2030: DER SCHWEIZER TOURISMUS IM KLIMAWANDEL - MYSWITZERLAND.COM
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Autoren. Autoren: Hansruedi Müller/Fabian Weber, Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF) der Universität Bern Auftraggeber/ Jürg Schmid/Martin Nydegger, Schweiz Tourismus Projektkoordination: Begleitgruppe: Bruno Abegg, Geographisches Institut der Universität Zürich Hans Allemann, Alpinzentrum Gstaad GmbH Christen Baumann, Zermatt Bergbahnen AG David Bosshart, GDI Zürich Peter Felser, SFLB Philippe Frutiger, Hotel Giardino Ascona Mario Lütolf, STV Theo Schnider, Tourismus UNESCO-Biosphäre Hans-Kaspar Schwarzenbach, Arosa Tourismus Roger Seifritz, Gstaad-Saanenland Tourismus Andreas Züllig, Hotel Schweizerhof Lenzerheide, Hotelierverein GR Bern, 21. Januar 2008 2 | Autoren
Inhalt. 1. Zusammenfassung und Commitment des Schweizer Tourismus 5 2. Grundlagen 6 2.1 Ausgangslage – Temperaturzunahme weltweit 6 2.2 Ausgangslage – Temperaturzunahme in der Schweiz 6 2.3 Naturräumliche Konsequenzen 8 3. Sozio-ökonomische Rahmenbedingungen 12 3.1 Wertewandel 12 3.2 Reiseverhalten 12 4. Chancen & Risiken 14 5. Commitment für den Schweizer Tourismus 17 6. Verminderungsstrategien 18 7. Anpassungsstrategien 23 8. Aktionsplan 26 9. Anhang 27 Quellenverzeichnis 31 Inhalt | 3
La Tour-de-Peilz, Genferseegebiet
Cabane de Tracuit, Wallis 1. Zusammenfassung. Commitment des Schweizer Tourismus. Die Klimaänderung gehört zu den grössten Herausforderungen – Die Klimaänderung eröffnet dem Schweizer Tourismus auch unserer Zeit. Schweiz Tourismus hat sich im Rahmen einer Pro- Chancen, die er innovativ nutzen kann, ohne gleichzeitig den jektgruppe eingehend mit der Thematik befasst und kommt zu Klimaschutz zu gefährden. Dabei handelt es sich unter ande- untenstehenden Schlussfolgerungen: rem um die Konzentration des Wintersports auf hochgelegene – Die Klimaänderung mit einer zunehmenden generellen Erwär- Destinationen, die neue Popularität der Sommerfrische, verän- mung und gleichzeitig veränderten Niederschlägen wird als derte Konkurrenzverhältnisse zwischen dem Mittelmeer und reale Veränderung ernst genommen. Man ist sich bewusst, den Alpen durch mehr Sonnentage im Sommer und einem mil- dass der rasche Entwicklungsverlauf der aktuellen Klimaände- deren Klima in Mitteleuropa. rung weitgehend vom Menschen verursacht ist. – Der Tourismus ist bereit, zur Verminderung der Klimagase bei- – Der Tourismus ist wichtiger Verursacher von CO2-Emissionen zutragen, sei es durch Energiesparmassnahmen, durch die als bedeutendstes Klimagas. Gleichzeitig ist der Schweizer Förderung klimafreundlicher Verkehrsträger, durch technische Tourismus ein zentraler Betroffener des Klimawandels. Des- Innovationen, durch Lenkungsabgaben auf CO2-Emissionen halb ist der Tourismus aufgerufen, eine aktive Klimapolitik zu oder durch Kompensationen von Klimagasen. betreiben. – Der Tourismus hat unzählige Möglichkeiten, sich laufend und – Die Klimaänderung betrifft beinahe alle Lebens- und Wirt- vorausschauend der Klimaänderung anzupassen, angefangen schaftsbereiche. Der Tourismus als Querschnittsphänomen ist bei der Entwicklung neuer Angebote über die Weiterentwick- deshalb nicht nur von direkten, sondern auch von indirekten lung und Sicherung des Schneesports, die Verstärkung der Effekten bezüglich Land-, Forst- oder Wasserwirtschaft tan- Gefahrenabwehr durch technische Massnahmen, die Vermin- giert. derung von Risiken durch organisatorische Massnahmen, – Der Tourismus hat sich an den ökonomischen, sozialen, ökolo- einer klaren Positionierung mit gezieltem Marketing bis hin zur gischen sowie politischen Entwicklungen zu orientieren und Sensibilisierung der Branche und der breiten Bevölkerung. hat insbesondere Veränderungen der sozialen Werte und neue Konsumtrends zu berücksichtigen. Der Schweizer Tourismus sollte sein Handeln an diesen Über- – Der Tourismus ist ein zentraler Betroffener des Klimawandels, zeugungen orientieren. insbesondere wegen der abnehmenden Schneesicherheit in unteren Lagen und der seltener werdenden Winteratmosphäre, den zunehmenden Wetterkapriolen und Wärmeperioden, dem Gletscherschwund und dem weichenden Permafrost, mög- lichen Landschaftsveränderungen und zunehmenden Natur- gefahren. Zusammenfassung | 5
2. Grundlagen. 2.1 Ausgangslage – Temperatur- Abb. 1: Entwicklungsszenarien der globalen Oberflächentemperatur 1900–2100 (IPCC 2007) zunahme weltweit. Multimodell-Mittel und geschätzte Bandbreiten Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) trägt für die Erwärmung an der Erdoberfläche Globale Erwärmung an der Erdoberfläche (°C) regelmässig die Ergebnisse der weltweiten Forschungen zur ©IPCC 2007: WG1-AR4 A2 Klimaänderung zusammen und veröffentlicht diese in den 6,0 A1B B1 IPCC Assessment Reports. Die Berechnungen verschiedener konstante Jahr-2000- 5,0 Konzentrationen Klimamodelle wurden im IPCC-Bericht, der im Frühjahr 2007 20. Jahrhundert erschienen ist, vorgestellt. Die Abbildung 1 fasst die Tempera- 4,0 turveränderungen aufgrund unterschiedlicher Emissionsszena- 3,0 rien mit den besten Schätzungen zusammen und zeigt die wahrscheinliche Bandbreite auf. Für die Periode 2090–2099 ist 2,0 gegenüber 1990–1999 je nach Modell und Szenario (A1, A1B 1,0 etc.) eine weltweite Temperaturzunahme zwischen 1,8 und 4 °C zu erwarten. 0,0 A1FI A1B A1T -1,0 B1 B2 A2 Nachgefragt: Was ist der Unterschied zwischen Wetter- und Klimaprognosen? Während die Wetterprognosen kurz- 1900 2000 2100 Jahr zeitige Veränderungen unterschiedlicher Wetterparameter wiedergeben (maximal 5 Tage), befassen sich Klimaprogno- sen mit Durchschnittswerten von Temperatur und Nieder- 2.2 Ausgangslage – Temperatur- schlag für eine minimale Periode von 10 Jahren mit einem Prognosehorizont von mindestens 25 Jahren. zunahme in der Schweiz. Auf Basis der Klimamodelle des IPCC berechnete die ETH Zürich (Frei 2004) die Veränderungen von Temperatur und Nie- Fazit: Gemäss dem IPCC-Bericht 2007 wird die globale derschlag für die Schweiz in den Jahren 2030, 2050 und 2070. Temperatur bis Ende des 21. Jahrhunderts um zwischen Dabei wurden die Alpennord- und Alpensüdseite sowie die vier 1,8 und 4 °C zunehmen. Jahreszeiten unterschieden. 6 | Grundlagen
