AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber

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AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
u n a b h ä n g i g — u n e r s c h r o c ke n — ko m p e t e n t

             JOUR NA L
             FRANZ
             WEBER
                Januar | Februar | März 2021 | Nr. 135

         AUF
IN EIN NEUES ZUHAUSE!
                                 f f w. c h
AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
INHALT

                                                          Editorial                                                                   3
                                                          En Bref                                                                4–5
                                                          Equidad zieht um in ein 312 Hektaren grosses Paradies                  6 – 11
Unsere fieberhafte Suche nach einem Heilmittel
gegen Covid 19 bezahlen andere Arten mit ihrem            Massentierhaltung abschaffen, um Pandemien zu verhindern             13 – 15
Leben. Angefangen bei Mäusen und Affen bis hin zu
                                                          Millionen von Tieren bezahlen ihr Leben für Impfungen                 16 – 19
Pfeilschwanzkrebsen und Haien werden Millionen
Tiere zur Gewinnung von Arzneimitteln entweder            Stierkampf-Lobby will Corrida-Verbot in Ecuador kippen               20 – 21
getötet oder tödlichen Experimenten unterzogen.          Zoo Zürich: Tod des Elefantenbabys war nicht «natürlich»             22 – 23
                                          Seite 16
                                                          Fondation Franz Weber entlarft marine Zierfisch-Industrie            24 – 27
                                                          Chronik einer angekündigten Naturgebiet-Zerstörung in Arlesheim      28 – 31
                                                          Helvetia Nostra: Hüterin der Natur, Landschaft und Heimat            32 – 35
                                                          Alika Lindbergh schreibt über die Angst vor Corona                   36 – 38
                                                          Bonrook: Reportage über das Franz Weber Territory in Australien      39 – 43
                                                          Giessbach: Hilfe für den Unterhalt von Park, Wald und Bahn           44 – 47

«Ohne das Beschwerderecht von Helvetia Nostra wäre
die Schweiz zubetoniert». So beschrieb Franz Weber
in einem Interview mit RTS im Jahre 2005
                                                          IMPRESSUM
treffend die Tätigkeit und die Bedeutung von
                                                          EINE PUBLIKATION DER FONDATION FRANZ WEBER
Helvetia Nostra. Ohne sie und ohne ihr
                                                          CHEFREDAKTION: Vera Weber und Matthias Mast
Beschwerderecht, das übrigens immer wieder
                                                          REDAKTION: Matthias Mast, Vera Weber, Anna Zangger, Jean-Charles Kollros,
politisch attackiert wird, wären unzählige
                                                          Ruth Toledano, Adam Cruise, Alika Lindbergh, Monica Biondo, Alejandra García,
Hektaren Land denjenigen zum Opfer gefallen,
                                                          Viktoria Kirchhoff, Ambre Sanchez
die nur auf kurzfristigen Profit aus sind. Seite 32
                                                          ERSCHEINT 4 x im Jahr
                                                          KONZEPT: KARGO Kommunikation GMBH
                                                          LAYOUT: Gianpaolo Burlon
                                                          DRUCK: Swissprinters AG
                                                          ABONNEMENTE: Journal Franz Weber, Abo, Postfach 257, 3000 Bern 13, Schweiz
                                                          T: +41 (0)21 964 24 24 | E-Mail: ffw@ffw.ch | www.ffw.ch | |
                                                          Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Fotos oder Texten nur mit Genehmigung
                                                          der Redaktion.
                                                          Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Fotos kann keine Verantwortung
Hier, an diesem gesegneten Ort, angesichts der            übernommen werden.
rauschenden Giessbachfälle, mitten im sagenumwo-
benen Wald, der wie aus der Artussage heraufsteigt
und dann niedersteigt zum See, zum ursprünglich
gebliebenen Brienzersee, fühlen wir uns frei, sind
wir frei wie unsere Ahnen, weil die Kraft der Freiheit,     SPENDENKONTO:
                                                            Postkonto Nr. 18-6117-3, Fondation Franz Weber, 3000 Bern 13
die Giessbach inneliegt, sich ganz natürlich auf uns        IBAN: CH31 0900 0000 1800 6117 3
überträgt, uns frei macht.                   Seite 44

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AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
NR . 135 J A N U A R | F E B R U A R | M Ä R Z 202 1

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                                    Liebe Leserin, lieber Leser
                                    Seine Worte hallen noch oft in meinen Ohren wider und blieben in meinem Gedächtnis
                                    haften: Ich denke an die vielen Erzählungen meines Vaters Franz Weber, der einzigartige,
                                    durch­schlagende Umwelt- und Tierschützer, der am 2. April 2019 verstarb.

                                    Franz Weber entwickelte seine Bewunderung und Liebe für die Schönheiten der Schweizer
                                    Berge und Landschaften bereits in seinen jungen Jahren. Später erklärte er seinen Kampf für
                                    die Natur, für die Schöpfung ungefähr so: «Eigentlich bin ich ein Poet, aber ich begriff schnell,
                                    dass ich die Natur erst retten muss, um sie wieder besingen zu können.»

                                    Seinen Willen, seinen Mut und seine Überzeugungskraft, die nötig waren, um sich gegen
                                    mächtige Zerstörer von Tier und Natur zu stellen, schöpfte er aus seiner absoluten
        VERA WEBER
                                    Furchtlosigkeit, wie sie nur ein Esprit libre, ein Freigeist, besitzt.
Präsidentin Fondation Franz Weber
                                    Schon als Kind war er stolz, Schweizer zu sein und in diesem einzigartigen, freien Land zu
                                    leben. Nicht zuletzt, so wage ich zu behaupten, hat ihm sein «Schweizersein» die nötige Freiheit
                                    verschafft, derart kraftvoll und erfolgreich für den Tier- und Naturschutz zu kämpfen. Voller
                                    Inbrunst und Stolz zitierte er immer wieder aus Schiller’s Tell den Rütlischwur:

                                    Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern,
                                    in keiner Not uns trennen und Gefahr.
                                    Wir wollen frei sein, wie die Väter waren,
                                    eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.
                                    Wir wollen trauen auf den höchsten Gott
                                    und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.

                                    Zwei Jahre sind vergangen, seit Franz Weber uns verlassen hat, und ich frage mich, wie wohl
                                    mein Vater, dieser freie Mensch, dieser Freigeist, die heutige Zeit erleben, ja ertragen, würde.
                                    Eine Zeit, in der man kaum mehr seine Meinung äussern, Entscheide in Frage stellen oder
                                    Kritik üben kann, ohne an den Pranger gestellt zu werden.

                                    Eine Zeit, in der das vom Volk – das höchste Organ unserer direkten Demokratie (!) – gewähl-
                                    te Parlament die Flucht aus dem Bundeshaus ergriff und sämtliche Entscheidungsgewalt an
                                    jene Behörde übergab, welche eigentlich ausschliesslich dazu beauftragt wäre, die Entscheide
                                    des Volkes und des Parlaments umzusetzen: der Bundesrat. Der Diener des Volkes wurde zum
                                    Herrn des Volkes – diese Umkehr der direktdemokratischen Verhältnisse in der Schweiz hätte
                                    Franz Weber nicht akzeptieren können.

                                    Deshalb nicht, weil seine Kämpfe und Erfolge auf einer hundertprozentigen Meinungs­
                                    äusserungsfreiheit beruhten. Auch unsere heutigen Kämpfe und Erfolge für Tier und Natur,
                                    gegen Landschafts- und Umweltzerstörer, gegen Tierquäler und Ausbeuter – seien es Einzelne,
                                    Firmen, Institutionen oder Regierungen – sind nur möglich, wenn alle offen und frei ihre
                                    eigene Meinung kundtun dürfen sowie ihr Wissen weitergeben und ihre Argumente
                                    uneingeschränkt darlegen können.

                                    Denn nur mit dem freien und furchtlosen Geist des Volkes und des Einzelnen lässt es sich
                                    kämpfen für eine lebenswerte Welt für Tier und Natur – und Mensch.

