AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden

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AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
WohnWERT Gaarden

AK TIVIERUNG
PRIVATER
EIGENTÜMER UND
INVESTITIONEN
DOKUMENTATION TEIL 2

                       Eigentum. Schutz. Gemeinschaft.
                       Verein Kiel
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
Impressum / Kontakte / Lenkungsgruppe                                                                                           Inhaltsverzeichnis

Projektträger / Auftraggeber                                   Landeshauptstadt Kiel                                            1.0  Grußwort Innenministerium Schleswig-Holstein               5   3
                                                                 Martin Reinhart                                                     Grußwort Landeshauptstadt Kiel                             6
  Haus & Grund Kiel und Umgegend e.V.                            Amt für Wohnen + Grundsicherung I Stresemannplatz 5                 Grußwort Haus & Grund Kiel                                 7
  Sönke Bergemann                                                24103 Kiel                                                     2.0 Kurzüberblick und Ziele von WohnWERT Gaarden                9
  Sophienblatt 3                                                 T.0431. 901 10 55                                              3.0 Ausgangssituation und Handlungsbedarf                      11
  24103 Kiel                                                     martin.reinhart@kiel.de                                        4.0 Das Modellprojekt WohnWERT Gaarden –
  T. 0431. 66 36 115                                                                                                                 Aktivierung privater Eigentümer und Investitionen         13
  soenke.bergemann@haus-und-grund-kiel.de                         Christoph Adloff                                              5.0 Eigentümergespräche – Grundlage von WohnWERT Gaarden       15
                                                                  Lokale Ökonomie + Quartierentwicklung                         6.0 Selbstorganisation der WohnWERT Initiative                 17
Fördergeber                                                       Fleethörn 9                                                        Emailleschilder – zeigen Haltung und verpflichten         19
                                                                  4103 Kiel                                                     6.1 Eigentümertreffen an vielen Orten                          19
  Ministerium für Inneres, ländliche Räume,                       T. 0431. 901 3035                                                  Aufstellung der Eigentümertreffen                         22
  Integration und Gleichstellung SH                               christoph.adloff@kiel.de                                      6.2 Vernetzung von WohnWERT im Stadtteil Gaarden               23
  Dr. Maik Krüger                                                                                                               7.0 Problemimmobilien – herausgeforderte Nachbarschaft         25
  Referent Wohnraumförderung                                   Investitionsbank Schleswig-Holstein                                   Lebensbedingungen von Roma in Rumänien                    28
  Düsternbrooker Weg 92                                           Gerhard Petermann                                             8.0 Kopenhagenreise - Inspiration für die Konzeptentwicklung   31
  24105 Kiel                                                      Fleethörn 29 - 31                                                  Grüne Innenhöfe für Kiel Gaarden?                         36
  T. 0431. 988 3217                                               24103 Kiel                                                    9.0 Maßnahmen im Quartier und Gaarden10                        39
  maik.krueger@im.landsh.de                                       T. 0431. 9905 3315                                            9.1 Kulturläden – statt Leerstand                              41
                                                                  gerhard.petermann@ib-sh.de                                    9.2 Streetart – belebt und verhindert Graffiti                 45
Projektkoordinator                                                                                                              9.3 Wohn.Kontakt.Stelle – aus Gaarden für Kiel                 47
                                                               Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.                   10.0 Baumaßnahmen und Motivation zur Sanierung                 49
  dau-schmidt.tornow stadtentwicklung und moderation             Dietmar Walberg                                                     Noch eins draufgesetzt – Baumaßnahme Nottelmann           53
  Wulf Dau-Schmidt                                               Walkerdamm 17                                                  11.0 Fazit und Ausblick                                        55
  Schillerstr. 4, 24116 Kiel                                     24103 Kiel
  T. 0431. 55 63 52                                              T. 0431. 663 69 0
  dauschmidt@gmx.de                                              dwalberg@arge-sh.de

                                                               Büro Soziale Stadt Gaarden
                                                                 Anna Neugebauer
                                                                 Vinetaplatz 2
                                                                 24113 Kiel
                                                                 T. 0431. 979 953 46
                                                                 anna.neugebauer@kieler-ostufer.de

                                                               Bearbeitung, Fotos und Design
                                                                 Wulf Dau-Schmidt
                                                                 designbüro päpke hh/kiel

Das Modellprojekt »WohnWert Gaarden« wurde vom Ministerium     Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die Darstellung der weib-
für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-    lichen Form verzichtet. Die Verwendung der männlichen Form
Holstein/ Referat Wohnraumförderung gefördert. Die Durch-      impliziert jedoch stets die gleichzeitige Berücksichtigung der
führung erfolgte in Kooperation mit den drei Projektpartnern   weiblichen Form.
Landeshauptstadt Kiel, Investitionsbank Schleswig-Holstein,
Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen SH.                  Kiel, ©2021
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
Grußwort Frau Kristina Herbst, Staatssekretärin im Ministerium für Inneres,
    ländliche Räume, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein

4   WohnWERT Gaarden Grußwort                                                                                                                 5

    Quartiersentwicklung gelingt nicht von heute auf morgen. Sie          Das breite Angebot weit gefächerter Beratungsangebote der Ko-
    braucht kreative Ideen, die mit einem langen Atem von möglichst       operationspartner stellt dem Projekt und den Teilnehmenden zur
    vielen Akteuren gemeinsam verfolgt und zielgerichtet umgesetzt        Realisierung eigener Vorhaben die nötigen Instrumente zur Seite.
    werden. Für solche Projekte steht beispielhaft »WohnWERT Gaar-        Deren Kooperation erweist sich als fruchtbares Modell, um eine
    den“. Es wurde vor mittlerweile sieben Jahren von Haus-, Woh-         proaktive Quartiersentwicklung in Gaarden und möglicherweise
    nungs- und Grundeigentümerverein aus Kiel und Umgegend e.V.           zukünftig auch in anderen Vierteln voranzutreiben. Die mit dieser
    ins Leben gerufen, gefördert durch das Ministerium für Inneres,       Broschüre vorliegende Dokumentation liefert einen Überblick
    ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig Holstein.        über das breite Aktivitätsfeld von WohnWERT und die Ambitio-
    Ziel des Projektes ist die aktive Einbindung der Immobilieneigen-     nen für ein zukunftsfähiges Gaarden.
    tümer in eine zukunftsfähige Quartiersentwicklung in Gaarden.
                                                                          Ich wünsche der Broschüre eine zahlreiche Leserschaft in Kiel-
    Hinter »WohnWERT Gaarden« verbirgt sich im Kern eine gemein-          Gaarden und weit darüber hinaus.
    same Vision für Gaarden. Über eine proaktive Sanierungspolitik
    soll eine Aufwertung des gesamten Stadtteils erreicht werden
    – mit Erfolg! Nach sieben Jahren zeigt sich, dass die intensive Be-   Kristina Herbst
    ratung durch die Moderatoren von Haus & Grund sowie die Unter-        Staatssekretärin im Ministerium für Inneres, ländliche Räume,
    stützung durch die Landeshauptstadt Kiel, die Investitionsbank        Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein
    Schleswig-Holstein und die Arbeitsgemeinschaft für Zeitgemäßes
    Bauen spürbar Früchte trägt.

    Der große Mehrwert des Projekts liegt darin, dass gemeinsame
    Interessen der Gaardener Immobilieneigentümer an einer kons-
    truktiven Quartiersentwicklung gebündelt werden. Deren aktive
    Vernetzung fördert die Kommunikation und trägt durch die Ver-
    mittlung von Erfahrungswerten zu einem wertvollen Wissensaus-
    tausch bei. Im Rahmen der mittlerweile 26 stattgefundenen Tref-
    fen wurden vielschichtige Tätigkeitsfelder engagiert bearbeitet.
    Beispielsweise konnte der Straßenraum durch die Reaktivierung
    von Ladengeschäften aufgewertet werden. Auch Bestrebungen
    zu einer stärkeren energetischen Gebäudesanierung unter den
    Mitgliedern von Haus & Grund brachten in jüngster Zeit Erfolge.
    Durch verstärktes Engagement im sozialen wie ökologischen
    und ökonomischen Bereich wird ein ganzheitliches Konzept zur
    Verbesserung der Attraktivität des Viertels verfolgt. Dieses be-
    reichert sowohl Kiel als Landeshauptstadt als auch Schleswig-Hol-
    stein insgesamt.
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
Grußwort Landeshauptstadt Kiel                                                                                                         Grußwort Haus & Grund Kiel

