JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber

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JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
u n a b h ä n g i g — u n e r s c h r o c ke n — ko m p e t e n t

         JOUR NA L
         FRANZ
         WEBER
         Apr i l | M a i | Ju n i 2 02 0 | Nr. 1 32

     JETZT
EINE NEUE WELT
   SCHAFFEN

                             f f w. c h
JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
INHALT
                                                     Editorial                                                                 3
                                                     En Bref                                                               4–5
                                                     Lasst die Rehe auf dem Friedhof am Hörnli leben                       6–8
                                                     Keine BLS-Werkstatt im Chliforst der Stadt Bern9
—                                                    Die Rütihard – Landschaftsperle vor Basels Toren                     10 – 13
Die Kampagne der Fondation Franz Weber vereint
Einschätzungen von Experten: Nur die bewusste        Creux-du-Van – ein Paradies sucht seine Ruhe                         14 – 15
Umstellung unseres Tierkonsums wird uns vor          Nationalplan für die Natur                                           17 – 19
künftigen Pandemien bewahren. Die Menschen
                                                     Schluss mit den schlechten Angewohnheiten                           20 – 21
müssen mehr pflanzliche Proteine und weniger
tierisches Eiweiss zu sich zu nehmen. Nur so         Zusätzliche Gründe gegen die Massentierhaltung22
können und werden wir Erfolg haben!  Seite 23       #WeilWirTiereEssen – FFW-Kampagne für bewussten Tierkonsum	         23 – 26
                                                     Alarm auf Equidad – Der Gnadenhof muss umziehen                     27– 29
                                                     Elefantendame Mara – ihr langer Weg in die Freiheit                 30 – 33
                                                     Galapagos: Hilfe für das bedrohte Paradies                          34 – 37
                                                     FFW schafft Institut für öffentliche Tierschutzpolitik	             38 – 39
                                                     Corona-Virus zeigt wahres Gesicht der Stierkampf-Industrie          40 – 41
                                                     Kommt nach dem Nein zum Ozeanium das Aus fürs Aquatis?              42 – 43
—
                                                     Giessbach – ein Stück Heimat unterstützen und bewahren              44 – 47
In Argentinien setzt sich das FFW-Team
unermüdlich dafür ein, die Elefanten aus den
Zoos Lateinamerikas zu befreien und ihnen ein
Leben in Freiheit auf einem Reservat im Mato         IMPRESSUM
Grosso, in Brasilien, zu ermöglichen. Nun konnte     EINE PUBLIKATION DER FONDATION FRANZ WEBER
endlich die 50 Jahre alte Elefantendame Mara         CHEFREDAKTION: Vera Weber und Matthias Mast
auf dem Reservat einziehen.	             Seite 30   REDAKTION: Matthias Mast, Julia Fischer, Vera Weber,
                                                     ERSCHEINT 4 x im Jahr
                                                     KONZEPT: KARGO Kommunikation GMBH
                                                     LAYOUT: Gianpaolo Burlon
                                                     DRUCK: Swissprinters AG
                                                     ABONNEMENTE: Journal Franz Weber, Abo, Postfach 257, 3000 Bern 13, Schweiz
                                                     T: +41 (0)21 964 24 24 | E-Mail: ffw@ffw.ch | www.ffw.ch | |
                                                     Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Fotos oder Texten nur mit Genehmigung
                                                     der Redaktion.
—                                                    Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Fotos kann keine Verantwortung
Der Giessbachfall in der einmaligen Parklandschaft   übernommen werden.
hoch über dem Brienzersee bildet eine Welt für
sich. Doch der Erhalt dieses einzigartigen Stücks
Schweizer Heimat hat seinen Preis: Jedes Jahr
werden grosse Geldbeträge für die Pflege sowie
für dringende Sanierungs- und Sicherungsmass­          SPENDENKONTO:
                                                       Postkonto Nr. 18-6117-3, Fondation Franz Weber, 3000 Bern 13
nahmen benötigt, welche die Einnahmen des florie-
                                                       IBAN: CH31 0900 0000 1800 6117 3
renden Hotelbetriebs weit übersteigen.  Seite 44

