Abschied lernen Schauspiel von Silja Walter - Evangelisch-reformierte Landeskirche ...
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magnet Kirchenblatt für die Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden beider Appenzell AZB 9100 Herisau November 2020 Nr.9 107.Jahrgang Der Engel lter a u s p ie l von Silja Wa Sch Seite 15 mehr auf Abschied lernen
Biblische Betrachtung Kunst des Sterbens? Kein anderes Sterben ist in der Kunst so oft darge- stellt worden wie jenes von Jesus von Nazareth am Kreuz. Doch ist es auch ein besonders kunstvolles Sterben? Eines, das uns – wie man heute gerne sagt – zu einer ars moriendi, einer «Sterbenskunst» analog zur Lebenskunst «inspirieren» könnte? Eine schwierige Frage. Auf die Schnelle lässt sich darauf keine Antwort finden. Nähern wir uns dem Thema also zunächst von einer anderen Seite. Heute sind wir ja in der Lage, uns ein gutes Sterben kaufen zu können, resp. uns gegen ein schlechtes Ster- ben zu versichern. Mehrere Sterbehilfeorganisationen Tod allgegenwär- bieten in der Schweiz die Möglichkeit, sich dank der tig – deshalb: Kunst der Pharmakologie «sicher» und «selbstbe- sei vorbereitet. stimmt» ins Jenseits befördern zu lassen, sollten Quelle: Jean Schmerzen oder Ängste unerträglich gross werden. Gersons, Uppsala 1514, Titelblatt Unsere Experten für die ars moriendi sind Mediziner eines Buches zu und Pharmakologen. «ars moriendi» Im Spätmittelalter, als der Begriff der ars moriendi populär wurde, fürchtete man sich hingegen davor, man im Streit liegt, grosszügig zu geben, wenn einen ohne rechte Vorbereitung der Seele und ohne christli- jemand um etwas bittet, und sich keine Schätze auf Er- che Begleitung (Krankensalbung, Gebet, Vergebung) den zu sammeln: Sind das nicht alles Wege, um die sterben zu müssen. Mit der Einübung einer ars mori- Seele von Lasten zu befreien, Angst zu bekämpfen, Ge- endi wollte man erreichen, dass die Menschen sich um lassenheit einzuüben? Auch das Evangelium vom nahe das Heil ihrer Seele bemühten, solange noch Zeit dazu gekommenen Himmelreich, das bei Jesus im Zentrum war. In entsprechenden Erbauungsschriften wurden stand, und das er in vielen Gleichnissen darstellte und Versuchungen thematisiert, die dem Heil der Seele ab- auslegte, auch dieses Evangelium mag das Sterben und träglich sein konnten: der Verzweiflung nachzugeben, Abschiednehmen leichter machen: denn das Reich dem Hochmut oder Stolz zu verfallen oder sein Herz an Gottes, sein Gegenwart, seine Liebe, gilt uns hier in irdische Güter zu hängen. Voraussetzung für ein gutes diesem Leben und auch darüber hinaus. Sterben, so glaubte man, sei eine von Lasten befreite Dieser Glaube verdankt sich der Auferweckung des Seele. Gekreuzigten. Hätte Gott damit nicht «Ja» gesagt zum Wer sich in der Begleitung Sterbender engagiert Evangelium des Nazareners und seinen verzweifelten oder als Pflegefachperson in einem Altersheim arbeitet, Ruf am Kreuz «Mein Gott, mein Gott, warum hast Du kann bestätigen, dass dies auch heute noch für viele mich verlasssen?» (Mt 27,46), unbeantwortet gelassen, Menschen gilt. Und nicht anders als im Mittelalter dann wäre unser Glaube leer, wie Paulus sagt (1. Kor wäre es auch heute sinnvoll, nicht erst um fünf vor 15,14) und die ganze christliche ars moriendi nur lee- zwölf, sondern mitten im Leben mit der Vorbereitung res Geschwätz. Die eigentliche Kunst des guten Ster- des Sterbens anzufangen. bens ist – christlich gesehen – die Kunst zu vertrauen: Für mich persönlich ist dabei das ganze Leben Jesu «In deine Hände befehle ich meinen Geist» (Lk 23,46). und seine Botschaft eine Wegleitung zum guten Ster- «Kunst» kommt von «können»», sagt man ja. Aber ben. Man denke zum Beispiel an die Bergpredigt (Mt sterben: das können wir nicht. Das kann man nicht 5): Sie beginnt mit den Seligpreisungen. Jene, die da können und das muss man nicht können. Es widerfährt «selig» gepriesen werden – die Trauernden, die getrös- uns. So wie uns die Geburt widerfährt (der Mutter und tet werden; die Gewaltlosen, die das Land erben wer- dem Kind), so auch der Tod und so auch die Auferwe- den; die nach Gerechtigkeit hungernden und die Barm- ckung. herzigen, die Barmherzigkeit erlangen werden – sie Die kunstvolle Kreuzigung Christi (Öl auf Leinwand) stehen allesamt auf der Grenze zwischen dieser Welt kann deshalb leicht in die Irre führen: Sterben ist keine und der anderen. Ihnen fehlt etwas, sie vermissen et- heroische Tat. Nur im Licht der Auferweckung – die was. Und gerade deshalb sind sie offen für Gott und sich freilich nicht abbilden lässt – ist der Gedanke da- seinen «Lohn». Und die daran anschliessenden Auffor- ran knapp erträglich. derungen, sich zu versöhnen mit jenen, mit denen Pfrn. Andrea Anker, Teufen MAGNET Nr.9/2020 2
Editorial Impressum Liebe Leserin, Kirchenblatt für die Evan- gelisch-reformierten Kirch- lieber Leser gemeinden beider Appenzell (erscheint monatlich) Herausgegeben im Auftrag der Synode der Evangelisch- In den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es reformierten Landeskirche im Rahmen von Führungsseminaren eine ganz überraschende beider Appenzell Aufgabenstellung. Sie lautete: «Schreiben Sie ihre eigene Grab- Redaktionskommission Carlos Ferrer, Grub-Eggersriet rede.» Ein Kollege von mir war in einem solchen Seminar und (cf); Judith Husistein, Stein (jh); erzählte mir, was das unter den Teilnehmern ausgelöst hatte. Heinz Mauch-Züger, Redaktor Isabelle Kürsteiner, Walzenhau- sen (iks); Jonathan Németh, Ich liess mich anregen und dachte, ok, schreib ich auch mal St.Gallen (jn); Annette Spitzen- meine Grabrede. Ich war damals gerade dreissig Jahre alt und berg, Reute-Oberegg (as); Karin Steffen, Schachen bei hatte keinerlei stark intensive Neigungen gegenüber Sterben Reute (ks); Lars Syring, Präs., und Tod. Also, hinsetzen und überlegen. Was soll denn die Bühler (sy) Trauergemeinde von mir erfahren und möglichst lange in Erin- Redaktion Heinz Mauch-Züger (hmz) nerung behalten? Ganz altersgemäss kamen dann mal die Leis- Steinbruggen tungen. Was habe ich nicht schon alles gemacht? Und dann ka- 9063 Stein Tel. 071 278 74 87 men die Dinge, die ich für gut, richtig, sinnvoll und grundle- magnet@ref-arai.ch gend hielt. Am Ende eine tolle Geschichte über kleine und Magnet-Download www.ref-arai.ch grosse Erfolge und die damit verbundene massgebende Weltan- Produktion schauung. Und dann geschah etwas ganz Seltsames. Wo waren Appenzeller Druckerei AG, die Misserfolge? Wo waren die Ängste? Wo waren die Zweifel? 9100 Herisau Adressänderungen melden Wo war die Verletzlichkeit? Wo war die Abhängigkeit von an- Sie bitte direkt der örtlichen deren Menschen? Und hier kam die Erinnerung zurück an das Kirchgemeinde Gespräch mit dem Kollegen, der davon erzählt hatte, welch WEMF Beglaubigte Auflage 3300 tolle Erfolgsgeschichten im Seminar zusammengekommen wa- Magnet online ren. Wer wollte durfte sie vorlesen. Und darauf dann die Rück- www.magnet.jetzt meldung des Seminarleiters. «Sie sind ganz tolle Typen! Sie ha- ben das Leben im Griff. – Und Sie sind keine Führungspersön- lichkeiten sondern selbstverliebte Leistungsegoisten, die es ver- mutlich nicht ausstehen können, wenn jemand Sie kritisiert.» Es habe totale Ruhe im Raum geherrscht, erzählte der Kollege. Einer sei dann aufgestanden und habe gesagt, dass man sich das nicht bieten lasse müsse, man habe schliesslich bezahlt – und zwar mehr als genug. Mein Fazit: Beim Sterben ist die Show zu Ende. Schulterklop- fen, Siegerpose und «We are the Champions» reihen sich ein in Hinfälligkeit, Verletzlichkeit, Abhängigkeit und Angewiesen- sein. Wer sich darauf einlässt gewinnt eine neue Sicht auf das Leben und kommt seltsamerweise zu Trost. Genau dazu lädt diese Magnetausgabe Sie ein. Titelbild: Ein Ende – ein Anfang? Illustration Jonathan Németh 3 MAGNET Nr.9/2020
