Aspect - Austausch auf Augenhöhe JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS - Krebsliga

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Aspect - Austausch auf Augenhöhe JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS - Krebsliga
Januar 2020

    aspect

                       JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS
                 Austausch auf Augenhöhe
NEUJAHRSVORSÄTZE              PROSTATAKREBS          SEXUALBERATUNG
 Wie Sie das Krebsrisiko       Eigene Ressourcen      Wir bieten kostenlose
     senken können             als wichtige Stütze        Mailberatung
Aspect - Austausch auf Augenhöhe JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS - Krebsliga
Die Krebsliga in Ihrer Region

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1 Krebsliga Aargau                       6 Krebsliga Graubünden                         10 Krebsliga Schaffhausen              15 Krebsliga Wallis
  Telefon 062 834 75 75                    Telefon 081 300 50 90                           Telefon 052 741 45 45                  Telefon 027 604 35 41
  admin@krebsliga-aargau.ch                info@krebsliga-gr.ch                            info@krebsliga-sh.ch                   info@krebsliga-wallis.ch
  PK 50-12121-7                            PK 70-1442-0                                    PK 82-3096-2                           PK 19-340-2
2 Krebsliga beider Basel                 7 Ligue jurassienne                            11 Krebsliga Solothurn                 16 Krebsliga Zentralschweiz
  Telefon 061 319 99 88                    contre le cancer                                Telefon 032 628 68 10                  LU, OW, NW, SZ, UR, ZG
  info@klbb.ch                             Téléphone 032 422 20 30                         info@krebsliga-so.ch                   Telefon 041 210 25 50
  PK 40-28150-6                            ligue.ju.cancer@bluewin.ch                      PK 45-1044-7                           info@krebsliga.info
                                           CP 25-7881-3                                                                           PK 60-13232-5
3 Bernische Krebsliga                                                                   12 Thurgauische Krebsliga
  Telefon 031 313 24 24                  8 Ligue neuchâteloise                             Telefon 071 626 70 00               17 Krebsliga Zürich
  info@bernischekrebsliga.ch               contre le cancer                                info@tgkl.ch                           Telefon 044 388 55 00
  PK 30-22695-4                            Téléphone 032 886 85 90                         PK 85-4796-4                           info@krebsligazuerich.ch
                                           LNCC@ne.ch                                                                             PK 80-868-5
4 Krebsliga Freiburg                                                                    13 Lega ticinese
                                           CP 20-6717-9
  Telefon 026 426 02 90                                                                    contro il cancro                    18 Krebshilfe Liechtenstein
  info@liguecancer-fr.ch                 9 Krebsliga Ostschweiz                            Telefono 091 820 64 20                 Telefon 00423 233 18 45
  PK 17-6131-3                             SG, AR, AI, GL                                  info@legacancro-ti.ch                  admin@krebshilfe.li
                                           Telefon 071 242 70 00                           CP 65-126-6                            PK 90-4828-8
5 Ligue genevoise
                                           info@krebsliga-ostschweiz.ch
  contre le cancer                                                                      14 Ligue vaudoise
                                           PK 90-15390-1
  Téléphone 022 322 13 33                                                                  contre le cancer
  ligue.cancer@mediane.ch                                                                  Téléphone 021 623 11 11
  CP 12-380-8                                                                              info@lvc.ch
                                                                                           UBS 243-483205.01Y
                                                                                           CCP UBS 80-2-2

Krebsforum www.krebsforum.ch das Internetforum der Krebsliga
Krebstelefon 0800 11 88 11 Montag bis Freitag 9 bis 19 Uhr, Anruf kostenlos, helpline@krebsliga.ch

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Weitere Auskünfte Telefon 031 389 94 84 oder E-Mail: spenden@krebsliga.ch, www.krebsliga.ch/spenden

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                                                                                      neutral
                                                                                   Drucksache
                                                                                                01-19-715167
                                                                                                myclimate.org                      in guten Händen.

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Aspect - Austausch auf Augenhöhe JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS - Krebsliga
Neues Jahr, neue Herausforderungen

Liebe Leserin, lieber Leser
                                                                                       Inhalt

Als CEO der Krebsliga Schweiz begrüsse ich Sie ganz herzlich
in dieser ersten Ausgabe im Jahr 2020.                             Panorama                                      4
                                                                   Verleihung der Anerkennungspreise
Seit Oktober 2019 habe ich die Verantwortung über die              und Krebsmedaille für Ruth Dreifuss.
Geschäfte der Krebsliga Schweiz übernommen und darf die            Aktuell                                       6
wertvolle Arbeit meiner Vorgängerin Kathrin Kramis fortfüh-        Gesunde Vorsätze:
ren. Gemeinsam mit einem sehr engagierten Team und dank            Wie Sie Ihr Krebsrisiko senken können.
der Vernetzung mit unseren kantonalen und regionalen Ligen         Fragen & Antworten                            7
möchte ich die Anliegen von Betroffenen und Angehörigen            Fragen an die Beraterinnen des Krebstelefons.
hören, ernst nehmen und mitdiskutieren, damit wir ihnen opti-      Begegnung                                     8
male Lösungen zur Bewältigung von Krebs und zum Umgang             Krebs trifft einen unverhofft. Wie sich
mit der Krankheit zur Verfügung stellen können.                    Jean W. mit seiner Prostataerkrankung
                                                                   auseinandersetzt.
Meine Erfahrungen aus der Spitalwelt bestätigen mir die Wich-      Forschung                                 10
tigkeit der Vernetzung der zahlreichen Partner im Gesundheits-     Neue Untersuchung: Können E-Zigaretten
wesen. Dabei kommt meines Erachtens den Leistungserbrin-           Rauchern helfen aufzuhören?
gern, wie z.B. Spitalinstitutionen, ambulanten Einrichtungen,
                                                                   Leben mit Krebs (Titelstory)              12
Ärzten und Pflegefachpersonen, eine Schlüsselrolle zu. Eine        Info- und Austauschtreffen in Basel:
integrierte Versorgung in der Schweiz, aber auch ein umfassen-     Junge krebsbetroffene Menschen
des Beratungs- und Informationsangebot sind elementar für          diskutieren unter sich.
Krebsbetroffene und Angehörige. Umso wichtiger ist es, dass        Fokus                                     16
die Leistungserbringer in der Schweiz die Angebote unseres         Selbstbestimmt und prozessbegleitet: Die
Verbandes gut kennen, damit möglichst viele ihrer Patientin-       Patientenverfügung «plus» ist ein Werkzeug
nen und Patienten davon profitieren können. Gerade deshalb         für kranke und gesunde Menschen.
ist es mir ein persönliches Anliegen, eines der Kernanliegen der   Interview                                 18
Krebsliga, aber auch unserer Partnerorganisation, der Stiftung     Sexualtherapeut Stefan Mamié erklärt,
Krebsforschung Schweiz zu erwähnen – nämlich die Förderung         warum das Angebot der Sexualberatung
einer unabhängigen Krebsforschung. Nur so können wir einen         per E-Mail erfolgt.
nachhaltigen Nutzen für eine verbesserte Krebsbehandlung           In Kürze                                  20
schaffen. Zudem sind wir auf Resultate aus der Wissenschaft für    13 Kurzfilme über Menschen mit Krebs
ein wissensbasiertes Handeln in unserer Organisation angewie-      sind neu bei der Krebsliga online.
sen, gerade in Zeiten, in denen Fake News und Halbwahrheiten       Rätsel                                    22
grassieren. Das neue Jahr wird uns viele anspruchsvolle Aufga-     Mitmachen: Gewinnen Sie eine
ben bescheren, daran besteht kein Zweifel.                         von fünf Biscuit-Dosen von Wernli.
                                                                   Persönlich                                23
Unser ganzer Einsatz ist gefragt, und den leisten wir jeden        Walter Limacher findet es wichtig, dass
Tag sehr gern. Herzlichen Dank, dass Sie mit Ihrer Spende die      Organisationen wie die Krebsliga den Be­-
Krebsliga beim Helfen unterstützen. Ihr Zeichen der Solidarität    troffenen und Angehörigen zur Seite stehen.
ist Gold wert.

                               Herzlich,                             Anregungen? Fragen? Feedback? Ideen?

