JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
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u n a b h ä n g i g — u n e r s c h r o c ke n — ko m p e t e n t JOUR NA L FRANZ WEBER Apr i l | M a i | Ju n i 2 02 0 | Nr. 1 32 JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN f f w. c h
INHALT Editorial 3 En Bref 4–5 Lasst die Rehe auf dem Friedhof am Hörnli leben 6–8 Keine BLS-Werkstatt im Chliforst der Stadt Bern9 — Die Rütihard – Landschaftsperle vor Basels Toren 10 – 13 Die Kampagne der Fondation Franz Weber vereint Einschätzungen von Experten: Nur die bewusste Creux-du-Van – ein Paradies sucht seine Ruhe 14 – 15 Umstellung unseres Tierkonsums wird uns vor Nationalplan für die Natur 17 – 19 künftigen Pandemien bewahren. Die Menschen Schluss mit den schlechten Angewohnheiten 20 – 21 müssen mehr pflanzliche Proteine und weniger tierisches Eiweiss zu sich zu nehmen. Nur so Zusätzliche Gründe gegen die Massentierhaltung22 können und werden wir Erfolg haben! Seite 23 #WeilWirTiereEssen – FFW-Kampagne für bewussten Tierkonsum 23 – 26 Alarm auf Equidad – Der Gnadenhof muss umziehen 27– 29 Elefantendame Mara – ihr langer Weg in die Freiheit 30 – 33 Galapagos: Hilfe für das bedrohte Paradies 34 – 37 FFW schafft Institut für öffentliche Tierschutzpolitik 38 – 39 Corona-Virus zeigt wahres Gesicht der Stierkampf-Industrie 40 – 41 Kommt nach dem Nein zum Ozeanium das Aus fürs Aquatis? 42 – 43 — Giessbach – ein Stück Heimat unterstützen und bewahren 44 – 47 In Argentinien setzt sich das FFW-Team unermüdlich dafür ein, die Elefanten aus den Zoos Lateinamerikas zu befreien und ihnen ein Leben in Freiheit auf einem Reservat im Mato IMPRESSUM Grosso, in Brasilien, zu ermöglichen. Nun konnte EINE PUBLIKATION DER FONDATION FRANZ WEBER endlich die 50 Jahre alte Elefantendame Mara CHEFREDAKTION: Vera Weber und Matthias Mast auf dem Reservat einziehen. Seite 30 REDAKTION: Matthias Mast, Julia Fischer, Vera Weber, ERSCHEINT 4 x im Jahr KONZEPT: KARGO Kommunikation GMBH LAYOUT: Gianpaolo Burlon DRUCK: Swissprinters AG ABONNEMENTE: Journal Franz Weber, Abo, Postfach 257, 3000 Bern 13, Schweiz T: +41 (0)21 964 24 24 | E-Mail: ffw@ffw.ch | www.ffw.ch | | Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Fotos oder Texten nur mit Genehmigung der Redaktion. — Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Fotos kann keine Verantwortung Der Giessbachfall in der einmaligen Parklandschaft übernommen werden. hoch über dem Brienzersee bildet eine Welt für sich. Doch der Erhalt dieses einzigartigen Stücks Schweizer Heimat hat seinen Preis: Jedes Jahr werden grosse Geldbeträge für die Pflege sowie für dringende Sanierungs- und Sicherungsmass SPENDENKONTO: Postkonto Nr. 18-6117-3, Fondation Franz Weber, 3000 Bern 13 nahmen benötigt, welche die Einnahmen des florie- IBAN: CH31 0900 0000 1800 6117 3 renden Hotelbetriebs weit übersteigen. Seite 44 2
EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser ● D as zerstörerische Konzept des Bauwahns verlieren wir seit Jahren jede Wachstums «um jeden Preis» gehört Sekunde einen Quadratmeter Acker- abgeschafft. Eine neue wirtschaftspoli- fläche. Fakt ist: Es besteht ein klarer VERA WEBER tische Strategie muss entwickelt werden, Zusammenhang zwischen der Anzahl Präsidentin Fondation Franz Weber die dem Art.2 unserer Bundesverfassung von Menschen pro Quadratkilometer wirklich Rechnung trägt: Eine gerechte und dem Druck auf die Umwelt. und friedliche internationale Ordnung Das Bundesamt für Statistik prognos- Das Corona-Virus brachte das gesell- und dauerhafte Erhaltung der natür- tiziert für das Jahr 2050 eine Einwohner- schaftliche und wirtschaftliche Leben lichen Lebensgrundlagen zu sichern. zahl von 10,4 Millionen in der Schweiz. beinahe weltweit zum Stillstand. Zeit- ● Die Volksinitiative «Keine Massentier Das bedeutet: 250 Menschen müssten gleich sanken die Verschmutzung von haltung in der Schweiz» muss der Bun- dann auf einem Quadratkilometer zu- Luft und Wasser während der Zeit des desrat ohne Wenn und Aber zur An sammenleben – berücksichtigt man, sogenannten «Lockdown» drastisch. nahme empfehlen. dass die Berge unbewohnbar sind, wären Plötzlich schwimmen wieder Fische in ● Flugbenzin muss wie alle anderen fos- es gar 370 Menschen pro Quadratkilo- den Kanälen Venedigs, und im Hafen von silen Brennstoffe besteuert werden. Die meter. Diese singapur-ähnliche Schweiz Genua zeigten sich Delfine. Diese Nach- Forderungen der Gletscher-Initiative ginge mit der endgültigen Vernichtung richten sollten uns sehr erfreuen! müssen umgesetzt werden. der Biodiversität im Land einher. Dem Nach Jahren des Leids hat sich die ● Die Trinkwasserinitiative und die Ini- werden die mageren Bauverdichtungs- Lebensqualität unserer Mitlebewesen tiative für eine Schweiz ohne synthe- programme sicherlich nicht abhelfen… endlich ein wenig verbessert. Doch der tische Pestizide darf der Bundesrat nicht Das Problem ist nicht auf die Schweiz Lockdown hat – wie viele medizinische bekämpfen. beschränkt – es existiert weltweit. Kon- Interventionen – erhebliche Nebenwir- ● Die Konzern-Verantwortungs-Initia- flikte zwischen Mensch und Tier wer- kungen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit tive soll vom Bundesrat bedingungslos den immer häufiger – man denke dabei wird die weltweite Rezession die Nöte unterstützt werden, weil sie die Gesund- nur an die afrikanischen Elefanten, jene der bereits heute unter Armut leidenden heit der global benachteiligten Men- emblematische Art, für deren Schutz Menschen noch verschlimmern. Selbst schen, zum Beispiel in Lateinamerika sich die FFW praktisch seit ihrer Grün- in unserer hochentwickelten westlichen oder in Afrika, verbessern würde. Denn dung einsetzt. Will man die Katastrophe Welt sind Expertinnen und Experten zu- nicht nur die Gesundheit der Schwei- noch abwenden, die sich anbahnt, sind folge einer noch nicht absehbaren Zahl zerinnen und Schweizer darf für den Zusammenarbeit und Massnahmen geschäftlicher und privater Konkurse zu Bundesrat im Fokus stehen. Diese Form auf globaler Ebene unerlässlich. Die erwarten, mit den entsprechenden Folgen der Egozentrik würde letztendlich auch reichen und mächtigen sogenannten für die psychische Gesundheit der Betrof- den Interessen der Schweiz schaden. «Wohltäter» – wie etwa Bill Gates – dür- fenen und auch ihrer Angehörigen. Verschlechtert sich die Gesundheit der fen sich nicht länger ausschliesslich auf Die Frage stellt sich, ob die Regierungen Menschen in den Ländern des globalen die Organisationen konzentrieren, die dieser Welt wirklich so sehr am Wohl der Südens weiter, wird auch die Migration den wirtschaftlichen Nutzen der west- Menschen interessiert sind, wie sie dies zunehmen, und damit wiederum der lichen Welt sicherstellen, wie die WHO, gebetsmühlenartig bekräftigen. In der Druck auf die