Thema «ars moriendi» Die Fähigkeit zu sterben als Fähigkeit zu leben. dere, die lange dauern und von grossem Kampf und Mühe geprägt sind. Nichts ist so gewiss, als dass wir Menschen sterblich Geburt und Tod, sie umspannen unser Leben. Da- sind. Die weltweite Coronapandemie ruft uns dies mals als junge Mutter machte ich Geburtsvorberei- einmal mehr in Erinnerung. Als ich vor vielen Jahren tungskurse (und es kam dann ganz anders als geübt). als junge Studentin damit konfrontiert wurde, dass Dennoch, wie wäre es, wenn es analog dazu Sterbevor- mittelalterliche Mönche und Nonnen oft einen Toten- bereitungskurse gäbe? Kann man Sterben üben? Soll schädel auf ihrem Pult hatten, um sich an diese Tat- man dies überhaupt? Oder ist vielmehr unser gesamtes sache zu erinnern («memento mori»), hat mich dies Leben ein Einüben ins Sterben? Oder ist umgekehrt sowohl beeindruckt als auch befremdet. das Sterben eine Übung für das Leben? Was würde sich ändern in meinem Leben, wenn ich wüsste, dass ich Damals, anders als heute, war die Vorstellung, plötzlich 1000 Jahre alt würde? Was würde sich ändern, wenn oder im Schlaf zu sterben, keineswegs erstrebenswert, ich wüsste, dass ich nur noch ein Jahr zu leben hätte? denn so konnte man sich nicht darauf vorbereiten, sei- Würde sich überhaupt etwas ändern? nem Schöpfer gegenüber zu treten. Es fehlte die Mög- Als ich Sterbende begleitete, begann ich, mich ver- lichkeit der Versöhnung und der allfälligen Busse, der tieft den Fragen des Lebens und Sterbens zu stellen. Ich Empfang der Sakramente (letzte Ölung). Das irdische beobachtete, dass ich anfing, bewusster zu leben. Im- Leben galt als Vorbereitung für das ewige Leben und mer stärker wurde mir klar, dass Sterben nicht erst im wurde mitsamt dem Körper entsprechend abgewertet. In der Moderne folgte eine Verdrängung des Ster- bens und des Todes. Der Tod findet vorwiegend in In- stitutionen statt, Sterbende werden nicht mehr zu- Geburt und Tod, sie hause aufgebahrt, es gibt keine Leichenzüge mehr umspannen unser Leben. durch Dorf oder Stadt. Dies spiegelte sich auch in der Medizin. Sterbende wurden auf den Operationstisch gezerrt, anstatt ihnen einen Abschied in Würde zu er- Moment des Todes zum Leben gehört, sondern wie die möglichen. Erst mit der notwenigen Gegenbewegung Geburt bereits von Anfang an. Wie in den Zyklen der der Palliative Care beginnt das Pendel wieder in die Natur ist unser Leben ständig geprägt von kleinen und andere Richtung zu schlagen. Pionierinnen wie Elisa- grossen Sterbeprozessen. Ohne diese könnten wir beth Kübler-Ross, die Sterbende interviewt hat und nicht leben. Das beginnt mit der Geburt, der Lösung Cicely Saunders, die das erste Hospiz in England grün- aus dem Fruchtwasser, der Trennung von der Nabel- dete, sind prägend und wegleitend. schnur, dem Eintritt in diese andere Welt. Immer wie- In meiner langjährigen Tätigkeit als Spitalseelsorge- der erfolgen neue Trennungen, neue Abschiede, neue rin habe ich viele Sterbende begleitet und bin persön- kleine oder grössere Sterbeprozesse. Wenn diese nicht lich sehr beschenkt worden. Ich erlebte, wie Men- geschehen, passiert keine Wandlung, dann ist unser Leben im Stillstand, wir werden gelebt anstatt dass wir leben. Wenn wir z.B. nie ausziehen aus unserem El- ternhaus, fehlen uns wesentliche Reifeschritte. Diese Liebe bleibt, Liebe ist ewig. sind nicht unbedingt gebunden an ein physisches Aus- ziehen, ich kann von zuhause ausziehen und dennoch weiterhin innerlich ein Kind bleiben. Sich den Wand- schen noch reifen konnten in den letzten Tagen ihres lungen und Reifungen des Lebens zu verweigern, dafür Lebens. Da geschahen teilweise ganz erstaunliche gibt es allzu oft leider gute Gründe, nämlich dann, Wandlungen, die mich tief berührt haben. Ich erfuhr, wenn meine Wandlungen und Reifungen als Kind wie sehr Bindungen das Sterben beeinflussen können schicksalshaft behindert, verhindert oder gar verboten und wie sehr Sterbende oft um ihrer Angehörigen wil- wurden. Doch zum Glück haben wir auch später die len um ihr Leben kämpfen. Ich erlebte wunderbare Möglichkeit, diese Schritte nachzuholen, uns zu wan- Lösungen von Konflikten, aber auch das Gegenteil. Ich deln, dem Leben zu stellen. sah, wie manche bis zum Schluss kämpften und nicht Dennoch, Sterblichkeit bleibt eine Zumutung für gehen wollten und wie sich die Spuren dieses Kampfes uns Menschen. Sie treibt uns dazu, sie umgehen zu auch noch fanden, nachdem Krankheit und Tod den wollen: z.B. mit Kryokonservierung (d.h. mittels Ein- starken Willen besiegt hatten. Ähnlich wie bei der Ge- frieren des menschlichen Körpers in flüssigen Stick- burt gibt es Sterbeprozesse, die ganz leicht sind, an- stoff), mit der Erforschung von Verbindungen von MAGNET Nr.9/2020 4
Thema bewusst, was die Zukunft dieses Planeten betrifft, und gleichzeitig so, als wäre dieser Tag mein letzter, das heisst, ich nehme jeden Tag neu und vollende ihn. «Non, rien de rien, non, je ne regrette rien», singt Edith Piaf unvergesslich. Und dies hängt für mich mit der Fähigkeit zu leben zusammen. Leben heisst nicht, ein vollkommenes Leben zu führen und keine Fehler zu machen. Ich irre mich, ich verletze und werde ver- letzt, ich täusche mich und werde getäuscht. Ich Ich lebe so, als würde ich ewig leben, gelassen und gleichzeitig verantwortungsbewusst. nehme Chancen wahr und verpasse andere. Ich ent- scheide mich für einen bestimmten Weg und schliesse damit andere Möglichkeiten aus. Aber ich möchte so gehen können, dass ich mit dem Leben, wie ich es ge- führt habe, versöhnt bin. Mit allem, was mir gelungen ist, und mit allem, woran ich gescheitert bin. Ich frage dabei mit Gilles Tschudi («Zu Ende denken»): «Was heisst l(i)eben für mich?» Und das ist der Massstab für mein Leben: Jesu Dop- pelgebot der Liebe. Daran halte ich mich im Leben wie im Sterben. Im Wissen darum, dass es die Liebe ist, die ewig ist, die bleibt, die den Tod überwindet. Nein, ich weiss nicht, wie sterben geht. Was danach kommt, weiss ich auch nicht. Natürlich gibt es Nahtoderfahrun- gen einer wachsenden Zahl von Menschen. Vielleicht werden sogar die Grenzen zwischen Tod und Leben durchlässiger, fliessender. Natürlich habe ich Vorstel- Der Kreis, Menschen mit Maschinen (Cyborgs) oder mit