Angewandter Arten- und Biotopschutz beim Landesverband Lippe - Vortrag anlässlich der 1. Lippischen Artenschutzkonferenz am 13.01.2018 ...
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Angewandter Arten- und Biotopschutz beim Landesverband Lippe Vortrag anlässlich der 1. Lippischen Artenschutzkonferenz am 13.01.2018
Verbandsvorsteher Helmut Holländer (1987): „Die wachsende Erkenntnis, daß für eine Sicherung der dauerhaften Leistungsfähigkeit land- und forstwirtschaftlicher Urproduktion die Verbesserung ihrer natürlichen Produktionsgrundlagen Boden, Wasser und Luft zwingend geboten ist, hat zu einer Verstärkung der Umweltschutz- bestrebungen des Landesverbandes Lippe geführt. Neben dieser Zielsetzung wird die Erhaltung vielfältiger Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren als kulturelle Aufgabe verstanden.“ 3
Lange Tradition im Biotop- und Artenschutz • Bereits 1970 beteiligte sich der LVL im Rahmen des Europäischen Naturschutzjahres an einem Wettbewerb des Landes NRW und erhielt eine Urkunde für besonders vorbildliche Leistungen auf dem Gebiet des Schutzes der Natur in der Freien Landschaft 4
Lange Tradition im Biotop- und Artenschutz z.B. Uferstreifenprogramm für alle Gewässerrandstreifen im Eigentum des LVL ab 1985 (15 Jahre vor der Wasserrahmenrichtlinie!) Beispiel Flussgebiet der Emmer: • 1985 Umfassende Kartierung mit Defizitanalyse • Bis Ende 1987 an Emmer und Niese 12,9 km Uferstreifen • 15.300 Gehölze auf Domänenflächen gepflanzt • Die Uferstreifen wurden aus Pachtflächen herausgenommen 6
Lange Tradition im Biotop- und Artenschutz z.B. Biotopvernetzung auf Ackerflächen seit 1985 Beispiel Domäne Fahrenbreite • Erarbeitung eines Biotopverbundplans • allein bis Ende 1987 wurden 2,3 km Hecken gepflanzt • 8.500 Gehölze auf Domänenflächen gepflanzt • Feucht- und Quellbereiche wurden Pachtfrei gestellt, dadurch ca. 3 ha Sonderbiotope der natürlichen Sukzession überlassen 7
Lange Tradition im Biotop- und Artenschutz Naturschutzgebiete auf LVL-Flächen (Auswahl früher Gebiete) • 1950 (1925) Donoperteich / Hiddeser Bent • 1961 (1928) Norderteich • 1970 (1926) Externsteine • Graureiherkolonie in Erder • 1991 Bielsteinhöhle mit Lukenloch Nach Aufstellung der Landschaftspläne mittlerweile mehr als 5.300 Hektar NSG auf Forstbetriebsflächen Hinzu kommen weitere NSG in Bach- und Flussauen auf landwirtschaftlichen Flächen 8
Waldeigentum des Landesverbandes Lippe Natura 2000 Gebiete in Lippe Hellgrün = FFH-Gebiete Schraffur = Vogelschutzgebiete Waldfläche LVL = 15.800 Hektar davon FFH-Gebiete = ca. 5.300 Hektar = 34 % 9
Die Forstverwaltung des LVL Leitung Forstabteilung 1 Diplom-Forstwirt, 1 Diplom-Forstingenieurin (FH) Forstreviere Stabsbereich Stabsbereich jagd-, fischerei- Verwaltung und gewässerökologische 11 Diplom-Forstingenieure/Innen (FH) Fragen pp. 3 Forstwirtschaftsmeister und 21 Forstwirte 5 Mitarbeiter/Innen 2 Diplom-Forstingenieure Zusammenarbeit mit Landesbetrieb Wald und Holz NRW Zertifizierte Externes Forstunternehmer Forsteinrichtungs- Zusammenarbeit mit werk Unterer Landschaftsbehörde des Kreises Lippe Zusammenarbeit mit Biologischer Station Lippe Zusammenarbeit mit Universität Göttingen und FH Hildesheim-Holzminden 11
Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt B 1.2.1 Wälder (2007) Waldbau beim Landesverband Lippe Waldbauliche Ziele (2006): „Unsere Vision für die Zukunft ist: Leitbild: „Funktionsgerechter Waldbau auf ökologischer Die Wälder in Deutschland weisen eine hohe Grundlage“ natürliche Vielfalt und Dynamik hinsichtlich ihrer Struktur und Artenzusammensetzung auf und Erhaltung und/oder Schaffung von stabilen, faszinieren durch ihre Schönheit. ertragsstarken (Massen- und/oder Wertertrag) Natürliche und naturnahe Waldgesellschaften und standortangepassten Waldbeständen haben deutlich zugenommen. (= Waldökosystemen) auf einem angemessenen Vorratsniveau, Die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder erfolgt die flexibel und umfassend auf zukünftige im Einklang mit ihren ökologischen und sozialen Veränderungen der Umwelt und/oder Gesellschaft Funktionen. reagieren können. Der aus Wäldern nachhaltig gewonnene Rohstoff Holz erfreut sich großer Wertschätzung.“ (z.B. auf den Klimawandel, Schadstoffbelastungen, extreme Witterungsereignisse, hohe Rohstoffnachfrage, neue Nutzungsansprüche oder Einnahmeerwartungen ) 12
