Materialinnovationen made in Europe - Deutsche Erfolgsgeschichten aus der europäischen Forschungsförderung - BMBF
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Materialinnovationen made in Europe Deutsche Erfolgsgeschichten aus der europäischen Forschungsförderung
1 Inhaltsverzeichnis Informationen zur europäischen Forschungsförderung 2 SENSIndoor: Nanosensor steuert die Luftqualität 6 WALiD: Rotorblatt in neuem Gewand 8 LaWin: „Flüssige Gebäudehüllen“, inspiriert vom Wasserfall 10 CO-PILOT: Nanopartikel nach Maß 12 DIMAP: Tinten mit exquisiten Eigenschaften 14 FlexHyJoin: Das richtige Material am richtigen Ort 16 Bio4Self: Kunststoffe sind längst bio 18 ADIR: Urban Mining der nächsten Generation 20 SINTBAT: Batterien mit bester Ökobilanz 22 N2B-patch: Innovation in der Behandlung von Multipler Sklerose 24 Hinweise zur Antragsstellung 26 Impressum 29
2 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE Informationen zur europäischen Forschungsförderung Horizont 2020 ist das Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation. Das Förderprogramm zielt darauf ab, EU-weit eine wissens- und innovationsgestützte Gesellschaft und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft aufzubauen. Gleichzeitig trägt es zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. Um gezielt in die Gesellschaft wirken zu können, setzt das Programm Schwerpunkte und enthält einen umfassenden Maßnahmenkatalog. Programmaufbau Horizont 2020 ∙∙ Säule Führende Rolle der Industrie Nicht allein in Universitäten und Hochschulen Das aktuelle EU-Rahmenprogramm für Forschung und findet Forschung und Entwicklung statt – sie spielt Innovation – Horizont 2020 – ist darauf ausgelegt, eine auch eine zentrale Rolle in der Industrie. Gezielt EU-weite Wissensbasis zu schaffen und eine wettbewerbs- werden Schlüsseltechnologien – Leadership in fähige Wirtschaft zu erhalten. Das Programm unter- Enabling and Industrial Technologies (LEIT) – zur gliedert sich in mehrere Teile. Förderung von neuen Produkten und mehr Wettbe- werbsfähigkeit gefördert. Die Entwicklung neuer Horizont 2020 basiert auf drei Säulen und ist weit mehr Materialien oder Produktionstechnologien ist zum als ein Forschungsrahmenprogramm (FRP). Indem einen als Geschäftsfeld relevant, zum anderen bietet es erstmals die bisher getrennten EU-Programme der sie darüber hinaus eine Grundlage für Lösungen Forschungs- und Innovationsförderung weitgehend gesellschaftlicher Herausforderungen. Nicht zuletzt bündelt, soll es dazu beitragen, dass weltweit wettbe- soll der Zugang zu Risikofinanzierung geschaffen werbsfähige Forschung besser in Wachstum und werden, da immer erhebliche Investitionen Arbeitsplätze übertragen wird. Der Europäische notwendig sind, um gute Ideen zur Anwendung zu Forschungsraum ist ein politisches Konzept der bringen. Durch die Etablierung eines spezifischen Europäischen Union. Ziel ist es, einheitliche Rahmen KMU-Instruments werden innovationsstarke bedingungen für Forschung und Innovation in Europa kleine und mittelständische Unternehmen wirk zu schaffen. Im Zentrum stehen die Mobilität von samer eingebunden. Forschenden und der freie Austausch von wissenschaft- lichen und technologischen Erkenntnissen. ∙∙ Säule Gesellschaftliche Herausforderungen Ein Großteil der Fördermittel wird für Projekte aufge- ∙∙ Säule Wissenschaftsexzellenz wendet, die sich mit der Lösung gesellschaftsrelevanter Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Fragestellungen beschäftigen: Der demografische in Europa werden nachhaltig unterstützt und gefördert. Wandel etwa führt zu Veränderungen und Herausforde- Der Europäische Forschungsrat (ERC) vergibt Grants rungen in der medizinischen Versorgung und Pflege. an exzellente Institute sowie Wissenschaftlerinnen Daher müssen Konzepte für moderne Gesundheitsver- und Wissenschaftler zur Verwirklichung erfolgver- sorgung und Pflege entwickelt werden. Um die Lebens- sprechender Projekte. Mittels der Future and Emer- mittelversorgung der wachsenden Bevölkerung ging Technologies (FET) wird neuartige Grundlagen- sicherzustellen, muss in nachhaltige Agrarwirtschaft, forschung vorangetrieben, die den Grundstein zu Fischerei, Biowirtschaft und maritime Forschung neuen Technologien und Forschungsfeldern legen soll. investiert werden. Wissenschaftliche Karrieren werden gefördert, indem Der Klimawandel selbst und seine Folgen müssen grenzüberschreitende Forschungsaufenthalte mittels begrenzt werden. Zur Erzielung der Ziele zur Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen ermöglicht Limitierung der Treibhausgasemissionen (bis 2050 um werden. So werden Nachwuchswissenschaftlerin- 95 Prozent) sollen beispielsweise alternative, nachhaltige nen und Nachwuchswissenschaftler bestärkt, Brennstoffe für die Mobilität entwickelt und eine Erfahrungen in anderen Ländern zu sammeln. kostengünstige CO2-neutrale Energieversorgung Die Schaffung von Forschungsinfrastrukturen führt geschaffen werden. Ein ressourcenschonender, umwelt- zu einer besseren Vernetzung von Forscherinnen freundlicher Verkehr muss vorangetrieben werden. und Forschern in Europa und gilt mit Blick auf Dazu zählen auch Konzepte für ein geringeres Verkehrs- Innovationen als weltweites Alleinstellungsmerkmal. aufkommen.