Schweiz – ein Negativ- sondern auch andere unverzichtbare Schweiz zum Beispiel betonte der Bun- Kreislauf, der nur durch inklusives Den- internationale Gremien finanzieren, desrat bei der Bekanntmachung der ein- ken für Mensch, Tier und Natur durch- namentlich den Bevölkerungsfonds der schneidenden und wirtschaftlich schmerz- brochen werden kann. Vereinten Nationen (UNFPA). haften Massnahmen unter Berufung auf Gleichzeitig dürfen wir uns nicht scheuen, Wachstum im Allgemeinen, sei es das Notrecht, wie wichtig ihm die Gesund- nach der Corona-Krise endlich an einem wirtschaftlich oder demographisch, heit der Bevölkerung sei. der grossen Tabus unserer Zeit zu rütteln: ist kein tragfähiges Modell für unsere Wenn es der Bundesrat tatsächlich Das Bevölkerungswachstum! Der land- Erde. Wir brauchen schleunigst eine ernst meint mit unserer Gesundheit, dann wirtschaftliche Boden in der Schweiz er- Alternative – zum Wohl von Tier, Natur müssen sich folgende Dinge unverzüglich nährt aktuell höchstens 25 Prozent der und von uns Menschen! ändern: Bevölkerung. Wegen des anhaltenden Ihre Vera Weber 3
EN BREF ! e i n e S chande ... * NATURSCHUTZ * TIERSCHUTZ Basler Ständerat Hafenbecken 3 erlaubt weiterhin kommt zur Gräueltaten Abstimmung in Schlachthöfen Am 8. Juni konnte das Komitee «Nein Referendum Ein trauriger Tag für die Nutztiere: zum Hafenbecken 3» die gesammelten Jagdgesetz Am 3. Juni 2020 hat der Ständerat, mit Unterschriften für das Referendum 32 zu 5 Stimmen, eine Motion von SR gegen das geplante Hafenbecken 3 und Abstimmungsdatum festgesetzt: Nein Daniel Jositsch (SP/ZH) endgültig zu das damit verbundene Megaprojekt zur missratenen Revision des Jagd Grabe getragen. Die Motion verlangte, «Gateway Basel Nord» bei der Staats- gesetzes am 27. September 2020! Infor- dass die Räume für die Betäubung und kanzlei des Kantons Basel-Stadt einrei- mieren Sie jetzt Familie, Freunde und Be- das Ausbluten von Tieren in Schweizer chen. Dies, nachdem Corona-bedingt kannte – Wildtiere in der Schweiz dürfen Schlachthöfen künftig mit Video über- im März landesweit alle Unterschrif- nicht «präventiv» zum Abschuss freige- wacht werden. tensammlungen gestoppt werden geben werden! Mit der Annahme der Motion Jo- mussten. Aufgrund der hohen Anzahl sitsch hätte Bundesbern endlich echte Unterschriften dürfen wir davon aus- Bereitschaft zeigen können, etwas für gehen, dass das Referendum zustande die Würde und das Wohlergehen der kommt: Die Baslerinnen und Basler Schweizer Nutztieren zu tun. Doch haben es in der Hand, die unverschäm- lieber soll im Dunkeln bleiben, was in te Zerstörung geschützter Natur zu der Verborgenheit der Schlachthöfe verhindern! tatsächlich vor sich geht. Warum eine solche Geheimniskrämerei um diese Orte veranstalten, wenn sie sich wirk- lich nichts vorzuwerfen haben? 4
NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020 * «Die Menschheit krankt an ihrem blindwütigen Profitstreben. Setzen wir doch endlich ein Zeichen: Sagen wir Ja zu einer menschen- und zugleich schöpfungsgerechten Forschung! Ja zum wahren Fortschritt. Ja zur Achtung des Lebens in allen seinen Formen.» FRANZ WEBER Unmöglich: Die Wilderei geht weiter! Grässliche Nachrichten erreichen uns aus ten unsere sanften Riesen innerhalb von Afrika: Anfang Juni wurden in Äthiopien zehn Jahren ausgerottet sein. Die aktuelle mindestens sechs Elefanten wegen ihres Krise und insbesondere die wirtschaftli- Elfenbeins abgeschlachtet. Ein grauenvolles chen Folgen der weltweiten Corona-Epide- Schicksal, das bald viele weitere Artgenossen mie verschärfen die Situation: Obwohl der ereilen könnte. Denn die Wilderei ist eine Handel mit Tieren und Pflanzen das parallel grassierende Pandemie, die aber Geschäft organisierter krimineller Netz nicht thematisiert wird, da sie uns Men- werke ist, wird die Wilderei vor Ort häufig von schen nicht direkt betrifft. armen und verzweifelten Menschen betrie- Der Afrikanische Elefant wird – ge- ben. Deren Zahl steigt in den Entwicklungs- nauso wie viele andere bedrohte Arten, ländern derzeit infolge der Ausgangssperren zum Beispiel das in Zusammenhang mit rasant an. Um zu verhindern, dass ständig Covid-19 «berühmt» gewordene Schuppen- noch mehr Wildtiere getötet werden, müs- tier – diesem Tempo weitergeht, könn- sen wir kämpfen, mehr denn je! SAUVER LAVAUX: * Beschwerde zurückgewiesen: Der Kampf geht weiter! Leider kam es wie erwartet: Die Gemeinde Puidoux hat den Immobilien-Spekulanten den Vorzug gegeben, indem sie die von Sauver Lavaux und weiteren Naturschutzorganisa- tionen formulierte Beschwerde gegen das Projekt der Erben- gemeinschaft Testuz und der Immobiliengruppe Orlatti im Rahmen des Bezirksplans «Treytorrens-Nord» zurückgewie- sen hat (Wir berichteten im Journal Franz Weber 131). Der Kampf muss jetzt härter denn je gefochten werden. Denn das von den Spekulanten ins Visier genommene Gebiet befindet sich im Herzen der Region Lavaux – diesem faszi- nierenden Ort über dem Genfersee, der von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Sauver Lavaux und Helvetia Nostra werden deshalb Beschwerde beim Kantons- gericht Waa einreichen. Wir bleiben dran – zum Schutz des einzigartigen Lavaux! 5
TIER SCHUT Z Cri du cœur! Kleine Schäden durch Wildtiere, Grosse Abfallberge der Menschen – Schauen wir uns doch endlich selbst auf die Finger! Im Kanton Basel-Stadt, auf dem Fried- wenn man den Schaden bedenkt, den zierwege – das Ende der Ausgangssper- hof am Hörnli, wollen die Behörden die Menschheit als Ganzes dem Pla- re lässt grüssen! Ein markantes Beispiel kaltblütig auf Rehe schiessen lassen – neten zufügt: Umweltverschmutzung, für die Plage, die die Menschen für weil sie Grabschmuck abgeäst haben. Zerstörung der Urwälder, Tausende unsere Erde darstellen. Sie entwurzeln Lieber tötet man unschuldige Lebewe- von Tonnen Abfall, die einfach in die Pflanzen, lassen ihren Plastik zurück in sen, statt die Behebung dieser kleinen Gewässer geworfen werden... und seit der Stadt und in der freien Natur glei- «Schäden» in die routinemässige Pfle- kurzem auch Handschuhe und Mas- chermassen, und wir lassen sie dies ge des Friedhofs einzubeziehen, wie ken, die in die Ozeane gelangen. willentlich und ungestraft tun. Gleich- man es ja auch bei Schäden durch star- In Basel selbst wurde in den vergan- zeitig fressen ein paar Rehe Blumen auf ken Regen, Wind oder Schnee macht. genen Tagen das Rheinufer schändlich einem Friedhof und sollen dafür die Eine solche Missachtung des Lebens zugemüllt, überquellende Mülleimer Todesstrafe erhalten. Oh, Mensch! Gib von Tieren ist umso schockierender, voller Fastfood-Reste säumten die Spa- acht! Vera Weber ©Oliver Bieli ©Oliver Bieli Lasst die Rehe am Hörnli ©Andreas Meier. leben! 6