Diavolezza, Oberengadin, Graubünden Abb. 2: Veränderungen der Temperatur gegenüber 1990 (links Alpennord-, rechts Alpensüdseite) Alpennordseite Alpensüdseite Quelle: Frei 2004 2030 2050 2070 7 7,1 7,0 6,0 5,2 5,3 Temperaturänderung (°C) 4,9 5,0 4,7 4,8 4,7 4,7 4,5 4 4,0 3,8 3,6 3,5 3,4 3,3 3,3 3 3,1 3 3,0 2,7 2,8 2,6 2,5 2,6 2,5 2,6 2,6 2,1 2,2 1,9 2,0 1,8 1,8 1,8 1,8 1,8 1,8 1,7 1,8 2,1 1,9 1,7 1,4 1,5 1,7 1,7 1,1 1,5 1,1 1 0,9 1,4 0,9 0,9 1,2 1,2 1,0 1,1 1,1 1,2 1,2 0,9 0,8 0,9 0,9 0,6 0,7 0,5 0,6 0,4 0,4 0,4 0,4 0,0 DJF MAM JJA SON DJF MAM JJA SON Jahreszeit Jahreszeit Grundlagen | 7
Abb. 3: Veränderungen der Niederschläge gegenüber 1990 Alpennordseite Alpensüdseite Quelle: Frei 2004 1,50 1,42 1,3 1,26 1,25 1,21 1,16 1,13 1,13 1,11 1,11 1,08 1,11 1,1 1,10 1,07 Niederschlagsänderung 1,05 1,06 1,05 1,06 1,04 1,04 1,03 1,02 1 0,99 0,99 1 0,99 0,99 1,00 0,98 0,97 0,98 0,99 0,99 0,99 0,97 0,97 1 1,01 1,01 0,96 0,96 0,94 0,94 0,94 0,95 0,93 0,91 0,94 0,91 0,92 0,91 0,9 0,93 0,90 0,92 0,91 0,89 0,83 0,86 0,86 0,85 0,85 0,81 0,80 0,82 0,77 0,81 0,8 0,78 0,78 0,74 0,69 0,66 2030 2050 0,64 2070 0,59 0,50 0,51 DJF MAM JJA SON DJF MAM JJA SON Jahreszeit Jahreszeit Ausgehend vom Basisjahr 1990 zeigen die Abbildungen 4 und schnittliche Veränderung, die beiden äusseren den minimalen 5 die probabilistische Projektion für Temperatur und Nieder- resp. maximalen 95% Unsicherheitsbereich. schlag bis ins Jahr 2030. Die mittlere Spalte zeigt die durch- Abb. 4: Temperaturveränderung 1990–2030 (in °C) Abb. 5: Niederschlagsveränderung 1990–2030 (in Prozent) Unsicherheitsbereich Unsicherheitsbereich Jahreszeiten 0,025 0,5 0,975 Jahreszeiten 0,025 0,5 0,975 Nordschweiz Winter (Dez.–Febr.) 0,4 1 1,8 Nordschweiz Winter (Dez.–Febr.) - 1 + 4 + 11 Frühling (März–Mai) 0,4 0,9 1,8 Frühling (März–Mai) - 6 0 + 5 Sommer (Juni–Aug.) 0,6 1,4 2,6 Sommer (Juni–Aug.) - 18 - 9 - 3 Herbst (Sept.–Nov.) 0,5 1,1 1,8 Herbst (Sept.–Nov.) - 8 - 3 0 Südschweiz Winter (Dez.–Febr.) 0,4 0,9 1,7 Südschweiz Winter (Dez.–Febr.) 0 + 6 + 13 Frühling (März–Mai) 0,4 0,9 1,7 Frühling (März–Mai) - 9 - 2 + 3 Sommer (Juni–Aug.) 0,7 1,5 2,6 Sommer (Juni–Aug.) - 22 - 10 - 3 Quelle: Frei 2004 Herbst (Sept.–Nov.) 0,6 1,1 1,9 Quelle: Frei 2004 Herbst (Sept.–Nov.) - 7 - 2 + 2 Die Temperatur wird in der Schweiz im Vergleich zum globalen Fazit: Die Temperaturzunahme wird im Alpenraum tendenziell Mittel stärker ansteigen (OcCC 2004, Rebetez/Reinhard 2007). höher ausfallen als im globalen Mittel (OcCC 2004). Während Dafür gibt es eine Vielzahl möglicher Gründe: es im Sommer mehr Trockenheit geben wird, ist im Winter mit – Die Temperatur über den Landmassen nimmt allgemein mehr Niederschlägen zu rechnen, in unteren Höhenlagen in stärker zu als das globale Mittel (Kontinentalität). Form von Regen, in oberen in Form von Schnee. – Die Abnahme der Schneebedeckung in Gebirgsräumen führt durch die Änderung der Albedo (bzw. der Absorption der Sonnenstrahlung) zu einer zusätzlichen Erwärmung (positives Feedback). 2.3 Naturräumliche Konsequenzen. – Interne Schwankungen im Klimasystem mit Perioden von Mit der Klimaänderung sind zukünftig in der Schweiz deutlich einigen Jahrzehnten (z.B. Nordatlantische Oszillation) können höhere Temperaturen zu erwarten. Im Alpenraum dürfte die durch Überlagerung zu einer Verstärkung (oder auch Ab- Klimaänderung besonders stark ausfallen. Neben der Erwär- schwächung) der Erwärmung führen. mung sind vor allem die Änderungen bezüglich Niederschlag – Höhere Lagen und höhere Breiten zeigen eine tendenziell und weiterer Klimaelemente zu berücksichtigen. stärkere Temperaturzunahme. 8 | Grundlagen
Brunni-Schonegg mit Blick auf den Titlis, Zentralschweiz 2.3.1 Schneesicherheit. Eine Untersuchung der Entwicklung der Schneedecke zwischen Schneesichere Skigebiete in der Schweiz (OECD 2007) 1931 und 1999 zeigt bis in die frühen 80er-Jahre eine stetige Region Anzahl Erwärmung Ski- Zunahme in Bezug auf Schneemenge, Dauer der Schneebe- gebiete deckung und Anzahl Tage mit Schneefall. Seit den 80er-Jahren heute +1°C +2°C +4°C machen die Daten für alle untersuchten Variablen eine markante Anz. % Anz. % Anz. % Anz. % Abnahme deutlich (Laternser/Schneebeli 2003). Der Trend hin Waadt & Fribourg 17 17 100 11 64,7 9 52,9 1 5,9 zu einem Klima mit weniger Schnee ist von der Höhenlage Wallis 49 49 100 49 100 49 100 39 79,6 abhängig. Während Stationen über 2000 m ü. M. kaum Tenden- Bern (ohne Jura) 26 25 96,2 22 84,6 16 61,5 3 11,5 zen zu weniger Schnee zeigen, wird die Abnahme umso Zentralschweiz 20 18 90 15 75 11 55 4 20 deutlicher, je tiefer eine Station liegt. Bei den Stationen unter Tessin 4 4 100 3 75 2 50 0 0 2000 m ü. M. waren die 90er-Jahre mit grossem Abstand die Ostschweiz 12 10 83,3 7 58,3 7 58,3 1 8,3 schneeärmste Dekade seit 1930 (Laternser/Schneebeli 2003). Graubünden 36 36 100 35 97,2 35 97,2 30 83,3 Mit mehr Winterniederschlag werden die Schneemengen in den Schweiz 164 159 97 142 86,6 129 78,7 78 47,6 höheren Lagen zunehmen, während in tieferen Lagen Nieder- schlag vermehrt als Regen fallen wird. Also ist auch in einem Die alpinen Wintersportregionen sind unterschiedlich stark von insgesamt milderen Klima in Hochlagen mit grösseren Schnee- der Klimaänderung betroffen. Eine Studie der OECD untersuch- mengen zu rechnen. Nach einer Faustregel steigt die Schnee- te die natürliche Schneesicherheit (ohne technische Beschnei- fallgrenze pro Grad um ca. 100–150 m. ung) der Skiregionen im Alpenraum. In der Schweiz sind auf- grund der Höhenlage die Tourismusregionen Wallis und Grau- Grundsätzlich sind in tieferen Lagen folgende Tendenzen in bünden besonders schneesicher, während die Zentral- und Bezug auf die Schneesicherheit wahrscheinlich: Ostschweiz, aber auch das Berner Oberland stärker gefährdet – Wärmere Winter sind (Abb. 6). – Späteres Einschneien Im internationalen Vergleich wird ersichtlich, dass die Schweiz – Häufigere schneearme Winter länger – das heisst auch bei einer stärkeren Erwärmung – über – Kürzere Winter schneesichere Skigebiete verfügt als die Nachbarländer (Abb. 7). Bei einer Erwärmung von 2°C verfügen rund 80% Fazit: Es ist zukünftig mit wärmeren und niederschlagsrei- der Skigebiete in der Schweiz noch über ausreichend Schnee, cheren Wintern zu rechnen. Die Schneesicherheit in tiefen während in Frankreich noch 65%, in Italien 68%, in Österreich Lagen nimmt mit der Klimaänderung ab; in höheren Lagen 50% und in Deutschland sogar nur noch 13% der Skigebiete nimmt die Schneedecke zu. schneesicher sind. Grundlagen | 9