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JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
EDITORIAL

                                                Liebe Leserin, lieber Leser

                                                ● D
                                                    as    zerstörerische     Konzept    des   Bauwahns verlieren wir seit Jahren jede
                                                  Wachstums «um jeden Preis» gehört            Sekunde einen Quadratmeter Acker-
                                                  abgeschafft. Eine neue wirtschaftspoli-      fläche. Fakt ist: Es besteht ein klarer
                VERA WEBER                        tische Strategie muss entwickelt werden,     Zusammenhang zwischen der Anzahl
        Präsidentin Fondation Franz Weber         die dem Art.2 unserer Bundesverfassung       von Menschen pro Quadratkilometer
                                                  wirklich Rechnung trägt: Eine gerechte       und dem Druck auf die Umwelt.
                                                  und friedliche internationale Ordnung           Das Bundesamt für Statistik prognos-
Das Corona-Virus brachte das gesell-              und dauerhafte Erhaltung der natür-          tiziert für das Jahr 2050 eine Einwohner-
schaftliche und wirtschaftliche Leben             lichen Lebensgrundlagen zu sichern.          zahl von 10,4 Millionen in der Schweiz.
beinahe weltweit zum Stillstand. Zeit-          ● Die Volksinitiative «Keine Massentier­      Das bedeutet: 250 Menschen müssten
gleich sanken die Verschmutzung von                haltung in der Schweiz» muss der Bun-       dann auf einem Quadratkilometer zu-
Luft und Wasser während der Zeit des               desrat ohne Wenn und Aber zur An­           sammenleben – berücksichtigt man,
sogenannten       «Lockdown»       drastisch.      nahme empfehlen.                            dass die Berge unbewohnbar sind, wären
Plötzlich schwimmen wieder Fische in            ● Flugbenzin muss wie alle anderen fos-       es gar 370 Menschen pro Quadratkilo-
den Kanälen Venedigs, und im Hafen von             silen Brennstoffe besteuert werden. Die     meter. Diese singapur-ähnliche Schweiz
Genua zeigten sich Delfine. Diese Nach-            Forderungen der Gletscher-Initiative        ginge mit der endgültigen Vernichtung
richten sollten uns sehr erfreuen!                 müssen umgesetzt werden.                    der Biodiversität im Land einher. Dem
   Nach Jahren des Leids hat sich die           ● Die Trinkwasserinitiative und die Ini-      werden die mageren Bauverdichtungs-
Lebensqualität unserer Mitlebewesen                tiative für eine Schweiz ohne synthe-       programme sicherlich nicht abhelfen…
endlich ein wenig verbessert. Doch der             tische Pestizide darf der Bundesrat nicht      Das Problem ist nicht auf die Schweiz
Lockdown hat – wie viele medizinische              bekämpfen.                                  beschränkt – es existiert weltweit. Kon-
Interventionen – erhebliche Nebenwir-           ● Die     Konzern-Verantwortungs-Initia-      flikte zwischen Mensch und Tier wer-
kungen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit            tive soll vom Bundesrat bedingungslos       den immer häufiger – man denke dabei