6   Stadtentwicklung braucht nicht nur staatliche Förderung, son-        Als wohl wichtigste Erfahrung aus dem über viele Jahre andau-     Mit dem Teil 2 der Dokumentation zum Projekt »WohnWERT               die jeweils andere Seite erforderlich, um vertrauensvoll zusam-     7
    dern und gerade eben auch privates Engagement auf allen              ernden Prozess hat die Landeshauptstadt Kiel die Erkenntnis ge-   Gaarden« geben wir Ihnen einen Bericht aus der Arbeit des Vor-       menzuarbeiten und neue Wege in der Eigentümeransprache zu
    Ebenen. Deswegen hat sich die Landeshauptstadt Kiel auch sehr        zogen, dass Stadtteilentwicklung Zeit und langen Atem braucht.    habens. Mit dem Ziel der Aktivierung und stärkeren Einbindung        gehen.
    gerne mit dem Haus- Wohnungs- und Grundeigentümerverein              Entwicklungen lassen sich nicht einfach umstellen. Dafür kom-     privater Immobilieneigentümer*innen in die Quartiersentwick-
    von Kiel und Umgebung e.V. auf den Weg gemacht, sich in dem          men zu viele Variablen zusammen. Aber es hat sich auch gezeigt,   lung und Bestandsauf wertung hat der Eigentümerverein Haus &         Haus & Grund hat sich als Partner in der Stadt- und Quartiersent-
    Bundesvorhaben »Kooperation im Quartier« zu engagieren. Lei-         dass es Menschen und Institutionen gibt, die diesen Langmut       Grund Kiel im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Bundes-       wicklung bewährt und alle Beteiligten können davon profitieren.
    der wurde uns im November 2011 ein abschlägiger Bescheid für         mitbringen.                                                       angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein gemeinsam mit          Stadt- und Quartiersentwicklung mit Haus & Grund ist ein wichti-
    die Fördermittel erteilt. Alle Partner am Tisch, darunter auch das                                                                     den Partnern Landeshauptstadt Kiel, Investitionsbank Schleswig-      ges Betätigungsfeld. Wenn bis in die jüngere Vergangenheit die
    Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein und die Inves-        In diesem Sinne wünschen wir allen Beteiligten weiterhin gutes    Holstein und der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.      Rechtsberatung der Einzelimmobilie und deren Bewirtschaftung
    titionsbank Schleswig-Holstein, waren sich seinerzeit sicher, dass   Gelingen und versichern Ihnen als Landeshauptstadt Kiel, Sie      das Projekt gestartet. Parallel hatte das Bundesinstitut für Bau-,   im Fokus stand, so war das bei wachsender Wohnungsnachfrage
    die Überlegungen zu dem Konzept zu weit gediehen waren, als          weiterhin als Partnerin zu unterstützen.                          Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministe-        in funktionierenden Quartieren ausreichend. Fehlende Aufmerk-
    sie in der Schublade verschwinden zu lassen.                                                                                           riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) das neue         samkeit von Seiten der Politik im Bereich der Stadtentwicklung
                                                                                                                                           Forschungsfeld des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus          für die privaten Immobilieneigentümer*innen tat ein Übriges.
    Kurzerhand bewilligte das Innenministerium das nun umbenann-         Gerwin Stöcken                                                    (ExWoSt) »Kooperation im Quartier mit privaten Eigentümern zur       Sich ändernde Rahmenbedingungen in der Stadt- und Quartiers-
    te Projekt »Wohnwert Gaarden« mit eigenen Mitteln und Haus &         Dezernent für Soziales, Gesundheit, Wohnen und Sport              Wertsicherung innerstädtischer Immobilien (KIQ)« eingerichtet.       entwicklung erzeugen nun aber einen Handlungsdruck. Alle Part-
    Grund übernahm die Trägerschaft, um ein breites Bündnis von                                                                            Deren Abschlussbericht ist bereits im März 2015 veröffentlicht       ner in einem Quartier sind daher gut beraten im engen Kontakt
    Eigentümerinnen und Eigentümern in Gaarden aufzustellen. Ziel                                                                          worden.                                                              und im vertrauensvollen Austausch sinnvoll und erfolgreich zu
    sollte es sein, sich gemeinsam für eine lebenswertere Stadtteil-                                                                                                                                            kooperieren. WohnWERT Gaarden zeigt, wie vielfältig die Aufga-
    welt zu engagieren.                                                                                                                    Bei WohnWERT Gaarden war nicht nur schnell die Erkenntnis            ben und Instrumente sein können.
                                                                                                                                           vorhanden, dass für eine er folgreiche Quartiersentwicklung die
    Bis heute haben sich viele Eigentümerinnen und Eigentümer in                                                                           Beteiligung der privaten Eigentümer*innen notwendig ist und          Haus & Grund als neuer Akteur in der Quartiersentwicklung ist
    die Diskussion um einen besseren Stadtteil eingebracht. Aus den                                                                        ihnen eine Schlüsselrolle zukommt, sondern auch, dass das            bereit, hier Verantwortung zu übernehmen. Als langjähriger
    Gesprächen konnten wichtige Erkenntnisse gezogen werden, wie                                                                           mehr Zeit in Anspruch nimmt als ursprünglich geplant. Nach           und vertrauenswürdiger Ansprechpartner der Immoblieneigen-
    das Umfeld im Kirchenweg und in der Elisabethstraße aussieht                                                                           der Sensibilisierung und Aktivierung (Teil 1 der Dokumentation)      tümer*innen ist Haus & Grund ein wichtiger »Türöffner“. Die
    und was geschehen sollte. Den Gesprächen sind auch Taten ge-                                                                           stand zunächst die Beratung im Vordergrund. Hier ging es um          Ansprache der Eigentümer*innen, die Aktivierung, Beratung,
    folgt, die einen Anfang darstellen.                                                                                                    die Weitergabe von fachspezifischen Informationen und indivi-        Koordination des Projekts und die Organisation und Moderation
                                                                                                                                           duellen Problemlösungen mit dem Ziel, konkrete Investitionen         von Veranstaltungen können zu den Tätigkeitsbereichen von
                                                                                                                                           auszulösen sowie einem konkreten Informationsbedarf der Eigen-       Haus & Grund gehören.
                                                                                                                                           tümer*innen zu entsprechen. Es zeichnete sich deutlich ab, dass
                                                                                                                                           individuelle und aktive Beratungen zwar erheblich aufwändiger        Die Finanzierung der in einem solchen Projekt anfallenden Auf-
                                                                                                                                           waren, dafür aber umso erfolgreicher. Hier waren neben Haus &        gaben ist nicht zu vernachlässigen. Sowohl auf der Ebene der
                                                                                                                                           Grund und dem im Auftrag vom Eigentümerverein arbeitenden            Kooperationspartner als auch bei den Investitionen bedarf es
                                                                                                                                           Wulf Dau-Schmidt besonders die Arge und die IB.SH gefordert.         unterstützender Förderung. Denn eines ist klar: Kooperation im
                                                                                                                                           Daneben sind Angebote, die sich an eine große Anzahl von Eigen-      Quartier gibt es nicht umsonst.
                                                                                                                                           tümer*innen richten (Quartiersspaziergänge, Vorträge, Stammti-
                                                                                                                                           sche) von großer Bedeutung. Sie füllen das Projekt mit Leben und
                                                                                                                                           geben eine Identität.                                                Sönke Bergemann
                                                                                                                                                                                                                Haus & Grund Kiel
                                                                                                                                           Für die Zukunft ist es empfehlenswert, solche Kooperationen
                                                                                                                                           zwischen privaten Eigentümer*innen, der Stadt Kiel und Haus &
                                                                                                                                           Grund angepasst an die jeweiligen Bedarfe und Möglichkeiten
                                                                                                                                           fest zu etablieren. Bereits während der Anbahnung einer konkre-
                                                                                                                                           ten Kooperation im Quartier ist es wichtig, den Eigentümerverein
                                                                                                                                           Haus & Grund systematisch einzubinden. Sowohl auf Seiten der
                                                                                                                                           Stadt als auch bei Haus & Grund ist ein neues Verständnis für
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
2. Kurzüberblick und Ziele von WohnWERT Gaarden

