Anforderungen an die Infektionsprävention bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten - RKI

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Bekanntmachungen – amtliche Mitteilungen

Bundesgesundheitsbl                               Bekanntmachung des Robert Koch-Instituts
https://​doi.org/​10.1007/​s00103-​020-​03265-x
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil

                                                  Anforderungen
von Springer Nature 2021

                                                  an die Infektionsprävention
                                                  bei der medizinischen Versorgung
                                                  von immunsupprimierten
                                                  Patienten
                                                  Empfehlung der Kommission
                                                  für Krankenhaushygiene und
                                                  Infektionsprävention (­KRINKO)
                                                  beim Robert Koch-Institut

1. Einleitung und Ziele                           nen oder erworbenen Grunderkrankung                Weitere Tabellen zu Risikogruppen,
                                                  auch ohne medikamentöse Intervention            Infektionserregern und Übertragungs-
1.1. Hintergrund                                  eine Immundefizienz vorliegt [12].              wegen finden sich im Anhang in den
                                                        Patienten, auf die sich diese Empfeh-     . Tab. 3, 4, 5 und 6. . Tab. 3 gibt Hin-
Angeborene oder erworbene Formen der              lung bezieht, können zu den Risikopati-         weise zu Infektionen, deren Inzidenz in
Immundefizienz sind unabhängige Risi-             enten für einen komplizierten Verlauf der       Abhängigkeit vom Einsatz bestimmter
kofaktoren für potenziell lebensbedroh-           ­SARS-CoV-2-Infektion gehören. Das Ma-          Biologika, die in den letzten Jahren zu-
liche nosokomiale Infektionen (­NI), die           nagement der Pandemie durch das neue           nehmend eingesetzt werden, erhöht ist.
durch eine Vielzahl von (zum Teil op-              ­SARS-CoV-2-Coronavirus ist nicht Ge-          Vor dem Hintergrund der Vielzahl mög-
portunistisch pathogenen) Erregern ver-             genstand dieser Empfehlung. Hier wird         licher Befundkonstellationen ist diese
ursacht werden können [11]. Unter dem               auf entsprechende, fortlaufend aktuali-       Tabelle zwangsläufig unvollständig. So
Begriff Immunsuppression wird die iat-              sierte Dokumente des Robert Koch-Ins-         können schwere Immundefekte auch bei
rogene Unterdrückung bestimmter Kom-                tituts (www.rki.de/covid-19), der zustän-     numerisch normalen, aber dysfunktio-
ponenten des Immunsystems verstanden.               digen medizinischen Fachgesellschaften        nalen Immunzellen vorliegen. Eine we-
Dabei ist die resultierende Immundefizi-            und auf die vor Ort gültigen Pandemie-        sentliche Patientengruppe mit schwe-
enz entweder aus medizinischen Gründen              pläne verwiesen.                              rer Immundefizienz sind Patienten mit
erforderlich (z. B. bei bestimmten Autoim-                                                        bestimmten angeborenen Immunman-
munerkrankungen oder zur Vermeidung               1.2. Einteilung von Risikogruppen               gelsyndromen, wie z. B. der septischen
einer Abstoßungsreaktion nach Stamm-                                                              Granulomatose, Patienten unter immun-
zell- oder Organtransplantation) oder             Die Kommission für Krankenhaushygie-            suppressiver Therapie (bestimmte Biolo-
eine Nebenwirkung der medizinischen               ne und Infektionsprävention (­KRINKO)           gika, lang dauernde systemische hoch-
Behandlung (z. B. nach zytostatischer             hat in der Empfehlung „Anforderungen            dosierte Steroidtherapie oder Patienten
Chemotherapie, Strahlentherapie oder              an die Hygiene bei der medizinischen            mit lebenslanger immunsuppressiver Be-
nach Einsatz von Biologika im Rahmen              Versorgung von immunsupprimierten Pa-           handlung nach Organtransplantation).
einer antineoplastischen Behandlung).             tienten“ von 2010 drei Risikogruppen der        Die Akuttherapie von Abstoßungsreak-
Im Folgenden wird der Begriff Immun-              Immunsuppression definiert [13]. Aus der        tionen nach Organtransplantation kann
suppression auch für Patienten1 verwen-           entsprechenden Risikogruppe leiten sich         in Hinblick auf die resultierende Immun-
det, bei denen aufgrund einer angebore-           Maßnahmen der Infektionsprävention ab.          suppression mit einer G ­ VHD vergleich-
                                                  Diese Einteilung wird in der hier vorlie-       bar sein [14]. . Tab. 4 gibt orientierende
1
   Grundsätzlich sind in diesem Dokument bei      genden aktualisierten Fassung beibehal-         Hinweise zum Erregerspektrum invasiver
allen Berufs- bzw. Gruppenbezeichnungen           ten (. Tab. 1).                                 Infektionen bei Immunschwäche.
immer alle Geschlechter gemeint.

                                                                            Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
Bekanntmachungen – amtliche Mitteilungen

                                                                                                     bzw. zum Hygienefachpersonal vor Ort
 Inhaltsverzeichnis
                                                                                                     vorhanden ist, so dass komplexere Fragen
 1. Einleitung und Ziele                                                                             jederzeit gemeinsam diskutiert werden
     1.1. Hintergrund                                                                                können (siehe hierzu auch die Empfeh-
     1.2. Einteilung von Risikogruppen
                                                                                                     lung der K
                                                                                                              ­ RINKO zu personellen und or-
     1.3. Präventionsziele dieser Empfehlung
     1.4. Zielgruppen dieser Empfehlung                                                              ganisatorischen Voraussetzungen zur Prä-
     1.5. Was ist neu in dieser Empfehlung?                                                          vention nosokomialer Infektionen [15]).
 2. Empfehlungen                                                                                         Da es aus Erfahrung möglich ist, die
     2.1. Prävention                                                                                 wahrscheinliche Dauer der Granulozyto-
           2.1.1. Schulung aller Mitarbeiter
                                                                                                     penie bei bestimmten Grunderkrankun-
           2.1.2. Schulung der Patienten und ihrer Angehörigen
           2.1.3. Anforderungen an die Besucherregelung                                              gen und therapeutischen Interventionen
           2.1.4. Immunprophylaxe                                                                    anzugeben, können die meisten Patien-
           2.1.5. Basishygienemaßnahmen                                                              ten von den behandelnden Ärzten vor-
                  2.1.5.1. Händehygiene                                                              ausschauend der jeweiligen Risikogrup-
                  2.1.5.2. Patientenbezogene Schutzkleidung, Bereichskleidung
                                                                                                     pe zugewiesen werden. Bei Patienten mit
           2.1.6. Antiseptische Ganzkörperwaschungen
           2.1.7. Reinigung und Desinfektion                                                         soliden Tumoren ergeben sich zusätzliche
           2.1.8. Anteil und Ausstattung von Zimmern zur Isolierung                                  Risiken durch die meist im Verlauf erfor-
           2.1.9. Protektive Isolierung                                                              derliche Tumorchirurgie [16–20].
                  2.1.10. Isolierung bei Besiedlung oder Infektion mit übertragbaren Erregern            Bei allogen transplantierten Patien-
                  2.1.11. Prävention von Infektionen, die durch kontaminierte Lebensmittel
                                                                                                     ten ist insbesondere auch der Schwere-
                           übertragen werden
                  2.1.12. Baulich-funktionelle Maßnahmen zur Gewährleistung des protektiven         grad der „Graft-versus-Host Erkrankung“
                           Umfeldes                                                                  (­GVHD) entscheidend für die Intensität
                  2.1.13. Anforderungen an die Raumluft                                              der immunsuppressiven Behandlung und
                  2.1.14. Anforderungen an die Wasserversorgung und Ausstattung von Sanitärbe-      die Zuordnung zur jeweiligen Risikogrup-
                           reichen
                                                                                                     pe. Patienten mit schwerer ­GVHD der
                          2.1.14.1. Hygienische Aspekte zur Konstruktion und Nutzung von
                                     Waschbecken, Duschen und Toiletten in medizinischen Bereichen   Haut oder des Gastrointestinaltraktes ha-
                          2.1.14.2. Versorgung mit Trinkwasser (bzw. Mineralwasser aus original     ben ein besonders hohes Risiko für schwe-
                                     verschlossenen Flaschen)                                        re exogene und endogene Infektionen.
                  2.1.15. Anforderungen an die Hygiene bei Umbaumaßnahmen und Abrissarbeiten
                  2.1.16. Prävention der nosokomialen Harnwegsinfektion
                  2.1.17. Prävention der postoperativen Wundinfektion
                                                                                                     1.3. Präventionsziele dieser
                  2.1.18. Prävention von Infektionen, die von Gefäßkathetern ausgehen                Empfehlung
                  2.1.19. Prävention von Infektionen der Mundhöhle
                  2.1.20. Prävention nosokomialer Infektionen des Gastrointestinaltraktes            Das allgemeine Präventionsziel dieser
                  2.1.21. Prävention von Zoonosen                                                    aktualisierten Empfehlung ist es, die In-
     2.2. Surveillance
                                                                                                     zidenz von ­NI bei immunsupprimierten
     2.3. Mikrobiologisches Screening von immunsupprimierten Patienten
     2.4. Antimicrobial Stewardship bei immunsupprimierten Patienten                                 Patienten nach Möglichkeit auf das Ni-
 Literatur                                                                                           veau nicht vermeidbarer Ereignisse zu
 Anhang                                                                                              reduzieren [21]. Auf diesem Wege sol-
                                                                                                     len die Patientensicherheit erhöht, die Le-
   Bei den hier definierten Risikogrup­             Patienten ändern (z. B. Induktionsthera-         bensqualität der Patienten verbessert [22]
pen der Immunsuppression handelt es                 pie vs. Konsolidierungstherapie, nicht in        und die mit ­NI assoziierte Morbidität und
sich um ein orientierendes (zum Teil                Remission befindliches Rezidiv einer Leu-        Mortalität reduziert werden [11, 23, 24].
pragmatisch festgelegtes) und dynami­               kämie, Vorbereitung und Durchführung             Außerdem soll durch geeignete Maßnah-
sches Konzept, das in erster Linie zur              einer Stammzelltransplantation nach vor-         men der Selektion und der Übertragung
Anpassung der erforderlichen Hygiene­               ausgegangener konventioneller Therapie).         von Erregern mit speziellen Resistenzen
maßahmen eingeführt wurde. Dieses                   Dies bedeutet, dass in der ärztlichen Risi-      und Multiresistenzen sowie ­NI durch
von der ­KRINKO vorgeschlagene Kon­                 koanalyse ggf. die jeweilige Risikogruppe        Clostridioides (C.) difficile (­CDI) oder
zept darf nicht mit anderen klinischen              angepasst werden muss.                           durch virale Infektionserreger entgegen-
Risikoscores oder Erkrankungsstadien                   „Nach ärztlicher Risikoanalyse“ be-           gewirkt werden.
verwechselt werden.                                 schreibt die kritische Abwägung der ak-
   Die spezifische Situation individueller          tuellen Situation der Patienten (aus der         1.4. Zielgruppen dieser
Patienten und das damit korrespondie-               Perspektive der Infektionsgefährdung             Empfehlung
rende Risiko für Infektionen können sich            und -prävention) durch die behandelnden
im Laufe der Behandlung ändern. Je nach             Ärzte. Dabei wird vorausgesetzt, dass ein        Die Zielgruppen der Empfehlung sind alle
klinischer Behandlungssituation kann                enger Kontakt zum Krankenhaushygieni-            Berufsgruppen, die an der medizinischen
sich die Risikogruppe eines individuellen           ker, den Hygienebeauftragten der Klinik          Versorgung immunsupprimierter Patien-

 Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
Tab. 1 Risikogruppen (siehe Hinweise im Text, dynamisches Konzept)
 Risikogruppe 1 (mittelschwere Immunsuppression/-defizienz)
 55Granulozytopenie
Bekanntmachungen – amtliche Mitteilungen

 Infobox Begriffserklärung (im Rahmen des vorliegenden Dokuments)
 Allogene Stammzelltransplantation: Das Transplantat besteht aus Blutstammzellen von einem anderen Menschen. Es wird entweder von einem
 Familienmitglied oder von einer fremden Person gewonnen.
 Autologe Stammzelltransplantation: Das Transplantat besteht aus körpereigenen Blutstammzellen desselben Patienten. Diese werden aus dem
 peripheren Blut oder aus dem Knochenmark gesammelt, aufgearbeitet, dann eingefroren und dem Patienten zu einem späteren Zeitpunkt über eine
 Transfusion zurückgegeben.
 Bakteriämie: Vorkommen lebensfähiger Bakterien im Blut; Nachweis eines bakteriellen Infektionserregers in der lege artis entnommenen Blutkultur.
 Basishygienemaßnahmen: Maßnahmen, die im Kontakt zu allen Patienten (oder auch von den Patienten selbst) durchgeführt werden, um eine Übertra-
 gung von Infektionserregern auf Patienten und Personal zu verhindern und das Risiko einer nosokomialen Weiterverbreitung von Krankheitserregern zu
 reduzieren. Hierzu gehören vor allem die hygienische Händedesinfektion (­HD) und der situationsbedingte Einsatz von speziellen Barrieremaßnahmen:
 55Einmalhandschuhe bei der Möglichkeit der Kontamination der Hände mit Blut, Atemwegssekreten oder anderen Ausscheidungen des Patienten,
 55Schutzkleidung (Patienten-bezogene Schürzen oder Kittel) bei besonders kontaminationsträchtigen Arbeiten (z. B. Pflege eines Patienten mit Diarrhoe
     oder Erbrechen),
 55das Tragen einer Atemschutzmaske (z. B. FFP2 oder FFP3) bei Kontakt zu Patienten mit Infektionen, die durch Aerosole übertragen werden,
 55einem medizinischen Mund-Nasen-Schutz (­MNS) bei engem Kontakt zu einem Patienten mit einer Infektion, die durch Tröpfchen übertragen wird.
 Zu den Basishygienemaßnahmen gehören z. B. auch die desinfizierende Reinigung kontaminierter Oberflächen und Gegenstände und die sachgemäße
 Aufbereitung von Medizinprodukten. Weitere Hinweise finden sich in der K ­ RINKO-​Empfehlung „Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und
 Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten“ [2].
 Blutstrominfektion: Nachweis eines Infektionserregers in der lege artis abgenommenen Blutkultur bei einem Patienten mit Infektionszeichen wie Fieber
 und ggf. weiteren klinischen und laborchemischen Manifestationen eines systemischen Inflammationssyndroms. Diese Bezeichnung ist unabhängig vom
 klinischen Schweregrad des Krankheitsbildes.
 Fakultativ-pathogene Erreger: Erreger, die zur Auslösung von Infektionskrankheiten spezifische Voraussetzungen benötigen, wie Eröffnen des Zugangs
 zu normalerweise sterilen Körperbereichen z. B. durch Kathetersysteme bzw. Fremdkörper, und die auch bei fehlender Immunsuppression Infektions-
 krankheiten auslösen können.
 Graft-versus-Host Disease (Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion): Zellen des spezifischen Immunsystems des Spenders erkennen körpereigene Antigene
 des Empfängers als fremd und verursachen eine Immunreaktion, durch die der Empfängerorganismus Schaden nimmt. Hauptmanifestationsorte sind die
 Haut, die Schleimhaut und die Leber (bei chronischer ­GVHD auch die Lunge) des Empfängers. Die Kontrolle der G  ­ VHD, die nach ­WHO in vier Schweregrade
 eingeteilt wird, erfordert ggf. eine Intensivierung der medikamentösen Immunsuppression.
 Schwere Graft-versus-Host Disease (Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion): Bei einer schweren G       ­ VHD muss die Immunsuppression intensiviert werden,
 wodurch das Risiko schwerwiegender Infektionen deutlich erhöht wird [3]. Als schwere G  ­ VHD wird eine ­GVHD angesehen, wenn ein klinisches Kriterium
 der Schweregrade 3 oder 4 nach der internationalen Konsensusdefinition erfüllt ist [4].
 Granulozytopenie (Engl. neutropenia; „Neutropenie“): Anzahl der neutrophilen Granulozyten im peripheren Blutbild
55Schulungen anhand von Beispielen            bare Erklärungen und Verhaltensregeln             rigen oder engen Kontaktpersonen zu
  aus dem klinischen Alltag in kleinen        sollten mit einfachen Worten kommuni-             empfehlen sind [63] (Kat. I­ I).
  Gruppen mit praktischen Übungen             ziert werden. Den Patienten, bei denen          55insofern sie zur Anwendung kom-
  zu kombinieren und dabei das Hygie-         im Verlauf der Therapie eine Granulozy-           men: zu erläutern, warum bestimm-
  nefachpersonal einzubeziehen (ohne          topenie zu erwarten ist oder eine solche          te über die Basishygiene hinausge-
  Kat.).                                      bereits besteht, ist zu erläutern, was eine       hende Maßnahmen (z. B. Tragen von
                                              Granulozytopenie ist und warum sie das            ­MNS, Kontaktisolierung, protektive
2.1.2. Schulung der Patienten und             Risiko von Infektionen erhöht. Die Patien-        Isolierung) erforderlich sind und aus
ihrer Angehörigen                             ten müssen wissen, wie Fieber definiert ist,      welchen Einzelkomponenten sie sich
Viele Patienten und deren enge Begleit-       wie die Temperatur gemessen werden soll           zusammensetzen (siehe Abschn. 2.1.9
personen wollen durch allgemeine Infor-       und was genau sie tun sollen, wenn Fie-           bzw. 2.1.13) (ohne Kat.). Dies vermei-
mation, gezielte Beratung und praktische      ber auftritt. Konkrete Informationen und          det erfahrungsgemäß Konflikte und
Anleitung aktiv in die Infektionspräventi-    Verhaltensregeln (zu allen Aspekten die-          verbessert die Adhärenz.
on einbezogen werden [35–38]. Hochgra-        ses Abschnitts) sind Voraussetzung für ein
dig immunsupprimierte Patienten werden        angemessenes Verhalten in ambulanten            Wenn Patienten oder deren betreuen-
häufig stationär aufgenommen, ggf. auch       Therapiephasen [45–47]. Widersprüchli-          de Angehörige in Maßnahmen der Be-
über längere Zeit stationär behandelt oder    che Kernaussagen unterschiedlicher Mit-         handlungspflege einbezogen werden,
stellen sich im Rahmen ihrer Behandlung       glieder des Behandlungsteams sind zu            empfiehlt die Kommission:
häufig in Spezialambulanzen oder Tages-       vermeiden; ggf. bestehende Meinungsun-          55sie nach einem für alle in der Abtei-
kliniken vor. Hier ergibt sich eine Konti-    terschiede im Team sollten nicht beim Pa-          lung geltenden Standard einzuarbei-
nuität der Interaktion mit dem medizini-      tienten „abgelegt werden“, möglichst „mit          ten, wie dies auch mit neuen Mit-
schen Personal, die immer wieder auch         einer Stimme sprechen“ [29, 48, 49].               arbeitern des Behandlungsteams
dazu genutzt werden kann, grundlegende                                                           geschieht (ohne Kat.).
Strategien der Basishygiene zu vermitteln     Die Kommission empfiehlt:                       55diese Einarbeitung sorgfältig zu doku-
und nachdrücklich einzufordern. Ohne          55Patienten (sowie auch Angehörige,                mentieren (ohne Kat.).
eine kontinuierlich-aktive Anleitung wird       Besucher und Begleitpersonen) im
die ­HD von Patienten und Besuchern zu          Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkei-           Dies kann zum Beispiel die Erhaltungs-
selten durchgeführt; mit ihr und durch die      ten als Partner in die Infektionsprä-         pflege von (dauerhaft implantierten) zen-
Bereitstellung von Händedesinfektions-          vention und -kontrolle aktiv einzu-           tralen Venenkathetern in ambulanten
mittel-Spendern (­HDM-​Spender) (z. B.          beziehen (ohne Kat.). Dies erfordert          Therapiephasen betreffen [64–68]. Ziel
auch im Eingangsbereich des Kranken-            planvolle und nachhaltige Bemühun-            von Schulungsmaßnahmen des Patienten
hauses, der Station oder Spezialambulanz)       gen des gesamten Behandlungsteams             (bzw. seiner Angehörigen) sollte sein, dass
kann z. B. die Händedesinfektionsrate von       [26, 49].                                     kritische Maßnahmen der Erhaltungspfle-
Patienten und Besuchern erhöht werden         55schon beim ersten Kontakt nach Di-            ge an Gefäßkathetern (zum Beispiel der
[39–42]. Aufgrund des intensiven Kon-           agnosestellung auf die besondere Be-          Verbandswechsel oder das Spülen des Ka-
takts zu den Patienten und deren engen          deutung der Hände bei der Über-               theters) eigenverantwortlich durchgeführt
Begleitpersonen kommt dem Pflegefach-           tragung von Krankheitserregern                werden können [69–71].
personal erfahrungsgemäß bei der Infor-         hinzuweisen [50–52] (Kat. ­IB).                  Grundsätzlich dürfen diese Standards
mation und Anleitung von Patienten und        55die wichtigsten Indikationen so-              den Patienten und seine Angehörigen
Angehörigen in Hinblick auf Maßnahmen           wie die korrekte Durchführung der             nicht überfordern. Nicht bei allen Patien-
der Basishygiene eine herausragende Be-         Händedesinfektion (zuhause des                ten (Familien) ist eine solche Einbezie-
deutung zu. Patienten, die vom medizini-        Händewaschens) zu erläutern und               hung möglich und sinnvoll.
schen Personal grundsätzlich dazu auf-          zu demonstrieren [53–56] (siehe
gefordert werden, sind eher dazu bereit,        ­KRINKO-​Empfehlung „Händehygie-              Zur Unterstützung der Aufklärung und
das Personal auf Lücken in der Präventi-         ne in Einrichtungen des Gesundheits-         aktiven Einbeziehung von Patienten
on hinzuweisen (z. B. ­HD des Personals          wesens“ [53, 54] (ohne Kat.)).               empfiehlt die Kommission:
oder Desinfektion eines Dreiwegehahns         55im weiteren Verlauf der Behandlung            55die wichtigsten Themenschwerpunkte
am zentralen Gefäßkatheter vor der Ma-           komplexere Themen der Infektions-               und deren konkrete Ausformulierung
nipulation) [41, 43, 44]. Bei der Einbezie-      prävention gezielt anzusprechen,                gemeinsam im Team (mit dem Hygi-
hung und praktischen Anleitung der Pa-           wie z. B. Strategien zur Vermeidung             enefachpersonal) zu diskutieren und
tienten sind Hindernisse vorauszusehen           Lebensmittel-assoziierter Infektio-             festzulegen (ohne Kat.).
und zu überwinden, die auf Sprachbarri-          nen [57–59], ggf. die Prävention von         55z. B. Broschüren oder auch einfache
eren oder ein mangelndes Gesundheits-            Infektionen, die im Kontakt zu Haus-            Handouts zur Basishygiene und wei-
wissen zurückgehen. Wenn möglich sollte          und Nutztieren übertragen werden                teren Themen nach Möglichkeit in
eine professionelle Übersetzung gewähr-          können (Anamnese!) [60–62], oder                der jeweiligen Sprache der Patien-
leistet sein. Stringente und nachvollzieh-       auch welche Impfungen bei Angehö-               ten bereitzustellen und Piktogramme

                                                                        Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
Bekanntmachungen – amtliche Mitteilungen