wird die weltweite Rezession die Nöte              unterstützt werden, weil sie die Gesund-    nur an die afrikanischen Elefanten, jene
der bereits heute unter Armut leidenden            heit der global benachteiligten Men-        emblematische Art, für deren Schutz
Menschen noch verschlimmern. Selbst                schen, zum Beispiel in Lateinamerika        sich die FFW praktisch seit ihrer Grün-
in unserer hochentwickelten westlichen             oder in Afrika, verbessern würde. Denn      dung einsetzt. Will man die Katastrophe
Welt sind Expertinnen und Experten zu-             nicht nur die Gesundheit der Schwei-        noch abwenden, die sich anbahnt, sind
folge einer noch nicht absehbaren Zahl             zerinnen und Schweizer darf für den         Zusammenarbeit und Massnahmen
geschäftlicher und privater Konkurse zu            Bundesrat im Fokus stehen. Diese Form       auf globaler Ebene unerlässlich. Die
erwarten, mit den entsprechenden Folgen            der Egozentrik würde letztendlich auch      reichen und mächtigen sogenannten
für die psychische Gesundheit der Betrof-          den Interessen der Schweiz schaden.         «Wohltäter» – wie etwa Bill Gates – dür-
fenen und auch ihrer Angehörigen.                  Verschlechtert sich die Gesundheit der      fen sich nicht länger ausschliesslich auf
   Die Frage stellt sich, ob die Regierungen       Menschen in den Ländern des globalen        die Organisationen konzentrieren, die
dieser Welt wirklich so sehr am Wohl der           Südens weiter, wird auch die Migration      den wirtschaftlichen Nutzen der west-
Menschen interessiert sind, wie sie dies           zunehmen, und damit wiederum der            lichen Welt sicherstellen, wie die WHO,
gebetsmühlenartig bekräftigen. In der              Druck auf die Schweiz – ein Negativ-        sondern auch andere unverzichtbare
Schweiz zum Beispiel betonte der Bun-              Kreislauf, der nur durch inklusives Den-    internationale Gremien finanzieren,
desrat bei der Bekanntmachung der ein-             ken für Mensch, Tier und Natur durch-       namentlich den Bevölkerungsfonds der
schneidenden und wirtschaftlich schmerz-           brochen werden kann.                        Vereinten Nationen (UNFPA).
haften Massnahmen unter Berufung auf            Gleichzeitig dürfen wir uns nicht scheuen,        Wachstum im Allgemeinen, sei es
das Notrecht, wie wichtig ihm die Gesund-       nach der Corona-Krise endlich an einem         wirtschaftlich oder demographisch,
heit der Bevölkerung sei.                       der grossen Tabus unserer Zeit zu rütteln:     ist kein tragfähiges Modell für unsere
   Wenn es der Bundesrat tatsächlich            Das Bevölkerungswachstum! Der land-            Erde. Wir brauchen schleunigst eine
ernst meint mit unserer Gesundheit, dann        wirtschaftliche Boden in der Schweiz er-       Alternative – zum Wohl von Tier, Natur
müssen sich folgende Dinge unverzüglich         nährt aktuell höchstens 25 Prozent der         und von uns Menschen!
ändern:                                         Bevölkerung. Wegen des anhaltenden                                      Ihre Vera Weber

