Exkursion nach China 2018 - TU Darmstadt

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Exkursion nach China 2018 - TU Darmstadt
Exkursion nach China 2018
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Exkursion nach China 2018
   Peking, Changsha, Shanghai, Zhangjiaje

            Excursion to China 2018
      Beijing, Changsha, Shanghai, Zhangjiaje

Department of Civil and Environmental Engineering Sciences
        of the Technischen Universität Darmstadt

Fachbereich 13 - Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften
            der Technischen Universität Darmstadt

   Institute of Structural Mechanics and Design (ISM+D)
          Department for Steel Construction (IFSW)

          Institut für Statik und Konstruktion (ISM+D)
                   Fachgebiet Stahlbau (IFSW)

           Professoren Knaack, Lange, Schneider

                       Darmstadt 2018
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Eine Reise in das „Reich der Mitte“ aus der Perspektive der Fach‐
gebiete Statik, Fassadentechnik und Stahlbau der Technischen
Universität Darmstadt.
In der Landeshauptstadt Peking konnten neben dem Besuch von kulturel‐
len Sehenswürdigkeiten, wie der verbotenen Stadt, im Bau befindliche
Hochhausprojekte hautnah erkundet werden. Ein erster Höhepunkt war
die Besichtigung der Firma North Glass, die zusammen mit nur einem wei‐
teren Unternehmen die Weltspitze für Spezialfassadengläser bildet. Nach
dem Besuch der größten Stahlbrückenbau‐Firma Chinas und der Besichti‐
gung des „Dragon’s Head“, dem östlichsten Teil der Chinesischen Mauer
am Golf von Bohai, Qinhuangdao, stand ein Aufenthalt im Nationalpark
von Zhangjiajie auf dem Reiseplan. Die Glasbodenbrücke und die atembe‐
raubende Landschaft waren weitere Höhepunkte der gesamten Exkursion.
Workshops an der Central South University von Changsha und der Part‐
neruniversität der TU Darmstadt, der Tongji University in Shanghai, boten
die Möglichkeit, didaktische Konzepte und aktuelle Forschungsarbeiten
der beteiligten Universitäten kennen zu lernen. Die Gespräche der Studie‐
renden untereinander über den Alltag im Studienleben waren ein großer
Erfolg, da hier nicht nur das Studium betreffende Inhalte sondern auch all‐
tägliche und kulturelle Besonderheiten ausgetauscht werden konnten. Die
Besichtigung der 26 Mio. Metropole Shanghai stellt den krönenden Ab‐
schluss der Bildungsreise dar. Unter anderem wurden das Urban Planning
Museum, der Oriental Pearl Tower sowie verschiedene historische Se‐
henswürdigkeiten der Stadt besucht.
Wir danken den Firmen Goldbeck, Krebs + Kiefer, Rossmanith und Lange +
Ewald sowie den „Freunden der TU Darmstadt“ für ihre großzügige Unter‐
stützung. Dr. Xiaofeng Shen führte uns durch die Hochhauswelt Pekings,
zum Fassadenglas Hersteller North Glass sowie zu einem hervorragenden
traditionellen chinesischen Abendessen wofür wir ihm sehr dankbar sind.

Exkursion nach China 2018
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Abb. 1 Reiseplan

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ...................................................................................................... 6
1. China .................................................................................................................. 7
     1.1 Geographie und Klima .............................................................................. 8
     1.2 Geschichte ................................................................................................ 8
     1.3 Infrastruktur und Verkehr ........................................................................ 10
     1.4 Bauindustrie ............................................................................................ 10
     1.5 Bildung und Wissenschaftsförderung ..................................................... 11
     1.6 Architektur ............................................................................................... 13
2. Peking ............................................................................................................... 14
     2.2 Geschichte .............................................................................................. 16
     2.3 Wirtschaft und Wissenschaft................................................................... 18
     2.4 Kultur und Sehenswürdigkeiten .............................................................. 19
3. North Glass ....................................................................................................... 21
4. China Railway Shanhaiguan Bridge Group ...................................................... 24
5. Die Chinesische Mauer .................................................................................... 26
     5.1 Geschichte .............................................................................................. 26
     5.2 Baumaterialien ........................................................................................ 27
     5.3 Verlust der Bedeutung ............................................................................ 28
6. Nationaler Waldpark Zhangjiajie....................................................................... 30
     6.1 Flora und Fauna ...................................................................................... 32
     6.2 Sehenswürdigkeiten ................................................................................ 32
7. Grand Canyon Glass Bridge............................................................................. 35
8. Changsha ......................................................................................................... 40
     8.1 Lage und Klima ....................................................................................... 40
     8.2 Geschichte und Stadtbild ........................................................................ 40
     1.2 Wirtschaft und Infrastruktur ..................................................................... 41
     1.3 Kultur und Sehenswürdigkeiten .............................................................. 43
9. Central South University ................................................................................... 45
     9.1 Laborbesuche ......................................................................................... 47
     9.2 Eindrücke und Studentenleben ............................................................... 49
10. Shanghai .......................................................................................................... 52
     10.1 Geschichte und Stadtbild ........................................................................ 52
     10.2 Kultur und Sehenswürdigkeiten .............................................................. 53
11. Tongji University ............................................................................................... 59
     11.1 Geschichte der Tongji ............................................................................. 62
     11.2 Laborbesuche ......................................................................................... 63
     11.3 Eindrücke und Studentenleben ............................................................... 66
Literaturverzeichnis ................................................................................................. 68

Exkursion nach China 2018
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1 China                                                                                   7

1. China
Tabelle 1 Zahlen und Fakten
                                 Volksrepublik China (Zhonghua Renmin Gongheguo),
Ländername und Gründung
                                 unabhängig seit 01.10.1949
Nationalfeiertag                 1. Oktober

Klima                            Im Norden kontinental, im Süden subtropisch
                                 9.597.995 km² Lage: Ostasien, 18° bis 53° nördliche Breite,
Fläche/Lage
                                 73° bis 135° östliche Länge
Zeitunterschied zu MEZ           + 7 Stunden
                                 Peking (Beijing), Einwohner: Großraum ca. 21,5 Mio., da-
Hauptstadt
                                 runter ca. 8 Mio. Wanderarbeiter
                                 ca. 1,382 Mrd. (Quelle: IWF), davon ca. 92% Han-
Bevölkerung
                                 Chinesen, sowie 55 Minoritäten
                                 Standard-Hochchinesisch („Putonghua“), Dialekte des Chi-
Landessprache
                                 nesischen, verschied. Minderheitssprachen
Währung                          1 Yuan (CNY) = 10 Jiao = 100 Fen
                                 Atheistische Staatsideologie; Buddhismus, Islam, Taois-
Religion                         mus, protestantische und katholische ‚Staatskirchen‘ sowie
                                 unabhängige Hauskirchen
                                 Sozialistische Volksrepublik
Staats-/Regierungsform,
                                 Staatsoberhaupt: Präsident Xi Jinping (seit März 2018)
Staatsoberhaupt und Regie-
                                 Regierungschef: Ministerpräsident des Staatsrats Li Keqi-
rungschef
                                 ang (seit März 2013)
                                 Zentralregierung in Peking, 22 Provinzen, 5 Autonome Re-
                                 gionen sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking,
Verwaltungsstruktur
                                 Tianjin, Shanghai, Chongqing), zwei Sonderverwaltungs-
                                 Regionen (Hongkong, Macau)
                                 Vereinte Nationen und zahlreiche Sonderorganisationen,
Mitgliedschaften in internati-
                                 Weltbank, Internationaler Währungsfonds IWF, Welthan-
onalen Organisationen
                                 delsorganisation WTO
                                 Fernsehen: Chinese Central Television CCTV
                                 Radio: Zentraler Volksrundfunk
Wichtigste Medien                Presse: u.a. Volks-, Wirtschafts-, Rechts-, Arbeiter-,
                                 Jugendzeitung, Guangming Ribao, Global Times und China
                                 Daily
Bruttoinlandsprodukt und
                                 2016: ca. 11.232 Mrd. USD, pro Kopf ca. 8.123 USD
BIP pro Kopf
Elektrischer Strom               220 Volt/50 Hertz, Mehrfachadapter notwendig