Abb. 6: Schneesichere Skigebiete im Alpenraum (Abegg et al.: OECD 2007) 0 100 km 2018 8 3 1 Schwaben/ Oberbayern 13 9 2 1 0 Allgäu 11 7 4 2 0 Niederösterreich Ostschweiz Oberösterreich 19 9 3 2 0 Berner Zentral- Alpes Oberland schweiz 12 10 7 7 1 Steiermark VD+FR 7975 614523 25 19 16 12 3 Salzburg 39 352924 9 Vorarlberg Tirol 2018 15 11 4 Alto 37342617 5 17 17 11 9 1 Graubünden Adige Kärnten 26252216 3 242015 14 7 3636353530 32312720 7 Ticino Haute- Savoie Valais 4 4 3 2 0 4949494939 Trentino 11 7 6 5 2 37352718 7 Friuli-Venezia- 2019 16 14 3 Giulia Savoie Isère 6 6 6 5 4 19 19 16 12 7 42 42 403830 Lombardia Numbers of ski areas 18 18 16 15 5 Hautes- 4 1 0 0 0 Alpes Piemonte Drôme 27272419 9 incl. Aosta D F A 10 10 9 7 1 Haute-Provence 9 9 7 2 1 Total Snowreliable Present CH +1°C +2°C +4°C Alpes- SLO Maritimes I Abb. 7: Schneesichere Skigebiete im internationalen Vergleich (Abegg et al.: OECD 2007) 0 200 km Germany Existing ski areas naturally snow-reliable today 100 69 28 13 3 naturally snow-reliable in future (+1°) Switzerland Austria naturally snow-reliable in future (+2°) 100 87 67 50 21 100 97 87 79 49 naturally snow-reliable in future (+4°) France Cartography: Martin Steinmann, GIUZ, 2006 Italy 100 97 83 65 37 100 93 82 68 24 Fazit: In der Schweiz sind insbesondere die Skigebiete mit und Wallis mehr höher gelegene Stationen aufweisen. Im einem hohen Voralpenanteil wie in den Waadtländer Alpen, in internationalen Vergleich wird die Schweiz länger, das heisst der Ost- und Zentralschweiz sowie das Tessin von den Kon- auch bei einer stärkeren Erwärmung, über schneesichere sequenzen der Erwärmung betroffen, während Graubünden Skigebiete verfügen als die benachbarten Alpenländer. 10 | Grundlagen
2.3.2 Gletscherdynamik. Fazit: Mit der Klimaänderung treten vermehrt Starkniederschlä- Seit dem letzten Gletscherhochstand am Ende der Kleinen Eiszeit ge auf. Zudem erhöhen der auftauende Permafrost und der um 1850 weichen die Gletscher in der Schweiz generell zurück. Rückzug der Gletscher das Risiko für Naturgefahren. Die Ein- Heute gibt es noch ungefähr 2000 Gletscher, die rund 1050 km2 trittswahrscheinlichkeit für gewisse Naturgefahren, insbes. Über- bedecken. Das sind 2,5% der Fläche der Schweiz. Zwischen schwemmungen und Massenbewegungen, wird sich erhöhen. 1850 und 2000 verminderte sich die Fläche um über 40% und das Volumen aller Gletscher um rund 50% (Spreafico/Weingartner 2005). Alle in im Hitzesommer 2003 haben die Alpengletscher 2.3.4 Wasserhaushalt. weitere 8% des verbliebenen Volumens eingebüsst. Und 2004 Die Schweiz befindet sich bezüglich Verfügbarkeit von Wasser in kamen nochmals rund 3% hinzu. In den beiden Jahren 2003/ einer günstigen Lage. Als Folge der Klimaänderung wird damit 2004 schmolz damit über 10% des Gletschervolumens dahin gerechnet, dass das Wasserangebot im Sommer und Herbst ab- (Zemp, Haeberli et al. 2006, S. 3). Neuste Studien zeigen, dass nimmt, wodurch Trockenperioden zunehmen werden. Für das bei einem Vergleich mit der Periode 1971–1990 bei einer Erwär- Winterhalbjahr hingegen zeigen die heutigen Klimaszenarien eine mung von 2°C rund 65% der alpinen Gletscherfläche verloren Zunahme des mittleren Niederschlags und der Häufigkeit von geht, in der Schweiz etwa 55% (Zemp/Haeberli et al. 2006, S. 3). Starkniederschlägen. Zudem werden die Niederschläge häufiger Weil rund 90% aller Gletscher der Alpen kleiner sind als 1 km2, als Regen statt Schnee fallen und somit nicht gebunden. Mit der muss davon ausgegangen werden, dass der grösste Teil der Glet- Schneeschmelze ist deshalb im Frühling mit einer Zunahme der scher in den nächsten Dekaden verschwinden wird. Neben dem Hochwasserhäufigkeit zu rechnen. Im Sommer werden Trocken- Wasserhaushalt und der Gefahrendisposition wird vor allem das perioden zunehmen. Die Wasserknappheit wird in der Schweiz Landschaftsbild wesentlich vom Gletscherschwund geprägt. allerdings kein regelmässig auftretendes Problem darstellen. Möglich sind häufigere Schwankungen der Grundwasserspiegel Fazit: Die Klimaänderung verursacht einen starken Rück- und entsprechende Auswirkungen auf den Wasserhaushalt einer gang der Alpengletscher. Insbesondere die zu erwartenden Region, wobei lokal grosse Unterschiede bestehen können. Zu- heissen Sommer tragen zu einem beschleunigten Abschmel- dem könnten Speicherung und Verteilung der Wasserressourcen zen der Gletscher bei. (insbesonders für Beschneiung) zu häufigeren Problemen führen. Fazit: Mit der Klimaänderung einhergehende Veränderungen 2.3.3 Naturgefahren. des Wasserhaushalts sind für den Tourismus von Relevanz. Die Frage, ob extreme Wetterereignisse mit der Klimaänderung Während die Niederschläge im Winter tendenziell zunehmen häufiger werden, ist aufgrund der definitionsgemässen Selten- werden, wird es vermehrt trockene Sommer geben. Zudem heit von solchen Ereignissen sehr schwer zu beantworten. Je wird die Zahl der Starkniederschläge und somit das Über- extremer und somit seltener ein Ereignis und je kürzer die schwemmungsrisiko ansteigen. Dauer der Datenaufzeichnungen, desto unwahrscheinlicher ist der Nachweis eines Trends. Nach dem heutigen Wissensstand deutet jedoch vieles darauf hin, dass sich die Erwärmung der 2.3.5 Weitere Aspekte. Atmosphäre auf die Intensität und Häufigkeit von Wetterextre- Längerfristig kann die Klimaänderung das Landschaftsbild verän- men auswirken wird. Die Wetterkapriolen und Extremereignisse dern, wobei diese Veränderungen nur schwer abzuschätzen sind. werden mit hoher Wahrscheinlichkeit zunehmen. Zwar können Noch kaum erforscht sind mögliche Auswirkungen auf die Son- einzelne Extremereignisse nicht direkt mit der Klimaänderung in nenscheindauer oder die Nebelgrenze, die für den Tourismus Verbindung gebracht werden, doch wird für verschiedene Ereig- ebenfalls von grosser Bedeutung wären (Müller/Weber 2007). nistypen in Zukunft eine Zunahme erwartet. Von den Auswirkungen der Klimaänderung sind – zwar in unter- Hitzewellen: Mit dem erwarteten Anstieg der Temperaturen ist schiedlicher Intensität – beinahe alle Wirtschaftssektoren und mit einem häufigeren Auftreten von Hitzeperioden zu rechnen. Lebensbereiche betroffen. Durch die engen Verbindungen mit Es ist wahrscheinlich, dass bereits gegen Ende dieses Jahrhun- vielen dieser Bereiche ist der Tourismus auch von indirekten derts jeder zweite Sommer so heiss oder noch