                                                                                      
                               Daniela de la Cruz
                               Geschäftsführerin                    Schreiben Sie uns: aspect@krebsliga.ch
                               Krebsliga Schweiz

                                                                                                  aspect 1/20  3
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PANORAMA

Neue Online-Checkliste

Welche Gesund-
heits-Apps
taugen etwas?
Ernährungstipps, Schmerztagebuch
oder Achtsamkeitsübungen. Fast
täglich kommen neue Gesundheits-
Apps und Online-Tools auf den
Markt. Sie können Krebsbetroffene
auf dem Weg zu einem gesunden
Lebensstil oder im Umgang mit ihrer
Erkrankung unterstützen. Sie bergen
aber auch Risiken. Nur wenige Apps
sind zertifiziert, rechtliche Grund­
lagen gibt es kaum.                      Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung»
Auf der Website der Krebsliga finden
Sie neu eine Checkliste, welche Ihnen                113 500 beglaubigte
hilft, Apps zu bewerten. Dabei geht
es unter anderem um Zweck, Funk­                   Unterschriften eingereicht
tionalität, Datenschutz und inhalt­-
liche Richtigkeit.                      Mitte September hat die Krebsliga        umzusetzen. Für die Initianten ist
Das Wichtigste gleich vorweg: Eine      Schweiz zusammen mit anderen Ge­­        klar: Werbung für Tabakprodukte und
App ersetzt in keinem Fall den Arzt-    sundheitsorganisationen 113 500 be­­     E-Zigaretten darf Jugendliche nicht
besuch oder eine medizinische           glaubigte Unterschriften zur Volks­      zum Rauchen verleiten – zu gross sind
Behandlung. (jbe)                       initiative «Ja zum Schutz der Kinder     die gesundheitlichen Risiken. Jede
Hier geht’s zur Checkliste:             und Jugendlichen vor Tabakwerbung»       Stunde stirbt in der Schweiz mindes-
 https://www.krebsliga.ch/apps          der Bundeskanzlei übergeben. Nun         tens eine Person an den Folgen des
                                        sind Bundesrat und Parlament gefor-      Rauchens. Das sind jährlich 9500 Per-
                                        dert, den Jugendschutz konsequent        sonen. (taa)

Kurse                                   Auszeichnungen                                             Zitat

Auszeit für Krebs-                      Zwei Preise
betroffene und                          und eine
Nahestehende                            Krebsmedaille
Betroffene wie Angehörige berich-       Im Herbst 2019 hat die Krebsliga
ten gleichermassen, dass das Leben      Schweiz zwei Anerkennungspreise
nach einer Krebserfahrung nicht         verliehen: einen an das mobile Pal­
mehr gleich ist wie zuvor. Sich in      liative-Care-Team Voltigo in Freiburg,
einem neuen Alltag zurechtzufinden,     den anderen an die Schweizerische
                                                                                           «Leukämie
zehrt an den Kräften aller Beteilig-    Gesellschaft für Psychoonkologie.                brachte mich
ten. Immer wieder gilt es, Energie zu   Ausserdem hat alt Bundesrätin Ruth               in die Politik.»
tanken und Erlebtes zu integrieren.     Dreifuss die Krebsmedaille für ihr
                                                                                                                           FOTOS: ZVG, QUELLE ZITAT: WWW.NAU.CH

In den Kursen der Krebsliga erhalten    Engagement für bezahlbare Medi-
                                                                                   Balthasar Glättli, Nationalrat und
Krebsbetroffene Impulse, wie sie mit    kamente und die Zugangsgerechtig-          Fraktionspräsident der Grünen
den Folgen von Krankheit und Thera-     keit in der medizinischen Versorgung       Schweiz, erkrankte als Kind an Leukä-
                                                                                   mie. Nachdem er den Krebs besiegt
pie besser umgehen können, um sel-      erhalten. (ors)
                                                                                   hatte, entbrannte seine Leidenschaft
ber wieder aktiv zu werden. (siw)        www.krebsliga.ch/anerkennungspreis        für die Politik.
 www.krebsliga.ch/kurse                  www.krebsliga.ch/krebsmedaille

4  aspect 1/20
Aspect - Austausch auf Augenhöhe JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS - Krebsliga
Zahlen

                            200–220
                                 Kinder unter 15 Jahren
                              erkranken jährlich an Krebs.

                                     33%
                                  der Kinder erkranken                                                    Rauchstopplinie
                                      an Leukämie.

                                                                                                  stopsmoking.ch
                                                                          Mit «stopsmoking.ch» gibt es für Rau­­-   Die Rauchstopplinie 0848 000 181 der
                                                                          cherinnen und Raucher einen neuen         Krebsliga ist ein Teil dieser neuen­

                                     80%
                                                                          Zugang zu wissenschaftlich geprüf-        Plattform. Zudem finden Interessierte
                                                                          ten Informationen zum Rauchstopp          auch die Adressen regionaler Ange-
                               der erkrankten Kinder                      und zu Rauchstopphilfen. Die neue,        bote wie Einzelberatung und Grup-
                           können dank des medizinischen                  schweizweite Plattform wurde letzten      penkurse, und es gibt Informationen
                             Fortschritts geheilt werden.                 September erfolgreich gestartet und       über mobile Apps für Smartphones
                                           Quelle:
                                                                          ist ein gemeinsames Projekt von           und Online-Coachingprogramme. (jbe)
                                  www.kinderkrebs-schweiz.ch/             Krebsliga Schweiz, Lungenliga Bern        Besuchen Sie die neue Plattform:
                       portrait/unser-engagement/kinderkrebs-in-ch.html
                                                                          und Ge­  sundheitsförderung Wallis.        www.stopsmoking.ch

                      Krebsregistrierungsgesetz                                                Buchtipp

                      Registrierungspflicht                                                    Leos Papa hat Krebs
                      aller Krebserkrankungen                                                  Leos Papa ist an Krebs erkrankt. Seither ist alles anders. Er
                                                                                               kommt ohne Haare aus dem Krankenhaus zurück, ist dünn,
                      Seit dem 1. Januar 2020 müssen alle Krebserkrankungen in                 müde und schnell genervt. Leo weiss nicht, wohin mit sei-
                      der ganzen Schweiz vollzählig und einheitlich erfasst wer-               nen Gefühlen. Das Bilderbuch von Sabine Brütting und
                      den. Damit sind alle Ärzte, Spitäler sowie private und öffent-           Claudia Heinemann eignet sich für Kinder ab fünf Jahren. Es
                      liche Institutionen des Gesundheitswesens, welche Krebs                  soll Familien dabei helfen, mit den Kleinsten über die The-
                      diagnostizieren oder behandeln, verpflichtet, definierte                 matik Krebs zu sprechen. Das Buch ist für rund 21 Franken
                      Angaben zu spezifizierten Krebsarten an das jeweilige                    im Fachhandel erhältlich. (lut)
                      Krebs- oder Kinderkrebsregister zu melden. Auch die Kan-
                      tone wurden verpflichtet, Krebsregister zu führen oder sich
                      einem bestehenden Register anzuschliessen. Dank dieser
                      Neuerung sollen die registrierten Daten vollzählig, vollstän-
                      dig, schweizweit einheitlich und international vergleichbar
                      werden. Dies ermöglicht, gesamtschweizerisch einheitliche
                      Auswertungen durchzuführen. Auch dem Schutz der Per-
                      sönlichkeitsrechte soll Rechnung getragen werden, indem
                      die Meldepflichtigen die Patientinnen und Patienten über
ILLUSTRATIONEN: ZVG

                      die Registrierung ihrer Daten informieren müssen und
                      diese die Registrierung verweigern können. (lut)

                                                                                                                                           aspect 1/20  5
Aspect - Austausch auf Augenhöhe JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS - Krebsliga
AKTUELL

Neues Jahr, alles klar?

Kleiner Aufwand, grosse Wirkung: Der Jah­
resbeginn ist der ideale Zeitpunkt, um eini­
ge Dinge im Leben zu optimieren. Gesunde
Ernährung, mehr Bewegung – jeder Schritt
in Richtung gesunder Lebensstil zählt und
minimiert das Krebsrisiko.
Text: Tanja Aebli

«Ein gesunder Lebensstil vermag das Risiko, an Krebs zu
erkranken, erheblich zu senken. Einen hundertprozen­
tigen Schutz vor Krebs gibt es jedoch nicht», stellt Anna
Zahno, Leiterin des Krebstelefons, klar. Dennoch: Laut
Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation lassen
sich mehr als ein Drittel aller Krebserkrankungen durch
Verhaltensänderungen und das Vermeiden gewisser
Ri­­­­siken verhindern. Höchste Zeit, ein neues Kapitel in
Sachen Gesundheit aufzuschlagen.
                                                                Nie zu spät für einen Neustart: Viel Bewegung, frische Luft und eine
Apfel statt Sahnetorte                                          ausgewogene Ernährung sind Balsam für Körper und Seele.