                                                                    Exkursion nach China 2018
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8                                                                         1 China

  1.1 Geographie und Klima
China befindet sich in Ostasien und erstreckt sich über ein Territorium von
9.597.995 km2. Die Ausdehnung in Nord‐Süd und Ost‐West‐Richtungen ist jeweils
größer als 4.200 km. Es ist somit das drittgrößte Land der Erde. Bei einer Bevölke‐
rung von circa 1,382 Milliarden kommen so etwa 144 Einwohnern auf 1 km² Flä‐
che. Die Verteilung der Bevölkerung erfolgt aufgrund unterschiedlichster geogra‐
phischer Gegebenheiten nicht homogen.
    Durch die große Ausdehnung finden sich in der VR China sehr unterschiedliche
Naturräume mit starken klimatischen Differenzen. So liegt zwar der Großteil des
Landes in der gemäßigten Zone. In Südost‐ und Zentralchina findet sich warm und
feuchtes (subtropisches), im Norden jedoch im Sommer gemäßigtes und im Winter
extrem kaltes und trockenes (kontinentales) Klima. In der Regenzeit von Juni bis
September kommt es häufig zu Überschwemmungen im Südosten sowie zu Taifu‐
nen an den Küstenregionen. Aufgrund seismischer Gegebenheiten kann es in China
jederzeit zu Erbeben kommen.

  1.2 Geschichte
          1.2.1. Vorindustrielle Zeit
Die Geschichte Chinas reicht bis Mitte des 18. vorchristlichen Jahrhunderts zurück.
Aus den damaligen, sich abwechselnden Dynastien ging etwa 200 v. Chr. der erste
selbst ernannte Kaiser hervor, der eine Einigung des zerspalteten Chinas sowie ei‐
ne Vereinheitlichung der Schrift und die Errichtung der Chinesischen Mauer zur
Fernhaltung nomadischer Reitervölker aus dem Norden erzielte. Machtwechsel
durch Volksaufstände und inneren Machtkämpfen führten im 5. Jahrhundert n.
Chr. zur 60‐jährigen Teilung Chinas.
   Bei der Wiedervereinigung wächst China wirtschaftlich durch den Handel mit
dem Westen über die Seidenstraße. Auch das Christentum gelangt erstmals nach
China und trifft auf den bereits verbreiteten Buddhismus. Während des 13. Jahr‐
hunderts führten militärische Gefechte zu einer Fremdherrschaft der Mongolen
und einem deutlichen Rückgang der Bevölkerung. Eine Bauernrevolte beendete
diese. In der nachfolgenden Dynastie wird die private Sklaverei verboten, China
entwickelt sich zu einer führenden Seenation, die Urbanisierung Chinas steigt an,
ebenso wie die Bevölkerungszahlen stetig anwachsen. Während dieser letzten,
noch über hunderte von Jahren anhaltenden Dynastie, erreicht China um 1800 sei‐

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1 China                                                                            9

ne größte Ausdehnung und produziert bereits etwa ein Drittel aller Waren welt‐
weit.

          1.2.2. Moderne Zeit
Erst 1911 wird der letzte Kaiser gestürzt. Es wächst die Zustimmung für die Ansätze
einer Republik mit Übergangspräsident. Jedoch wird bereits 1914 das Parlament
aufgelöst und ein Diktator reagierte mit Beendigung aller demokratischen Prinzi‐
pien. Die Kommunisten erlangen nach dem ersten Weltkrieg, mit einer Kriegserklä‐
rung an Deutschland, jahrzehntelangen Gefechte mit Japan, zusätzlich verstärkt
durch innere Auseinandersetzungen mit Nationalisten die Oberhand.
     Am 1. Oktober 1940 wird die Republik China von Mao Zedong, dem Vorsitzen‐
den der Kommunistischen Partei Chinas, ausgesprochen und er zum führenden Po‐
litiker gemacht. Von 1950 – 1953 kämpft China im Koreakrieg, eine große Hun‐
gersnot plagt das Land über 2 Jahre hinweg und politische Gegner werden verfolgt.
Mit dem Tod Maos 1976 beginnt der Modernisierungskurs: Friedens‐ und Freund‐
schaftsverträge mit früheren Kriegsgegnern werden unterzeichnet, durch die
Rückgabe der Kolonien Hongkong und Macau wird die Kolonialisierung Chinas be‐
endet. Zudem erhalten ausländische Investitionen Zugang nach China und Bezie‐
hung nach Russland und den USA werden aufgebaut.

          1.2.3. Gegenwart
Die Führung des Landes liegt 2018 bei der kommunistischen Partei mit Staats‐ und
Parteichef Xi Jinping. Gesetze treten durch seinen Erlass in Kraft, außerdem er‐
nennt und entlässt er Ministerpräsidenten, Stellvertreter und Staatskommissare. Er
verfolgt die von seinen Vorgängern begonnen Antikorruptionskampagne weiter,
durch die unter anderem gegen 187.000 Parteifunktionäre Strafverfahren eingelei‐
tet wurden. Gewählt wird er vom Nationalen Volkskongress, das mit etwa 3.000
Mitgliedern das größte Parlament auf der Welt darstellt. Die Abgeordneten werden
für 5 Jahre in eine Legislaturperiode gewählt und je Wahleinheit einer Delegation
zugewiesen. Seit März 2018 läuft die 13. Legislaturperiode.
    Zu den politischen Ausrichtungen der kommunistischen Partei zählen die natio‐
nale Souveränität, die politische Stabilität, der allgemeine Wohlstand und das ste‐
tige Wirtschaftswachstum. Unter ihrer Führung hat sich China innerhalb wenigen
Jahrzenten von einem Schwellenland zur zweitgrößten Volkswirtshaft entwickelt.
Allein ihre Agrar‐ und Industriereformen haben etwa 600 Millionen Menschen von
der Armut befreit. Seit 2002 können Vertreter aller Gesellschaftsschichten der Par‐

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tei beitreten, sodass Bauernorganisationen, Gewerkschaften und Unternehmens‐
verbände mit um die politische Linie der Partei kämpfen. In den letzten 8 Jahren
stieg die Anzahl er Neuzugänge über 10 Millionen, sodass zurzeit etwa 90 Millionen
Menschen der Partei angehören.

  1.3 Infrastruktur und Verkehr
Nur neun Jahre nach Eröffnung der ersten Strecke besitzt China das größte Eisen‐
bahnhochgeschwindigkeitsnetz der Erde. Auf eine Gesamtlänge des Schienennet‐
zes von rund 127.000 km, kommen 25.000 km Hochgeschwindigkeitsstrecken, wel‐
che alleine im Jahre 2017 um 3.038 km erweitert wurden. Zusätzlich existieren in
den Städten Shanghai und Peking gut ausgebaute, moderne U‐Bahnnetze.
    Des Weiteren besitzt die VR den zweitgrößten Luftverkehrsmarkt weltweit hin‐
ter den USA. Bis Ende 2017 fanden sich in China 224 zivile Flughäfen, wovon 32 ein
jährliches Passagieraufkommen von mehr als 10 Mio. aufweisen. Landesweit stieg
im Luftverkehr das Aufkommen allein von 2016 auf 2017 um 13% auf 552 Mio.
Passagiere.
   Zusätzlich stellt China in der Automobilbranche den größten Markt der Welt
dar und ist für deutsche Hersteller der wichtigste Einzelmarkt. 2017 wurden 24,7
Mio. Pkws verkauft, wobei auch hier ein Wachstumstrend zu beobachten ist. Die
Kehrseite davon stellt das immense Verkehrsaufkommen in den Städten und die
daraus resultierende Luftverschmutzung dar.