heisser ausfallen Effekten betroffen (OcCC 2007). wird wie der Sommer 2003 (Schär et al. 2004). Hitzewellen Landökosysteme: Ausfall von Schutzfunktionen im Alpenraum, beeinträchtigen den Wasserhaushalt massiv und wirken sich Veränderungen der Biodiversität. auch auf die Vegetation und damit auf die Landschaft aus. Landwirtschaft: Veränderte Attraktivität der Landschaft als Hochwasser: Es ist mit einer Zunahme von Häufigkeit und touristische Kulisse bei Verwaldung und Verbuschung (vor allem Intensität von Starkniederschlägen zu rechnen. Das Hochwas- bei veränderter Berglandwirtschaft). serrisiko steigt aufgrund der Zunahme bei den Winternieder- Wasserwirtschaft: Auswirkungen von wasserbedingten Natur- schlägen und dem geringeren Schneeanteil in Höhenlagen gefahren oder verändertem Wasserangebot auf den Tourismus zwischen 1000 und 1500 m (OcCC 2003). (geringere Wasserstände in Seen und Fliessgewässern im Massenbewegungen (Murgänge, Rutschungen, Fels- und Sommer: Baden/Personenschifffahrt), Wasserversorgung für Bergstürze): Veränderte Hangstabilitäten durch den Rückzug Beschneiungsanlagen. der Gletscher und durch längerfristig auftauenden Permafrost führen zusammen mit erhöhten und häufigeren Niederschlags- Fazit: Die Klimaänderung betrifft beinahe alle Wirtschafts- intensitäten zu mehr Massenbewegungen wie Rutschungen und Lebensbereiche. Der Tourismus als Querschnittsphäno- oder Murgängen. men ist damit in vielfältiger Weise indirekt involviert. Grundlagen | 11
3. Sozio-ökonomische Rahmenbedingungen. Die Klimaänderung stellt eine unter mehreren grossen Heraus- – Verzicht: Der Verzicht könnte als ein neuer Trend an Bedeu- forderungen für die Gesellschaft dar. Von den wirtschaftlichen tung gewinnen. Insbesondere die Aufwertung der Nähe und (Globalisierung), politischen (Kriege, Terror), ökologischen der Langsamkeit bilden eine Chance für den Tourismus. (Desertifikation, Wasserknappheit) und sozialen (Demographie) – Green Company: Bestrebungen und erfolgreich umgesetzte Veränderungen ist auch der Tourismus betroffen. Die Globalisie- Massnahmen können als solche kommuniziert werden und rung führt vielerorts zu einer Angleichung der Angebote. Wo positive Imagewirkung haben. politische Unsicherheiten zunehmen und Sicherheitsmassnah- – Mutige Strategien: Der Mensch hat wesentliche Möglichkeiten, men verschärft werden, wird das internationale Reisen strapa- die Entwicklungen zu beeinflussen und zu lenken. Entspre- ziöser. Zudem werden sich die Fernreisen verteuern. Wirtschaft- chend sind innovative und mutige Strategien gefordert. licher Druck führt dazu, dass die Reisemotive und damit das Urlaubsverhalten ändern oder die Ferien kürzer werden. Der Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass Touristen Tourismus ist zudem stark von Veränderungen gesellschaftli- zukünftig auf Klimafragen sensibler reagieren und auch ihr Ver- cher Werte und von Trends im Konsumverhalten betroffen. halten entsprechend anpassen werden. Möglicherweise wird dadurch die Nähe und das Einfache attraktiver, eine grosse Chance, die vom Schweizer Tourismus genutzt werden kann. 3.1 Wertewandel. Die Gäste werden gemäss David Bosshart vom Gottlieb Dutt- weiler Institut (GDI 2007) in Zukunft mobiler, älter, reifer, sozia- 3.2 Reiseverhalten. ler, wertebewusster und weiblicher. Verschiedene Aktionsfelder Die aktuellen Trends im Reise- und Buchungsverhalten des werden für den Tourismus an Bedeutung gewinnen, zum Bei- modernen Freizeitmenschen können wie folgt charakterisiert spiel Gesundheit, Schönheit, Produktivität, Nachhaltigkeit. werden (Müller 2005): – Trend zur Individualisierung: Gesucht werden flexiblere Reise- In Zusammenhang mit klimatischen Veränderungen und deren angebote für unabhängiges Reisen nach eigenen Vorstellungen. Auswirkungen auf den Tourismus können folgende vier Trends – Trend zu Sicherheit und hohem Anspruch: Gesucht werden hervorgehoben werden: (vermeintlich) sichere Reisen, die Kultur und Bildung vermitteln. – Neuer Luxus: Die Schweiz hat in weiten Teilen gute Vorausset- Sowohl rein passive Erholung wie hyperaktiver Sport sind out. zungen, um das Bedürfnis nach «neuem Luxus» aufzunehmen – Trend zum Erlebnis: Gesucht werden Angebote mit intensiven und zu befriedigen. Mit der Klimaänderung wird der Schnee- Erlebnissen und viel Abwechslung. Opaschowski (2000) sport exklusiver und kapitalintensiver. spricht vom «kalkulierten Wahnsinn». 12 | Rahmenbedingungen
Barrhorn, Wallis – Trend zu mehr Wohlbefinden in den Ferien: Gesucht werden – Die Preissensibilität nimmt zu: sowohl Billig- wie auch Luxus- Reiseformen, die den überreizten Menschen ganzheitlich reisen werden wichtiger. beseelen. Wellnessangebote mit gesunder Ernährung, körper- – Fernreisen gewinnen an Bedeutung. licher Bewegung, Schönheitspflege, vielfältigsten Therapie- – Flugreisen gewinnen trotz steigender Flugpreise weitere formen und viel Erholung haben Zukunft. Marktanteile. – Trend zur behaglichen Umgebung: Gesucht werden Destina- tionen und Ferienunterkünfte mit Atmosphäre und hohem Diese Beschreibung der touristischen Zukunft verdeutlicht, dass Komfort, quasi als heimische Rückzugsnischen. sich einige Konfliktfelder noch zuspitzen werden, insbesondere – Trend zu Wärme in der Ferne: Gesucht werden Reiseziele mit der wachsende Druck auf die letzten natürlichen Reservate, die Sonnengarantie, insbesondere im nasskalten und nebligen grösser werdenden Reisedistanzen und damit der zunehmende Winter. Energie- resp. Ressourcenverbrauch sowie der anhaltende – Trend zu billigeren Reisen: Gesucht werden preisgünstige «Exotismus» mit seinen Gefahren für Reisende, Bereiste und Angebote, die es erlauben, mehrfach zu verreisen. Überkapa- Umwelt. zitäten und Internet sind die Drahtzieher dieses Trends. – Trend zu häufigeren und kürzeren Reisen: Gesucht werden Fazit: Der Klimawandel ist in den grossen Kontext der Reiseangebote, die zwischendurch Abwechslung schaffen. Herausforderungen zu stellen: Die Globalisierung verstärkt – Trend zu spontanen Reiseentscheiden: Gesucht werden Ange- den Konkurrenzdruck, die Strukturprobleme den Wandlungs- bote mit Überraschungseffekt, die in letzter Minute gebucht druck, die Rentabilitätsschwäche den Finanzierungsdruck, die werden können. technologische Entwicklung den Innovationsdruck, die demo- – Trend zu mobilerem Reiseverhalten: Gesucht werden Reise- graphische