8     Die Grundlage für die Förderung von WohnWERT Gaarden basiert         Das Modellvorhaben unter dem Titel »Kooperation im Quartier          9
      auf dem Wunsch, Eigentümer von Miethäusern dazu zu motivie-          mit privaten Eigentümern zur Wertsicherung innerstädtische Im-
      ren, in ihre Häuser zu investieren, sie energetisch zu ertüchtigen   mobilien« sollte versuchsweise in den zwei Straßen angewendet
      und größere Barrierefreiheit herzustellen. Die Wohnraumförde-        und nach einigen Jahren ausgewertet werden.
      rung des Landes, die Förderinstitute und der Haus & Grundeigen-
      tümerverein|Kiel und Umgegend sind zu der Erkenntnis gelangt,        Die Ziele des Verfahrens waren laut Förderantrag (verkürzt):
      dass es gerade im privaten kleinteiligen Mietwohnungssektor auf
      diesem Gebiet einen großen Nachholbedarf gibt.                       • Förderung der Investitionsbereitschaft und Benennung von
                                                                             Sanierungsobjekten
      Die Innenstädte Schleswig-Holsteins werden genau durch diese         • Entwicklung von Sanierungskonzepten und Ermittlung von
      kleinteiligen Mietwohnungsangebote geprägt. Der Wohnungs-              Sanierungskosten
      bedarf der wachsenden Marinestadt Kiel wurde vor 120 Jahren          • Entwicklung von Kommunikationsmodellen
      überwiegend durch private Investitionen gedeckt. Ergänzt             • Sanierungsdurchführung unter Einbindung der Mieterschaft
      wurde er durch Werkswohnungsbau großer Unternehmen, die              • Evaluation unter kritischer Überprüfung des modellhaften
      inzwischen alle privatisiert worden sind. Die Bestände genossen-       Verfahrensablaufs
      schaftlicher und größerer privater Wohnungsunternehmen liegen
      als Stadterweiterungsgebiete vorwiegend in den Randbereichen         Eine Befragungsaktion durch das Büro plusfünf, Dr. Volker Zahn,
      der Städte. Schon seit Jahren nehmen diese Unternehmen För-          wurde vorgeschaltet, die teils schriftlich, teils im direkten Ge-
      derungen von Land und Bund in Anspruch, um ihre Gebäude zu           spräch viele engagierte Eigentümer erreichte. Schon in dieser
      ertüchtigen. Gleichzeitig wurden für einige dieser Bestände auch     Interviewrunde wurde deutlich, dass bei den Vermietern Stim-
      erneute Sozialbindungen vertraglich fixiert.                         mungslage, Sicherheit und Nachbarschaft im Quartier höher
                                                                           bewertet wurden als die Notwendigkeit zu sanieren oder aus-
      Im kleinteiligen privaten Mietwohnungssektor schleswig-hol-          zubauen. Daher wurden die investiven Ziele nur zu einem sehr
      steinischer Innenstädte jedoch wurden diese Angebote kaum            kleinen Teil erfüllt. Die Befragungsaktion bot die Grundlage für
      angenommen. Die etwa 100jährige Bausubstanz in Kiel Gaarden          das weitere Engagement der Eigentümer. Die Dokumentation 1
      wird zwar in einem vermietfähigen Zustand gehalten, Toiletten        von WohnWERT Gaarden präsentiert diesen Verlauf.
      auf halber Treppe wurden überwiegend durch kleine Bäder in
      den Wohnungen ersetzt. Etagen- oder Zentralheizungsanlagen           Der Handlungsdruck in die Bausubstanz investieren zu müssen,
      existieren und auch die Fenster wurden schon vor ca. 40 Jahren       schien und scheint immer noch bei einer Vollvermietung, wie sie
      ausgetauscht. Doch nur wenige Vermieter engagierten sich direkt      in Gaarden der Fall ist, nicht sehr groß zu sein. Einige Vermieter
      für die Umsetzung weiterer energetischer Maßnahmen, für die          folgen jedoch ihrer eigenen Agenda, sanieren, setzen instand
      Schaffung von Barrierefreiheit oder die Gestaltung vom Wohn-         und bauen aus. Das geschieht manchmal auch, um den Über-
      umfeld.                                                              gang des Gebäudes in die nächste Eigentümergeneration zu si-
                                                                           chern. Auch verwahrloste Gebäude wurden von WohnWERT Ver-
      Ziel von WohnWERT Gaarden war es, im zentralen Gaarden, be-          mietern neu erworben und mussten, bevor eine zukunftssichere
      sonders in der Elisabethstraße und im Kirchenweg, engagierte         Sanierung umgesetzt wird, zuerst auf ein durchschnittliches
      Vermieter für gemeinsames Handeln zu gewinnen. Ihre Aktivitä-        Qualitätsniveau gebracht werden. Öffentliche Förderung wurde
      ten sollten dazu führen, auch in benachbarten Straßenzügen Zei-      dafür meist nicht in Anspruch genommen. Innerhalb der Eigentü-
      chen setzen zu können. Angestrebt war, durch bauliche und öko-       mergruppe wurde erkannt, dass andere Themen als Sanieren und
      nomische Beratung Eigentümer zu finden, die ihre Mietshäuser         Modernisieren priorisiert werden mussten.
      so sanieren, dass diese die nächsten Jahrzehnte baukonstruktiv,
      energetisch und nachfrageorientiert betrieben werden können.         In WohnWERT Gaarden haben überwiegend die Vermieter zu-
                                                                           sammengefunden, denen neben ihren Gebäuden und den Mie-
                                                                           tern auch am Stadtteil gelegen ist. Das heißt der Blick aufs Um-
                                                                           feld und den Kontext beeinflusst ihr Interesse und ihr Handeln.
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3. Ausgangssituation und Handlungsbedarf

10                                                                                                                                                                                                                                                                                          11

     Zu Beginn der Projektphase kannten sich nur wenige Vermieter        zu Einrichtungen wie Polizei, Feuerwehr und Entsorgungsbetrieb.       Der Stadtteil Gaarden ist im Zuge der Industrialisierung ab           Die Mehrheit der Wohnungen in Gaarden sind Mietwohnungen:
     und man nutzte die ersten Treffen dazu, sich gegenseitig in den     Ganz entscheidend war der Austausch mit Referenten für Wohn-          Ende des 19. Jahrhunderts auf der Ostseite der Kieler Förde           42% befinden sich Besitz privater Eigentümer, 20% gehören
     Mietobjekten oder den Hinterhöfen zu besuchen. Aus Erfahrungs-      raum- und Städtebauförderung, dem Sozialdezernenten und               entstanden. Lange Zeit war Gaarden durch die Werftindustrie           Wohnungsunternehmen. Der Anteil geförderter Wohnungen liegt
     austausch wurde bei einigen ein Vertrauensverhältnis mit gegen-     der Baudezernentin der Stadt Kiel und dem Innenminister des           geprägt. In Hochzeiten wie Ende der 1960er Jahre arbeiteten hier      mit 12,1% über dem Kieler Durchschnitt. Etwa die Hälfte der Woh-
     seitiger Beratung in Vermietungs- und Modernisierungsfragen.        Landes.                                                               21.650 Menschen, von denen die meisten im Stadtteil wohnten.          nungen weist einen Modernisierungs- bzw. Sanierungsbedarf
     Das Wissen über den Stadtteil wurde dadurch gestärkt, dass die                                                                            Gaarden hatte eine für Gründerzeitviertel typische Baustruktur        auf. (WohnWert Gaarden Dokumentation Teil 1)
     Eigentümertreffen an 13 unterschiedlichen Orten, bei Vereinen,      Im Laufe der Jahre wurde erkannt, dass die selbstgesteckten Ziele     mit 5-geschossiger Blockrandbebauung und eine gemischte
     in Hinterhöfen, in Kneipen, in öffentlichen Einrichtungen und bei   des Modellvorhabens, nämlich auf die Motivation zur Investition       Nutzung mit Betrieben in den Innenhöfen und Geschäften in             In den letzten drei Jahrzehnten hat es in Gaarden verschiedene
     Organisationen für Migranten stattgefunden haben. Von Beginn        in Gebäude zu setzen, wegen der sehr geringen Nachfrage nicht         den Erdgeschosszonen. Während im Zweiten Weltkrieg die Rand-          öffentlich geförderte Sanierungsverfahren gegeben. Mitte der
     an thematisierten die Treffen Verwahrlosungstendenzen, speku-       erreicht werden können. Die Erkenntnis, dass es in Gaarden eines      bereiche Gaardens teilweise stark zerstört wurden und in den          1980er wurde das Gebiet um den Vinetaplatz als Sanierungsge-
     lative Vermietungsmodelle benachbarter Eigentümer und soziale       Zusammenschlusses von engagierten Eigentümern bedarf, ist             1950er Jahren in Zeilenbauweise wieder aufgebaut wurden, sind         biet festgelegt und mit Städtebauförderungsmitteln umfassend
     Probleme. Diese Themen nahmen viel Raum ein und schoben die         heute im Stadtteil dagegen unbestritten. Viele »weiche« Themen,       im Kern des Stadtteils etliche Straßenzüge mit gründerzeitlicher      erneuert. Kern der Sanierung waren der Abriss der westlichen
     Entwicklung der eigenen Objekte etwas in den Hintergrund.           wie Verantwortung, Außenwirkung, Kulturläden, Multikultur, die        Bebauung weitgehend erhalten. Bevölkerungszusammensetzung             Randbebauung des Vinetaplatzes, die durch eine darunter lie-
                                                                         die Eigentümer diskutiert und weiterentwickelt haben, sind auch       und Nutzungsstruktur haben sich jedoch seit den 1980er Jahren         gende Moorlinse abgesunken war, und eine anschließende Neu-
     Über die Treffen hinaus gab es auch einen regen Austausch mit       Themen anderer Akteure in Gaarden und diese wünschen sich             stark verändert. Gaarden entwickelt sich von einem traditionellen     bebauung mit Sozialwohnungen sowie gewerblichen Nutzungen
     Mitarbeitern von städtischen Ämtern und Organisationen, dem         den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Vermietern.                 Arbeiterquartier zu einem sozial benachteiligten Stadtteil mit        und sozialen Einrichtungen in den Erdgeschosszonen. Außerdem
     Ortsbeirat, den Förderinstanzen IB SH und ARGE SH, die zu allen                                                                           einem hohen Anteil an Einpersonenhaushalten und Bewohnern,            wurde im großen Umfang die Oberflächen von Straßen und Geh-
     WohnWERT -Treffen eingeladen waren. Bei der Stadt Kiel gab          Eine zukunftsorientierte Gebäudesanierung der ca. 120 Jahre           die Leistungen der Grundsicherung erhalten (42%). 55,8 % der          wegen erneuert. In den Wohnungsbestand wurde dagegen kaum
     es eine Zusammenarbeit vor allem mit dem Wirtschaftsbüro            alten Häuser muss weiterhin im Fokus bleiben. Dazu gehört eine        Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund (Landeshauptstadt         investiert.
     Gaarden, der Sozialen Stadt und der Ämter Wohnen und Grundsi-       energetische Sanierung genauso, wie die Nutzung von Poten-            Kiel: Sozialbericht 2019 - Daten für Taten - Älter werden in Kiel).
     cherung sowie der Bauaufsicht. Wichtig waren auch die Kontakte      tialen im Freiraum, sowie die Verringerung von Barrieren in der                                                                             1996 kam Gaarden in das Förderprogramm »EU-Gemeinschafts-
                                                                         Zugänglichkeit.                                                       Auch die Nutzungsstruktur Gaarden hat sich im Laufe der Zeit          initiative URBAN (I und II)4 für benachteiligte städtische Gebiete“,
                                                                                                                                               verändert: Viele Betriebe sind aus den Innenhöfen an andere           zusammen mit anderen Stadtteilen auf dem Kieler Ostufer, die
                                                                                                                                               Standorte gezogen und anstatt des ehemals differenzierten             besonders stark vom Strukturwandel und der sozial-räumlichen
                                                                                                                                               Einzelhandelsangebots finden sich heute Imbisse, Telefonläden,        Segregation betroffen sind. Im Jahr 2000 wurde Gaarden in das
                                                                                                                                               Büroräume oder Wohnungen in den Erdgeschosszonen. Durch               Programm Soziale Stadt aufgenommen. Das Programm verfolgt
                                                                                                                                               die hohe Konzentration von Geschäften in der Fußgängerzone            einen integrierten Handlungsansatz und setzt Maßnahmen aus
                                                                                                                                               im mittleren Bereich der Elisabethstraße ist die Nahversorgung        den Bereichen Städtebau, Soziales, Bildung, Ökonomie, Gesund-
                                                                                                                                               jedoch gut.                                                           heit, Integration und Freizeit um. Grundlage ist das integrierte
                                                                                                                                                                                                                     Handlungskonzept von 2014. Das Programm Soziale Stadt wurde
                                                                                                                                                                                                                     durch weitere EU-Förderprogramme mit Bildungs- und Beschäf-
                                                                                                                                                                                                                     tigungsprojekten (LOS, BIWAQ) ergänzt. Das Wirtschaftsbüro
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
4. Das Modellprojekt WohnWERT Gaarden –
                                                                                                                                             Aktivierung privater Eigentümer und Investitionen