                                    Ihre Vera Weber

                                                                               3
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EN BREF

                  *
             TIERSCHUTZ
                                                              *
                                                        NATURSCHUTZ
                                                                                                            *
                                                                                                     NATURSCHUTZ

        Rehe im                                Geplante      Einsprache gegen
      Friedhof am                          Gleiswüste mitten die zerstörerische
         Hörnli                              in der Natur     BLS-Werkstätte
Die lösungsorientierte Arbeit der Fonda-   Die SBB plant im Kanton Zürich drei          Die BLS plant im Westen der Stadt Bern,
tion Franz Weber: Der grösste Friedhof     Abstell- und Serviceanlagen mitten in        mitten in der Natur, eine Werkstätte
der Schweiz, das Hörnli in Basel, be-      der Natur. Die grösste soll in Bubikon,      (ähnlich dem Vorhaben der SBB in Bu-
herbergt seit seiner Eröffnung im Jahr     mitten in einem wichtigen Wildtier­          bikon, Text links). Die Fondation Franz
1934 eine Rehpopulation, die in den        korridor, angrenzend an Moorland-            Weber wird gegen dieses Ansinnen nach
letzten Jahren gewachsen ist. Weil die     schaften von nationaler Bedeutung            Auflage der Pläne im kommenden Som-
Rehe Schäden an den Grabbepflanzun-        und Naturschutzflächen, gebaut wer-          mer Einsprache erheben. Der Widerstand
gen anrichten, hatte die Stadtgärtnerei    den. Dafür würden 20 000 Quadratme-          gegen das zerstörerische Projekt ist umso
eine Abschussanfrage bei der Polizei       ter naturbelassenes Land und 60 000          dringender, als die BLS in letzter Zeit mit
eingereicht und im Mai 2020 eine Be-       Quadratmeter Fruchtfolgeflächen, 110         üblen Schlagzeilen von sich reden mach-
willigung erhalten. Dagegen erhoben        gesunde Hochstammbäume, siben alte           te: So hat das Bahnunternehmen von
die Fondation Franz Weber (FFW) und        Eichen, über 1 750 Quadratmeter He-          verschiedenen Betriebs-Baustellen ins-
Helvetia Nostra Einsprache und stopp-      ckenlandschaft und das Zuhause von           gesamt 16 000 Tonnen teilweise giftigen
ten das Vorhaben. Die FFW bot Gesprä-      vielen Tieren, darunter auch geschütz-       Schotter in den Steinbruch Mitholz im
che an einem runden Tisch an, die sie      ten Tierarten, zerstört. Das Projekt liegt   Berner Oberland transportieren lassen
seither einvernehmlich mit der Stadt-      derzeit im kantonalen Richtplan auf.         und dort abgelagert. Dies hat mutmass-
gärtnerei Basel zusammen führt und         Die Fondation Franz Weber fordert den        lich zu dem Massen-Fischsterben im
an nichttödlichen Lösungen arbeitet.       Kantonsrat mit einer Einwendung auf,         Blausee geführt. Nach diesen Machen-
                                           diesen Bau und damit die Zerstücke-          schaften ist es mehr als fraglich, ob die
                                           lung einer der grössten und wertvolls-       BLS überhaupt willens ist, bei ihrer ge-
                                           ten Moor- und Naturschutzflächen im          planten Werkstätte irgendwelche Rück-
                                           Kanton Zürich, zu verhindern.                sichten auf die Natur zu nehmen.

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AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
NR . 135 J A N U A R | F E B R U A R | M Ä R Z 202 1

                               *
     «Schweizer, bewahrt Eure Eigenart,
bewahrt das hart erkämpfte, das gerade auf
 der Schweizer Eigenart beruht. Schweizer,
macht Euch frei vom engstirnigen, panischen
 Gewinnstreben, bleibt dem Geiste treu, der
die Schweiz geformt hat, über Jahrhunderte
 hinweg geformt und zu dem gemacht hat,
was sie heute ist: ein Symbol der Prosperität
für Milliarden Erdenbürger, ein Symbol des
Friedens, der Freiheit und der Humanität.»
                         FRANZ WEBER
                      1. AUGUSTFEIER 1991

                               *
      ZERSTÖRUNG DES HIRSCHENGRABENS IN BERN
                                                                             *
                                                                             GEPLANTE SEILBAHN ÜBER DEN ZÜRICHSEE

 Der alte Baum ist schutzlos Gegen die Zerstörung des
                             Zürcher Seebeckens
                                                                             2017 kündigte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) an, aus An-
                                                                             lass ihres 150-jährigen Jubiläums 2020 für fünf Jahre eine
                                                                             temporäre Seilbahn über den Zürichsee zu errichten. Bisher
                                                                             hält die ZKB trotz mittlerweile verstrichenem Jubiläumsjahr
                                                                             weiterhin an diesem, die Seelandschaft zerstörenden, Pro-
                                                                             jekt fest.

                                                                                Die Anlage ist nicht als Verkehrsmittel konzipiert, sondern
                                                                             wird im Konzessionsgesuch als «touristische Beschäftigungs-
                                                                             anlage» umschrieben. Sie würde mit ihren zwei Masten von je
                                                                             88 Metern Höhe und einer Gondelgirlande vor dem Alpenpa-
«Wenn es nicht um globale Klimapolitik, Ökosteuern, C02-Ab-                  norama die Landschaft des Zürcher Seebeckens massgeblich
gaben, den Strassenbau und generell gegen das Auto geht,                     beeinträchtigen sowie die einmalige Postkarten-Sicht vom
vergessen manche links grüne Politiker wie dieser Fall zeigt                 Bürkliplatz gegen die Glarner Alpen zerstören. Zudem hät-
das Grüne allzu gerne», sagte Vera Weber (Bild) vor der Ab-                  ten die geplanten Stationsgebäude eine Verkleinerung und
stimmung über den Umbau des Hauptbahnhofes in der Stadt                      Entwertung von beliebten Parkanlagen am See zur Folge. Die
Bern, dem die Parkanlage im Hirschengraben zum Opfer                         zwei Seilbahn-Masten würden mit total 120 Betonschrauben
fallen soll. Vera Weber sollte mit dieser Aussage leider recht               von je einem halben Meter Dicke 60 Meter tief im Seegrund
behalten, denn die Mehrheit der Stimmberechtigten der                        verankert. Diese Betonschrauben sollen auch nach dem
linksten und grünsten Stadt der Schweiz sprach sich für die                  Rückbau der Anlage im Seegrund verbleiben.
Zerstörung der, nebst der Münster-Terrasse, einzigen histo-
rischen Parkanlage innerhalb des UNESCO-Weltkulturerbes                        Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, politische Parteien
aus. Nun sollen für den neuen Bahnhof-Zugang 25 geschütz-                    und Umweltschutzverbände haben deshalb die «IG Seebe-
te, für die Biodiversität in der Stadt äusserst wertvolle, gröss-            cken Seilbahnfrei» gegründet, welche diesen anachronisti-
teils weit über 100-jährige gesunde Bäume gefällt werden,                    schen Gigantismus auf politischem und juristischem Weg
damit die Pendlerinnen und Pendler trockenen Fusses unter-                   bekämpft. Die Helvetia Nostra als Schwesterstiftung der
irdisch aus dem Bahnhof gelangen können. Fazit: Der öffent-                  Fondation Franz Weber unterstützt die IG tatkräftig, vor al-
liche Verkehr zerstört die Natur in der Stadt.                               lem bei den juristischen Verfahren.

                                                                         5
AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
Equidad z
                                TIER
                               SCHUT Z

                        Es war höc

Der lang ersehnte Erwerb unseres neuen Horts des Friedens ist
endlich abgeschlossen, und wir können unsere zahlreichen
argentinischen Schützlinge nun dort aufnehmen! Nach sieben
Jahren auf einem zu klein gewordenen Gelände in einem Natur­
paradies, das immer feindlicher wurde, können die von uns geret­
teten Tiere schon bald auf einem Gebiet mit mehr als 300 Hekta­
ren Grasland und Bergweiden herumtollen. Doch bevor die Tiere,
ebenso wie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, diese
redlich verdiente Freiheit und Fläche geniessen können, warten
noch etliche Herausforderungen auf6  unser Team.
AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
zieht um:
      NR . 135 J A N U A R | F E B R U A R | M Ä R Z 202 1

chste Zeit

                               7
AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
TIER
                                                         SCHUT Z

«Sie haben schon wieder die Zäune         auch die Haltung von nahezu 300 Tie-
zerschnitten und Sie wollten die Pfer-    ren auf zehn Hektaren nicht länger zu-
de stehlen. Einige Tage später haben      mutbar.
sie sogar geschossen und einen unse-
rer Mitarbeiter nur knapp verfehlt. Die   EIN HORT DES FRIEDENS
Lage hier wird immer gefährlicher».       Angesichts dieses Szenarios wurde
Angesichts der Berichte von Alejandra     unser Traum endlich Wirklichkeit: In
Garcia, Leiterin von Equidad, konnten     einigen Wochen können wir beginnen,