  1.4 Bauindustrie
Die öffentliche wie auch private Nachfrage in der Bauwirtschaft steigt ununterbro‐
chen. Gründe hierfür sind zum Beispiel das Bevölkerungswachstum, die landesweit
initiierte Urbanisierung, der große Energiebedarf und damit verbunden auch die
stark zunehmenden Umweltprobleme. Die Investition in alternative Energien führ‐
te dazu, dass China im Jahre 2013 weltweit die Hälfte aller Windenergieanlagen
aufgestellt und installiert hat.
    In den nächsten Jahren wird mit Wohnungen für etwa 100 Millionen neue Bür‐
ger gerechnet. Vor allem die Hochhausprojekte wuchsen im August 2016 um 12 %
an. Hierbei steigt auch die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Wohnraum für
eine größere Mittelschicht. Doch das lokale Umfeld birgt einige Risiken. Zu ihnen
gehören mangelhafte, unvollständige Lieferungen durch Unterlieferanten, Verga‐
befahren und Bürokratie. Bei kleinen und staatlichen Projekten ist eine Bevorzu‐

Exkursion nach China 2018
1 China                                                                                            11

gung lokaler Firmen erkennbar. Für die wenigen Projekte, die überhaupt für inter‐
nationale Anbieter in Frage kommen, gibt es einen hohen Andrang.
    Bedingt durch die schlechte Bauqualität der letzten Jahrzehnte sind viele Villen
und Appartements in der gehobenen Mittelschicht und im Luxusbereich renovie‐
rungsbedürftig. Vor allem deutsche Baustoffe und Zulieferprodukte kommen hier
zum Tragen, da die Sichtbarkeit des Produktes eine entscheidende Rolle spielt und
die verbunden Mehrkosten weniger stark ins Gewicht fallen.

    Abb. 2 Produktionswert der Baubranche in China in den Jahren 2000 bis 2013 in Billionen Yuan
                        (nach National Bureau of Statistics of China, 2018)

  1.5 Bildung und Wissenschaftsförderung
1996 ist in der VR China eine neunjährige Schulpflicht mit Unterricht in Ganztags‐
schulen eingeführt worden, welche jedoch aufgrund starker Unterschiede in der
Infrastruktur, bis heute nicht landesweit greift. Dadurch besteht noch immer ein
starkes Bildungsgefälle zwischen der Stadt‐ und Landbevölkerung sowie zwischen
einkommensstarken und ‐schwachen Familien. Nach erfolgreichem Bestehen der
Oberstufe beginnt ein vier‐ bis fünfjähriges Studium zum Bachelor oder ein zwei‐
bis     dreijähriges     Fachhochschulstudium.       Für    einen      zusätzlichen
Graduiertenabschluss werden weitere drei Jahre benötigt.
   Zwar besitzt China ein Hochschulsystem mit etwa 1050 Einrichtungen, darunter
190 Universitäten, doch die strenge Steuerung der Zulassung werden pro Jahrgang
nur circa elf Prozent der 18‐ bis 22‐jährigen Bewerberinnen und Bewerber an Uni‐
versitäten und 15 Prozent an anderen Hochschulen aufgenommen. Aufgrund des‐
sen haben viele junge Chinesen Interesse an einem Studium im Ausland. Während
2006 etwa 2,1 Millionen Studierende aus China im Ausland studierten, sollen es bis

                                                                         Exkursion nach China 2018
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2020 etwa 5,8 Millionen werden. Damit stellt China nicht ohne Stolz das weltweit
größte Kontingent an ausländischen Studierenden.
    Der Staat hat Interesse, durch rückkehrende Studierende Wissen ins Land und
auf den boomenden Arbeitsmarkt zu holen sowie Kooperationen mit internationa‐
len Universitäten zu etablieren. Dafür wurden im Hochschulbereich die vorhande‐
nen Kapazitäten in den vergangenen Jahren erheblich ausgeweitet und auch quali‐
tativ aufgewertet. Es finden sich laut Auswärtigem Amt mittlerweile mehr als 1.200
bilaterale Kooperationen zwischen deutschen und chinesischen Hochschulen. Ne‐
ben Äquivalenzabkommen über die Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hoch‐
schulbereich zwischen Deutschland und China, stellt die im März 2011 gegründete
Chinesisch‐Deutsche Hochschule (CDH) an der Tongji Universität in Shanghai das
umfangreichste deutsche Hochschulprojekt in China dar. In letzter Zeit wird von
Partei und Staat strenger auf die Einhaltung politisch‐ideologischer Vorgaben im
Hochschulleben geachtet.
    Um China weiter zu modernisieren und die Forschung und Entwicklung auf
Weltniveau zu bringen, wurde 1986 erstmals das staatliche "863" oder "Fackel"‐
Programm erstellt. Dieses förderte seither besonders die Grundlagenforschung zu
den Schlüsseltechnologien, um so einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensquali‐
tät sowie zur Innovation zu leisten.
    Die kommunistische Partei stieß noch 1995 eine Strukturreform in Wissen‐
schaft und Technik nach Maßgabe der „sozialistischen Markwirtschaft“ an. Heute
hingegen hat die Nationale Stiftung für Naturwissenschaften (NNSFC) einen Groß‐
teil der Forschungsförderung übernommen. Die Stiftung wird von internationalen
Fachleuten beraten, ist wettbewerbsorientiert und auch freier von direkter Ein‐
flussnahme durch die Politik. Ziel ist es auch hier unterentwickelte Regionen in
Zentral‐ und Westchina zu fördern. Um internationale Forscher zu gewinnen, wirbt
China unter anderem mit besonderen Standortfaktoren, wie großzügigen Rahmen‐
bedingungen in international umstrittener Forschung oder hoch qualifizierten und
motivierten, aber niedrig bezahlten Arbeitskräften. Als herausragende Leistung ei‐
nes NNSFC geförderten Projekts ist die Entschlüsselung des Reisgenoms zu nen‐
nen, welches die Entschlüsselung des Humangenoms des Wegs ebnete.
    Momentan fördert der chinesischen Regierung den Aufbau unternehmerischer
Strukturen von Forschungsinstituten. Als Schwächen des chinesischen Forschungs‐
systems gelten unterentwickelte Kontroll‐ und Überwachungsmechanismen bei
der Umsetzung von Gesetzen und Richtlinien und eine bislang unzureichende Ver‐
ankerung der Forschung in der Gesellschaft, wobei die Elite eine hohe Verantwor‐

Exkursion nach China 2018
1 China                                                                          13

tung zuteil kommt. Eine Förderung potenziell kritischer Disziplinen wie den Geis‐
teswissenschaften fehlt im Moment noch.

  1.6 Architektur
Der traditionell chinesische Baustil zählt neben dem europäischen und islamischen
zu den drei großen architektonischen Richtungen der Welt. Von grazilen Pavillons
mit geschwungenen Dächern, gebogenen Brücken mit geschnitzten Lackgittern zu
dem größten Verteidigungsbauwerk der Welt, die Chinesische Mauer, wird ein ho‐
her Wiedererkennungswert geschaffen. Dabei kommt es bei traditionell chinesi‐
scher Architektur weniger auf einzelne, sondern vor allem auf die Komposition un‐
terschiedlicher Gebäude an, die dadurch ein einheitliches Gesamtkonzept
darstellen.
    Während sich die Traditionen über mehrere Jahrhunderte wahrten, kam es ab
Mitte des 20. Jahrhunderts zum Entwickeln der modernen Chinesischen Architek‐
tur. Diese stand oftmals im Verruf ganze Gebäude aus dem Ausland zu kopieren
und maßstabsgetreu in der VR zu errichten.