künstli- lungen, Projektionen. Aber wirklich wissen tue ich das Kreuz, cher Intelligenz, und mit der mehr als fragwürdigen nicht, bevor ich es nicht erfahren habe, bevor ich nicht der Grabstein Forschung nach Klonen von Menschen. zu diesem Ursprung, aus dem ich herkomme, aus dem – fortlaufend, Viel sinnvoller wäre es, eine heutige Form von ars jede menschliche Seele kommt, zurückkehre. Verletzung und Verge- moriendi einzuüben, damit wir zu einer ars vivendi Aber ich weiss eines: Liebe bleibt, Liebe ist ewig. So bung ken- finden, zu einer Kunst des Lebens. Es könnte ange- kann ich leben – und sterben. Aus der Perspektive der nend, wissend sichts von Klimawandel und globalen Bedrohungen Liebe betrachtet, gibt es keinen Tod. um Ende und sogar überlebenswichtig sein für uns als Menschheit Annette Spitzenberg Anfang – auf diesem Planeten, dass wir uns unserer Sterblichkeit lebendig. Quelle: as stellen, dass wir das Sterben und den Tod in unser Le- ben integrieren, denn genau so werden wir lebendig oder bleiben es. Dann werden Krisen, seien sie persön- licher oder globaler Natur gleichzeitig auch zu Wand- lungsprozessen und führen nicht zur Vernichtung. Dann spüren wir mehr und mehr, was dem Leben dient, und was das Leben verneint. Dann habe ich beide Haltungen in mir: ich lebe so, als würde ich ewig leben, gelassen und gleichzeitig sehr verantwortungs- 5 MAGNET Nr.9/2020
Thema Letzte Hilfe – begleiten und begleitet werden «Erste Hilfe nach Unfällen zu leisten, wird in unserer weise wäre letzte Hilfe zu leisten irgendwann so selbst- Gesellschaft als eine selbstverständliche Aufgabe an- verständlich wie erste Hilfe. gesehen. Doch wie helfen wir Menschen, deren Le- Martina Tapernoux: Kranke und sterbende Men- bensende gekommen ist? Das Lebensende und Ster- schen zu begleiten, ist eine grosse Herausforderung. In ben macht uns als Mitmenschen oft hilflos. Uraltes vielen Menschen sind Bilder aus Filmen verankert, in Wissen zum Sterbegeleit ist mit der Industrialisie- denen sich ganze Familien am Bett versammeln, lang- rung schleichend verloren gegangen. In Letzte Hilfe jährige Konflikte sich auflösen und Menschen mit ei- Kursen lernen Interessierte, was sie für die ihnen nem Lächeln im Gesicht sterben. Doch so ist das Leben Nahestehenden am Ende des Lebens tun können.» meist nicht. Wenn das Sterben eines Menschen uner- wartet länger geht, geraten Angehörige nicht selten So umschreibt die reformierte Kirche Zürich ihr Kurs- unter Druck und suchen Gründe, warum er oder sie angebot «Letzte Hilfe». Hajes Wagner und Martina Ta- nicht loslassen kann. Bilder in unseren Köpfen verhin- pernoux, die beiden Pfarrpersonen aus Heiden, liessen dern manchmal, offen zu sein für den Moment. sich zu Kursleitern ausbilden. Im Gespräch mit den Auch ich bin immer wieder hilflos am Bett von Ster- beiden wird klar, wie viel Unsicherheit, Hilflosigkeit benden. Es ist nicht schön zuzuschauen, wie jemand und Angst mit dem Thema Sterben verbunden ist. körperlich zerfällt und immer weiter weggeht. Hin und wieder ist die Situation wirklich «zum Devolaufe». Mut zum Dabeibleiben Gleichzeitig finde ich, es ist ein grosses Geschenk für Hajes Wagner: Ich erlebe oft einsames Sterben und eine sterbende Person, wenn Angehörige bleiben. finde, das dürfte nicht sein. Das Leben und das Sterben Trotz allem. Zu bleiben ist nicht nur ein Dienst am Ster- sind etwas Soziales und jeder darf sich zutrauen, Ster- benden, sondern auch an sich selbst. Manchmal hat bende zu pflegen und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. das Sterben etwas Beglückendes. Auch wenn das para- Es wäre gut, das Sterben als normalen Teil des Lebens dox klingt. Ich habe ab und zu den Eindruck, dass sich annehmen zu können, doch davon sind wir noch weit bei sterbenden Menschen der Himmel auftut und et- entfernt. Ich sehe, dass es für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit ist und Mut braucht, Kontakte, die in gesunden Zeiten gepflegt wurden, bei Krankheit oder im Sterbeprozess zu pflegen. Bei den Jugendli- chen fällt mir auf, dass sie zum Beispiel selbstverständ- lich an der Beerdigung ihrer Grosseltern teilnehmen, den Kontakt zu schwerkranken oder sterbenden Ange- hörigen jedoch oft meiden. Vielleicht braucht es auch Ermutigungen von aussen, diese Hilflosigkeit auszuhal- ten, das Schweigen zu ertragen und zu bleiben. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass gegenüber Sterben- den und Verstorbenen eine Scheu besteht. Wenn ei- nem niemand sagt, dass man Menschen jederzeit be- rühren, umarmen, küssen oder mit ihnen reden darf, so wie man es immer machte, verpasst man etwas. Im Leiterkurs haben mir besonders die medizinischen In- formationen viel gebracht. Wir erfuhren zum Beispiel, dass die schwere Atmung bei Sterbenden normal ist, auch wenn sie für uns bedrohlich tönt. Und wir lernten, dass Menschen nicht sterben, weil sie nicht mehr es- sen und trinken, sondern dass sie die Nahrung verwei- Vielfältige Talente gern, weil sie sterben. In einem praktischen Teil pro- finden einen bierten wir die verschiedenen Möglichkeiten zur Be- sinnstiftenden feuchtung des Mundes aus, was durchaus mit dem Einsatz. Lieblingsgetränk des Sterbenden erfolgen darf. Idealer- Quelle: zVg. MAGNET Nr.9/2020 6
Thema was vom himmlischen Licht auf mich fällt. Sterben bleibt ein Geheimnis. So oder so: Die letzten Tage und Stunden, die man mit einer schwer kranken Person verbringt, prägen das weitere Leben. Das von Erwach- senen und das von Kindern. Deshalb bin ich der Mei- nung, dass Kinder dabei sein dürfen, wenn sie möch- ten. «Letzte Hilfe» Kurs in Heiden Am 13. Februar startet in Heiden der erste Kurs zum Thema «Letzte Hilfe». Es wird kein professionelles Fachwissen vermittelt. Ziel des Kurses ist es vor allem, die Scheu gegenüber Schwerkranken und Sterbenden abzubauen und Mut zu machen dabeizubleiben und beizustehen. Die Kurse werden stets von einem Zwei- erteam, bestehend aus einer Pfarrperson und einer Pflegefachperson, geleitet. So kann der Sterbeprozess aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Margarita Süess aus Wolfhalden und Annemarie Kluser aus Lutzenberg werden zusammen mit Hajes Wagner und Martina Tapernoux die geplanten «Letzte Hilfe» Kurs leiten. Die beiden Pflegefachfrauen verfügen über fundierte Ausbildungen und grosse Erfahrung in Palli- Da Sterben Teil des Lebens ist, richtet sich der Kurs an Die letzte ativer Pflege und im Umgang mit Sterben, Tod und alle, denn es zeigt sich: Je mehr sich die Menschen mit Wegstrecke als Beginn Trauer. Auf Nachfrage erklärt Margarita Süess, dass sie dem Sterben befassen, desto besser geht das Trauern. von Neuem mithelfen möchte, in den Kursen Hemmschwellen und Und vielleicht tragen diese Kurse dazu bei, dass wieder entdecken. Ängste abzubauen. Sie hofft, durch ihre Erfahrungen mehr Menschen daheim statt in Pflegeeinrichtungen Quelle: jh die Kursteilnehmenden ermutigen zu können und ih- sterben dürfen, so wie es sich viele wünschen. nen Sicherheit zu vermitteln, um sich auf die Beglei- tung