                                                                                                         *
wir uns nicht erlauben, noch länger zu    unsere Schützlinge zu ihrem neuen
zögern: Verstärkt noch durch die Ge-      Landgut zu befördern, wo 312 Hekta-
                                                                                                         ALEJANDRA GARCÍA
sundheits- und Wirtschaftskrise gab es    ren abgeschiedene Natur auf sie war-
                                                                                                         Direktorin Gnadenhof
immer häufiger Versuche, unsere Tiere     ten! Doch der schwierigste Teil steht
                                                                                                         Equidad und ZOOXXI in
anzugreifen und zu stehlen. So mussten    uns noch bevor, denn unsere vierbei-                           Lateinamerika
wir unverzüglich Vorkehrungen treffen,    nigen Freunde leiden nach jahrelang                            –
um unsere Beschäftigten und unsere        erlittenem Missbrauch unter den Fol-
Schützlinge in Sicherheit zu bringen.     gen früherer Traumata und schwerer
Denn die von uns geretteten Pferde und    körperlicher Verletzungen. Daher sind          möglich, ihnen zu erklären, dass der
anderen Tiere wecken die perfide Gier     sie furchtsam und gehorchen nicht im-          chaotische Transport auf engem Raum
von Eindringlingen, die – vor allem in    mer. All der Liebe und Fürsorge, die wir       über 60 Kilometer schwer befahrbare
diesen Krisenzeiten – lediglich Fleisch   ihnen täglich entgegenbringen, zum             Bergstrassen, den wir ihnen zumuten,
und leicht verdientes Geld in ihnen se-   Trotz bleiben einige von ihnen in ih-          einzig und allein dem Zweck dient, ih-
hen. Neben der Sicherheitsnotlage war     ren Ängsten gefangen. Es ist uns nicht         nen ein besseres Leben zu bieten. Und
                                                                                         deshalb müssen wir all unseren Ein-
                                                                                         fallsreichtum einsetzen, um sie mög-
                                                                                         lichst gut auf diese Reise vorzubereiten
                                                                                         und ihnen ihre Ängste zu nehmen.

                                                                                         EIN STARKES TEAM
                                                                                         Wie immer können unsere Schützlinge
                                                                                         auf ihre Schutzengel zählen, die ihnen
                                                                                         auf dieser heiklen Mission zur Seite ste-
                                                                                         hen werden. Sechs angestellte und acht
                                                                 Diego, der Pferde-      ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und
                                                                 trainer, arbeitet       Mitarbeiter werden ständig zwischen
                                                                 seit Januar mit uns,    dem altem und dem neuen Gnaden-
                                                                 damit Pferde mit        hof hin und her wechseln: Sie werden
                                                                 besonderer Angst        nicht nur das neue Gelände herrichten
                                                                 diese überwinden        und die ersten Ankömmlinge betreuen,
                                                                 können. Er wird dafür   sondern sich auch um die Tiere küm-
                                                                 sorgen, dass ihr Um-    mern, die sich noch auf dem alten Gna-
                                                                 zug so schonend wie     denhof aufhalten. Um die sensibelsten
                                                                 möglich ausgeführt      Tiere bestmöglich vorzubereiten, wur-
                                                                 wird. Diego wird uns    de zudem ein Tierpädagoge engagiert.
                                                                 in allen Phasen des     Ihm wird gewiss nicht langweilig wer-
                                                                 Umzugs beraten und      den bei unserer Menagerie aus 160
                                                                 uns dabei Techni-       Pferden, 1 Büffel, 10 Hähne, zwei Maul-
                                                                 ken beibringen, die     tieren, vier Ponys, 7 Eseln, drei Zwerg-
                                                                 das Vertrauen vom       eseln, 14 Kühen, 23 Ziegen, 11 Schafen,
                                                                 Tier zum Menschen       25 Schweinen, drei Wildschweinen,
                                                                 fördern.                vier Lamas und 25 Hunden!

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AUF IN EIN NEUES ZUHAUSE! - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
Schweine sind äusserst sensible Tiere, deshalb müssen
                                           sie besonders schonend transportiert werden.

WIR BEREITEN DIE TIERE EINZELN VOR           wir bereits jetzt die Behörden und die
Als realistische Optimisten haben wir        Polizei verständigt, damit sie sich nicht
uns zum Ziel gesetzt, in zwei Monaten        über unsere besondere Art des Carsha-
mit der Evakuierung unserer Gefährten        rings wundern!
fertig zu sein. Schätzungsweise werden
etwa dreissig Fahrten erforderlich sein,     ... UND IN GUTER GESELLSCHAFT!
da wir die Empfindlichkeiten und We-         Stress und die Sensibilität unserer
sensverwandtschaften der einzelnen           kleinen Überlebenden mit schwerer
Tiere berücksichtigen müssen, um klei-       Vergangenheit sind nicht die einzigen           den sind inzwischen unzertrennlich,
ne Transportgruppen zu bilden. Zwar          Herausforderungen, vor die uns unser            und Rialto wird mit ihm reisen!
müssen wir bei all unseren Schützlin-        Mammutumzug stellt: Wir müssen                     Weitere unzertrennliche Pferde sind
gen mit viel Aufwand und Mühen rech-         auch auf die Empfindlichkeit und die            unsere schöne Silvina und ihr Stuten-
nen, doch die grössten Sorgen machen         Krankheiten jedes Tiers Rücksicht neh-          fohlen Soledad, die selbstverständlich
uns unsere Rinder, besonders Laura,          men. Tornadito, unser kleines Pony,             gemeinsam reisen werden. Dank der
unsere aus einem Zoo gerettete Büffel-       ist eines der Tiere, für die besondere          Videoüberwachung des Anhängers
kuh. Ihr Transport nach Equidad wird         Reisevorkehrungen getroffen wer-                kommen auch sie in den Genuss eines
uns für immer in Erinnerung bleiben:         den müssen. Da es durch einen alten,            abgesicherten Transports.
Drei Stunden waren nötig, um sie zu          schlecht verheilten Beinbruch mit Seh-             Unsere kleinen Lamas werden den
verladen! Da sie ein launisches Tem-         nenkontraktur behindert ist, benötigt           Gnadenhof als letzte verlassen. Bis sie
perament besitzt – manchmal zeigt sie        es eine Gummimatte, damit es fast zwei          uns ihr Vertrauen schenken, wird es
uns ihre Zuneigung, dann wieder geht         Stunden lang das Gleichgewicht halten           noch lange dauern. Doch immerhin
sie auf Distanz –, fürchten wir ihre Stim-   kann. Zur Sicherheit werden im Anhän-           haben wir einen wichtigen Trumpf in
mungsschwankungen, die ihren Trans-          ger Kameras installiert, damit unsere           der Hand, um sie zu erweichen: Mais!
fer erschweren und verzögern könnten.        Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihm            Wir zählen darauf, dass ihre Naschhaf-
Es wird eine wesentliche Aufgabe unse-       zu Hilfe eilen können, falls es Probleme        tigkeit grösser sein wird als ihre Scheu
res Pädagogen sein, sie mit ihrer Ver-       geben sollte. Es wird auf die Unterstüt-        und sie dazu bringen wird, uns in den
ladung vertraut zu machen und ihr die        zung von Rialto zählen können, seinen           Anhänger zu folgen, ohne in Panik zu
Angst davor zu nehmen. Unsere 14 Kühe        besten Freund, ein altes Pferd. Die bei-        geraten.
und Stiere haben wir darauf trainiert,
Menschen zu meiden – eine unerläss-
liche Massnahme, um sie vor gefähr-
lichen Begehrlichkeiten zu schützen.
Auch sie können auf die Kompetenz
und das Wohlwollen unseres Spezialis-
ten zählen, der sie lehren wird, gelassen
in einen Anhänger zu steigen.

REISEN MIT SORGFALT …
Nach den Rindern gehören die Schwei-
ne zu den Tieren, deren Transport am
heikelsten sein wird. Diese äusserst
sensiblen Tiere sind dafür bekannt,
unter starkem Stress einen Herzstill-
stand zu erleiden – vor allem auf der
Fahrt zum Schlachthof. Daher werden
für sie besondere Transportbedingun-
gen gelten: Es ist nicht ausgeschlossen,           Wir müssen die beim letzten Sturm beschädigten Wohngebäude reparieren, weitere Solarzellen
dass wir sie jeweils zu zweit in unse-                installieren sowie IT-Unterstützung finden und einrichten. Diese ist unerlässlich, um mit der
ren Autos mitnehmen! Um vor bösen                                       Aussenwelt (Tierärzte usw.) überhaupt den Kontakt aufnehmen zu können.
Überraschungen gefeit zu sein, haben                                                Diese Gegend wird vom Telefon- und Stromnetz nicht versorgt.

