Applikation von Aktivkohle bei Vergiftungen - Übersichtsarbeit - Deutsches ...
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MEDIZIN Übersichtsarbeit Applikation von Aktivkohle bei Vergiftungen Tobias Zellner, Dagmar Prasa, Elke Färber, Petra Hoffmann-Walbeck, Dieter Genser, Florian Eyer V ergiftungen sind ein häufiges Krankheitsbild mit Zusammenfassung unterschiedlichen Ätiologien und Noxen. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2016 in Hintergrund: In Deutschland wurden im Jahr 2016 laut statistischem Bundesamt Deutschland 178 425 Vergiftungsfälle im Krankenhaus 178 425 Vergiftungsfälle im Krankenhaus behandelt. Die deutschsprachigen Giftin- behandelt (1, 2). Häufig wird ein Giftinformationszen- formationszentren berieten in diesem Zeitraum 268 787 Vergiftungsfälle, wobei in trum (GIZ) zur konsiliarisch-toxikologischen Beratung 4,37 % der Fälle die Gabe von Aktivkohle empfohlen wurde. Bei Vergiftungen spielt von medizinischem Fachpersonal (Rettungsdienst, nie- die Applikation von Aktivkohle als primäre und sekundäre Giftentfernung eine große dergelassene Ärzte, Klinikärzte sowie Apotheker), aber Rolle. Dieser Beitrag gibt eine Übersicht über die Wirkungsweise, Indikation, Kon- auch von Bürgerinnen und Bürgern kontaktiert. Zur pri- traindikationen, Arten der Applikation und Dosierungen der Aktivkohle. mären Giftentfernung einer potenziell schädigenden Methode: Es erfolgte eine selektive Literaturrecherche in PubMed. Zudem wurde Substanz spielt die Indikationsstellung zur Gabe von die Meinung von Experten der deutschsprachigen Giftinformationszentren in die Aktivkohle – auch als medizinische Kohle, Medizinal- Auswertung der Daten miteinbezogen. kohle oder Carbo medicinalis bekannt – eine große Rolle. Ergebnis: Die Indikation für eine Aktivkohlegabe ist eine vorliegende mittelschwere Aktivkohle wurde 2013 im US-amerikanischen bis lebensbedrohliche Vergiftung. Die Applikation sollte frühestmöglich innerhalb ei- Raum bei Vergiftungen im Kindesalter in 0,89 % der ner Stunde, bei Retardpräparaten bis zu 6 Stunden nach Ingestion erfolgen. Zu den Vergiftungsfälle appliziert. Insgesamt wurde sie im glei- wichtigsten Kontraindikationen gehört eine Bewusstseinseintrübung mit Aspirations- chen Jahr bei circa 50 000 Patienten aller Altersgruppen gefahr ohne vorherige Sicherung der Atemwege. Bei einer Vergiftung mit Säuren/ empfohlen (3, 4). In allen deutschsprachigen GIZ wurde Laugen, Alkoholen, organischen Lösungsmitteln, anorganischen Salzen oder Metal- 2016 insgesamt bei 268 787 Vergiftungsfälle aller Al- len ist Aktivkohle nicht oder unzureichend wirksam. Als Dosierung sollte ein 10- bis tersgruppen beraten, dabei wurde in 4,37 % der Fälle 40-facher Überschuss zur Noxe oder 0,5–1 g/kg Körpergewicht bei Kindern oder die Gabe von Aktivkohle empfohlen. Aktivkohle wird 50 g bei Erwachsenen gewählt werden. Eine wiederholte Aktivkohlegabe ist bei von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Lis- Noxen mit langer Verweildauer im Magen, Retardpräparaten oder Noxen mit ausge- te der unentbehrlichen Arzneimittel geführt (5). Die prägtem entero-hepatischen und/oder entero-enterischen Kreislauf indiziert. Eine routinemäßige Kombination mit einem Laxans ist nicht empfohlen. Mitführung im Rettungsdienst wird unter anderem in der „Antidota-Empfehlung für eine einheitliche Vorhal- Schlussfolgerung: Trotz einer hohen Prävalenz von Vergiftungen existiert keine in- tung“ des Rettungsdienstausschusses Bayern angeraten ternational gültige Leitlinie zur Aktivkohlegabe. Die Applikation erfordert eine genaue (6). In der „Bremer Liste“ werden bei Vergiftungen für Nutzen-Risiko-Analyse, dazu sollte ein Giftinformationszentrum kontaktiert werden. den Rettungsdienst fünf Substanzen zur Mitführung empfohlen, eine davon ist Aktivkohle (7). Aktivkohle Zitierweise kann von Laien ohne Verschreibung in Apotheken er- Zellner T, Prasa D, Färber E, Hoffmann-Walbeck P, Genser D, Eyer F: worben und unter strenger Indikationsstellung nach The use of activated charcoal to treat intoxications. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: Rücksprache mit einem GIZ appliziert werden (8). 311–7. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0311 Eine international gültige Leitlinie zur Aktivkohle- gabe bei Vergiftungen existiert nicht. Die umfassends- ten Arbeiten sind die Positionspapiere der American Academy of Clinical Toxicology (AACT) und der Eu- Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Abteilung für Klinische Toxikologie & Giftnotruf München, ropean Association of Poisons Centres and Clinical Klinikum rechts der Isar, Fakultät für Medizin, Technische Universität München: Dr. med. Tobias Zellner, Toxicologists (EAPCCT) zum Thema „Single-dose Prof. Dr. med. Florian Eyer activated charcoal“ von 1997 und 2005 (9, 10) und Gemeinsames Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, „Multi-dose activated charcoal in the treatment of acute Sachsen-Anhalt und Thüringen, Erfurt: Dr. rer. nat. Dagmar Prasa poisoning“ von 1999 (11). Randomisierte kontrollierte Giftinformationszentrum-Nord der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Studien können bei Vergiftungen aus ethischen Beden- Schleswig-Holstein (GIZ-Nord), Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität Göttingen: Dr. med. Elke Färber ken kaum durchgeführt werden, daher stammen die Da- Giftnotruf Berlin, Charité, Universitätsmedizin Berlin: Dr. med. Petra Hoffmann-Walbeck ten meist aus In-vitro-Studien, Tierversuchen, Studien Vergiftungsinformationszentrale Wien, Gesundheit Österreich GmbH: mit freiwilligen Probanden, Fallberichten, klinischen Dr. med. Dr. rer. nat. Dieter Genser Fallserien oder Beobachtungsstudien. Die einzigen Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019 311
MEDIZIN KASTEN 1 groß angelegten Humanstudien zur Aktivkohlegabe stammen aus Entwicklungsländern, teils mit wider- Arzneistoffe/Noxen mit nachgewiesener sprüchlichen Resultaten (12–14). beziehungsweise fehlender Adsorption an In dieser Übersichtsarbeit werden die Wirkungswei- Aktivkohle (9–11, 37, 38, e1–e9) se, Indikationen und Kontraindikationen, Zeitfenster, Applikationsart und Nebenwirkungen einer Aktivkoh- ● Substanzen, die adsorbiert werden legabe erörtert. – ACE-Hemmer – Amphetamine Methode – Antidepressiva (außer Lithium) In der Datenbank PubMed wurde mit den Suchbegrif- – Antiepileptika fen „activated charcoal + poisoning“ selektiv nach Pu- – Antihistaminika blikationen recherchiert, die bis Oktober 2018 erschie- – Aspirin, Salicylate nen waren. Darüber hinaus floss die Meinung von Ex- – Atropin perten der Gesellschaft für Klinische Toxikologie – Barbiturate (GfKT e.V., Fachgesellschaft der deutschsprachigen – Benzodiazepine (Cave: Somnolenz) GIZ und Klinischen Toxikologen, www.klinitox.de) in – Betablocker die Auswertung der Daten ein. – Calcium-Kanal-Blocker – Chinin, Chinidin Wirkungsweise – Chloroquin und Primaquin Aktivkohle adsorbiert an seiner Oberfläche viele No- – Dapson xen – sowohl Arzneistoffe als auch pflanzliche oder – Digoxin, Digitoxin chemische Noxen – und verhindert deren Resorption – Diuretika (vor allem Furosemid, Torasemid) aus dem Magen-Darm-Trakt. Außerdem unterbricht sie – nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) als sekundäre Giftentfernungsmaßnahme einen poten- – Neuroleptika ziellen entero-hepatischen und/oder entero-enterischen – orale Antidiabetika Kreislauf (8, 15, 16). Die Bindungskapazität an die No- (vor allem Glibenclamid, Glipizid) xe hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von – Opiate, Dextrometorphan (Cave: Somnolenz) ● der Partikelgröße der Noxe – Paracetamol ● der Löslichkeit der Noxe – Piroxicam ● der Ionisierung der Noxe – Tetrazykline ● dem pH-Wert der Noxe – Theophyllin ● der Füllung des Magens (17–19). Substanzen, die aufgrund ihrer physikalischen Ei- ● Pflanzliche Substanzen, die adsorbiert werden genschaften nicht oder nur unzureichend von Aktiv- – Amatoxin (Knollenblätterpilz) kohle adsorbiert werden, sind in Kasten 1 aufgelistet (4). – Akonitin (Eisenhut) – Colchizin (Herbstzeitlose) – Cucurbitacin (Zucchini, Kürbisgewächse) Indikation Die Applikation von Aktivkohle sollte nur nach oraler – Ergotamin, Mutterkornalkaloide Ingestion von Noxen erfolgen, die ausreichend an Koh- – Ibotensäure, Muskarin (Fliegenpilz, Pantherpilz) le gebunden werden. – Nikotin (Tabak) Vor der Gabe muss eine Nutzen-Risiko-Abwägung – Rizin (Wunderbaum) erfolgen (Grafik). Diese richtet sich nach der zu erwar- – Strychnin (Brechnuss) tenden Schwere der Vergiftung. Die Schwere einer Ver- – Taxane (Eibe) giftung wird nach dem Poisoning Severity Score (20) – Digitalisglykoside (Fingerhut) abgeschätzt. Dabei werden die Symptome für jedes ver- giftungsrelevante Organsystem sowie den Säure-Ba- ● Substanzen, die nicht oder nicht