INFORMATIONEN ZUR EUROPÄISCHEN FORSCHUNGSFÖRDERUNG 3 Programmaufbau Horizont 2020 Ausweitung I. Wissenschafts- II. Führende Rolle III. Gesellschaftliche der exzellenz der Industrie Herausforderungen Beteiligung Europäischer Forschungsrat Grundlegende und industrielle Gesundheit, demografischer (ERC) Technologien (LEIT) Wandel und Wohlergehen Informations- und Kommu Wissenschaft nikationstechnologien mit der und (IKT); Nanotechnologien, für die Fortschrittliche Materialien, Gesellschaft Künftige und neu entstehende Biotechnologie, Produktions- Europäische bioökonomische Technologien (FET) techniken (NMBP); Raumfahrt Herausforderungen Marie-Skłodowska-Curie- Sichere, saubere Risikofinanzierung Maßnahmen und effiziente Energie Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) Intelligenter, umweltfreund Forschungsinfrastrukturen Innovation in KMU licher und integrierter Verkehr Klimaschutz, Umwelt, Ressourceneffizienz und Rohstoffe Europäisches Institut für Innovation und Technologie (EIT) Integrative, innovative und reflexive Gesellschaften Sichere Gesellschaften Bezeichnungen teilweise verkürzt wiedergegeben; vgl. horizont2020.de/einstieg-programmstruktur.htm
4 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE Migration, Integration und soziale Ungerechtigkeit Vergleich zu anderen Programmteilen besonders erfolg- machen die Schaffung eines gemeinsamen Verständnis- reich ab. Eine andere Kennzahl unterstreicht noch ses der gesellschaftlichen Herausforderungen unab- eindrucksvoller die Bedeutung europäischer Projekte für dingbar. Kriminalität, Terrorismus und Katastrophen die nationale Forschungslandschaft: 84 Prozent aller erfordern verschiedenste Forschungsschwerpunkte zur NMBP-Projekte laufen mit deutscher Beteiligung. Entwicklung unterschiedlicher Gegenmaßnahmen. Die Motivation für eine Teilnahme an EU-Projekten ist unterschiedlich. Die meisten Antragsteller schätzen Weitere Aktivitäten insbesondere die Komplementarität der europäischen Programme zur nationalen Förderung. Denn viele Neben diesen drei Säulen werden noch weitere Ziele Forschungsfragen können nur im internationalen verfolgt. Wirtschafts- und forschungsschwache Regionen Kontext angegangen werden und wären mit einem rein werden gefördert, um eine möglichst breite Basis nationalen Konsortium nicht lösbar. Die internationale innovationsfreudiger Spitzenforschung zu schaffen. Vernetzung im spezifischen Themenfeld, die Erschlie- Ebenso soll die Gesellschaft mehr in die Wissenschaft ßung neuer Märkte sowie der Zugang zu europäischen mit eingebunden werden. Die Gemeinsame Forschungs- Forschungs- bzw. Industrie-Infrastrukturen (z. B. stelle (JRC) ist der wissenschaftliche Dienst der EU- Pilotlinien, Open Innovation Test Beds) stellen weitere Kommission und berät die EU in wissenschaftlichen Gründe für das Engagement deutscher Projektpartner Fragen zur Politikgestaltung. Das Europäische Innova- dar. In Horizont 2020 stammt mehr als die Hälfte aller tions- und Technologieinstitut (EIT) fördert und stärkt deutschen Antragsteller aus der Industrie. Dies Synergien zwischen Wirtschaft, Bildung und Forschung. ist ein weiterer Beleg für die Attraktivität der EU-For- schungsprogramme sowohl für Großunternehmen als auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Ausblick Horizont Europa In dieser Broschüre werden die Erfolgsgeschichten zehn Nach Auslaufen des EU-Rahmenprogramms Horizont deutscher Partner skizziert, um den Mehrwert der EU- 2020 (Laufzeit 2014–2020) wird das Nachfolgepro- Forschungsförderung zu verdeutlichen. Die vorge- gramm Horizont Europa starten und den Zeitraum stellten Vorhaben zeigen dabei nicht nur die große zwischen 2021 und 2027 abdecken. Dabei werden viele thematische Bandbreite und Vielfalt der Materialforschung, bewährte Bestandteile aus Horizont 2020 aller Voraus- sondern legen auch exemplarisch dar, dass sich grenzüber- sicht nach beibehalten, sodass sich das neue Programm schreitende Zusammenarbeit für jeden Einzelnen auszahlt. wiederum in drei Säulen untergliedert: So sollen potenzielle Antragsteller aus Forschung und ∙∙ Excellent Science Industrie für eine aktive Teilnahme am nächsten Rahmen- ∙∙ Global Challenges and European programm Horizont Europa gewonnen werden. Industrial Competitiveness ∙∙ Innovative Europe Die vorgestellten Projekte wurden im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms der Euro Einen Überblick über den aktuellen Diskussionsstand päischen Union Horizont 2020 auf Grundlage der findet sich auf http://ec.europa.eu/horizon-europe. nachfolgenden Finanzhilfevereinbarungen gefördert: SENSindoor: 604311 WALiD: 309985 Deutsche Erfolgsgeschichten LaWin: 637108 CO-PILOT: 645993 Von den rund 2 Mrd. Euro Fördermitteln, die in den ersten DIMAP: 685937 vier Jahren von Horizont 2020 im Programmbereich FlexHyJoin: 677625 Nanotechnologies, Advanced Materials, Biotechnology and BIO4SELF 685614 Advanced Manufacturing and Processing (NMBP) bewilligt ADIR: 680449 wurden, gingen 17,5 Prozent an deutsche Partner. Damit SINTBAT: 685716 schneiden deutsche Antragsteller in diesem Bereich im N2B-patch: 721098
6 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE Nanosensor steuert die Luftqualität Neun Forschungspartner arbeiteten länderübergreifend daran, mit fortschrittlichen Sensorsystemen die Luftqualität in Innenräumen zu überwachen und durch bedarfsgerechte Lüftung für saubere Luft zu sorgen. Im internationalen Projekt SENSIndoor wurden massentaugliche Produktionsmethoden entwickelt, die die Herstellung günstiger Sensoren ermöglichen. Die Innenraumluftqualität hat einen großen Einfluss auf extrem empfindlich und selektiv bezüglich der Detektion unsere Gesundheit, denn wir verbringen etwa 80 bis 90 von gesundheitsschädlichen Verbindungen. Außerdem hat Prozent des Tages in geschlossenen Räumen.