Predigtgedanken von Justin Rechsteiner - Nachlese: Justin Rechsteiner 3. Fastensonntag, Jahr B

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Predigtgedanken von Justin Rechsteiner - Nachlese: Justin Rechsteiner 3. Fastensonntag, Jahr B
Nachlese: Justin Rechsteiner
3. Fastensonntag, Jahr B

Predigtgedanken von Justin Rechsteiner
am 7. März 2021 in St. Maria, Luzern
3. Fastensonntag, Jahr B

                                   Evangelium nach Johannes Kapitel 2 Verse 13-25
13
   Das Paschafest der Juden war nahe
und Jesus zog nach Jerusalem hinauf.
14
   Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und
die Geldwechsler,
die dort saßen.
15
   Er machte eine Geißel aus Stricken
und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern;
das Geld der Wechsler schüttete er aus,
ihre Tische stieß er um
16
   und zu den Taubenhändlern sagte er:
       Schafft das hier weg,
       macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!
17
   Seine Jünger erinnerten sich,
dass geschrieben steht:
       Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren.
18
   Da ergriffen die Juden das Wort
und sagten zu ihm:
       Welches Zeichen lässt du uns sehen,
       dass du dies tun darfst?
19
   Jesus antwortete ihnen:
       Reißt diesen Tempel nieder
       und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.
20
   Da sagten die Juden:
       Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut
       und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten?
21
   Er aber meinte den Tempel seines Leibes.
22
   Als er von den Toten auferweckt war,
erinnerten sich seine Jünger,
dass er dies gesagt hatte,
und sie glaubten der Schrift und dem Wort,
das Jesus gesprochen hatte.
23
   Während er zum Paschafest in Jerusalem war,
kamen viele zum Glauben an seinen Namen,
da sie die Zeichen sahen,
die er tat.
Nachlese: Justin Rechsteiner
3. Fastensonntag, Jahr B

24
   Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an,
denn er kannte sie alle
25
   und brauchte von keinem ein Zeugnis über den Menschen;
denn er wusste,
was im Menschen war.

                                         Evangelium nach Markus Kapitel 11 Verse 15-19
15
   Dann kamen Jesus und seine Jüngerinnen nach Jerusalem.
Jesus ging in den Tempel
und begann,
die Händler und Käufer aus dem Tempel hinauszutreiben;
er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um
16
   und ließ nicht zu,
dass jemand irgendetwas durch den Tempelbezirk trug.
17
   Er belehrte sie
und sagte:
       Heißt es nicht in der Schrift:
             Mein Haus soll ein Haus des Gebetes für alle Völker genannt
             werden?
       Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.
18
   Die Hohepriester und die Schriftgelehrten hörten davon
und suchten nach einer Möglichkeit,
ihn umzubringen.
Denn sie fürchteten ihn,
weil das Volk außer sich war vor Staunen über seine Lehre.
19
   Als es Abend wurde,
verließ Jesus mit seinen Jüngerinnen die Stadt.

         Harmonie von Joh 2,13-25 und Mk 11,15-19 nach Justin Rechsteiner
Als Jesus mit seinen Jüngerinnen und Jüngern nach Jerusalem kam,
ging er in den Tempel,
wo er Verkäufer und Geldwechsler antraf.
Da machte er eine Peitsche aus Stricken (Joh 2,14)
und trieb sie alle hinaus.
Die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler stiess er
um ...
Da erinnerten sich seine Jünger an das Psalmwort (Joh 2,17):
       ‚Der Eifer für dein Haus verzehrt mich.’ (Ps 69,10)
Und Jesus rief aus:
       Heisst es nicht in der Schrift:
             ‚Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein für alle Völker’?(Jes 56,7)
Ihr aber habt daraus ‚eine Räuberhöhle’ (Jer 7,11) gemacht.
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3. Fastensonntag, Jahr B

Die Hohenpriester und einige Schriftgelehrten hörten davon
und berieten,
wie sie Jesus bei Seite schaffen könnten ...
Als es Abend wurde,
verliess er mit seinen Jüngerinnen und Jüngern die Stadt.