Makabere Nachrichten aus der Nordwest- unseres Rekurses sind die verabscheuungs- schweiz schockierten im Mai die ganze würdigen Pläne der Basler Stadtgärtnerei Schweiz: Rehe, die seit etlichen Jahren fried- und der Gemeinde Riehen bis mindestens am lich auf dem Friedhof am Hörnli ein- und 20. Juni auf Eis gelegt. Die definitive Ret- ausgehen, und damit den Besuchenden der tung der Rehe ist damit allerdings noch nicht Verstorbenen viel Trost und Mut spenden, gesichert. Wir fordern friedliche Lösungen, in sollen erlegt werden – weil sie zuweilen Grab- Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. schmuck fressen. Die Abschussbewilligung dazu war bereits erteilt. Dank der Einreichung Fondation Franz Weber Die Rehe auf dem Friedhof am Hörnli in Riehen (BS) sind dank dem * DR. HEINRICH Rekurs der Fondation Franz Weber UEBERWASSER Advokat vorläufig gerettet: Wie geht es jetzt — weiter? Am 12. Mai 2020 erteilte die Kantons- Heimatschutzes – einmaligen basel- Tor-Management verbessert werden. polizei Basel-Stadt der Stadtgärtnerei städtischen Friedhof am Hörnli: Die Bisherige Vergrämungsnassnahmen die Bewilligung «zur Reduktion des Rekurs-Anmeldung liegt jetzt beim sollen optimiert und zusätzliche ge- Rehwildbestandes auf dem Friedhof Justiz- und Sicherheitsdepartement. testet werden. Verhältnismässig ergän- am Hörnli durch Abschuss». Am 20. Nächste Verfahrensschritte sind die zende Mittel zu den vorgesehenen Tö- Mai 2020 haben die Fondation Franz Akteneinsicht und Rekurs-Begründung. tungen wären allenfalls, gewisse Tiere Weber, die Stiftung Helvetia Nostra, Denn nur wenn der Rekurs gewonnen zu betäuben und aus dem Friedhof zu Vera Weber und Heinrich Ueberwasser wird, bleiben die Rehe definitiv vom Ab- bringen, oder auch direkte Massnah- dagegen Rekurs angemeldet. Dank der schuss verschont. men zu ergreifen, um die Fortpflan- damit ergriffenen Beschwerde darf mit zung der Rehe einzuschränken. dem Abschuss der Rehe nicht begon- DIE LÖSUNG SOLL AM nen werden. Die Rehe geniessen damit RUNDEN TISCH GEFUNDEN WERDEN UNKLARES VORGEHEN UND nicht nur eine Gnadenfrist, sondern Die Fondation Franz Weber lädt die ZWEIFEL DER VERWALTUNG die aufschiebende Wirkung gilt wäh- Stadtgärtnerei und die Kantonspoli- Bereits gesichtete Akten zeigen, dass rend des laufenden Verfahrens vor Re- zei deshalb gezielt an einen Runden die Verwaltung selbst Bedenken gegen gierung oder Gericht. Solange ist also Tisch ein. Denn das Ziel des Rekurses die Abschusswünsche hegte und eben- dem vom Kanton Basel-Stadt bewillig- und des Runden Tisches ist klar: Auf falls Einwände hatte, wie sie im Rekurs ten Abschuss mit Kugelgewehr, Spezi- dem Friedhof am Hörnli darf kein Tier von der Fondation Franz Weber geltend almunition und einem Nachtsicht-Ziel- erschossen werden. Gemeinsam sollen gemacht werden: Bei den Angaben über gerät ein Riegel geschoben. deshalb innovative Lösungen in Form die Rehpopulation handelt es sich ledig- eines effektiven Wildtier-Manage- lich um Schätzungen und nicht um eine NUR DANK DES REKURSES DER ments entwickelt und getestet werden, wissenschaftliche Erhebung. Der An- FONDATION FRANZ WEBER SIND um die Anliegen aller Beteiligten zu trag ist zu unklar definiert. «Schäden» DIE REHE VORLÄUFIG GERETTET prüfen und zu erfüllen, ohne dass dabei durch die Rehe und Kosten für die Mass- Nun begehen wir die nächsten Schrit- Tiere getötet werden. Insbesondere sol- nahmen sind nicht sauber ausgewiesen. te in der Rettung der Rehe auf dem len Schäden am Grabschmuck wirksam Auch die erwähnte Unfallgefahr – aus der Perspektive des Natur- und minimiert und das Bepflanzungs- und – es hat bisher noch keinen einzigen 7
TIER SCHUT Z der Anlage vom 26. Novem- gende Teil der Besucherin- ber 1925 dargelegt, als Basler nen und Besucher über die Beisetzungsstätte in einem Begegnung mit Wildtieren, übergeordneten Naturraum insbesondere Rehe sehr er- realisiert. Zitat aus dem Rat- freut ist. Dies lässt sich von schlag von 1925: «Der im zahlreichen Hinweisen und Grün der Landschaft ein- Bitten besorgter Angehöriger gebettete Friedhof soll im ableiten, die Friedhofverwal- Gegensatz zu unseren heu- tung möge von Massnahmen tigen, teilweise recht uner- zur Vertreibung oder gar Be- freulichen Begräbnisstätten jagung der Tiere absehen.» Vera Weber auf dem Friedhof Hörnli, wo ihre Grosseltern dem Besucher denjenigen väterlicherseits und auch ihr Onkel ihre letzte Ruhen fanden. Abstand vom Alltag bringen, Und auf die Frage Hein- der heute in Basel nirgends rich Ueberwassers, ob Rehe Es braucht Glück, auf dem Friedhof Hörnli ein Reh zu entdecken gefunden wird, den aber für den Friedhof und die – Vera Weber hatte es an einem frühen Mai-Morgen viele schwer vermissen.» Im Totenruhe als störend oder Übrigen waren die Verfasser tröstlich empfunden wer- ©Andreas Meier. namentlich bestrebt, durch de, schrieb der Regierungs- die Schaffung grosser Wald- rat: «Aufgrund zahlreicher flächen einen «Friedhof im Reaktionen aus dem Pub- Walde anzulegen». likum wird die Begegnung mit Wildtieren als äusserst NEBENEINANDER VON NATUR positiv, auch tröstlich emp- UND BESTATTUNGSKULTUR: funden. Vereinzelt erkennen BEREITS DER WUNSCH DER Angehörige in den Wildtie- ERBAUER DES FRIEDHOFS ren gar eine besondere Ge- Mit der Konzeption dieses genwart ihrer verstorbenen einmaligen Friedhofs wur- Verwandten.» de implizit die Möglichkeit geschaffen, dass sich Natur AUF EINEM FRIEDHOF und damit auch die Wild DARF NICHT GETÖTET WERDEN Unfall bei der Begegnung 2015 SICHERT REGIERUNG tiere im Areal einfinden – ZU KEINER STUNDE von Rehen und Menschen NOCH ZU: «ABSCHUSS IST können. Die Anwesenheit Die Rehe auf dem Friedhof auf dem Friedhof am Hörnli KEIN THEMA» der Rehe ist Zeugnis dafür, am Hörnli – und ihr unsi- gegeben – ist nicht näher Abzuklären ist auch, was die dass die heutige Gestaltung cheres Schicksal – berühren umschrieben, und es ist Regierung seit 2015 verpasst die optimale Form eines unsere Herzen. Der Rekurs nicht geklärt, wie real diese oder sogar falsch gemacht Nebeneinanders von Natur der Fondation Franz Weber ist. Die Fondation fordert hat. Damals sicherte der Kan- und Bestattungskultur dar- ist aber verfassungs-, natur-, deshalb eine sofortige Auf- ton Grossrat Heinrich Ueber- stellt, wie es bereits 1925 an- heimatschutz-, jagd- und klärung und weitere Akten- wasser in der Beantwortung gestrebt wurde. tierschutzrechtlich begrün- einsicht. von dessen Interpellation zu, det. Es genügt uns nicht, dass ein Abschuss von Wildtie- Der Regierungsrat betonte die Kantonspolizei die bei Ziel des Rekurses der FFW: ren zwecks Vermeidung von 2015 weiter: «Aufgrund der Nacht mit Spezialmunition Auf dem Friedhof dürfen Wildschäden auf dem Fried- Tatsache, dass nur einzel- und Schalldämpfer vorgese- keine Rehe abgeschossen hof am Hörnli sei für den ne Angehörige unmittelbar henen Tötungen von Rehen werden. Über alle anderen Regierungsrat kein Thema von einem Schaden betrof- an Sonn- und Feiertagen Anliegen auch der Stadt Der Regierungsrat stellte fen sind, welcher eindeutig verbietet. Auf einem Fried- gärtnerei soll an einem damals fest: «Die Friedhof- auf Wildtiere zurückzufüh- hof darf nicht getötet werden Runden Tisch diskutiert anlage am Hörnli wurde, ren ist, muss angenommen – zu keiner Stunde irgend- werden. wie im Ratschlag zum Bau werden, dass der überwie- eines Tages. 8
NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020 KEINE BLS-WERKSTATT IM CHLIFORST! Das Gäbelbachtal mit dem «Chliforst Die Fondation Franz Weber (FFW) Nord» ist ein malerischer Naherho- kämpft gegen industrielle Gross- lungsraum auf dem Gemeindeboden projekte auf der grünen Wiese im der Stadt Bern. Westen der Stadt Bern. Auch dann, Doch diese einzigartige grüne Lunge wenn sie mit dem Mäntelchen des ist in Gefahr! «öffentlichen Verkehrs» begrünt Denn abseits von Industriegebiet, sind. Die FFW wird deshalb gegen Autobahnanschluss und ausgebautem den geplanten «Grossklotz im Chli- Strassennetz ist eine riesige Bahn- forst» kämpfen: Auf politischem Weg Werkstätte mit 24-Stunden-Schicht- oder auch mit juristischen Mitteln. betrieb zur Reinigung der Züge geplant. Nötigenfalls bis vor Bundesgericht. 9
Rütihard – Lan vor Base In der aktuellen Zeit erweist sich Erholungsraum in der Natur mit Land wirtschaft als kostbarstes Gut. Dieses kollidiert auf der wunder schönen Rütihard oberhalb Muttenz mit wirtschaftlichen Interessen: * THOMAS ABEL Die Schweizer Salinen planen in die * CÉCILE SPEITEL Interessengemeinschaft «Rettet die Rütihard» ser besonderen Landschaft Salz ab Interessengemeinschaft «Rettet die Rütihard» – zubauen. Gegen solche Art von Nutzung – gibt es Widerstand in der Bevölkerung. Die Fondation Franz Weber unterstützt die Interessengemeinschaft 10
ndschaftsperle els Toren — Wer hier hinaufsteigt, hat das Gefühl, die Stadt zu verlassen und in einer Oase der Ruhe einzukehren. Noch nie wurde die Rütihard ober- Hier hinauf kommen auch Menschen rung zu finden, und wenn der Bauer das halb Muttenz so intensiv besucht wie aus der Region, um in der Natur Ruhe Feld pflügt, suchen Störche nach Wür- seit diesem Frühling. Familien schie- und Abstand zum Alltag zu finden, mern. Hier oben gibt es Weitblick über ben ihre Kinderwagen auf die Anhöhe, um anderen Menschen zu begegnen eine vielgestaltige, anmutige Land- Teenager suchen ihren Freiraum, wer und sich auszutauschen, als Familie schaft, mehrere Kilometer bis hin zum einen Hund hat, führt ihn hier spazie- an einer Feuerstelle, als Mitglieder von Wartenberg und seinen Burg ruinen. ren, Andere biken, joggen oder sind Jugendgruppen oder um sich durch Keine Strommasten durchkreuzen die zu Pferd unterwegs. In dieser wunder- Bewegung zu entspannen. Sicht, und von den meisten Orten aus schönen, vielfältigen Landschaft fühlt gesehen verbergen Bäume Industrie man sich frei von der Hektik, dem Lärm WAS MACHT DIE RÜTIHARD kamine und Häuser. und dem Geruch einer städtischen SO BESONDERS? Agglomeration. Der Blick kann in die Wer hier hinaufsteigt, hat das Gefühl, IST DIESE LANDSCHAFT WIRKLICH Weite schweifen. Hierhin entführt, die Stadt zu verlassen und in einer Oase SCHÜTZENSWERT? würden er und sie kaum ahnen, dass der Ruhe einzukehren. Da die Rütihard Die Rütihard ist ein Kulturraum mit sich im Umkreis weniger Kilome- ringsum von Wald umgeben ist – ein hoher Biodiversität, mit Wald und ter der am dritthäufigsten befahrene Teil davon ist Naturschutzgebiet – fühlt gebuchteten Waldrändern, Hecken, Autobahnabschnitt, der grösste Güter- man sich abgeschirmt vom Siedlungs- vielen Hochstamm-Obstbäumen, Wie- bahnhof und der gewaltigste Industrie- und Industriegebiet der Agglomera- sen, Weiden und landwirtschaftlichen standort der Schweiz befinden. Diese tion Basel. Einzig das Krächzen von Nutzflächen. Kühe und Kälber sowie Landschaftsperle vor Basels Toren ist Krähen und das Klopfen von Grün-, Schafe weiden hier, auch eine grosse nicht einzig für die Muttenzerinnen Grau- und Buntspechten sind zu hören. Zahl von Pferden, denn im Südosten und Muttenzer ein wichtiger Erho- Milane und andere Greifvögel kreisen liegt ein Bauernhof mit Reitstall. Den lungsraum oder Experimentierfeld für am Himmel, ein Graureiher fliegt Rich- ganzen Tag sind Reiterinnen und Rei- Waldspielgruppen und Schulklassen. tung Rothallenweiher, um dort Nah- ter unterwegs auf den zumeist un- 11
— Die Landschaftsperle NATUR Rütihard ist aktuell be- SCHUT Z droht durch ein 40 Jahre dauerndes Salzabbauprojekt der Schweizer Salinen AG, welches diese Naherho- lungsoase zur Grossbau- stelle machen würde. Die Interessengemeinschaft «Rettet die Rütihard» kämpft deshalb dafür, dass die Rütihard als naturnahe Landschaft mit angrenzen- den Naturschutzgebieten und schonender Landwirt- schaft erhalten bleibt und vom geplanten Salzabbau sowie anderen Eingriffen verschont bleibt. geteerten Strassen und Wegen. Zwei Vorschriften. So dürfte beispielsweise Sie haben insgesamt fünfzig Hektaren Bienenhäuschen sind Heimat für die- der Anbau von Gemüse nicht mit Plas- von der Bürgergemeinde Muttenz ge- jenigen Nutztiere, die für Befruchtung tikfolien abgedeckt werden. Auch das pachtet, die fast alles Land wie auch der Nutzpflanzen sorgen, wie Linsen, Aufstellen eines grösseren Stalles für den umgebenden Wald besitzt. Die Kichererbsen, Kürbisse und natürlich Kühe oder Schafe ist nicht erlaubt. Weiden, das Gras der Wiesen, und der für die Hochstamm-Kirsch- und Apfel- Kulturmais dienen vor allem der Füt- bäume. Dank der Anzahl ökologischer LANDWIRTSCHAFT UND NATUR – terung der Schafe, Rinder oder Pferde Nischen und Lebensräume gibt es auch ZUSAMMENSPIEL ODER WIDERSPRUCH? des eigenen Betriebs. Gedüngt wird eine grosse Vielfalt an Pflanzen und Lokal statt global! Was auf der Rütihard Tieren zu erleben. Die Rütihard grenzt angebaut und geerntet wird, erreicht in im Osten und Südosten an Natur- erster Linie den Hofladen: Kartoffeln, schutzgebiete und gehört selber in die Weizen, Urdinkel, Gerste, Linsen oder — Landschaftsschutzzone. Das bedeutet: Kichererbsen. Fünf Landwirte bewirt- Auf der Rütihard darf Landwirtschaft Hier darf Landwirtschaft betrieben schaften schonend nach den Standards betrieben werden, diese unterliegt aber werden, diese unterliegt aber strengen der Integrierten Produktion das Land. strengen Vorschriften. DIE INTERESSENGEMEINSCHAFT «RETTET DIE RÜTIHARD» Die Interessengemeinschaft Rettet die Rütihard» will die Rütihard als naturnahe Landschaft mit angrenzenden Natur- schutzgebieten und schonender Landwirtschaft erhalten und vom geplanten Salzabbau sowie anderen Eingriffen verschont bleibt. Die IG informiert die Öffentlichkeit regelmässig mit Flyern, Flurbegehungen, Vorträgen sowie über Facebook und ihre Website: www.rettetdieruetihard.ch 12
NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020 — Die Rütihard grenzt im Osten und Südosten an Naturschutz gebiete und gehört selber in die Landschafts- schutzzone. hauptsächlich mit organischem allerdings ökologisch gesehen ist aktuell bedroht durch ein Jahren wäre das Salzfeld aus- Dünger aus dem eigenen Vieh- stark verarmt. Die Artenvielfalt 40 Jahre dauerndes Salzabbau- gebeutet. Zurück blieben 30 bestand. ist im offenen Kulturraum mit Projekt der Schweizer Salinen AG. riesige mit Salzwasser und Pro- Hecken und Nischen grösser Der Schweizer Salzmonopolist duktionsabfällen gefüllte Hohl- Der Name Rütihard bedeutet als im Wald. Hinzu kommt: Die baut bereits seit einem halben räume in 200 bis 300 Meter Tie- nichts anderes als «gerodeter auf der Rütihard vorkommen- Jahrhundert in Muttenz Salz ab. fe. Zurück blieben auch die im Wald». Vor mehreren tausend den Lössböden gehören zu den Aus 72 Bohrlöchern deckt Mut- Boden versenkten Leitung und Jahren – in der Jungsteinzeit – besten Ackerböden der Schweiz tenz seit 50 Jahren die Hälfte die zubetonierten Flächen der wurde der ursprüngliche Wald – umso mehr der geeignete Ort, des Schweizer Salzbedarfs. Nun Bohrpätze, als Narben auf und auf der Rütihard gerodet. Es Lebensmittel für die Region zu planen die Salinen, die Rütihard unter der Erde, die Mikroflora, gibt Stimmen, die die Rütihard produzieren. zum nächsten Salzabbaugebiet Mikrofauna und Fruchtbarkeit am liebsten wieder dem Lauf von Muttenz zu machen, ob- beeinträchtigend. der Natur übergeben möchten. BEDROHUNG DURCH wohl die Salzvorräte unter der Eine sogenannt naturbelassene SALZABBAU-PROJEKT Rütihard gerade mal für maxi- FAZIT Rütihard mit reinem Wald wäre Die Landschaftsperle Rütihard mal 9 Jahre den Salzbedarf der Die Rütihard ist eine grüne Schweiz decken könnten. Sie Oase der Ruhe in Muttenz, wo wollen diese besonders schöne Landwirtschaft und Natur zu- Landschaft ab 2025 flächende- sammenwirken, ein Erholungs- ckend mit 30 Bohrlöchern und und Erlebnisraum, der für die einem Netzwerk von Wasser-, Menschen in der Agglomeration Sole-, Strom- und Stickstoff- wichtig ist, je länger je mehr. gasleitungen überziehen. Grä- Die Integrität dieser Landschaft ben würden ausgehoben und darf nicht dem Abbau des heute während Jahrzehnten würde billigen und weltweit im Über- die Rütihard immer wieder zur fluss vorhanden Rohstoffs Salz Grossbaustelle, von unabsehba- geopfert werden – es gibt öko- ren geologischen Risiken ganz nomisch und ökologisch bessere zu schweigen. Nach 30 bis 40 Alternativen. 13
NATUR SCHUT Z Creux-du-Van: Ein Paradies sucht seine Ruhe! Der Creux-du-Van ist ein kleines Stück Paradies. Wer erliegt nicht dem Charme seiner unglaublichen Landschaft, dem atemberaubenden Felsenkessel, den grünen Wiesen und den Rufen der zahlreichen dort lebenden Vögel? Richtig: Es sind sehr wenige Menschen. Deswegen ist der Ort zu einem Tummelplatz für Wanderer, Hobbyfotografen und Spazier gänger geworden, was zur Folge hat, dass die von den Tieren dringend benötigte Ruhe fehlt. Leider reagieren die Behörden auf den Ansturm der Menschen in der Natur nur zögerlich. * ANNA ZANGGER Rechtsanwältin — — Die Bilder der riesigen Felsenarena (Bild rechts oben) sowie der Landschaft des Creux-du-Van (Bild rechts) täuschen: Meistens tummeln sich in diesem Naturparadies viele Menschen – zuviele! Den Tieren fehlt die dringend benötigte Ruhe. 14
Die Bedrohungen für den Creux-du- Die – minimalen – Schutzmassnah- Anstelle der zaghaften geplanten Van sind vielfältig und ernst: Wanderer, men des Neuenburger PAC werden den Massnahmen schlug Helvetia Nostra Fotografen, Jäger und neuerdings auch Erfordernissen für die Wiederherstel- bereits vor, das eidgenössische Jagd- Drohnen... Diese «Unruhe-Herde» zu lung und Erhaltung des Gebiets nicht banngebiet auf die gesamte Schutzzone beseitigen und das Naturdenkmal zu annähernd gerecht, ebenso wenig wie des Creux-du-Van auszudehnen. Lei- erhalten ist ein nicht enden wollender der Waadtländer DC. Insbesondere darf der stiessen die Vorschläge der Stiftung Kampf. in der Schutzzone gejagt werden, ob- bei den Behörden auf taube Ohren, die Verstärkt wird das Problem aktuell schon bestimmte Arten, darunter das – wie allzu oft – touristische und finan- noch durch das Ende der Corona-Aus- Auerhuhn, vom Aussterben bedroht zielle Interessen höher bewerteten als gangsbeschränkungen und das Bedürf- sind. Das ergibt keinen Sinn: Entweder den Naturschutz. nis der Bevölkerung nach Bewegung schützt man einen Ort und weist ihn Helvetia Nostra legte deshalb bei im Freien. Am Auffahrtswochenende dann auch als echte Ruhezone für Flo- den Gerichten von Neuenburg und strömte eine solche Unzahl von Men- ra und Fauna aus, oder man lässt Stö- Waadt Berufung gegen den PAC bzw. schen in das Gebiet, dass den Behör- rungen durch menschliche Aktivitä- den DC ein. Das Schicksal des Creux- den nichts anderes übrig blieb, als die ten, wie die Jagd, zu. Die halbherzigen du-Van liegt nun in den Händen der Zufahrtsstrassen zu sperren. Massnahmen, welche die Kantone vor- Richter. Da die Berufungen leider kei- Die Kantone Waadt und Neuenburg geschlagen haben, sind unzureichend. ne aufschiebende Wirkung haben, sind entwickeln allmählich ein Bewusst- Helvetia will diesen eklatanten Wil- die im jetzigen PAC und DC vorgesehe- sein für das Problem. Doch ihren Mass- lensmangel der kantonalen Behörden nen, für den Erhalt dieses einzigartigen nahmen mangelt es an Nachdruck. Im nicht hinnehmen. In einer Zeit, in der Gebiets absolut unzureichenden Mass- Bemühen, niemandem auf die Füsse die Anzahl der intakten Naturräume in nahmen zumindest so lange in Kraft, zu treten, fehlt bisher eine wirksame unserem Land immer weiter abnimmt, bis die Gerichte anders entscheiden. Schutzanordnung. Ein kantonaler weigern sich die Kantone weiterhin, Der Creux-du-Van ist nur eines von Nutzungsplan (PAC) von Neuenburg dem Umweltschutz Priorität einzu- zahllosen Beispielen für den mangeln- sowie ein Einstellungsentscheid (DC) räumen. Vera Weber, Präsidentin von den politischen Willen, die Schweizer von Waadt, die 2017 und dann ergän- Helvetia Nostra, stellt klar: «Die im PAC Landschaft wirksam zu schützen. Es zend 2018 öffentlich aufgelegt wurden, und im DC vorgesehenen Massnah- wird Zeit, dass sich das ändert. Es wird hätten Abhilfe schaffen sollen, reichen men sind in etwa so wirksam wie einen Zeit, dass unsere Natur mehr zählt als allerdings bei weitem nicht aus, um den Waldbrand mit einem Schluck Wasser unsere persönlichen Interessen und Creux-du-Van adäquat zu schützen. zu bekämpfen.» unsere Geldbeutel. 15