sterbender Angehöriger einzulassen. Henry Dunant als Vorbild Dass der Kurs «Letzte Hilfe» im Henry Dunant-Dorf Was beinhalten die Kurse? Heiden gestartet wird, könnte passender kaum sein. Die Kurse dauern etwa vier Stunden. Während in den Der Mitbegründer des Roten Kreuzes leistete sowohl letzten Jahren viele wertvolle Angebote für Sterbebe- Erste Hilfe, als auch Letzte Hilfe. In einem Bericht über gleitung durch ausgebildete Fachleute oder freiwillig die Arbeit von Henry Dunant nach der Schlacht von Helfende entstanden sind, ist das grundlegende Wissen Solferino 1859 heißt es: «Dunant versuchte nach bes- über die Sterbebegleitung im Familienkreis etwas ver- ten Kräften zu helfen. Er kniete neben schwer Verwun- loren gegangen. Daher ist es ein Ziel des Kurses, die deten, die ihn anflehten an ihrer Seite zu bleiben, bis Normalität des Sterbens als Teil des Lebens zu begrei- zu ihrem letzten Atemzug, damit sie nicht alleine ster- fen. Neben den theologischen Aspekten lernen die ben sollten.» Teilnehmer den Sterbeprozess auch aus medizinischer Judith Husistein Warte kennen. Es werden mögliche Leiden besprochen und praktische Anleitungen vermittelt, wie Menschen in der letzten Lebenszeit mit oder ohne Medikamente Interessiert? Linderung von Schmerzen, Durst oder psychischen Be- Das Angebot «Letzte Hilfe» gehört zu den Pilot- lastungen geschenkt werden kann. Weitere Themen projekten der Umsetzung des Diakonienetzwer- sind Abschied, Tod und Trauer sowie verschiedene Be- kes Appenzellerland (DNA). Interessierte als Be- stattungsformen. Zudem werden die Teilnehmenden sucherinnen und Besucher oder an einer Ausbil- ermutigt, über das eigene Sterben, Patientenverfügun- dung für die Durchführung eines Anlasses mel- gen, Vorsorgeaufträge, medizinische und ethische Fra- den sich bei der Projektleitung DNA, Mail: heinz. gen nachzudenken und zu sprechen, und solche Ge- mauch@ref-arai.ch; Tel. 079 425 20 33 spräche auch im eigenen Umfeld frühzeitig und immer wieder zu führen. Zudem wird umfassend über alle Angebote im Bereich Hospizdienst, Palliativer Brü- ckendienst, usw. Informiert, damit bei Bedarf die An- sprechstellen bekannt sind, um Hilfe und Unterstüt- zung zu bekommen. 7 MAGNET Nr.9/2020
Thema Mein Tod und ich Wenn ich eines Tages sterbe, möchte ich nicht alleine meinsam haben wir versucht, den Alltag zu meistern. sein. Im Moment stelle ich es mir sehr schön vor, Das Leben zu lieben. Uns gegenseitig zu stützen, wo es wenn jemand bei mir ist. Nach Möglichkeit jemand, nötig war. Gemeinsam zu lachen. Und zu weinen. Wir mit dem ich schon ein gutes Stück meines Lebenswe- haben auch manches Spaghettieis zusammen gegessen. ges gemeinsam gegangen bin. Und wenn das nicht Das war gut. möglich ist, dann aber doch jemand, der es gut mit Wenn ich sterbe, werde ich auch viel Vergebung mir meint. Der bereit ist, meine Schwachheit zu tra- brauchen. Ich hoffe, ich habe bis dahin alles einigermas- gen. Dem ich mich zumuten darf. sen auf der Reihe. Habe um Entschuldigung gebeten, wo ich bemerkt habe, dass ich jemanden verletzt habe. «Das Zeitliche Segnen», so haben es die Alten genannt. Viele Verletzungen, die ich anderen zugefügt habe, Das wäre was. Danke sagen. Da gibt es so viel. Alleine sind mir nicht einmal aufgefallen. Das tut mir leid. hätte ich niemals leben können. Da war Menschen an Schon jetzt. Und ich bitte jetzt schon um Entschuldi- meiner Seite. Menschen, die mich geliebt haben. Und gung. Ich hoffe, dass ich, wenn es soweit ist, mit der die ich auch lieben durfte. Und Menschen, die mich Welt und mir selbst im Reinen bin. ertragen haben. Manches Mal waren es dieselben. Gesegnet sterben. Da waren Menschen mit mir unterwegs. Ich möchte mich auch gerne von den Meinen verab- Einige waren wichtige Wegweiser, selbst mitgegangen schieden können. Ihnen noch einmal in die Augen se- sind sie nicht. Das war nicht nötig. Wichtig waren die hen. In Frieden auseinander gehen. Und sie dann auch Impulse, die sie mir gegeben, die Türen, die sie mir segnen, wenn es mir dann noch möglich ist. Und ich geöffnet haben. Und auch die Fragen, die mich ange- möchte auch selbst gesegnet werden. Einen Segen be- trieben haben. Auf einige dieser Fragen habe ich bisher kommen für die letzte Reise. Eine Extraportion Lebens- keine Antwort gefunden. Das ist nicht tragisch. Viel- mut für den letzten Schritt hier auf Erden. So wie es leicht finde ich nie eine. Die Fragen sind gut! Sie zie- seit vielen Jahrhunderten geschieht. hen mich hinein ins Leben. Ich weiss noch immer «Es segne dich Gott, der Vater, der dich nach seinem nicht, warum meine Frau bereit ist, mich zu lieben. Bilde geschaffen hat. // Es segne dich Gott, der Sohn, Und warum ich so tolle Kinder habe. Warum bisher der dich durch sein Sterben und Auferstehen befreit mehr oder weniger alles glatt gegangen ist – trotz allem. hat. // Es segne dich Gott, der Heilige Geist, der dich Ich bin sehr dankbar, dass es genau so ist, wie es ist. zum Leben gerufen und geheiligt hat. // Gott, der Va- Dass sich aus manchen Sackgassen neue Wege ergeben ter und der Sohn und der Heilige Geist, // geleite dich haben. Wege, die mich zunächst ins Ungewisse geführt durch das Dunkel des Todes in sein Licht. // Er sei dir haben. Ich musste vieles loslassen, damit ich frei und gnädig im Gericht und gebe dir Frieden und ewiges Wie der Klang aufrecht weitergehen konnte. «Du stellst meine Füsse Leben. Amen.» der Glocke auf einen weiten Raum», heisst es in den Psalmen. den hörbaren Und da waren auch Menschen, die mich begleitet Der Tod ist ein Durchgang. Bereich weit übersteigt … haben auf meinem Weg. Die einen nur einen begrenz- Ja. Das wäre schön. So, stelle ich mir heute vor, werde Quelle: sy ten Abschnitt. Andere über einen langen Zeitraum. Ge- ich dereinst in Frieden gehen können. Ohne dass ich den Tod unmittelbar vor Augen hätte, meine ich, dass ich bereit wäre. Wäre zwar schade, wenn ich das Er- scheinen dieses MAGNETs nicht mehr erleben würde. Aber wenn es so ist, ist es so. Ich weiss, dass nichts mich trennen kann von der Liebe Gottes, die in Chris- tus Jesus ist, unserem Herrn. Ok. Ein bisschen pathe- tisch. Aber so ist unsere Sprache, wenn wir auf’s Ganze gehen. Paulus kann es auch anders sagen (Römer 14, 7+8): «Keiner von uns lebt für sich selbst, und keiner stirbt für sich selbst. Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir nun leben oder sterben, wir gehören dem Herrn.» Gestatten Sie mir hier eine Randbemerkung: Unter dieser Perspektive wird christliche Seelsorge im Ange- sicht des Todes eine andere Dimension eröffnen als jede andere Form von Begleitung. Denn während welt- MAGNET Nr.9/2020 8