  oder visuelle Unterstützungsmöglich-          Die Kommission empfiehlt:                    2.1.4. Immunprophylaxe
  keiten zu nutzen [42] (ohne Kat.).            55eine Besucherregelung, auf die im          Die aktive und passive Immunisierung
55bei der Neuentwicklung von Infor-               Einzelfall unmittelbar verwiesen wer-      immunsupprimierter Patienten ist Gegen-
  mationsmaterialien nach Möglichkeit             den kann, mit der ärztlichen und pfle-     stand aktueller Empfehlungen der hierfür
  Patientenvertreter mit einzubeziehen            gerischen Leitung der Station oder         vom Infektionsschutzgesetz mandatier-
  (ohne Kat.).                                    Abteilung verbindlich festzulegen          ten Ständigen Impfkommission (­STIKO)
55ggf. auf geeignete (zum Beispiel von            (ohne Kat.).                               beim Robert Koch-Institut [63, 78, 79]
  medizinischen Fachgesellschaften be-          55Besucher in die ­HD und ggf. auch in       und medizinischer Fachgesellschaften
  reitgestellte bzw. geprüfte) Online­            weitere Aspekte der Basishygiene und       [80]. Arbeitgeber im Gesundheitswesen
  ressourcen für Patienten zu verweisen           Infektionsprävention einzuweisen           sind berechtigt, den Impfstatus ihrer Mit-
  [32, 72–74] (ohne Kat.).                        (s. ­KRINKO-​Empfehlung „Händehy-          arbeiter zu erheben und diese Daten dazu
                                                  giene in Einrichtungen des Gesund-         zu „… nutzen, um über die Begründung ei-
2.1.3. Anforderungen an die                       heitswesens“ [53, 54]) (ohne Kat.).        nes Beschäftigungsverhältnisses oder über
Besucherregelung                                55Besucher auszuschließen, die an ei-        die Art und Weise einer Beschäftigung zu
Auch bei immunsupprimierten Patien-               ner möglicherweise übertragbaren           entscheiden“. Da einige leicht übertrag-
ten im stationären Umfeld sind soziale            kontagiösen Infektion erkrankt sind        bare impfpräventable Erkrankungen ins-
Kontakte zwischen Patienten, Angehöri-            (als Leitsymptome genannt werden           besondere immunsupprimierte oder im-
gen und Besuchern im Interesse der Pa-            z. B. Fieber, starke Erkältung, Husten,    mundefiziente Patienten vital gefährden
tienten zu fördern und zu ermöglichen             Konjunktivitis, unklares Exanthem,         können (z. B. Masern, Varizellen, Influ-
um sozialer Isolation, Depressionen und           Diarrhoe, Erbrechen) (ohne Kat.).          enza), sollen sich die ärztliche und pflege-
Rückzugstendenzen auf Seiten der Patien-        55bei Anzeichen einer milden Atem-           rische Leitung, die Krankenhaushygiene
ten aktiv entgegenzuwirken. Andererseits          wegsinfektion im Sinne einer Rhinitis      und der betriebsärztliche Dienst gemein-
dürfen Besucher nicht an einer übertrag-          und bei Herpes labialis dem Besucher       sam intensiv darum bemühen, dass mög-
baren Infektionskrankheit leiden (oder            einen ­MNS zu tragen (zusätzlich zur       lichst alle nicht immunen Mitarbeiten-
sich nach einer entsprechenden Expositi-          sorgfältigen H ­ D) [2, 75] (Kat. ­II).    den des Behandlungsteams gegen diese
on wissentlich in der Inkubationszeit be-       55dass bei Patienten, die sich in der Ri-    Erkrankungen geimpft werden [81–83].
finden) und sollen grundlegende Maß-              sikogruppe 2 und 3 befinden (siehe         Dies zu gewährleisten ist eine wichtige
nahmen der Basishygiene im Umgang                 . Tab. 1), Besucher auch dann ausge-       Aufgabe der Krankenhausadministration
mit den Patienten konsequent beachten.            schlossen werden, wenn sie nur milde       [84]. Unabhängig davon wird auf den am
Je offener die Kommunikation zwischen             Symptome einer Atemwegsinfektion           01.03.2020 in Kraft getretenen § 20 Abs. 8
Behandlungsteam, Patienten und Ange-              haben (ohne Kat.).                         des I­ fSG hingewiesen (Pflicht zum Nach-
hörigen über diese Thematik ist, desto          55auch Kinder – ihrem Alter und ihrer        weis einer Immunität gegen Masern) [83].
eher werden die Patienten bzw. die An-            Entwicklung angemessen – in die HD
gehörigen (z. B. die Eltern) sich vorab er-       einzuweisen, wobei dabei in der Regel      Die Kommission empfiehlt:
kundigen, ob ein Besuch vor dem Hin-              bis ins Schulalter eine direkte Beauf-     55dass die behandelnden Ärzte beim
tergrund einer möglichen Ansteckung               sichtigung und manuelle Assistenz er-        Patienten selbst (in Abhängigkeit von
angemessen ist oder nicht. Ein orientie-          forderlich sind (ohne Kat.).                 der aktuellen Therapiesituation und
rendes klinisches Screening auf Infekti-                                                       vom Ausmaß der Immunsuppression)
onszeichen aller Kinder vor Betreten der        Bei den folgenden Maßnahmen fehlt die          und bei seinen Angehörigen (engen
Station kann Teil einer Besucherregelung        wissenschaftliche Evidenz für einen infek-     Kontaktpersonen) auf eine vollständi-
sein, der infektionspräventive Nutzen ist       tionspräventiven Nutzen. Daher spricht         ge Immunisierung nach den entspre-
aber nicht gesichert. Wenn die Angehö-          die Kommission (außerhalb von ent­             chenden S­ TIKO-​Empfehlungen aktiv
rigen und Patienten verstanden haben,           sprechenden Behandlungssituationen             hinwirken (ohne Kat.).
wie sie sich verhalten sollen und gelernt       bzw. speziellen infektionsepidemiologi­      55einen vollständigen Impfschutz insbe-
haben, das Behandlungsteam bei offenen          schen Gründen in der Gesamtbevölke­            sondere zur Prävention nosokomialer
Fragen niedrigschwellig zu konsultieren,        rung) in der Risikogruppe 3 [76] keine         Infektionen (inklusive der jährlichen
ist ein solches Screening außerhalb der         Empfehlung (Kat. ­III) aus für                 Influenzaimpfung) bei medizini-
Risikogruppen 2 und 3 (siehe . Tab. 1)          55Besucherkittel für alle Besucher.            schem Personal (alle Berufsgruppen!),
nicht zwingend erforderlich. Bei Säuglin-       55­MNS für alle Besucher (Ausnah-              das in engem Kontakt zu immunsup-
gen, die eine Lebendimpfung gegen Rota-             me s. 2.1.5.2; selbstverständlich          primierten Patienten tätig ist [85–90]
viren erhalten haben, sollten in den darauf         bleiben jeweils aktuelle Präventi-         (Kat. ­IB).
folgenden zwei Wochen enge Kontakte zu              onsmaßnahmen im Rahmen der
hochgradig immunsupprimierten Patien-              ­COVID-19-Pandemie davon unbe-            Bei Personal mit engem Patientenkon-
ten vermieden werden (wenn nicht ver-               rührt).                                  takt (Kontakt- und Tröpfcheninfektion),
meidbar: Einmalhandschuhe und ­HD               55Einmalhandschuhe für alle Besucher         welches nicht gegen Influenza geimpft ist,
beim bzw. nach dem Windelwechseln).                [77].                                     sollten von der Hygienekommission zu-

 Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
sätzliche Maßnahmen geprüft werden,                richtungen des Gesundheitswesens“             auch zu bedenken, dass Virusinfektionen
um das Übertragungsrisiko zu minimie-              [53, 54]).                                    der Atemwege, die bei ansonsten Gesun-
ren (z. B. Tragen eines M
                        ­ NS zusätzlich zur      55Stationen, auf denen immunsuppri-             den in der Regel harmlos und selbstlimi-
­HD und weiteren Maßnahmen der Basis-              mierte Patienten behandelt werden             tierend verlaufen, bei Immunsupprimier-
 hygiene) (ohne Kat.).                             sowie auch Spezialambulanzen für              ten eine potenziell lebensbedrohliche
                                                   Immunsupprimierte in ausreichen-              Infektion auslösen können [98–100]. Zu-
2.1.5. Basishygienemaßnahmen                       der Anzahl mit patientennah verfüg-           dem scheiden immunsupprimierte Pa-
                                                                             ­ DM-​Spen-
                                                   baren, fest installierten H                   tienten nach einer Ansteckung mit Er-
2.1.5.1. Händehygiene                              dern auszurüsten (Kat. ­IA/­IB, siehe         regern viraler Atemwegsinfektionen die
Die hygienische H   ­ D ist die wichtigste         ­KRINKO-​Empfehlung „Händehygie-              Erreger über einen deutlich längeren Zeit-
Maßnahme zur Prävention von ­NI; ohne               ne in Einrichtungen des Gesundheits-         raum asymptomatisch aus [101–103], so
eine angemessene H   ­ D sind die Hände des         wesens“ [53, 54]).                           dass bei ihnen mitunter Maßnahmen zur
Personals nachweislich mit pathogenen                                                            Prävention von Übertragungen (Kontakt
Mikroorganismen verunreinigt [91].               2.1.5.2. Patientenbezogene Schutz­              und Tröpfchen) über mehrere Wochen er-
    Die Adhärenz bei der H   ­ D ist auf Sta-    kleidung, Bereichskleidung                      forderlich sind.
tionen, die immunsupprimierte Patienten          Die Kommission empfiehlt:                           Bei einer saisonal bedingten deutlich
betreuen, oft vergleichsweise hoch [92–          55bei Tätigkeiten, bei denen die Dienst-        erhöhten Inzidenz von Atemwegsinfekti-
94]. Allerdings desinfizieren Mitarbeiten-          kleidung durch engen Kontakt zum             onen in der Allgemeinbevölkerung (z. B.
de ihre Hände auch hier häufiger nach ei-           Patienten mit Blut, Stuhl, Urin oder         aktuell erhöhte Rate an stationären Auf-
nem Patientenkontakt als davor (z. B. vor           Sekreten kontaminiert werden könn-           nahmen von Patienten mit Influenza oder
einer aseptischen Tätigkeit [94]). In ei-           te, das Tragen von geeigneter Schutz-        mit Respiratory Syncytial Virus Infektion
ner Studie einer Stammzelltransplanta-              kleidung (z. B. Schürzen, Kittel) aus-       (­RSV) [104–108]) und in der akuten Phase
tions-Einheit erhöhte die Genehmigung               schließlich patientenbezogen zur             nach Stammzelltransplantation kann das
zur Desinfektion behandschuhter Hän-                Eindämmung bestimmter übertrag-              grundsätzliche Tragen eines M   ­ NS durch
de insbesondere die Adhärenz vor asep-              barer Infektionserreger sowie generell       das Behandlungsteam und Besucher (bei
tischen Tätigkeiten. Die Inzidenzdich-              bei der Pflege von Patienten mit Di-         jedem Patientenkontakt) von Nutzen sein
te schwerer Infektionen2 nahm ab (von               arrhoe bzw. Erbrechen oder großflä-          [103, 109, 110]. Dies gilt analog in der on-
6,0 auf 2,5/1000 Patiententage, statistisch         chigen Wunden (in diesem Kontext             kologischen Ambulanz/im Wartebereich
nicht signifikant), die Übertragungsra-             wird ausdrücklich auf die ­KRINKO-​          der Ambulanz [111]. Für eine der Situa-
te von multiresistenten Erregern (­MRE)             Empfehlung „Infektionsprävention             tion angemessene und anpassungsfähi-
(­MRSA, E­ SBL-​bildende gramnegative Er-           im Rahmen der Pflege und Behand-             ge Strategie in Hinblick auf die Frage, ob
reger, ­VRE) blieb unbeeinflusst [95]. Um           lung von Patienten mit übertragba-           generell bei engem Kontakt zum Patien-
einen hohen Standard aufrecht zu erhal-             ren Krankheiten“ verwiesen [2, 96])          ten durch das Behandlungsteam und Be-
ten, erscheint die Teilnahme an der Akti­           (ohne Kat.).                                 sucher ein M­ NS getragen werden sollte,
on Saubere Hände (oder die lokale Um-            55das Tragen von Arbeitskleidung (kei-          ist eine enge Kooperation und Abstim-
setzung eines vergleichbaren Konzeptes)             ner Privatkleidung) durch medizi-            mung mit der Krankenhaushygiene und
ausgesprochen sinnvoll [55]. H  ­ DM-​Spen-         nisches Personal mit Pflegekontakt,          der Infektionsdiagnostik (aktuelle Zahl
der sollten auch im Eingangsbereich der             welche vom Arbeitgeber sachgerecht           der Nachweise von Influenza bzw. ­RSV
entsprechenden Stationen und Ambulan-               aufbereitet wird [2] (ohne Kat.).            bei Patienten der gesamten Klinik) ent-
zen installiert sein, damit die erste H
                                      ­ D be-    55zusätzlich für das Personal und Ange-         scheidend.
reits beim Betreten des Bereichs erfolgen           hörige den Einsatz keimarmer patien-
kann [39–41].                                       tenbezogener Schutzkittel bei engem          2.1.6. Antiseptische
                                                    Kontakt zu Patienten, die zur Risi-          Ganzkörperwaschungen
Die Kommission empfiehlt:                           kogruppe 3 (siehe . Tab. 1) gehören          In den letzten Jahren wird insbesonde-
55das gesamte Behandlungsteam in Be-                und daher protektiv isoliert werden          re auf Intensivstationen und periope-
  zug auf die Umsetzung der Empfeh-                 [76] (Kat. I­ I).                            rativ eine Ganzkörperwaschung mit
  lungen der ­KRINKO zur Händehy-                55den Einsatz von ­MNS bei der pro-             Chlorhexidin (­CHX)- oder Octenidin-
  giene sorgfältig und regelmäßig zu                tektiven Isolierung in Risikogruppe          haltigen Waschlösungen bzw. mit fertig
  schulen, zu trainieren und zu super-              3 (siehe . Tab. 1) und zur gezielten         hierfür konfektionierten Waschtüchern
  vidieren (Kat. ­IA/­IB, siehe ­KRINKO-​           Prävention von Tröpfcheninfektionen          als grundlegende Maßnahme der Infek-
  Empfehlung „Händehygiene in Ein-                  (ohne Kat.).                                 tionsprävention propagiert [112]. Da-
                                                                                                 bei wird neben der Prävention von N   ­I
                                                 Mitarbeitende, die selbst an einer akuten       (z. B. Blutstrominfektionen, postoperati-
2
   Hier: Blutstrominfektionen (health care-
 associated bloodstream infection; ­HABSI) und   Infektion erkrankt sind, sollen nicht im        ve Wundinfektionen) auch die Senkung
 Pneumonien (hospital-acquired pneumonia;        engen Kontakt zu immunsupprimierten             der Übertragungswahrscheinlichkeit be-