Entwicklung und der Wertewandel den Anpas- angebote mit Unterwegssein als Hauptattraktion. sungsdruck und die Klimaänderung den Diversifikationsdruck. Die Deutsche Reiseanalyse hat aufgrund langjähriger Marktfor- Die aktuellen Trends im Reiseverhalten sind: individueller, spon- schungen die aktuellen Haupttrends der Tourismusnachfrage in taner, häufiger, kürzer, billiger, anspruchsvoller, sicherer, exoti- Deutschland wie folgt beschrieben: scher, erholsamer, erlebnisreicher. Die Reisenden werden in der – Die Zahl der Reisenden wird nur noch gering steigen. Tendenz vielleicht etwas umweltbewusster, handeln jedoch – Ältere Menschen werden als Kundengruppe wichtiger – kaum umweltverantwortlicher und zeigen beim Reisen ein sehr Familien mit Kindern verlieren an Bedeutung. opportunistisches Umweltverständnis: Umweltschäden werden – Die Ansprüche an den Urlaub wachsen. dann wahrgenommen, wenn das persönliche Ferienglück in – Die Haupturlaubsreise wird kürzer, die Ferien werden breiter Frage gestellt ist. Und Vorsicht: Die Klimaänderung kann mit den verteilt. Sinnesorganen kaum oder gar nicht wahrgenommen werden. Rahmenbedingungen | 13
4. Chancen & Risiken. Die Klimaänderung birgt sowohl Chancen als auch Risiken für den – Wohnlage: Agglomerationsnahe Feriengebiete können sich Tourismus. Je nach Region und Tourismusform sind diese unter- mehr und mehr in Ausflugsgebiete oder in Wohngebiete ver- schiedlicher Art. Die Schweiz hat jedoch bezüglich der Höhenlage wandeln. ihrer Skigebiete gegenüber anderen Alpenländern einen Standort- vorteil. Im Folgenden werden mögliche Chancen und Risiken für die Alpen, Voralpen, Seenregionen und Städte aufgezeigt. Seenregionen. – Ausflugstourismus: Die Seenregionen verfügen vor allem über einen starken Ausflugstourismus, der mit wärmeren Be- Alpen. dingungen sowohl im Sommer als auch im Winter zunehmen – Schneesicherheit: Während im Winter in hohen Lagen die könnte. Insbesondere der Badetourismus im Sommer stellt für Schneesicherheit ein Trumpf ist, stellen unsicherere Bedingun- einige Seenregionen eine Chance dar. gen für tiefer gelegene Schneesportgebiete ein Risiko dar. – Überschwemmungen: Ein Risiko für diese Regionen liegt – Sommerfrische: Das angenehme Klima in den Bergen steigert unter anderem in einer möglichen Zunahme von Überschwem- die Attraktivität der Höhe in heissen Sommern. mungen, die touristische Infrastrukturen gefährden und zu – Extreme Wetterereignisse/Naturgefahren: Extreme Wetter- einem Ausbleiben der Tagestouristen führen könnten. bedingungen wie Wärmeeinbrüche oder zu viel Schnee kön- nen insbesondere für den Wintertourismus prekär sein. Ein häufigeres Auftreten von Naturgefahren könnte vor allem dann Städte. – Klimaresistenz: Der Tourismus in den Städten ist im Vergleich zum Problem werden, wenn damit ein negatives Image von zu den anderen Regionen resistenter gegenüber klimatischen Unsicherheit entstünde. Veränderungen. – Mediterranisierung: Möglicherweise werden die Städte auf- Voralpen. grund einer gewissen Mediterranisierung in warmen Sommern – Ausflugstourismus: Die Voralpen sind wichtige Destinationen für Gäste attraktiver, wobei sich zu heisse Sommer wieder für den Ausflugstourismus und könnten als solche insbeson- eher nachteilig auswirken würden. dere im Sommer – aber auch im Frühling und Herbst – als Orte – Sommerfrische: Insbesondere für kleine Städte in Voralpen- der Bergfrische profitieren. nähe kann die Sommerfrische ein Thema sein. – Schneesicherheit: Das Hauptrisiko für die Voralpen ist der – Attraktionsverlust: Während die stadtnahen Erholungsge- seltener werdende Schnee im Winter, der vielerorts den Ski- biete im Sommer wohl kaum an Attraktivität einbüssen wer- betrieb grundsätzlich in Frage stellt. Mittel, die in unrentable den, fällt mit schlechteren Schneebedingungen in nahe Infrastrukturen investiert werden, fehlen für eine nötige Anpas- gelegenen Skigebieten im Winter ein Verkaufsargument weg. sung des Angebots. 14 | Chancen & Risiken
Silsersee, Oberengadin, Graubünden Aufgrund der Klimaänderung können folgende hauptsächlichen Eine Einschätzung (Abb. 8) der Chancen und Risiken für den Chancen und Risiken für den Tourismus in der Schweiz unter- Tourismus in der Schweiz durch die Begleitgruppenteilnehmer schieden werden. auf einer Achse zeigt, dass die Chancen für die meisten Regio- nen tendenziell überwiegen, vorausgesetzt, die richtigen Mass- Chancen Risiken nahmen werden getroffen. Attraktivitätszunahme durch Attraktivitätsverlust in den Abb. 8: Einschätzungen von Chancen und Gefahren durch die Teilnehmer Sommerfrische im Berg- Voralpen durch verminderte der Begleitgruppe tourismus Schneesicherheit im Winter Attraktivitätszunahme Rückgang der Wintersportler für Badetourismus in Seen- durch fehlende Winteratmo- regionen im Sommer sphäre im Mittelland Verbesserte Konkurrenz- Zunehmender Investitions- situation für hoch gelegene bedarf zur Anpassung des Schneesportorte im Winter Angebots auf veränderte im internationalen Vergleich Bedingungen (z.B. Klimaan- lagen insbesondere in Städten) Verbesserte Konkurrenzsitua- Zunahme der Kosten für das tion aufgrund veränderter Risikomanagement zum klimatischer Bedingungen in Schutz vor Naturgefahren Konkurrenzräumen (z.B. zu heisser Mittelmeerraum) Attraktivitätszunahme Attraktivitätsverlust durch der Städte im Sommer Landschaftsveränderungen (Mediterranisierung) (Gletscherrückzug) Die genannten Chancen und Risiken sind als Tendenzen zu ver- stehen. Selbstverständlich sind jeweils die lokalen Bedingungen und der Anpassungsgrad entscheidend, wie stark sich diese auf Tourismusdestinationen auswirken. Zudem ist zu berück- sichtigen, dass die oben genannten Trends nur innerhalb eines bestimmten klimatischen Spektrums wahrscheinlich sind. Bei einer noch stärkeren Klimaänderung könnten Aspekte, die heute eher als Chancen eingestuft werden, ebenfalls problema- tisch werden und zu Risiken für den Tourismus führen. Chancen & Risiken | 15