Thema … so über- steigt das Leben das Erfahrbare und endet nicht am Grab. Quelle: sy liche Therapien im Tod einen endgültigen Schluss- macht, fortbestehen wird. Und dass ich mir selbst in punkt sehen, ist er für die Seelsorge ein Durchgang. einer unvorstellbaren Klarheit neu begegnen werde – Und so wird auch verständlich, warum eigentlich alles weil ich dann der Liebe Gottes begegne, die ich bisher geistliche Leben ein Sterbetraining ist. Es beginnt mit nur wie in einem dunklen Spiegel sehe (1Korinther 13, der Taufe und wird vollendet durch den Geist, der seit 12). der Taufe in uns am Werk ist. Es geht darum zu lernen, sich selbst (los) zu lassen. Im Sterben begleiten wir Und danach? Weiterleben. Menschen nicht nur im Rückblick auf ihr bisheriges «In unseren Herzen lebst du weiter», heisst es manch- Leben, sondern auch im Ausblick auf das künftige. So mal in den Todesanzeigen. Das ist die eine Perspektive. ist das Altersheim keine Endstation, sondern ein War- Ich möchte eine weitere hinzufügen: In Gott lebst du tesaal. weiter. Und in Gott bleiben wir miteinander verbun- den. Die Lebenden und die Toten. Es ist nur eine Eintauchen in die Liebe Gottes. dünne Wand, die uns voneinander trennt. Menschen Und dann? Wenn wir den Wartesaal verlassen? Was soll haben mir anvertraut, wie sich Verstorbene bei ihnen noch passieren? Eines Tages wird die silberne Schnur gemeldet haben. Manchmal in flüchtigen Momenten, reissen, die meine Seele an meinen Körper bindet (Ko- die sehr intensiv waren. Sie sind noch schnell vorbei helet 12, 6). Gott hat mir seinen Lebensatem in die gekommen, um sich zu verabschieden. Sie hatten noch Nase geblasen. So wurde ich eine lebendige Seele (Gen ein Wort für die Lebenden. 2, 7). Und wenn ich meinen letzten Atemzug tue, geht Eine alte Bäuerin hatte ihren Hinterbliebenen eine zu Gott zurück, was ich von ihm empfangen habe. Im Woche vor ihrem Tod einige Zeilen auf einem Zettel Talmud heisst es zum Tod des Mose (Dtn 34): «Da notiert: «Wenn mein Heiland mich holt, so seid nicht küsste der gnädige Gott seinen Knecht und nahm ihm traurig, denn ich fühle mich bei ihm geborgen». Und im Kusse seine Seele. Moses starb am Munde Gottes» darunter stand ihr Konfirmationsvers: «Ich bin gewiss, Gott küsst Mose seine Seele hinweg. Ein verwegener dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte Gedanke! Im Sterben tauche ich ganz ein in die Liebe noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünfti- Gottes. Ich wechsle von Gottes einer in seine andere ges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Krea- Hand. So erreiche ich die Grenzen meiner Sprache. tur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Und dann, darauf vertraue ich, bekomme ich einen Christus Jesus ist, unserem Herrn.» weissen Stein, auf dem ein neuer Name steht (Offenba- Wer so stirbt, der stirbt wohl. rung 2, 17). Ich gehe vorläufig davon aus, dass ich mich Lars Syring nicht in Gott auflöse, sondern dass das, was mich aus- 9 MAGNET Nr.9/2020
Thema Man stirbt nie alleine Wenn ein Mensch stirbt, ist immer auch sein Umfeld sein, können diese angesprochen und allenfalls gar ver- beteiligt. Nicht nur seine Familie, auch Freunde, Be- ziehen werden. Auf beiden Seiten gilt es Loszulassen. kannte oder Betreuende oder Pflegende. Das wiederum findet in den verschiedensten Formen statt und sie sind jeweils für die Beteiligten stimmig. Die persönlichen Vernetzungen von Menschen sind Da gibt es kein Rezept. Für mich ist das Bauchgefühl sehr unterschiedlich. Trotzdem, niemand stirbt alleine. bestimmend. Was sich richtig anfühlt, sollte auch getan Es kann sein, dass jemand zum Zeitpunkt des Todes werden. Sei es die Hand zu halten, etwas vorzusingen, ohne Begleitung in einem Raum ist. Insbesondere bei einen Essenswunsch zu erfüllen oder einfach zu sein. meiner Mutter bin ich überzeugt, dass sie den Zeit- Ohne Worte. Nur Präsenz. Ich bin überzeugt, wer dem punkt abwartete, als ich aus dem Zimmer gegangenen Bauchgefühl folgt, ist später in der Trauerzeit erleich- bin, um in das Nächste überzuwechseln. Auch im Al- tert, es getan zu haben und sei es auch noch so unge- terswohnheim hatte ich dann und wann den Eindruck, wöhnlich. dass die Sterbende, der Sterbende den besonderen Zeitpunkt des kurzen Alleinseins wählte, um sich zu verabschieden. Dennoch, niemand stirbt alleine. Das Wer vor dem Tod sind immer Angehörige, Verwandte, Freunde, Betreu- ende oder Pflegende, die ein Stück des letzten Weges begleitet, fühlt mit. oder den Weg danach gehen. Mit der Das Loslassen Die Trauer Patientenver- Wer vor dem Tod begleitet, fühlt mit. Hier ist es meiner Nach dem Tod von geliebten Menschen zuhause oder fügung wird Ansicht nach für viele Angehörige beruhigend, wenn aber bei uns im Alterswohnheim von betreuten oder deutlich, dass sie die Wünsche des Sterbenden betreffend Beerdigung gepflegten Menschen beginnt eine Zeit des Abschieds, das Sterben nicht isoliert kennen. Das bringt Ruhe in die Zeit des Loslassens. Der eine Trauerzeit. Oft hilft bei der Verarbeitung das ge- betrachtet Fokus liegt dann ganz im Jetzt und beim Sterbenden. meinsame liebevolle Waschen und Ankleiden nach den werden kann, Niemand muss sich Gedanken darüber machen, was Wünschen des Verstorbenen. Bei unserer Mutter hatte praktisch nach dem Tod anzuziehen ist, ob Erd- oder Feuerbestat- meine Schwester das Bedürfnis, Mutter so zu schmin- immer gibt es tung oder wie die Abdankung gestaltet werden soll. Die ken, wie sie es selbst immer getan hatte. Wenn die ein Umfeld, Angehörigen können sich auf den Sterbenden in der Angehörigen nach dem Tod im Alterswohnheim ein- das miteinbe- zogen werden Gewissheit konzentrieren, dass alles nach seinem Wil- treffen, wurde mir oft bestätigt, dass der individuell sollte. len geregelt ist, dass seine Wünsche erfüllt werden zusammengestellte Blumenstrauss oder die das Bett Quelle: hmz können. Sollten da noch Ressentiments vorhanden schmückenden Blumen als sehr liebevoll betrachtet werden. Sie geben einen Lichtpunkt in der ersten Be- gegnung mit der oder dem Toten. Patientenverfügung, Testament Wie bereits erwähnt, Patientenverfügungen erleich- tern das Handeln der Angehörigen enorm. Sie bringen Sicherheit und Ruhe in die spezielle, einmalige Situa- tion. Ebenso ist es mit Testamenten. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine solche Verfügung bereits in jungen Jahren ohne dass man Patient ist, ausgefüllt werden sollte. Die Patientenverfügung könnte immer wieder ergänzt oder verändert werden, je nach Situa- tion. So würde sich jeder Mensch – ich bin für alle zehn Jahre – immer wieder, jedoch nicht täglich, mit seiner Endlichkeit auf Erden befassen. Im Speziellen aber könnte sich Jede und Jeder mit seinen Wünschen aus- einandersetzen und allfällig den einen oder anderen noch erfüllen. Zu Lebzeiten! Isabelle Kürsteiner MAGNET Nr.9/2020 10