12                                                                                                                                           Inspiriert durch das Forschungsprojekt KIQ („Kooperation im                                                                             13
                                                                                                                                             Quartier mit privaten Eigentümern zur Wertsicherung innerstäd-
                                                                                                                                             tischer Immobilien“) ergriff Haus & Grund Kiel 2012 die Initiative
                                                                                                                                             zu einem eigenen Projekt, das die Investitionsbereitschaft der
                                                                                                                                             privaten Hauseigentümer in Gaarden in den Fokus nimmt. Haus
                                                                                                                                             & Grund konnte die Unterstützung der Stadt Kiel gewinnen und
                                                                                                                                             stellte im September 2012 einen Antrag auf die Förderung eines
                                                                                                                                             Modellprojektes beim Land Schleswig-Holstein (Referat soziale
                                                                                                                                             Wohnraumförderung), mit dem Titel „WohnWERT Gaarden – von
                                                                                                                                             Menschen und Häusern in Gaarden – Aktivierung privater Gebäu-
                                                                                                                                             deeigentümer“. Der Zuschlag erfolgte noch im selben Jahr.

                                                                                                                                             Das Modellprojekt WohnWERT Gaarden sollte in drei wesent-
                                                                                                                                             lichen Schritten erfolgen.
     Gaarden ergänzt das Angebot der Sozialen Stadt durch eine auf     Aus den langjährigen Stadterneuerungsverfahren mit unter-
     die Bedingungen des Stadtteils abgestimmte Wirtschaftsbera-       schiedlichen Schwerpunkten ist in Gaarden ein gut funktionieren-      1. Zu Beginn sollte eine Befragung der Hauseigentümer zu ihren
     tung und -Förderung.                                              des Kontaktnetz von privaten und öffentlichen Akteuren entstan-       Sanierungsplänen und eventuellen Hindernissen sowie zu ihrer
                                                                       den, die sich für die Verbesserung der sozialen und kulturellen       Bereitschaft sich im Stadtteil zu engagieren durchgeführt wer-
     2012 wurde ein Teilgebiet Gaardens in das Förderprogramm der      Angebote im Stadtteil einsetzen und kooperieren. Nach wie vor         den.
     Energetischen Quartierssanierung aufgenommen. Die Stadt Kiel      besteht jedoch ein Defizit in der Erneuerung der Bausubstanz
     legte einen Bereich zwischen Karlstal, Werftstraße und Kaiser-    und der Anhebung der Wohnqualitäten, das durch eine man-              2. Durch die Befragung sollten Hauseigentümer ermittelt wer-
     straße als Klimaschutzquartier („Klimagaarden“) fest. Für das     gelnde Investitionsbereitschaft der privaten Hauseigentümer           den, die zu einer kurzfristigen modellhaften Sanierung bereit
     energetische Quartierskonzept wurden 369 Gebäude aufgenom-        begründet ist. Dies war der Hintergrund für eine neue Strategie,      sind, unter Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel und Be-        Quelle: WohnWERT Gaarden - Dokumentation Teil 1
     men und nach Baualter und Bauweise in verschiedene Gebäude-       die den Fokus auf die Motivierung einzelner Hauseigentümer zur        ratung.
     typen eingeteilt, anhand derer Vorschläge für die energetische    Investition in ihre Gebäude legt.
     Modernisierung erstellt wurden. Energetische Maßnahmen                                                                                  Diese modellhaften Sanierungen sollten in der Umsetzung durch        Die Bearbeitung des Modellprojektes erfolgte durch zwei ex-
     konnten bisher jedoch nur sehr vereinzelt umgesetzt werden. Das                                                                         Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden und so Eigentümer in der      terne Büros: Das Lübecker Büro Plusfünf, Stadtentwicklung +
     Gebiet von Klimagaarden ist teilweise deckungsgleich mit dem                                                                            Nachbarschaft und im Stadtteil motivieren, ebenfalls aktiv zu        Kommunalberatung entwickelte die Projektskizze als Grundlage
     von WohnWERT Gaarden.                                                                                                                   werden.                                                              für den Förderantrag und führte die Befragung der Hauseigentü-
                                                                                                                                                                                                                  mer durch. Das Büro dau-schmidt.tornow, stadtentwicklung und
                                                                                                                                             3. Im Anschluss an die Befragung sollte sich eine Eigentümer-        moderation betreute die Eigentümergemeinschaft während des
                                                                                                                                             gemeinschaft bilden, die Vorschläge für Verbesserungen im            gesamten Verfahrens, entwickelte Konzepte für Maßnahmen im
                                                                                                                                             Wohnumfeld und gemeinsame Aktivitäten auf Quartiersebene             Quartier und begleitete Hauseigentümer bei der Durchführung
                                                                                                                                             entwickelt und umsetzt.                                              ihrer Bauvorhaben.

                                                                                                                                             Projektträger und Koordinator von WohnWERT Gaarden war Haus          Für die Erprobung des Modellprojektes wurden die Elisabeth-
                                                                                                                                             & Grund Kiel. Kooperationspartner des Projektes waren die Inves-     straße und der Kirchenweg als besonders geeignet eingestuft.
                                                                                                                                             titionsbank Schleswig-Holstein und die Arbeitsgemeinschaft für       Im Zentrum von Gaarden gelegen, verfügen beide Straßen in
                                                                                                                                             zeitgemäßes Bauen e.V., die für die finanzielle und bautechnische    unterschiedlicher Ausprägung über die für Gaarden typische Bau-
                                                                                                                                             Beratung zur Verfügung standen. Die Lenkungsgruppe bestand           struktur der Gründerzeit sowie über eine »Gaarden-typische« Nut-
                                                                                                                                             aus den Kooperationspartnern, dem Amt für Wohnen und Grund-          zungsvielfalt und Struktur von Wohnen und Gewerbe, Läden und
                                                                                                                                             sicherung sowie dem Büro Soziale Stadt Gaarden und dem Wirt-         Dienstleistungen, Gastronomie, Sozial- und Kultureinrichtungen.
                                                                                                                                             schaftsbüro Gaarden.
                                                                                                                                                                                                                  Im Verlauf des Projektes wurden zusätzliche Objekte aus benach-
                                                                                                                                                                                                                  barten Straßen hinzugezogen, da deren Eigentümer sich der
                                                                                                                                                                                                                  WohnWERT Initiative anschlossen.
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
5. Grundlage von WohnWERT Gaarden – Eigentümergespräche

14     Verfahren                                                           Ergebnisse                                                          15

       Im ersten Schritt wurde eine Befragung von privaten Wohnungs-       60% der interviewten Hauseigentümer besuchen häufig ihre
       eigentümern in Gaarden durchgeführt. Die Interviewpartner           Häuser, haben regelmäßige Gespräche und einen guten Kontakt
       wurden auf der Grundlage der Mitgliederdaten von Haus &             zu ihren Mietern. 70% führen die Verwaltung ihrer Häuser selbst
       Grund ermittelt. Insgesamt wurden 195 Eigentümern im Gebiet         durch.
       angeschrieben. 77 meldeten sich zurück, 23 erklärten ihre Bereit-
       schaft zu einem Gespräch, zehn zusätzliche Eigentümer konnten       Die Hälfte der Hauseigentümer hat persönliche (Zuzug, Studium
       durch eine öffentliche Vorstellung im Ortsbeirat gewonnen           etc.) oder familiäre Bindungen zu Gaarden. Die meisten hatten
       werden. 25 Interviews konnten schließlich durchgeführt werden,      zum Zeitpunkt der Befragung jedoch nur vereinzelt Kontakte zu
       damit wurden 13% der Eigentümer insgesamt interviewt. Da            anderen Hauseigentümern in Gaarden, 20% hatten gar keine
       sechs Eigentümer über mehrere Immobilien im Gebiet verfügen,        Kontakte. Einen organisierten Austausch zwischen Hauseigen-
       wurden insgesamt 51 Gebäude mit ca. 490 Wohnungen und               tümern gab es bis dahin noch nicht. Bei den auswärtigen Haus-
       33 Gewerbeeinheiten und damit 29% des Gesamtwohnungs-               eigentümern sind 40% fast nie vor Ort und haben 20% kein
       bestands und 37% der Gewerbeeinheiten erfasst. Dreiviertel der      Interesse an Kontakten zu anderen Eigentümern.
       interviewten Hauseigentümer haben ihren Wohnsitz in Kiel oder
       Umland, während etwas mehr als die Hälfte aller Hauseigentü-        Während das städtebauliche Erscheinungsbild von der Mehrheit
       mer außerhalb Kiels wohnen.                                         als positiv empfunden wird (88%), kritisieren viele die mangelnde
                                                                           Pflege und Sauberkeit der öffentlichen Räume. Die öffentlichen
       Aufgrund der Fragestellungen, die subjektive Einschätzungen         und privaten Versorgungseinrichtungen hält nur etwas mehr
       der eigenen Wohn- und Lebensperspektive und der eigenen             als die Hälfte für ausreichend. Hierbei gibt es jedoch erhebliche
       Handlungsmöglichkeiten betrafen, wurde die Form des qualita-        Unterschiede zwischen den Einschätzungen der Hauseigentümer,
       tiven Interviews anhand eines Gesprächsleitfadens gewählt. Der      die in Gaarden wohnen oder häufig vor Ort sind und den aus-
       Gesprächsleitfaden umfasste Themenkomplexe wie die persön-          wärtigen Eigentümern: Hauseigentümer, die selbst in Gaarden
       liche Situation des Eigentümers, die Nachbarschaft, die eigene      leben, beurteilen den Stadtteil durchweg positiver in Bezug auf
       Immobilie und deren Sanierungsbedarf, Finanzierungsmöglich-         Sicherheit, Sauberkeit und Ausstattung. Auffällig ist, dass den
       keiten sowie Bedarf an Beratung und Förderung und Interesse         meisten Interviewpartnern Aktivitäten von Verwaltung, Politik
       an gemeinsamen Aktivitäten mit anderen Eigentümern und die          und Interessenvertretungen im Stadtteil nicht bekannt sind.
       Mitwirkungsbereitschaft am Modellprojekt.
                                                                           Die Immobilien der befragten Hauseigentümer stammen mehr-
       Die Ergebnisse wurden auf einer Veranstaltung vorgestellt, zu       heitlich aus dem Zeitraum zwischen 1880 und 1920. (86%), die
       der alle angeschriebenen Hauseigentümer eingeladen wurden.          übrigen 14% aus den 1960er Jahren. Die meisten Eigentümer
       Die Veranstaltung diente dem gegenseitigen Kennenlernen und         haben die Immobilie aus dem Grund der Alterssicherung gekauft
       war zugleich der Auftakt für die Bildung der Eigentümerinitiative   (85%), nur 15% aus Renditegründen. 45% der Gebäude wurden
       WohnWERT Gaarden im Quartier.                                       zwischen 1985 und 2000 erworben und 55% nach 2000. Die
                                                                           meisten Eigentümer schätzten den Modernisierungsbedarf ihrer
                                                                           Häuser als gering ein (75%), 15% nannten einen mittleren und
                                                                           nur 10% einen hohen Bedarf.