                                                                  9
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TIER
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NEUE HERAUSFORDERUNGEN                         Eine weitere Herausforderung ist               Und schliesslich müssen wir, trotz
Wie Sie sich sicher denken können, be-      die Abgeschiedenheit des neuen Gna-            der zahlreichen am neuen Standort be-
schränkt sich unsere Aufgabe für die        denhofs. Zwar ist sie unter Sicherheits-       reits vorhandenen Sonnenkollektoren,
kommenden Monate nicht auf die Vor-         aspekten ein Segen, doch zugleich er-          eine Möglichkeit finden, Internet und
bereitung der Tiere und ihren Trans-        schwert sie die Kommunikation mit              Telefon über Satellit einzurichten und
port. Denn parallel dazu muss sich          der Aussenwelt sowie in medizinischen          alle unsere Gebäude mit Strom zu ver-
unser Team um die Ausstattung des           oder tiermedizinischen Notfällen. Da-          sorgen.
neuen Gnadenhofs kümmern. Obgleich          her müssen wir einen Anhänger kaufen,
dieser ein echtes Paradies ist, fehlen      der dazu geeignet ist, zwei Pferde in die        Kurz, es liegt noch ein langer Weg
noch einige zentrale Infrastrukturen,       Klinik zu transportieren – die Tierklinik      vor uns, doch das Ziel rückt näher. Das
um unsere zahlreichen ehrenamtli-           von Córdoba ist drei Autostunden ent-          Wesentliche haben wir bereits erreicht:
chen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter       fernt. Zudem müssen wir eine «Kran-            Bald müssen wir nicht mehr um unser
und unsere Angestellten bestmöglich         kenstation» für die Tiere einrichten, die      Leben und das unserer Schützlinge
unterzubringen.                             vor Ort behandelt werden müssen.               bangen!

  So müssen wir Material kaufen –
und von unserem aktuellen Standort               UMFANGREICHE PLANUNG UND ARBEIT
mitnehmen – um Zäune zu errichten,
damit unsere kleinen Gefährten nicht            Unsere Teams aus Mitarbeitern und Freiwilligen arbeiten hart. Wir müssen den Umfang
ausreissen. Auch die Wohngebäude,              dieser 312 Hektaren einzäunen, damit wir im Falle eines Waldbrandes eine Brandmauer
in denen wir unsere ehrenamtlichen              aufstellen sowie den Zustand des Zaunes überprüfen, beschädigte Pfosten und Drähte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf-          ersetzen können. Der zweite Schritt besteht darin, grosse Paddocks zu bauen, auf denen
nehmen können, müssen restauriert                   Pferde, die alt sind oder gesundheitliche Probleme haben, sicher leben können.
werden.

                    Pony Tornadito wegen
              eines Beinbruchs behindert.

                                                                                                                   Wir haben die Logistik des
                                                                                                                   Transfers so organisiert,
                                                                                                                   dass die Gruppen von
                                                                                                                   Pferden nach Familie und
                                                                                                                   Verwandtschaft aufgeteilt
                                                                                                                   sind; das bedeutet, dass
                                                                                                                   jedes Pferd mit seinen
                                                                                                                   engsten Freunden reist, mit
                                                                                                                   denen es immer zusammen-
                                                                                                                   lebt und zu denen es eine
                                                                                                                   enge Bindung gibt. Hier
                                                                                                                   Mutter und Kind: Silvina
                                                                                                                   und Soledad.

                                                                10
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                                                   links der Schwarstirntangare (Pipraeidea bonariensis) und rechts der Buntfalke (Falco sparverius).

HEGEN, PFLEGEN, SCHÜTZEN
   Auf den 312 Hektaren unseres neuen
  Landes leben zahlreiche einheimische
Tierarten, die im Wald ihre Heimat und ihre
Nahrung finden. Hier können sie geschützt
    vor menschlichen Eingriffen leben.
  Aus diesem Grund wird die Naturforscherin
   Ximena Merelle Dherve eine Weile bei uns
 bleiben und alle wildlebende Tier- und Pflan-
    zenarten katalogisieren. So können wir
     Programme entwickeln, um sie besser
  schützen. Ximena hat bereits begonnen, die
 Vögel des Ortes zu fotografieren, die uns mit
ihrer Schönheit und ihren Farben überraschen.                            11
IHR TESTAMENT
IHR TESTAMENT
FÜRFÜR TIER
    TIER UNDUND NATUR
             NATUR
Lassen Sie Lassen  Sie Ihren
           Ihren letzten     letzten
                         Willen       Willen für eine
                                 für eine
lebenswerte Welt lebenswerte
                  wirken!       Welt wirken!

                                                                                                                             —
                                                                                                                 Dies ist eine
                                                                                                            Legende Dies ist
                                                                                                          eine Legende Dies
Wünschen Sie über Ihr irdisches Leben hinaus Tiere und Natur zu schützen?                                   ist eine Legende
Dann bitten wir Sie, in Ihren letzten Verfügungen an die Fondation Franz                                         Dies ist eine
Weber zu denken.                                                                                                    Legende..
                                                                               FONDATION     FRANZ
                                                                               FONDATION FRANZ WEBER WEBER
Kontaktieren Sie uns telefonisch für eine vertrauliche und unverbindliche      Postfach
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                                                                                                      Bern
Beratung. Unsere Spezialistin, Lisbeth Jacquemard, unterstützt Sie gerne und   T +41 (0)21 964  24 24
                                                                                 +41 (0)21 964 24 24
freut sich auf Ihre Anfrage.                                                   ffw@ffw.ch
                                                                               ffw@ffw.ch| www.ffw.ch
                                                                                             | www.ffw.ch

                                                         12
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    Massen­tierhaltung
        abschaffen,
   um neue Pandemien zu
       verhindern !
      Mit ihrer hohen Zahl an Toten und Kranken                                                         heit ist, sondern auch ein ge-
                                                                                                        sellschaftlicher Skandal, der an
 verursacht die Covid-19-Pandemie schreckliches                                                         finsterste Zeiten erinnert.

 Leid. Und sie hat verheerende Auswirkungen auf                                                         MASSENTIERHALTUNG – EINE
                                                                                                        ENORME GEFAHR FÜR DIE
die Wirtschaft und das Sozialleben. Zudem bringt                                                        GESUNDHEIT!
                                                                                                        Anerkannte Spezialisten und
die Pandemie politische Auswüchse hervor. Doch                                                          Forscher sind sich darüber ei-
                                                                                                        nig, dass wir von jetzt an im
  zugleich macht sie das Offensichtliche deutlich:                                                      Zeitalter der Pandemien leben
                                                                                                        und dass ein Umdenken statt-
                   Unsere Gesellschaft kann ihren                                                       finden muss. Und zwar im Hin-
                                                                                                        blick auf unsere Ernährungs-
        unverantwortlichen und zerstörerischen                                                          gewohnheiten ebenso wie – ja,
                                                                                                        mehr noch – auf unsere Metho-
                Kurs nicht länger weiterverfolgen.                                                      den der Tierhaltung. «Le Monde
                                                                                                        diplomatique» zitierte vor Kur-
                                                                                                        zem Wantanee Kalpravidh, die
                       Es gilt nicht, die Welt von ges-             gen den Klimawandel und für         bei der Welternährungsorgani-
                       tern wiederaufzubauen, son-                  den Tierschutz eintreten». Und      sation (FAO) für Tiergesundheit
                       dern die Welt von morgen zu                  für den Tierschutz können wir       zuständig ist, um darzulegen,
                       definieren. Dafür sprechen sich              uns alle konkret stark machen,      dass die starke Konzentration
                       immer mehr Menschen aus, so                  zum Beispiel durch ein Ja zur       von Tieren mit geringer gene-
                       auch der Leiter der Weltgesund-              Volksinitiative, die die Abschaf-   tischer Diversität zusammen
                       heitsorganisation (WHO), der                 fung der Massentierhaltung in       mit dem massiven Einsatz von
                       vor Kurzem bekräftigte: «Die                 der Schweiz fordert. Monat für      Antibiotika eine enorme Gefahr
                       Coronavirus-Pandemie        wird             Monat kommen neue Beweise           für die Gesundheit darstellt.