PREDIGTGEDANKEN
Diese Tempelreinigung hat es in sich: Sie steckt voller Zündstoff. Ich
erinnere mich an eine Diskussion, in der wir – damals eifrige
Studenten! – über diese Szene in Streit gerieten:

    Einige waren begeistert, dass Jesus es nicht bei blossen
     Pharisäer-Wehrufen bewenden lässt, sondern gegen das Böse
     zornig und handgreiflich vorgeht.

    Andere aber meinten, genau das passe nicht zu jenem Jesus,
     der sich so eindringlich für Gewaltlosigkeit einsetzt.

Wie kommt diese Szene bei Ihnen an, liebe Schwestern und Brüder?
Könnten auch Sie sich ereifern, und wenn ja, auf welcher Seite
streiten? Allerdings wäre der Streit insofern müssig, als Jesus beides
tat: gütig lehren und kraftvoll handeln. Diese Spannung lässt sich
nicht auflösen. Die Evangelien sind eben kein Gemischtwarenladen,
wo man sich Passendes auswählt und Unpassendes auf der Seite
lässt.

Wie ist Jesu Zorn zu deuten?
Die heutige Geschichte stellt den zornigen Tempelreiniger ins
Zentrum und damit die Frage: Wie ist sein Zorn zu deuten?

Schon die Jünger waren erstaunt über Jesu Vorgehen. Um ihn zu
verstehen, half ihnen ein Schriftwort. Sie erinnerten sich an den
Psalmvers: „Der Eifer um dein Haus verzehrt mich“ (Ps 69,10). Ihr
Meister war also nicht einfach übler Laune, rastete nicht blindlings
aus. Er wusste genau, was er tat, nämlich Ordnung schaffen aus
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3. Fastensonntag, Jahr B

Gotteseifer, aus heiligem Zorn. Nicht ein gekränktes Ego trieb ihn an,
sondern die Sache GOTTES, und die lag im Argen.

Dieses Arge springt in die Augen: Aus aller Herren Länder waren
Leute nach Jerusalem gereist und in den Tempel gekommen. Ihr
fremdes Geld konnten sie an Ort und Stelle wechseln und sich damit
die feilgebotenen Opfergaben erstehen. Dass sie dabei auch über’s
Ohr gehauen wurden, war dabei gang und gäbe. Dann aber wollten
auch sie mit den teuren Opfergaben ein Geschäft machen, ein
Geschäft mit GOTT: GOTT sollte gnädig gestimmt, der Opfernde von
Schuld losgekauft, sein Gewissen beruhigt werden. Gegen diese
geschäftliche Form der Gottesverehrung ging Jesus kompromisslos
vor – ganz im Sinne des Propheten Hosea: Barmherzigkeit will ich,
nicht Opfer! (Hos 6,6; Mt 9,13)

Mit Gott ins Geschäft kommen
Mit GOTT ins Geschäft kommen – geschäftliche Frömmigkeit –: Gibt
es so etwas auch heute? Es wäre zu harmlos, jetzt gleich an die
Devotionalien-Lädelchen vor dem Kloster in Einsiedeln oder an einem
anderen Wallfahrtsort zu denken. Auch wer hier vorne ein
Opferlichtchen anzündet oder mit dem heiligen Antonius einen
kleinen Deal zu machen versucht, bräuchte sich kaum vor der
Peitsche Jesu zu fürchten.

Ernster werden die Fragen, wenn es um das Geld der Kirche geht.
Wie wird es angelegt? Wird es im grossen Horizont – schweiz- und
weltweit – eingesetzt oder nur aus der Froschperspektive eines
Bistums, einer Pfarrei? Ich bin froh, dass das Fastenopfer jährlich
ein starkes kirchliches Zeichen der Solidarität mit den Ärmsten setzt.
Und nochmals bin ich froh zu wissen, dass die Kirchgemeinde Luzern
sorgfältig mit dem ihr anvertrauten Geld umgeht.