                                                                           Hemmnisse für investive Maßnahmen benennt nur ein kleiner
                                                                           Teil der Interviewpartner: 8% tätigen diese aus Altersgründen
                                                                           nicht, 16% machen diese von der Möglichkeit einer höheren Ren-
                                                                           dite abhängig.
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
6. Selbstorganisation der WohnWERT Initiative

16   Durch die Befragung wurde den Hauseigentümern die Bedeu-            Der Haus- und Grundeigentümerverein Kiel und Umgegend                seine Entwicklung über Jahre. Selten wird ein Gebäude erwor-           17
     tung der eigenen Immobilie für den Stadtteil mehr bewusst und       wurde vor über 140 Jahren in Gaarden gegründet. Heute ist er,        ben, ohne einen Bezug zum Stadtteil zu haben. Diese Eigentümer
     das Interesse für eine kooperative Zusammenarbeit mit anderen       bezogen auf die Einwohnerzahl der Stadt, einer der größten Verei-    engagieren sich eher nicht bei WohnWert Gaarden.
     Hauseigentümern und eine Mitwirkung am Modellprojekt ge-            ne in Deutschland. Einen eigenen Zusammenschluss von privaten
     weckt. Bei den meisten bestand jedoch Unklarheit darüber, mit       Vermietern in Gaarden gibt es nicht. Ein großer Teil der Gaardener   Trotz der Beziehung zum Stadtteil kennen Eigentümer von Mehr-
     welchen Themen Eigentümergemeinschaft sich beschäftigen             Vermieter ist nicht organisiert.                                     familienhäusern in der gleichen Straße einander selten. Es gibt
     könnte, wie der einzelne Hauseigentümer dazu beitragen könnte                                                                            unter Vermietern keine Tradition sich auszutauschen, Probleme
     und wie eine Zusammenarbeit organisiert sein könnte. Im Ergeb-      Eigentümer von Mehrfamilienhäusern, also private Vermieter,          zu diskutieren oder sich für bestimmte Aktionen zusammenzu-
     nis waren jedoch 92% der Eigentümer zu investiven Maßnahmen         bleiben kommunikativ meist im Hintergrund des Stadtteils.            schließen. Aus diesem Grund sind die Eigentümertreffen Kern
     an ihren Gebäuden und 90% zu einem Engagement für Verbesse-         Kontakte haben sie zu ihren Mietern, mit Behörden oder Hand-         der WohnWert Aktivitäten.
     rungen im Stadtteil bereit.                                         werkern. Die Anlässe sind dabei klar umschrieben und haben im-
                                                                         mer mit dem Mietobjekt selber zu tun. Zu Themen des Stadtteils       Zu den Ideen von WohnWERT gehört, eine engagierte Eigentü-
     (ausführlich in der WohnWERT Dokumentation Teil 1)                  äußert man sich kaum. Wenn Vermieter angesprochen werden,            merschaft sichtbarer zu machen und zum gemeinsamen Handeln
                                                                         dann oft, wenn es sich um Konflikte dreht, um Miethöhen, um          zu bewegen. In beiden Bereichen ist einiges geschehen, nicht
                                                                         fehlenden Wohnraum etc. Eine öffentliche Kommunikation mit           genug, doch sichtbar ist der Zusammenschluss geworden.
                                                                         anderen Vermietern, mit Stadtteilbewohnern, mit Politikern, mit
                                                                         Vertretern von Verwaltung oder Entsorgungsbetrieben gibt es          Mit WohnWERT Gaarden wurde eine Einrichtung geschaffen, die
                                                                         kaum. Private Vermieter treffen sich bei Informationsveranstal-      zwar von Haus & Grund betreut wird, aber auch die Vermieter an-
                                                                         tungen von Haus & Grund, tauschen sich dort aber selten mit          spricht, die nicht Mitglied dieses Vereins sind. Intern ist die Mit-
                                                                         anderen Vermietern aus demselben Stadtteil über das konkrete         gliedschaft kein Thema. Die Initiative repräsentiert Eigentümer
                                                                         Vermieten, die Chancen und Probleme aus. Es gibt nur wenige          mit über 40 Mietobjekten und mehreren hundert Wohnungen.
                                                                         Gelegenheiten, sich auch ohne konkreten Anlass zu treffen, an-       Das macht sie auch in den Kreisen der Quartiersbetreuer als Ge-
                                                                         dere kennenzulernen und sich für weitere Anlässe zu verabreden.      sprächspartner attraktiv.
                                                                         WohnWERT sollte hier ein wenig mehr Offenheit in die Kommu-
                                                                         nikation auf Stadtteilebene bringen. Genau das ist es, was Wohn-     Über den Haus & Grundeigentümerverein haben private Ver-
                                                                         WERT Gaarden anstrebt und in den letzten Jahren realisiert hat.      mieter die Möglichkeit sich zu organisieren. Das geschieht als
                                                                                                                                              private Angelegenheit und dient der Vertretung von Interessen.
                                                                         Die Befragung von Hauseigentümern aus dem Kirchenweg und             Nicht üblich ist der direkte Dialog mit Bürgern, Politikern, Ver-
                                                                         der Elisabethstraße hatte bei diesen ein Interesse ausgelöst,        waltungsvertretern. Die Vermieter sind sich meist nicht im Klaren
                                                                         andere Vermieter aus dem Quartier kennenzulernen. Etliche            darüber, dass bei anderen Gruppen der Bevölkerung ein großes
                                                                         Interviewpartner kamen im Juni 2013 zur Ergebnispräsentation,        Bedürfnis besteht, auf Quartiersebene miteinander in den Dialog
                                                                         die im Hochhaus der AWO am Sandkrug stattfand, mit Blick über        zu treten. Unter Mietern und Vermietern wird viel übereinander
                                                                         die Förde und über den Stadtteil. Dort verabredete man sich für      geredet, aber wenig miteinander gesprochen. Der Dialog kann
                                                                         die weitere Zusammenarbeit. Seitdem trifft sich eine wechselnde      z.B. sehr hilfreich sein, wenn Konzepte zur Stadtteilentwicklung,
                                                                         Gruppe von Vermietern bis zu fünf Mal pro Jahr. Die Kerngruppe       zur Vermietungspraxis von Läden oder zum Aufbau von Nachbar-
                                                                         ist immer noch aktiv und hat sich durch einige neue Vermieter        schaftsnetzen entwickelt werden. Die Position der Vermieter ist
                                                                         auch aus angrenzenden Straßen erweitert.                             in diesen Gremien meist unbesetzt. WohnWERT Gaarden wurde
                                                                                                                                              in den vergangenen Jahren oft angefragt, an Veranstaltungen
                                                                         Einige Eigentümer, die sich bei WohnWert Gaarden engagieren,         teilzunehmen. Manchmal haben Eigentümer aus dem Projekt
                                                                         sind im Stadtteil aufgewachsen und wohnen heute in anderen           WohnWert Gaarden diese Rolle selber angenommen und sind
                                                                         Stadtteilen Kiels oder in Vororten. Andere wohnen seit ihrer Kind-   z.B. zur Sitzung des Ortsbeirats gegangen. In den meisten Fällen
                                                                         heit im eigenen Mietshaus in Gaarden. Wieder andere haben            hat der Projektleiter von WohnWERT versucht zu erklären, wie die
                                                                         einen direkten Bezug zum Stadtteil bekommen und deshalb ein          Sichtweise oder die Einstellung der Eigentümer als Vermieter in
                                                                         Haus erworben. Alle kennen sich im Quartier aus und beobachten       Gaarden ist und wurde damit so etwas wie deren Repräsentant.
                                                                                                                                              Sinnvoller wäre es, wenn Vermieter sich wie Gewerbetreibende
                                                                                                                                              in die lokale Entwicklung einbringen und die Diskussion mit
AKTIVIERUNG PRIVATER EIGENTÜMER UND INVESTITIONEN - WohnWERT Gaarden
6.1 Eigentümertreffen an vielen Orten