          *
                       nicht die letzte gewesen sein,               hinzu, die die Stichhaltigkeit      Und da Viren nicht vor Grenzen
                       und alle Versuche, die Gesund-               des Initiativtextes untermau-       haltmachen, verbreiten sich
JEAN-CHARLES KOLLROS
                       heitssituation der Menschen zu               ern: Sie belegen, dass diese Form   Seuchen rasch über die ganze
       Journalist
                       verbessern, sind zum Scheitern               der Tierindustrie nicht nur eine    Welt. Dass Erzeugnisse aus der
         —             verurteilt, solange wir nicht ge-            ernste Gefahr für die Mensch-       Massentierhaltung meist für

                                                               13
TIER
                                                           SCHUT Z

den Export bestimmt sind, verschärft        jedoch offensichtlich nie stattgefunden       Und eine Wende zum Besseren ist
das Problem offenkundig noch.               hat. Ein Fakt, der all jene ins Grübeln    nicht in Sicht, wie die Politiker der Re-
                                            bringen sollte, die allzu rasch denken,    gion betonen: In den nächsten zehn
HORRORSZENARIO?                             dass Volksinitiativen nutzlos sind oder    Jahren werden 50 Prozent der Land-
NEIN, TRAURIGE REALITÄT                     zu viel Zwang ausüben.                     wirte in den Ruhestand treten. Damit
Ein Horrorszenario, werden Skeptiker                                                   wächst auch das Risiko, dass Frank-
aller Couleur nun sagen! Leider nein:       DIE BRETAGNE KEHRT DER                     reich noch stärker von ausländischer
Das äusserst seriöse Internationale         MASSENTIERHALTUNG DEN RÜCKEN               Produktion abhängig wird (beinahe die
Tierseuchenamt weist darauf hin, dass       Die Bretagne, die nicht gerade als         Hälfte des Geflügels wird importiert).
sich die Zahl der Seuchen in 15 Jah-        Heimstatt innovativer Utopisten gilt,
ren mehr als verdreifacht hat. Neben        verdient heute unsere besondere Auf-          André Sergent, Präsident der Land-
all den Gründen, die für die Annahme        merksamkeit: Die bretonischen Vieh-        wirtschaftskammer der Bretagne, plä-
der Initiative gegen Massentierhaltung      züchter wenden sich immer stärker von      diert daher für einen Paradigmenwech-
sprechen (Tierwohl, menschliche Ge-         der Massentierhaltung ab, und zwar aus     sel. So soll eine Strategie der Abkehr
sundheit, Lebensqualität, usw.) und         wirtschaftlichen Gründen ebenso wie        vom «Produktivismus zugunsten einer
die wir in unseren früheren Ausgaben        aus Respekt vor den Tieren. Ausschlag-     stärkeren Bindung an den Boden» den
des Journal Franz Weber bereits her-        gebend für diese neue Gesinnung war        Viehzüchtern ermöglichen, anders zu
ausgestellt haben, ist dies ein weiterer    der dramatische Rückgang der Betrie-       produzieren. Und dies gelingt ganz of-
schlagkräftiger Beweis dafür, dass die      be, was die Landwirtschaftskammer          fensichtlich nur durch einen schritt-
Initiative für die Erhaltung der Gesund-    der Region Bretagne dazu veranlasste,      weisen Ausstieg aus der Massentierhal-
heit und der Sicherheit unerlässlich ist.   schrittweise auf ein ethisch korrekteres   tung.
                                            und weniger produktivitätsorientiertes
DEUTSCHLAND STELLT SEINE                    Produktionsmodell umzustellen.             EIN WEITERER BEWEIS:
FLEISCHINDUSTRIE INFRAGE                                                               DIE NERZ-INDUSTRIE
Die Schweiz mag nicht das Land mit             Die Zahlen sprechen eine deutliche      Nerze stehen im Verdacht, zur Ver-
den schlimmsten Auswüchsen sein.            Sprache: Jedes Jahr gründen zwischen       breitung des Coronavirus beizutragen
Dennoch kann sie sich nicht mit ei-         600 und 700 Junglandwirte in der Bre-      und Wirte für Mutationen des Virus zu
nem System zufriedengeben, welches          tagne einen Viehzuchtbetrieb. Im sel-      sein. Damit liefern auch sie uns einen
das Tierwohl mit Füssen tritt und die       ben Zeitraum werden 2 000 Betriebe         indirekten, tragischen und morbiden
Gesundheit der Menschen gefährdet.          aufgegeben, weil Landwirte in den Ru-      Beweis für die Gefahren der indust-
Tatsächlich begreifen einige Länder         hestand gehen oder sich beruflich neu      riellen Tierhaltung – aller Formen der
allmählich, dass das Inakzeptable           orientieren. Ein häufiger Grund für die    industriellen Tierhaltung. Sie werden
nicht länger akzeptiert werden kann.        Betriebsaufgabe ist auch soziale Un-       nun massenhaft niedergemetzelt und
Deutschland etwa ist gerade dabei, die      sicherheit, wenn die Absatzmöglich-        geschlachtet und entrichten so der
Zustände in seiner Fleischindustrie zu      keiten zu gering und die Einkünfte zu      menschlichen Dummheit einen trau-
verbessern. Mehrere Schlachthöfe in         niedrig sind.                              rigen Tribut. Denn eigentlich sollte es
unserem Nachbarland mussten den
Betrieb einstellen, da die Coronazah-
len dort explodierten. Die Lage war so
ernst, dass eine grundlegende Reform
eingeleitet wurde, wie sie der deutsche
Arbeitsminister Hubertus Heil öffent-
lich gefordert hatte: «Ein Wirtschafts-
modell, das auf Ausbeutung und der
Verbreitung von Epidemien basiert,
darf nicht toleriert werden».

  Nebenbei bemerkt, hatte die Bran-
che jahrelang ihre Bereitschaft zur
Selbstregulierung bekräftigt, welche

                                                              14
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der gesunde Menschenverstand gebie-        durch Tierleid verursachten Krankhei-                    tuell befinden, zur Genüge, dass die
ten, nicht den Tieren die Schuld zu ge-    ten kommen die Gesellschaft teuer zu                     demokratische Volksinitiative nicht
ben, sondern ihren Haltungsbedingun-       stehen. Weltweit lösen jährlich etwa 56                  nur dem legitimen Tierwohl zugute-
gen, die so aussehen, dass Tausende        Zoonosen bei 2,5 Milliarden Menschen                     kommt, sondern auch der Gesellschaft
oder gar Zehntausende Nerze zusam-         Krankheiten aus, die für 2,7 Millionen                   im Allgemeinen. Denn nur so können
mengepfercht sind.                         von ihnen tödlich enden. Die WTO                         wir verhindern, dass die Lebensfreude
                                           schätzt den Verlust pro Jahr auf 300                     nach und nach einer alltäglichen Höl-
   Vielleicht hat der Mensch geglaubt,     Milliarden Dollar.                                       le, gesellschaftlichem Widerstand und
mit der Stigmatisierung der Nerze eine        Es gibt also wichtige Gründe für die                  ständiger Angst weicht.
Lösung gefunden zu haben. Doch, wie        Abschaffung der Massentierhaltung in                        All das müssen wir uns bewusst ma-
unsere Kolleginnen und Kollegen von        der Schweiz – ebenso wie in anderen                      chen, wenn die Zeit gekommen ist, an
«Le Courrier» erst vor Kurzem in einem     Ländern, wenn wir verhindern wol-                        der Wahlurne mit einem JA der Hoff-
exzellenten Dossier herausgestellt ha-     len, dass sich die Tierquälerei einfach                  nung zu stimmen. Schon jetzt ist es
ben, hat er damit nur ein echtes Prob-     ins Ausland verlagert und rechtschaf-                    wichtig, Familie, Freunde und Bekann-
lem in den Fokus gerückt: Nerzfarmen,      fene Schweizer Landwirte das Nach-                       te davon zu überzeugen, dass wirklich
vor allem die grössten unter ihnen,        sehen haben. Darüber hinaus beweist                      dringend gehandelt werden muss.
sind erwiesenermassen Brutstätten          die schlimme Lage, in der wir uns ak-
für Mikro-Organismen, von denen ein
extrem hohes Gesundheitsrisiko aus-
geht. Schlimmer noch: Die meisten der
betroffenen Länder verharrten mona-
                                            DIE BASKISCHE ENTE LEISTET WIDERSTAND
telang in einer Verweigerungshaltung           Es war einmal eine Handvoll unbeugsamer Viehzüchter. Wie die Gallier in «Asterix und
und spielten die Gefahr herunter, um          Obelix», so leisten auch die Produzenten der schwarzen Enten «Kriaxera» des französi-
die – an sich schon skandalöse – Pelzin-     schen Baskenlandes Widerstand. Sie leisten Widerstand, indem sie sich zum Fortbestand
dustrie zu schützen. Und auch hier ist       einer traditionellen Rasse und einer traditionellen Form der Tierhaltung ohne «genetische
es nicht übertrieben zu betonen, dass           Basteleien» bekennen. In einer Welt, in der die Massenproduktion oberstes Gebot ist,
solche Massentierhaltungsbetriebe mit          schwimmen sie gegen den Strom. Wurden diese Tierhalter bisher als Wesen von einem
den für sie typischen Problemen – Kon-        anderen Stern betrachtet – es gibt nur etwa ein Dutzend Kriaxera-Farmen – rücken sie
zentration der Tiere auf engem Raum,         nun unerwartet in den Fokus. Grund dafür ist die derzeit explosionsartige Ausbreitung der
Stress, Verletzungen und genetische            Vogelgrippe in Südfrankreich, die einmal mehr für Millionen von Enten das Todesurteil
Verwandtschaft – veritable Massenver-          bedeutet – als «gesundheitliche Vorsichtsmassnahme». Und da die Kriaxera offenbar
nichtungswaffen sind, die uns alle be-       von der Vogelgrippe verschont bleiben, werden die Bestände ihrer Züchter wahrscheinlich
drohen.                                                   als einzige in Frankreich der willkürlichen Schlachtung entgehen!