Gesund und ausgewogen sollte sich der Speiseplan 2020
präsentieren. Doch was und vor allem wie viel ist gesund?
Kerstin Zuk, Fachspezialistin Ernährung bei der Krebsliga       Lebensmittel gibt es nicht. Wichtig sind die Kombination
Schweiz, präzisiert: «Die Basis einer ausgewogenen Mahl-        und die jeweilige Menge», so Kerstin Zuk.
zeit sind pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Früchte,
Getreide, Hülsenfrüchte und Kartoffeln.» Eher Mass halten       Flacher Bauch statt Flachbildschirm
heisst es bei Milchprodukten, Fleisch, Fisch oder Eiern.        Bezüglich Menge tun sich viele nicht nur an Festtagen da­­
Chips, Schokolade und Süssgetränken räumt die Lebens-           mit schwer, zum richtigen Zeitpunkt einen Schlusspunkt zu
mittelpyramide an der Spitze nur wenig Platz ein. Doch          setzen. Mit entsprechenden Ausschlägen auf der Waage:
selbst die Krebsliga führt keine schwarzen Listen von           In der Schweiz liegen mehr als 40 Prozent der Erwachsenen
besonders fett- und zuckerhaltigen Speisen: «Verbotene          über dem Normalgewicht. Doch gerade starkes Überge-
                                                                wicht kann zu chronischen Entzündungen und zu Verände-
                                                                rungen der Hormonproduktion führen, was wiederum die
                            Vorsorge                            Entstehung von Krebs begünstigt. Grund genug, den über-
                                                                schüssigen Pfunden den Kampf anzusagen und die Lauf-
  Das Krebsrisiko senken                                        schuhe zu schnüren. Für gesunde Frauen und Männer emp-
                                                                fiehlt sich wöchentlich mindestens zweieinhalb Stunden Be­­-
   Die Krebsliga Schweiz empfiehlt:                             wegung in mittlerer Intensität, zum Beispiel in Form von zü-­
   • auf eine ausgewogene Ernährung zu achten,                  gigem Gehen oder Schneeschaufeln.
   • keinen Tabak und keine alkoholischen Getränke zu
     konsumieren,                                               Frischluft statt Glimmstängel
   • Bewegung in den Alltag einzubauen,                         Ein Rauchstopp lohnt sich immer: Bereits nach wenigen
   • sich vor UV-Strahlen der Sonne zu schützen und den         Wochen sinkt das Herzinfarktrisiko, und auch die Lungen-
                                                                                                                                       FOTO: SHUTTERSTOCK.COM

     Kontakt mit krebserregenden Substanzen zu meiden.          funktionen verbessern sich. Weil es anspruchsvoll ist, der
   Weitere Informationen finden Sie auf www.krebsliga.ch oder   Zigarette auf immer und ewig abzuschwören, kann es sinn-
   beim Krebstelefon unter der Nummer 0800 11 88 11.            voll sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die
                                                                Rauchstopplinie steht Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite.

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Aspect - Austausch auf Augenhöhe JUNGE ERWACHSENE MIT KREBS - Krebsliga
FRAGEN & ANTWORTEN

            Dürfen Ferien gekürzt werden?

            Eine Auswahl aktueller
            Fragen, welche die Bera­
            terinnen am Krebstelefon
            erreichen.

            1
                 Meine Frau hat ihre Krebsbe­
                 handlung abgeschlossen und
                 gilt als geheilt. Obschon kör­
            perlich alles in Ordnung scheint,              Das Krebstelefon mit seinen Beraterinnen feiert das 25-Jahr-Jubiläum. Jährlich beantwor-
            leidet sie unter Antriebslosigkeit             tet das Team rund 5800 Anfragen.

            und will unser Haus nicht ver­
            lassen. Wie kann ich ihr helfen?               gibt es eine Ferienkürzung um einen            um ein Mensch tatsächlich durch die
            Solche Folgeerscheinungen sind                 Zwölftel Ihres Ferienanspruchs. Ob             Verwendung von aluminiumhaltigen
            keine Seltenheit. Krankheit und ­­Be­-         der Arbeitgeber Ihnen die Fe­rien              Deos über die Haut aufnimmt, und es
            handlung führen oft zu körperlichen,           kürzen darf, hängt davon ab, wie               ist unklar, ob und inwiefern Alumi­-
            psychischen und sozialen Beein-                lange Sie wegen der Krebser­kran­              nium an der Entstehung von Brust-
            trächtigungen. Durch ein onkolo-               kung ausgefallen sind. Zudem spielt            krebs beteiligt ist oder sein könnte.
            gisches Rehabilitationsprogramm                es eine Rolle, was in Ihrem Arbeits-           Die Krebsliga rät, auf aluminiumhaltige
            kann die Lebensqualität Ihrer Frau             vertrag oder in Ihrem Ge­samtar-               Deos unmittelbar nach der Rasur und
            verbessert werden. In der Schweiz              beitsvertrag (GAV) vereinbart wor-             bei gereizter oder verletzter Haut zu
            gibt es ambulante und stationäre               den ist. Mög­licherweise steht Ihnen           verzichten, weil die Salze dann ein-
            onkologische Rehabilitationsange­              eine länge­re Schonfrist zu. Möchten           facher in den Körper gelangen kön-
            bote, welche multiprofessionell auf-           Sie die Berechnung von einer Fach-             nen. Um die Aluminiumaufnahme zu
            gebaut sind; zum Beispiel mit Be-              person überprüfen lassen, so erhal-            verringern, sind in der Schweiz auch
            wegungstherapie, Psychoonkologie               ten Sie weitere Informationen von              Deos und andere Kosmetika ohne
            und Ernährungsberatung.                        den Beratenden der kantonalen und              Aluminiumsalze erhältlich.
            Die Landkarte onkologischer Reha-Ange-         regionalen Krebsligen.                          https://bit.ly/2qSG7Su
            bote in der ganzen Schweiz finden Sie unter:
              https://www.krebsliga.ch/ueber-krebs/ .       www.krebsliga.ch/regionen
              rehabilitation/                              Das Krebstelefon bietet ab Mitte Ja­nuar auf                Krebstelefon
                                                           www.krebsforum.ch eine Expertensprech-
                                                           stunde zu juristischen Fragen bei Krebs an.
                                                                                                           Fragen Sie uns
            2
                  «Völlig unerwartet habe ich
                  mit 44 Jahren die Diagnose

                                                           3
                  Darmkrebs bekommen und                          Meine fünfzehnjährige Toch­              Haben Sie Fragen zu Krebs?
            musste mich krankschreiben las­                       ter kam sichtlich aufgebracht            Möchten Sie über Ihre Ängste
            sen. Darf mir mein Arbeitgeber                        nach Hause. Die Lehrerin                 oder Erfahrungen sprechen?
            meine Ferien kürzen, wenn ich für              habe gesagt, Deodorants mit Alu­                Wir helfen Ihnen weiter:
            längere Zeit ausfalle?»                        minium können Krebs verursachen.
                                                                                                                 Gratis-Telefon (Mo – Fr, 9  – 19 Uhr)
            Können Sie wegen Ihrer Erkrankung              Wie riskant ist das wirklich?
                                                                                                                 0800 11 88 11
            nicht arbeiten, so wächst Ihr Ferien-          Tumore treten gehäuft nahe der
                                                                                                                 E-Mail
            anspruch nicht. Das heisst, Ferien-            Achsel auf, also genau dort, wo das
                                                                                                                 helpline@krebsliga.ch
            tage gehen verloren und die Ferien             Deo angewendet wird. Die Frage,
                                                                                                                 Chat (Mo – Fr, 11 – 16 Uhr)
            werden gekürzt. Der Gesetzgeber                ob Deodorants mit Aluminiumsalzen
                                                                                                                 www.krebsliga.ch/cancerline
            hat aber eine Schonfrist bestimmt.             möglicherweise eine Rolle bei der
                                                                                                                 Skype (Mo – Fr, 11 – 16 Uhr)
            Wenn Sie einen Monat nicht arbei-              Entstehung von Brustkrebs spielen,
                                                                                                                 krebstelefon.ch
            ten, gibt es noch keine Kürzung. Erst          lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt lei-
                                                                                                                 Forum
            nachdem Sie einen zweiten Monat                der nicht abschliessend beantworten.
                                                                                                                 www.krebsforum.ch
            vollständig nicht arbeiten konnten,            Es ist nicht bekannt, wie viel Alumi­­ni-
FOTO: ZVG

                                                                                                                                  aspect 1/20  7
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BEGEGNUNG

«Die eigenen Ressourcen sind
meine wichtigste Stütze»

Jean W. geht aktiv durchs Leben: Die Bewegung und die Natur sind ihm wichtig.

Seit seiner Prostataerkrankung setzt sich                             tin, von der er sich ernst genommen fühlte. «Ich war dank-
                                                                      bar, jemanden zu treffen, der wusste, wovon ich sprach.»
Jean W. viel klarer mit dem auseinander,
                                                                      Mit ihrer Unterstützung lernte Jean W., geduldiger zu sein.
was er vom Leben will. Er vertraut dabei
auf seine ihm verfügbaren Ressourcen.                                 Die regelmässigen Beckenbodenübungen halfen ihm,
Er lebt bewusster. Geholfen hat ihm eine                              die Inkontinenz etwas besser in den Griff zu bekommen.
psychoonkologische Beratung der Krebs­                                Auch da habe er wohl Glück gehabt. Nach einem halben
                                                                      Jahr sei es praktisch wieder normal gewesen, erzählt er.
liga Zürich.
Text und Bild: Joëlle Beeler

                                                                            «So wie vor der Operation

E
       igentlich hätte Jean W. aus Zürich schon viel früher
       zum Urologen gehen können. Aber – das kennen                             ist es nicht mehr.»
       wohl viele – ärztliche Untersuchungen schiebt man                                       Jean W.
gerne etwas hinaus. Zudem hatte der heute 68-jährige
Zürcher mit Luxemburger Wurzeln keine Symptome. Der
sportlich aktive Mann fühlte sich gut. Als Jean W. dann im
November 2018 die Diagnose Prostatakrebs mit bereits                  Ehrlicherweise müsse er aber auch sagen: «So wie vor der
befallenen Lymphknoten bekam, konnte nicht mehr                       Operation ist es nicht mehr.» In der Sexualität habe sich
gewartet werden. Sofort wurde er operiert. Er erinnert                auch einiges verändert. In diesem Prozess sei es wichtig,
sich: «Die Inkontinenz nach der Operation war ein schlim-             Geduld und Vertrauen in sich und die eigenen Ressour-
mes Gefühl. Das regelrechte Auslaufen war richtig ent-                cen zu haben. Und es gehe darum, die neuen Realitäten
würdigend.» Zum Glück kam er zu einer Physiotherapeu-                 zu akzeptieren, sagt er.