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Vorratsentwicklung seit 1958 Efm.o.R. 3.725.944 4.000.000 3.145.778 2.743.963 3.500.000 2.584.230 2.269.389 3.000.000 2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 500.000 0 1958 1976 1986 1995 2009 15
Entw icklung des jährlichen Zuw achses seit 1958 Efm.o.R. 125.333 113.550 140.000 97.316 120.000 83.566 72.726 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 1958 1976 1986 1995 2009 16
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Die Waldbaustrategie des LVL ist auch ökologisch erfolgreich! • „Das Gebiet zeichnet sich durch eine mindestens landesweit bemerkenswerte Vielfalt von Arten großer, strukturreicher Wälder aus mit einer für den Standort typischen natürlichen Artenzusammensetzung.“ • „Z. B. beherbergt es die gesamte, potenziell vorkommende Palette der Waldeulen vom Sperlingskauz, Rauhfußkauz, Waldkauz über Waldohreule hin bis zum Uhu.“ • „Darüber hinaus kommen mit Klein-, Mittel-, Bunt-, Grün-, Grau- und Schwarzspecht alle in Nordrhein-Westfalen auftretenden Spechtarten vor.“ alle drei Zitate: LANUV (2011): Gutachten zur Eignung des Teutoburger Waldes als Nationalpark 20
Erhaltung und Förderung seltener Baumarten (mit Blick auf gebietsheimische Genressourcen u.a. in Kooperation mit der Forstgenbank) • Elsbeere • Speierling • Flatterulme (z.B. Weseraue) • Bergulme • Vogelkirsche • Moorbirke • Wildapfel und Wildbirne • Eibe 21
Seltene Wirbeltierarten in Wäldern des Landesverbandes: • Luchs • Wildkatze • Uhu • Schwarzstorch • Rotmilan • Fledermausarten • Spechtarten • … 22
III Nutzung und Biodiversität vereinbar? 23
Waldfunktionen: Ansprüche an den Wald (Auswahl) Einkommen Arbeitsplatz Nachwachsende Landschaftsbild (Heimat) Rohstoffe gesundheits- Klimaschutz fördernder WALD Erholungsraum Biotop- und Artenschutz Emissions- und Klimaschutz Wasser 24
Dichtungen, Hygieneartikel Membranen, Stoffe, Kleidung Beläge Filter Papier Faserbaustoffe Vulkanfiber Viskose Pappe Biokunststoff Zellulose Celluloid Dämmstoff Medizin Verpackungen Holzteer Holzessig Cellophan Holz-Metall- Isoliermaterial Verbundwerkstoffe Multitalent Holz Holzkohle Filteranlagen Holz-Kunststoff- z.B. Kläranlagen Verbundwerkstoffe Brennholz Häuser Bauholz Möbel Spielzeug 25
Bildquelle: Hochschule OWL / Asche, Dr. Norbert (2017) 26
1 Hektar Fichtenwald in Deutschland (Zahlen nach Schulze, E., 2016, Externe ökolog. Folgen v. Flächenstillleg. im Wald) Holzmasse = ca. 300 bis 400 Festmeter, Zuwachs je Jahr = ca. 11 Festmeter Bei Nutzung von ca. 8 Festmetern/Jahr und Ernteverlust von 20 % liefert der Hektar Wald pro Jahr ca. 6,4 Festmeter Holz 1 Hektar Fichtenwald im borealen Nadelwald Holzmasse = ca. 50 bis 150 Festmeter, Zuwachs je Jahr = ca. 1,5 Festmeter Bei Nutzung von ca. 1,5 Festmetern/Jahr und Ernteverlust von 50 % liefert der Hektar Wald pro Jahr ca. 0,75 Festmeter Holz Ergebnis: um 1 Hektar Nadelholz in Deutschland (= Sekundärwald) zu ersetzen, würden gut 8 Hektar Fichte im borealen Nadelwald (= womöglich Urwald) benötigt 27
Stichwort CO 2: Was sagt die Forschung? 28
Neuere umfassende Untersuchungen (u.a. Uni Göttingen) zur Artenvielfalt in Buchenwaldökosystemen deuten auf folgendes hin: • eine hohe Biodiversität auf Landschaftsebene stellt sich dann ein, wenn die Vielfalt der angebotenen Lebensräume hoch ist • Waldbausysteme, die räumliche und zeitliche Vielfalt erzeugen, scheinen die Biodiversität zu fördern • multifunktionale Forstwirtschaft schließt neben genutzten auch ungenutzte Flächen ein. Beide leisten einen bedeutenden Beitrag für den Erhalt einer hohen Artenvielfalt 29