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2. Peking
Peking (Beijing) ist die Hauptstadt der Volksrepublik China und derzeit der Zentral‐
regierung unterstellt. Sie ist das politische und kulturelle Zentrum des Landes. Das
Verwaltungsgebiet umfasst eine Fläche von 16.808 km² mit 21,7 Millionen Ein‐
wohnern (2015). Die Bevölkerungsdichte liegt damit bei 1.291 Einwohnern pro
km2. In der gesamten Metropolregion ist eine dichte Besiedlung vorzufinden. Pe‐
king ist in 16 Stadtbezirke und zwei Kreise eingeteilt. Die einzelnen Viertel und
Stadtteile sind mitunter sehr unterschiedlich.

          2.1.1. Lage und Klima
Die Stadt befindet sich im Nordosten Chinas. Sie ist der Nähe einer Bucht, etwa 50
m über dem Meer, im Norden der Nordchinesischen Tiefebene gelegen. Die
Hauptbestandteile dieser Ebene sind Geröll, Löß und Sand. Es besteht eine perma‐
nente Gefahr für Erdbeben. Das Klima dieser Region zeichnet sich trotz der Nähe
zur Küste durch trockene, kalte Winter und heiße, feuchte Sommer aus. Durch die
im 20. Jahrhundert andauernde schnell wachsende Bevölkerung und Wirtschaft
hat die Stadt mit einer starken Luft‐ und Wasserverschmutzung sowie Wasser‐
knappheit zu kämpfen. Die Luftverschmutzung soll durch Regulierungen der In‐
dustrie und des Verkehrs, die Wasserverschmutzung durch weitere Kläranlagen
und die Wasserknappheit durch ein Wasserumleitungsprojekt gemildert werden.

                      Abb. 3 Geographische Lage Pekings (freeworldmaps.net)

Exkursion nach China 2018
2 Peking                         15

           Exkursion nach China 2018
16                                                                      2 Peking

  2.2 Geschichte
Die Anfänge von Peking reichen bis in das 12. Jahrhundert vor Christus zurück.
Schon zu dieser Zeit war die Stadt ein Knotenpunkt für Handel zwischen verschie‐
denen Stämmen der Umgebung. Seit dem 10. Jahrhundert nach Christus ist sie un‐
ter wechselndem Namen Herrschaftssitz und seit dem 15. Jahrhundert meist die
Hauptstadt Chinas. Seither war sie auch Handels‐ und Verwaltungsmittelpunkt un‐
terschiedlicher Staatsgebilde.
    Peking war von 1264‐1368 Hauptresidenz der Mongolen, ab 1421 Sitz der
Mingkaiser und nach 1644 der Mandschukaiser. Nach dem Sturz der Mandschudy‐
nastie 1912 und der Ausrufung der Republik, war Peking bis 1928 das Zentrum von
Restaurationstendenzen, die die Wiederherstellung früherer gesellschaftlicher und
politischer Verhältnisse zum Ziel hatten. In diesen Jahren wurde Peking mehrmals
umbenannt, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um eine Hauptstadt han‐
delt.
    1949 nahm die kommunistische Volksbefreiungsarmee die Stadt ein. Daraufhin
erklärte sie die Führung der chinesischen kommunistischen Partei zur Hauptstadt.
Seitdem ist sie in dieser Eigenschaft das politische Zentrum der heutigen Volksre‐
publik, welche im selben Jahr ausgerufen wurde.

          2.2.1. Entstehung des Stadtbilds
Im Verlauf ihrer Geschichte wurde Peking immer wieder von neuen Herrschern
erobert, dabei Teile von ihr zerstört und neu aufgebaut. So auch unter den frühen
Mingkaisern zwischen 1368 und 1420. Die ältesten Mauerreste der Stadt stammen
aus der Zeit der Jindynastie (1115‐1234). Der Stadtentwurf baute auf der
vorherigen Anlage auf und wurde als Abbild des Kosmos konzipiert. Dieser ist nach
altem chinesischem Weltbild viereckig. Dementsprechend bestand das Konzept
aus drei ineinander gestellten, rechteckigen Bezirken mit Hauptachsen in den vier
Himmelsrichtungen. Diese Bezirke, also die Kaiserstadt, Innere und Äußere Stadt
waren jeweils ummauert und durch mächtige Torbauten zugänglich.
    Torbauten, Zeremoniell‐ und Palastgebäude lagen auf der von Norden nach Sü‐
den verlaufenden Hauptachse hintereinander hierarchisch gestaffelt und aufei‐
nander bezogen. Die nach Süden hin ausgerichtete, ummauerte und von einem
Graben umgebene Kaiserstadt bildete den zentralen Bezirk. Sie wird auch als „Ver‐
botene Stadt“ bezeichnet, da sie dem Volk bis zum Ende der Kaiserzeit unzugäng‐
lich war.

Exkursion nach China 2018
2 Peking                                                                                    17

             Abb. 4 Stadtplan mit den drei historischen Bezirken (orangesmile.com)

Außerhalb der inneren Mauer befanden sich in den vier Himmelsrichtungen be‐
deutende Tempelanlagen mit dem Erdaltar (Norden), Himmelsaltar (Süden), Son‐
nenaltar (Osten) und Mondaltar (Westen). Südlich der Kaiserstadt befindet sich der
Platz des Himmlischen Friedens, auf dem sich heute die Mao‐Zedong‐Gedenkhalle
und das Denkmal der Volkshelden befinden.
   Der Platz des Himmlischen Friedens ist der größte öffentliche Platz der Erde
und wird von der Großen Halle des Volkes, dem Museumskomplex, dem Tor des
Himmlischen Friedens und dem Qianmen, des früheren Tor der Südmauer der In‐
neren Stadt, umrahmt. Die verschiedenen Herrscher haben im Laufe der Zeit im‐
mer wieder Paläste und Tempel errichtet.
   Seit den 50er Jahren begann unter der kommunistischen Regierung ein um‐
fangreicher städtebaulicher Umgestaltungsprozess. Mit dem Ziel einer modernen
Hauptstadt des Volkes wurde der Großteil der historischen Bausubstanz zerstört
oder zweckentfremdet. Das hatte zur Folge, dass die alten Symbole der kaiserli‐
chen Zeit verschwanden und sich die Anzahl der Tempel und Denkmäler stark re‐
duzierte.

                                                                      Exkursion nach China 2018
18                                                                        2 Peking

    Unter der Anleitung von Fünfjahresplänen wurde Peking zur Industriebasis und
zum zentralen Verwaltungsstandort umgebaut. Ab den 1960er Jahren hatte Peking
hohe Wachstumsraten zu verzeichnen. Dieses Wachstum kam in einer anschlie‐
ßenden Phase fast zum Erliegen und normalisierte sich in den 1970ern. Die Zu‐
wanderung und andere wichtige Faktoren für das Bevölkerungswachstum wurden
seitdem in verschiedener Weise reguliert.
    Durch den enormen wirtschaftlichen Aufschwung in den 1990ern setzte sich
die Migration in die Stadt dennoch fort und hatte einen Zuwachs an Verkehr,
Wohnungsbedarf und Verschmutzung zur Folge. Dadurch musste der Stadtplan
verändert werden. Er sieht im Osten der Stadt einen industriellen Gürtel vor, der
regionale Entwicklung ermöglichen und die künftige Nachfrage der Bevölkerung
und Industrie befriedigen soll. Dagegen soll im Westen ein Ökoschutzgürtel und
Standort von umweltfreundlichen High‐Tech‐Industrien entstehen. Außerhalb die‐
ser beiden Gürtel sind Satellitenstädte geplant, um die überfüllte Kernstadt Pekings
zu entlasten.