MASSENTIERHALTUNG VON                              Eine Studie über die Kriaxera soll nun herausfinden, ob sie ihre Immunität einem
GÄNSEN UND ENTEN: WIR HABEN                   besonderen Gen oder ihren Haltungsbedingungen verdanken. Tatsächlich werden diese
ALLEN GRUND ZUR SORGE!                        hübschen Schwimmvögel auf einzigartige Weise gezüchtet: Wie früher wachsen sie in
Bislang ist die Vogelgrippe nicht auf          kleinen Gruppen im Gebirge heran. Auf den Entenfarmen werden maximal 2 000 Tiere
den Menschen übertragbar. Dennoch               gehalten, während es in den Tierhaltungsbetrieben im übrigen Frankreich manchmal
ist auch sie für die Probleme im Zusam-       mehr als 20 000 Enten sind; und die werden später als auf anderen Farmen geschlach-
menhang mit der Massentierhaltung             tet. «Wenn die Immunität mit den Haltungsbedingungen zusammenhängt, könnte dies
höchst aufschlussreich. Als im Herbst         die gesamte Branche veranlassen, ihr Wirtschaftsmodell in Frage zu stellen», erläutert
2020 in 46 französischen Departe-            Isabelle Pargade, Bürgermeisterin von Hasparren, Pays Basque. «Die Massentierhaltung
ments – darunter vier nahe der Schwei-       wirbelt auf fatale Weise das Erbgut durcheinander, stresst das Tier und schwächt so sein
zer Grenze – eine Warnung vor der Vo-          Immunsystem», bekräftigt ein Viehzüchter in einem Interview mit der Libération. Die
gelgrippe ausgegeben wurde, wurden           Studie wird uns Gewissheit bringen, doch eines ist schon jetzt sicher: Unter dem dunklen
wiederum mehr als eine Million Gänse         Gefieder der Kriaxera leuchtet ein Schimmer der Hoffnung hervor – auf eine Rückkehr zu
und Enten getötet. Denn über 300 Mas-                   ethischeren, regionaleren und vernünftigeren Arten der Tierhaltung.
sentierhaltungs-Betriebe im Land wa-                                            AMBRE SANCHEZ
ren von der Infektion betroffen. Diese

                                                                     15
TIER
                                                                SCHUT Z

Millionen
Tiere verlieren
ihr Leben
für Impfstoffe
  Die fieberhafte Suche nach einem Heilmittel gegen
Covid 19 bezahlen viele Tiere mit ihrem Leben. Einige von
ihnen werden wir dadurch nahezu ausrotten. Angefangen
 bei Mäusen und Affen bis hin zu Pfeilschwanzkrebsen
  und Haien werden Millionen Tiere zur Gewinnung von
   Arzneimitteln sowie für Experimente gequält und
  getötet. In der Hoffnung, auf diese Weise wirksame
       Impfstoffe gegen die Pandemie zu finden.

                                   *
                           ADAM CRUISE
                            Journalist & Autor
                                   –

    Die Leber zahlreicher Haiarten enthält       Millionen Haie auf der ganzen Welt ge-    erst nach zehn Jahren geschlechtsreif – und
    ein spezielles Öl, das es den Tieren er-     fangen, um ihr Squalen zu gewinnen.1      nur wenige Junge bekommen.2
    möglicht, den Druck in der Tiefsee zu           Ein Drittel aller Haiarten ist vom        Ausserdem könnte der Verlust der wichtigs-
    überleben. Haifisch- Leberöl – auch          Aussterben bedroht. Es ist zu befürch-    ten Meeresräuber katastrophale Folgen für die
    Squalen genannt – ist eine fetthaltige       ten, dass die gestiegene Nachfrage nach   gesamte Meeresumwelt haben, da Haie diese
    Substanz, die für den lebenswichtigen        Squalen für Impfstoffe sie noch stärker   Ökosysteme intakt halten. Sterben die Spitzen-
    Auftrieb dieser vom Aussterben be-           gefährden könnte. Fischer machen ge-      prädatoren der Meere aus, so wird das gesamte
    drohten Arten sorgt. Leider ist Squalen      zielt Jagd auf Tiefseearten, welche die   Tiefsee-Ökosystem darunter leiden.
    auch ein Wirkstoffverstärker (Adjuvans)      grössten Lebern und damit die höchste
    in Impfstoffen, der das Immunsystem          Konzentration des Öls besitzen. Doch      PFEILSCHWANZKREBSE FÜR MEDIKAMENTE
    stärkt und die Wirksamkeit der Vakzi-        bei diesen Haien ist die Gefahr der       Die meisten Pharmaunternehmen setzen auf
    ne erhöht. Laut «National Geographic»        Überfischung besonders hoch, da sie       Pfeilschwanzkrebse, um Medikamente für
    werden jedes Jahr mindestens drei            langsam heranwachsen. Einige werden       den Menschen sicher zu machen.

                                                                   16
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     Sammler fangen Pfeilschwanz­
     krebse, wenn sie zum Brüten an
        Land kriechen. Sie werden in
       Labors gebracht und dort mit
einer Kanüle am Herzen angepiekst,
     um etwa ein Drittel ihres Blutes
    abzuzapfen. Wie schmerzvoll die
Prozedur ist, kann man nur erahnen.
 Gestresst und geschwächt werden
sie wieder frei gelassen. 30 Prozent
                     überleben nicht.