¹ Um eine gute das Konsortium eine massentaugliche Produktionsmetho- Luftqualität gewährleisten zu können, sind fortschrittliche de entwickelt, um so kostengünstige Sensoren herzustellen. Sensorsysteme erforderlich, die laufend die Luftqualität insbesondere im Hinblick auf gesundheitsschädliche flüch- tige organische Verbindungen überwachen. Wenn die Entwicklung von neuen Konzentration dieser gesundheitsschädlichen Verbindun- Mikro-Präkonzentratoren gen zu hoch ist, kann durch eine bedarfsgerechte Lüftung ein optimaler Kompromiss zwischen Energieverbrauch In der Praxis konzentrierte sich das Projekt auf die drei und gesunder Raumluft erzielt werden. Schadgase Benzol, Formaldehyd und Naphthalin, die eine besonders hohe Gesundheitsgefahr darstellen. Diese Ver- Im Projekt SENSIndoor wurden länderübergreifend in bindungen sind häufig in Farbanstrichen, Fußböden oder Frankreich, Finnland, Schweden sowie in der Schweiz und Möbeln enthalten und schon in kleinen Konzentrationen Deutschland Sensorsysteme erforscht, die exakt diese sehr toxisch aufgrund ihrer krebserregenden Eigenschaften. Anforderungen erfüllen. Die entwickelten Sensoren, die eine wohldefinierte Nanostrukturierung aufweisen, s ind Ein zentraler innovativer Ansatz im Projekt war die Entwicklung von neuen Mikro-Präkonzentratoren auf Basis von porösen metallorganischen Gerüsten und Polymerschichten, die bestimmte Moleküle sehr SENSIndoor selektiv binden. Erstmals konnten Präkonzentratoren demonstriert werden, bei denen der Gastransport PROJEKTLAUFZEIT: 01.01.2014–31.12.2016 allein durch Diffusion erfolgt und somit keine teuren PROJEKTVOLUMEN: 4 619 315,60 Euro und anfälligen Mikropumpen erfordert. EU-FÖRDERUNG: 3 399 995,00 Euro WEBSITE ZUM PROJEKT: Durch die Aufkonzentration der Zielgase konnte eine sensindoor.eu Steigerung der Sensitivität um etwa zwei Größenord- nungen demonstriert werden. Durch eine gleichzeitige ANSPRECHPARTNER: Reduzierung von Störeinflüssen durch Permanentgase Prof. Dr. Andreas Schütze, Universität des Saarlandes wie CO, H und Wasser wurde eine bis dato unerreichte ² KONSORTIUM: Selektivität von mehr als vier Größenordnungen (z. B. für §§ Koordinator: Universität 1 ppb Benzol in einem Hintergrund von 10 ppm Ethanol) des Saarlandes, Deutschland erzielt. Die Sensorsysteme wurden in umfangreichen §§ NanoSense SARL, Frankreich Labor- und Feldversuchen erprobt und die Ergebnisse §§ Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V., Deutschland durch Vergleichsstudien in metrologischen Forschungs- §§ Oulun yliopisto, Finnland einrichtungen in Deutschland und Italien verifiziert. §§ Universitet Linköping, Schweden §§ SenSiC AB, Schweden „Das SENSIndoor-Projekt bringt eine erhebliche Multipli- §§ SGX Sensortech S.A., Schweiz kationswirkung für die beteiligten Partner mit, deren §§ 3S – Sensors, Signal Processing, Systems GmbH, Deutschland Gesamtpotenzial heute noch nicht endgültig absehbar ist. §§ Picodeon Ltd Oy, Finnland Die Vernetzung der beteiligten Arbeitsgruppen aus §§ Eurice GmbH, Deutschland Forschung und Industrie hat sich durch das EU-Projekt und die damit verbundene internationale Sichtbarkeit 1) Quelle: bmu.de
NANOSENSOR STEUERT DIE LUFTQUALITÄT 7 wesentlich erhöht. Dies ermöglichte schließlich auch den Einstieg in neue Anwendungsfelder“, betont Prof. Dr. Andreas Schütze von der Universität des Saarlandes, der mit der Koordination des Projektes betraut war. Auf dem Weg zu marktreifen Sensorsystemen Inzwischen wurde an der Universität Linköping das Spin-off DANSiC ausgegründet, das Gas-Sensorsysteme für die Bewertung der Innenraumluftqualität auf Basis der Forschungsergebnisse entwickelt und vermarktet. Das teilweise im Rahmen des Projektes entwickelte Software- paket DAV³E (Data Analysis and Verification/Visualization/ Validation Environment) steht als Open-Source-Projekt zur Verfügung. Es handelt sich um ein Tool, das sowohl in Batch aus Sensor-Präkonzentrator-Systemen, zum Teil abgedeckt mit exakt der Forschung als auch in der Produktentwicklung eine positioniertem Gaszutritt schnelle Entwicklung und sichere Bewertung von Auswer- tealgorithmen ermöglicht. Durch die freie Verfügbarkeit ist Im Bereich der Messtechnik für flüchtige organische dieses Tool für weitere interessierte Gruppen nutzbar. Verbindungen in der Geruchsmessung ist das BMBF- Projekt SEPEG entstanden. Zudem wird auch ein Derzeit arbeiten die industriellen Partner auf der Basis der umfassendes Aus- und Weiterbildungskonzept verfolgt, Projektergebnisse an der Entwicklung verschiedener dass einerseits industrielle Nutzer und andererseits den Produkte bis zur Marktreife, sowohl im Bereich von Sensor- akademischen Nachwuchs adressiert. Als eine Kompo- elementen als auch von Sensorsystemen. Hierfür kooperie- nente ist ein Projekt entstanden, das bereits Schülerin- ren die Projektpartner in unterschiedlichen Konstellatio- nen und Schüler an die Gasmesstechnik heranführt nen und mit weiteren Partnern. Mehrere wissenschaftliche und für eigene Umweltstudien begeistert, z. B. zur Mitarbeiter der akademischen Projektpartner wechselten Erfassung der Innenraumluftqualität in Schulen zu industriellen Projektpartnern, um dort die im Projekt (DBU-Projekt SUSmobil; susmobil.de). Hierdurch sollen begonnenen Arbeiten im Hinblick auf eine Vermarktung frühzeitig Nachwuchskräfte auf dieses spannende der Technologien fortzusetzen. Das Anwendungsspektrum Themengebiet aufmerksam gemacht und gleichzeitig erstreckt sich dabei nicht nur auf die Innenraumluftquali- ihr Umweltbewusstsein gestärkt werden. tät, sondern auch auf Sensoren für die Außenluftqualität sowie auf die Geruchsbewertung. Damit sollen weitere Anwen- Das SENSIndoor-Projekt wurde im Juni 2017 mit dem dungsbereiche wie die Atemgasanalyse oder das Geruchs- Best Project Award beim EuroNanoForum 2017 in monitoring erschlossen werden. Hierdurch wird auch die Malta ausgezeichnet. Der Preis würdigt aktuelle und Tür für neue Ansätze im Bereich des Umweltmonitorings abgeschlossene EU-Projekte aus dem Bereich Nano- ergänzend zu den wenigen bestehenden offiziellen Mess- und Materialwissenschaften im Hinblick auf ihr stationen aufgestoßen, z. B. für Smart Citys mit neuen Um- herausragendes Potenzial für Industrie und Gesell- weltinformationsdiensten und für Citizen-Science-Projekte. schaft. Die binationale Dissertation von Dr. Christian Bur, Universität des Saarlandes und Universität Linköping, wurde 2015 mit dem Messtechnik-Preis des Frühzeitige Begeisterung AHMT (Arbeitskreis der Hochschullehrer für Mess der Nachwuchskräfte technik) als beste Dissertation im deutschsprachigen Raum im Gebiet Messtechnik ausgezeichnet. Des Weiteren entstanden zum Teil bereits während der Projektlaufzeit neue Kontakte und Kooperationsprojekte.