ausreichend sen-Haushalt nach Schwere bewertet (keine = 0, leich- adsorbiert werden te = 1, mittelschwere = 2, schwere = 3, tödliche = 4 – Alkohole (zum Beispiel Ethanol, Methanol und Symptome). Das am schwersten betroffene Organsys- Glykole [beispielsweise Ethylenglykol]) tem definiert den Schweregrad (0–4). Bei einer leichten – anorganische Salze (zum Beispiel Natriumchlorid) Intoxikation wird Aktivkohle nur im Ausnahmefall – Metalle und ihre anorganischen Verbindungen (bei- gegeben, das heißt, wenn sie sofort verfügbar ist und spielsweise Lithium, Eisen oder andere Schwerme- das Auftreten von unangenehmen Vergiftungssympto- talle [zum Beispiel Blei oder Quecksilber]) men verhindert werden kann. Ab einer mittelschweren – organische Lösungsmittel (beispielsweise Aceton, Intoxikation wird die Aktivkohlegabe unter Beachtung Dimethylsulfoxid) der Wirksamkeit und Kontraindikationen innerhalb des – Säuren und Laugen unten angegebenen Zeitraums zumeist empfohlen. Bei – Zyanide einer unbekannten Noxe (zum Beispiel Pflanzen oder Pilze) wird auch dann dazu geraten, Aktivkohle zu ver- 312 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019
MEDIZIN GRAFIK Besteht eine Indikation zur Aktivkohlegabe? − aufgenommene Dosis und Zeit seit Ingestion überprüfen − Schwere der zu erwartenden Vergiftung überprüfen − überprüfen, ob eine supportive Therapie allein ausreicht − Verfügbarkeit einer allein ausreichend wirksamen Antidottherapie überprüfen − Kontraindikationen überprüfen Ja Ja Nein potenzielle lebensbedrohliche oder potenzielle Komplikationen, schwere Komplikationen zu erwarten in der Regel kein schwerer Verlauf Ist Aktivkohle für diese Noxe potenziell wirksam? Nein keine Aktivkohle Ja Ja Wird Aktivkohle freiwillig eingenommen? Nein Ja Aktivkohlegabe − bei Aspirationsgefahr: Sicherung der Atemwege − auch gegen den Patientenwillen Aktivkohle anbieten Entscheidungsfindung zur Aktivkohlegabe modifiziert nach Isbister et al. (39) abreichen, wenn die Möglichkeit einer schweren Ver- Einmalgabe – Zeitfenster, Indikation giftung nicht ausgeschlossen werden kann und gleich- und Dosierung zeitig kein erhöhtes Aspirationsrisiko besteht. Damit Aktivkohle zur primären Giftelimination wir- ken kann, muss sie in Kontakt mit der Noxe kommen. Applikation Aus diesem Grund muss sie zeitnah appliziert wer- Aktivkohle gibt es in Form von Kohlekompretten oder den. Bei einer Gabe innerhalb der ersten ein bis zwei Pulver beziehungsweise Granulat. Im klinischen Bereich Stunden nach Ingestion ist von einer noch klinisch re- erscheint die Verwendung von Kohlepulver oder -granu- levanten Adsorption auszugehen. In insgesamt 115 lat deutlich sinnvoller, da es in Dosen von 10 g bis 100 g Studien mit freiwilligen Probanden wurde für 43 Me- verfügbar ist. Demgegenüber beinhalten Kohlekompret- dikamente (unter anderem Paracetamol, Salicylate) ten jeweils nur 250 mg, sodass für einen ausreichenden gezeigt, dass bei einer Aktivkohlegabe innerhalb von Kohleüberschuss sehr viele Kompretten eingesetzt wer- 30 Minuten nach Einnahme der untersuchten Sub- den müssen. Um eine möglichst große Adsorptionsfläche stanzen deren Bioverfügbarkeit um durchschnittlich zu erreichen (die Oberflache moderner Kohle-Granulat- 69, 1 % gesenkt werden konnte, nach einer Stunde um präparationen beträgt bis zu 2 500–3 000 qm/g), müssen 34, 4 % (9, 10). Kohlekompretten in Wasser suspendiert werden. Es gibt Einzelfälle, bei denen auch eine spätere Ak- Aktivkohle kann in einer beliebigen Flüssigkeit auf- tivkohlegabe sinnvoll sein kann. Hier sind Retardprä- geschlämmt werden, bevorzugt in stillem Wasser. Bei parate oder die Magen-Darm-Motilität hemmende Kindern sind auch andere Flüssigkeiten denkbar, hier Substanzen wie zum Beispiel Opiate, Salicylate oder bieten sich gesüßter Tee oder Fruchtsaft an, es wurden Anticholinergika zu nennen. Auch bei einigen weiteren aber auch Joghurt oder Milch angewandt (21–24). Au- Medikamenten – typischerweise nichtpolare, lipophile ßerdem ist bei Kindern die Aktivkohlegabe aus einem Substanzen mit spätem Plasmamaximum und geringer undurchsichtigen beziehungsweise umwickelten Gefäß endogener Clearance (zum Beispiel Amlodipin) – kann mit Strohhalm sinnvoll. Prinzipiell ist zu berücksichti- eine späte Aktivkohlegabe vorteilhaft sein (19). Vergli- gen, dass auch die Suspensionsflüssigkeit an die Ober- chen mit cholinergen Arzneistoffen konnte allerdings fläche der Aktivkohle bindet, und damit die freie Bin- in einer Metaanalyse von Freiwilligenstudien gegen- dekapazität reduziert sein kann. Falls ein Patient die über anticholinergen Arzneistoffen keine bessere Wir- Aktivkohle nicht schlucken kann, ist eine Applikation kung bei verzögerter Aktivkohlegabe festgestellt wer- via Magensonde möglich. den (19). Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019 313