­HAP).                                           Patienten eingesetzt werden [97]. Dabei ist     stimmter multiresistenter Infektionser-

                                                                           Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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reger angestrebt [113–115]. Nach einer           zeigt werden konnte. Es bleibt jedoch un-     Die Kommission empfiehlt:
aktuellen Erhebung der European Socie-           klar, ob gegenüber dem im A ­ BATE Trial      55die Umsetzung der oben zitierten
ty for Blood and Marrow Transplantation          umgesetzten Studiendesign eine Fokussie-        Anforderungen an die Reinigung
(­EBMT) setzen 31 % von 109 teilnehmen-          rung der C­ HX-​Ganzkörperwaschung al-          und Desinfektion von Flächen in ein
den Stammzell-Transplantationszentren            lein auf onkologische Patienten mit zent-       übergeordnetes Qualitätsmanage-
diese Maßnahme regelhaft ein [116]. Die          ralem Venenkatheter (­ZVK) einen Nutzen         mentkonzept zu integrieren, das vom
­KRINKO hat bisher außerhalb der ­MRSA-​         hat [115]. Bestimmte Device-assoziierte         Krankenhaushygieniker oder dem
 Dekolonisierung [117] diese Maßnahme            Infektionen sowie auch die Bakteriurie          für die Hygiene zuständigen Perso-
 nur dann empfohlen, wenn nach Ein-              und Candidurie treten bei Männern mit           nal überprüft und freigegeben wurde
 schätzung der behandelnden Ärzte und            Blasenkatheter [128] bzw. bei Patienten         [139, 140] (ohne Kat.).
 der Krankenhaushygieniker andere Prä-           mit ­CHX-​Ganzkörperwaschung seltener         55bereichsspezifisch nachgewiesener-
 ventionsmaßnahmen nicht ausreichen              auf [129]. Das kann auch dadurch bedingt        maßen geschultes Reinigungsperso-
 [64–66, 118, 119]. Die bisher vorliegen-        sein, dass in dieser Studie sowohl alle         nal, das Anweisungen des Behand-
 den Studien zum Einsatz der Ganzkör-            Hautdefekte und Wunden, als auch die            lungsteams unmittelbar verstehen
 perwaschung bei Immunsupprimierten              ersten 15 cm jedes Katheters in die C
                                                                                     ­ HX-​      und umsetzen kann, in angemessener
 reichen für eine eindeutige Empfehlung          Behandlung einbezogen werden (siehe             Stundenzahl zur Verfügung zu stellen
 nicht aus [112, 120, 121]. In der häufig zi-    z. B. das Instruktionsvideo der A ­ BATE        (ohne Kat.). Dies ist erforderlich, um
 tierten Studie von Climo et al. gab es nur      Studie https://vimeo.com/164608558              die hohen und ggf. rasch wechselnden
 eine teilnehmende Klinik für Stammzell-        [115] und Abschn. 2.1.1). Sollten ­CHX-​         Anforderungen in solchen Hochrisi-
 transplantation; deren Ergebnisse sind         Ganzkörperbehandlungen zum Einsatz               kobereichen der stationären Patien-
 in dieser Studie nicht separat ausgewie-       kommen, kann sich hierdurch in vitro die         tenversorgung angemessen erfüllen
 sen (nur in Abb. 2 ohne statistische An-       ­CHX-​Empfindlichkeit grampositiver In-          zu können.
 gaben) [122]. Diese Studie steht weiterhin     fektionserreger in der entsprechenden Pa-
 aufgrund möglicher Interessenskonflikte        tientenpopulation vermindern [130, 131].       2.1.8. Anteil und Ausstattung von
 in der Kritik [123]. In der Patientengrup-     Die klinische Bedeutung dieser Beobach-        Zimmern zur Isolierung
 pe mit Ganzkörper„waschung“ wurde v. a.        tung ist bislang noch ungeklärt.               Die Kommission empfiehlt:
 die Inzidenzdichte Gefäßkatheter-assozi-            Die ­KRINKO kann aufgrund der bis-        55aufgrund des insgesamt deutlich er-
 ierter Infektionen durch Koagulase-ne-          lang unzureichenden Evidenz bei im-             höhten und zunehmenden Bedarfs an
 gative Staphylokokken (­CoNS) reduziert,        munsupprimierten Patienten eine anti-           Isolierzimmern auf einer Station, die
 was auch durch die konsequente Um-              septische Ganzkörperwaschung weder              hochgradig immunsupprimierte Pa-
 setzung von Präventionsbündeln mög-             empfehlen noch ablehnen (Kat. ­III).            tienten betreut [141–150], mind. 50 %
 lich ist [64–66, 119]. Während der Stu-                                                         der Zimmer so auszustatten, dass sie
 die wurde das entsprechende Produkt            2.1.7. Reinigung und Desinfektion                zur Isolierung genutzt werden kön-
 (­CHX-​Waschtücher) vorübergehend vom          Zu diesem Thema wird auf die K   ­ RINKO-​       nen: als Einzelzimmer nutzbares Zim-
 Markt genommen, weil es mit Burkholde-         Empfehlungen zu den „Anforderungen an            mer mit eigenem Sanitärbereich (Du-
 ria cepacia kontaminiert war. Die fehlende     die Hygiene bei der Reinigung und Des-           sche und Toilette), ­HDM-​Spendern
 Wirksamkeit von ­CHX gegen bestimmte           infektion von Flächen [132]“, „Infektions-       und einem ausreichend groß dimensi-
 gramnegative Infektionserreger kann ent-       prävention zur Pflege von Patienten mit          onierten Zugangsbereich, in dem Kit-
 sprechende Ausbrüche begünstigen [124].        übertragbaren Krankheiten“ [2, 96] und           tel, Handschuhe und ­MNS angelegt
 Auch das in Deutschland alternativ einge-      die Erreger-spezifischen K ­ RINKO-​Emp-         und vor Verlassen des Zimmers ent-
 setzte Antiseptikum Octenidin weist hier       fehlungen „Empfehlungen zur Präventi-            sorgt werden können [2] (Kat. ­II).
 Wirkungslücken auf [125–127].                  on und Kontrolle von Methicillin-resis-
     In die ­ABATE-​Studie von Huang et al.     tenten Staphylococcus aureus-Stämmen           2.1.9. Protektive Isolierung
 wurden in die Kontrollgruppe und in die        (­MRSA) in medizinischen und pflegeri-         Die Kommission empfiehlt:
 Gruppe mit C   ­ HX-​Ganzkörperbehand-         schen Einrichtungen“, „Hygienemaßnah-          55granulozytopenische Patienten der
 lung jeweils 4730 bzw. 5800 onkologische       men zur Prävention der Infektion durch           Risikogruppen 1 und 2 (. Tab. 1) bei
 Patienten (außerhalb der akuten Stamm-         Enterokokken mit speziellen Antibioti-           sorgfältiger Beachtung der Basishygi-
 zelltransplantation) aufgenommen. Es er-       karesistenzen“, „Hygienemaßnahmen bei            enemaßnahmen in einem Ein- oder
 gab sich kein signifikanter Unterschied in     Infektionen oder Besiedlung mit multi-           Zweibettzimmer mit eigenem Sani-
 Hinblick auf die primären Endpunkte (kli-      resistenten gramnegativen Stäbchen“ und          tärbereich unterzubringen, jedoch
 nische Kulturen für ­MRSA oder ­VRE so-        „Hygienemaßnahmen bei Clostridioides             nicht in größeren Einheiten (drei
 wie Inzidenz von Blutstrominfektionen).        difficile-Infektion (­CDI)“ in ihrer jeweils     oder mehr Patienten pro Zimmer)
 Wahrscheinlich befanden sich onkologi-         gültigen Fassung [117, 133–135] und auf          (ohne Kat.). Da in der pädiatrischen
 sche Patienten mit zentralem Venenka-          aktuelle Sekundärliteratur verwiesen             Hämato-Onkologie im Regelfall ein
 theter in der Subgruppe mit Devices, für       [136–138].                                       Elternteil (eine Begleitperson) mit
 die in der Post-hoc Analyse ein Vorteil ge-                                                     aufgenommen wird, sollen Kranken-