NATUR SCHUT Z IHR TESTAMENT IHR TESTAMENT FÜRFÜR TIER TIER UNDUND NATUR NATUR Lassen Sie Lassen Sie Ihren Ihren letzten letzten Willen Willen für eine für eine lebenswerte Welt lebenswerte wirken! Welt wirken! Wünschen Sie über Ihr irdisches Leben hinaus Tiere und Natur zu schützen? Dann bitten wir Sie, in Ihren letzten Verfügungen an die Fondation Franz Weber zu denken. FONDATION FONDATIONFRANZ FRANZWEBER WEBER Kontaktieren Sie uns telefonisch für eine vertrauliche und unverbindliche Postfach 257, 3000 Postfach 257, 3000 Bern 13 13 Bern Beratung. Unsere Spezialistin, Lisbeth Jacquemard, unterstützt Sie gerne und T +41 +41(0)21 (0)21964 9642424 2424 freut sich auf Ihre Anfrage. ffw@ffw.ch ffw@ffw.ch| www.ffw.ch | www.ffw.ch 29 16
Nationalplan für NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020 die Natur! * JEAN-CHARLES KOLLROS Journalist — einmal zuschlagen könnte, und zahlreiche weitere Viren schon Unsere Epoche verlangt – die Covid-19-Pandemie auf der Lauer liegen. liefert den Beweis dafür – eine grundsätzliche 95 000 RINDER IN EINEM EINZIGEN BETRIEB Infragestellung unserer Lebensweise und der In einem kürzlich in der Zeitung Le Point erschienenen Dossier Ernährungsgewohnheiten. wurde stichhaltig aufgezeigt, in welchem Ausmass die Land- wirtschaft und die Massentier- Eine solche für unser Überleben unerlässliche Virus besteht. Eine neue Studie der Veterinär- haltung zu dieser verhängnis- Wende muss auf einer neuen Synergie zwischen schule der Universität Kalifornien kommt zum vollen Situation beigetragen der Achtung der Natur und der Biodiversität und Schluss, dass tatsächlich der Mensch für die Co- haben. Nach Angaben der Welt- den Bedürfnissen einer kontrollierten nationalen ronavirus-Epidemie verantwortlich ist, und zwar ernährungsorganisation der Wirtschaft basieren. Durch die Versöhnung der aufgrund seiner unaufhörlichen Attacken auf die UNO (FAO) beläuft sich der Umwelt und der produktiven Kräfte unseres Lan- Biodiversität, seiner verantwortungslosen Ent- weltweite Rinderbestand auf des könnte die Schweiz einen neuen helvetischen scheidungen im Industriebereich – insbesondere 1,5 Milliarden Tiere. Im gröss- Bürgerpakt aus der Taufe heben, der ebenso sehr die Massentierhaltung und Entwaldung-, seiner ten bekannten Milchviehunter- der Natur und den Tieren wie der Volkswirtschaft Gier nach immer mehr Mobilität, seiner Jagd nach nehmen der Welt, in Saudi-Ara- nützt. Unser Land als ein Garten Eden der Viel- Profit und nach unkontrollierter Globalisierung. bien, drängen sich bis zu 95 000 falt: Es ist möglich Gerüchte und Verschwörungstheorien einmal Kühe in einem einzigen Betrieb. beiseite gelassen, weiss man heute – auch wenn Konkret heisst das, dass in der Fakt ist: Immer mehr Wissenschafter bekräftigen, das finale Eingeständnis und die Anerkennung industriellen Viehhaltung ein untermauert von Belegen, dass die Entstehung dieser Tatsache noch ausstehen-, dass der zer- krankes Tier genügt, um tau- der Corona-Krise und die aussergewöhnliche Ge- störerische Verlauf jedes Mal derselbe war. Das sende weitere anzustecken, wie schwindigkeit, mit der das Virus um sich griff, auf gilt für Ebola ebenso wie für die in den Medien dies in Hühner- und Enten- unsere Lebensweise zurückzuführen ist. Zugleich weniger thematisierten Viren vor der globalen farmen bereits geschehen ist. verweisen sie auf den Zusammenhang, der zwi- Erschütterung durch Covid-19 wie Mers, Zika, Es ist bekannt, dass sich durch schen den neuen Epidemien und der Zerstörung Nipah und Marburg, SARS, CoV2, H5N1, etc. So Hühner und Enten regelmässig der natürlichen Lebensräume der Wirtstiere des wie man auch weiss, dass das Coronavirus noch die Vogelgrippe verbreitete, wo- 17
rauf die Zuchttiere massenhaft gekeult erregern auf den Menschen oder seine IM HINBLICK AUF DIE NAHRUNGSMITTEL IST wurden… Wo bleibt der gesunde Men- Haustiere.» DIE SCHWEIZ EIN WAHRER GARTEN EDEN schenverstand? Gemüse, Obst, Salate, Milch, Joghurt, Immer mehr namhafte Expertinnen DIE SCHWEIZ ERFÜLLT ALLE Öle und Karamell, aber auch Käse, Eier, und Experten erheben ihre Stimme, VORAUSSETZUNGEN, UM NEUES Pilze, Honig, Gewürze und Bio-Fleisch- um auf ein weiteres schwerwiegendes VORBILD ZU WERDEN erzeugnisse: Unsere Landschaften, Problem hinzuweisen: Die Milliarden Unser aktueller wissenschaftlicher unsere Wälder und Seen bieten uns tra- von Schweinen und Geflügel in der Kenntnisstand, die Lehren aus der Co- ditionelle Produkte in Hülle und Fülle, Massentierhaltung bilden bevorzugte ronavirus-Pandemie, ebenso wie der ganz zu schweigen von einer breiten Reservoire für neue, für den Menschen gesunde Menschenverstand und der Palette an schmackhaften Spezialitäten pathogene Viren. Wie die Fondation Intellekt – von unserem Überlebensin- vom Appenzeller bis zum Raclette, von Franz Weber seit langem betont, dürfen stinkt ganz zu schweigen! – gebieten es, der Genfer Kardone bis zum Seeländer wir die Ergebnisse dieser Studien nicht dass wir eine Wiederholung der Tragö- oder Walliser Spargel, vom Bärlauch auf die leichte Schulter nehmen. Der die mit allen Mitteln verhindern. Und bis zu Heilkräutern, Crème de Gruyère gemeinsame Nenner all dieser Epide- dies kann und muss dadurch erreicht und Fondue «Moitié-Moitié», Bündner mien ist der übermässige Handel und werden, dass wir unsere Lebenswei- Nusstorte und Rettich nicht zu verges- Verzehr von Wildtieren oder Tieren aus se infrage stellen, insbesondere unser sen. Eine abschliessende Liste dieser der Massentierhaltung. Daher muss Verhältnis zu den Tieren und zur Natur Delikatessen zu erstellen käme einer unsere Gesellschaft dringend ihre Er- sowie unsere Beziehung zur landwirt- Herkulesaufgabe gleich. nährungsgewohnheiten anpassen, ins- schaftlichen und bäuerlichen Welt. Es geht also nicht darum, weniger besondere in puncto Proteinzufuhr. oder schlechter zu essen oder zu Aske- Ziel ist nicht, ein Nullwachstum zu ten zu werden, sondern darum, ganz WOHLFUNDIERTE WARNUNG predigen oder Fleischesser an den letz- einfach den Schätzen unserer Regio- Eben erst gaben die Professoren ten Bäumen des Planeten aufzuknüp- nen den Vorzug zu geben und übermäs- Jacques Dubochet und Michel Mayor, fen, sondern der Aufbau einer neuen sigen Fleischverzehr zu vermeiden. beide Nobelpreisträger, unterstützt Form der kontrollierten Entwicklung. von einem 120-köpfigen Expertenteam, Die kleine Schweiz erfüllt exakt die WEINE AUS DEM LAVAUX ZU TRINKEN, eine wohlfundierte Warnung ab. Ihnen Voraussetzungen, um dieses Ziel zu er- BEDEUTET AUCH DAS LAVAUX ZU RETTEN zufolge sind die nächsten Pandemien reichen und ein Vorbild für die ganze Vielfalt und Reichtum zeichnen auch bereits absehbar… falls wir weiterhin Welt zu werden. die Schweizer Weine aus. So kann man die Hände in den Schoss legen und heutzutage in nahezu allen Schweizer unseren schlechten Angewohnheiten Unser Land kann zum Glück noch Kantonen exzellente Weine geniessen, frönen. «Der menschliche Fussabdruck auf einen grossen Agrarsektor zählen, zumal die Weinbauexperten zuneh- auf dem ganzen Planeten wird enorm. durch den sich eine reiche und diversi- mend eine Kreativität und ein Know- Wie im