8 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE Rotorblatt in neuem Gewand Rotorblätter mit wirtschaftlichem, fortschrittlichem und leichtem Verbundwerkstoffdesign (Wind Blade Using Cost- Effective Advanced Composite Lightweight Design, kurz WALiD) eines internationalen Forschungskonsortiums mit 15 Beteiligungen begeistern die Fachwelt. Gemeinsames Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie der beteiligten Firmen ist die Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Rotorblattdesigns für die europäische Offshore- Windindustrie. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der EU-Klimaziele. Offshore-Windenergieanlagen werden immer größer. die gleichzeitig eine hohe Materialfestigkeit bieten. Denn Transport, Montage, Demontage und auch die Entsorgung das geringere Gewicht erleichtert den Auf- und Abbau der der gigantischen Rotorblätter stellen die Betreiber stets vor Windturbinen und verbessert die Stabilität auf See. neue Herausforderungen. Windkraftanlagen mit bis zu 80 Meter langen Rotorblättern und einem Rotordurchmesser von mehr als 160 Metern sind auf maximale Energieerträge Entwicklung neuer thermoplastischer ausgelegt. Da die Länge der Blätter durch ihr Gewicht Tape-Materialien für einen begrenzt ist, ist es notwendig, leichte Systeme zu entwickeln, automatisierten Tapelegeprozess Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen WALiD die Form der Rotorblätter wie auch die Materialien in den Fokus. So wurde unter anderem das Design des Rotorblatts PROJEKTLAUFZEIT: 01.02.2013–31.01.2017 an thermoplastische Tape-Materialien angepasst und die PROJEKTVOLUMEN: 5 499 110,65 Euro EU-FÖRDERUNG: 3 964 797,00 Euro Blattanbindung mit einem neuen Anschlusskonzept versehen. Thermoplastische Tape-Materialien wurden im WEBSITE ZUM PROJEKT: Rahmen des Projekts für einen automatisierten Tapelege- eu-walid.com/the-project prozess für verschiedene strukturelle und semistrukturelle Rotorblattkomponenten entwickelt. Dabei wurden auch ANSPRECHPARTNER: Björn Beck und Carolyn Fisher, die Eigenschaften von thermoplastischen Schäumen als Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT Kernmaterialien für Sandwichkomponenten im Bereich des „shear webs“ (Scherstegs) genauer in Augenschein KONSORTIUM: genommen. Zusätzlich wurde die Umweltbeständigkeit §§ Koordinator: Fraunhofer-Gesellschaft von thermoplastischen Beschichtungen verbessert. zur Förderung der angewandten Forschung e. V., Deutschland §§ WPS Windrad Power Derzeit werden Rotorblätter für Windkraftanlagen mit Systems GmbH, Deutschland einem hohen Anteil an manuellen Arbeitsschritten aus §§ Norner Innovation AS, Norwegen duroplastischen Harzsystemen hergestellt. Einer der §§ Smithers Rapra and Smithers Hauptnachteile ist, dass diese nicht recycelbar sind, da sie Pira Limited, Vereinigtes Königreich §§ Nederlandse Organisatie voor nach einmaliger Erwärmung dauerhaft aushärten. WALiD Toegepast Natuurwetenschappelijk setzt im Gegensatz dazu auf die Verwendung von thermo- Onderzoek TNO, Niederlande plastischen Materialien. Dabei handelt es sich um wiederauf- §§ A.P.T. Archimedes Polymer schmelzbare Polymermaterialien, die in automatisierten Technologies LTD, Zypern Produktionsanlagen mit weniger manuellem Arbeitsauf- §§ PPG Industries Fiber Glass BV, Niederlande §§ Norner AS, Norwegen wand als herkömmliche duroplastische Polymere effizient §§ Comfil ApS, Dänemark verarbeitet werden können. Diese thermoplastischen §§ Loiretech SAS, Frankreich Materialien eignen sich sowohl für die Außenschale der §§ Coriolis Composites SAS, Frankreich Rotorblätter als auch für Segmente der inneren Tragstruktur. §§ Stichting Nederlands Normalisatie-Instituut, Niederlande §§ Windrad Engineering GmbH, Deutschland Hochsteife, kohlefaserverstärkte Thermoplaste bewähren §§ Norner Research AS, Norwegen sich für die Bereiche mit der größten Belastung des §§ Loiretech Mauves, Frankreich Blattes, während Glasfaser die weniger beanspruchten Bereiche verstärkt. Erstmalig wurde für thermoplastische
ROTORBLATT IN NEUEM GEWAND 9 Materialien im Bereich des „shear webs“ ein modulares decken. Bis 2020 soll Windenergie 12 bis 14 Prozent Design eingeführt, wodurch Einzelsegmente separat des gesamten EU-Strombedarfs decken. Dieser Beitrag voneinander gefertigt werden können und anschließend verteilt sich sowohl auf die Onshore- als auch auf die zusammengefügt werden. Neue, ultraleichte, steife Offshore-Windenergie. Neben dem für alle erneuerba- thermoplastische Tape-Materialien mit erhöhten ren Energien beschlossenen Ziel für 2020 wurden für die mechanischen Eigenschaften erlauben eine schnelle und Windindustrie die folgenden Vorgaben festgelegt: kostengünstige Herstellung der Rotorblätter durch ∙∙ 180 GW installierte Gesamtleistung einen hohen Grad an Automatisierung. (davon 35 GW Offshore) ∙∙ Jährliche Installationen von 16,8 GW (davon 6,8 GW Offshore) Gemeinsame Arbeit für ein Zukunftsthema Dieses Ziel wurde von der EU 2014 auf 27 Prozent der erneuerbaren Ressourcen bis zum Jahr 2030 angeho- Die thermoplastische WALiD-Beschichtung ist eine ben, was 46 bis 49 Prozent der erzeugten Elektrizität schützende Oberflächenschicht, die eine erhöhte Haltbar- entspricht. Prognosen sehen vor, dass Windenergie den keit unter rauen Bedingungen aufweist. Darüber hinaus größten Teil dieses Stroms mit einem Beitrag von wurde ein neues Vorhersagemodell validiert, das die mindestens 21 Prozent erzeugen wird. Entwicklung der Beschichtungen unterstützt. Der Zusammenhang zwischen Oberflächeneigenschaften und Obwohl die europäische Offshore-Windindustrie in den Erosionsbeständigkeit wurde so deutlicher erkennbar. vergangenen zehn Jahren ein enormes Wachstum verzeichnet hat, steht sie immer noch vor Herausforde- „WALiD gab uns die Möglichkeit, auf Kompetenzen aus rungen. Die größte besteht darin, die Kostenwettbewerbs- ganz Europa zurückzugreifen und Ergebnisse zu errei- fähigkeit zu erreichen. Dazu zählt auch die Reduzierung chen, die auf nationaler Ebene nicht möglich gewesen der mit der Lieferkette verbundenen finanziellen Aufwen- wären. Es war ein Privileg, mit den Partnern an einem so dungen wie etwa Bau- und Montageeinrichtungen. wichtigen Zukunftsthema zu arbeiten. Aus unserer Analysen zufolge muss die europäische Offshore-Windin- gemeinsamen Arbeit sind auch bilaterale Kooperationen dustrie 26 Prozent der Kosten senken, um bis 2023 entstanden, von denen die jeweiligen Firmen auch nach gegenüber konventionellen Energieträgern wettbe- Projektende noch profitieren“, sagt Björn Beck vom werbsfähig zu sein. Das WALiD-Projekt will die Industrie Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, das dabei unterstützen, dieses Ziel zu erreichen. mit der Projektkoordination betraut war. Die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft ermöglichte es den Industriepartnern, die Ergebnisse auf ihre Organisatio- nen zu übertragen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Das wird als wichtiger Beitrag für die europäische Innovationskraft gewertet. Zudem förderte die Zusam- menarbeit auf internationaler Ebene auch das Zusammen- spiel von verschiedenen Segmenten der Lieferkette, was sich wiederum positiv auf deren Qualität ausgewirkt hat. Forschung für die Erreichung der EU-Klimaziele Die EU hat sich 2009 das rechtsverbindliche Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens ein Fünftel ihrer Energieversorgung aus Wind und anderen erneuerbaren Ressourcen zu Projektpräsentation auf Messestand