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zimmer zumindest so dimensioniert          ner Besiedlung durch 3MRGN3 E. coli so-              und Kontrolle von Methicillin-resis-
  sein, dass neben dem Bett des Patien-      wie die nosokomiale Transmission und                 tenten Staphylococcus aureus-Stäm-
  ten ein Klappbett aufgestellt werden       das Auftreten von Bakteriämien durch die             men (­MRSA) in medizinischen und
  kann, ohne dass die Pflege des Kindes      zuvor besiedelnden Erregerisolate. Dabei             pflegerischen Einrichtungen“, „Hygi-
  (v. a. im Nachtdienst) hierdurch un-       wurden jeweils zwei Kliniken miteinan-               enemaßnahmen zur Prävention der
  verhältnismäßig erschwert wird oder        der verglichen: In zwei Kliniken wurden              Infektion durch Enterokokken mit
  zusätzliche Übertragungsrisiken ent-       mit 3MRGN E. coli besiedelte Patienten               speziellen Antibiotikaresistenzen“,
  stehen.                                    nach Möglichkeit in einem Einzelzim-                 „Hygienemaßnahmen bei Infektionen
55Patienten der Risikogruppe 3 (siehe        mer betreut, in den anderen beiden Kli-              oder Besiedlung mit multiresistenten
  . Tab. 1) in einem Einzelzimmer mit        niken nicht. In dieser insgesamt massiv              gramnegativen Stäbchen“ und „Hy-
  eigenem Sanitärbereich unterzubrin-        mit Antibiotika vorbehandelten Patien-               gienemaßnahmen bei Clostridioides
  gen [76] (zu den Anforderungen an          tenpopulation lag die Aufnahmepräva-                 difficile-Infektion (­CDI)“) [2, 96, 117,
  die Raumluft siehe Abschn. 2.1.13)         lenz für 3MRGN bei 7,7 bzw. 7,5 %. Der               133–135].
  (ohne Kat.).                               Anteil von mit 3MRGN kolonisierten Pa-             55keine grundsätzliche Einzelzimme-
                                             tienten war somit in der Hämatologie-                risolierung für erwachsene hämato-
2.1.10. Isolierung bei Besiedlung            Onkologie etwas höher als in Studien, die            logisch-onkologische Patienten, die
oder Infektion mit übertragbaren             alle Aufnahmen von Universitätsklinika               mit 3MRGN E. coli besiedelt (oder
Erregern                                     untersucht haben [92, 153, 154]. In der              infiziert) und in der Lage sind, Maß-
Negativen Auswirkungen einer Einzel-         o. g. Studie waren sowohl nosokomiale                nahmen der Basishygiene konsequent
zimmerisolierung auf die Qualität der me-    Transmissionen als auch Blutstrominfek-              umzusetzen4 [92] (Kat. ­II).
dizinischen und psychosozialen Behand-       tionen durch 3MRGN E. coli extrem selten           55in der Risikogruppe 2 (siehe . Tab. 1)
lung soll das Behandlungsteam durch          (zusammen 1,59 % ohne Isolierung bzw.                vor einer Kohortierung von Patienten
eine angemessene Personalausstattung         1,01 % mit Isolierung) und wurden durch              mit dem gleichen Erreger eine ärztli-
und ggf. auch apparative Überwachung         Einzelzimmerisolierung nicht signifikant             che Risikoanalyse, ob der Kohortie-
(Zentralmonitore, Gegensprechanlagen),       beeinflusst [92]. Auch in einer systema-             rung bei den individuellen Patienten
durch aufsuchende Unterstützung von          tischen Literaturanalyse fand die gleiche            andere infektionspräventive Aspekte
Seiten der psychosozialen Mitarbeiter        Arbeitsgruppe eine niedrige Inzidenz von             entgegenstehen (ohne Kat.).
sowie durch die Verfügbarkeit elektroni-     sekundären Blutstrominfektionen (­BSI)             55dass in Abteilungen, die auf die Be-
scher Unterhaltungs- und Kommunika-          nach einer Besiedlung durch E    ­ SBL-​bil-         handlung von Patienten mit Immun-
tionsmedien (Internet usw.) am Patien-       dende Enterobacteriales [155]. In einer              schwäche spezialisiert sind, mindes-
tenbett aktiv entgegenwirken [151]. Kein     italienischen Multicenterstudie wurden               tens ein Zimmer verfügbar sein sollte,
Patient darf aufgrund einer Besiedlung       jedoch höhere B ­ SI-​Raten bei besiedelten          das durch einen Schleusenbereich
oder Infektion oder der Notwendigkeit ei-    hämato-onkologischen Patienten gefun-                (zwei Türen) vom Rest der Station ab-
ner protektiven Isolierung eine qualitativ   den (15,6 % für ­ESBL-​Bildner und 14,1 %            gegrenzt ist und durch eine entspre-
schlechtere medizinische Überwachung         für Carbapenem-resistente gramnegative               chende raumlufttechnische Ausstat-
oder Behandlung erhalten. Bezüglich          Infektionserreger [156]).                            tung (Senke im Schleusenbereich mit
­MRGN, V ­ RE und zu ­MRSA wird auf die                                                           suffizientem Luftvolumen) die Isolie-
 ­KRINKO-​Empfehlungen „Hygienemaß-          Die Kommission empfiehlt:                            rung von Patienten mit aerogen über-
nahmen bei Infektionen oder Besiedlung       55Patienten, die mit Infektionserregern              tragbaren Infektionskrankheiten (z. B.
mit multiresistenten gramnegativen Stäb-       infiziert sind oder diese asymptoma-               Varizellen, Masern) zulässt [2] (ohne
chen“, „Hygienemaßnahmen zur Präven-           tisch ausscheiden (kolonisiert sind),              Kat.). Die Unterbringung solcher Pa-
tion der Infektion durch Enterokokken          nach ärztlicher Risikoanalyse in ei-               tienten in einer ausgewiesenen Infek-
mit speziellen Antibiotikaresistenzen“         nem als Einzelzimmer nutzbarem                     tionsabteilung der gleichen Klinik ist
und „Empfehlungen zur Prävention und           Zimmer nach schriftlich festgeleg-                 ebenfalls akzeptabel, wenn dort die
Kontrolle von Methicillin-resistenten Sta-     ten Hygienestandards zu isolieren,                 medizinische Überwachung und Be-
phylococcus aureus-Stämmen (­MRSA) in          die sich aus dem Übertragungsweg                   handlung der Grunderkrankung in
medizinischen und pflegerischen Einrich-       des jeweiligen Erregers ergeben (siehe             gleicher Qualität gewährleistet wer-
tungen“ verwiesen [117, 133, 134, 152].        hierzu die ­KRINKO-​Empfehlungen                   den kann (ohne Kat.).
    Biehl et al. führten eine prospekti-       „Infektionsprävention im Rahmen                  55Patienten (und deren engen Kon-
ve Studie in den hämatologisch-onkolo-         der Pflege und Behandlung von Pa-                  taktpersonen) keinen freien Zugang
gischen Abteilungen an vier deutschen          tienten mit übertragbaren Krankhei-                zu Gemeinschaftsräumen (z. B. zur
Universitätskliniken durch [92]. Unter-        ten“, „Empfehlungen zur Prävention
sucht wurde die Aufnahmeprävalenz ei-                                                           4
                                                                                                  Für 3MRGN-Isolate anderer Spezies liegen
                                             3
                                               Resistenz gegen Cephalosporine der Grup-         vergleichbare Untersuchungen nicht vor, so
                                             pe ­III bzw. (bei 3MRGN) auch gegen Fluorchi-      dass hier weiterhin eine Kontaktisolierung in
                                             nolone.                                            Hochrisikobereichen empfohlen wird.

