetriebenen Schienen- und          eines realistischen Preisniveaus der Kraftstoffe. Zudem
Schwerlastverkehr könnte OME eine Alternative sein, da       sind auch die Normenkonformität synthetischer Kraft-
aus technischen Gründen in absehbarer Zukunft noch           stoffe und die großtechnische Implementierung ihrer
keine Batterien für vollelektrische Antriebe mit hoher       Herstellung und Anwendung wichtige Aspekte.
Reichweite beziehungsweise langer Einsatzzeit zur Verfü-
gung stehen werden.                                          Die TEC4FUELS GmbH und die OWI Science for Fuels
                                                             gGmbH untersuchen im NAMOSYN-Projekt mögliche
Die Forschungsarbeiten im NAMOSYN-Projekt richten            Wechselwirkungen zwischen technischen Bauteilen und
sich beispielweise auf die Effizienz und Lebensdauer von     den synthetischen Kraftstoffen im Motorsystem sowie
Motoren beim Betrieb mit alternativen Kraftstoffen und       Fragen der Kraftstoffalterung und damit einhergehende
die Verringerung des Emissionsniveaus für die verschie-      Änderungen von Kraftstoffeigenschaften. Diese Unter-
denen Schadstoffe, wie Stickoxide und Rußpartikel, im        suchungen dienen der Gewährleistung der Betriebssi-
Vergleich zu aktuell verfügbaren Kraftstoffen. Die effizi-   cherheit und Lebensdauer des Kraftstoffsystems und des
ente Herstellung der genannten alternativen Kraftstoffe      Motors beim Betrieb mit synthetischen Kraftstoffen wie
unter Nutzung erneuerbarer Rohstoffe und Strom ist           OME beziehungsweise DMC/ MeFo.
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