Geschäftliche Frömmigkeit hat noch andere Gesichter. Es gibt Leute,
die penetrant einen Glauben verkaufen, esoterisches Heil anpreisen
und dabei so gute Geschäfte machen, dass die Tempelhändler von
damals vor Neid erblasst wären.
Nachlese: Justin Rechsteiner
3. Fastensonntag, Jahr B

Schliesslich wird auch ‚geldlos geschäftet’, z.B. von theologisch-
spirituellen Marktschreiern – innerhalb und ausserhalb der Kirche.
Die treten so auf, als hätten sie GOTT persönlich über die Schulter
geschaut. Steif dogmatisch oder kalt juristisch versuchen sie, den
‚geistlichen Markt’ zu beherrschen. – Kritisch gefragt: Handeln solche
Leute evtl. mit ungedeckten Checks? Sind ihre Lehren blosse Theorie
oder aber Erfahrungsweisheit?

Korruption am Tempel
Jesu heiliger Zorn hatte noch einen andern unheiligen Grund. Über
die guten Geschäfte im Tempel Jerusalems rieben sich nicht nur
Händler und Wechsler die Hände. Vom florierenden Marktbetrieb
profitierte auch die Tempelbehörde. Bekannt ist, dass damals der
Hohepriester Hannas die Konzessionsgelder des gesamten
Taubenbazars einstrich. Jesus bedrohte also auch die
Nebeneinkünfte der oberen Zehntausend. Und da hörte der Spass
bekanntlich auf, wie immer, wenn es ums Portemonnaie oder um
Boni geht. Die Hohepriester und Schriftgelehrten gingen gezielt zur
Sache und berieten, wie sie den Tempelreiniger möglichst bald und
für immer zum Schweigen bringen könnten. Golgota war das
grausam erfolgreiche Resultat ihrer Beratung.

Engagement unter Lebensgefahr
Wusste Jesus oder rechnete er gar damit, dass sein heiliger Zorn
lebensgefährlich war? Wenn ja: Beeindruckt hatte es ihn nicht. Zum
Anliegen GOTTES liess er keine Alternative gelten:

    Die Räuberhöhle muss wieder ein Gebetshaus werden.

    Der veräusserlichte Opferdienst gehört abgeschafft.

    Eine innerlich sorgfältige Gottesverehrung soll ihn ersetzen.
Nachlese: Justin Rechsteiner
3. Fastensonntag, Jahr B

Kirche heute?
Liebe Schwestern und Brüder! Der jüdische Tempel damals, eine
christliche Kirche heute – gibt es Gemeinsamkeiten? - Unter dem
Markt-Aspekt sehe ich keine. Unsere Kirchen waren und sind in
erster Linie Gebetshäuser. Was heute aber nicht zu übersehen ist:
Oft bleiben diese Gebetshäuser gähnend leer ... Dagegen gibt es
andere Tempel die zum Bersten voll. Ich meine die Konsumtempel für
jeglichen Geschmack und jegliches Alter:

    Dort wird tagaus tagein geopfert, was das Zeug und Geld hält.

    Konsum heisst der Götze.

    Ihn zu verehren wird zur Religion, zu einer
     menschenschädlichen und darum gotteslästerlichen ...

Jetzt muss ich, liebe Schwestern und Brüder, innehalten, sonst
würde meine Predigt zu einem barocken Donnerwetter ausarten. Und
ein solches verdienten Sie nicht, und mir stünde es schlecht an. – Zu
sagen bleibt schlicht dies: Mit Studenteneifer zu streiten, wer denn
sympathischer sei, der zornige oder der geduldige Jesus, führt nicht
weiter. In seiner Nachfolge und aus seiner Bergpredigt wäre als Erste
zu lernen: Richtet nicht! (Mt 7,1) Es liegt nicht an euch, ein
mögliches Fehlverhalten von Mitmenschen zu verurteilen. Was ihr
aber tun könnt:

    Erkennt den Götzen ‚Konsum’ in euch selber

    und jagt ihn tapfer aus dem Tempel eures Herzens hinaus!

Das wäre gute Christenart und ein Fasten, wie es GOTT gefällt (Jes
58,6).

                                                  Justin Rechsteiner
                                            em. Pfarrer und Chorherr
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