MEDIZIN TABELLE Die Dosierung richtet sich entweder nach der Menge der eingenommenen Noxe – falls diese bekannt ist – Dosierung und Applikation von Aktivkohle oder orientiert sich am Körpergewicht (KG). Bei be- Einmalgabe repetitive Gabe kannter Noxenmenge sollte mindestens ein zehnfacher Überschluss an Aktivkohle zu der zu bindenden Noxe Kinder 0,5–1 g/kg KG, Initialdosis 0,5–1 g/kg KG, maximal 30–50 g gefolgt von 0,125–0,25 g/kg KG/h gegeben werden (29). Nach Jürgens et al. ist ein 40-fa- alle 1–4 h über 24 h cher Überschuss optimal (19). Dies ist nur bei Einnah- Erwachsene > 50 kg 50 g Initialdosis 50 g, gefolgt von me von Noxen im Milligramm-Bereich praktikabel, an- 12,5 g/h alle 1–4 h über 24 h dernfalls beträgt die Dosis 0,5–1 g/kg KG, maximal bekannte Menge 10- bis 40-facher keine gesonderte Dosisempfehlung 30–50 g. Üblicherweise werden bei Erwachsenen unab- der Noxe Überschuss zur Noxe hängig vom Körpergewicht 50 g Aktivkohle als Ein- maldosis empfohlen, in Ausnahmesituationen bis 100 g KG = Körpergewicht (Tabelle). Repetitive Gabe – Zeitfenster, Indikation, Dosierung und Applikation KASTEN 2 Eine repetitive Aktivkohlegabe hat zwei Effekte: Ers- tens werden Noxen primär auch in distalen Abschnitten Noxen mit Indikation zur repetitiven Aktivkohlegabe des Gastrointestinaltrakts entfernt. Die wiederholte Ga- ● Noxen mit eindeutiger Indikation zur repetitiven Aktivkohlegabe be ist zudem bei Noxen wirksam, die länger im Magen – Carbamazepin, Chinin, Dapson, Phenobarbital, Theophyllin verbleiben. Daher kann eine repetitive Aktivkohlegabe – Digoxin/Digitoxin (ausgeprägter entero-hepatischer Kreislauf, wenn kein noch später als eine Stunde nach Ingestion begonnen Antidot verfügbar) werden. Genaue Empfehlungen zur protrahierten repe- – retardiertes Quetiapin (Bezoar-bildendes Präparat) titiven Aktivkohlegabe existieren nicht, bei Dapson – Amatoxin, Colchizin (ausgeprägter entero-hepatischer Kreislauf) beispielsweise wurde sogar nach einer erst am fünften Tag begonnenen repetitiven Aktivkohlegabe eine be- ● Noxen, bei denen eine Eleminationsbeschleunigung durch repetitive schleunigte Elimination beobachtet (11). Länger im Aktivkohlegabe beschrieben ist Magen verweilende Noxen sind zum Beispiel bezoar- – Acetylsalicylsäure bildende Medikamente wie Quetiapin in Retardformu- – Amitriptylin, Phenytoin, Piroxicam, Sotalol, Salicylate, Oxcarbazepin, lierung oder Carbamazepin. Bei diesen Substanzen bil- Lamotrigin det sich eine dicht gepackte Masse aus unvollständig – Citalopram, Venlafaxin verdautem oder unverdautem Material (Bezoar). Auch Acetylsalicylsäure hat durch eine Ausfällung im sauren Mageninhalt unter Klumpenbildung und möglichem Pylorospasmus eine verlängerte Verweildauer. Im Ein- zelfall trifft das auch auf große Mengen anderer Retard- präparate zu. Bei folgenden Arzneistoffen wurde die klinische Der zweite Effekt ist eine sekundäre Giftentfernung Wirksamkeit einer späteren Aktivkohlegabe (deutlich bei Wirkstoffen, die einen entero-hepatischen und/oder nach einer Stunde) festgestellt: entero-enterischen Kreislauf durchlaufen, welche beide ● Quetiapin in schnellfreisetzender Formulierung: von Aktivkohle unterbrochen werden. Der Effekt im Resorptionsverminderung um 35 % bei Aktiv- entero-enterischen Kreislauf wird „gastrointestinale kohlegabe 0,5–6 h (Median 3 h) nach Ingestion Dialyse“ genannt. Hierbei fungiert die Darmwand als (25) semipermeable Membran: Noxen können aus dem Blut ● Citalopram: selteneres Auftreten von QTc-Verlän- von serosal nach mukosal an die Kohle im Darmlumen gerungen (4,2 % versus 11,2 %, relatives Risiko: diffundieren. Diese Wirkstoffe haben in der Regel lan- 0,28) bei Aktivkohlegabe 0,5–6,25 h (Median ge Halbwertszeiten, ein geringes Verteilungsvolumen 2 h) nach Ingestion (26) und eine geringe Plasmaproteinbindung (11, 15, 16). ● Paracetamol: signifikant geringere Leberschädi- Die Effektivität der repetitiven Aktivkohlegabe ist gung bei Aktivkohlegabe 4–16 h nach Ingestion bei schweren Vergiftungen