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Eine Drittmeinung einholen                                     Verfügbare Ressourcen
Nach der Prostataoperation stand Jean W. vor einem             Seit der Diagnose versucht Jean W. zu sehen, wo seine
Dilemma: Der Onkologe riet ihm aufgrund des Patholo-           eigenen Ressourcen liegen und wie er diese nutzen kann.
giebefundes und wegen der bereits befallenen Lymph-            «Sie waren und sind eine wichtige Stütze für mich: meine
knoten, sofort mit einer Antihormontherapie und mit            Familie, Freiwilligenarbeit im Quartier, die täglichen Spa-
Bestrahlung zu beginnen. Der Urologe hingegen emp-             ziergänge mit meinem Hund und mein sonstiges Fitness-
fahl ihm zuzuwarten, da die Bestrahlung Schäden – zum          programm. All dies nicht aufzugeben war und ist mir sehr
Beispiel am Schliessmuskel der Blase – verursachen kann.       wichtig.»
Was sollte er tun? Jean W. holte sich daraufhin eine Dritt-
                                                               Alle drei Monate geht Jean W. nun in die Nachuntersu-
                                                               chungen. «Ob und wann der Krebs zurückkommt, kann
                                                               einem niemand sagen. Die Chancen, dass ich einige Zeit
               «Es ist nicht                                   Ruhe habe, stehen gut. Wichtiger ist mir, dass es mir jetzt
                                                               gut geht.» •
                so wichtig,
           was ich tue, sondern
                                                                                              Broschüre
             wie ich es tue.»
                         Jean W.
                                                                 Prostatakrebs
                                                                 An Prostatakrebs erkranken in der Schweiz pro
                                                                 Jahr rund 6100 Männer. Es ist die häufigste Krebs-
                                                                 art überhaupt. Nahezu alle Betroffenen sind zum
meinung von einem weiteren Onkologen. Anschliessend              Zeitpunkt der Diagnose über 50 Jahre alt. Bis heute
entschied er sich für einen Kompromiss: Er wollte nicht zu       sind leider keine Möglichkeiten zur Vorbeugung
lange warten, gestand sich und seinem Körper dennoch                                                 von Prostata­
eine Ruhepause von einem halben Jahr ein.                                                            krebs bekannt.
                                                                                                     Je früher er
                                                                               Prostatakrebs         aber entdeckt
Letzten Sommer begann Jean W. mit der Antihormon­                            Prostatakarzinom
therapie und ging sieben Wochen lang zur Bestrahlung                                                 wird, desto er­
                                                                                                     folgreicher die
ins ­Spital. «Ich war sehr erleichtert, dass ich keine der
                                                                                                     Behandlung.
möglichen Nebenwirkungen hatte.»
                                                                                                     Die Broschüre
                                                                                                     «Prostatakrebs»
Bei einer Antihormontherapie kann es zum Beispiel                                                    der Krebsliga
                                                                                     Eine Information der Krebsliga
                                                                                     für Betroffene und Angehörige
zu H
   ­ itzewallungen, Stimmungsschwankungen oder Ge­­-                                                 beschreibt nicht
wichts­zunahme kommen. «Von all dem habe ich bis jetzt                                               nur detailliert
nichts gemerkt», so Jean W.                                                                          die Entstehung,
                                                                                                     die Diagnose
Krebsliga Zürich hilft                                                                               und die The-
Bei der Krebsliga Zürich besucht der pensionierte IT-­                                               rapiemöglich-
Fachmann einen Psychoonkologen. In den Gesprächen                                                    keiten, son-
geht es nicht um Alltagsthemen, sondern um überge-               dern zeigt auch, welche Übungen für ein geziel-
ordnete Fragen zum Sinn des Lebens: «Wer bin ich jetzt?          tes Beckenbodentraining nach einer Operation
Was will ich noch erreichen?» Dabei empfiehlt der                gemacht werden können.
Psychoonkologe, Jean W. solle vor allem auf die Quali-             www.krebsliga.ch/shop
tät seiner Aktivitäten achten. «Es ist nicht so wichtig, was     Weitere Informationen, zum Beispiel zur Früherkennung, unter:
ich tue, sondern wie ich es tue und dass ich mich dabei im        www.krebsliga.ch/prostatakrebs
Fluss fühle.»

                                                                                                                      aspect 1/20  9
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FORSCHUNG

Weisser Dampf statt blauer Dunst?

Obwohl die meisten Raucherinnen und                          Die Studie ist im Sommer 2018 gestartet. In Bern, Lau­
Raucher aufhören wollen, kommen nur                          sanne, Genf und bald auch in St. Gallen und Zürich kön-
                                                             nen Raucherinnen und Raucher, die aufhören wollen, am
wenige davon los. Nun untersucht eine
                                                             Versuch mitmachen. (Wer sich für eine Teilnahme inte­
von der Stiftung Krebsforschung Schweiz                      ressiert, findet auf www.estxends.ch die Kontaktanga-
unterstützte Studie, ob so genannte
Vaporizer beim Rauchstopp helfen kön­-
nen – und wie sich das Dampfen auf die                        «Die Zusammenarbeit mit den
Gesundheit auswirkt.                                            Präventionsfachleuten stellt
Text: Ori Schipper                                           sicher, dass die Studienresultate
                                                               nicht von der Tabakindustrie
W
           eil sich alle einig sind, dass Rauchen gesund-
           heitsschädlich ist, war die Tabakprävention bis         missbraucht werden.»
           vor Kurzem «eine relativ langweilige Sache»,
                                                                             Prof. Dr. med. Reto Auer
sagt Reto Auer, Professor am Berner Institut für Haus­
arztmedizin. Aber dann kamen vor einigen Jahren die
E-Zigaretten – oder Vaporizer – auf. In diesen Dampfge-
räten verbrennt kein Tabak, das Nikotin stammt aus einer     ben.) Der Zufall entscheidet, ob sie dann während sechs
synthetischen Flüssigkeit, die elektrisch aufgeheizt wird.   Monaten einfach eine normale Rauchentwöhnungsbera-
                                                             tung (siehe Kasten) erhalten oder zusätzlich zur Beratung
Im Unterschied zu anderen Nikotinersatztherapien, die        auch einen Verdampfer mit nikotinhaltigen Liquids. Auf-
den klassischen Weg der Medikamentenentwicklung              grund von Umfragen unter Raucherinnen und Rauchern
mit langwierigen und aufwendigen klinischen Studien          ist bekannt, dass solche Dampfgeräte unterdessen die
durchlaufen haben, sind die Vaporizer in einem weit-         beliebteste Ausstiegs- oder Umstellungsmethode sind.
gehend unregulierten Umfeld entwickelt und auf den           «Wir möchten wissen, ob das auch funktioniert. Helfen
Markt gebracht worden. Die Fachwelt wurde überrum-           die Dampfgeräte, einen totalen Rauchstopp zu errei-
pelt. «Nun schlagen sich Gegner und Befürworter fast die     chen?», sagt Auer.
Köpfe ein», sagt Auer.
                                                             Gesundheitliche Auswirkungen abschätzen
Mehr Bauchgefühl als empirische Daten                        Mit ihrer Studie erfassen die Forschenden gleichzeitig
Die Diskussionen seien zwar heftig, aber meist stützten      aber auch allfällige Nebenwirkungen, um die Sicherheit
sich die Argumente mehr auf das Bauchgefühl als auf          der Vaporizer zu beurteilen. Zudem sammeln Auer und
empirische Daten, fährt Auer fort. Um mehr Ruhe, Ord-        seine Kolleginnen und Kollegen auch Urin- und Mund-
nung und Vernunft in diese Gespräche bringen zu kön-         schleimhautproben der Studienteilnehmenden ein. In
nen, hat Auer zusammen mit Kolleginnen und Kollegen          der Mundschleimhaut suchen die Forschenden nach
nun eine Studie lanciert, in der die Forschenden den Nut-    mikros­kopisch sichtbaren Veränderungen der Zellen, die
zen und das Risiko von E-Dampfgeräten an 1172 Proban-        als erste Spuren oder Vorläufer von Krebserkrankungen
dinnen und Probanden in der Schweiz untersuchen.             gewertet werden können. Und im Urin halten sie nach
                                                             krebserregenden Stoffen Ausschau, um die gesundheit-
Auer betont, dass er weder für noch gegen das Damp-          lichen Auswirkungen der Verdampfer abschätzen zu kön-
fen ist. Ihm geht es darum, dieses neue Nikotinverab­        nen. Aktuell ist ungefähr die Hälfte der vorgesehenen Stu-
reichungssystem nüchtern zu evaluieren – und zwar un­        dienteilnehmenden eingeschlossen. Mit den Resultaten
abhängig von der Tabak-, der E-Dampfgerät- und der           ist frühestens in zwei Jahren zu rechnen.
Pharmaindustrie. Für die Unterstützung durch die Stif-
tung Krebsforschung Schweiz sowie durch den Schwei-          Die Erfahrungen mit den Vaporizern, die die Forschenden
zerischen Nationalfonds und den Tabakpräventionsfonds        um Auer in ihrer Studie gesammelt haben, seien glücklicher-
ist das Forschungsteam deshalb sehr dankbar.                 weise nicht mit den kürzlich erschienenen alarmierenden

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«Technisch kann man mit diesen Geräten fast alles – etwa auch Sirup – verdampfen, aber aus gesundheitlicher Sicht ist das eine schlechte Idee.»