                                                                17
TIER
                                                           SCHUT Z

   Pfeilschwanzkrebse sind keine ech-       Jagd auf Pfeilschwanzkrebse zweifel-       und andere körperliche Eigenschaften
ten Krebse, sondern näher mit den           los so intensiv betrieben werden, dass     haben als wir. Viele vertreten die Auf-
Arachniden, wie etwa Spinnen, ver-          den Tieren die weltweite Ausrottung        fassung, dass Tierversuche die Ent-
wandt. Ihr leuchtend blaues Blut ent-       droht. Auch die Zerstörung der mari-       wicklung von Arzneimitteln für den
hält einen wichtigen Extrakt, der aus-      nen Küstenökosysteme dürfte dadurch        Menschen verzögern.7
serordentlich empfindlich auf giftige       ein nie gekanntes Ausmass erreichen.
Bakterien reagiert. Trifft dieser Extrakt   Ebenso wie Haie leisten diese Krebse       NICHT-TIERISCHE ALTERNATIVEN
auf eindringende Bakterien, so gerinnt      einen massgeblichen Beitrag zum Er-        Doch es existieren zahlreiche wirksa-
er um sie herum und schützt den rest-       halt anderer Tierarten in ihrer Umge-      me, weniger kosten- und zeitaufwändig
lichen Körper des Pfeilschwanzkrebses       bung. So erklärt die IUCN: «Der Pfeil-     herstellbare, nicht-tierische Produkte,
vor Giften. Forscherinnen und For-          schwanzkrebs ist ein entscheidendes        die für Covid-19-Vakzine verwendet
scher haben mithilfe dieser Blutzellen      Bindeglied in der biologischen Vielfalt    werden könnten. Squalen etwa kommt
einen Test entwickelt, mit dem neue         der Küsten. Eine seiner ökologischen       nicht nur in Haien vor. Auch Pflanzen,
Impfstoffe auf Verunreinigungen ge-         Funktionen besteht darin, Millionen        wie Zuckerrohr, Oliven, Amaranthsa-
prüft werden können. Diese Technik          Eier auf den Stränden abzulegen, die       men und Reiskleie enthalten den In-
wird seitdem weltweit eingesetzt, um        Küstenvögeln, Fischen und anderen          haltsstoff.8
die Ausgabe von Impfstoffen zu ver-         Wildtieren als Nahrung dienen. Seine          Dasselbe gilt für Pfeilschwanzkreb-
hindern, die für den Menschen schäd-        grosse, harte Schale bildet ein Mikro-     se. Wie aus einem Artikel von Wissen-
liche und potenziell krankmachende          habitat für zahlreiche andere Arten,       schaftlern des Natural History Muse-
Bakterien enthalten. Pharmaunterneh-        wie Schwämme, Mangrovenkrabben,            um in London hervorgeht, erkannten
men fangen in den USA alljährlich eine      Muscheln und Schnecken.» Ohne Pfeil-
halbe Million Pfeilschwanzkrebse ein,       schwanzkrebse werden die Meeresküs-
zapfen ihnen bei lebendigem Leib            tenökosysteme kollabieren.5
                                                                                        1
                                                                                           Meneguzzi, J. (13. November 2020) Why covid-
Blut ab, um Impfstoffe überprüfen zu                                                        19 vaccine could further endanger deep-sea sharks
können, und werfen sie anschliessend        VERSUCHSTIERE                                   National Geographic
ins Meer zurück – woraufhin viele von       Hunderttausende Mäuse, Affen, Frett-
                                                                                        2
                                                                                             Ibid.
ihnen sterben. Diese Praxis hat in den      chen, Hamster, Katzen, Kaninchen und
                                                                                        3
                                                                                               Pavid, K. (3. Dezember 2020) Horseshoe crab
letzten Jahrzehnten zu einem dramati-       Schweine werden aktuell als Versuchs-               blood: the miracle vaccine ingredient that's saved
schen Rückgang der Art geführt.3            tiere verwendet, um die möglichen                   millions of lives Natural History Museum
                                            Auswirkungen eines Impfstoffs oder
                                                                                        4
                                                                                             Ibid.
VIELE TIERE SIND AUSGESTORBEN               einer Behandlung gegen Covid-19 auf
                                                                                        5
                                                                                              Ibid.
2019 forderten die Weltnaturschutz-         den menschlichen Körper zu prognos-
                                                                                        6
                                                                                                Saunders, S. 7 things you need to know about
union (IUCN) und andere Umwelt-             tizieren. Die Tiere werden absichtlich               experiments on animals and covid-19 People for the
schutzorganisationen auf der ganzen         mit Covid-19 infiziert und die Auswir-               Ethical Treatment of Animals (PETA)
Welt strengere Regeln zum Schutz von        kungen analysiert. Die meisten von ih-
                                                                                        7
                                                                                            Prater, D. (9. April 2020) Scientists Worldwide Work
Pfeilschwanzkrebsen, mehr wissen-           nen sterben oder müssen aufgrund der             to Fight COVID-19 Without Hurting Animals People for
schaftliche Forschung und einen bes-        Ansteckungsgefahr, die von ihnen aus-            the Ethical Treatment of Animals (PETA
seren Schutz des Küstenlebensraums          geht, getötet werden. Einigen Tieren,
                                                                                        8
                                                                                                Meneguzzi, J. (13. November 2020) Why covid-19
der Tiere. Zahlreiche Arten gelten als      wie zum Beispiel Affen, werden das Ge-               vaccine could further endanger deep-sea sharks
gefährdet, sind in Taiwan bereits aus-      hirn, die Lunge und anderes Gewebe                   National Geographic
gestorben und könnten auch in Hong-         entnommen, die als Teil der Impfstoffe
                                                                                        9
                                                                                                Pavid, K. (3. Dezember 2020) Horseshoe crab
kong und anderen Regionen Asiens            dienen sollen.6                                      blood: the miracle vaccine ingredient that's saved
bald aussterben.4                                                                                millions of lives Natural History Museum
                                               Diese Tierversuche sind zeitraubend
                                                                                        10
                                                                                                  Arnold, C. (2. Juli 2020) Horseshoe crab blood is
  Und das war noch vor Covid-19.            und kostspielig. Zudem sind zahlrei-                   key to making a COVID-19 vaccine—but the ecosystem
Pfeilschwanzkrebse werden seit den          che Wissenschaftlerinnen und Wissen-                   may suffer National Geographic
1970er Jahren gejagt, um ihnen Blut         schaftler der Ansicht, dass die Ergeb-
                                                                                        11
                                                                                                 Galster, S. (24. Februar 2021) Wuhan is our wake-
abzuzapfen. Nun, da die Pandemie            nisse dieser Versuche nicht eins zu eins              up call, we must stop the commercial trade in wild
ausgebrochen ist und Milliarden Men-        auf den Menschen übertragbar sind,                    animals to prevent further pandemics The Indepen-
schen Impfstoffe benötigen, wird die        da die Tiere andere Immunsysteme                      dent

                                                              18
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         Laut IUCN ist «Der Pfeilschwanzkrebs ein entscheidendes Bindeglied in der biologischen Vielfalt der Küsten. Eine seiner ökologischen
    Funktionen besteht darin, Millionen Eier auf den Stränden abzulegen, die Küstenvögeln, Fischen und anderen Wildtieren als Nahrung dienen.
             Seine grosse, harte Schale bildet ein Mikrohabitat für zahlreiche andere Arten, wie Schwämme, Mangrovenkrabben, Muscheln und
                                                       Schnecken.» Ohne Pfeilschwanzkrebse werden die Meeresküstenökosysteme kollabieren.

Biologen der Universität von Singapur          unternehmen machen allerdings wenig                          Während die Welt krampfhaft
in den späten 1990er Jahren, dass sich         Gebrauch von synthetischen Inhalts-                       versucht, mithilfe von Tieren eine
durch Klonen eines im Blut der Krebse          stoffen und alternativen Tests. Und so                    Behandlung der gesundheitlichen
enthaltenen Moleküls eine syntheti-            werden Wild- und Labortiere weiterhin                     und wirtschaftlichen Symptome der
sche Alternative im Labor herstellen           millionenfach getötet werden.10                           Coronavirus-Pandemie zu finden, ver-
lässt. Einige Regierungen, darunter die                                                                  nachlässigt sie die eigentliche Ursa-
japanische und die chinesische, haben          DIE URSACHE BEKÄMPFEN                                     che des grossen Problems. Wenn wir
diesen synthetischen Tests die Zulas-          Natürlich besteht der beste Umgang                        verhindern wollen, dass erneut eine
sung erteilt. Wahrscheinlich werden            mit einer Pandemie darin, dafür zu sor-                   Covid-19-ähnliche Pandemie aus-
für einen neuen, in Grossbritannien            gen, dass sie gar nicht erst ausbricht.                   bricht, müssen wir unseren derzeiti-
hergestellten Covid-19-Test ebenfalls          Die meisten Pandemien, darunter auch                      gen Umgang mit Tieren knallhart über-
synthetische Inhaltsstoffe verwendet           Covid-19, wurden dadurch ausgelöst,                       denken. Dazu gehört auch, dass wir
werden, die auch von der Europäischen          weil Menschen Tiere essen und züch-                       die Eroberung und Ausbeutung ihrer
Union zugelassen sind. Pfizer gab an,          ten. Beinahe alle Ausbrüche von Zoo-                      Lebensräume, den Fang, den Handel
für die Herstellung seines Vakzins kein        nosen in den letzten 120 Jahren gehen                     mit und die Zucht von Tieren, Tierver-
Krebsblut zu verwenden.9                       direkt auf die ausbeuterische Nutzung                     suche und unseren Konsum von Tie-
   Die meisten Länder, wie etwa die USA,       und den Konsum von Tieren und tieri-                      ren und tierischen Produkten massiv
sowie die Mehrheit der grossen Pharma-         schen Produkten zurück.11                                 zurückfahren.

                                                                          19
TIER
                                                          SCHUT Z

              Stierkampf in
                 Ecuador
                                   Der Volkswille hat in Ecuador den Stier­-
                                   kampf durch ein Referendum abgeschafft.
                                   Die im Andenland wirtschaftlich und
                                   politisch sehr einflussreiche Stierkampf­
                                   lobby hat jedoch beim Verfassungsgericht
               *
     RUTH TOLEDANO                 eine Beschwerde eingereicht, um das Verbot
 Schriftstellerin & Journalistin
              —
                                   dieser grausamen Spektakel zu kippen.