mit Carbamazepin, Chinin, bei gleichzeitiger Therapie mit Acetylcystein (27) Dapson, Phenobarbital und Theophyllin zum Teil kli- ● Promethazin: Senkung der Wahrscheinlichkeit ei- nisch und/oder tierexperimentell nachgewiesen (11). nes Delirs um 20 % (absolute Risikoreduktion) Eine Besonderheit bei Theophyllin ist, dass Aktivkohle bei Aktivkohlegabe innerhalb von 2 h und um auch nach einer intravenösen Intoxikation mit Theo- 9 % bei Gabe innerhalb von 4 h nach Ingestion phyllin wirksam ist (11). Ebenso besteht eine Wirkung (28) bei Digitoxin und Digoxin, allerdings ist bei schweren Bei Pilzen und schwer verdaulichen Pflanzenteilen Vergiftungen das Digitalis-Antitoxin die Therapie der mit verlängerter Magen-Darm-Passage wie zum Bei- ersten Wahl. Einen effektiven entero-hepatischen spiel Eibennadeln erscheint eine protrahierte Aktiv- Kreislauf durchlaufen zum Beispiel Amatoxin und Col- kohlegabe ebenfalls sinnvoll zu sein (Kasten 1). chicin. Bei Freiwilligenstudien wurde bei Amitriptylin, 314 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019
MEDIZIN Dextropropoxyphen, Disopyramid, Nadolol, Phenylbu- KASTEN 3 tazon, Phenytoin, Piroxicam, Sotalol und Salicylaten eine Eliminationsbeschleunigung gezeigt. Dies galt Kontraindikationen für eine Aktivkohlegabe auch für Oxcarbazepin und Lamotrigin (11, 30). Bei ei- nigen Wirkstoffen könnte die Clearance der Noxe mit ● bewusstseinsgetrübter Patient ohne ausreichende Schluckreflexe ohne nachfolgender Ausscheidung über den Darm beschleu- Sicherung der Atemwege nigt werden. Dies wurde in Studien für Citalopram (31) ● Magen-Darm-Verätzung, -Blutung, gestörte Magen-Darm-Passage oder und Venlafaxin (32) beobachtet (Kasten 2). Verdacht auf Perforation Bei repetitiver Aktivkohlegabe entspricht die Initial- dosis der Menge der Einmaldosis. Dieser folgt eine ● Ingestion von Benzin/Öl oder nichtadsorbierbaren Substanzen wiederholte Gabe im Intervall von 1 – 2 – 4 Stunden in ● rezidivierendes Erbrechen einer Dosis von 12,5 g/h bei Erwachsenen und 0,125 – ● Aktivkohlegabe gegen den ausdrücklichen Patienten- oder Kinderwillen 0,25 g/kg KG/h bei Kindern (11) (Tabelle). Auf eine Regurgitation ist zu achten; gegebenenfalls muss die Dosis reduziert oder das Dosisintervall verlängert wer- den. Eine Kombination mit Prokinetika, zum Beispiel Metoclopramid intravenös, ist unter Beachtung der Kontraindikationen möglich, ebenso ist das Legen ei- ne medikamentöse Intervention sistierendem Erbre- ner Magensonde zu erwägen. chen kann Aktivkohle in der Regel appliziert werden Die Dauer der Aktivkohlegabe richtet sich nach dem (Kasten 3). Plasmaspiegel der Noxe und/oder der klinischen Besse- Bei einer geplanten Magenspiegelung, beispielswei- rung. Bei einer Orientierung am Plasmaspiegel sollte se zur Bergung von Noxen, sollte Aktivkohle erst nach dieser vor Beenden der Aktivkohlegabe nahe dem the- der Spiegelung über den Arbeitskanal des Gastroskops rapeutischen Bereich liegen. Üblicherweise ist eine Ga- oder via Magensonde appliziert werden. be nicht länger als 24 h, in Ausnahmefällen bis zu 48 h Aktivkohle kann von medizinischen Laien nach notwendig. Rücksprache mit einem GIZ gegeben werden. Dadurch Bei der repetitiven Aktivkohlegabe muss auf die dürfen sich allerdings ein notwendiger Transport ins Darmmotilität geachtet werden. Ebenfalls muss der Krankenhaus oder andere Elementarmaßnahmen zur Elektrolyt- und Wasserhaushalt kontrolliert werden. Ei- Stabilisierung der Vitalfunktionen nicht verzögern (8). ne wiederholte Messung des Plasmaspiegels der Noxe Eine Aktivkohlegabe gegen den ausdrücklichen Patien- ist – falls möglich – sinnvoll. Vor der nächsten Aktiv- ten- oder Kinderwillen ist nicht gerechtfertigt, außer es kohlegabe muss die Magenentleerung kontrolliert wer- handelt sich um eine lebensbedrohliche Vergiftung. Im den: Falls eine Magensonde gelegt wurde, wird der Falle eines lebensbedrohlichen Suizidversuchs wäre ei- Rücklauf in einen geschlossenen Beutel überprüft oder ne forcierte Aktivkohlegabe via Magensonde auch ge- die Sonde mit einer Spritze abgesaugt. Bei einer großen gen den Willen des Patienten denkbar. Restkohlemenge oder einem Reflux > 80–100 mL wird die Restkohle entfernt, eine weitere Aktivkohlegabe Kombination mit einem Laxans sollte vorsichtig oder später durchgeführt werden. Die routinemäßige und simultane Verabreichung eines Laxans (zum Beispiel Glaubersalz) war lange Zeit