ADHS im Erwachsenenalter - Ein Update zu den Behandlungsempfehlungen Thomas J. Müller
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ADHS im Erwachsenenalter Ein Update zu den Behandlungsempfehlungen Thomas J. Müller Privatklinik Meiringen Universität Bern
Fig. 1 Genetic correlations across psychiatric phenotypes. Polygenic risk factor? The Brainstorm Consortium et al. Science 2018;360:eaap8757
Functional consequences of attention-deficit hyperactivity disorder on children and their families Psychiatry and Clinical Neurosciences, Volume: 70, Issue: 8, Pages: 303-317, First published: 08 April 2016, DOI: (10.1111/pcn.12393)
From: Variable Patterns of Remission From ADHD in the Multimodal Treatment Study of ADHD American Journal of Psychiatry FIGURE 1. Longitudinal and cross-sectional patterns of remission, recovery, and persistence in the Multimodal Treatment Study of ADHD a Bar graphs indicate cross-sectional estimates for persistence, partial remission, and full remission of ADHD; line graphs display longitudinal patterns by time point. We defined recovery as untreated full remission of ADHD that persisted for at least two consecutive assessments without being followed by an episode of recurrence (that is, full remission continued until study endpoint). The green line in the graph thus represents the percentage of participants who had experienced onset of recovery by the corresponding time point. Individuals were classified as displaying stable persistence if they demonstrated persistent ADHD for all assessments to date in the follow-up period. The red line represents the percentage of participants who continued to demonstrate stable persistence at a given time point. Stable partial remission was defined as displaying one classification change from persistent ADHD to partial remission that was maintained until study endpoint. The orange line represents the percentage of participants who had experienced onset of stable partial remission by the corresponding time point. A fluctuating pattern indicated at least two changes to cross-sectional classification since baseline diagnosis of ADHD, in the absence of the recovery pattern. The blue line represents the percentage of participants who met criteria for fluctuating status at a given time point (which precludes also meeting criteria for recovery at any future time point within the study period). Date of download: 10/10/2021 Copyright © American Psychiatric Association. All rights reserved.
Guidelines • The World Federation of ADHD International Consensus Statement: 208 Evidence-based conclusions about the disorder (2021) • Canadian ADHD Resource Alliance (CADDRA) guidelines (2020) • S3- Richtlinien der DGPPN et al. (2018) • National Institute of Health and Care Excellence (NICE) guidelines (2018) • Spanish guidelines (2017)
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Das Syndrom, das wir heute als ADHS bezeichnen, wird in der medizinischen Literatur seit 1775 beschrieben.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 ADHS ist häufiger bei Männern anzutreffen und tritt bei 5,9 % der Jugendlichen und 2,5 % der Erwachsenen auf. Dies wurde in Studien aus Europa, Skandinavien, Australien, Asien, dem Nahen Osten, Südamerika und Nordamerika festgestellt.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Wenn die Diagnose ADHS von einem zugelassenen Arzt gestellt wird, ist sie klar definiert und in jedem Alter gültig, selbst wenn andere psychiatrische Störungen vorliegen, was häufig der Fall ist.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 ADHS wird selten durch einen einzigen genetischen oder umweltbedingten Risikofaktor verursacht, sondern die meisten Fälle von ADHS werden durch die kombinierten Auswirkungen vieler genetischer und umweltbedingter Risiken verursacht, die jeweils nur eine sehr geringe Wirkung haben.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Menschen mit ADHS zeigen häufig Leistungseinbußen bei neuropsychologischen Tests, aber diese Tests können nicht zur Diagnose von ADHS herangezogen werden.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Neuroimaging-Studien zeigen kleine Unterschiede in der Struktur und Funktion des Gehirns zwischen Menschen mit und ohne ADHS. Diese Unterschiede können nicht zur Diagnose von ADHS herangezogen werden.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Menschen mit ADHS haben ein erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit, Asthma, Allergien, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Schlafprobleme, Schuppenflechte, Epilepsie, sexuell übertragbare Infektionen, Anomalien des Auges, Immunstörungen und Stoffwechselstörungen.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Menschen mit ADHS haben ein erhöhtes Risiko für eine geringe Lebensqualität, Drogenkonsum, Unfallverletzungen, schlechte schulische Leistungen, Arbeitslosigkeit, Glücksspiel, Schwangerschaften im Teenageralter, Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme, Straffälligkeit, Selbstmord und vorzeitigen Tod.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Studien zur wirtschaftlichen Belastung zeigen, dass ADHS die Gesellschaft weltweit jedes Jahr Hunderte von Milliarden Dollar kostet.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Zulassungsbehörden auf der ganzen Welt haben festgestellt, dass mehrere Medikamente sicher und wirksam sind, um die Symptome von ADHS zu lindern, wie randomisierte, kontrollierte klinische Studien zeigen.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Die Behandlung mit ADHS-Medikamenten verringert Unfallverletzungen, traumatische Hirnverletzungen, Drogenmissbrauch, Zigarettenkonsum, mangelnde schulische Leistungen, Knochenbrüche, sexuell übertragbare Infektionen, Depressionen, Selbstmord, kriminelle Aktivitäten und Schwangerschaften im Teenageralter.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Die unerwünschten Wirkungen von ADHS-Medikamenten sind in der Regel gering und können durch eine Änderung der Dosis oder des Medikaments behoben werden.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Stimulanzien zur Behandlung von ADHS sind wirksamer als nicht-stimulierende Medikamente, aber auch anfälliger für Missbrauch.