18   anderen Interessengruppen suchen würden. Das verhindert Vor-                                                                                                                     Seit 2013 treffen sich die Eigentümer 26 Mal an verschiedenen      19
     urteile und erhöht den Informationsfluss in alle Richtungen. Hier                                                                                                                Orten im Stadtteil: In deutschen und türkischen Gaststätten, im
     kann der Haus & Grundeigentümerverein vielleicht eine motivie-                                                                                                                   Sportheim, dem Mehrgenerationenhaus, der Jugendherberge,
     rende und bündelnde Rolle spielen.                                                                                                                                               der Türkischen Gemeinde, dem Kulturzentrum Räucherei, dem
                                                                                                                                                                                      Stadtteilbüro oder privaten Hinterhöfen und Gärten. Für die
     Die engagierte Begleitung der WohnWERT Arbeit durch den                                                                                                                          meisten war dies mit der Entdeckung eines neuen Ortes ver-
     Lokalredakteur der Kieler Nachrichten bot die Möglichkeit, die                                                                                                                   bunden. Durch diese Versammlungsorte wurde die Vielseitigkeit
     Situation und die Chancen der Stadtteilentwicklung aus Vermie-                                                                                                                   des Stadtteils unterstrichen, manchmal hielten die Protagonisten
     tersicht über die Presse zu vermitteln. Dazu gehörte z.B. auch der                                                                                                               der Einrichtung einen kleinen Einführungsvortrag. So entstand
     kritische Diskurs zu überbelegten Häusern.                                                                                                                                       für die Gruppe ein Bild von Gaarden mit vielen neuen positiven
                                                                                                                                                                                      Blickwinkeln. Die Teilnehmerzahl schwankte zwischen 15 und 35
                                                                                                                                                                                      Personen.

                                                                          Wanderung von Haus zu Haus                                                                                  In den ersten drei Jahren traf sich die Gruppe in der Gaststätte
                                                                                                                     Emailleschilder zeigen Haltung und verpflichten                  mit dem symbolischen Namen »Zur Einigkeit“. Das Haus in
                                                                                                                                                                                      der Elisabethstraße mit dem Namen im Fassadenputz stammt
                                                                                                                     Private Vermieter sind im Stadtteil meist unsichtbar, nur        aus der Aufbruchszeit des Stadtteils und wurde 1900 gebaut.
                                                                                                                     ihre Mieter mögen sie kennen. Viele Vermieter beauftragen        Inzwischen wurde der Schankraum zu einer Wohnung um-
                                                                                                                     andere mit der Verwaltung ihrer Häuser und ziehen sich           gebaut, nach 32 Jahren fand der letzte Pächter keinen Nach-
                                                                                                                     persönlich zurück. Manchmal hängen dann Schilder der             folger. Traditionsgaststätten haben es in Gaarden schwer. Die
                                                                                                                     Verwaltungsgesellschaften am Eingang des Hauses oder am          negative Entwicklung der Gaststätte wurde von manchen als
                                                                                                                     Schwarzen Brett im Treppenhaus.                                  Symbol für die Entwicklung von Gaarden gesehen und war
                                                                                                                                                                                      Anlass für viele Diskussionen in der Gruppe. Trotzdem gab
                                                                                                                     Eigentümer der WohnWERT Initiative treffen sich, tauschen        es neben Phasen des Abwartens immer wieder Aufbruchs-
                                                                                                                     sich aus, packen Aufgaben an, haben ein gemeinsames An-          stimmung. Nach der Schließung der Einigkeit wurde das ge-
                                                                                                                     liegen oder präsentieren sich in der Lokalpresse. Doch auch      meinsame jährliche Grünkohlessen in das Sportheim von TUS
                                                                                                                     sie werden im Stadtbild nicht wahrgenommen. Als Vermieter        Gaarden und die Jugendherberge verlegt.
                                                                                                                     sind viele von ihnen regelmäßig in ihren Häusern und im
                                                                          Hinterhof Elisabethstraße                  Quartier.                                                        Im ersten Schritt wurde die Aktion initiiert: »Ich zeige mein
                                                                                                                                                                                      Haus - Sie zeigen Ihr Haus“. Die Eigentümergruppe wanderte
                                                                                                                     Einige Häuser bekommen manchmal sogar ein eigentümer-            mehrere Stunden von Haus zu Haus, von Hof zu Hof. Diese
                                                                                                                     typisches Aussehen, z.B. einen bestimmten Anstrich. Andere       Form des Austausches ist nicht üblich. Jeder Vermieter regelt
                                                                                                                     bleiben eher unscheinbar. Doch manche Eigentümer wollen          normalerweise alles allein. Hilfe holt man sich vom Steuerbera-
                                                                                                                     mehr.                                                            ter, vom Rechtsanwalt und – wenn man Mitglied ist – auch vom
                                                                                                                                                                                      Haus- und Grundeigentümerverein. Mit anderen Hauseigen-
                                                                                                                     Um sichtbar zu werden und eine gemeinsame Verbunden-             tümern spricht man selten über die problematischen Seiten
                                                                                                                     heit auszudrücken, wurden Schilder mit dem Logo Gaardener        des Vermietens. Auch teilen Vermieter selten Wissen über das
                                                                                                                     WohnWERT gefertigt und an die Fassaden geschraubt. Diese         Lokalmilieu, sie kommunizieren eher über gesetzliche Rah-
                                                                                                                     Emailleschilder zeigen auf eine feine Art das Engagement         menbedingungen, Festsetzung des Mietspiegels o.ä.
                                                                                                                     der Eigentümer für ihr Haus und ihr Quartier. Vielleicht regen
                                                                                                                     sie damit auch andere Eigentümer dazu an, Stellung zu be-        Die beteiligten Eigentümer bilden natürlich keine homoge-
                                                                                                                     ziehen.                                                          ne Gruppe. Manche betreiben die Vermietung ihrer Häuser
                                                                                                                                                                                      sehr organisiert, andere eher informell. Was die Gruppe eint,
                                                                          Eigentümer beraten sich gegenseitig                                                                         scheint der gemeinsame Wille zu sein, dass sich aus dem
                                                                                                                                                                                      Potenzial von Gaarden mehr umsetzten lässt als bisher.
20                                                                                                                                        21

     Eigentümertreffen in der Jugendherberge Gaarden...                 ... der Türkischen Gemeinde zu Gast Baudezernentin Frau Grondke

     ...im privaten Garten                                              ...im Coworking Space DeinRaum

     Die Eigentümer lernten sich im Laufe der Jahre kennen und          Verständnis für die Interessen der jeweilig anderen Seite ge-
     tauschten sich über Probleme und Ideen aus. Folgende Fragen        fördert. Die Vermieter haben erkannt, dass sie, wenn sie etwas
     wurden formuliert: Wie ist die Lage? Was wollen wir gemein-        erreichen wollen, eng mit den Behörden zusammenarbeiten
     sam? Was können wir anpacken? Wen brauchen wir dafür? Wie          müssen. Diese wiederum können gezielter agieren, wenn sie
     setzen wir das um? Wer muss sonst noch handeln?                    informiert werden, wo vor Ort im Stadtteil »der Schuh drückt“.

     Zu den Eigentümerrunden wurden regelmäßig die Vertreter            Die Kontakte nach außen spielten eine große Rolle bei Wohn-
     der Sozialen Stadt, vom Wirtschaftsbüro Gaarden, vom Amt           WERT Gaarden. Dezernenten oder Amtsleiter wurden zu
     für Wohnen und Grundsicherung der Landeshauptstadt Kiel            Diskussionsabenden oder Stadtteilbegehungen eingeladen.
     und nach Thema auch der Investitionsbank SH, des Innen-            Vertreter der Entsorgungsbetriebe oder der Polizei standen als
     ministeriums / Referat Wohnraumförderung und der ARGE /            Gesprächspartner zur Verfügung. Das ist keine einseitige Kom-
     Arbeitsgemeinschaft für Zeitgemäßes Bauen SH eingeladen.           munikation, sondern im Interesse derjenigen, die kommen, da
     Auf diese Weise erhielten die Hauseigentümer Gesprächs-            auch sie Ansprechpartner benötigen, um ihre Ziele und Metho-
     partner in der Stadt- und der Landesverwaltung und in ver-         den für den Stadtteil diskutieren zu können.
     schiedenen Organisationen. Diese Gäste der Eigentümerrunde
     hatten manchmal eigene Programmpunkte und informierten             Zu dem Kreis der Besucher der Eigentümertreffen gehörten
     die Gruppe über Gesetzeslage, Verfahrensänderungen oder Fi-        auch Innenminister Stefan Studt, Baudezernentin Doris Grond-
     nanzierungen. Sie konnten in diesem Rahmen auch ihre Sicht         ke und Sozialdezernent Gerwin Stöcken. Sie kamen im Lauf der
     auf die Situation in Gaarden darstellen oder sie standen als Ge-   Jahre teilweise mehrfach. Es war ein sinnvoller Austausch um
     sprächspartner für Fragen zur Verfügung. Dadurch wurde das         sich zu motivieren und Lage und Chancen einzuschätzen zu
                                                                        können.