üb- Kontraindikationen lich, wird aber inzwischen nicht mehr empfohlen (33). Voraussetzungen für die Gabe von Aktivkohle ist ein Im Einzelfall kann nach Ingestion einer die Magen- kooperativer Patient. Kontraindiziert ist die Gabe bei Darm-Motorik verlangsamenden Substanz ein Laxans bewusstseinsgetrübten Patienten ohne ausreichende gegeben werden. Bei Obstipation ist dies ebenfalls Schluckreflexe und hoher Aspirationsgefahr. Dies gilt möglich, eventuell nach vorheriger medikamentöser auch bei einer drohenden schweren Intoxikation, bei Darmstimulation. Eine Polyethylenglykol-Elektrolytlö- der eine rasche Bewusstseinseintrübung zu erwarten ist sung sollte nicht simultan, sondern zeitversetzt (übli- und bei Noxen mit hohem Aspirationsrisiko wie zum cherweise mit 2 h Abstand) zur Aktivkohle verabreicht Beispiel Benzin oder Lampenöl. Jeweils müssen zuerst werden, da diese sonst an die Aktivkohle bindet und de- die Atemwege via Intubation gesichert werden, danach ren Adsorptionsfähigkeit herabsetzt. kann Aktivkohle über eine Magensonde appliziert wer- Bei wiederholter Aktivkohlegabe besteht ebenfalls den. Weitere Kontraindikationen sind keine routinemäßige Empfehlung zur Verabreichung ● unmittelbar drohende zerebrale Krampfanfälle von Laxantien (33). Bei Retard-Präparaten oder redu- ● Schluckstörungen zierter Magen-Darm-Motilität kann eine Laxans-Gabe ● eine (auch anamnestisch) bekannte gestörte Ma- erwogen werden. Dies sollte aber nach Rücksprache gen-Darm-Passage mit einem GIZ erfolgen. ● Verletzungen, Blutungen, Verätzungen und/oder eine (auch vermutete) Perforation im Gastrointes- Nebenwirkungen und Komplikationen tinaltrakt (9). Nebenwirkungen der Aktivkohlegabe bei Vergiftung Bei rezidivierendem Erbrechen wird von einer Ak- sind wegen der höher als üblichen Dosierung kaum zu tivkohlegabe abgeraten. Nach nur einmaligem und oh- ermitteln. Bei regulärer Anwendung sind häufige Ne- Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019 315
MEDIZIN Metallen nicht zu. Üblicherweise liegt die Dosis beim Kernaussagen Erwachsenen bei 50 g, bei Kindern wird sie an das Kör- pergewicht angepasst (0,5–1 g/kg KG). Bei einigen No- ● Aktivkohle sollte so schnell wie möglich gegeben werden, möglichst innerhalb der xen ist eine wiederholte Aktivkohlegabe sinnvoll. In ersten Stunde, bei Retardpräparaten bis zu sechs Stunden nach Ingestion der Noxe. der Regel sollte kein zusätzliches Laxans verabreicht ● Kontraindikationen zur Gabe von Aktivkohle sind neben Bewusstseinseintrübung werden. mit Aspirationsgefahr (ohne vorherige Sicherung der Atemwege) eine vorliegende Durch die breite Anwendung und dem potenziell oder vermutete Magen-Darm-Blutung, -Verätzung oder -Perforation schmalen Zeitfenster der wirksamen Applikation soll- ten sich Ärztinnen und Ärzte mit den Grundprinzipien ● Eine forcierte Aktivkohlegabe gegen den Willen des Patienten über eine Magenson- der Aktivkohlegabe auseinandersetzen und diese, falls de ist nur bei lebensbedrohlicher Vergiftung (beispielsweise im Rahmen eines Sui- sinnvoll, bevorraten. Dies gilt insbesondere für Haus- zidversuches) denkbar ärztinnen und -ärzte, Kinderärztinnen und -ärzte sowie ● Übersichtsarbeiten zu Studien mit freiwilligen Probanden zeigen, dass die Biover- das Personal von Rettungs- beziehungsweise Notarzt- fügbarkeit der eingenommenen Medikamente (insgesamt 43 verschiedene Präpara- wagen. Eine Empfehlung zur Bevorratung für Haushal- te) durch Aktivkohlegabe innerhalb von 30 Minuten um durchschnittlich 69,1 % ge- te mit Kindern, Einrichtungen mit Kinderbetreuung senkt wurde, bei Aktivkohlegabe innerhalb einer Stunde um 34,4 %. (zum Beispiel Kindertagesstätte, Hort, Schule) und Be- ● Aktivkohle kann von medizinischen Laien nach Rücksprache mit einem Giftinforma- hinderten- und Seniorenheime sollte diskutiert werden tionszentrum verabreicht werden. Dadurch dürfen sich allerdings andere Maßnah- und wird von den Autoren dieser Übersichtsarbeit und men (beispielsweise Transport ins Krankenhaus, Stabilisierung der Vitalfunktion) den Experten der GIZ als sinnvoll erachtet (8). nicht verzögern. Vor einer Aktivkohlegabe durch medizinische Laien sollte immer eine Ärztin/ein Arzt vor Ort oder ein GIZ kontaktiert werden, um die Indikation und genaue Vor- gehensweise zu klären. benwirkungen Erbrechen, Obstipation, Diarrhö, Übel- Danksagung Wir bedanken uns bei der Arbeitsgruppe I der Gesellschaft für Klinische keit, Stuhldrang und Analreizung. Es gibt einzelne Be- Toxikologie für die Erarbeitung des Konsensuspapiers „Gabe von Aktiv- richte – alle in Verbindung mit der repetitiven Gabe ho- kohle bei Vergiftungen – Konsensuspapier der deutschsprachigen Giftin- formationszentren“, welches die Grundlage für diese Arbeit ist. her Aktivkohle-Dosen – über Dünndarm-(Pseudo)-Ver- schlüsse, die eine chirurgische Intervention erforderten, Interessenkonflikt und Kohle-Sterkolithen mit Perforation einer Sig- Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht. maschlinge (34). Manuskriptdaten Eine seltene, aber schwere Komplikation ist die eingereicht: 18. 