The World Federation of ADHD: International Consensus Statement SCHLAGLICHTER S.V. Faraone et al. Neuroscience and Biobehavioral Reviews 128 (2021) 789–818 Nicht-medikamentöse Behandlungen von ADHS sind weniger wirksam als medikamentöse Behandlungen der ADHS-Symptome, sind aber häufig nützlich, um Probleme zu lösen, die nach der Optimierung der Medikation bestehen bleiben.
Diagnostik
Dirks H et al. ADHS im Erwachsenenalter... Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85: 336–344
DIVA-5 Strukturiertes Interview auf DSM-5-Basis
DGPPN: S3-Richtlinie; 1.1.6 Welche Bedeutung haben testpsychologische Untersuchungen im Rahmen der • neuropsychologischen sowie der Entwicklungs- und Leistungsdiagnostik? • Die Diagnose ADHS soll nicht ausschließlich auf der Grundlage von psychologischen Tests gestellt oder ausgeschlossen werden. • Allerdings können testpsychologische Untersuchungen im Rahmen der Diagnostik ergänzend eingesetzt werden und sind zur Beantwortung spezifischer Fragestellungen notwendig (z.B. bei Seite Verdacht auf schulische Überforderung oder auf Intelligenzminderung, Entwicklungsstörungen oder spezifischen neuropsychologischen Störungen). • Verhaltensbeobachtungen während testpsychologischer Untersuchungen können ergänzende Hinweise auf das Vorliegen einer ADHS-Symptomatik liefern. ADHS- Symptome müssen jedoch nicht notwendigerweise während der Untersuchung auftreten. • Zustimmung zur Empfehlung: ohne COI 100% - alle 100% • Qualität der Evidenz: Expertenkonsens
EEG und ADHS Einzelne Studien zeigen in Stichproben Unterschiede im Bereich von theta- Aktivität (abs. und rel. Power)
ICD-11? 6A06 Attention Deficit Hyperactivity Disorder • Hauptmerkmale – Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität/Impulsivität – «several symptoms ....» – mindestens 6 Monate • vor dem 12. Lebensjahr • Störungen in verschiedenen Lebensbereichen • «Qualifiers»: gegenwärtiges Bild (unaufmerksam, hyperaktiv/impulsiv, kombiniert) • Nicht durch andere Störungen zu erklären
Behandlung Curr Opin Psychiatry 2020, 33:577–585
Behandlungsvoraussetzungen • Die Diagnose ADHS stellt keine zwingende Behandlungsindikation dar! • Abhängig • vom Schweregrad von ADHS • von komorbiden psychiatrischen und somatischen Störungen • von psychosozialen Defiziten • starke Beeinträchtigung in mindestens einem Lebensbereich • leichte Beeinträchtigung in mindestens zwei Lebensbereichen • Bedenke: Ressourcen der Patienten
Medikamentöse Behandlung
Pharmako- dynamik und -kinetik
Pharmakodynamik und –kinetik Methylphenidat (MPH) Dynamik Kinetik • Blockade des DA- und NA- • Orale Bioverfügbarkeit: 30% Transporters (DAT, NET), dadurch • Tmax 2h; t½: Kinder 2-3h; Erw. 2-4h Wiederaufnahmehemmung von DA • Metabolisierung durch und NA aus synaptischem Spalt. Carboxylesterase (CES) • Im Diskriminations-Tierversuch • CYP2D6 ist am Abbau in geringem kann Methylphenidat den Effekt Umfang beteiligt von Amfetamin und Kokain • Veränderung der Kinetik durch ersetzen. andere Formulierungen (OROS; SODAS)... • Ausscheidung renal Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Pharmakodynamik und –kinetik Amphetamine (AMF / LDX) Dynamik Kinetik • sehr gute Absorption über • Blockade des NA- und DA- Peptidtransporter Transporters (NET, DAT), dadurch • Tmax = 2 h (bei Lisdexamfetamin für D- Wiederaufnahmehemmung von DA Amfetamin: 3,5 h, um etwa 1 h verzögert nach fettreicher Mahlzeit); t½ = 8–11 h und NA aus synaptischem Spalt. • Lisdexamfetamin (Prodrug) wird zu D- • Transportervermittelte Freisetzung Amfetamin in Erythrozyten unter hydrolytischer Abspaltung von Lysin von DA und NA aus den umgewandelt. präsynaptischen Vesikeln • Metabolisierung von D-Amfetamin unter Beteiligung von CYP2D6. Metaboliten Norephedrin und 4- Hydroxyamfetaminpharmakologisch aktiv. • Ausscheidung über Urin (fast 100%) und Faeces Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Pharmakodynamik und –kinetik Atomoxetine (ATO) Dynamik Kinetik • hemmt Wiederaufnahme von NA in • sehr gute Absorption das präsynaptische Neuron und • Bioverfügbarkeit 63–94 % erhöht Konzentration von NA im • Tmax = 1–2 h; t½ = 2–5 h, bei poor synaptischen Spalt, besonders im metabolizers von CYP2D6 verlängert präfrontalen Kortex auf 21 h. • Metabolisierung bevorzugt durch • Geringfügige Hemmung der CYP2D6 und nachgeordnet von Wiederaufnahme von Serotonin CYP2C19 • 4-Hydroxyatomoxetin, ebenfalls Inhibitor des NA-Transporters • Ausscheidung über Urin (80%) und Faeces Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Pharmakodynamik und –kinetik Guanfacin (GUA) Dynamik Kinetik • selektiver 2A-adrenerger • Tmax = 3–14 h, t½ = 13–34 h Rezeptoragonist, der die • Verstoffwechselung über eine postsynaptische NA-Übertragung CYP3A4/5-vermittelte Oxidation modifiziert. mit Sulfatierung und • Folglich intrazellulär zu einem Glukuronidierung. Absinken des cAMP-Spiegels und • Hauptmetabolit 3-OH- zu einer Schliessung der HCN- Guanfacinsulfat Kanäle • Elimination erfolgt über Leber und Niere Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Pharmakodynamik und –kinetik Bupoprion (BUP) Dynamik Kinetik • Kombinierter NA- und DA- • Tmax = 5 h, t½ = 9-25 h Wiederaufnahmehemmer • Hauptenzym der Metabolisierung • Minimale Wirkung auf die von Bupropion ist CYP2B6 Serotoninwiederaufnahme • Aktiver Metabolit hauptwirksam: Hydroxybupropion Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Quelle: https://www.adhspedia.de/wiki/Datei:Methylphenidat-Spiegelverlauf.jpg
Hazell P. Pharmacological management of attention-deficit hyperactivity disorder in adolescents: special considerations. CNS Drugs 2007; 21(1): 37-46.
Formulierungen
ADHS im Erwachsenenalter Präparate in der Schweiz Wird erstattet Präparat Substanz Dosis Hersteller Alter Concerta® Methylphenidat 18-72mg Janssen-Cilag -65J. Elvanse® Lisdexamfetamin 30-70mg Opopharma -55J. Focalin® Methylphenidat 5-20mg Novartis -60J. MPH-Mepha & Sandoz Methylphenidat 18-72mg Mepha & Sandoz -65J. Strattera® Atomoxetin 40-100mg EliLilly -50J. Medikinet MR® Kaps Methylphenidat 5-60mg Salmon -65J. Wird (nicht) erstattet Präparat Substanz Dosis Hersteller Alter Adderall® D-&-L-Amphetamin 5-30mg TEVA k. B. Edronax® Reboxetin 4-8mg Pfizer -65J. Ritalin® Methylphenidat 5-60mg Novartis -18J. Wellbutrin® Bupropion 150-300mg GSK k. B. ® Intuniv Guanfacin 1-4mg Shire -1J.