10 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE „Flüssige Gebäudehüllen“, inspiriert vom Wasserfall Im Rahmen des durch die Europäische Kommission geförderten Projektes „LaWin – Large Area Fluidic Windows“ wurden sogenannte „flüssige Gebäudehüllen“ entwickelt. Eine flüssige Gebäudehülle imitiert die thermischen Eigen- schaften eines Wasserfalls: In Außenwänden und Fenstern zirkulierende, für sichtbares Licht transparente Flüssig- keiten verwandeln passive Wandflächen in thermisch aktive Gebäudekomponenten. Durch ein großes, transparentes Fenster strömt ein Fluid, und die Scheibe fungiert als Wärmetauscher. Die Projektidee basiert auf der Strukturierung einer Temperaturen arbeiten. Während für klassische Innen- Glasscheibe mit einem innen liegenden Kapillarsystem. raumheizungen oft Vorlauftemperaturen von 60 Grad Innerhalb des Systems befindet sich ein Fluid, das für Celsius üblich waren, können Niedertemperatursyste- den Betrachter im Zusammenhang mit den Kapillaren me selbst an kalten Wintertagen mit häufig nicht mehr nicht sichtbar ist. Mithilfe von Druckleitungen zirku- als 30 Grad Celsius auskommen. Eingesetzt werden liert das Fluid innerhalb des Systems mit entsprechen- diese bisher z. B. in Fußbodenheizungen. den Absorptionsvorgängen im Scheibenbereich und einer Anbindung an ein Heizsystem. Das Konzept ist hervorragend für Niedertemperatursysteme geeignet, Abkehr von umweltschädlichen also für Heizsysteme, die mit vergleichsweise niedrigen fossilen Rohstoffen Gebäude sind für mehr als ein Drittel des weltweiten Energiebedarfs verantwortlich, einschließlich der damit LaWin verbundenen CO2-Emissionen. Gleichzeitig verbringen wir mehr als drei Viertel unseres Lebens im Inneren von PROJEKTLAUFZEIT: 01.01.2015–31.12.2017 Gebäuden und stellen dabei immer höhere Ansprüche PROJEKTVOLUMEN: 7 508 780,88 Euro an Komfort und Funktionalität. „Die Entwicklung neuer, EU-FÖRDERUNG: 5 481 912,25 Euro nachhaltiger, CO2-effizienter Materialien und Verfahren WEBSITE ZUM PROJEKT: zur Reduktion des Energiebedarfs von Gebäuden bei lawin.uni-jena.de gleichzeitiger Erhöhung der Gebäudefunktionalität und des Komfortlevels ist daher eine der großen Prioritäten ANSPRECHPARTNER: in globalen Technologie-Roadmaps“, sagt Prof. Lothar Prof. Dr. Lothar Wondraczek, Wondraczek von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Friedrich-Schiller-Universität Jena der das Projekt mit 14 Konsortionalpartnern koordiniert KONSORTIUM: hat. „Der Rahmen des Programms Horizont 2020 §§ Koordinator: Friedrich-Schiller- ermöglichte es uns als Konsortium, die Forschungs- und Universität Jena, Deutschland Entwicklungsarbeiten von Anfang an unter einer §§ Schott Technical Glass realistischen Umsetzungsperspektive durchzuführen. Solutions GmbH, Deutschland §§ Bauhaus-Universität Weimar, Deutschland Zudem konnten durch breite Vernetzungsaktivitäten §§ Ducatt NV, Belgien über verschiedene Projektcluster hinaus unmittelbare §§ EurA Innovation GmbH, Deutschland Synergien erschlossen und Ansätze für weitere Spin-off- §§ Glass Service, a.s., Tschechien Technologien entwickelt werden.“ §§ Flachglas Sachsen GmbH, Deutschland §§ Eilenburger Fenstertechnik GmbH & Co. KG, Deutschland Der Vorteil der „flüssigen Gebäudehülle“ ist nicht nur §§ A. + E. Ungricht GmbH + Co. KG, Deutschland die deutlich effizientere Isolierung, sondern auch die §§ Fickert + Winterling Maschinenbau GmbH, sehr viel kostengünstigere Beheizung oder Kühlung, Deutschland die sich an die Wettervorhersage und die Jahreszeit §§ Beuth Hochschule für Technik Berlin, Deutschland anpasst. Die zirkulierende Flüssigkeit wird dabei als §§ Folienwerk Wolfen GmbH, Deutschland §§ Clariant Produkte (Deutschland) Wärmeträgermedium genutzt, mit dessen Hilfe Wärme GmbH, Deutschland aus der Umgebung in das Gebäude eingetragen, §§ LISEC Austria GmbH, Österreich innerhalb des Gebäudes verteilt oder auch heraus- transportiert werden kann.
„FLÜSSIGE GEBÄUDEHÜLLEN“, INSPIRIERT VOM WASSERFALL 11 Ganzheitlicher Ansatz für Gegenstand der Förderphase waren großflächige neue Technologie Fluidikelemente, die es in einzigartiger Weise erlau- ben, funktionale Flüssigkeiten in Fenster- und Auf Basis funktionaler, großflächiger Glaselemente mit Fassadenelemente aktiver und passiver Gebäudehül- integrierten Kanalstrukturen wurde eine Technologie len zu integrieren. Diese Elemente basieren auf einem bereitgestellt, die flüssige Gebäudehüllen zur Realität Glas-Glas-Laminat, in dem eines der beteiligten macht. In einem ganzheitlichen Ansatz wurde diese Gläser der Funktion entsprechende Kapillarstruktu- Technologie bis zur Verfügbarkeit kompletter Fluidik- ren enthält. Die Kapillarstrukturen dienen dem fenster mit Zwei- und Dreifachverglasung vorangetrie- Transport einer Wärmetauscherflüssigkeit. Für die ben. Derartige Fenstersysteme eignen sich nicht nur als flächendeckende Anwendung müssen die Laminatele- Wärmetauscher, sondern gleichzeitig auch zur aktiven mente nicht nur ihre Primärfunktion dauerhaft Verschattung, zur solarthermischen Energiegewinnung tragen, sondern einerseits in bestehende Produktions- oder beispielsweise zur steuerbaren Einfärbung von prozesse für Zwei- und Dreifachverglasungen inte Fassaden. In Form flächiger Kühlelemente können sie grierbar sein, andererseits den Anforderungen einer zudem heutige Klimaanlagen mit starker Luftbewegung Lebensdaueranalyse standhalten. Ergänzt wurde dies und hohem Energiebedarf nachhaltig ersetzen. durch die Entwicklung von Integrationskonzepten für die Implementierung mit einer Gebäudeinfrastruktur. Dazu gehörten Fragen der Verschaltung mehrerer Elemente, Fluidik- und Wärmeübergabekonzepte (Wärmepumpen) sowie Fragen der Nutzerakzeptanz. Aus diesem Erfolg ergaben sich zahlreiche Szenarien der weiteren Anwendung. So sind etwa neue Wege der Innenraumklimatisierung auf Basis großflächiger, architektonisch ansprechender und energetisch nachhaltiger Kühltechnologie denkbar – oder auch die Verwendung von Fluidikfenstern als Luftwärmetau- scher, die direkte Beheizung (oder Kühlung) durch Fensterflächen sowie die Implementierung funktiona- ler Flüssigkeiten (z. B. foto-, elektro- oder thermo- chrom) zur Beschattung und gezielten Steuerung des spektralen Lichteintrages in Gebäuden. „Das Alleinstel- Prinzipdarstellung der Projektidee lungsmerkmal dieser neuartigen Technologie ergibt sich dabei nicht aus den Einzelfunktionen, sondern vor allem aus der Kombinationsfähigkeit mehrerer Funk- Die grundlegende Herausforderung des Projektes tionen“, so Lothar Wondraczek. war es, einen flüssigen Wärmeträger kontrolliert, großflächig und aus ökologischer wie ökonomischer Sicht nachhaltig in hochwertige Gebäudehüllen zu integrieren. Von besonderem Interesse war dabei die Integration in Fenstersysteme, die einerseits die energetisch schwächste Stelle moderner Gebäude- hüllen darstellen, andererseits die hinsichtlich optischer Transparenz und Integration größte Herausforderung bieten: Wenn es gelingt, Flüssig keiten in „Smart Windows“ zu integrieren, so ist die Integration auch in andere, nicht transparente Fassadenelemente möglich.