  2.3 Wirtschaft und Wissenschaft
In Peking entwickelte sich die Industrie erst nach 1949 in stärkerem Maße und
steht heute, vom Wert der Produktion her gesehen, nach Shanghai an zweiter Stel‐
le. Während sich die neueren Industrieanlagen vorwiegend im Osten und den neu‐
en Satellitenstädten befinden, liegen die älteren im Westen der Stadt. Die dominie‐
renden Bereiche sind die Schwerindustrie mit Eisen‐ und Stahlproduktion,
Maschinen‐, Kfz‐, Lokomotiv‐ und Wagonbau sowie die petrochemische Indust‐
rie mit einer Erdölraffinerie.
    Die Leichtindustrie setzt sich vor allem aus elektrotechnischer, elektronischer,
Textil‐, polygraphischer und Nahrungsmittelindustrie zusammen. Weiterhin be‐
steht eine umfangreiche handwerkliche Produktion unter Anderem von Porzellan,
Elfenbein‐ und Jadeschnitzereien, Kupfergeschirr und Teppichen. In den Außenge‐
bieten wird Landwirtschaft in Form von Gemüse‐ und Obstbau, Baumwoll‐ und
Erdnußanbau sowie Kleintierhaltung betrieben. Infolge der Modernisierungspro‐
zesse beschleunigt sich der Strukturwandel der Wirtschaft und immer mehr Men‐
schen finden Beschäftigung im Dienstleistungssektor. Um die benötigte Energie be‐
reitzustellen, wird die Stadt neben Wasserkraftwerken von mehreren
Wärmekraftwerken auf Gasbasis versorgt.
   Die wichtigsten Bildungseinrichtungen Pekings sind die verschiedenen Akade‐
mien und die zahlreichen Universitäten, Hochschulen, Institute sowie Forschungs‐

Exkursion nach China 2018
2 Peking                                                                                19

einrichtungen. Die meisten dieser Einrichtungen befinden sich im Haidian‐Bezirk im
Nordwesten der Metropole. Im akademischen und technischen Bereich sind über
250.000 Menschen angestellt. Das macht die Stadt zu einem wichtigen Wissen‐
schaftsstandort.

           2.3.1. Infrastruktur
Als Hauptstadt bildet Peking auch einen Knotenpunkt des Straßen‐ und Schienen‐
netzes und verfügt über mehrere Flughäfen. Durch einen fünffachen Stadtring wird
der Straßenverkehr entlastet. Das Autobahnnetz wird ständig erweitert. Für den
öffentlichen, innerstädtischen Verkehr dient neben Bussen seit 1969 eine U‐Bahn.
Seit einigen Jahren erlebt Peking einen Bauboom. Sowohl die bebaute Fläche, als
auch die Höhe der Gebäude nehmen immer weiter zu. Vor allem im Zusammen‐
hang mit den olympischen Spielen 2008 wurden umfassende Sanierungsprojekte
gestartet. Neben dem Ausbau der Infrastruktur sollten die Luftverschmutzung ver‐
ringert, Freiflächen begrünt und verschmutzte Kanäle erneuert werden.

                          Abb. 5 Eindrücke des modernen Pekings

  2.4 Kultur und Sehenswürdigkeiten
In Peking und Umgebung sind zahlreiche Kultureinrichtungen und Sehenswürdig‐
keiten zu finden, die in der heutigen Zeit vor allem für den Tourismus von Interesse
sind. Zu den bekanntesten zählt der ehemalige Kaiserpalast mit dem Palastmuse‐
um in der Verbotenen Stadt. Die verbotene Stadt galt als Machtsymbol des Kaisers.
Sie beherbergt viele Paläste und prunkvolle Gebäude. In der Stadt selbst ist eine
Vielzahl von Theatern und Museen vorzufinden, wie das Museum der chinesischen

                                                                  Exkursion nach China 2018
20                                                                                       2 Peking

Geschichte, der Museum der chinesischen Revolution, sowie das Naturhistorische
Museum, die Peking Oper und der Tian’anmen‐Platz, der größte Platz der Erde mit
dem Tor des Himmlischen Friedens. Auch mehrere bedeutende Bibliotheken, ein
Planetarium und einen zoologischen sowie botanischen Garten bieten Ausflugsziele
an. Die Gegend des Sommerpalasts nordwestlich des Stadtzentrums, besteht aus
großen, teils neu angelegten Parkanlagen, die zur Erholung und Entspannung ge‐
nutzt werden. Weitere bekannte Sehenswürdigkeiten sind unter Anderem der Glo‐
ckenturm, der Trommelturm, der Himmelstempel, der Konfuziustempel, der Lama‐
tempel, der Tempel der weißen Pagode und der Beihai‐Park. Die großzügigen
Tempel‐ und Parkanlagen waren der Mittelpunkt der Stadt und Ausdruck chinesi‐
scher Herrlichkeit und Machtentfaltung. 2008 war Peking der Austragungsort der
olympischen Spiele. Das dafür eingerichtete Olympischer Gelände befindet sich
nördlich des Zentrums und hat seit Abschluss der Spiele einen ausgeprägten Park‐
charakter. Der bekannteste erhaltene Abschnitt der Chinesische Mauer ist in ca. 70
km Entfernung gelegen. Etwa 20 km westlich von Peking befinden sich die West‐
berge mit mehreren buddhistischen Tempeln.

  a)                                                         b)

   c)                                             d)
        Abb. 6 a) Verbotene Stadt, b) Himmelstempel, c) „Bird´s Nest“, d) Tempel im Beihai‐Park

Exkursion nach China 2018
3 North Glass                                                                                  21

3. North Glass
Die Reisegruppe der TU Darmstadt besichtigte am 18.9.2018 das Werk in der Nähe
von Beijing. Die Besichtigung bestand aus einem Rundgang durch die Fertigungs‐
halle und die Glaslabors sowie anschließendem Vortrag über das Unternehmen
und Mittagessen. Der vorliegende Artikel schildert einige Eindrücke und Informati‐
onen der Werksführung.
    Der Glasproduzent North Glass ist ein weltweit agierendes Industrieunterneh‐
men, das auf große Architekturgläser spezialisiert ist. Die Kurzform „North Glass“
steht stellvertretend für den vollständigen Name „Luoyang North Glass Technology
Co., Ltd.“. Das Unternehmen wurde 1995 als erstes staatliches, chinesisches Glas‐
industrieunternehmen gegründet. Hinter der Gründung steckte der politische Ge‐
danke, neue innovative Prozesse in China zu etablieren, um die Entwicklung des
Landes voranzubringen.
    Aktuell wird an den Produktionsstandorten in Luoyang, Shanghai, Tianijn, Bei‐
jing und Guangdong Glas gefertigt. Zudem entwickelt und baut das Unternehmen
eigene Maschinen zur Glasproduktion. Das Werk in der Nähe von Beijing besteht
aus einer ca. 500 m x 200 m große Produktionshalle mit integrierten Prüflabors, in
der ca. 300 Mitarbeiter tätig sind.

    a)                                                          b)
         Abb. 7 a) Glasausstellung in der North Glass Fertigungshalle, b) gekrümmte Scheiben

North Glass‐Gläser sind in zweierlei Hinsicht besonders: sie weisen rekordverdäch‐
tige Abmessungen und Krümmung auf. Im Laufe der Werksführung konnte eine
der größten Glasscheiben der Welt besichtigt werden. Sie ist ca. 1,5 cm dick, 3,3 m
hoch und 18 m lang. Der Verkaufspreis einer solchen Scheibe beträgt ca. 200.000