Bergkristall, Furka, Wallis Resultierende Trends Abb. 9: Einschätzungen der durch die Klimaänderung verursachten Entwicklungstendenzen und Tendenzen. Gästefrequenzen Sommer Die Klimaänderung ist nur einer von mehreren Faktoren, welche Alpen +++ die touristische Entwicklung beeinflussen. Gerade im Wintertou- Voralpen ++ rismus tragen beispielsweise die fehlende Skitradition bei vielen Seenregionen ++ Secondos, das Wegfallen von Skilagern in den Schulen oder moderne Familienstrukturen wesentlich zum Rückgang der im Städte + Gästefrequenzen Winter Wintersport Aktiven bei (Nydegger 2004). Trotzdem können auf- Alpen 0 grund der aufgeführten Chancen und Risiken grobe Einschät- Voralpen --- zungen zu möglichen Entwicklungen von Gästefrequenzen und Seenregionen 0 Umsätzen in Zusammenhang mit der Klimaänderung in Form Städte 0 von Tendenzen gemacht werden. Umsätze pro Gästefrequenz 0 Binnenmarkt ++ Nahmärkte* ++ Fernmärkte** 0 * Nahmärkte Auto/Bahn, Prioritätsmärkte: CH, D, I, F, NL, UK Aktiv-, Wachstumsmärkte: B, Lux, Ö, Ungarn, Nordics, CZ, Pol, Sp ** Fernmärkte, Prioritätsmärkte: USA, JP Aktiv-, Wachstumsmärkte: China, Indien, GCC, Russland, Kanada Fazit: Die Chancen und Risiken der Klimaänderung für den Tourismus sind vielfältig. Eine grobe Einschätzung zeigt, dass insgesamt die eröffneten Chancen für die meisten Regionen tendenziell überwiegen. Zu den hauptsächlichen Verlierern gehören die Voralpenregionen. 16 | Chancen & Risiken
Denkmal Wilhelm Tell, Altdorf, Zentralschweiz 5. Commitment für den Schweizer Tourismus. Die Klimaänderung ist eine der grössten Herausforderungen – Der Tourismus ist bereit, auf innovative Art und Weise zur unserer Zeit. Der Schweizer Tourismus hat sich eingehend mit Verminderung der Klimagase beizutragen. Zudem hat er un- der Thematik befasst und kommt zu den folgenden Überzeu- zählige Möglichkeiten, sich laufend und vorausschauend gungen: der Klimaänderung anzupassen. – Die Klimaänderung wird als reale Veränderung ernst genom- men. Man ist sich bewusst, dass der rasche Entwicklungsver- Der Schweizer Tourismus sollte sein Handeln an diesen Über- lauf der aktuellen Klimaänderung weitgehend vom Menschen zeugungen orientieren. verursacht ist. – Der Tourismus ist wichtiger Verursacher von CO2-Emissionen Fazit: Der Schweizer Tourismus nimmt die Klimaänderung als bedeutendstes Treibhausgas. Gleichzeitig ist der Schwei- ernst und ist bestrebt, einen aktiven Beitrag zum Klima- zer Tourismus ein zentraler Betroffener des Klimawandels. schutz zu leisten. Deshalb ist der Tourismus aufgerufen, eine aktive Klimapolitik zu betreiben. – Die Klimaänderung eröffnet dem Schweizer Tourismus auch Chancen, die er innovativ nutzen kann, ohne gleichzeitig den Klimaschutz zu gefährden. Commitment | 17
6. Verminderungsstrategien. Der Tourismus ist nicht nur Betroffener, sondern auch ein Emissionen im Preis wiedergegeben werden können, soll der wichtiger Mitverursacher der Klimaänderung. Weltweit trägt Gast bei der Buchung die Möglichkeit erhalten, die bei der der Tourismus rund 5% zu den CO2-Emissionen bei, wobei der Anreise anfallenden Emissionen freiwillig zu kompensieren. Strassenverkehr (32%), der Luftverkehr (40%) und die Beher- bergung (21%) besonders ins Gewicht fallen (UNWTO 2007). Im Nachgefragt: Was heisst «klimaneutral»? Die Grundidee Vergleich zum Beitrag des Tourismus am weltweiten Bruttoin- der Klimaneutralität besteht darin, dass primär versucht wird, landprodukt von 3,6% bedeutet dies einen überproportionalen möglichst wenige Treibhausgase zu emittieren und zusätzlich Anteil. unvermeidliche Emissionen an einem anderen Ort zu kom- pensieren. Treibhausgase haben eine globale Schädigungs- In der Schweiz trägt der Individualreiseverkehr wesentlich zur wirkung. Für Verminderungsmassnahmen ist es daher wenig Emission von klimawirksamen Gasen bei. Mit der verbesserten relevant, an welchem Ort Emissionen entstehen oder einge- Erschliessung, der steigenden Motorisierung und der zuneh- spart werden. Somit können Emissionen von Treibhausgasen menden Mobilitätsbereitschaft hat der Verkehr in den Alpen an Ort A durch Verminderungsmassnahmen an Ort B neutra- stark zugenommen. Ebenso wächst der mobilitätsintensive lisiert werden. Die Kompensation der Emissionen kann durch Kurzzeit- und Zweitwohnungstourismus. Neben den Verkehrs- den Kauf von Emissionsminderungszertifikaten aus aner- emissionen haben die Heiz- und zunehmend auch die Kühlener- kannten Klimaschutzprojekten oder durch Unterstützung ent- gie der Beherbergung einen wichtigen Anteil am touristisch sprechender Klimaschutzprojekte erfolgen. bedingten Ausstoss von Treibhausgasen. Insbesondere die Zweitwohnungen fallen dabei ins Gewicht. Folgende Kernstrategien können zur Verminderung der Klima- gase unterschieden werden, wobei die Priorisierung folgender Auch wenn sich dem Schweizer Tourismus mit der Klimaände- Logik folgen soll: Weniger (fossile) Energie verbrauchen – Ener- rung im internationalen Vergleich gewisse Chancen bieten, ist gie effizienter einsetzen – auf erneuerbare Energiequellen zu berücksichtigen, dass andere Regionen der Welt massiv von umstellen – Ausstoss von Treibhausgasen kompensieren. Die den klimatischen Veränderungen betroffen sein werden. Daraus verschiedenen Verminderungsstrategien (Mitigation) können entsteht eine Verpflichtung, mit geeigneten Massnahmen zur grob in fünf Kernstrategien unterteilt werden: Verminderung von Treibhausgasen beizutragen. Als Mitverur- 1. Reduktion des Energieverbrauchs resp. der CO2-Emissionen sacher soll der Tourismus nicht nur reagieren, sondern möglichst 2. Förderung des öffentlichen Verkehrs – Optimierung des Ver- die Verminderung als Chance sehen. Neben den tourismuspoli- kehrsmanagements tischen Massnahmen auf nationaler Ebene sind Massnahmen in 3. Lenkung über finanzielle Anreize – konsequente Anwendung den Destinationen sowie in den Betrieben von Relevanz. Zudem des Verursacherprinzips ist anzustreben, die touristischen Angebote möglichst klima- 4. Kompensation von CO2-Emissionen neutral zu gestalten. Während die in den Betrieben anfallenden 5. Verstärkung der Kommunikation 18 | Verminderungsstrategien