Vor- und Begleituntersuchungen
DGPPN: S3-Richtlinie; 1.1.7 Welche Bedeutung haben Labor- und apparative medizinische Untersuchungen? • Eine routinemäßige Überprüfung von Laborparametern im Rahmen der ADHS-Diagnostik ist nicht erforderlich. • Labor- und apparative Untersuchungen sollen im Vorfeld einer geplanten Pharmakotherapie oder wenn sie für die Abklärung möglicher zugrundeliegender somatischer Erkrankungen oder für differenzialdiagnostische Abklärungen von Bedeutung sind, durchgeführt werden. • Zustimmung zur Empfehlung: ohne COI 100% - alle 100% • Qualität der Evidenz: Expertenkonsens
DGPPN: S3-Richtlinie; 1.4.4.3 • Die Durchführung eines EKGs, nötigenfalls auch Konsultation eines Kardiologen bzw. Kinderkardiologen, sollte dann erfolgen, wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei einer körperlichen Untersuchung Hinweise auf eine Herz-Kreislauferkrankung ergeben oder eine entsprechende familiäre Belastung vorliegt. • Die Voruntersuchungen orientieren sich an häufig auftretenden und relevanten unerwünschten Wirkungen (siehe II.2.4.1.). Da Puls- und Blutdrucksteigerungen sowie Appetitminderung und Auswirkungen auf das Längenwachstum zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählen, wird empfohlen standardmäßig Puls, Blutdruck, Körpergewicht und Körpergröße und bei Kindern und Jugendlichen die entsprechende Altersperzentile zu bestimmen. Da andere unerwünschte Wirkungen seltener auftreten, ist eine standardmäßige Untersuchung vor Beginn einer medikamentösen Therapie nicht empfohlen und sollte im Einzelfall dann durchgeführt werden, wenn sich aus der Anamnese / Familienanamnese oder bei entsprechenden familiären Belastungen Hinweise auf das Vorliegen einer Herz- Kreislauferkrankung ergeben.
Kontrolluntersuchungen (gemäss S3) (1/2) • Engmaschige Erfassung unerwünschter Wirkungen zu Beginn der medikamentösen Behandlung (z. B. wöchentlich) • Mindestens alle 6 Monate Überprüfung, ob Weiterverordnung indiziert (ggf. Auslassversuch) • Bei Kindern und Jugendlichen • Körpergewicht initial nach 3 und 6 Monaten, im weiteren Verlauf alle 6 Monate messen und dokumentieren (Altersperzentilen bestimmen) • Bei signifikanter Beeinträchtigung des Längenwachstums im Zusammenhang mit einer medikamentösen Behandlung mit Stimulanzien ggf. Unterbrechung (z. B. in den Schulferien)
Kontrolluntersuchungen (gemäss S3) (2/2) • Puls- und Blutdruckkontrollen bei Anpassung der Dosierung sowie routinemässig etwa alle 6 Monate • Bei wiederholten Ruhetachykardien, Arrhythmien und/oder erhöhtem systolischen Blutdruck – Dosisreduktion und Überweisung zum (Kinder-) Kardiologen • Bei Auftreten psychotischer Symptome (z.B. Wahn / Halluzinationen) – Absetzen des Präparates und ausführliche psychiatrische Abklärung • Bei neu auftretenden Krampfanfällen oder Exazerbation eines bekannten Krampfleidens – Absetzen des Präparates und Überweisung zum Neurologen/Neuropädiater
Weiter Optionen • Antidepressiva haben einige Hinweise auf Wirksamkeit, sollten aber wegen der häufigen Komorbidität mit einer bipolaren Störung bei erwachsenen ADHS-Patienten mit Vorsicht verschrieben werden. • Metadoxin und Lithium könnten nützliche therapeutische Optionen sein, wenn die Daten zur Wirksamkeit durch gross angelegte placebokontrollierte Studien bestätigt werden. • Für Modafinil zeigte sich keine eindeutige Wirksamkeit bei der Verbesserung der Symptome von Patienten mit ADHS. • Breitere therapeutische Optionen werden potenzielle Arzneimittelinteraktionen oder die Verschlimmerung medizinischer/psychiatrischer Erkrankungen bei Komorbidität mit ADHS bei Erwachsenen begrenzen. Massimiliano Buoli, Marta Serati & Wiepke Cahn (2016) Alternative pharmacological strategies for adult ADHD treatment: a systematic review, Expert Review of Neurotherapeutics, 16:2, 131-144, DOI: 10.1586/14737175.2016.1135735