                                                                         Exkursion nach China 2018
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€. Gekrümmtes und großformatiges Glas ist in hochkarätigen architektonischen
Anwendungen eingesetzt, um die gewünschte Markenidentität zum Ausdruck zu
bringen.

a)                                                               b)
Abb. 8 a) Exkursionsgruppe und Mitarbeiter der North Glass vor der Rekordscheibe, b) Eingang des App
                                        le Stores in Shanghai

Diese Größe von Glasscheiben ist nur herstellbar, da North Glass eine selbstentwi‐
ckelte „Tempering“‐Maschine einsetzt, die bis zu 3,6 m x 18 m große Gläser vor‐
spannen kann. Diese Maschine ermöglicht es zudem Gläser während des Vor‐
spannprozesses zu krümmen. Eine ähnliche Maschine ist weltweit nur noch beim
deutschen Glashersteller Seele zu finden. Grundsätzlich erfolgt die Glasfertigung in
8 Schritten, die alle im Werk zu sehen waren:
      1) Zuschneiden der Glasplatten
      2) Bohren und Fräsen von Aussparungen
      3) Nachschleifen
      4) Vorspannen
      5) Reinigen der beiden Zwischenflächen
      6) Laminieren
      7) Erhitzen in einem Autoklaven unter hohem Druck
      8) Prüfung von Probekörpern (intern und extern)

Die Schwierigkeit bei der Herstellung gekrümmter, tragfähiger Gläser liegt in dem
Laminieren verschiedener Schichten aufeinander. Das Laminieren ist notwendig, da
im Glasbau eine Scheibe aus verschiedenen Schichten mit unterschiedlichen Funk‐
tionen zusammengesetzt wird. Eine klassische Glasscheibe besteht aus einer tra‐
genden Schicht, die in der Lage ist die Last alleine zu tragen. Diese wird ergänzt um

Exkursion nach China 2018
3 North Glass                                                                       23

eine gleichdicke Scheibe, für den Fall, dass die erste Scheibe ausfällt. Des Weiteren
wird jeweils oberhalb und unterhalb der Scheiben eine Verschleißscheibe ange‐
ordnet, die Kratzer von den tragenden Schichten abhalten sollen.
    Beim Laminieren und Fertigen der einzelnen Schichten von gekrümmten Schei‐
ben ist eine sehr hohe Präzision nötig, da eine Nachbearbeitung die Glasstruktur
beschädigen würde. Die einzelnen Schichten erhalten ihre hohe Tragfähigkeit
durch Vorspannung. Dabei wird die geringe Zugfestigkeit von Glas durch einge‐
prägten Druck erst bei einer höheren Belastung erreicht. Zur Herstellung der ein‐
zelnen Schichten wird von North Glass Salzwasser‐Tempering (bei sehr dünnen
Schichten) und Heißluft‐Tempering (bei sehr großen Scheibendicken) eingesetzt.
    Ein bekannter amerikanischer Technologiekonzern, dessen Logo engverbunden
ist mit einem hessischen Getränkeklassiker, ist einer der Auftraggeber von North
Glass. North Glass stellt für diesen Konzern große, fugenlose Fensterscheiben und
Treppenelemente her, die zur Einrichtung transparenter Verkaufsräume dienen. Im
Gegenzug inspiriert das amerikanische Unternehmen auch North Glass zu neuen
Produkten, auch um eine preiswertere Alternative zum deutschen Hersteller Seele
am Markt zu fördern.
    Was über die Betrachtung außergewöhnlicher Glasbauteile hinaus in Erinne‐
rung bleiben wird, ist die große Gastfreundschaft, die der Reisegruppe der TU
Darmstadt zuteilwurde. Neben den ausführlichen Erläuterungen technischer De‐
tails durch den Sales Director Chunchao Li ist in diesem Zusammenhang die Einla‐
dung zum Mittag und Abendessen hervorzuheben. Deshalb war es uns eine beson‐
dere Freude Herrn Li und einige Mitarbeiter von North Glass beim Pekingente‐
Essen am Abend persönlich kennen zu lernen.

                                                              Exkursion nach China 2018
24                                          4 China Railway Shanhaiguan Bridge Group

4. China Railway Shanhaiguan Bridge
   Group
Der Besuch bei China Railway Shanhaiguan Bridge Group Company, kurz CRSBG,
am 20.9.2018 beginnt mit einer Führung durch die Zentrale des Betriebs. Dabei
wird von Mitarbeitern das Unternehmen und dessen Geschichte vorgestellt. CRSBG
stellt Brücken aus Stahl sowie Stahlträger für Verbundbrücken an fünf verschiede‐
nen Standorten in China her und verschifft diese weltweit. Unter anderem wird
von CRSBG auch die neue Rheinbrücke in Leverkusen gefertigt. In einer interessan‐
ten Führung durch das betriebseigene Museum erhält man beeindruckende Einbli‐
cke in die Geschichte des 1814 gegründeten Unternehmens.
    Die Projekte, die im Museum des Unternehmens vorgestellt werden, sind sehr
eindrucksvoll. Auf anschauliche Art und Weise werden Brückenbauwerke vorge‐
stellt, die in ihrer Dimension das deutsche Denken weit übersteigen. Die Sutong‐
Bridge, welche mit 1018 m Spannweite und einer Gesamtlänge von mehr als 8 km
zu den größten Brückenbauwerken der Welt gehört und den Jangtse überquert; ist
nur eines von vielen Bauwerken, die dem Besucher als digitales oder tatsächliches
3D‐Modell präsentiert werden.

a)                                     b)
                     Abb. 9 a) 3D‐Modell der Sutong‐Brücke b) Produktionshalle

Nach einer Mittagspause, in welcher gut und üppig, gemeinsam mit Mitarbeitern
des Unternehmens gespeist wurde, ging der Tag weiter mit einer Führung durch
die Produktionsstätten. Der Hauptsitz des Unternehmens in Shanghaiguan, wel‐
cher an diesem Tag besucht wurde, besteht aus mehreren Produktionshallen, in
denen alle typischen, für die Herstellung von Stahlbauteilen erforderlichen, Pro‐
duktionsschritte durchlaufen werden. Der weltweite Export erfolgt von einem Ha‐
fen, der sich auf einer künstlich angelegten Insel in Südchina befindet. An diesem
Standort werden die Bauteile, welche als Einzelteile dorthin transportiert werden,

Exkursion nach China 2018
4 China Railway Shanhaiguan Bridge Group                                                 25

zu größeren Teilen zusammengeschweißt und verschifft. Die 5.000 Mitarbeiter am
Standort Shanghaiguan leben zu großen Teilen auch auf dem Gelände der Firma.
Über Einrichtungen wie Schulen, Sportplätze und sogar einem Krankenhaus,
schafft das Unternehmen eine gute Bindung der Mitarbeiter.
    Bei der Führung durch die Betriebsstätten kann zunächst beobachtet werden,
wie der Stahl in großen Blechen durch eine Maschine geführt wird, in welcher er
von Flugrost gereinigt und ggf. mit einer Beschichtung versehen wird, die auch bei
hoher Luftfeuchtigkeit für eine gute Schweißnahtqualität sorgt. Im Anschluss daran
werden die Bleche zugeschnitten und die Schweißnähte vorbereitet. Das Auf‐
schweißen der Steifen für die Herstellung orthotroper Platten geschieht halb‐ bis
vollautomatisch. Dann folgt das Bohren oder Stanzen von Löchern und das Fräsen
von Flächen, auf denen später große Kräfte auf Druck übertragen werden müssen.