Die Zukunft des Stierkamps in Ecuador      über die Rechtmässigkeit des Stier-       Strategien angewandt hat, um das Ver-
ist eine Schachpartie, die noch nicht zu   kampfs forderten. Im Mai 2011 wurde       bot aufrechtzuerhalten. Ihre Gegne-
Ende ist. Auf dem Spielbrett, auf dem      dieses Referendum abgehalten. Dabei       rin am Spielbrett ist eine in Ecuador
diese Partie zwischen einer grausamen      siegte die Position der Stierkampfgeg-    äusserst mächtige und einflussreiche
Vergangenheit und einer friedlichen        ner in beinahe allen Kantonen über        Lobby. Der letzte Schachzug der Stier-
Zukunft immer noch ausgetragen wird,       die der Stierkampfanhänger, auch in       kampflobby bestand darin, die Debatte
hat sich die Fondation Franz Weber         der Hauptstadt Quito, wo regelmässig      vor das Verfassungsgericht zu bringen.
mit ihrem Beitrag zur Abschaffung          das wichtigste Stierkamkpffest Latein­
des Stierkampfs als ernstzunehmende        amerikas gefeiert wurde, die «Feria de       Im September 2020 liess das ecuado-
Spielerin positioniert. Bis zum Urteils-   Jesús del Gran Poder».                    rianische Verfassungsgericht eine Ver-
spruch ist die Partie in der Schwebe.                                                fassungsbeschwerde zu, die der Ver-
                                           DER SCHACHZUG                             band der professionellen Toreros von
  Im Jahr 2010 war die Fondation           DER STIERKAMPFLOBBY                       Ecuador eingereicht hatte. Ziel war es,
Franz Weber (FFW) federführend bei         Seitdem hat unsere Stiftung Hand in       die Verfassungsmässigkeit der Volks-
der internationalen Unterstützung der      Hand mit den Organisationen vor Ort       befragung von 2011 über das Verbot
Tier- und Umweltschutzorganisatio-         eine regelrechte Schachpartie gespielt,   von Stierspektakeln in Frage zu stellen,
nen Ecuadors, welche ein Referendum        wobei sie rechtliche und politische       bei denen es darum geht, die Tiere zu

                                                             20
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töten. Mit diesem Schachzug erhoff-        Gesetzgeber stellt, insbesondere wenn                     Leid, die Misshandlung, den Tod oder
ten sich die Toreros eine Annullierung     es sich um Tiere handelt, die bei Veran-                  einen Angriff auf das Wohlergehen von
des Ergebnisses, das den Stadtrat von      staltungen, Ausstellungen und Spielen                     Tieren impliziert, sowie jede andere Art
Quito dazu bewogen hatte, mehrere          eingesetzt werden. Ferner legte sie dar,                  von Spektakel, bei denen Kämpfe zwi-
Verordnungen zur Abschaffung des           wie sich eine Kultur des Tierschutzes                     schen Tieren oder zwischen Tieren und
Stierkampfs zu verabschieden, sowie        im Gegensatz zu einer Kultur der Tier-                    Menschen stattfinden, ist ausdrücklich
die Annullierung des Stierkampfspek-       quälerei manifestiert, eine Kultur des                    verboten».
takels.                                    Friedens anstelle einer Kultur der Ge-
   Die Stierkampfanhänger brachten         walt. Sie ging auf die Interessen ein, die                BEVÖLKERUNG SAGT NEIN
etliche Argumente aufs Schachbrett,        bei einem Verbot des Einsatzes von Tie-                   ZUR TIERQUÄRELEI
um die Verfassungsmässigkeits-Staktik      ren und der Abschaffung bestimmter                        Zweifellos stellt dieses neue Verbot in
auszuspielen, die ihnen ermöglichen        Aktivitäten auf dem Spiel stehen und                      Quito, das nicht nur für Stierkämpfe,
sollte, weiterhin Tiere zu quälen und      zeigte auf, dass der Stierkampf mit dem                   sondern auch für zahlreiche andere
zu töten: Sie führten einen Verstoss       Schutz von Kindern und Jugendlichen                       Praktiken der Tierquälerei, wie etwa
gegen das in der Verfassung verankerte     ebenso wenig vereinbar ist wie mit ih-                    Hahnenkämpfe, gilt, einen gross-
Gleichheitsrecht an sowie die Diskrimi-    rem Recht, nicht Formen der Gewalt                        artigen Sieg dar und sendet eine klare
nierung ihrer kulturellen Identität; sie   ausgesetzt zu werden, die durch inter-                    Botschaft an das Verfassungsgericht,
beschuldigten den ecuadorianischen         nationale Verträge, wie die UNESCO-                       die da lautet: Schach! Oder anders ge-
Staat, seine Verpflichtung zum Erhalt      Konvention zur Erhaltung des immate-                      sagt: Die ecuadorianische Bevölkerung
der kulturellen Diversität zu verletzen;   riellen Kulturerbes, geschützt sind.                      sagt Nein zur Tierquälerei zu Unter-
sie beriefen sich auf die Meinungsfrei-       Unsere Anwältin veranschaulichte                       haltungszwecken. Und sollte das Ge-
heit. Verfassungsgerichte in anderen       ihre Intervention, indem sie die Erklä-                   richt ein Urteil fällen, das dem Willen
Ländern, so führten sie an, hätten den     rung des Stierkampfs zum Kulturerbe                       des Volkes widerspricht, würde es die
Stierkampf unter Schutz gestellt.          in Spanien anführte, die Abschaffung                      Rückkehr der – von der Mehrheit ab-
                                           des Stierkampfs in Katalonien und das                     gelehnten – Gewalt gegen Stiere in den
ARGUMENTE FÜR DIE                          darauffolgende Urteil des Verfassungs-                    Kantonen ermöglichen, in denen noch
STIERKAMPF-ABSCHAFFUNG                     gerichts, das allerdings keine Auswir-                    keine Regelung existiert.
Am 17. Dezember 2020 fand die öffent-      kungen hatte, da der Stierkampf nicht                        Noch wissen wir nicht, wie diese Par-
liche Anhörung des Falles online statt.    nach Katalonien zurückgekehrt ist.                        tie ausgeht. Die Fondation Franz Weber
Anna Mulà, Rechtsanwältin der Fon-            Nachdem nun die Argumente für                          hält jedoch an ihrer Linie fest, weiter-
dation Franz Weber, erschien vor dem       und gegen die Klage vorgelegt wor-                        hin ihre Strategien anzuwenden und
ecuadorianischen Verfassungsgericht        den sind, ist das Verfassungsgericht in                   ihre besten Taktiken auf dem Spiel-
als amicus curiae, also als eine Person,   die Beratungsphase eingetreten. Der                       brett einzusetzen, damit die Kultur der
die rechtlich vorgesehen ist, um ihre      Rechtsstreit ist noch nicht entschie-                     Gewalt und des Todes in dem Anden-
fachliche Meinung beizusteuern und         den.                                                      land nicht wieder auflebt. Wir werden
mit dem Gericht zusammenzuarbei-                                                                     die Partie, die wir im Namen des Tier-
ten. Zweck ihres Auftritts vor Gericht,    NEUER SCHACHZUG                                           schutzes spielen, nicht aufgeben. Denn
der umfänglich aufgezeichnet wurde,        DER STIERKAMPFGEGNER                                      wie wir von Dr. Siegbert Tarrasch, ei-
war es, die Kriterien darzulegen, die      Die Rochade der mächtigen ecuado-                         nem eingefleischten Schachspieler ge-
für eine Abweisung der von den Stier-      rianischen Stierkampflobby, die sich                      lernt haben: «Der beste Zug im Schach,
kampfanhängern geltend gemachte            hinter der Justiz verstecken wollte,                      wie im Leben, ist stets – der gemachte».
Verfassungswidrigkeit sprechen.            um weiterhin Gewalt gegen die Tiere
   Die Argumente, die Mulà für die         ausüben zu dürfen, konnte einen neu-
Abschaffung des Stierkampfs präsen-        en Schachzug der Stierkampfgegner
tierte, basieren auf Ethik und einer       jedoch nicht verhindern. Nur wenige
fortschrittlichen    Rechtsauffassung:     Tage später veröffentlichte der Stadtrat
Sie wies auf die Entwicklung des Tier-     von Quito eine Verordnung, die Spekta-
schutzes aus rechtlicher Sicht hin so-     kel mit Tieren untersagt: «Jede Art von
wie auf die neuen Herausforderungen,       öffentlichem oder privatem Spektakel
die der Rechtsstatus der Tiere an den      im Stadtgebiet von Quito, welches das

                                                                      21
TIER
                            SCHUT Z

Der Zoo Zürich will uns
 weismachen, dass ein
        Elefantenbaby
     eines natürlichen
  Todes gestorben ist !
                   Im August 2020 brachte die Elefantenkuh
                   Omysha im Zoo Zürich ihr erstes Elefanten­baby
                   zur Welt. Anschliessend trampelten die ande-
                   ren Elefanten des Geheges das Neugeborenes
       *           – kurz nachdem es das Licht der Welt erblickt
 ANNA ZANGGER
  Rechtsanwältin   hatte – zu Tode. Der Vorfall zog eine interne
       —
                   Untersuchung im Zoo nach sich, deren
                   Ergebnis vor Kurzem veröffentlicht wurde:
                   Den Zoo­betreibern zufolge handelte es sich um
                   ein vollkommen «natürliches» Verhalten der
                   Elefantenherde. Nach Ansicht der Fondation
                   Franz Weber, die sich dabei auf die Schluss-
                   folgerungen eines Experten für die Biologie der
                   Elefanten stützt, ist das nicht wahr!
                              22
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