Wichtigste Nebenwirkungen
Kardiovaskuläre Nebenwirkungen Empfehlungen bei ATO, MPH, AMF (LDX) • Regelmässige Aufzeichnung der Herzfrequenz und des Blutdrucks bei vor der Behandlung, bei Dosisanpassung und während der Behandlung (mindestens alle 3 Monate) • Bei Hypertonus, Tachykardie sowie kardiovaskulären oder zerebrovaskulären Erkrankungen à RR / Puls / EKG (QTc!) • Cave bei Long-QT-Syndrom • «poor metabolizer» für CYP2D6-Enzym oder Begleitmedikation mit einem CYP2D6-Inhibitor à erhöhtes kardiales Risiko Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Suizidalität • Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung möglicherweise ein erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten Bevölkerung. • Eine Meta-Analyse zeigte, dass Atomoxetin, ein nicht-stimulierendes Medikament zur Behandlung von ADHS, das Risiko für Suizidgedanken erhöhen könnte bei Patienten mit ADHS. • Aber: keine Hinweise auf eine insgesamt erhöhte Rate an Suiziden im Zusammenhang mit dem Einsatz von stimulierenden oder nicht- stimulierenden Behandlung mit nicht-stimulierenden Medikamenten bei ADHS 1. Bushe CJ, Savill NC. Suicide related events and attention deficit hyperactivity disorder treatments in children and adolescents: a meta-analysis of atomoxetine and methylphenidate comparator clinical trials. Child Adolesc Psychiatry Ment Health 2013; 7: 19. 2. Chen Q, Sjolander A, Runeson B, D'Onofrio BM, Lichtenstein P, Larsson H. Drug treatment for attention-deficit/hyperactivity disorder and suicidal behaviour: register based study. BMJ 2014; 348: g3769.
Suchtpotential • Allgemein: rechtzeitige und Diagnose-gerechte Gabe erniedrigt Risiko für Substanzmissbrauch; meist keine Dosissteigerungen festzustellen • Aber: Psychostimulanzien haben Sucht- / Missbrauchspotential! • Retardpräparate erniedrigen das Risiko • Ggf. Einsatz von Atomoxetin oder Guanfacin / Antidepressiva wie Bupropion bei komorbider Suchterkrankung Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Senkung der Krampfschwelle • ATO: kein erhöhtes Risiko (Wernicke 2007) • Kinder mit ADHS und Epilepsie zeigen unter MPH kaum erhöhtes Anfallsrisiko • Ergo unter regelmässiger Kontrolle und guter Einstellung der Epilepsie Behandlung mit Stimulans zu verantworten. 1. Wernicke JF, Holdridge KC, Jin L, et al. Seizure risk in patients with attention-deficit-hyperactivity disorder treated with atomoxetine. Dev Med Child Neurol 2007; 49(7): 498-502. 2. Cortese S, Holtmann M, Banaschewski T, et al. Practitioner review: current best practice in the management of adverse events during treatment with ADHD medications in children and adolescents. J Child Psychol Psychiatry 2013; 54(3): 227-46.
Weitere Nebenwirkungen
Interaktionen
Interaktionen • Grundsätzlich immer Interaktionskontrolle, gerade bei älteren Patientinnen und Patienten • AMF, LXD: keine Kombination mit MAO-Hemmern; Vorsicht mit SSRI, TZA, Lithium à Serotoninsyndrom • ATO: Problem mit CYP2D6-Inhibtoren à erhöhte Spiegel; QTc-Verlängerungen; Salbutamol à RR-Steigerung möglich • GUA: Valproat-Spiegelsteigerung; CYP3A4-bezogene Veränderungen des Plasmaspiegels • MPH: ähnlich wie AMF; allg. Verstärkung der NW bei Kombination; am Tage eines chirurgischen Eingriffes nicht verabreichen • Kombinationen zwischen Stimulantia möglich; aber vermehrte, teils gleichsinnig wirkende Nebenwirkungen beachten Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Spiegel
Plasmaspiegelverlauf Lineare Pharmakokinetik bei LDX Boellner SW, Stark JG, Krishnan S, Zhang Y. Pharmacokinetics of lisdexamfetamine dimesylate and its active metabolite, d-amphetamine, with increasing oral doses of lisdexamfetamine dimesylate in children with attention-deficit/hyperactivity disorder: a single-dose, randomized, open-label, crossover study. Clin Ther 2010; 32(2): 252-64.