                         Medienberichten über Todesfälle von E-Zigaretten-Konsu-                   führen, dass sich Kinder und Jugendliche in Sicherheit
                         mierenden in den Vereinigten Staaten vergleichbar, meint                  wiegen, wenn sie mit dem Dampfen beginnen, auch
                         Auer. Die überwiegende Mehrheit der in den USA hospita-                   weil die Langzeitfolgen des E-Zigaretten-Konsums noch
                         lisierten jungen Dampferinnen und Dampfer haben Canna-                    unbekannt sind. Für Auer gehört deshalb nicht nur die
                         bis-Öl gedampft, das sie auf dem Schwarzmarkt erworben                    Werbung für Zigaretten, sondern auch die Werbung für
                         hatten. Weitere haben vielleicht mit den Flüssigkeiten oder               Vaporizer verboten. •
                         Liquids herumgespielt, die in den USA nicht reguliert sind.
                         «Technisch kann man mit diesen Geräten fast alles – etwa
                         auch Sirup – verdampfen, aber aus gesundheitlicher Sicht                                   Wie funktioniert eigentlich?
                         ist das eine schlechte Idee», sagt Auer.
                                                                                                     Rauchstopp
                         Ausstiegshilfe statt Einstiegsdroge
                         Für die Entwicklung seiner Studie hat Auer mit Dampf-                        Es gibt viele Methoden, vom Rauchen abzukommen.
                         geräte-Konsumenten zusammengearbeitet. Die Damp-                             Sie sind statistisch gesehen unterschiedlich erfolg-
                         fer haben das Team etwa beraten, als es um die Auswahl                       reich: Die niedrigsten Erfolgsaussichten (weniger als
                         der fünf verschiedenen Geschmacksrichtungen ging.                            5 %) hat, wer sich spontan zum Aufhören entschliesst.
                         Dabei stammen alle in der Studie verwendeten Liquids                          Die grösste Erfolgsquote (etwa 30 %) hat die mit Me-
                         aus Frankreich, einem der wenigen Länder weltweit, die                       dikamenten oder Nikotinersatzpräparaten kombinier-
                         die Ingredienzien für die Flüssigkeiten der Dampfgeräte                      te Verhaltenstherapie.
                         regulieren und kontrollieren. «Wir wissen, was unsere Pro-                   Die Krebsliga Schweiz betreibt die Rauchstopplinie.
                         bandinnen und Probanden dampfen», sagt Auer.                                 Das ist ein telefonischer Beratungsservice, der un-
                                                                                                      kompliziert bei der Tabakentwöhnung hilft. Die Mitar-
                         Die Forschenden stehen auch mit der Arbeitsgemein-                           beitenden der Rauchstopplinie haben schon Tausen-
                         schaft Tabakprävention in regem Austausch. Die Zusam-                        den Raucherinnen und Rauchern geholfen. Sie sind
                         menarbeit mit den Präventionsfachleuten stellt sicher,                       Profis, wenn es darum geht, einen Rauchstopp richtig
                         dass die Studienresultate nicht von der Tabakindustrie                       vorzubereiten und eine geeignete Aufhörmethode zu
                         missbraucht werden, meint Auer. Es sei zwar weitgehend                       wählen. Die Rauchstopplinie bietet in mehreren Spra-
                                                                                                      chen ausführliche Beratungsgespräche an.
FOTO: SHUTTERSTOCK.COM

                         unbestritten, dass das Dampfen als Ausstiegshilfe beim
                         Rauchstopp gesundheitlich vorteilhaft sei: Wer dampft                        Tel. 0848 000 181
                         statt raucht, stinkt weniger und kann vor allem wieder                       Mehr Informationen: www.rauchstopplinie.ch
                         besser atmen. Doch diese Vorteile dürften nicht dazu

                                                                                                                                                   aspect 1/20  11
LEBEN MIT KREBS

Grosse Fragen des Lebens
gemeinsam diskutieren

Junge Menschen sind lebenshungrig, voller                    schen. Er besuchte eine Selbsthilfegruppe für Leukämie,
Sehnsüchte und Träume. Wenn sie die Dia­­-                   wo vorwiegend ältere Menschen zusammenkamen. Dort
                                                             realisierte er, dass Fragen zu Lebenszielen, Aus- und Wei-
gnose Krebs bekommen, geraten ihre Le­
                                                             terbildungen oder körperlichen Veränderungen je nach
bensentwürfe durcheinander. Die Krebs­                       Alter sehr unterschiedlich sein können. Umso mehr freute
liga beider Basel organisiert jährlich einen
Informations- und Austauschtag für junge
Erwachsene mit Krebs und geht damit auf                           «Informationsbedarf gibt
die speziellen Bedürfnisse dieser Betroffe­                      es zu Themen wie Intimität,
nengruppe ein.                                                   Beziehung, Sexualität und
Text: Joëlle Beeler, Fotos: Ruben Sprich                               Kinderwunsch.»
                                                                      Isabelle Nahi, Projektverantwortliche

W
            ie kriege ich meine Ängste in den Griff? Werde
            ich nach der Chemo noch Kinder bekommen
            können? Grosse farbige Zettel an der Wand im     er sich, als er vom Austauschtreffen in Basel erfuhr: «Zum
Dachstock der Krebsliga beider Basel zeigen, wie vielfäl-    ersten Mal hörte ich Geschichten von anderen jungen
tig die Fragen junger Menschen mit Krebs sind. Ins­gesamt    Krebsbetroffenen. Niemand musste sich verstecken, alle
zehn Betroffene und Angehörige nahmen am Informa-            konnten offen und ehrlich erzählen, was sie bewegt.» Das
tions- und Austauschtag teil, welcher jährlich am ersten     sei sehr spannend gewesen, findet Marti.

                                                             Not macht erfinderisch
                                                             Diesen Informations- und Austauschtag der Krebsliga
        «Niemand musste sich                                 beider Basel gibt es seit zwei Jahren. Er ist dank einer
       verstecken, alle konnten                              privaten Initiative und aus einem persönlichen Bedürfnis
                                                             entstanden. Vor fünf Jahren bekam Conradin Döbeli im
      offen und ehrlich erzählen,                            Alter von 29 Jahren Darmkrebs. Er und seine Frau Miriam
           was sie bewegt.»                                  suchten nach spezifischen Angeboten für junge Betrof-
                                                             fene, wurden aber in der Schweiz nicht fündig. Miriam
           Roger Marti, junger Krebsbetroffener              Döbeli umschreibt es so: «Die Broschüren zu Krebs zei-
                                                             gen oft Bilder mit Menschen in fortgeschrittenem Alter.
                                                             Auch inhaltlich decken sie nicht die Themen von jungen
                                                             Krebspatienten ab. Durch die Krankheit müssen junge
Septemberwochenende stattfindet. Einer von ihnen war         Krebsbetroffene vielleicht ihre Ausbildung unterbrechen
Roger Marti. Er ist 32 Jahre alt und bekam vor einem Jahr    oder können einen geplanten Sprachaufenthalt nicht
die Diagnose chronische myeloische Leukämie. «Es kam         antreten. Es stellen sich ganz andere Fragen.» Miriam und
völlig unerwartet, wie aus heiterem Himmel. Und eigent-      Conradin Döbeli nahmen Kontakt mit der Krebsliga bei-
lich bin ich noch zu jung dafür.»                            der Basel auf. Damit war einerseits der Grundstein für ein
                                                             spezifisches Angebot für junge Krebsbetroffene gelegt,
Der Berner setzte sich im vergangenen Jahr intensiv mit      andererseits ist Miriam Döbeli nun mit einem kleinen
seiner Krankheit auseinander. Die chronische myeloische      Pensum in diesem Projekt mitverantwortlich.
Leukämie sei im Gegensatz zu einer akuten Leukämie ein-
facher behandelbar, sagt Marti. «Bis an mein Lebensende      Intime Fragen zum Privatleben
muss ich nun einmal pro Tag eine Tablette einnehmen.         Junge Krebsbetroffene im Alter zwischen 18 und 39 Jah-
Damit habe ich mich abgefunden.» Dennoch verspürte           ren treffen sich seither in Basel. Dabei geht es neben dem
er das Bedürfnis, sich mit anderen Menschen auszutau-        gemeinsamen Austausch auch um spezifische Informatio-

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Junger Krebsbetroffener: Die Diagnose hat das Leben von Roger Marti zwar verändert, seine heutige Situation hat er aber akzeptiert.