12 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE Nanopartikel nach Maß Viele gute Ideen für neue Industrieprodukte bleiben in der Schublade, weil die technische Infrastruktur zum Aus probieren fehlt – insbesondere, wenn es um den Einsatz von Nanopartikeln geht. Hier setzt das Forschungsprojekt CO-PILOT an: Es ermöglicht die flexible Herstellung von verhältnismäßig kostengünstigen Nanokompositen im Pilotmaßstab. 13 Konsortiumspartner haben eine „Open-Access-Infrastruktur“ aufgebaut, die es vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ermöglicht, mit Nanotechnologie zu experimentieren. Von der „Nanoküche“ spricht man am Fraunhofer- einem kleinen Maßstab ausprobieren möchten. Da vor Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg, um Laien allem KMU nicht unbedingt auf die für die Herstellung anschaulich darzulegen, woran in den Laboren gear- und Modifizierung von Nanopartikeln sowie deren beitet wird. Das hoch spezialisierte technische Equip- Weiterverarbeitung nötige technische Infrastruktur ment umfasst unter anderem einen 100-Liter-Rührre- verfügen, schließt dieses Angebot eine Lücke. aktor für das Upscaling von Laborsynthesen oder eine mannshohe halbkontinuierliche Zentrifuge. Damit ist das ISC eine Anlaufstelle für Unternehmen und Nanopartikel wecken Ideen für wissenschaftliche Einrichtungen, die eine Nanoidee in neue Produkteigenschaften Funktionelle Kompositwerkstoffe auf der Basis von Nanomaterialien oder -partikeln haben in den CO-PILOT vergangenen Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Viele interessante Materialeigenschaften PROJEKTLAUFZEIT: 01.01.2015–31.01.2017 lassen sich durch Nanoadditive erreichen – das weckt PROJEKTVOLUMEN: 5 475 358,75 Euro Ideen für neue Produkteigenschaften. Ein Manko für EU-FÖRDERUNG: 5 021 858,50 Euro Produktentwickler ist bisher jedoch die schlechte Verfügbarkeit von produktionstauglichen Nanoparti- WEBSITE ZUM PROJEKT: h2020copilot.eu keln. Die beschriebenen Produktionsmengen sind meist kleiner als ein Gramm, die Infrastruktur für die ANSPRECHPARTNER: Herstellung größerer Mengen ist teuer, die Synthese- Dr. Karl Mandel, Fraunhofer-Institut prozesse sind störungsanfällig und nicht ohne Weiteres für Silicatforschung ISC skalierbar. Viele gute Ideen scheitern so schon vor KONSORTIUM: der eigentlichen Produktentwicklung. §§ Koordinator: Nederlandse Organisatie voor Toegepast Natuurwetenschappelijk „Die EU hat damit einen neuen Ansatz der Dienstleis- Onderzoek TNO, Niederlande tung gefördert“, sagt Dr. Karl Mandel, Leiter der §§ Fraunhofer-Gesellschaft Partikeltechnologie des Fraunhofer ISC. „Ein einfa- zur Förderung der angewandten Forschung e. V., Deutschland cher und offener Zugang zu hochklassiger Infrastruk- §§ SKZ-KFE gGmbH, Deutschland tur für die zuverlässige Produktion kleiner Chargen §§ Momentive Performance von funktionalisierten Nanopartikeln und Nanokom- Materials GmbH, Deutschland positen zu Testzwecken, das könnte Unternehmen aus §§ LS Instruments AG, Schweiz Chemie und Pharmazie den Weg hin zu neuen §§ Sonaxis S.A., Frankreich §§ Institute of Occupational nanobasierten Produkten erleichtern.“ Er vergleicht Medicine, Vereinigtes Königreich die Pilotlinie mit einer Hightechküche: „Wir stellen §§ Trinity College Dublin, Irland ausgefeiltes Equipment und Profiköche zur Herstel- §§ Carl Padberg Zentrifugenbau lung eines Nanomenüs à la carte oder nach individu- GmbH, Deutschland ellen Wünschen zur Verfügung. So können Unterneh- §§ Nabaltec AG, Deutschland §§ Ioniqa Technologies BV, Niederlande men ihre oder auch unsere Rezepte erstmals testen, §§ Kriya Materials BV, Niederlande bevor sie sich zum Nachkochen oder zum Aufbau §§ Stichting NanoHouse, Niederlande einer eigenen Nanoküche entschließen.“ Neben dem ISC sind zwei weitere „Open-Access-Linien“ im
NANOPARTIKEL NACH MASS 13 niederländischen Eindhoven sowie am Süddeutschen Kunststoffzentrum in Selb aufgebaut worden. Projekt ermöglicht einzigartige Ausstattung Was das Angebot in Würzburg für Kunden besonders interessant macht, ist die langjährige Erfahrung der betreuenden Projektteams im Material- und Eigen- schaftsdesign von Partikeln sowie in der Steuerung von komplexen Synthesen. Durch das EU-geförderte Projekt wurde eine einzigartige Ausstattung für robuste und zuverlässige Herstellprozesse ermöglicht. So wurde ein neuartiger Prototyp einer halb kontinuierlichen Zentrifuge zur Partikelabscheidung speziell für diese Pilotlinie entwickelt. Damit werden bis zu fünf Kilo- Der Rührreaktor für Partikelsynthesen im Maßstab 100 Liter gramm Partikelgel mit einem Feststoffgehalt von 70 Prozent pro Zyklus aus dem Syntheseansatz „geerntet“. Kunststoffe etwa werden durch Nanotechnologie Online-Analysegeräte ermöglichen eine ständige reißfester und beständiger, was eine ganze Bandbreite Überwachung und Steuerung der Partikelsynthese und von Anwendungen ermöglicht. Auch für die Weiterent- -funktionalisierung. Damit sind die Syntheseprozesse wicklung von Brennstoffzellen oder von Katalysatoren ebenso wie die Abscheidung der Partikel exakt steuerbar eignet sich die „Nanoküche“. und effizient und garantieren reproduzierbar das gewünschte Eigenschaftsprofil der Partikel auch im Die Ergebnisse aus dem Projekt CO-PILOT dienen als Kilogrammmaßstab. Grundlage für Folgeprojekte. Das Fraunhofer ISC kümmert sich aktuell in diesem Jahr im EU- Erprobt wurde die Pilotlinie mit vier unterschiedlichen Forschungsprojekt OASIS um induktiv heizbare Partikelsystemen: Magnetpartikel für neuartige Pultrusionsansätze im ∙∙ Layered Double Hydroxides (LDH) als flammhemmen- Pilotmaßstab. de Füllstoffe zur Compoundierung in Kunststoffen ∙∙ Titandioxid für optisch hoch brechende Komposite ∙∙ hohle Silikapartikel für gefüllte Silikonpolymere ∙∙ Magnetpartikel mit katalytisch modifizierten Ober- flächen für das Recycling von PET Materialdesign und Syntheserouten ermöglichen dabei auch die Funktionalisierung von Partikeln hinsichtlich ihrer weiteren Verarbeitung, also beispielsweise die Anpassung an die chemische Beschaffenheit der Matrix bei der Compoundierung. Nanopartikel helfen etwa dabei, dass Plastik nicht brennt. Oder sie versehen Oberflächen mit neuen Eigenschaften, wie das Beispiel Fotovoltaik zeigt. Die Oberflächen von Fotovoltaikanlagen werden dahingehend verändert, dass die Staubablagerung auf den Glasflächen gestoppt wird.