12. 2018, revidierte Fassung angenommen: 26. 03. 2019 Kohleaspiration mit einem folgenden Lungenversagen, Literatur das tödlich enden kann. Allerdings existieren hierzu nur 1. Müller D, Desel H: Common causes of poisoning—etiology, diagnosis vereinzelte Fallberichte (9, 35, 36). and treatment. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 690–700. 2. Statistisches Bundesamt: Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Weiteres Procedere www.destatis.de/ 2018 (last accessed on 18 December 2018). Nach Applikation von Aktivkohle sollte der Patient je 3. Mowry JB, Spyker DA, Cantilena LR Jr., McMillan N, Ford M: 2013 Annual report of the American Association of Poison Control Centers‘ nach Schweregrad der Vergiftung zu Hause oder in der National Poison Data System (NPDS): 31st annual report. Clin Toxicol Klinik weiter beobachtet werden. Nach dem ersten Ab- (Phila) 2014; 52: 1032–283. führen von Kohle kann man in der Regel damit rech- 4. Juurlink DN: Activated charcoal for acute overdose: a reappraisal. Br J Clin Pharmacol 2016; 81: 482–7. nen, dass keine neuen Symptome auftreten werden – 5. World Health Organization: WHO model list of essential medicines, außer bei Bezoar-bildenden Wirkstoffen; hier ist eine 18th list. www.who.int/medicines/publications/essentialmedicines/en/. längere Überwachungszeit notwendig. Nach Abklingen 2013 (last accessed on 18 December 2018). aller zu diesem Zeitpunkt noch existierenden Sympto- 6. Rettungsdienstausschuss Bayern, Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr: Empfehlung 2/03–2018 vom 13.03.2018 me kann von einer erfolgreichen Behandlung der Ver- des Rettungsdienstausschuss Bayern; Antidota – Empfehlung für eine giftung ausgegangen werden. In jedem Fall müssen Pa- einheitliche Vorhaltung. www.aelrd-bayern.de/images/stories/pdf/rda/ tienten nach suizidal-intendierter Giftaufnahme psychi- Empfehlung_Antidota.pdf. 2018 (last accessed on 18 December 2018). atrisch evaluiert werden. 7. Schaper A, Bandemer G, Callies A, et al.: Vorhaltung von Antidota im Notarztdienst [Die Bremer Antidota-Liste als Diskussionsgrundlage für Resümee eine minimale Vorhaltung von Antidota]. Notarzt 2012; 28: 114–8. Aktivkohle ist bei mittelschweren bis schweren Vergif- 8. Pfab R, Schmoll S, Dostal G, Stenzel J, Hapfelmeier A, Eyer F: Single dose activated charcoal for gut decontamination: application by medi- tungen zur primären Giftentfernung indiziert. Die Gabe cal non-professionals—a prospective study on availability and practi- sollte möglichst schnell (in der Regel innerhalb der ers- cability. Toxicol Rep 2016; 4: 49–54. ten 30–60 min) erfolgen, der Patient muss hierzu wach 9. Chyka PA, Seger D, American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres and Clinical Toxicologists: und kooperativ sein. Die wichtigste Kontraindikation Position statement: single-dose activated charcoal. J Toxicol Clin ist ein bewusstseinsgetrübter Patient mit fehlendem Toxicol 1997; 35: 721–41. Schluckreflex. Zudem muss die Noxe ausreichend an 10. Chyka PA, Seger D, Krenzelok EP, Vale JA, American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres and Aktivkohle binden. Dies trifft bei Säuren/Laugen, Al- Clinical Toxicologists: Position paper: single-dose activated charcoal. koholen, Glykolen, organischen Lösungsmitteln oder Clin Toxicol (Phila) 2005; 43: 61–87. 316 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019