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LEBEN MIT KREBS

Interessiert an der Sache: Roger Marti am Informations- und Austauschtag für junge Krebsbetroffene in der Krebsliga beider Basel.

nen für diese Gruppe. «Uns ist es wichtig, dass die Betrof-              Nähe plötzlich schwierig, sagte er. Anna Raggi konnte
fenen und Angehörigen nach so einem Tag mit einem                        sich gut in diese Situation hineinfühlen und empfahl,
Paket voller Informationen gestärkt heimgehen können»,                   diese Veränderungen mit einem Körpertherapeuten zu
erklärt Isabelle Nahi, Projektverantwortliche der Krebs-                 bearbeiten: «Plötzlich lässt uns unser Körper im Stich.
liga beider Basel. Erhöhten Informationsbedarf gebe es                   Das heisst aber nicht, dass es keine Lösungen für diese
zum Beispiel rund um die Themen Intimität, Beziehung,                    Probleme gibt. Fragen Sie Ihren Arzt und lassen Sie nicht
Sexualität und Kinderwunsch. Damit werden alle jungen                    locker, wenn Sie und Ihr Partner oder Ihre Partnerin mit
Krebsbetroffenen irgendwann einmal konfrontiert, sei es                  der Antwort nicht zufrieden sind», empfahl Raggi.
gleich nach der Diagnose, während der Therapie oder
auch nach dem Krebs.                                                     Ein anderes grosses Thema in dieser Runde war der Erhalt
                                                                         der Fruchtbarkeit. Verschiedene Krebstherapien erhöhen
                                                                         das Risiko, unfruchtbar zu werden. Deshalb sei es laut der
«Plötzlich lässt uns unser Körper                                        Gynäkologin Anna Raggi äusserst wichtig, dass der Arzt

 im Stich. Das heisst aber nicht,                                        oder die Ärztin die Familienplanung gleich nach der Dia-
                                                                         gnose anspreche. Medizinisch gesehen besteht die Mög-
 dass es keine Lösungen gibt.»                                           lichkeit, Eizellen oder Spermien zu entnehmen und einfrie-
                                                                         ren zu lassen. In der Runde der Krebsbetroffenen wurde
                  Anna Raggi, Gynäkologin
                                                                         deutlich, dass nicht alle nach ihrem Kinderwunsch gefragt
                                                                         wurden. Und wenn ja, dann nur ungern. Roger Marti er­
                                                                         zählt, seiner Ärztin sei es bei diesem Thema nicht ganz
Am Austauschtag im letzten September beantwortete                        wohl gewesen, aber immerhin habe sie es angesprochen.
zum Beispiel Anna Raggi dringende Fragen. Die Gynä-
kologin mit Schwerpunkt in Reproduktionsmedizin nahm                     Heikle Fragen zur Ausbildung
sich der persönlichen Geschichten an. Ein Betroffener                    Eine weitere Teilnehmerin an diesem Treffen bekam wäh-
berichtete, dass er enorme Schmerzen im Rücken habe                      rend ihres Studiums im Herbst 2017 die Diagnose Dick-
und sich deshalb, ohne es zu wollen, im Bett von seiner                  darmkarzinom. Der jungen Frau war wichtig, dass sie
Partnerin distanziere. Wegen der Schmerzen werde die                     ihre Ausbildung trotz der Krebsbehandlung fortsetzen

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konnte. Dabei wollte sie nicht, dass alle von ihrer Erkran-
                                                                                     Krebsliga beider Basel unterstützt junge Betroffene
            kung erfuhren. «Ich wollte verhindern, dass das unter den
            Studenten rumerzählt wird.» Deshalb informierte sie nur
            die Leitung und ihre engsten Studienkolleginnen. Denn
                                                                                    Offener Austausch
            ganz verheimlichen konnte sie ihre Krankheit nicht. «Wäh-               unter Gleichgesinnten
            rend der Behandlung hatte ich als Folge der Chemothe-
            rapie vorne an den Händen und Füssen fast kein Gefühl                    Rund 1800 Menschen zwischen 18 und 39 Jahren
            mehr und konnte kaum noch schreiben», erzählt sie.                       erkranken in der Schweiz pro Jahr an Krebs. Gerade
                                                                                     weil der grösste Teil der Krebsbetroffenen 50 Jahre
            Erika Karlen-Oszlai, Fachspezialistin Krebs und Arbeit der               oder älter ist, ist es der Krebsliga beider Basel ein
            Krebsliga Schweiz, bestätigt, es sei wichtig, sich selber                Anliegen, auch auf die Bedürfnisse von jüngeren
            zu schützen und sich gut zu überlegen, wer was wissen                    Betroffenen und ihren Angehörigen einzugehen
            müsse und wem man was sagen möchte. Die 29-jährige                       und spezifische Informations- und Austauschmög-
            Frau hat ihre Krebstherapie inzwischen beendet. Ihr Stu-                 lichkeiten anzubieten. Seit zwei Jahren gibt es Aus-
            dium hat sie erfolgreich abgeschlossen und das Gefühl in                 tauschtreffen für sogenannte AYAs (Adolescents
            ihren Fingern und Füssen ist wieder zurückgekehrt.                       and Young Adults with Cancer).
                                                                                                                   «In dieser Altersspanne
            Gespräche auf Augenhöhe                                                                                beschäftigen sich Frauen
            Zusammenfassend fand Roger Marti die verschiede-                                                       und Männer mit Fragen
            nen Referate für junge Krebsbetroffene sehr informa-                                                   zur Ausbildung, Berufs-
            tiv und schätzte den Austausch: «Wenn ich mit Betroffe-                                                laufbahn, Sexualität oder
            nen über die Erkrankung spreche, entsteht eine andere                                                  zur Familienplanung»,
            Nähe, als wenn ich mich mit meinem besten Freund oder                                                  sagt Isabelle Nahi,
            mit der Familie darüber unterhalte.» Das Verständnis sei                                               AYA-Projektverantwortli-
            bei anderen Betroffenen sofort da, und man spreche auf                                                 che der Krebsliga beider
            Augenhöhe. «Ich freue mich schon auf das nächste Tref-                                                 Basel. «Deshalb laden wir
            fen mit anderen jungen Krebserkranken!»                                                                für diese Anlässe Spezi-
                                                                                     Isabelle Nahi, AYA-Verant-    alistinnen und Spezialis-
                                                                                     wortliche bei der Krebsliga
                                                                                                                   ten ein, welche beispiels-
                                                                                     beider Basel.
                                                                                                                   weise zu fruchtbarkeitser-
                                                                                     haltenden Massnahmen oder zu arbeitsrechtlichen
                                                                                     Fragen In­­­­­formationen und Tipps an die Betroffenen
                                                                                     weitergeben.» Zudem seien die Gespräche unterei-
                                                                                     nander von Bedeutung. ­
                                                                                     Laut Nahi ist es für die jungen Menschen mit Krebs
                                                                                     sehr wichtig, zu merken: «Ich bin mit meinem Krebs
                                                                                     nicht alleine.»
                                                                                     Nächster Informations- und Austauschtag: 5. September 2020.
                                                                                     Weitere AYA-Veranstaltungen finden Sie unter:
                                                                                      basel.krebsliga.ch/beratung-unterstuetzung/
                                                                                      jung-und-krebs/

                                                                                  Jüngere Krebsbetroffene nutzen laut Isabelle Nahi nicht
                                                                                  nur die Angebote der AYAs, sondern machen auch von
                                                                                  der kostenlosen Beratung ohne Voranmeldung im Haus
                                                                                  der Krebsliga beider Basel Gebrauch. «Das direkte und
                                                                                  unkomplizierte Beratungsangebot von uns scheint den
                                                                                  jüngeren Betroffenen entgegenzukommen», sagt sie.

                                                                                  Grundsätzlich steht das Haus der Krebsliga mit seinen
                                                                                  Beratungen natürlich nicht nur den jüngeren, sondern
                                                                                  allen Krebsbetroffenen und ihren Angehörigen von Mon-
                                                                                  tag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr offen. •
            Zum ersten Mal der Austausch unter Gleichgesinnten: Der
            32-jährige Roger Marti schätzt die offenen Diskussionen mit anderen   Informationen:
            jungen Krebsbetroffenen.                                              basel.krebsliga.ch
FOTO: ZVG

                                                                                                                               aspect 1/20  15
FOKUS

Auf meinen Willen kommt es an

Kann jemand durch einen Unfall, in einem                      Der Weg ist das Ziel
Notfall oder bei fortschreitender Krankheit                   Die gesundheitliche Vorausplanung ist ein Prozess, der
                                                              sich durch eine professionelle Begleitung auszeichnet.
nicht mehr selber entscheiden, hilft eine
                                                              Zuerst werden laut Marlies Ebi bei der so genannten
Patientenverfügung, damit im Sinne dieser                     Standortbestimmung die ganz persönlichen Einstellun-
Person gehandelt werden kann. Die Patien­                     gen zum Leben, zur Krankheit und zum Sterben zusam-
tenverfügung «plus» ist ein Dokument, in
dem der Wille und die Behandlungsziele
verständlich dokumentiert werden. Die                                         Patientenverfügung «plus»