Forstliche Bewirtschaftung von Buchenwaldökosystemen wirkt sich nicht per se negativ auf die Biodiversität aus Ammer (2017) in AFZ-Der Wald 17/2017 Waldbewirtschaftung und Biodiversität: Vielfalt ist gefragt! Aus Ammann, C. (2017): Waldbewirtschaftung und Biodiversität: Vielfalt ist gefragt 30
Textquelle: SVS BirdLife Schweiz 2011: Biodiversität: Vielfalt im Wald, 2011 Foto: Naturschutzgroßprojekt Senne, Internetseite 31
IV Kann Biotopschutz ein ökonomischer Wert sein? 32
Die Einnahmen aus dem Forst sind für den Landesverband Lippe von existenzieller Bedeutung Der LVL kann weitere Bewirtschaftungsauflagen allenfalls bei entsprechender Entschädigung verkraften 33
Abschätzung der Betriebsleistung nach Baumarten (DB I in €/ha) unterstellt Ekl. I,5 800,00 761,12 700,00 600,00 552,08 Euro je Hektar 500,00 386,34 400,00 377,64 320,29 306,00 296,80 300,00 222,19 200,00 120,49 100,00 0,00 e e h n e sie te l er e ch Al Al h ch pp ch ef rc la Bu Ei Ki Pa Lä Fi g ou D 34
Alt- und Totholz als Produkt des LVL-Forstbetriebes Totholzinventur (ø über 15 cm in 1 m Höhe) des LVL 2009: 21.480 fm stehendes Totholz 45.494 fm liegendes Totholz Wirtschaftlicher Wert ca. 2 Millionen Euro 35
Aktueller Hiebssatz gesamt: 127.736 Efm/Jahr 36
Alt- und Totholz als Produkt des LVL-Forstbetriebes Förderung des dauerhaften Erhalts von Alt- und Totholzbäumen: LVL: 2003/2004 insges. 2.591 Bäume in ausgewiesenen NSG ca. 6.500 fm Masse (Förderung 80 % des damaligen erntekostenfreien Holzpreises) Allerdings keine Entschädigung • für die dauerhaft entfallende Produktionsfläche und • für die dauerhaft erhöhten Aufwendungen für Verkehrssicherung und Arbeitsschutz Weitere Nachteile: • maximal 10 Bäume/ha förderfähig, • maximal einmalig 2.300 Euro/ha Förderbetrag • i.d.R. keine flächenhaften Elemente förderfähig (Altholzinseln) 37
Alt- und Totholz als Produkt des LVL-Forstbetriebes 10 ha Wildnisfläche am Großen Ehberg, Nutzungsverzicht auf 99 Jahre, 100 % gefördert durch das Naturschutzgroßprojekt Senne 38
Für den Artenschutz im lippischen Wald wichtig wären: • eine Ausweitung und bessere finanzielle Ausstattung von Förderprogrammen für Totholz und Altholzinseln • eine Förderung des Anbaus selten gewordener Laubbaumarten, die sich schwer natürlich verjüngen • ein spezielles, gefördertes Eichen-Anbauprogramm zum großflächigen Erhalt von Stiel- und Traubeneichenwäldern • Förderung der Nutzungseinschränkung von Sonderbiotopen (z.B. Heideflächen) 39
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V Förderung der Biodiversität durch Jagd und Fischerei 41
Leistungen der Jäger Großraubsäuger (Bär, Wolf, Luchs) sind in Lippe zur Zeit und wahrscheinlich auch in naher Zukunft nicht in relevanten Dichten vorhanden, um Schalenwildbestände einzuregulieren. Naturnahe Waldökosysteme können nur natürlich entwickelt werden, wenn Reh-, Rot- und Damwild in nicht zu hoher Dichte vorkommen. Dies geschieht seit Jahrzehnten durch Ausübung der Jagd. Den Wildbestand in seinem natürlichen Artenreichtum gesund zu erhalten sowie seine natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern und zu verbessern ist gesetzlicher Auftrag. Jagdausübung ist somit zur Zeit auch in Schutzgebieten unverzichtbar. Hier ist den Jägern in Lippe ausdrücklich zu danken. 42
Leistungen der Angler 1980er Jahre: Wiederansiedlung der Äsche in der Bega Seit 1990er Jahren Besatz weitestgehend mit Fischbrut • Fische als Futter/Wirt für viele andere Tiere im Nahrungskreis (ohne Fisch kein Eisvogel) Seit 1990er Jahren Wiederansiedlung von Edelkrebsen 1998 freiwilliger Hegeplan der Angler am Gewässersystem Bega 2000er Jahre: Eigenaufzucht von heimischen Besatzfischen (Genetik) Eigene Versuche zur Wiederansiedlung des Lachses in Bega und Exter 2015 Erstellung des Hegeplans für die Emmer in Eigenleistung Die Angler unterstützen die Bestrebungen zur Gewässerrenaturierung. 43
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 44
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