Thema Das Sterben ist ein Wunder Die Sonne scheint herrlich, an diesem milden Spät- Ausgebildet und fortlaufend geschult sommernachmittag. Maya Schwalm empfängt mich Schwierig wird es für die Begleitenden, wenn junge im Garten unter dem schattenspendenden Sonnen- Menschen sterben. Wie reagiert man darauf, wenn schirm, mit einem erfrischenden Glas Wasser in der eine junge Mutter sagt: «Ich wollte doch meine Kinder Hand. Eine Katze schleicht durchs Gestrüpp und um aufwachsen sehen.»? Die Begleitenden werden darin uns herum summt und brummt es. Das warme und ausgebildet und fortlaufend geschult, aktiv zuzuhören freundliche Setting in der Natur scheint so gar nicht und auf Sinnfragen und existenzielle Themen einzuge- zur Thematik zu passen, welche ich mit der Einsatz- hen. In dieser Situation angemessen zu reagieren ist leiterin des Hospizdienstes Appenzeller Vorderland aber schwierig. Um Belastendes verarbeiten zu kön- zu besprechen habe. Oder doch? nen, steht die Gruppe ständig im Austausch miteinan- Vor zehn Jahren Bedürfnis erkannt «Für mich ist das Sterben ein Wunder. Ein Wunder wie auf die Welt zu kommen. Natürlich in einem anderen Jemand mit Helfersyndrom ist Kontext – aber genauso magisch und genauso schmerz- bei uns falsch am Platz. haft», sagt Maya Schwalm. Bereits seit zehn Jahren be- steht der Hospizdienst Appenzeller Vorderland, als ers- ter in beiden Appenzeller Halbkantonen, und Maya der. Zudem finden jährlich drei bis fünf Fortbildungen Schwalm ist seit Beginn mit dabei. Gegründet wurde statt, zum Teil mit dem Forum Palliative Care Vorder- er aus einem grossen Bedürfnis heraus. Ehemalige Mit- land. Heute leisten 15 Frauen und Männern unzählige arbeitende aus den pflegenden Berufen erkannten Stunden unentgeltlichen Dienst. Oft werden sie geru- schon früh, dass während der Arbeit immer weniger fen, um Angehörige in der Nacht zu entlasten. Ge- Zeit für Gespräche blieb. Und auch Zeit, um sterben- nauso oft begleiten sie aber schwer kranke und ster- den und schwerstkranken Menschen mit ihren Ange- bende Menschen in Heimen oder Spitälern und entlas- hörigen begleitend gerecht zu werden. ten so das Pflegepersonal. Helfersyndrom unerwünscht Wer sich der Hospizgruppe anschliessen möchte, wird genau geprüft. «Jemand mit Helfersyndrom ist bei uns am falschen Platz», weiss Maya Schwalm. Empathie, zuhören können und Verschwiegenheit sind die wich- tigsten Eigenschaften, die die Freiwilligen mitbringen Hospizarbeit müssen. Mithilfe eines Fragebogens wird auch abge- wird von klärt, ob jemand Mühe mit ansteckenden Krankheiten ausgebildeten oder ungepflegten Wohnungen hat. Dafür bietet der Mitarbeite- Hospizdienst seinen Freiwilligen auch einiges. Gesel- rinnen und lige Anlässe zum Gedankenaustausch und mehrere Mitarbeitern ehrenamtlich Weiterbildungen finden im Laufe eines Jahres statt. geleistet. Eine fundierte erste Schulung beim Schweizerischen Quelle: zVg. Roten Kreuz müssen die Freiwilligen zuerst wohl sel- ber bezahlen, wird ihnen aber nach zwei Jahren wie- Schwierig ist das Aushalten der rückerstattet. Wie jede Geburt einzigartig sei, sterbe auch jeder Karin Steffen Mensch auf seine ihm eigene Weise, weiss Maya Schwalm. Menschen zu begleiten, die bereits auf dem Weg sind aber noch bei klarem Bewusstsein, ist aber wunderschön. Schwierig ist das Aushalten. Das Wissen, man kann nichts mehr unternehmen. Aushalten, ne- Der Hospizdienst Appenzeller Vorderland ben dem Bett sitzen, die Hand halten, und die Angehö- begleitet in Grub AR, Heiden, Lutzenberg, rigen darin unterstützen auszuhalten. Das Sterben ist Oberegg AI, Rehetobel, Reute, Walzenhausen nicht planbar. Unter Umständen kann es sich über Wo- und Wolfhalden. chen und Monate hinziehen oder es geht unerwartet Weitere Informationen finden Sie unter: ganz schnell. www.hospizdienstvorderland.ch 11 MAGNET Nr.9/2020
Thema Sich dem Leben wieder zuwenden «Wir leben jetzt. Da stellt sich die Frage, was könnte Text oder einem Lied, kommen die Gäste miteinander mir jetzt helfen, den Moment gut zu nutzen.» Zwei ins Gespräch. Dabei gibt es Raum für’s Erzählen der Angebote im Appenzellischen bieten Gefässe für eigenen Trauererfahrung.» Ganz verschiedene Gefühle Trauerarbeit und unterstützen dabei, wieder neue der Trauer kommen zur Sprache. Neben dem Gefühl Perspektiven im Leben zu finden. des Alleineseins wird oft auch die Wut zur Sprache ge- bracht, die manche Menschen verspüren, weil sich Trauern heisst einen Weg gehen: etwa die Partnerin oder ein Elternteil einfach aus dem Trauercafé Hinterland in Herisau Staub gemacht hat. Es geht um Ohnmacht, es geht um «Vor dem Tod habe ich keine Angst, so wie ich das Einsamkeit, aber auch um neue Chancen. Und es heute sagen kann. Als Pflegefachfrau habe ich sehr oft werde immer wieder herzlich gelacht, so Hablützel. erlebt, wie Menschen sterben. Da habe ich ein gutes Der Raum der Kulturwerkstatt ist gross, dennoch fühle Gefühl. Aber ich habe hohen Respekt davor, einen man sich nicht verloren darin. Dazu beitragen würde Menschen zu verlieren.» Die Aussage von Silvia Hab- die sorgfältige Dekoration des Raumes. Dafür ist die lützel, Leiterin von Pro Senectute «Zwäg is Alter», «Gastgeberin» zuständig, die neben der «Gesprächslei- klingt in mir nach, jetzt wo ich zu Papier bringe, was terin» als Nicht-Direktbetroffene beim Trauercafé da- ich im Interview mit ihr erfahren durfte. Hablützel ist bei ist. eine der Teamleiterinnen des Trauercafés in Herisau. «Wir haben Gäste, die schon seit Beginn des Trauer- Zusammen mit Pfarrerin Esther Furrer, Seelsorgerin cafés dabei sind. «Manche Gäste sagen: Ich will meine Iris Schmid Hochreutener und einem Freiwilligenteam Familie oder meine Freunde nicht damit belasten, ist sie verantwortlich, dass in der Kulturwerkstatt He- wenn ich die immer gleiche Geschichte erzähle, darum risau Raum für die Trauer eröffnet wird. Der Ort, an komme ich ins Trauercafé.» Hier werde einem zuge- welchem das Trauercafé stattfindet, ist bewusst religiös hört. «Man muss sich im Trauercafé nicht erklären», neutral gewählt. «Wir sind konfessionell ungebunden», würden Gäste etwa sagen, das tue gut. «Die Leute vom aber die evangelisch-reformierte Kirche Herisau und Trauercafé gehen nicht auf die andere Strassenseite, die Seelsorgeeinheit Herisau-Waldstatt-Schwellbrunn wenn sie mich in meiner Trauer sehen.» Manchmal sowie die Pro Senectute unterstützen das Angebot mit würden aus Kontakten durch das Trauercafé Freund- Stellenprozenten, die Gemeinde Herisau ist mit einem schaften entstehen. Gäste würden miteinander kultu- finanziellen Beitrag beteiligt. Das Leiter*innenteam relle Anlässe besuchen oder sich auch mal zum Essen besteht neben Mitarbeiterinnen von Kirchen und Pfle- verabreden. So unterstütze man sich gegenseitig dabei, gefachfrauen, aus einer Kindergärtnerin, einem IT-Spe- sich dem Leben wieder zuzuwenden. zialisten und der Impulsgeberin. «Ich habe grossen Respekt vor den Menschen, die in «Unser Trauercafé hat eine klare Struktur. Wir begin- einem Trauerprozess unterwegs sind», so Hablützel. nen um 17 Uhr und schliessen um 18.30 Uhr mit ei- Um der Aufgabe im Trauercafé gerecht zu werden, nem Schlusswort ab. Nach einem Impuls, etwa einem seien die einzelnen Teammitglieder selbst in ständiger Team Trauercafé: Von links nach rechts: Iris Schmid, Simo- ne Ieropoli, Franziska Gemperle, Silvia Hablüt- zel, Annelies Stadelmann, Erfahrungen Monika Fehr, teilen, mitei- Esther Furrer nander und und hinten voneinander Uwe Spirig. lernen. Quelle: zVg. Quelle: zVg. MAGNET Nr.9/2020 12