Analysen und „Normwerte“ gemäss mcl- Labor Substanz Spiegel (Anmerkungen) Einheit Dexmethylphenidat 56.00 - 99.00 nmol/l Methylphenidat 0 - 18 y (26.00 - 112.00) nmol/l 18 y - 150 y (51.00 - 339.00) 150 y altersabhängig Atomoxetin 200.00 - 1000.00 µg/l Guanfacin Bupropion + 2-OH-Bupropion 10.00 - 100.00 µg/l Lisdexamphetamin + Lisdexamphetamin ist ein Prodrug und wird nach der Resorption im Magen-Darm-Trakt zu Amphetamin Dexamphetamin hydrolysiert, welches pharmakologisch aktiv ist. Unsere Methode misst nur das Racemat. Therapeutischer Bereich nicht definiert. µg/l Gemäss pharmakokinetischen Daten werden folgende Konzentrationen erreicht: Talspiegel nach 70mg Lisdexamphetamin: 18.2 +/- 14.2 ug/l Spitzenspiegel (ca. 3-3.5h nach Einnahme): 53.2 +/- 9.6 ug/l (30 mg Lisdexamphetamin), 93.3 +/- 18.2 ug/l (50 mg Lisdexamphetamin), 134 +/- 26.1 ug/l (70mg Lisdexamphetamin).
Genetische Marker? • Cytochrome P450 • Bsp.: Atomoxetin bei poor metabolizers von CYP2D6 Halbwertszeit verlängert auf 21 h • Viele genetische Marker, jedoch zurzeit nicht als Vorhersagemöglichkeit für Ansprechen zu nutzen Contini V, Rovaris DL, Victor MM, Grevet EH, Rohde LA, Bau CH. Pharmacogenetics of response to methylphenidate in adult patients with Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder (ADHD): a systematic review. Eur Neuropsychopharmacol 2013; 23(6): 555-60.
Intoxikationen
Vergiftungen • AMF, LXD: Akzentuierte NW, Hyperpyrexie, Mydriasis, Hyperreflexie, Brustschmerz, Tachykardie, kardiale Arrhythmien, Verwirrung, Panikzust.nde, aggressives Verhalten, Halluzinationen, Delir, Krämpfe, Atemdepression, Koma, Kreislaufkollaps. • ATO: Akzentuierte NW, Somnolenz, Schwindel, Hypertension, Tachykardie. Keine bedrohlichen Intoxikationen bekannt. • GUA: Hypotonie, initiale Hypertonie, Bradykardie, Lethargie, Atemdepression, hämodynamische Instabilität • MPH: Akzentuierte NW, Hyperpyrexie, Hypertonie, tachykarde Herzrhythmusst.rungen, akutes Koronarsyndrom, Herz-Kreislauf-Versagen, Atemdepression, Koma, Delir, Vasospasmen mit der Gefahr der Infarzierung lebenswichtiger Organe Quelle: Heiser P, Benkert O. Medikamente zur Behandlung von ADHS und anderen Entwicklungsstörungen. In: Benkert O, Hippius H, eds. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2021: 759-88.