                        Abb. 10 Fachwerkknoten in der Produktion

Im letzten Abschnitt der Halle, wo die einzelnen Bleche zusammengeschweißt
werden, wird bereits erkennbar welchen Zweck die Bauteile in Zukunft erfüllen
werden. Besonders beeindruckend war hier die Herstellung von Stäben und Kno‐
ten einer künftigen Fachwerkbrücke, welche in Malaysia errichtet werden soll. Al‐
lein eine Diagonale dieses massiven Bauwerks ist so groß, dass Durchstiege für das
Herstellen und Warten realisiert werden müssen. Blechdicken von bis zu 10 cm
sind keine Seltenheit. Auf dem Bild sind zwei Fachwerkknoten dieser Brücke zu er‐
kennen, die noch lackiert und verschifft werden müssen.
Zum Schluss konnte noch die Halle besichtigt werden, in welcher die Bauteile be‐
schichtet werden, bevor sie schließlich auf dem Hof gelagert werden bis sie weiter‐
transportiert werden. Am Abend konnte man noch die wunderschöne Altstadt von
Shanghaiguan besichtigen bevor es am nächsten Tag zum Drachenkopf, dem Ende
der Chinesischen Mauer, und von dort aus weiter nach Zhangjiajie ging.

                                                                   Exkursion nach China 2018
26                                                               5 Die Chinesische Mauer

5. Die Chinesische Mauer
Die “Wanli Chang Cheng” (“10.000 Li lange Mauer”), die auch als “Große Mauer”
bekannt ist, gilt als das größte Bauwerk der Erde. Länger als 2.000 Jahre wurde an
dieser Anlage militärischen Nutzens gebaut. Einschließlich aller Verzweigungen be‐
trug die Gesamtlänge etwa 6.330 km. Sie verläuft über Hügel, an Bergkämmen ent‐
lang und durch Täler in west‐östlicher Richtung, außerdem durch mehrere Provin‐
zen des Jiayuguan‐Pass bis zum Shanghaiguan‐Pass an der Ostküste (Abb. 11). Die
in ihrer heutigen Gestalt vor allem aus der Ming‐Epoche (1368‐1644) stammende
Mauer, wurde 1987 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenom‐
men.
    Im eigentlichen Sinne war die Mauer nie als Grenzbefestigung gedacht, son‐
dern eher als eine militärische Linie der Verteidigung. Ihr Nutzen bestand bis zur
Mitte des 17. Jahrhunderts darin, das chinesische Reich vor Angriffen von Noma‐
denvölkern aus dem Norden zu schützen. In darauf folgenden Epochen schwand
ihre strategische Bedeutung für das Kaiserreich. Die Maueranlagen verfielen zu‐
nehmend, da die chinesischen Kaiser vermehrt auf diplomatische Bemühungen
oder militärisch abschreckende Maßnahmen setzte, um ihr Reich vor Angriffen zu
bewahren.

                    Abb. 11 Verlauf der Chinesischer Mauer (wissenmedia.com)

  5.1 Geschichte
Im 7. Jahrhundert v. Chr. entstanden vermutlich die ersten Vorläufer der Chinesi‐
schen Mauer. Die sieben zu dieser Zeit existierenden, unabhängigen Königreiche
errichteten jeweils eigene Wehranlagen und Mauern in militärisch gefährdeten

Exkursion nach China 2018
5 Die Chinesische Mauer                                                          27

Regionen, z.B. auf Gebirgspässen. Anlagen waren, verglichen mit der „Großen
Mauer“ eher kurz und dienten zunächst vor allem dazu, Grenzen zwischen den
Reichen untereinander zu definieren. Seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. stießen zu‐
nehmend Nomadenvölker aus dem Norden gegen die nördlichen chinesischen Rei‐
che vor. Deswegen wurden die Mauern auch zu Verteidigungszwecken nach außen
hin gebraucht. Die Wehranlagen bestanden zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus
Mauersteinen im heutigen Sinne, sondern aus einem Gemisch aus Sand und Stei‐
nen. Die Anfänge der Mauer, wie man sie heute kennt, gehen auf die Zeit der Herr‐
schaft des “Ersten Kaisers” Chinas, Qin Shihuang, zurück. Nach der Unterwerfung
der anderen sechs Reiche im Jahr 221 v. Chr. gründete dieser erstmals ein großes,
geeintes chinesisches Reich. Er verband in den darauf folgenden Jahren seiner
Herrschaft einen Teil der vorhandenen Mauern zu einer großen, zusammenhän‐
genden Mauer, um sein Reich gegen Überfälle der Nomaden, welche nördlich sei‐
nes Reiches lebten, zu verteidigen.

  5.2 Baumaterialien
Die älteren Erdmauern bestanden überwiegend aus Lehmziegeln oder aus ge‐
stampfter Lößerde. In langen, bodenlosen Holzkästen wurde Erde, teilweise ver‐
mischt mit Kiesel und Steinen, gefüllt und dann mit Stampfern aus Holz festge‐
klopft. Hatte man auf diese Art eine mehrere Zentimeter hohe Schicht hergestellt,
wurden die Bretter an der Seite gelöst und etwas weiter oben wieder zusammen‐
gebaut, um eine weitere Schicht zu stampfen. Um die Erde schneller trocken wer‐
den zu lassen und den Wall stabilisieren, wurden zwischen den Erdschichten teil‐
weise Bambuslagen eingebracht. Es gibt noch Überreste dieser Erdmauern. Die
Erosion über die Jahrhunderte hat jedoch nur wenig davon übriggelassen. Im Ge‐
gensatz dazu sind die meisten Bruchsteinmauern bis heute verhältnismäßig gut er‐
halten. Da diese meistens in abgelegenen Gebirgsgegenden liegen, bekommt man
sie nur selten zu sehen. Rund 120 km von Peking entfernt, am Paß Huangyaguan,
gibt es noch ein gut erhaltenes Stück der Steinmauer, das aus dem 6. Jahrhundert
stammt.
   Ziegel wurden für den Mauerbau erst während der Herrschaft der Ming‐
Dynastie verwendet. Der Mauerabschnitt Badaling bei Peking besteht aus einem
tonnenschweren Fundament aus quaderförmigen Stein und Wänden aus grau‐
blauen Ziegeln. Der Raum zwischen den Wänden wurde mit Kiesel‐ und Kalksteinen
sowie Erde aufgefüllt und anschließend mit 4‐5 Schichten von Ziegelsteinen be‐
deckt. Eine so hergestellte Mauer war sehr widerstandsfähig und hielt mitunter
auch stärkeren Angriffen stand. Stellenweise wurden Felsen als Wände in die Mau‐

                                                           Exkursion nach China 2018
28                                                                  5 Die Chinesische Mauer

er integriert. In Wüstengebieten wurde die Mauer durch abwechselnde Sand‐ und
Kiesschichten sowie Ruten und Schilfrohr errichtet. An steilen Felswänden, wurde
die Mauer sogar herausgemeißelt, was man als “pishan qiang” (Meißelwand) be‐
zeichnete. Auf schroffen Felshängen wurden Holzgitterwände aufgebaut, wofür
man die Bezeichnung Felsen‐Gitter‐Mauer prägte. Im waldreichen Nordosten Chi‐
nas wurden Wälle aus rohen Baumstämmen errichtet, welche untereinander zu‐
sammengebunden waren. Nur noch aus historischen Schriften sind diese Teile der
Mauer bekannt, da sie der Witterung nicht langfristig standhalten konnten.

a)                                               b)
Abb. 12 a) Chinesische Mauer am Huangyaguan (wikimedia.org/rheins), b) in Badaling bei Peking (wiki
                                      media.org/Dolly442)

 a)                                             b)
      Abb. 13 a) Wachturm in Mutianyu (wikimedia.org/J. Samuel Burner) und b) Drachenkopf bei
                                           Qinhuangdao