Grosser Mythen, Zentralschweiz Verminderungsstrategien (V) für touristische Partner und Leistungsträger. Wichtigkeit (Einschätzungen V1 Reduktion des Energieverbrauchs resp. der CO2-Emissionen der Begleitgruppe) V 1.1 Energie- und CO2-Sparprogramme propagieren und weiterentwickeln •••••• V 1.2 CO2-reduziert heizen •••••• V 1.3 Abwärmenutzung intensivieren und kommunizieren •••••• V 1.4 Erneuerbare Energien fördern, auf regionale Produktion (Holz) setzen •••••• V 1.5 Ersatz von Kohle- und Gaskraftwerke durch alternative Anlagen befürworten ••••• V 1.6 Gebäude besser isolieren (Wärme/Kälte) •••••• V 1.7 Antriebssysteme, Klimaanlagen energetisch optimieren (Wärme/Kälte-Dämmung) ••••• V 1.8 Ferien- und Zweitwohnungen bedarfsgerecht heizen (Fernsteuerung) ••••• V 1.9 Holz als Baumaterial verwenden (Bindung von CO2) ••• V 1.10 Regionale Produkte bevorzugt berücksichtigen •••••• V2 Förderung des öffentlichen Verkehrs – Optimierung des Verkehrsmanagements V 2.1 ÖV-Verbindungen attraktivieren •••••• V 2.2 Alternative Treibstoffe und Antriebssysteme im ÖV propagieren ••• V 2.3 Car-Sharing popularisieren • V 2.4 Zubringerbusse organisieren •• V 2.5 Alpentaxis anbieten •• V 2.6 Parkplatzbewirtschaftung einführen/verbessern •• V 2.7 Verkehrsmanagement innerorts optimieren •••• V 2.8 An-/Abflugregime im Flugverkehr verbessern •• V 2.9 Neue Mobilitätsformen unterstützen •••• V 2.10 Reisemittel attraktivieren (Anreise als Erlebnis) ••••• V 2.11 Anreize für ÖV schaffen ••••• V 2.12 Verbindungen, Fahrpläne optimieren •••• V 2.13 Kooperationen mit SBB etc. eingehen ••••• V 2.14 Verkehrsmanagement verbessern •••• Verminderungsstrategien | 19
Jugendherberge, Valbella, Graubünden Wichtigkeit (Einschätzungen V3 Lenkung über finanzielle Anreize, konsequente Anwendung des Verursacherprinzips der Begleitgruppe) V 3.1 CO2-Abgabe unterstützen ••• V 3.2 Energie stärker besteuern •••• V 3.3 Schadstoffarme Fahrzeuge begünstigen •••• V 3.4 Parkgebühren flächendeckend einführen • V4 Kompensation von CO2-Emissionen V 4.1 Klimaneutrale Produkte und Angebote schaffen ••••• V 4.2 Kompensationsprojekte über Emissionshandel unterstützen ••• V 4.3 Kooperation mit Kompensationspartnern eingehen ••• V 4.4 Dem Gast die Möglichkeit geben, Emissionen der Anreise zu kompensieren •••• V5 Verstärkung der Kommunikation V 5.1 Klimaänderung visualisieren und Bevölkerung sensibilisieren ••••• V 5.2 Mit Partnern arbeiten ••• V 5.3 Innovationen stimulieren, Anreize schaffen •••••• Aus Sicht der Begleitgruppe liegen die Schwerpunkte bei den Verminderungsmassnahmen, den Energiesparmassnahmen und den Kommunikationsmassnahmen. Good-Practice- Nachhaltigkeit bei den Schweizer Jugendherbergen (V1). Beispiele. Die Schweizer Jugendherbergen gehörten der ersten Gruppe von 45 Schweizer Unternehmen an, die mit der Energieagentur Vielerorts sind die klimatischen Veränderungen für den der Wirtschaft (EnAW) eine Zielvereinbarung abgeschlossen Tourismus bereits spürbar und einige Destinationen und haben. Damit verfolgten die Jugendherbergen nicht nur das Ziel Betriebe beschäftigen sich aktiv mit entsprechenden Mass- einer Befreiung von einer allfälligen CO2-Abgabe, sondern auch nahmen. Im Folgenden werden einige nachahmenswerte die Fortführung der bereits langjährigen Energiesparbemühun- Beispiele im Sinn einer Ideensammlung aufgelistet. gen im Rahmen von Energie 2000. Diese hatten den Schweizer Jugendherbergen innerhalb von fünf Jahren eine Energie-Effi- 20 | Verminderungsstrategien
zienzsteigerung von 10% eingebracht. Ein Meilenstein der ren. Mit klimaneutralen Reisepauschalen wird den Arosatouris- besonderen Art war die Eröffnung der Minergie-Jugendherberge ten eine neue Handlungsmöglichkeit geboten. Sie können bei in Zermatt im Januar 2004. Der Minergie-Standard soll in Abschluss ihrer Reise frei wählen, ob die Reise klimaneutral Zukunft für Neubauten von Jugendherbergen zur Pflicht wer- ausgestattet wird. Urlauber, die sich für eine klimaneutrale den. Mit diesen Bekenntnissen zu nachhaltigem Bauen und Reise entscheiden, erhalten als Belohnung ein Zertifikat. Für die nachhaltiger Energieverwendung folgen die Schweizer Jugend- Kompensation der CO2-Emissionen wurde mit dem Partnerun- herbergen ihrem Leitbild, das dem umweltverträglichen Touris- ternehmen ClimatePartner GmbH & Co. KG zusammengearbei- mus eine hohe Bedeutung schenkt. tet. Ausgewählt wurde ein Projekt zur Reduktion von Methan- www.youthhostel.ch/nachhaltigkeit.html?&L=1%3BL%3D1%3Fuser emissionen durch den optimierten Betrieb von Biogasanlagen. Um diese klimaneutrale Reise zu etablieren, bietet Arosa Touris- mus die Option der Klimaneutralität in der ersten Wintersaison Umweltfreundliche Wärmeerzeu- für ihre Gäste gratis an und übernimmt die anfallenden Kos- gung im Hotel Badrutt’s Palace, ten. Über eine Internet-Plattform werden zudem Informationen über die klimaneutralen Pauschalen angeboten. Mit Hilfe von St. Moritz (V 1). CO2-Rechnern können Internetnutzer selbst erste CO2-Berech- Bei der Sanierung der Wärmeerzeugungsanlagen strebt das nungen für ihre Reise durchführen. 5-Sterne-Hotel Badrutt’s Palace in St. Moritz höchstmögliche www.klimaneutral.net Reduktionen in den Bereichen CO2-Ausstoss und Feinstaub- emissionen an. Gemeinsam mit dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz) wurde ein Energie-Contracting-Projekt ausgearbei- CO2-Bilanz Davos (V 4, A 1). tet, das den CO2-Ausstoss um 75% reduzieren wird. In der Zwi- In der umfassenden Studie des Eidgenössischen Instituts für schenzeit bekundete die Gemeinde St. Moritz Interesse daran, Schnee- und Lawinenforschung wurden alle CO2-Emissionen auch das Schulhaus Grevas in die umweltfreundliche Wärme- und -Senken in Davos berechnet, Wege zur Reduktion der erzeugung einzubeziehen. Emissionen evaluiert und konkrete Massnahmen zu deren Reali- Das Badrutt’s Palace und das Schulhaus Grevas werden sierung vorgeschlagen. Die Wärmeerzeugung ist die grösste zukünftig mit Wärme beheizt, die dem St. Moritzersee entzogen CO2-Quelle in Davos (75% der Emissionen). Durch den Verkehr und mittels Wärmepumpe auf das erforderliche Temperatur- werden 19 000 Tonnen CO2 jährlich emittiert, was 17% des niveau gebracht wird. Fauna und Flora bleiben unbeeinträchtigt; Gesamtvolumens entspricht. Die Studie zeigt, dass der jährliche auch die zahlreichen Veranstaltungen auf dem See können wie Pro-Kopf-Ausstoss an CO2-Emissionen in Davos aufgrund des bisher durchgeführt werden. Durch die jährliche Reduktion von kühleren Klimas um mindestens 25% höher liegt als im schwei- ca. 475 000 Litern Heizöl und 1200 Tonnen CO2 leisten das zerischen Mittelland. Die Studie zeigt auch, dass Davos in Badrutt’s Palace und die Gemeinde St. Moritz einen grossen erstaunlich hohem Mass von fossilen Brenn- und Treibstoffen und wertvollen Beitrag zur Reduktion der Schadstoffbelastung (Erdöl, Diesel und Benzin, Gas) abhängig ist. Erstmals werden im Engadin (ewz 2006). in der Studie den CO2-Emissionen auch die CO2-Senken