Krebsliga Zürich und neu auch die Krebs­                        Individuelle Beratung
liga Aargau ergänzen ihr Angebot um diese
neue Art der gesundheitlichen Vorauspla­                        Die gesundheitliche Vorausplanung, auf Englisch
nung – auch Advance Care Planning (ACP)                         Advance Care Planning (ACP), ist ein Konzept für
genannt.                                                        gesunde und kranke Personen, die selbstbestimmt
                                                                vorsorgen möchten. Dabei werden die persönli-
Text: Joëlle Beeler, Fotos: Gaëtan Bally
                                                                chen Vorstellungen für Behandlungen im Falle einer
                                                                Urteilsunfähigkeit eindeutig formuliert und doku-

E
      igentlich war es Antonia Riz schon vor ihrer Brust-       mentiert. Zertifizierte ACP-Beratende begleiten die-
      krebserkrankung klar, dass sie eine Patientenver-         sen Prozess und gehen auf individuelle Anliegen
      fügung machen wollte. «Die Erkrankung hat mei-            und situationsbezogene Bedürfnisse der Person ein.
nen Entschluss nur noch beschleunigt und bestärkt.» Die         Am Ende können diese Entscheidungen in der Pa­
Beratung zur Patientenverfügung «plus», welche unter            tientenverfügung «plus» festgehalten werden. ACP
anderem die Krebsliga Aargau anbietet, wurde der Leh-           ist wissenschaftlich fundiert und wird auch vom Bun-
rerin und Theaterpädagogin von einer Freundin empfoh-           desamt für Gesundheit (BAG) empfohlen.
len. Das Vorausschauende an dieser Patientenverfügung
überzeugte sie: «Für mich ist es sehr wichtig, dass ich
selbstbestimmt vorsorgen kann. Ich möchte sagen kön-
nen, was mein Umfeld machen soll, wenn ich beispiels-
weise wegen einer Krankheit oder eines Unfalls nicht
mehr selber entscheiden kann.»

Das Konzept Advance Care Planning – kurz ACP – kommt
ursprünglich aus den USA und ist im Rahmen einer Studie
des Schweizerischen Nationalfonds für die Schweiz wei-
terentwickelt worden. Ziel ist es, eine Patientenverfügung
zu erstellen, die von den Behandlungsteams verstanden
wird und nachvollziehbare Entscheidungen dokumen-
tiert. «In vielen Fällen haben die Personen zwar eine Pa­
tientenverfügung, aber sie ist lückenhaft oder unklar for-
muliert», erklärt Marlies Ebi, Beraterin bei der Krebsliga      Die Krebsliga Zürich startete als erste Liga mit die-
Aargau. «Kommt es zu einer Notfallsituation, ist es für den     sen Beratungen. Im Mai 2019 folgte die Krebsliga
Arzt bei einer unklaren Patientenverfügung nicht nach-          Aargau (siehe Haupttext). Neu wird auch die Krebs-
vollziehbar, wie er reagieren und welche lebensrettenden        liga beider Basel ACP-Beratungen anbieten.
Massnahmen er ergreifen soll», sagt sie weiter. Seit einem      Mehr Informationen zur Beratung der Krebsliga Aargau und
Jahr hat sie die Weiterbildung zur ACP-Beraterin abge-          der Krebsliga Zürich:
                                                                 https://bit.ly/34W4H3C
schlossen und führt in der Krebsliga Aargau Beratungen           https://bit.ly/2KmrUEi
nach diesem Standard durch.

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Antonia Riz mit der Beraterin Marlies Ebi im Gespräch: Die gesundheitliche Vorausplanung ist ein steter Prozess.

mengetragen: «Was ist mir in meinem Leben wichtig?                        Vieles entwickelt sich nach und nach
Welche Werte vertrete ich? Welche Belastungen bin ich                     Marlies Ebi begleitet seit elf Jahren Patientinnen und Pa­­
bereit, auf mich zu nehmen?» Im zweiten Schritt hält man                  tienten im Erstellen einer Patientenverfügung. In letzter Zeit
die eigenen Vorstellungen für medizinische Behandlun-                     hat sie vor allem Beratungsgespräche mittels ACP-Konzept
gen in möglichen gesundheitlichen Krisen fest. Zusam-                     geführt. Die Fachexpertin Onkologie betont, dass diese
men mit der Beraterin und im Beisein der persönlichen                     Form der Vorausplanung immer wieder aufgenommen und
Vertrauensperson werden diese Vorstellungen so doku-                      angepasst werden könne und sich damit den Veränderun-
mentiert, dass sie aussagekräftig und damit glaubwürdig                   gen, die das Leben mit sich bringt, auch anpassen lasse.
werden. «Für den Arzt auf der Intensivstation muss medi-                  Mit der Reflexion der ganz persönlichen Einstellungen zum
zinisch gesehen ersichtlich sein, was die nicht mehr ent-                 Leben spreche man auch über den Sinn des Lebens. Das
scheidungsfähige Person an lebensrettenden Massnah-                       könne laut Marlies Ebi aufwühlend sein. «Für manche Per-
men haben möchte», sagt Marlies Ebi.                                      sonen reicht diese Art der Reflexion aus und es sind keine
                                                                          Festlegungen gewünscht, auch das kommt vor», sagt sie.
Eine Patientenverfügung «plus» schafft Klarheit
Bei der 58-jährigen Antonia Riz kristallisierte sich in den               Für die Vertrauenspersonen sind die Aussagen im Stand-
Beratungsgesprächen mit Marlies Ebi heraus, dass ihr die                  ortgespräch auf jeden Fall von grosser Bedeutung, weil
Selbstbestimmung sehr wichtig sei: «Meine Mutter ist                      sie die Haltung der Person selbst verdeutlichen und damit
bettlägerig und zunehmend dement. Ich möchte, wenn                        die Grundlage für Entscheidungen bilden können. Anto-
möglich, kein Pflegefall werden. Dafür bin ich zu sehr ein                nia Riz bestätigt: «Meine Tochter war froh, dass sie an
Bewegungsmensch.»                                                         einem Beratungstermin dabei gewesen war und erfah-
                                                                          ren hatte, wie sie im Notfall für mich entscheiden müsste.»
Wie wichtig dabei eine Patientenverfügung sein kann, hat                  Das sei für sie entlastend gewesen.
sie selbst erst kürzlich hautnah miterlebt. Eine Freundin
von ihr kam mit einem Hirnschlag auf die Intensiv­station                 Rückblickend ist Antonia Riz froh über diesen begleiten-
und war nicht mehr ansprechbar. «Mit der ausgefüllten                     den Prozess: «Auch wenn er aufwendig gewesen ist, stehe
Patientenverfügung ‹plus› konnten die Mediziner aber                      ich heute an einem ganz anderen Ort als zu Beginn. Heute
handeln», erzählt Antonia Riz. Das Behandlungsteam war                    kann ich viel konkreter in Worte fassen, was ich im Falle
sehr froh um die eindeutigen Aussagen in der Patienten-                   einer Krankheit oder eines Unfalls medizinisch gesehen
verfügung «plus». Der Wille der Patientin konnte respek-                  haben möchte. Und es beruhigt mich, dass meine Töchter
tiert werden, weil er verständlich und eindeutig für die                  und die Ärzte bei einer allfälligen Urteilsunfähigkeit wis-
jeweilige Situation festgehalten war.                                     sen, was mein Wille ist.» •