Wirksamkeit im Vergleich
Summary of effect sizes. Amphetamines / ADHD-symptoms MPH / ADHD-hyperactivity Atomoxetine / ADHD global symp. Stefan Leucht et al. BJP 2012;200:97-106 ©2012 by The Royal College of Psychiatrists
Wirkung im Vergleich (MPH vs. AMF) [%] 2% 13% 16% Weder MPH noch AMF wirkt AMF> AMF=MPH 28% MPH> 41% keine Angaben Arnold LE. Methyiphenidate vs. amphetamine: Comparative review. Journal of Attention Disorders. 2000;3(4):200-211. doi:10.1177/108705470000300403
Verträglichkeit im Vergleich (MPH vs. AMF) Arnold LE. Methyiphenidate vs. amphetamine: Comparative review. Journal of Attention Disorders. 2000;3(4):200-211. doi:10.1177/108705470000300403
„Neue“ Substanzen: Viloxanin (Qelbree™)
Schwangerschaft / Wochenbett
Increasing use of ADHD medications in pregnancy Pharmacoepidemiology and Drug Safety Volume 24, Issue 2, pages 218-220, 28 JAN 2015 DOI: 10.1002/pds.3742 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/pds.3742/full#pds3742-fig-0001
Psychostimulationen Schwangerschaft / Stillzeit • Studienlage unsicher; aber vermehrtes Nutzen von Stimulantia während der Schwangerschaft • Unklar, was Genetik der Eltern und somit des Kindes und was Medikation an sich bedingt • Keine Hinweise auf erhöhtes Missbildungsrisiko während des ersten Trimemons • Hinweise auf perinatale Störungen (u.a. verringertes Geburtsgewicht, vorzeitige Geburten) • Bei leichten bis mittelgradigen Syndromen wird von Stimulantiagabe abgeraten
Schwangerschaft / Wochenbett Methylphenidat (MPH) Erfahrungsumfang: SEHR HOCH 1. Trimenon • kein Hinweis auf Teratogenität 2.-3. Trimenon / Perinatal • beim Neugeborenen Anpassungsstörungen in der Regel die ersten Tage nach der Geburt • Bei Missbrauch erhöhte Rate an Frühgeburtlichkeit und intrauteriner Wachstumsretardierung Stillzeit • bei Monotherapie und guter Beobachtung des Kindes unter Vorbehalt akzeptabel. Insbesondere sollte auf eine reguläre Gewichtszunahme geachtet werden. Empfehlung • Fortsetzung der Methylphenidat-Medikation in der Schwangerschaft sollte kritisch geprüft werden • könnte die Verwendung noradrenerger Substanzen erwogen werden, die in der Schwangerschaft besser untersucht sind (vor allem Bupropion und Venlafaxin) Quelle: https://www.embryotox.de/arzneimittel/details/methylphenidat/
Schwangerschaft / Wochenbett Atomoxetine (ATO) Erfahrungsumfang: GERING 1. Trimenon • kein Hinweis auf Teratogenität, aber schlechte Datenlage 2.-3. Trimenon / Perinatal • beim Neugeborenen Anpassungsstörungen • Schlechte Datenlage Stillzeit • Schlechte Datenlage • Das Stillen unter Atomoxetin ist kritisch zu beurteilen, da Atomoxetin aufgrund seiner Lipophilie vermutlich in die Milch übergeht und bisher keine Erfahrungen vorliegen. Die hohe Proteinbindung spricht allerdings eher gegen einen ausgeprägten Transfer in die Muttermilch. Empfehlung • Auf die Verwendung von Atomoxetin sollte während der Schwangerschaft möglichst verzichtet werden. Quelle: https://www.embryotox.de/arzneimittel/details/atomoxetin/
Schwangerschaft / Wochenbett Bupoprion (BUP) Erfahrungsumfang: SEHR HOCH 1. Trimenon • Studienergebnisse gegen ein erhöhtes Gesamtfehlbildungsrisiko und gegen ein erhöhtes Risiko für die Gesamtgruppe kardialer Fehlbildungen. • die in den Fall-Kontroll-Studien gefundenen positiven Assoziationen zu einzelnen kardialen Fehlbildungen in Folgestudien jeweils nicht bestätigt 2.-3. Trimenon / Perinatal • Bei Einnahme bis zur Geburt sind beim Neugeborenen Anpassungsstörungen möglich, die mit neurologischen, gastrointestinalen und respiratorischen Symptomen einhergehen können. Stillzeit • Stillen ist bei Monotherapie und guter Beobachtung des Kindes unter Vorbehalt akzeptabel Empfehlung • Bei medikamentöser Neueinstellung sollten zunächst die am besten untersuchten Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer Sertralin und Citalopram bevorzugt werden. • Wenn diese nicht infrage kommen, kann Bupropion auch bei Kinderwunsch oder in der Schwangerschaft verordnet werden. • Zur Raucherentwöhnung kann Bupropion als medikamentöse Behandlung im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans nach kritischer Indikationsstellung akzeptabel sein. Quelle: https://www.embryotox.de/arzneimittel/details/bupropion/
Behandlung (50-)65+
Grundsätzliches • Wenig Studien über 65 Jahre • Wichtigste Erkenntnisse • Gute somatische Vorabklärung und regelmässige Kontrollen • Ggf. Anpassung von Dosierungen nach Präparat, Alter, weitere Medikamente • Besonders kardiovaskuläre Probleme zu berücksichtigen • Aber: im Allgemeinen gute Verträglichkeit Torgersen T, Gjervan B, Lensing MB, Rasmussen K. Optimal management of ADHD in older adults. Neuropsychiatr Dis Treat 2016; 12: 79-87.