                                                                          Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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  Stationsküche) zu gewähren, solange              gruppen und sind nicht Gegenstand              Bestimmte Probiotika (deren Standar-
  sie an einer übertragbaren Erkran-               dieser Empfehlung.                          disierung im Sinne des Arzneimittelge-
  kung leiden oder einen übertragbaren          3. der Lagerung und Zubereitung von            setzes ein erhebliches Problem darstellt)
  Krankheitserreger asymptomatisch                 Lebensmitteln in einer Stationskü­          haben möglicherweise bei immunsuppri-
  ausscheiden (kolonisiert sind) und               che mit Zugang für Patienten und            mierten Patienten eine günstige Wirkung
  aus diesem Grund isoliert werden                 Angehörige (pädiatrische Hämato-            auf das Mikrobiom (z. B. Senkung der In-
  (ohne Kat.).                                     Onkologie: „Elternküche“). Immun-           zidenz der Antibiotika-assoziierten Diar-
55bei pädiatrischen Patienten statio-              supprimierte Patienten während der          rhoe oder ­CDI) [178–183]. In einer Stu-
  när mit aufgenommenen Eltern/en-                 intensiven Therapie angemessen zu           die mit Mikrobiomanalysen konnte keine
  gen Kontaktpersonen gemeinsam mit                ernähren und damit einer Kachexie           signifikante Veränderung desselben nach
  dem Kind zu isolieren [157]. Dies gilt           und weiteren Komplikationen vor-            Probiotikagabe nachgewiesen werden
  insbesondere auch für Patienten, die             zubeugen, kann sehr schwierig sein          [184]. Allerdings deuten Analysen ver-
  mit ­MRSA, V ­ RE oder 3 bzw. 4MRGN              [159–163]. In diesem Zusammenhang           schiedener Patientenpopulationen und
  besiedelt sind (ohne Kat.).                      kann es aus medizinischen Gründen           einzelne Fallberichte und Fallserien darauf
                                                   erforderlich sein, dass den Patienten       hin, dass probiotische Mikroorganismen
Mit dem Patienten isolierte enge Kontakt-          während eines stationären Aufent-           sehr selten systemische (Blutstrom-)Infek-
personen sollen innerhalb des Isolierbe-           haltes Zugang zu einer individuellen        tionen auslösen können [184–201].
reichs v. a. Maßnahmen der Basishygie-             Ernährung zusätzlich oder als Alter-
ne umsetzen (­HD, Schutzkittel bei engem           native zur Krankenhauskost gewährt          Die Kommission empfiehlt:
Pflegekontakt, z. B. beim Waschen, zu-             wird. Zum Teil geschieht dies durch         55das Risiko des Einsatzes von Probio­
sätzlich saubere Einmalhandschuhe beim             das Mitbringen von Lebensmitteln              tika (oder deren Freigabe im Sinne
Wechseln der Windel etc.). Vor dem Ver-            oder die patientenbezogene Zuberei-           einer Unbedenklichkeitserklärung in
lassen des Zimmers sind die Hände zu               tung und Lagerung von Speisen in ei-          Hinblick auf probiotische Nahrungs-
desinfizieren. In einigen Kliniken hat es          ner Stationsküche.                            ergänzungsmittel) bei immunsuppri-
sich bewährt, dass diese Eltern ggf. außer-     4. die Lagerung und Verabreichung von            mierten Patienten der Risikogrup-
halb des Isolierzimmers einen Kittel (und je       Sondenkost (Magensonde, Jejunal-              pen 2 und 3 sorgfältig gegen den zu
nach Erreger auch einen M ­ NS) tragen, so-        sonde, perkutane endoskopische Gas-           erwartenden Nutzen abzuwägen [202,
fern sie die Station nicht sofort verlassen.       trostomie), Formulanahrung (Säug-             203] (Kat. ­III).
                                                   linge) [164–167] und Muttermilch
2.1.11. Prävention von Infektionen,                (insofern diese abgepumpt und zwi-          2.1.12. Baulich-funktionelle
die durch kontaminierte                            schengelagert wird).                        Maßnahmen zur Gewährleistung
Lebensmittel übertragen werden                                                                 des protektiven Umfeldes
Prinzipiell muss unterschieden werden           Selbstverständlich wird auch für eine von      Die Kommission empfiehlt:
zwischen:                                       den Patienten und ihren Angehörigen ge-        55dass Stationen und Spezialambu-
1. einer ambulanten Versorgungssituati-         nutzte Stationsküche ein Hygieneplan be-         lanzen, in denen Patienten der hier
   on (die Patienten essen zuhause oder         nötigt, der mit dem Hygienefachpersonal          zugrunde gelegten Risikokatego-
   außerhalb der Gesundheitseinrich-            abgestimmt wird und für alle Nutzer der          rien 1–3 behandelt werden, keine
   tung). Hier gelten allgemeine Basisre-       Küche verbindlich ist.                           Durchgangsstationen/-bereiche zu
   geln der Lebensmittelhygiene, die im-                                                         anderen Stationen oder Ambulanzen
   munsupprimierten Patienten bekannt           Die Kommission empfiehlt:                        sind, sondern baulich-funktionell von
   sein und von ihnen und ihren Ange-           55auch außerhalb der Klinik bestimm-             diesen getrennt liegen (ohne Kat.).
   hörigen konsequent beachtet werden             te Nahrungsmittel mit hohem Risiko           55dass alle Oberflächen inklusive des
   sollten [57–59]. Hierzu bedürfen die           für eine bakterielle Kontamination             Fußbodens leicht zu reinigen und zu
   Patienten und ihrer Familien einer ge-         durch Krankheitserreger zu meiden              desinfizieren sind [132] (ohne Kat.).
   zielten und strukturierten Beratung            (. Tab. 5) und besondere Aufmerk-              Stoffpolstermöbel, Teppichböden und
   (siehe Abschn. 2.1.2 und . Tab. 5).            samkeit auf Basishygienemaßnahmen              Topfblumen sind als Einrichtung un-
2. der Krankenhausküche, für die be-              beim Einkauf, der Lagerung und der             geeignet [137].
   sondere Anforderungen (gesetzliche             Zubereitung von Nahrungsmitteln zu           55dass eine Kontamination der Umge-
   Regelungen und Kontrollen) nach                legen (. Tab. 5; [5]) (ohne Kat.).             bung durch Spritzwasser aus Wasch-
   dem ­HACCP-​Konzept gelten [158].                                                             becken ggf. durch einen Spritzschutz
   Infektionspräventive Vorsichtsmaß-           Die Kommission spricht sich ausdrück-            vermieden wird; dies gilt insbesonde-
   nahmen bei der Lebensmittelherstel-          lich gegen eine strenge „Neutropenie-Di-         re für Eingriffsräume und Bereiche, in
   lung, Lagerung und Verteilung durch          ät“ aus, da deren Nutzen unbewiesen ist          denen Injektionen, Infusionen, Medi-
   den Krankenhausträger („Kranken-             und durch eine solche Diät die Lebens-           kamentenlösungen und enterale Er-
   hauskost“) gelten für alle Patienten-        qualität der Patienten signifikant beein-        nährungslösungen zubereitet werden
                                                trächtigt wird [7, 76, 168–177] (Kat. I­ I).     [204] (Kat. ­II).