     5.3 Verlust der Bedeutung
Ihre militärische Bedeutung verlor die Mauer mit dem Ende der Ming‐Dynastie
1644 und der Machtübernahme durch die Mandschuren, die die letzte chinesische

Exkursion nach China 2018
5 Die Chinesische Mauer                                                           29

Kaiserdynastie der Qing (1644‐1911) begründeten. Bereits während der Ming‐Zeit
lebten die Mandschuren in Gebieten nordöstlich der Chinesischen Mauer. Immer
weiter nach Süden drangen sie ab dem 17. Jahrhundert. Die Expansion wurde
durch innere Konflikte des Ming‐Reiches begünstigt. Aufstände und Intrigen am
Kaiserhof gefährdeten den Zusammenhalt des Reiches. 1644 eroberten die Mand‐
schuren Peking. Sie überwanden die Mauer an ihrem östlichen Ende mit Hilfe des
Ming‐Generals Wu Sangui. Da die neue mandschurische Qing‐Dynastie jetzt über
Gebiete auf beiden Seiten der früheren Grenze herrschte, verlor die Mauer als Ver‐
teidigungslinie ihre Berechtigung.
   Im Rahmen der Exkursion wurde der östlichste Teil der Chinesischen Mauer in
Qinhuangdao besichtigt. Hier am „Laolongtou“ (Drachenkopf) trifft die Mauer das
Meereswasser im Golf von Bohai.

                                                            Exkursion nach China 2018
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6. Nationaler Waldpark Zhangjiajie
Der Nationalpark Zhangjiajie ist der erste nationale Waldpark von China. Vor 60
Jahren wurde hier zunächst eine national geförderte Baumschule gegründet, bis
das Gebiet 1982 offiziell als nationaler Waldpark mit einer Größe von 48 km2 aner‐
kannt wurde. Er gehört zum Wulingyuan Landschaftsgebiet und befindet sich nörd‐
lich der chinesischen Stadt Zhangjiajie. Pro Jahr besuchen etwa 30 Mio. Touristen
den Nationalpark und generieren einen Umsatz von ca. 2,7 Milliarden US‐Dollar.
    Das Wulingyuan Landschaftsgebiet, welches seit 1992 als UNESCO‐Weltnatur‐
erbe und seit 2004 als UNESCO Weltgeopark eingetragen ist, besteht neben dem
Zhangjiajie Waldpark aus drei weiteren Landschaftszonen ‐ dem Naturpark Yan‐
gjiajie sowie den Naturschutzgebieten Suoxiyu und Tianzishan. Es besitzt eine Ge‐
samtfläche von ca. 370 km2 und befindet sich in der südchinesischen Provinz Hun‐
an, 270 km von der Provinzhauptstadt Changsha entfernt.

 a)                                b)
      Abb. 14 a) Lage von Zhangjiajie (zhangjiajietourism.us), b) Übersichtskarte vom Wulingyuan‐
                              Landschaftsgebiet (travelchinaguide.com)

Südlich von Zhangjiajie City befindet sich noch der nationale Waldpark Tian‐
menshan, dessen größter Berg mit 1.519 m der höchste im Gebiet von Zhangjiajie
ist. Er ist vor allem wegen des Himmelstors, der zugehörigen Himmelstreppe mit
999 Stufen und der Himmelsserpentine mit 99 Kurven bekannt. Der 60 m lange
Skywalk, der direkt an der steilen Felskante verankert ist, bietet hier einen spekta‐
kulären Blick von der Westseite des Tianmenshan‐Gipfels. Im Nordosten befindet
sich der Grand Canyon von Zhangjiajie, der von einer Hängebrücke mit Glaspanee‐
len überspannt wird.

Exkursion nach China 2018
7 Grand Canyon Glass Bridge                                                                    31

a)                                                             b)
     Abb. 15 a) Das Himmelstor im Tianmenshan‐Berg (flickr.com/BORIS G), b) Skywalk (wikime‐
                                       dia.org/Raki_Man)

Der Nationalpark ist zu 90 % bewaldet, sodass in Kombination mit dem sehr milden
Klima ein optimaler Lebensraum für viele Tiere geschaffen wird. Die Durchschnitts‐
temperatur in den Sommermonaten liegt bei moderaten 25° C, während die Tem‐
peraturen im Winter üblicherweise nicht unter null fallen. An über 200 Tagen im
Jahr herrscht entweder dichter Nebel oder starker Monsunregen. Diese relativ ho‐
hen Niederschlagsmengen resultieren in zahlreichen Bächen, Flüssen und Wasser‐
fällen. Das Gebiet wird von mehr als 3.000 dicht beieinander stehenden Quartz‐
Sandstein‐Türmen dominiert, welche bis zu 200 m hoch sind und zu beeindrucken‐
den Formationen gruppiert sind. Weiterhin sind im ganzen Wulingyuan Land‐
schaftsgebiet zahlreiche natürlich entstandene Brücken und Höhlen zu finden. Die‐
se ungewöhnliche Topografie ist aus einer Reihe von tektonischen
Plattenbewegungen in Kombination mit der Erosion durch Wasser beziehungswei‐
se Eis entstanden. Geologisch betrachtet ist das ganze Gebiet auch noch heute
nicht vollständig erschlossen und daher Gegenstand vieler Untersuchungen.

                              Abb. 16 Sandsteintürme im Waldpark

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  6.1 Flora und Fauna
Der Zhangjiajie Nationalpark besitzt eine sehr große Artenvielfalt. Alleine 500 ver‐
schiedene Baumarten sind hier vertreten, unter anderem der Urweltmammut‐
baum (Metasequoia glyptostroboides), der bis zur Wiederentdeckung in 1948 als
ausgestorben galt. Auch bekannt ist der Taschentuch‐ bzw. Taubenbaum (Davidia
involucrata), dessen weißen Blüten von weiten wie ein Schwarm weißer Tauben
aussehen. Von den 116 Arten an Wirbeltieren ist der Rhesusaffe (Macaca mulatta)
mit über 3.000 Tieren am meisten vertreten. Auch andere Makaken – mit blauer,
gelber und goldener Fellfarbe – sind im Wulingyuan Gebiet stark vertreten und den
Besuchern gegenüber sehr zutraulich (insbesondere wenn Schokolade oder Süßig‐
keiten angeboten werden…).
    Auch erwähnenswert ist der Chinesische Riesensalamander (Andrias davidia‐
nus), die größte Amphibie weltweit, welche akut vom Aussterben bedroht ist. Er
lebt in den kühlen, sauberen Bächen und Teichen des Nationalparks und kann nicht
an Land gehen, sodass die verschiedenen Populationen genetisch isoliert sind. Die
mit Schuppen gepanzerten Tannenzapfentiere (Manidae) sind zwar von ihrem Aus‐
sehen und ihrem Lieblingsessen (Termiten und Ameisen) mit Ameisenbären oder
Gürteltieren zu vergleichen, sind aber einer eigenen Familie zuzuordnen. Sie sind
aufgrund der Verwendung ihrer Körperteile in der traditionellen Chinesischen Me‐
dizin ebenfalls bedroht.

 a)                                 b)                                        c)
      Abb. 17 a) Rhesusaffe, b) Chinesischer Riesensalamander (wikimedia.org/Petr Hamerník) und
                             c) Tannenzapfentier (flickr.com/Mark Simpson)

  6.2 Sehenswürdigkeiten
Der Huangshizhai‐Berg (黄石寨), oder auch „Dorf der gelben Steine“, liegt im Wes‐
ten des Nationalparks und ist der Ausgangspunkt für den Pfad der Tannenwälder.
Er ist ca. 1.000 m hoch und besitzt die größte Aussichtsplattform im Zhangjiajie Na‐

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