14 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE Tinten mit exquisiten Eigenschaften Ob ein menschlicher Unterkiefer aus Titan oder eine künstliche Aortaklappe – nicht nur im Gesundheitswesen revolutioniert der 3-D-Druck die Behandlungsmethoden. Mit den Materialien für diese Form der Fertigungstechnik beschäftigte sich das Forschungsprojekt DIMAP: Es wurden Silber- und Keramik-Nanopartikel mit hervorragender Leitfähigkeit, Hochleistungspolymere und schäumbare Tinten für Leichtbauanwendungen entwickelt und optimiert. Ziel von DIMAP (Novel nanoparticle enhanced Digital Für den Druck dieser Materialien wurde eine spezifische Materials for 3D Printing and their application shown for Druckerarchitektur realisiert. the robotic and electronic industry) war es, den Anwen- dungsbereich und die Möglichkeiten des Multimaterial- 3-D-Drucks zu erweitern. Es ist gelungen, 3-D-Druckma- Neue Möglichkeiten mit terialien für die PolyJetTM-Technologie mit völlig neuen neuen Materialien Eigenschaftsprofilen zu definieren und nanotechnolo- gisch weiterzuentwickeln. Dabei handelt es sich um: 3-D-Drucker fertigen heute mehr als Plastikteile – auch ∙∙ elektrisch leitfähige Tinten mit Silbernanopartikeln Edelstahl, Aluminium oder Titan können verarbeitet ∙∙ thermisch leitfähige Tinten mit keramischen werden. Diese Form der additiven Fertigung (im Gegensatz Nanopartikeln steht die subtraktive Fertigung, die durch Fräsen oder Sägen ∙∙ schäumbare Tinten für Leichtbauanwendungen etwas wegnimmt) verlangt Materialien, die auf die jeweilige ∙∙ Hochleistungtinten aus Polyimid Anlagentechnik abgestimmt sind. Zwar besitzt die PolyJet™- Technologie mit der Fähigkeit des Multimaterialdrucks eine herausragende Eigenschaft im Feld der 3-D-Druck-Techno- logien, die eine beispiellose Funktionsintegration innerhalb eines Printvorgangs ermöglicht. Allerdings wären vielfäl tigere Materialeigenschaften wünschenswert, und auch DIMAP mangelnde Haltbarkeit der Materialien war bisher eine wesentliche Schwäche des Prozesses. PROJEKTLAUFZEIT: 01.10.2015–30.09.2018 PROJEKTVOLUMEN: 4 997 351,25 Euro An diesem Punkt setzen die 12 Konsortiumspartner an. EU-FÖRDERUNG: 4 997 351,25 Euro Das internationale Team mit Wissenschaftlerinnen und WEBSITE ZUM PROJEKT: Wissenschaftlern aus Israel, den Niederlanden, Österreich, dimap-project.eu Spanien und Deutschland hat sich zum Kernziel gesetzt, mit neuen Materialien neue Möglichkeiten zu schaffen. ANSPRECHPARTNER: Sie haben Silber- und Keramiknanopartikel in den Thomas Lück, cirp GmbH Druckprozess integriert und Designstrategien ausgearbei- KONSORTIUM: tet, um bessere Produkteigenschaften zu erzielen – eine §§ Koordinator: Profactor GmbH, Österreich äußerst anspruchsvolle und komplexe Aufgabe. §§ Stratasys Ltd., Israel §§ Karlsruher Institut für Technologie, Der erste Schritt war die Analyse der Anforderungen an das Deutschland Material. Dementsprechend wurden passende Rezepturen §§ Borealis Polyolefine GmbH, Österreich §§ Tiger Coatings, Österreich von den Partnern entwickelt. Durch Beigabe von abge- §§ Festo AG & Co. KG, Deutschland stimmten Nanopartikeln konnte das Ergebnis optimiert §§ Universität Linz, Österreich werden. Unterstützt wurde die Entwicklung der neuen §§ Soreq Nuclear Research Center, Israel Materialien durch computerbasierte Simulationsmodelle. §§ cirp GmbH, Deutschland So entstanden vier neue Tinten, die dem 3-D-Druck z. B. in §§ P.V. Nano Cell Ltd., Israel §§ Tecnología Navarra der Elektroindustrie neue Spielräume eröffnen: de Nanoproductos S.L., Spanien ∙∙ elektrisch leitfähige Tinten mit Silbernanopartikeln, §§ Signify Netherlands BV, Niederlande zum Drucken von Leiterbahnen und elektrischen Komponenten
TINTEN MIT EXQUISITEN EIGENSCHAFTEN 15 ∙∙ thermisch leitfähige Tinten mit keramischen schen DIMAP-Polyjet-Drucker, der bei drei verschiedenen Nanopartikeln, etwa für die Kühlung von LEDs Projektpartnern zum Einsatz kam. Dadurch konnten die ∙∙ schäumbare Tinten für Leichtbauanwendungen und verschiedenen Arbeitspakete parallel bearbeitet und dann geringen Materialverbrauch gemeinsam fokussiert werden. Die Hardware und die ∙∙ Hochleistungstinten aus Polyimid für sehr hohe Software zur Verarbeitung der DIMAP-Materialien Temperaturbeständigkeit und exzellente chemische wurden in vielen Teilen neu aufgebaut. Beständigkeit „Das Projekt führte zu einem signifikanten Know-how- Unter den Ergebnissen, die das Forschungskonsortium Zuwachs innerhalb der cirp GmbH und mündete in einem hervorhebt, ist der erste Druck eines polyimidbasierten Ausbau des Unternehmens mit neuem Personal“, sagt Materials auf einer PolyJet™-Maschine. „Die DIMAP- Thomas Lück. „Für unser Dienstleistungsspektrum ist Polyimide zeichnen sich durch sehr hohe Temperatur es elementar, auf dem neuesten Stand der Technik zu beständigkeit und sehr gute dielektrische Eigenschaften sein und damit Angebote zu führen, die Alleinstel- aus“, betont Thomas Lück, der bei dem Heimsheimer lungsmerkmale besitzen. Aus der Zusammenarbeit in Unternehmen und DIMAP-Konsortialpartner cirp GmbH Forschungsprojekten entstehen immer wieder Koope- als Leiter für Vertrieb und Innovationen verantwortlich ist. rationen, die die Entwicklung nachhaltig verbessern.“ Des Weiteren ist es gelungen, silberbasierte Tinten im Das Unternehmen ist zuversichtlich, dass die neuen Druckprozess leitfähig zu sintern – darunter versteht DIMAP-Materialien mit recht hohem Reifegrad schon man das Erhitzen eines Werkstoffes zur Veränderung bald das Dienstleistungsspektrum des mittelstän der Struktur, was wiederum die Integration der dischen Unternehmens erweitern. Zudem haben sich vorgefertigten Komponenten erleichtert. Während die durch die zahlreichen Erfolge innerhalb des DIMAP- elektrisch leitfähigen und die Hochleistungs-Poly- Projekts, die vor allem auf der fruchtbaren multidiszip- imid-Tinten im Projekt bereits einen sehr hohen linäre Zusammenarbeit über Grenzen hinweg erreicht Reifegrad erreichten, verblieben die keramischen und wurden, bereits verschiedene mögliche Folgeprojekte die schäumbaren Tinten in einem labormäßigen ergeben. Unter anderem wird ein DIMAP-Anschluss- Entwicklungsstatus. Sie konnten deswegen noch nicht projekt anvisiert. Des Weiteren ist geplant, mit den in die Demonstratoren verbaut werden. Die Verarbeitung DIMAP-Versuchsdruckern bei den jeweiligen Partnern der DIMAP-Materialien erfolgte auf einem prototypi- weiterführende Experimente durchzuführen. Der pneumatische Festo Roboter Aktuator wurde in einem Schritt mit maximaler Funktionsintegration gedruckt.