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2.1.13. Anforderungen an die                    Druckbilanzen zwischen dem Patien-              tung möglichst zu verzichten. Die
Raumluft                                        tenzimmer und dem Flur sicher auf-              Fenster der Patientenzimmer sollten,
Die Kommission empfiehlt:                       recht zu erhalten und zu verhindern,            abgesehen von einer brandschutztech-
55zur Vermeidung von invasiven Asper-           dass durch den positiven Druck im               nischen Notöffnung, von Patienten
  gillosen/Fadenpilzinfektionen Patien-         Patientenzimmer Krankheitserreger               und Personal nicht geöffnet werden
  ten mit ­AML (auch: ­AML Rezidiv)             über die Abluft in den Flur befördert           können. Das erfordert eine adäqua-
  während der Induktionstherapie, Pa-           werden) [213]. Es gibt jedoch keine kli-        te Klimatisierung, Be- und Entlüf-
  tienten in der akuten Phase nach allo-        nischen Studien, die den Nutzen einer           tung nach dem aktuellen Stand der
  gener Stammzelltransplantation oder           solchen Schleuse für den Endpunkt ­NI           Technik (siehe D­ IN 1946-4 bzw. V­ DI
  mit schwerer ­GVHD während der sta-           oder nosokomiale Infektionsübertra-             6022) [214, 217] (ohne Kat.).
  tionären Behandlung in Räumlichkei-           gungen belegen (ohne Kat.).                   55in der Nähe von Abteilungen, die
  ten mit ­HEPA-​gefilterter Luft (Filter-    55bei Neubauten oder grundlegenden                hochgradig immunsupprimierte Pa-
  klasse H13) unterzubringen, die nach          Umbaumaßnahmen zu erwägen, dass                 tienten behandeln, keine Kompos-
  dem allgemein anerkannten Stand der           nicht nur einzelne Krankenzimmer,               tierungsanlagen und keine Anlagen
  Technik ausgelegt sind [76, 205–207]          sondern ganze Stationen oder be-                zur Müllverarbeitung anzusiedeln, da
  (Kat. I­ B). Patienten nach autologer         stimmte Stationsbereiche mit ­HEPA-​            sie massenhaft Pilzsporen emittieren
  Stammzelltransplantation (ohne zu-            gefilterter Luft versorgt werden (Flure         können [218] (Kat. I­ I).
  sätzliche Immunsuppression zur Ver-           mindestens zweistufig mit F9), so dass        55Arbeiten zur Laubentfernung in un-
  meidung einer G   ­ VHD, die bei autolo-      sich auch hochgradig immunsuppri-               mittelbarer Nähe von Abteilungen,
  ger Transplantation nicht vorkommt)           mierte Patienten dort frei bewegen              die hochgradig immunsupprimier-
  benötigen kein solches Isolierzimmer          können und somit das Risiko einer               te Patienten behandeln, nicht mit
  mit H­ EPA-​gefilterter Raumluft, da bei      sozialen Isolierung der Patienten re-           „Laubbläsern“ durchzuführen; hier
  ihnen die Inzidenz invasiver Schim-           duziert wird (ohne Kat.).                       sollte eine Sicherheitszone definiert
  melpilzinfektionen in den meisten           55bei Neubau oder Kernsanierung auf               werden (ohne Kat.).
  Zentren unter 5 % liegt [208, 209] und        eine Laminar Air Flow/eine turbu-
  sich die Unterbringung in H  ­ EPA-​filt-     lenzarme Verdrängungsströmung im              2.1.14. Anforderungen an
  rierten Räumen nicht signifikant auf          Isolierzimmer zu verzichten, da die           die Wasserversorgung und
  die Rate nosokomialer Pneumonien              wissenschaftliche Evidenz für einen           Ausstattung von Sanitärbereichen
  auswirkt [210].                               infektionspräventiven Nutzen fehlt            Nachfolgend wird eine Auswahl grundle-
                                                [76] (ohne Kat.).                             gender Empfehlungen zur Prävention und
Daher werden seit einigen Jahren autolog      55in jedem Fall die regelmäßige Wartung         Kontrolle wasserassoziierter Infektionen
stammzelltransplantierte Patienten in vie-      und Kontrolle der raumlufttechnischen         dargestellt, deren Beachtung bei Immun-
len Zentren nicht mehr obligat in Isolier-      Anlagen entsprechend der technischen          supprimierten von besonderer Bedeutung
zimmern mit ­HEPA-​filtrierter Raumluft         Vorgaben (­DIN 1946-4) sicherzustellen        ist [219–223]. In diesem Zusammenhang
behandelt [211–213]. Grundsätzlich ist zu       und die Ergebnisse der hygienischen           wird ausdrücklich auf die Empfehlung
bedenken, dass Patienten bereits bei Auf-       Abnahmeprüfung sowie der periodi-             „Anforderungen der Hygiene an abwas-
nahme eine asymptomatische Pilzbesied-          schen hygienischen Prüfungen gemäß            serführende Systeme in medizinischen
lung der Atemwege oder der Nasenneben-          dem aktuellen Stand der Technik re-           Einrichtungen“ hingewiesen. Insbeson-
höhlen aufweisen können, die durch die          gelmäßig dem Krankenhaushygieniker            dere die dort im Anhang für Bereiche mit
Bereitstellung ­HEPA-13-gefilterter Raum-       vorzulegen [214] (ohne Kat.).                 besonderem Infektionsrisiko beschriebe-
luft nicht beeinflusst wird. Ein entschei-    55die Verwendung von dicht anliegen-            nen Maßnahmen sollen für die Risiko-
dender Bestandteil des Gesamtkonzeptes          den partikelfiltrierenden Atemschutz-         gruppe 2 und 3 Berücksichtigung finden.
der Prävention invasiver Mykosen ist ne-        masken (Typ FFP2) durch Patienten
ben den o. g. Maßnahmen die Aspergil-           der Risikogruppe 2 oder 3 bei Verlas-         2.1.14.1. Hygienische Aspekte zur Kon­
lus-wirksame medikamentöse antifunga-           sen des Zimmers nach individueller            struktion und Nutzung von Waschbe­
le Prophylaxe bei Hochrisiko-Patienten.         Risikobewertung [215, 216] (Kat. ­II).        cken, Duschen und Toiletten in medizi­
Diese ist jedoch nicht Gegenstand dieser      55Raumluftbefeuchter oder andere tech-          nischen Bereichen
Empfehlung.                                     nische Geräte, die potenziell kontami-           Hierzu gehören unter anderem [224]:
                                                nierte Aerosole emittieren oder Staub         55in Hochrisikobereichen mit Patienten
Die Kommission empfiehlt weiterhin:             aufwirbeln (Ventilatoren5), nicht zu             der Gruppen 2 und 3 den Einsatz von
55entsprechende Patientenzimmer zur             verwenden (ohne Kat.).                           thermisch desinfizierenden Siphons
  protektiven Isolierung mit Schleuse         55bei Vorhandensein einer raumluft-                zu erwägen, insofern sich das Risi-
  auszustatten (Patientenzimmer mit po-         technischen Anlage auf Fensterlüf-               ko einer retrograden Kontamination
  sitiver Luftbilanz zur Schleuse, Schleu-                                                       oder Aerosolbildung nicht durch an-
  se mit negativer Luftbilanz zum Patien-     5
                                                Begründete Ausnahme: Linderung der Atem-         dere technische Maßnahmen kontrol-
  tenzimmer und zum Flur, v. a. um die        not bei palliativer Behandlung.                    lieren lässt [221],

                                                                        Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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