     Die Einigkeit gibt es nicht mehr
6.2. Vernetzung von WohnWERT im Stadtteil Gaarden

22   Einige Eigentümer teilten ihre Erfahrungen über Mietverträge      Eigentümertreffen an vielen Orten                                                                                                                                                                23
     und Finanzierungen auch untereinander mit und berieten,
     wie man sich verhalten könne. Die Kenntnisse übereinander         1    10.06.13    Hochhaus Sandkrug AWO
     nahmen zu, gemeinsame Interessen wurden festgestellt und
     Ideen für das Quartier entwickelt. In der Folge wechselten        2    06.08.13   Gaststätte Einigkeit
     mehrere Häuser innerhalb der Gruppe den Besitzer. 30 Per-         3    21.08.13   Gaststätte Einigkeit
     sonen unternahmen gemeinsam eine Fachexkursion nach
     Kopenhagen, um in vergleichbaren Stadtteilen Ideen für Kiel       4    04.11.13   Gaststätte Einigkeit
     Gaarden zu sammeln.                                               5    10.12.13   Gaststätte Einigkeit
                                                                       6    04.02.14   Gaststätte Einigkeit
     Die Themen der Eigentümertreffen stammten fast immer
     aus der Gesprächsrunde selbst. Auf der einen Seite gab es         7    12.05.14   Gaststätte Einigkeit
     negative Themen: Müll, Verantwortungslosigkeit bei Mietern,       8    19.06.14   Gaststätte Einigkeit
     Verantwortungslosigkeit bei benachbarten Eigentümern,
     fehlende Kommunikation mit nicht deutschen Gruppen,               9    10.09.14   Gaststätte Einigkeit                  Zwar repräsentiert die Vermieterinitiative WohnWert Gaarden           zu einer Projektionsfläche für diejenigen, die Kontakt in diese
     Versammlungen vor Hauseingängen, geringe positive Er-             10   10.11.14   Gaststätte Einigkeit                  nur einen kleinen Teil der Eigentümer im zentralen Gaarden,           Kreise wünschen. Es gibt viele Stadtteilakteure, die eine solche
     wartungen, schlechte Presse, Wohnungsprostitution, Graffiti,                                                            doch wird sie zunehmend im Stadtteil sichtbar. Die Initiative ist     Vermieterinitiative vermisst haben. Dazu gehören Politik, Stadt-
     Vandalismus…                                                      11   17.02.15   Gaststätte Einigkeit                  ein ungewöhnlicher Akteur auf dem örtlichen Wohnungsmarkt.            verwaltung, Soziale Organisationen, Studierendengruppen, Ver-
                                                                       12   27.04.15   Türkisches Restaurant                 Wohnungseigentümer traten bisher nur in Form von Wohnungs-            einigungen der Immobilienwirtschaft und Forschungsgruppen.
     Auf der anderen Seite wurden viele positive Ideen diskutiert                                                            unternehmen und Verwaltungsgesellschaften in Erscheinung.             Sie haben mit WohnWERT Gaarden Ansprechpartner auf Vermie-
                                                                       13   09.06.15   Bambule Kneipe
     und einige auch umgesetzt: Belebung von Hinterhöfen,                                                                    Hauseigentümer machen sich im Stadtteil weder als Einzelperson        terseite gefunden. Auch einige Arbeitskreise schätzen die Teilnah-
     Neubaumöglichkeiten in Dachgeschossen, Aufwertung vom             14   07.07.15   Garten von Familie Osenger            noch als Gruppe in der Rolle von Vermietern bemerkbar. Deshalb        me von Vertretern von WohnWERT Gaarden bei ihren Sitzungen.
     Straßenraum, Street Art-Projekte an Hausfassaden, Vermie-         15   01.09.15   Garten in der Iltisstraße             waren sie bisher für andere gesellschaftliche Gruppen im Stadt-       Insbesondere bei politischen Terminen ist es wichtig, dass Eigen-
     tungssituation gemeinsam besprechen, Aktivierung von La-                                                                teil als Gesprächspartner nur schwer zu erreichen.                    tümer auch persönlich an Gesprächsrunden teilnehmen und
     dengeschäften, Müllmanagement, Vermieten an Studierende,          16   06.10.15   Veranstaltungszentrum Räucherei                                                                             sichtbar werden. Das geschieht z.B. im Ortsbeirat.
     Kooperation mit freien Trägern …                                  17   08.12.15   Jugendherberge Gaarden                Die Eigentümer in der Initiative WohnWERT Gaarden haben nicht
                                                                                                                             in erster Linie den Anspruch, nach außen orientiert zu sein. Trotz-   Die vielschichtige Stadtteilarbeit in Gaarden, die zu einem großen
     Vermieter sind keine homogene Gruppe, sie nehmen auch sehr        18   22.03.16   MGH Vinetazentrum                     dem sind sie in dieser Organisationsstruktur für Außenstehende        Teil über das Stadtteilbüro der Sozialen Stadt koordiniert wird,
     unterschiedliche Rollen im Verhältnis zu ihren Mietern ein. Von   19   12.07.16   Stadtteilbüro Soziale Stadt           interessant. WohnWERT wirkt schon dadurch nach außen, weil            braucht Verbindungen in die Vermieterszene von Gaarden. Oft
     distanziert bis nachbarschaftlich eng. Das hat als Konsequenz                                                           zu den Treffen auch der Lokalreporter der Zeitung, die Politiker      vertritt der Koordinator von WohnWERT Gaarden die Initiative bei
                                                                       20   20.09.16   Stadtteilbüro Soziale Stadt
     auch eine unterschiedliche Art, mit Problemen und Aufgaben                                                              des Ortsbeirats sowie Vertreter des Sozialen Stadt Büros, der         Treffen des Stadtteilnetzwerkes, mit dem Anspruch, authentisch
     umzugehen. Manche erkennen ihre Chancen und packen sofort         21   08.11.16   Stadtteilbüro Soziale Stadt           städtischen Verwaltung, der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemä-         die Ideen und Meinungen der Initiative zu transportieren. Er
     an, andere warten etwas länger ab und beraten sich erst in der    22   24.01.17   TUS Gaarden                           ßes Bauen und der Förderbank eingeladen sind. Diese Gäste von         berichtet über neueste Entwicklungen, nimmt auf befördernde
     Gesprächsrunde. In der Hoffnung, Positives bewirken zu können,                                                          außen vermitteln wichtige Informationen an die Eigentümer. Sie        Faktoren Einfluss und entwickelt Kooperationen mit Partnern
     ist es allen wichtig, sich gemeinsam zu formulieren und nach      23   03.04.17   Jugendherberge Gaarden                sind aber auch in die kommunikativen Netze eingebunden, zu            im Quartier. Im Laufe der Jahre ist der Koordinator so etwas wie
     außen aufzutreten                                                 24   15.08.17   Garten von Familie Osenger            denen die Vermieter sonst eher selten Zugang haben. Durch sie         ein Sprecher der Initiative geworden. Er vermittelt, was in der
                                                                                                                             wird eine Öffentlichkeit erreicht, die die Vermieter kaum kennen.     Branche vorgeht, auf welchen Gebieten Entwicklungen herbeige-
                                                                       25   28.01.18   Türkische Gemeinde
                                                                                                                             Dadurch, dass man »sich aus den Treffen von WohnWERT Gaar-            führt werden und wo gemeinsame Initiativen Wirkung entfalten
                                                                       26   02.04.19   DeinRaum Coworking Space              den kennt“, nehmen die Eigentümer schneller Kontakt zu den            könnten. Da WohnWERT keine eigene Verfasstheit, z.B. keine
                                                                                                                             Organisationen und Verwaltungsstellen auf, die für sie und die        Vereinsstruktur aufweist, gibt es auch keine förmlichen Gremien
                                                                                                                             Entwicklung ihres Hauses wichtig sind.                                und deren Vertreter.

                                                                                                                             Neu ist, dass Eigentümer auf diese Weise in der Stadtteilöffent-      WohnWERT Gaarden war in den letzten Jahren als Gesprächs-
                                                                                                                             lichkeit zusammenstehen und über Zeitungsberichte und Auf-            partner gesucht. Dabei waren Vertreter von Organisationen und
                                                                                                                             tritte sichtbar werden. Vermieter, die sich ein zukunftsfähiges       Verwaltung (Abfallwirtschaft, Feuerwehr,) Politik und Verwaltung
                                                                                                                             Gaarden wünschen, sind sichtbar geworden. Somit werden sie            (Innenminister, Städtebauförderung, Stadtbaurätin) Gäste auf
7. Problemimmobilien – herausgeforderte Nachbarschaft