                                                                                                                     aspect 1/20  17
INTERVIEW

Körperliche und sexuelle Veränderungen
in Worte fassen

Offen über Zärtlichkeit und             auf­kommen, fällt es vielen Men-        Nach anstrengender Therapie und
Sexualität zu sprechen, ist             schen schwer, darüber zu sprechen,      vielen Medikamenten kann sich
nicht immer ganz einfach                geschweige denn sich Hilfe von aus-     der Körper verändern. Nach einer
                                        sen zu holen.                           Operation bei Darmkrebs wird bei­
und wird bei einer Krebs­
                                                                                spielsweise ein künstlicher Dar­
erkrankung nicht einfacher.
                                        Können mit einem E-Mail die drin­       mausgang nötig, oder bei Antihor­
Durch Medikamente oder                  gendsten Probleme einer Person          montherapien verringert sich die
eine Operation kann sich                bezüglich Krebs und Sexualität          Lust auf Sex. Bedeuten solche Ent­
der Körper verändern. Die               überhaupt beantwortet und gelöst        wicklungen auch, dass die Betrof­
Krebsliga startete letzten              werden?                                 fenen eine neue Beziehung zum
März mit einem neuen A­n-               Sexualität ist ein komplexer mensch-    Körper und zur eigenen Sexualität
gebot für Betroffene und                licher Lebensbereich, Fragen dazu       aufbauen müssen?
                                        lassen sich selten abschliessend in     Das ist in vielen Fällen so. Menschli-
Nahestehende. Die Bera­
                                        zwei bis drei Sätzen beantworten.       che Sexualität ist so persönlich und
tung läuft über E-Mail und
                                        Aber es ist die Schwelle, die mit dem   individuell wie ein Fingerabdruck.
wird von zwei erfahrenen                E-Mail-Angebot überwunden wer-          Wenn wir Lebenskrisen wie eine
Fachspezialisten geführt.               den kann. Betroffene machen die         schwere Erkrankung durchleben,
Interview: Joëlle Beeler                Erfahrung, mit ihren Fragen und         hat das meist einen Einfluss auf
                                        Sorgen gehört zu werden. Unsi-          unser ganzes Sein. Wenn sich die-
Stefan Mamié, Sie sind Sexual­          cherheit darf sein, und die Prob-       ses verändert, ergibt sich daraus
therapeut und führen mit Simone         leme werden anerkannt. Das ist          fast immer auch eine Veränderung
Dudle diese spezifische Mail­           ein wichtiger erster Schritt. Eine      in der Sexualität. Im Umgang damit
sprechstunde bei der Krebsliga          Antwort per E-Mail kann selbstver-      sind viele verunsichert und oft führt
durch. Sex ist ein Tabu, Krankheit                                              diese Verunsicherung zu Vermei-
kann auch eines sein. Erreicht man                                              dungsverhalten.
per E-Mail überhaupt die passen­
den Leute?
                                        «Betroffene machen                      Wie meinen Sie das – Vermei­
Es ist wichtig, dass man nun erste       die Erfahrung, mit                     dungsverhalten?
Erfahrungen mit dieser Art von An­
gebot sammelt. In den USA gibt es
                                         ihren Fragen und                       Es kommt nicht selten vor, dass
                                                                                Menschen unter Therapie wegen
ganze Programme mit Online-Thera-        Sorgen gehört zu                       unangenehmer Nebenwirkungen
pien, die relativ erfolgreich sind.
Dieses Format der E-Mail-Beratung
                                              werden.»                          oder Schmerzen ihr Körperempfin-
                                                                                den so weit wie möglich abspalten.
ist sehr niederschwellig. Es erlaubt      Stefan Mamié, Sexualtherapeut         Das ist eine sehr dienliche Bewälti-
eine Anonymität, die die Hürde des                                              gungsstrategie. Ein Teil der Rehabi-
Tabus herabsetzt. Man kann mit                                                  litation besteht dann darin, seinen
seinen Fragen anonym bleiben. Es                                                Körper wieder wahrzunehmen, wie-
besteht zudem die Hoffnung, auch        ständlich nur in eher allgemeiner       der zu «bewohnen». Dieser Prozess
Männer besser anzusprechen, die ja      Form gehalten werden. Uns Bera-         kann mit dem Durchleben verschie-
bekanntlich bei gesundheitsspezifi-     tern fehlen in einem E-Mail ja oft      denster, auch schmerzlicher Gefühle
schen Themen schwieriger zu errei-      wichtige Infor­mationen zur beson-      einhergehen. Für die Betroffenen
chen sind als Frauen. Mit dem E-Mail    deren Situation des Frage­s tellers.    wie für die Partner ist diese Infor-
geht man dorthin, wo zumindest ein      Wer eine konkrete, indivi­duell abge-   mation von Bedeutung. Wenn zum
Teil der Männer in Zusammenhang         stimmte Unterstützung will, findet      Beispiel einer Frau durch zärtliche
mit Sexualität anzutreffen ist – näm-   sie in einem nächsten Schritt bei       Berührungen zuerst die Tränen kom-
lich im Internet.                       einer Fachperson. Hier unterstützen     men, kann das Teil der Verarbeitung
Aber es ist klar, wenn zur Erkrankung   wir Betroffene bei der Suche nach       des Geschehenen sein und damit
Fragen im Bereich der Sexualität        geeigneten Angeboten.                   einen heilsamen Prozess darstellen.

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ziehen. Dazu helfen gemeinsame
                                                                                                                    Wer­te, gemeinsame Interessen
                                                                                                                    und auch gemeinsame angenehme
                                                                                                                    Erfahrungs­räume.

                                                                                                                    Das Angebot der Sexualberatung
                                                                                                                    bei der Krebsliga gibt es noch
                                                                                                                    nicht lange. Was wünschen Sie sich
                                                                                                                    in Bezug auf das neue Angebot?
                                                                                                                    Ich wünsche mir eine rege Nutzung
                                                                                                                    von Betroffenen und ihren Partne-
                                                                                                                    rinnen und Partnern. Ich hoffe, die
                                                                                                                    Sexualität wird in der Onkologie zu
                                                                                                                    einem selbstverständlich wahrge-
                                                                                                                    nommenen Bestandteil, den man in
                                                                                                                    einer umfassenden onkologischen
                                                                                                                    Behandlung und Rehabilitation nicht
                                                                                                                    mehr wegdenken kann.
                                                                                                                    Falls Sie, Ihr Partner oder Ihre Partnerin
                                                                                                                    krebsbetroffen sind und Fragen zu Sexualität
                                                                                                                    und Intimität haben, finden Sie mehr Infor-
                                                                                                                    mationen unter:
                                                                                                                      www.krebsliga.ch/sexualberatung

                                                                                                                    Sie können Ihre Frage auch direkt per E-Mail
                                                                                                                    an die Sexualberatung senden:
                               Sexualität und Krankheit sind zwei sensible Themen. Sexualtherapeut Stefan Mamié       s-helpline@krebsliga.ch
                               wünscht sich, dass das Angebot der Krebsliga selbstverständlicher genutzt wird.

                                                                                                                              Unterstützung für
                                                                                                                        Betroffene und Nahestehende
                               Das Vermeidungsverhalten dosiert             gebildeten Fachperson in diesem
                               und steuert diesen Prozess in einer          Prozess unterstützen zu lassen.
                               Intensität, die für die Frau und                                                      Stefan Mamié
                               ih­­ren Partner bewältigbar ist. Und:        Was hilft, damit eine Beziehung
                               Sexualität ist ja viel mehr als nur          trotz schwierigen (Krankheits)-                               Der psycho­
                               Geschlechtsverkehr! Dazu gehören             Umständen zusammenhält?                                       onkologische
                                                                                                                                          Psychothe-
                               können auch ein Blick, eine Berüh-           Zu diesem Thema wurden schon ver-
                                                                                                                                          rapeut und
                               rung, Gesten, Zärtlichkeitsaustausch         schiedene Untersuchungen gemacht.
                                                                                                                                          Sexualthera-
                               und vieles mehr.                             Stark vereinfacht scheint es darauf
                                                                                                                                          peut Stefan
                                                                            hinauszulaufen, dass gute Beziehun-
                                                                                                                                          Mamié stammt
                               Krebs und ein verändertes Körper­            gen durch eine Krankheit noch bes-
                                                                                                                                          aus Schaff-
                               bewusstsein können Ängste aus­               ser werden, während Beziehungen,
                                                                                                                                          hausen. Er
                               lösen, auch innerhalb der Partner­           die vor der Erkrankung bereits stark
                                                                                                                     führt eine eigene Praxis und ist in
                               schaft. Haben Sie einen Tipp, wie            problembelastet waren, ein höheres
                                                                                                                     einer Anstellung bei der Krebsliga
                               Paare mit dieser neuen Situation             Risiko haben, auseinanderzubrechen.
                                                                                                                     Zürich. In seiner Arbeit ist er oft
                               richtig umgehen können?                      Hier sind es übrigens nicht immer die
                                                                                                                     mit den Herausforderungen der
                               Diese Antwort finden Sie in allen Rat-       Frauen, die verlassen werden. Ich
                                                                                                                     veränderten Sexualität von krebs-
                               gebern, und sie wird Sie wohl auch           habe oft auch Patientinnen gesehen,
                                                                                                                     kranken Menschen konfrontiert. In
                               nicht überraschen: Reden, reden,             die sich von ihren Männern getrennt
                                                                                                                     der E-Mail-Beratung beantwortet
                               reden. Doch wir haben es bereits             haben, weil sie sich selbst in ihren
                                                                                                                     er zusammen mit Simone Dudle
                               angesprochen: Es ist nicht so ein-           Bedürfnissen ernster genommen
                                                                                                                     Fragen rund um Sexualität, Zärt-
                               fach, über seine Gefühle und Bedürf-         haben als vor der Erkrankung.
                                                                                                                     lichkeit und Intimität bei Krebs­
                               nisse in Zusammenhang mit Sexua-             Im Grundsatz hilft es, wenn eine
                                                                                                                     erkrankten und ihren Angehörigen.
FOTOS: SHUTTERSTOCK.COM, ZVG

                               lität zu sprechen. Oft ist die sexuelle      Beziehungskultur besteht, die je­­
                                                                                                                     Ein Fallbeispiel und eine Artikelserie zu
                               Verunsicherung durch die Erkran-             dem erlaubt, so zu sein und zu füh-      Sexualität und Krebs von Stefan Mamié
                               kungsfolgen grösser, als dass man            len, wie er oder sie das auch tat­-      finden Sie unter:
                               sie in Worte fassen könnte. Darum            sä­chlich tut. Es braucht die Fähig-        www.stefanmamie.ch/
                                                                                                                        veroeffentlichungen
                               macht es Sinn, sich von einer gut aus-       keit, gemeinsam an einem Strick zu

                                                                                                                                            aspect 1/20  19
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