Thema zeiten, denn früher oder später seien alle mit dem Tod konfrontiert. Wenn jemand stirbt oder sich das Lebens- ende eines Angehörigen abzeichne, man sich aber nie mit dem Thema Sterben auseinandergesetzt habe, könne das einen total aus der Bahn werfen. Ein Gespräch über den Tod löst oft viel Gutes aus. Das darf man nicht unterschätzen.» Letztlich, so Staub, gehe es um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben. «Je mehr man sich mit dem Sterben auseinan- dersetzt, desto besser kann man mit dem eigenen Sterben umgehen.» Seelsorger*innen und Pfarrer*innen sind oft bei der Beerdigung dabei und gestalten so das Abschiednehmen mit. Damit kann häufig ein guter An- fang im Trauerprozess initiiert wer- Aktive Reflexion über ihre eigene Biografie. Das Vertrauen in den. Nicht selten dauern Trauerprozesse aber länger Auseinander- sich selbst und in die Gäste sei wichtig. Neben spezifi- als gedacht. Am besten wende man sich an die setzung mit schen Weiterbildungen sind Supervision und Intervi- Seelsorger*innen der Pfarrei, respektive der Kirchge- zentralen sion wichtige Instrumente, damit die Teammitglieder meinde, so Staub. Der Umgang mit dem Thema Ster- Lebensfragen. Quelle: zVg. diese anspruchsvolle Aufgabe ausführen können. ben und Tod sei dann schwierig, wenn sich Menschen nicht öffnen könnten. Berührend sei, wenn Menschen Verbundenheit – «Trauern im Pavillon» Appenzell sich berühren lassen. Für die Seelsorgerin und Religi- Einen etwas anderen Rahmen zur Auseinandersetzung onspädagogin geht es in ihrer Arbeit darum, Perspekti- mit Trauer, Tod und Verlust bietet das Angebot «Trau- ven zu öffnen. «Die Auseinandersetzung mit dem Tod ern im Pavillon in Appenzell. Patricia Staub, Religions- kann man nicht aufschieben», so Staub. Und die Aus- pädagogin und Seelsorgerin ist Ansprechperson dieses einandersetzung mit dem Leben ebenso wenig. Gefässes. Die Abende sind geprägt von einem Fachvor- Nicole Bruderer trag rund um das Thema Trauer, Tod, Abschied. Dazu werden Referent*innen aus unterschiedlichen Fachbe- reichen eingeladen. Im Anschluss an den Vortrag gibt Regelmässige Angebote im Appenzellerland es jeweils Zeit und Raum für Fragen der Teilneh- In Herisau: Trauercafé mer*innen. Ausklingen würden die Abende oft in in- Wann: Jeden ersten Donnerstag im Monat formellen persönlicheren Gesprächen. (ausgenommen Feiertage) «Trauern im Pavillon zielt darauf ab, Leute zusam- Zeit: 17.00–18.30 Uhr menzubringen. Miteinander zu reden und Erfahrun- Ort: Kulturwerkstatt Appenzellerland, gen zu teilen ist sehr wichtig», so Staub. Und das ge- Kasernenstrasse 39a, 9100 Herisau lingt auch. An den öffentlichen Abenden mit Impulsre- Info: Sekretariat Evang.-ref. Kirchgemeinde feraten würden zwischen 12 und 20 Personen teilneh- Herisau, 071 354 70 60 men. Je nach Thema seien es ältere oder jüngere Per- sonen oder Menschen aus einem spezifischen Berufs- In Appenzell: Trauern im Pavillon feld. «Die jüngste Person war 14 Jahre, die älteste wohl Wann: 12. November 2020 «Würdevoll bis zum über 80», führt Staub aus und ergänzt, dass trauern Schluss»; 14. Januar 2021 «Theodizee – warum nichts mit dem Alter zu tun habe, sondern eine Verlust- lässt Gott das Leiden zu?»; 4. März 2021 «Wie erfahrung sei immer schmerzhaft. Der Pavillon beim spreche ich mit meinen Angehörigen über den Bürgerheim bietet einen weiten Blick. So sind neben Verstorbenen»; 6. Mai 2021 «Organspende»; der katholischen Kirche auch die evangelische Kirch- 1. Juli 2021 «Was trägt in schwerer Zeit?» gemeinde, das kantonale Spital und Pflegezentrum Ap- Zeit: jeweils 19.00–21.00 Uhr penzell und der Hospiz-Dienst Appenzell an der Durch- Ort: Pavillon des Bürgerheims Appenzell führung von «Trauern im Pavillon» beteiligt. Für die Info: Patricia Staub, 071 787 46 64, Religionspädagogin ist es wichtig, sich mit dem Tod in patricia.staub@moritz.ai.ch seiner Vielfalt auseinanderzusetzen, und zwar zu Leb- 13 MAGNET Nr.9/2020
Thema Wenn die Welt still steht In der Schweiz sterben jährlich rund 700 Kinder ge- Bruder oder ihre jüngere Schwester. Geschwisterkin- gen Ende der Schwangerschaft, unter der Geburt, der drücken ihre Gefühle auf ganz unterschiedlicher oder in der ersten Lebenszeit. Fachleute schätzen Weise aus und möchten gehört werden. Auch hier gilt, zudem, dass etwa jede fünfte bekannte Schwanger- die Kinder einzubeziehen, ihnen den Verlust ihres Ge- schaft durch eine Fehlgeburt in den ersten drei schwisters zuzutrauen und sie nicht durch gut gemein- Schwangerschaftsmonaten endet. Das bedeutet: tes Schonen aussen vor zu lassen. täglich werden zahlreiche Familien mit dem frühen Tod ihres Kindes konfrontiert. Eine kompetente Begleitung als wichtige Hilfe Glücklicherweise gibt es heute immer mehr Angebote Benennen, was ist und darüber reden und auf diesem Gebiet geschulte Fachpersonen, die Noch vor wenigen Jahren waren Eltern, die ihr Kind Betroffene in dieser Krise begleiten. Das Ziel all dieser während Schwangerschaft, Geburt oder erster Lebens- Angebote ist: Die Welt für betroffene Familien wieder zeit verloren haben, sich selbst überlassen. Erst in den zum Drehen bringen – damit sie diese Schicksalsereig- letzten Jahren entwickelte sich zunehmend eine Trau- nis in ihr Leben integrieren und gesund weiterleben erkultur auch für früh verstorbene Kinder und ihre Fa- können – zusammen mit ihrem verstorbenen Kind im milien. Heute wissen wir, dass das häufig gut gemeinte Herzen. Text zVg. kinderverlust.ch, gekürzt Red. Schonen und «Totschweigen» Eltern zusätzlich schwer belasten und in eine noch tiefere Isolation führen kann. Innehalten Wenn die Welt still steht, ist es Zeit innezuhalten. Um Fachstelle kindsverlust.ch aus dem Schock zu finden, um wieder etwas Halt und Seit 2003 ist die Fachstelle kindsverlust.ch das Boden zu spüren, um bewusst Abschied zu nehmen nationale Kompetenzzentrum für eine nachhal- Erfahrungen und um zu lernen, mit der Trauer weiterzuleben. Je tige Unterstützung beim Tod eines Kindes in der teilen, mitei- langsamer und umsichtiger der Abschied geschehen Schwangerschaft, während der Geburt und ers- nander und darf, desto besser kann es den Eltern gelingen, mit dem ter Lebenszeit. voneinander grossen Verlust zu leben. Diese kostbare Zeit des Ken- lernen. nenlernens und Willkommenheissens gibt Raum, um Angebote für betroffene Familien: Quelle: zVg. kindsverlust.ch © danach Schritt für Schritt Abschied nehmen und loslas- – Kostenlose Beratung rund um Kindsverlust Fam Mäusli sen zu können. während der Schwangerschaft, Geburt und erster Lebenszeit – Vermittlung von qualifizierten wohnortnahen Fachpersonen für die weitere Begleitung – Bereitstellung von verschiedenen Informa- tionsbroschüren und Merkblätter wie: Wege bei früher Fehlgeburt, Umgang mit der Mut- termilch nach frühem Kindsverlust, rechtliche Grundlagen rund um Mutterschaftsurlaub, Beisetzung, und mehr – Von erfahrenen Fachpersonen begleitete Gesprächsgruppen für betroffene Eltern Aus- tauschplattformen und Vernetzung für betrof- fene Familien Weitere Informationen unter: Eltern als Eltern begegnen www.kindsverlust.ch, fachstelle@kindsverlust.ch Als Angehörige unterstützen Sie betroffene Eltern am oder Tel 031 333 33 60 besten, indem Sie nicht schweigen und sich nicht ab- wenden. Fragen Sie aktiv nach, bleiben Sie in Kontakt kindsverlust.ch ist eine private Organisation und und nehmen Sie Anteil. Sagen oder schreiben Sie, was freut sich über Ihre Unterstützung! sie fühlen, benennen Sie ihre eigene Sprachlosigkeit Postcheckkonto: 30-708075-5 E-Banking IBAN: und lassen Sie die Eltern erzählen. Wenn bereits ältere CH19 0900 0000 3070 8075 5 Kinder da sind, trauern auch diese um ihren kleinen MAGNET Nr.9/2020 14