Langzeitfolgen?
Herzfrequenz Diastolischer Blutdruck
From: Methylphenidate and Risk of Serious Cardiovascular Events in Adults American Journal of Psychiatry FIGURE 1. Propensity Score-Adjusted Hazard Ratios for Events of Interest in New Methylphenidate Users Compared With Matched Comparison Subjects Who Did Not Use Methylphenidate, Amphetamines, or Atomoxetine Date of download: Copyright © American Psychiatric Association. 03/22/2021 All rights reserved.
Study Cohorts, According to Site. Cooper WO et al. N Engl J Med 2011;365:1896-1904.
Adjusted Rates of Serious Cardiovascular Events, According to the Use of ADHD Drugs. Cooper WO et al. N Engl J Med 2011;365:1896-1904.
Adjusted Hazard Ratios for Individual Cardiovascular End Points, According to the Use of ADHD Drugs. Cooper WO et al. N Engl J Med 2011;365:1896-1904.
Alternative Analyses with Adjusted Hazard Ratios for Serious Cardiovascular Events, According to the Use of ADHD Drugs. Cooper WO et al. N Engl J Med 2011;365:1896-1904.
Und nun? Welches Präparat für wen...
ADHS im Erwachsenenalter: wann, welches Präparat? • Grundsätzlich gemäss Compendium: MPH à ATO à LDA • bei Vorbehandlung im Kindesalter: Fortführen der wirksamen Therapie • Komorbide Störungen • Suchterkrankung: eher ATO / LDA • bipolare Störung: Phasenprophylaxe zwingend • schizophrene Störung: ATO • depressive Störung und nicht schwer ausgepägtes ADHS: Bupropion, evtl. Venlafaxin • Hypertonus: Guanfacin (?) • Mangelnde Wirksamkeit von MPH: LDA, Amphetamine
Auswahl von geeigneten Präparaten Retz W, Retz-Junginger P, Davydenko S, Rosler M. [Pharmacotherapy of attention deficit hyperactivity disorder in adults]. Nervenarzt. 2020; 91(7): 583-90.
Nicht-pharmakologische Interventionen Erinnerung: nur 50-70% der medikamentösen Therapie erfolgreich!
Psychoedukation • Gemäss S3-Richtlinien am Anfang jeder Behandlung • Aufklärung über die Hintergründe der Erkrankung • Erarbeitung eines individuellen Konzepts der Störung • Auch über Apps, Bsp.: www.awareme.de
Psychotherapie • Behandlung der Komorbiditäten • Einzel- wie Gruppensetting untersucht und wirksam • KVT: Bearbeitung dysfunktionaler Denkschemata und Verhaltensweisen • Auch Nutzung von DBT-Ansätzen (Affektregulation / Impulsivität) • Einsatz von achtsamkeitsbasierten Ansätzen (MBSR, MBCT, ACT) • Nachhaltigkeit der PT-Verfahren bis über 1.5 Jahre nachgewiesen
Neurofeedback und technische Verfahren • Neurofeedback dient der Wahrnehmung der eigenen Hirnaktivität à operante Konditionierung • Aber: Wirkung bei Erwachsenen unsicher; wahrscheinlich Bias durch Erwartungshaltung • Andere Techniken wie TMS und tDCS mit für klinischen Einsatz dünner Datenlage
Zusammenfassung • Medikamente zur Behandlung von ADHS • haben eine teils hohe Wirksamkeit • haben vergleichsweise gute Nebenwirkungsprofile • zeigen wenig relevante Interaktionen • sind in allen Altersgruppen gut anzuwenden • Aber • Gute Begleitung und Überwachung notwendig; ggf. Auslassversuche • Psychoedukation und indikationsbezogene Psychotherapie als wichtige Pfeiler der Behandlung • Ggf. Coaching
Besten Dank!
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