globalen Bericht der Zwischen- fizierte Produktion sicherstellen lässt. how an den Tag legen, die dem Können staatlichen Plattform für Biodiversi- Bedauerlicherweise leidet dieser Teil von Winzerinnen und Winzern anderer tät und Ökosystemdienstleistungen unserer Wirtschaft unter den perver- Regionen der Welt in nichts nachste- IPBS von 2019 zu lesen ist, wird unser sen Auswirkungen der Globalisierung hen. Leider sind die Zeiten mehr denn Fussabdruck auf dem Planeten zum und sieht sich einem unfairen Wettbe- je schwierig für die Fachleute der Bran- Problem: 75 Prozent der terrestrischen werb ausgesetzt, vor allem durch grosse che, die die bürokratischen Schikanen Ökosysteme und über 65 Prozent der Industrie- und Lebensmittelkonzer- ebenso unter Druck setzen wie die Kon- marinen Ökosysteme wurden durch ne, die sich um den Tierschutz und die kurrenz durch ausländische Weine. menschliche Aktivitäten signifikant Erfordernisse der öffentlichen Gesund- Regionaler Konsum ist heutzutage verändert. Diese Veränderungen ha- heit ebenso wenig scheren wie um eine ein echter Akt bürgerlichen Verantwor- ben eine starke Fragmentierung der gerechte Entlohnung ihrer Arbeitskräf- tungsbewusstseins, da die Schweizer Naturlandschaften und einen besorg- te. Würde die Schweiz ihre Bürgerin- Winzerinnen und Winzer konstitutiv niserregenden Rückgang der Biodiver- nen und Bürger ermutigen, einer auf für die Schweizer Identität sind. Ko- sität zur Folge. Infolgedessen werden der Rückverfolgbarkeit der Erzeugnisse härenz muss daher sowohl in den Pa- die Nahrungsketten von Wildtierarten und kurzen Wegen basierenden lokalen lästen als auch in den Köpfen Einzug beeinträchtigt, was wiederum zu Ver- Landwirtschaft den Vorzug zu geben, halten! Ein Beispiel unter vielen: Die haltensänderungen führen kann, die könnten in der Schweiz neue Bezie- Weine des Lavaux zu trinken, bedeutet, einige dieser Arten dazu veranlassen, hungen zwischen bäuerlicher Welt und die in der Region tätigen Weinbauern Ressourcen im Zusammenhang mit Stadtbevölkerung entstehen und eine zu unterstützen und zugleich einen menschlichen Aktivitäten zu nutzen. gewisse wirtschaftliche Ordnung wie- Beitrag zur Rettung dieser einzigarti- Auf diese Weise wächst die Gefahr derhergestellt werden, von der der länd- gen zum Welterbe der UNESCO gehö- einer Übertragung von Krankheits- liche Raum profitieren kann. renden Landschaft zu leisten. 18
REGIONALER KONSUM REDUZIERT DEN CO2-FUSSABDRUCK Durch regionalen Konsum würden wir nicht nur die Schweizer Wirtschaft för- dern, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des CO2-Fuss- abdrucks leisten. Denn die Verkehrs- ströme aus dem Ausland in der Luft und auf den Strassen würden erheblich reduziert. Ebenso überflüssig ist es, Wasserläufe umzuleiten, um überall auf der Welt Be- wässerungssysteme zu speisen, oder auf Biegen und Brechen Gewächshäuser zu errichten – mit allen Folgen, die sich da- raus ergeben. Ein nicht zu vernachlässi- gendes Plus in Zeiten des Klimawandels und des wachsenden Bewusstseins da- für, dass unser Planet nicht über unbe- — grenzte Ressourcen verfügt. Weshalb denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. Die Herausforderung ist immens Das Wein-Gebiet Lavaux ist eines von vielen wunderschönen Ausflugszielen in der Schweiz. und stellt sich ebenso sehr für die Wirtschaft wie für die Gesundheit legenden Kurswechsel und wir rasch Mit anderen Worten: Die Schweiz hat und die Natur. Inzwischen ist erwie- handeln müssen! Wie der französisch- den Trumpf in der Hand, den sie benö- sen, dass die weltweite Umweltver- schweizerische Experte und Philosoph tigt, um einen mit Blick auf Gesundheit schmutzung mit der Verbreitung des Dominique Bourg, emeritierter Pro- und Regionalität überarbeiteten und Coronavirus in Zusammenhang steht. fessor der Universität von Lausanne, verbesserten «Plan Wahlen» umzu- Umgekehrt ermöglichte der deutliche treffend bemerkt: Scheinheilig Nach- setzen (Weiteres dazu im Kasten). Und Rückgang menschlicher Aktivitäten, haltigkeit zu predigen, genügt nicht. dies voller Optimismus: Die älteste De- insbesonderevonVerkehrundReisen,dem «Die Idee einer auf den drei Säulen Ge- mokratie der Welt erfüllt alle Voraus Planeten, wieder ein wenig leichter zu sellschaft, Wirtschaft und Natur auf- setzungen, um letztendlich zum Vor- atmen, sich ein klein wenig zu erholen. gebauten Gesellschaft war idiotisch. bild für die gesamte Welt zu werden. In Wahrheit werden der Wirtschaft von DEN URLAUB NUTZEN, UM DIE der Gesellschaft Schranken gesetzt, der Ans Werk also, und zwar SCHÖNHEIT DER SCHWEIZ wiederum von der Biosphäre Schran- unverzüglich! WIEDER ZU ENTDECKEN ken gesetzt werden.» Es ist nur logisch, denselben Ansatz von Regionalität und Gesundheit auf die Reisebranche auszudehnen. Und in der Schweiz gibt es genug zu sehen: PLAN WAHLEN - WAS IST DAS? Unser geliebtes Schweizerland bietet Der «Plan Wahlen», auch unter dem Begriff «Anbauschlacht» bekannt, war ein Programm uns – einer Minaturwelt gleich – eine zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, das während des Zweiten Weltkriegs 1940 einzigartige Vielfalt an Landschaften ins Leben gerufen wurde, um den Mangel an bestimmten Rohstoffen zu überwinden. Ent- und Sensationen. Nutzen wir daher wickelt von Friedrich Traugott Wahlen, ausgebildeter Agronom und späterer Bundesrat, zu die uns von der Erde auferlegte neue Kriegszeiten Direktor für landwirtschaftliche Produktion des Bundesamts für Ernährung, Lebensweise, um die Schönheit unse- zielte der Plan darauf ab, die Schweizer Landwirtschaft unabhängig zu machen — zu einer res Landes neu zu entdecken. Nicht Zeit, als rund die Hälfte aller Nahrungsmittel in die Schweiz importiert wurden. umsonst lautet eine bekannte Lebens- Obwohl dieser Plan von einer anderen Situation ausging als der heutigen, und dessen weisheit: «Geh und entdecke dein Annahmen — sprich: das völlige Ausbleiben von importierten Nahrungsmitteln — letztlich Land!» nicht eingetreten sind, ist er aus der Sicht des regionalen Konsums und der Förderung der Schweizer Landwirtschaft gerade heute ein interessantes Konzept: Maximierung des FÜR EINEN ECHTEN PLAN Anbaus, Verringerung der Viehzucht und Förderung privater «Mikrokulturen», bei- FOKUS AUF REGIONALITÄT spielsweise auf Unternehmensebene. Ein solches Programm kann die Nahrungsmittel Schluss mit Ausflüchten: Dieser Arti- versorgung der Bevölkerung auch in Krisenzeiten sichern, wenn wichtige Importe aus dem kel zeigt, untermauert von Beweisen, Ausland ausbleiben — wie wir es während der COVID-19-Pandemie erlebt haben. dass die Zeit reif ist für einen grund 19