Weitblick Der Engel Schauspiel von Silja Walter mit dem Theater 58. Hätte der Erzengel Rafael, im Alten Tes- tament als gottgesandter Reisebegleiter geschildert, die Rolle eines Flüchtlings- helfers einer Familie von Asylsuchen- den, könnte sich dann eine alte Ge- schichte ganz neu entrollen? Sie kann es. Silja Walters Engel will Mensch werden. «Ich will sein wie sie: Ohne Heimat. Geächtet. Verfolgt. Ver- trieben. Dauernd in Angst vor dem Fremdenhass. Wie könnte ich in meine Herrlichkeit zurück und die Menschen zurücklassen, hier, in dieser Welt voller Hass und Not.» Sonntag, 15. November, 19.00 Uhr, Was ist ein Engel? Was ist ein Mensch? evangelische Kirche Heiden. Was würde ein Engel tun, käme er gera- Eintritt frei, Kollekte. Maskenpflicht. de jetzt, in unserer von vielen Kriegen, Regie: André Revelly. Mit Dagmar Lou- von Flüchtlingselend, Fremdenhass bier, Hans Gysi, Lorenzo Polin, Sara und «Ausländer-raus» geprägten Welt Maria Zollinger, Silvan Buess. zur Erde? Technik: Gabie Frotzler unterstützen sie die anstehende Orgel- revision. Erster Anlass: Samstag, 7. November, 19.00 Uhr: «Lauschen ins eigene Inne- re». Werke von Fanny Hensel-Mendels- sohn und Felix Mendelssohn-Bartholdy und Lesung aus Briefen und Tagebü- chern und der Biografie von Sebastian Einstehen für eine gerechtere Welt Hensel. Ausführende: Martin Küssner (Orgel) und Pfarrer Klaus Stahlberger Der Konzernreport (Lesungen). Für die Durchführung des Ein Film über Schweizer Grosskonzer- Regeln wichtig sind, damit Konzerne Anlasses werden die geltenden Corona- ne und ihre Verantwortung im Ausland. für Verfehlungen geradestehen müssen. Massnahmen angewandt. Können Ab- Immer wieder verletzten Konzerne mit stände nicht eingehalten werden, gilt Sitz in der Schweiz die Menschenrech- Anschliessend: Kurzvortrag von Lucre- die Maskenpflicht. te und ignorieren minimale Umwelt- zia Meier-Schatz, Alt-Nationalrätin CVP, Vorschau standards. Der Film lässt Menschen, die St.Gallen, Möglichkeit zur Diskussion. Zweiter Anlass: darunter leiden und geschädigt werden, Mittwoch, 4. November 2020, 19.00 Samstag, 13. März 2021, 19.00 Uhr: zu Wort kommen. Er zeigt, warum klare Uhr, Kino Rosental Heiden. «Musik und Texte zur Passionszeit» Ausführende: Martin Küssner (Orgel), Gerhard Oetiker (Cello) und Pfarrer Hörgenuss Klaus Stahlberger (Lesungen). Dritter Anlass: Musik und Lesung Samstag, 21. August 2021, 19.00 Uhr: In der reformierten Kirche Walzenhau- «Heiteres Sommerkonzert» sen beginnt im November eine Konzer- Musik und Lieder aus verschiedenen treihe zu welcher alle Liebhaber*innen Zeitepochen der Kombination von Musik und Le- Ausführende: Martin Küssner (Orgel), sung ganz herzlich eingeladen sind. Christof Breitenmoser (Tenor) und Pfar- Der Eintritt ist frei, mit Ihrer Kollekte rer Klaus Stahlberger (Lesungen). 15 MAGNET Nr.9/2020
Weitblick Agenda KAPELLE SCHWÄGALP Gottesdienstbeginn jeweils um 9.45 Uhr Winterpause bis Ende März 2021! Die Daten 2021 finden Sie, sobald diese erscheinen, auf www.magnet.jetzt unter Service, Gemeindeseiten, Schwägalp Kirchliche Jugendarbeit www.ref-urnaesch.ch URNÄSCH Vorderland Pfr. Markus Grieder 071 364 11 63 pfarramt-urnaesch@bluewin.ch Dienstag, 27. Oktober Angebote November 19.00 1. Probe Chorprojekt «Adventssingen» im Unterrichtszimmer Anlässe ab der 4. Klasse Sonntag, 1. November Sportnacht in Heiden 8.45 9.30 Jugend-Gottesdienst Gottesdienst, Pfr. Markus Grieder, Kollekte: Asyl-Turnhalle, am Samstag, 7. November 2020 Reformationskollekte. Sonntagsschule von 20.00–23.00 Uhr Freitag, 6. November Zämä si, Sport, Spiel und Spass mitenand erläbä! 19.30 Taizé-Abendgebet Anmeldung bis Dienstag, 3. November Sonntag, 8. November 9.30 Tauf-Gottesdienst mit der 3. Klasse, Pfr. Markus The rhythm of sounds Grieder, Kollekte: Syrisch Orthodoxe Kirche Workshop & Auftritt in Eggersriet mit afrikanischen Schweiz. Sonntagsschule 14.00 Altersnachmittag in der evang. Kirche Instrumenten 21. November, Workshop, 10.00–11.30 Uhr Freitag, 13. November 22. November, Auftritt in der kath. Kirche, 8.15 Uhr 19.30 Taizé-Abendgebet 20.00 Taizé-Treff im Pfarrhaus Anmeldung bis Sonntag, 8. November Sonntag, 15. November Den Flughafen Zürich erleben 9.30 Gottesdienst, Pfr. Markus Grieder, Kollekte: Musik und Kultur, Kirchgemeinde am Samstag, 12. Dezember 2020, von 9.00–16.00 Uhr Sonntagsschule Rundfahrt – Ein Highlight jagt das nächste! Freitag, 20. November Teilnehmerbeitrag Fr. 20.– 15.00 Bibelstunde im WPZ Anmeldung bis Mittwoch, 25. November Samstag, 21. November 9.00 bis 11.00 Kontemplation im Chor der Kirche Anlass 15+ Sonntag, 22. November Ranfttreffen «Feuer und Flamme» 8.45 Jugend-Gottesdienst 9.30 Abendmahls-Gottesdienst Ewigkeitssonntag, 19./20. Dezember 2020, Sarnen/Sachseln Pfr. Markus Grieder, Kollekte: Dargebotene Flüeli-Ranft (OW) Hand Ostschweiz. Sonntagschule An der Erlebnisnacht sind Jugendliche ab 15 Jahren mit ihren Sonntag, 29. November Begleitpersonen zu Fuss unterwegs nach Flüeli-Ranft. Von 9.30 Sonntagsschule Sarnen oder Sachseln machen wir uns auf den Weg. Verschie- 10.45 Ökumenischer Gottesdienst 1. Advent mit dene Stationen und Ateliers laden ein uns mit dem Motto Chorprojekt «Adventssingen», PA Juliane auseinanderzusetzen. Nach einer warmen Suppe steigen wir Schulz und Ellen Schout mitten in der Nacht in die Ranftschlucht hinab und versam- Altersnachmittag meln uns zu einer Feier. In dieser Feier geben sich die 1000 Der Altersnachmittag für die über 65 jährigen Einwohnerin- Anwesenden – als Symbol des Friedens – das Friedenslicht nen und Einwohner von Urnäsch findet am Sonntag, 8. No- weiter. Nach einem kurzen Fussmarsch zurück zum jeweili- vember um 14.00 Uhr in der Evangelischen Kirche Urnäsch gen Standort erhalten alle Teilnehmenden zum Schluss ein statt. Valerie Küng erzählt bodenständige, urchige und Morgenbrot als Stärkung. schicksalsvolle Sagen und Geschichten. Begleitet wird sie von Roland Küng am Hackbrett. Der Zvieri entfällt. Der Fahr- Anmeldung bis Donnerstag, 26. November dienst wird angeboten. Wir bitten um Anmeldung bis Don- nerstag, 5. November 2020, bei Elsbeth Knöpfel Farnebni, Anmeldungen: Telefon 071 364 16 47, e.knoepfel@hotmail.com www.kja-hreg.ch/agenda oder unter Tel. 079 288 45 90 Detailinformationen bekommst du nach Anmeldeschluss «Bisch au debi? Wir freuen uns auf Dich!» www.magnet.jetzt deinTeam kirchliche Jugendarbeit Appenzell reformiert MAGNET Nr.9/2020 16
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