24   den Eigentümerversammlungen. Doch darüber hinaus sind               es von großer Wichtigkeit, mit dieser Berufsgruppe ins Gespräch        Diejenigen Eigentümer, die sich in der WohnWERT Initiative           Mangelndes Müllmanagement gehört auch zu den typischen             25
     auch temporäre oder längerfristige Kooperationen entstanden.        zu kommen. Die Chancen dieses Stadtteils sollten zusammen mit          engagieren, wünschen eine positive Entwicklung des Quartiers,        Problemen. Wo die Tonnen stehen und wie es an den Standplät-
     Beispielhaft folgen sechs sehr unterschiedliche Kooperationspro-    der Immobilienwirtschaft ausgelotet und entwickelt werden.             in dem ihr Mietshaus steht. Ihnen ist klar, dass einige andere       zen aussieht, kann eine direkte Einwirkung auf die Nachbarschaft
     jekte, die deutlich machen, wie sinnvoll eine solche Interessen-                                                                           Eigentümer wenig bis gar keine Verantwortung für das Quartier        haben. Viele Mieter kommen nicht mit der Abfallsortierung zu-
     vertretung sein kann.                                               Europäische Zuwanderer                                                 aufweisen. Verantwortungslosigkeit kann aufkommen, wenn              recht oder verhalten sich gleichgültig gegenüber Müll außerhalb
                                                                                                                                                Häuser häufig ihre Eigentümer wechseln. Käufer sind zunehmend        von Tonnen und Säcken im Straßenraum. Doch durch ein gutes
     RBZ Technik Wohnheim                                                Im Netzwerk »Neue EU-Bürger in Kiel Gaarden« haben sich                Personen, die am Aufschwung auf dem Immobilienmarkt schnell          Zusammenspiel von Mietern und Eigentümer kann auch die Müll-
                                                                         private und öffentliche Einrichtungen und Träger zusammenge-           mitverdienen wollen, ohne einen Bezug zum Ort zu haben, an           thematik positiv behandelt werden.
     Das Berufsschulzentrum RBZ Technik, am Rand vom Stadtteil           funden, die mit Zuwanderern, überwiegend aus Südosteuropa,             dem sie investieren. Daraus resultiert häufig eine Verantwor-
     Gaarden gelegen, schult Auszubildende aus ganz Deutschland: In      beruflich zu tun haben. Der größte Teil dieser Menschen wohnt          tungslosigkeit gegenüber der Immobilie, der Nachbarschaft und        Steht ein Objekt über Jahre leer, wird es ab und zu illegal be-
     Kiel wohnten diese in einem Wohnheim, das geschlossen werden        bei privaten Vermietern. Manchmal sind die Wohnbedingungen             dem Quartier.                                                        wohnt oder brennt sogar, wie das Gebäude Preetzer Straße Ecke
     sollte. Die Leitung des Hauses hatte ein großes Interesse daran,    der Zuwanderer so schlecht, dass die Belastung für sie und für                                                                              Reeperbahn, dann leidet die direkte Nachbarschaft besonders.
     für diese Zielgruppe ein attraktives Wohnangebot in der Nähe        die Nachbarn sehr groß wird. WohnWERT Gaarden hat mehrfach             Auf der anderen Seite haben viele Mehrfamilienhäuser in Gaar-        Wie die Familie, die für ihren besonders gut gestalteten Gemein-
     anbieten zu können, und kam mit diesem Anliegen auf Wohn-           öffentlich zu dieser Lage Stellung genommen. Der Koordinator           den eine sehr stabile Eigner- und Mieterschaft, die genau das        schaftsgarten ausgezeichnet worden ist. Diese WohnWERT Ver-
     WERT Gaarden zu. Der Wunsch war, private Investoren dafür zu        von WohnWERT ist ein fester Teilnehmer dieses Netzwerkes und           Gegenteil will. Diese Eigentümer registrieren die negativen Ent-     mieter berichten davon, wie schwer es sei, neben einer solchen
     gewinnen, eine solche Unterkunft zu bauen. Das entspricht dem       hat enge Verbindungen zum Landesverband der Sinti und Roma             wicklungen im Umfeld ihres Hauses und können nichts dagegen          Immobilie Mieter binden zu können. Passanten und Vorbeifah-
     Stadtteilziel, das Wohnungsangebot aufzufächern und damit           in Schleswig-Holstein. Die Kontakte zu WohnWERT befördern die          unternehmen. Das Verhältnis zwischen diesen sehr unterschied-        rende, die das kaputte Haus über Jahrzehnte gesehen haben,
     neue Zielgruppen für Gaarden ansprechen zu können. Zu dem           Diskussionen im Netzwerk. Es ist deutlich geworden, dass zusätz-       lichen Vermietungsmodellen ist belastet und kommt allgemein          verbinden es mit dem gesamten Stadtteil Gaarden. Ein solches
     Zeitpunkt waren jedoch auf Seiten von WohnWERT mögliche             lich zur Sicht von Sozialarbeitern auch die von Vermietern einen       kaum zur Sprache. Auch kennen sich die benachbarten Vermieter        Signal darf nicht gesendet werden und überfordert die Nachbar-
     Partner für eine Umsetzung nicht zu erkennen. Inzwischen hat die    wichtigen Beitrag liefern kann.                                        in Großstädten, wie auch in Kiel Gaarden, kaum. Anonymität ver-      schaft.
     Landeshauptstadt Kiel ein Wohnheim in Eigenregie errichtet. Das                                                                            hindert ein gemeinsames Handeln.
     Beispiel zeigt bisher ungenutzte Möglichkeiten auf, die durch ein   Studierende                                                                                                                                 Wohnungsprostitution
     noch nicht vorhandenes Portal für die lokale private Wohnungs-                                                                             Vielleicht beginnt die Problematik von Verfall schon mit der
     wirtschaft befördert werden könnten.                                Gaarden spielt in der Selbstwahrnehmung Kiels eine große Rolle.        Akzeptanz von Fassadenschmierereien. Wenn Verantwortungs-            Eine Überforderung ist auch, wenn ein Objekt als Bordell im
                                                                         Früher als Werftenstandort, heute als der »Multikulti-Stadtteil«       losigkeit spürbar wird, ist ganz deutlich ein »Broken-Window-Ef-     Wohnhaus wird, dann ziehen, wenn sie können, Familien aus der
     Gaardener Runde                                                     mit sozialer Schieflage. Zwar wirbt das Stadtteilbüro der Sozialen     fekt« wahrzunehmen. Dann wird weiter zerstört, verschmiert,          Nachbarschaft fort.
                                                                         Stadt auf Studierendenspaziergängen für diesen Wohnort. Immer          vermüllt. Die Verursacher sind nicht die Eigentümer nicht selber,
     Über 100 Vereine, Institutionen, städtische Einrichtungen,          noch zieht nur ein kleiner Teil der Studierenden nach Gaarden,         es sind auch nicht die Mieter, belastet diese aber. Das machen       Schon im ersten Jahr des Bestehens von WohnWERT Gaarden hat
     Politiker, Geschäftsleute und Einzelpersonen sind seit 2001 an      doch im Studienzusammenhang ist das Interesse an Gaarden               diejenigen, die irgendwo anders selbst wieder Mieter sind. Wenn      man sich mit dem Thema »Wohnungsbordelle« befasst. Sowie
     der Gaardener Runde beteiligt. Die Gaardener Runde will einen       dauerhaft groß. Wiederholt suchen Studierende der Sozialen             Vandalismus bekämpft werden soll, müssen in erster Linie die         man in Google Maps Gaarden suchte, fiel die im Kirchenweg
     Beitrag zur Entwicklung des Stadtteils und zur Vertretung »Gaar-    Arbeit, Geschichte, Geographie oder Soziologie den Kontakt zu          Eigentümer handeln. Wenn die Fassaden auch nach Jahren nicht         verortete Werbung eines Wohnungsbordells auf. Recherchen im
     dener Interessen« leisten. Ein ganz zentrales Thema ist immer       WohnWERT. Meist sind es Führungen mit Gesprächen oder Inter-           von Schmierereien und Tags befreit werden, leiden viele Mieter       Internet ergaben, dass 11 weitere Angebote dieser Art im Quar-
     wieder die Wohnsituation in Gaarden. Durch WohnWERT hat die         views, die in Haus-, Bachelor- oder Masterarbeiten ihren Nieder-       unter dem Erscheinungsbild ihres Eingangsbereiches.                  tier vorhanden waren, alle in gewöhnlichen Wohnhäusern. Keiner
     Gaardener Runde einen Gesprächspartner auf Seiten der privaten      schlag finden.                                                                                                                              der WohnWERT Eigentümer wusste von Bordellen im eigenen
     Vermieter bekommen. Gezielt wird WohnWERT zu Themenaben-                                                                                   Um einem Straßenbereich einen negativen Ausdruck zu geben,           Haus. Sie befanden sich jedoch oft in direkter Nachbarschaft.
     den auf das Podium geladen.                                         Problemimmobilien                                                      braucht es nur wenige »verantwortungslose Häuser« zwischen           Es bestand die Ansicht, dass diese Form von Gewerbe in einem
                                                                                                                                                den engagierten Eigentümern. Dies wirkt sich oft auf die ganze       Wohnhaus nichts zu suchen habe und die Stimmung im Haus
     Arbeitskreis Immobilienwirtschaft der IHK Kiel                      Für das Bundesinnenministerium erarbeitet das Bundesins-               Straße aus und sogar die Engagierten versprechen sich nichts         und in der Nachbarschaft negativ beeinflusst. Deshalb beschloss
                                                                         titut für Bau- Stadt- und Raumforschung (BBSR) die Studie:             mehr davon zu investieren. Stillstand droht. Einige Eigentümer,      man eine Petition an die Landeshauptstadt Kiel zu schicken.
     Immobilienwirtschaftler aus dem Bereich der IHK Kiel äußerten       Problemimmobilien – Herausforderungen und Lösungen im                  die auch in anderen Stadtteilen Kiels Mietshäuser besitzen, inves-
     den Wunsch, die Quartiersentwicklung von Gaarden aus der            Quartierskontext. Das BBSR hat Kontakt zu WohnWERT Gaarden             tieren dort, in Gaarden aber nicht. Auf Anfrage von WohnWERT
     Sicht von WohnWERT kennenzulernen. Zusammen mit dem                 aufgenommen und zu den Arbeitsgruppensitzungen nach Berlin             wurde geäußert, dass sie auf der Gaardener Seite der Kieler Förde
     Wirtschaftsbüro Gaarden wurde in den Versammlungsraum der           eingeladen. WohnWERT wird als gutes Beispiel angesehen, wie            nicht investieren würden, dort würde die Vermietung auch ohne
     türkischen Gemeinde eingeladen. Für die Akteure in Gaarden ist      sich engagierte Vermieter mit der Nachbarschaft ihrer Häuser           Investitionen funktionieren.
                                                                         beschäftigen, wie sie Stellung nehmen und beispielhaft nach
                                                                         Lösungen suchen.
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