Schluss mit den schlechten Angewohnheiten: Platz für eine verantwortungsvolle * Autarkie JEAN-CHARLES KOLLROS Journalist — Die Warnung war klar, tragisch, zerstörerisch und schlechterdings mörderisch. Daher sollte es schwerfallen, die unbarmherzige Lektion, die uns die schreckliche Coronavirus-Pandemie erteilt hat, nicht in aller Deutlichkeit zu verstehen. Heutzutage muss man schon zutiefst dumm, borniert und leicht- fertig sein, um nicht zu erkennen, dass sich hinter den Toten, den Ausgangssperren und den Verboten eine drastische Warnung verbirgt: Bürgerinnen und Bürger der Erde, macht nicht weiter wie bisher, sonst ist und geht einfach alles zu Ende – und zwar für immer! 20
Darum flehe ich Sie an: Selbst wenn die Komfort und gegen die Reflexion ent- nige von ihnen, unsäglich naiv oder Lage sich zu beruhigen scheint, lassen schieden hat, für geistige Faulheit statt von dunklen Mächten manipuliert, Sie uns nicht noch einmal dieselben kritischer Vernunft. schon jetzt daran, wieder von vorne Irrtümer begehen! Dass wir überlebt Doch auch seine kriminelle alltäg- anzufangen, zu glauben, alles könne haben, ist an sich schon ein Wunder, liche Routine wollte der gehetzte und wieder werden wie es war. Diese Toten- doch eine zweite Chance werden wir amoralische Mensch dieses dritten gräber der Zukunft haben noch immer nicht erhalten! Man muss nicht an der (und letzten?) Jahrtausends unserer nicht begriffen, dass wir dringend den Sorbonne oder der ETH studiert haben, Zeitrechnung nicht infrage stellen, ver- Kurs ändern, unsere schlechten An um zu begreifen, dass es für uns um Le- brachte lieber Low-Budget-Wochenen- gewohnheiten endgültig zu Grabe ben und Tod geht. Entweder wir ändern den in verschmutzten Hauptstädten tragen müssen, und – wie auf diesen alles, oder wir krepieren. Ganz einfach. als in den Bergen zu wandern, zog bil- Seiten vorgeschlagen – eine prag Ohne Wenn und Aber. Die Gleichung liges Obst und Gemüse aus dem Aus- matische und verantwortungsvolle ist nicht verhandelbar. land den Erzeugnissen unseren Bäue- Autarkiepolitik in die Wege leiten Inzwischen wissen wir, warum rinnen und Bauern vor, genoss lieber müssen. Wenn Sie diesem flammen- dieses verfluchte Virus über unsere die von unterbezahlten Sklaven ange- den Appell zustimmen, dann handeln gedankenlose Zivilisation hereinge- bauten Weine als den Nektar unserer Sie bitte: Indem Sie unverzüglich Ihre brochen ist. Die angesehensten Exper- Weinberge… Welche Hast, welche Het- eigenen schlechten Angewohnheiten tinnen und Experten, die am besten ze, welche Jagd nach Profit und wirt- analysieren und ändern, mit Ihren An- belegten Fachleute und die klügsten schaftlichem Ertrag! Allzu bereitwillig gehörigen und Ihren Nachbarinnen Wissenschafter sind sich einig: Der hat der Mensch seine Augen vor den und Nachbarn sprechen, Ihr politi- Mensch – im weitesten Sinne, versteht verheerenden Folgen der Massentier- sches Votum offen legen, mit gutem sich –trägt die Hauptschuld an dieser haltung verschlossen, vor der Tierquä- Beispiel vorangehen. Die Erde benötigt Katastrophe. Weil er die Natur und die lerei, dem zunehmenden Einsatz von mehr denn je vorausschauende und ak- Tiere nicht respektiert hat, weil er Tag Pestiziden und dem Schmuggel von tive Botschafterinnen und Botschafter. um Tag die Artenvielfalt zerstört hat, Wildtieren… Andernfalls wird der letzte Überleben- weil er sich die fatale Rolle von Umwelt- Seien wir vorsichtig optimistisch: de bald das Licht der Menschheit aus- verschmutzung und Entwaldung nicht Es gibt nicht nur unverbesserliche knipsen müssen… wenn er die Tür des eingestehen wollte, weil er sich für den Idioten! Doch leider machen sich ei- Planeten Erde schliesst. 21
Massentierhaltung Abschaffen: Neun Gründe mehr Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, um sich für die Initiative zur Abschaffung der Massentierhaltung stark zu machen. Den informierten Leserinnen und Lesern des Journal Franz Weber sind sie wohlbekannt. Zahlreiche Gesundheitsexpertinnen und -experten stellen sich hinter die Forderungen der Volksinitiative. Die Coronavirus-Pandemie führt uns 3. Ein einziges krankes Tier genügt, Rentabilität ausgerichtete Billig- unmissverständlich vor Augen, welch um in den überfüllten Gehegen eines fleisch-Produktion in Massentierhal- fatalen Beitrag die intensive oder in- Massentierhaltungsbetriebs tausende tungs-Betrieben fördert zugleich dustrielle Tierhaltung bei der Über- weitere anzustecken. einen unvernünftigen und gesund- tragung von Viren leisten kann. Daher heitsschädlichen Überkonsum tieri- sind hier einige zusätzliche Argumen- 4. Die riesigen Populationen von Tie- scher Produkte. te aufgeführt, an die wir uns erinnern ren, die in den Massentierhaltungs- sollten, wenn die Massentierhaltungs- Betrieben eingepfercht sind, bilden 8. Die zur Errichtung der Infrastruk- initiative den Schweizer Bürgerinnen idealen Nährböden für die Entstehung tur für Massentierhaltungs-Betrie- und Bürgern zur Abstimmung vorge- von neuen für den Menschen patho be notwendigen Arbeiten und Er- legt werden wird. Verhindern wir eine genen Viren. schliessungen schädigen die Umwelt Wiederholung der derzeitigen weltwei- erheblich und tragen zum weiteren ten Tragödie rund um die grassieren- 5. Um den mit ihrer enormen Grös- Verlust der Biodiversität bei. de Pandemie! Oder, wie Mathematiker se verbundenen Risiken entge- sagen würden, machen wir die be- genzuwirken und ihren Ertrag zu 9. Die industrielle Tierhaltung führt zu rühmte Neunerprobe: steigern, werden in Massentierhaltungs- einer zerstörerischen Besiedlung von Betrieben in grossem Umfang Entzün- intakten Naturräumen. Riesige Gebie- 1. Durch die extreme Konzentration dungshemmer und Antibiotika verab- waldung und te werden durch die Ent des Viehs am selben Ort – z.B. bis zu reicht. die Umwandlung der Böden für die 95 000 Kühe in einem einzigen saudi- Massentierhaltung verändert. Auf die- arabischen Betrieb! – ist die Massen- 6. Der massive Einsatz von Antibioti- se Weise werden Kontakte zwischen tierhaltung besonders anfällig für die ka in der industriellen und intensiven Menschen und Wildtieren häufiger und Verbreitung eines Virus. Tierhaltung hat grosse negative Aus- intensiver, was ideale Bedingungen wirkungen auf unsere Gesundheit. für die Übertragung neuartiger Viren 2. Aus den für die industrielle Tierhal- Denn durch den Verzehr des so herge- schafft. Den Angaben der Biodiversi- tung typischen schlechten Lebensum- stellten, mit chemischen Mitteln belas- tätsexpertinnen und -experten der ständen der Tiere mit wenig oder gar teten Fleischs entwickeln immer mehr UNO zufolge sind durch menschliche keinen Aufenthalten im Freien ergeben Menschen eine Antibiotikaresistenz. Aktivitäten eine Million Tier- und Pflan- sich unweigerlich Gefahren für die zenarten vom Aussterben bedroht. Gesundheit der Tiere – sie sind weitaus 7. Die unter Missachtung der Tiere krankheitsanfälliger. ausschliesslich auf wirtschaftliche Jean-Charles Kollros 22
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