MEDIZIN 11. American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres 30. Keranen T, Sorri A, Moilanen E, Ylitalo P: Effects of charcoal on the absorption and and Clinical Toxicologists: Position statement and practice guidelines on the use elimination of the antiepileptic drugs lamotrigine and oxcarbazepine. Arzneimittelfor- of multi-dose activated charcoal in the treatment of acute poisoning. J Toxicol Clin schung 2010; 60: 421–6. Toxicol 1999; 37: 731–51. 31. Friberg LE, Isbister GK, Hackett LP, Duffull SB: The population pharmacokinetics 12. de Silva HA, Fonseka MM, Pathmeswaran A, et al.: Multiple-dose activated charcoal of citalopram after deliberate self-poisoning: a Bayesian approach. J Pharmacokinet for treatment of yellow oleander poisoning: a single-blind, randomised, placebo- Pharmacodyn 2005; 32: 571–605. controlled trial. Lancet 2003; 361: 1935–8. 32. Kumar VV, Oscarsson S, Friberg LE, Isbister GK, Hackett LP, Duffull SB: The effect of 13. 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Olson KR: Activated charcoal for acute poisoning: one toxicologist‘s journey. J Med Mit „e“ gekennzeichnete Literatur: Toxicol 2010; 6: 190–8. www.aerzteblatt.de/lit1819 oder über QR-Code KLINISCHER SCHNAPPSCHUSS „Zerebraler Herzinfarkt“ In unserer Notaufnahme wurde eine 64-jährige Patientin, mit einer seit zwei Tagen bestehenden Bein- parese rechts (3/5) und psychomotorischer Verlangsamung vorgestellt. Die initiale Bildgebung mithilfe der cranialen Computertomografie (CCT) zeigte einen herzförmigen Infarkt links frontal (Abbildung). Obwohl die Beinparese gut rückläufig war, entwickelte sie in den folgenden Tagen eine ausgeprägte depressive Symptomatik mit Antriebsminderung und Appetitlosigkeit. In den folgenden fünf Monaten nahm sie 13 kg (20 % ihres Körpergewichts) ab, und es bestanden trotz Psychotherapie und einer Behandlung mit Citalo- pram 20 mg/d weiterhin vermehrte Antriebsminderung, Tagesmüdigkeit und Konzentrationsschwierigkei- ten. Die „Post-Stroke Depression“ (PSD) hat eine Inzidenz von bis 31 %, insbesondere nach links anterio- ren Infarkten, wie auch dieser Fall eines „gebrochenen Herzens“ nach dem Schlaganfall zeigt. Dr. Olympia Kremmyda, Prof. Dr. med. Dr. h. c. Michael Strupp, FRCP, FANA, FEAN, Neurologische Klinik, Ludwig Maximilians Universität München, Olympia.kremmyda@med.uni-muenchen.de Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht. Zitierweise: Kremmyda O, Strupp M: “Cerebral heartbreak”. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 317. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0317 ►Vergrößerte Abbildung und englische Übersetzung unter: www.aerzteblatt.de Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019 317
MEDIZIN Zusatzmaterial zu: Applikation von Aktivkohle bei Vergiftungen Tobias Zellner, Dagmar Prasa, Elke Färber, Petra Hoffmann-Walbeck, Dieter Genser, Florian Eyer Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 311–7. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0311 eLiteratur e1. Hojer J, Troutman WG, Hoppu K, et al.: Position paper update: ipecac syrup for gastrointestinal decontamination. Clin Toxicol (Phila) 2013; 51: 134–9. e2. Benson BE, Hoppu K, Troutman WG, et al.: Position paper update: gastric lavage for gastrointestinal decontamination. Clin Toxicol (Phila) 2013; 51: 140–6. e3. Merigian KS, Woodard M, Hedges JR, Roberts JR, Stuebing R, Rashkin MC: Prospective evaluation of gastric emptying in the self- poisoned patient. Am J Emerg Med 1990; 8: 479–83. e4. Buckley NA, Whyte IM, O‘Connell DL, Dawson AH: Activated char- coal reduces the need for N-acetylcysteine treatment after acetami- nophen (paracetamol) overdose. J Toxicol Clin Toxicol 1999; 37: 753–7. e5. Hillman RJ, Prescott LF: Treatment of salicylate poisoning with re- peated oral charcoal. Br Med J (Clin Res Ed) 1985; 291: 1472. e6. Chyka PA, Holley JE, Mandrell TD, Sugathan P: Correlation of drug pharmacokinetics and effectiveness of multiple-dose activated char- coal therapy. Ann Emerg Med 1995; 25: 356–62. e7. Arimori K, Nakano M: Accelerated clearance of intravenously administered theophylline and phenobarbital by oral doses of activated charcoal in rats. A possibility of the intestinal dialysis. J Pharmacobiodyn 1986; 9: 437–41. e8. Neuvonen PJ, Elonen E: Effect of activated charcoal on absorption and elimination of phenobarbitone, carbamazepine and phenyl- butazone in man. Eur J Clin Pharmacol 1980; 17: 51–7. e9. Wason S, Baker RC, Carolan P, Seigel R, Druckenbrod RW: Carba- mazepine overdose—the effects of multiple dose activated charcoal. J Toxicol Clin Toxicol 1992; 30: 39–48. I Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 18 | 3. Mai 2019 | Zusatzmaterial
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