16 MATERIALINNOVATIONEN MADE IN EUROPE Das richtige Material am richtigen Ort Zehn europäische Forschungspartner arbeiten im Projekt FlexHyJoin länderübergreifend daran, eine vollautoma- tische Fertigungszelle zum Fügen von gewichtsneutralen Hybridstrukturen aus Metallen und Polymerverbundstoffen ohne die Verwendung von Klebstoffen mit potenziell schädlichen Lösungsmitteln zu fertigen. Diese Hybridfüge- technologie senkt unter anderem Kosten und Fertigungszeit – gute Nachrichten für die Industrie. Übergeordnetes Ziel von FlexHyJoin (Flexible Produc- Anders als beim Kleben sind bei den eingesetzten tion Cell for Hybrid Joining) ist die Entwicklung und Verfahren keine zusätzlichen Additive notwendig. Die der Aufbau einer Prototypen-Fertigungszelle zum lasttragende Faserstruktur des TP-FKV wird nicht Fügen von Hybridbauteilen, die aus thermoplastischen geschädigt, wie es beim Schrauben oder Clinchen der Faserkunststoffverbunden (TP-FKV) und Metallen Fall ist. Die Großserientauglichkeit konnte anhand bestehen. Dazu werden Induktions- und Laserfügen einer vollautomatischen Fertigungszelle demonstriert mit einer Laservorbehandlung der Metalloberfläche, werden, in der eine Dachversteifung aus kontinuierlich Prozesskontrolle und -überwachung, sowie zerstö- glasfaserverstärktem Polyamid 6 mit metallischen rungsfreie Prüfung via Lock-In-Thermografie kombi- Verbindungselementen gefügt wird. niert. Somit soll ein speziell auf hybride Metall-TP- FKV-Verbindungen angepasster Fügeprozess bereitgestellt werden, damit das jeweilige Werkstoff- Effiziente Kombination potenzial voll ausgeschöpft werden kann. innovativer Technologien In der Fertigungszelle werden im ersten Schritt die in einem vorgeschalteten Stanzverfahren umgeformten metallischen Befestigungselemente durch einen FlexHyJoin Hochgeschwindigkeitslaser vorstrukturiert. So werden linienförmige Kavitäten mit Hinterschnitten einge- PROJEKTLAUFZEIT: 01.10.2015–31.12.2018 bracht, durch die beim Folgeschritt Fügen eine PROJEKTVOLUMEN: 5 868 683,75 Euro formschlüssige Verbindung zwischen Metall und EU-FÖRDERUNG: 4 141 347,64 Euro TP-FKV erzeugt wird. Nach der Oberflächenstruktu- rierung werden sowohl die Verbindungselemente als WEBSITE ZUM PROJEKT: flexhyjoin.eu auch die Dachversteifung zum Prozessschritt Fügen transportiert. Die Metallhalterungen werden auf dem ANSPRECHPARTNER: vorgeformten, thermoplastischen Organoblechprofil Nora Feiden, Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, der Dachversteifung positioniert, die Seitenteile durch Michael Begert, EDAG Engineering GmbH Laser und das mittlere Metallelement durch elektro- KONSORTIUM: magnetische Induktion erwärmt. Durch die Erwär- §§ Koordinator: Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, mung des Metalls wird der Matrixwerkstoff des Deutschland TP-FKV an der Kontaktstelle zum Metall schmelzflüs- §§ Fundación Tecnalia Research & sig und fließt infolge des gleichzeitig aufgebrachten Innovation, Spanien Fügedrucks in die laserinduzierten Kavitäten der §§ Gubesch Thermoforming GmbH, Deutschland §§ EDAG Engineering GmbH, Deutschland laserstrukturierten Metalloberfläche. §§ Leister Technologies AG, Schweiz §§ Centro Ricerche Fiat S.C.p.A., Italien Nach dem Abkühlen entsteht eine Hybridstruktur, die §§ New Infrared Technologies, S.L., Spanien auf einer kombinierten formschlüssigen und stoff- §§ Fraunhofer-Gesellschaft schlüssigen Verbindung basiert. Um sicherzustellen, dass zur Förderung der angewandten Forschung e. V., Deutschland die Verbindung den geforderten Qualitätsanforderungen §§ KGR S.p.A., Italien entspricht, werden die Fügestellen in der Fertigungszel- §§ Fill Gesellschaft m.b.H, Österreich le zerstörungsfrei durch Lock-in-Thermografie auf Fehlstellen geprüft. Nach der Qualitätskontrolle ist es
DAS RICHTIGE MATERIAL AM RICHTIGEN ORT 17 Laser-Oberflächenvorbehandlung Induktions- und Laserfügen Zerstörungsfreie Prüfung Bestückung Roboter Entwickelte Fertigungszelle im Projekt FlexHyJoin möglich, die Hybridbauteile durch nachgeschaltete Spektrum von Anwendungen, die neben der Automo- Montageschritte in eine übergeordnete Baugruppe zu bilindustrie auch in Industriezweigen wie Medizin, integrieren. Im Rahmen des FlexHyJoin-Projektes Sport und Freizeit oder der Luft- und Raumfahrt konnten alle beschriebenen Technologien so effizient eingesetzt werden. miteinander kombiniert werden, dass eine Ferti- gungszelle maßgeschneiderte Fügetechnologien für Im Rahmen des Projektes konnten mehrere großseri- Hybridbauteile bereitstellt. „Es ist eine bereichernde entaugliche Verfahren erfolgreich kombiniert und inspirierende Erfahrung, ein EU-Forschungspro- werden. Zukünftig können diese von Endanwendern jekt zu konzipieren und zu koordinieren, in dem genutzt bzw. von Forschungseinrichtungen weiter- Partner aus europäischen Ländern grenzüberschrei- entwickelt werden. tend hoch motiviert zusammenarbeiten und schließ- lich ein so ambitioniertes Ziel wie die FlexHyJoin- Mögliche zukünftige Entwicklungsarbeiten: Fertigungszelle erreichen“, beschreibt Projekt- ∙∙ Erweiterung der möglichen Bauteilgeometrien koordinatorin Nora Feiden vom Institut für Verbund- ∙∙ Herleitung von Konstruktionsrichtlinien, die die werkstoffe (IVW) stellvertretend für das gesamte Besonderheiten dieser Fügetechnologie berücksichtigen Team. Leichtere Bauteile in der Automobilindustrie ∙∙ neue Werkzeugkonzepte reduzieren den Kohlendioxidausstoß und wirken sich ∙∙ neue Werkstoffkombinationen somit positiv auf die Umwelt aus. Das FlexHyJoin-Pro- ∙∙ innovative Konzepte zur Prozessregelung und jekt stellt mit seiner hybriden Fügetechnologie einen -überwachung (Digital Twin, Industrie 4.0) Wegweiser für zukünftige Mobilitätskonzepte dar. Für zukünftige Entwicklungstätigkeiten, insbesondere bei Fahrzeugen und deren Komponenten in neuer Grundstein für neue Bauweise, beispielsweise in der Elektromobilität, sieht Konstruktionsmöglichkeiten einer der Konsortiumspartner, der Engineering-Dienst- leistungen für die Automobilindustrie entwirft, sehr Die Entwicklung der Zelle repräsentiert den Grund- gute Chancen, die FlexHyJoin-Technologie bei Exterieur- stein für neue Konstruktionsmöglichkeiten im und Interieuranwendungen als innovative Leichtbaulö- hybriden Leichtbau. Sie unterstützt die Etablierung in sung zu nutzen. Auch die Rohstoff- und Halbzeugindus- Bereichen wie beispielsweise E-Mobilität oder der trie hat das Potenzial erkannt: In weiterführenden lastgerechten Verstärkung von Fahrzeugstrukturen Kundenprojekten sollen die Möglichkeiten dieser durch Faserkunststoffverbunde. Die sehr gute Technologie mit weiteren, auf spezielle Anwendungen Verbindungsqualität und -festigkeit bei einer kurzen zugeschnittenen Materialkombinationen erprobt Taktzeit in der Herstellung eignet sich für ein breites werden.
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