gegen- www.stadt-zuerich.ch/internet/ewz/home/medien/ übergestellt, das heisst die Faktoren, die das klimaschädigende medieninformationen/mitteilungen_2006/240306.html CO2 binden. Trotz ausgedehnter Waldflächen erreichen die Sen- kenleistungen durch den Naturraum und das verbaute Holz nur 12% der Emissionen. Die Studie zeigt, dass sich in Davos am Energiebewusste Swiss Hotels von meisten CO2 einsparen liesse, wenn der Energieverbrauch für Best Western (V 1). die Wärmeerzeugung vermindert wird. Die Forschenden haben Zahlreiche Best Western Swiss Hotels haben Massnahmen um- 60 Massnahmen bezüglich ihrer Auswirkungen auf die CO2- gesetzt, um Energie aus fossilen Energieträgern zu sparen. So Bilanz sowie ihres Umsetzungspotenzials für die Landschaft hat beispielsweise das Hotel Bahnhof-Terminus in Davos schon Davos geprüft. Es wurden Kosten-Nutzen-Abschätzungen vor- vor zehn Jahren Sonnenkollektoren auf dem Dach installiert und genommen, die beteiligten Akteure identifiziert und bis heute rund vier Bahnwagen Heizöl eingespart. Oder das konkrete Vorgehensschritte für die Gemeinde vorgeschlagen. Hotel Bellevue au Lac war das erste Hotel in Lugano mit einer www.slf.ch/media/co2/welcome-de.html Solarzellenanlage. Oder das an der Autobahn A1 gelegene Hotel Grauholz bei Bern installierte eine Wärmepumpe mit Erdsonde. www.bestwestern.ch Clean Energy in St. Moritz (V 1). St. Moritz hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, Europas höchst- gelegene Energy City zu werden. Im Juni 2003 wurde in Klimaneutrale Winterpauschalen St. Moritz ein Hauptbestandteil des Gesamt-Energieprojekts in Arosa (V 4, V 5, A 5, A 6). «Clean Energy St. Moritz» eingeweiht, das erneuerbare Energien Durch die Einführung der klimaneutralen Winterpauschalen sol- aus Wasserkraft, Wind, Sonne und Biogas fördert. Dank durch- len die touristischen Akteure (vom Tourismusverband über die schnittlich 322 Sonnentagen im Jahr bietet St. Moritz beste Hoteliers, Gastwirte und Skiliftbesitzer bis zu den Gästen) zu Standorte für Solarstromanlagen. Auf einer Höhe zwischen 1770 einem klimafreundlichen Verhalten angeregt werden. Da sich und 3057 m ü. M. produziert eine Photovoltaikanlage Strom. Treibhausgase ohne die (aus touristischer Sicht nicht erwünsch- Neben der direkten Sonneneinstrahlung kann durch den Albe- te) vollkommene Einstellung der Reisetätigkeit nicht vollständig do-Effekt auch die vom Schnee reflektierte Strahlung genutzt vermeiden lassen, wurde durch die Sustainable Partner GmbH werden, was zu einer Leistungssteigerung von zeitweise bis zu eine Möglichkeit geschaffen, diese Emissionen zu neutralisie- 50% führt. Verminderungsstrategien | 21
Initiiert wurde die Solaranlage vom Verein Clean Energy. «Clean Energy St. Moritz» kostete rund eine Million Franken. Entlang Autofreie Orte (V 2). Mehrere traditionelle Schweizer Tourismusorte haben sich zur der Strecke der Corviglia-Standseilbahn zieren 162 Photovol- Gemeinschaft Autofreier Schweizer Tourismusorte zusammen- taik-Module die Geländer. Die Südfassade der Piz-Nair-Berg- geschlossen und sind für eine hohe Umweltqualität bemüht. station (3030 m ü. M.) wurde komplett mit Solarstrommodulen www.gast.org ausgestattet, der Gipfel mit einer speziellen Windturbine. Später wurde auch die Fassade der Talstation der Piz-Nair-Bahn mit einer Photovoltaikanlage ausgerüstet. (SSES 2003) Produktegruppen wie Human www.stmoritz.ch/clean-energy-tour--002-011001-de.htm Powered Mobility, Schweiz Mobil Alpine Pearls (V 2). usw. (V 2). www.humanpoweredmobility.ch, www.schweizmobil.ch Rund 20 Ortschaften aus AT, DE, IT, FR und CH haben sich unter dem Titel www.alpinepearls.com zusammengetan, um die sanfte Mobilität zu fördern. Aus der Schweiz sind Interlaken Gratis Ortsbus (V 2). und Arosa dabei, und diese beiden Orte sind auch die mit Verschiedene Orte bieten gratis Ortsbusse oder Sammelbusse Abstand am besten per ÖV erschlossenen der ganzen Gruppie- ins Skigebiet an. In Arosa beispielsweise fährt ein mit rung. Greenergy betriebener Gratisbus ganzjährig im Taktfahrplan www.alpine-pearls.com durchs Dorf. Grosswärmeverbund in Gstaad- Energiesparmassnahmen am Fuss Saanenland (V 1). des Matterhorns (V 1). Die geplante Anlage eines Grosswärmeverbunds soll alle Die Zermatter Bergbahnen haben unterschiedliche Energiespar- zukünftigen Vorschriften betreffend Lufthygiene erfüllen und massnahmen lanciert: über 90% der Wärme mit Energieholz erzeugen. – Durch zusätzliche Tankstellen auf dem Klein Matterhorn kön- www.energiezukunftschweiz.ch/ezs/aktuell/aktuell.php?news_ID=4 nen jährlich 10 000 Liter Dieselöl eingespart werden, da die Pistenfahrzeuge zum Tanken nicht zurück zum Trockenen Steg müssen. Heizen mit Holzschnitzeln und – Im Bahngebäude Blauherd werden im Sommer 2008 alle be- brennbaren Abfällen im Unique heizten Räume isoliert und eine Wärmepumpe mit Erdsonden erstellt. Dadurch ergibt sich eine Energieeinsparung von 80%. Hotel Appenberg (V 1). – Auf dem Klein Matterhorn wird 2008 ein Restaurant mit 130 www.enaw.ch/content.cfm?ek_id=71ª4786ª-04B3-4905- Sitzplätzen, Souvenirshop und 40 Schlafplätzen als Minergie- A16C6ª1777C3B761&type=pdf&filetype=pd P-Gebäude erstellt. Nachhaltigkeitsstrategie der Fazit: Die Verminderungsmassnahmen sind äusserst viel- schichtig und folgen der Logik: weniger (fossile) Energie ver- Reka-Feriendörfer (V 1). brauchen – Energie effizienter einsetzen – auf erneuerbare Auch die Reka setzt auf erneuerbare Energien. Das Feriendorf Energiequellen umstellen – Ausstoss von Treibhausgasen in Hasliberg wird zu 40% mit Solarenergie betrieben. In Disentis kompensieren – Kommunikation verstärken. wurde eine Million Franken investiert, um den Minergie-Stan- dard zu erreichen. Das Feriendorf wird komplett mit Pellets Diese und weitere Good-Practice-Beispiele aus dem Alpenraum beheizt. Das Feriendorf Urnäsch wurde im Minergie-Standard zum Bereich Energie finden Sie unter www.stnet.ch gebaut. Die Häuser wurden mit einheimischem Holz erstellt. Damit wird CO2 während längerer Zeit gebunden. Coaster (V 2). Im Frühsommer 2007 wurde in Arosa die erste Monorail der Schweiz eröffnet. Sie führt die Gäste des Tschuggen-Hotels direkt ins Skigebiet. Das Grand-Hotel spart so rund 100 Taxifahr- ten täglich. www.seilbahn.net/index_old.htm?newsline/coaster.htm 22 | Verminderungsstrategien
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