                                                                3
JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
EN BREF

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                                                                                              e i n e S chande
                                                                                          ...

                  *
            NATURSCHUTZ                                                                                *
                                                                                                  TIERSCHUTZ

      Basler                                                                              Ständerat
   Hafen­becken 3                                                                     erlaubt weiterhin
    kommt zur                                                                            Gräueltaten
   Abstimmung                                                                         in Schlachthöfen
Am 8. Juni konnte das Komitee «Nein
                                                Referendum                            Ein trauriger Tag für die Nutztiere:
zum Hafenbecken 3» die gesammelten              Jagdgesetz                            Am 3. Juni 2020 hat der Ständerat, mit
Unterschriften für das Referendum                                                     32 zu 5 Stimmen, eine Motion von SR
gegen das geplante Hafenbecken 3 und      Abstimmungsdatum festgesetzt: Nein          Daniel Jositsch (SP/ZH) endgültig zu
das damit verbundene Megaprojekt          zur missratenen Revision des Jagd­          Grabe getragen. Die Motion verlangte,
«Gateway Basel Nord» bei der Staats-      gesetzes am 27. September 2020! Infor-      dass die Räume für die Betäubung und
kanzlei des Kantons Basel-Stadt einrei-   mieren Sie jetzt Familie, Freunde und Be-   das Ausbluten von Tieren in Schweizer
chen. Dies, nachdem Corona-bedingt        kannte – Wildtiere in der Schweiz dürfen    Schlachthöfen künftig mit Video über-
im März landesweit alle Unterschrif-      nicht «präventiv» zum Abschuss freige-      wacht werden.
tensammlungen      gestoppt    werden     geben werden!                                  Mit der Annahme der Motion Jo-
mussten. Aufgrund der hohen Anzahl                                                    sitsch hätte Bundesbern endlich echte
Unterschriften dürfen wir davon aus-                                                  Bereitschaft zeigen können, etwas für
gehen, dass das Referendum zustande                                                   die Würde und das Wohlergehen der
kommt: Die Baslerinnen und Basler                                                     Schweizer Nutztieren zu tun. Doch
haben es in der Hand, die unverschäm-                                                 lieber soll im Dunkeln bleiben, was in
te Zerstörung geschützter Natur zu                                                    der Verborgenheit der Schlachthöfe
verhindern!                                                                           tatsächlich vor sich geht. Warum eine
                                                                                      solche Geheimniskrämerei um diese
                                                                                      Orte veranstalten, wenn sie sich wirk-
                                                                                      lich nichts vorzuwerfen haben?

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JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020

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«Die Menschheit krankt an ihrem blindwütigen Profitstreben. Setzen
 wir doch endlich ein Zeichen: Sagen wir Ja zu einer menschen- und
zugleich schöpfungsgerechten Forschung! Ja zum wahren Fortschritt.
          Ja zur Achtung des Lebens in allen seinen Formen.»
                                                       FRANZ WEBER

                                       Unmöglich: Die Wilderei geht weiter!
                                  Grässliche Nachrichten erreichen uns aus                 ten unsere sanften Riesen innerhalb von
                                  Afrika: Anfang Juni wurden in Äthiopien                  zehn Jahren ausgerottet sein. Die aktuelle
                                  mindestens sechs Elefanten wegen ihres                   Krise und insbesondere die wirtschaftli-
                                  Elfenbeins abgeschlachtet. Ein grauenvolles              chen Folgen der weltweiten Corona-Epide-
                                  Schicksal, das bald viele weitere Artgenossen            mie verschärfen die Situation: Obwohl der
                                  ereilen könnte. Denn die Wilderei ist eine               Handel mit Tieren und Pflanzen das
                                  parallel grassierende Pandemie, die aber                 Geschäft organisierter krimineller Netz­
                                  nicht thematisiert wird, da sie uns Men-                 werke ist, wird die Wilderei vor Ort häufig von
                                  schen nicht direkt betrifft.                             armen und verzweifelten Menschen betrie-
                                     Der Afrikanische Elefant wird – ge-                   ben. Deren Zahl steigt in den Entwicklungs-
                                  nauso wie viele andere bedrohte Arten,                   ländern derzeit infolge der Ausgangssperren
                                  zum Beispiel das in Zusammenhang mit                     rasant an. Um zu verhindern, dass ständig
                                  Covid-19 «berühmt» gewordene Schuppen-                   noch mehr Wildtiere getötet werden, müs-
                                  tier – diesem Tempo weitergeht, könn-                    sen wir kämpfen, mehr denn je!

                                          SAUVER LAVAUX:
                                                              *
Beschwerde zurückgewiesen:
     Der Kampf geht weiter!
Leider kam es wie erwartet: Die Gemeinde Puidoux hat den
Immobilien-Spekulanten den Vorzug gegeben, indem sie
die von Sauver Lavaux und weiteren Naturschutzorganisa-
tionen formulierte Beschwerde gegen das Projekt der Erben-
gemeinschaft Testuz und der Immobiliengruppe Orlatti im
Rahmen des Bezirksplans «Treytorrens-Nord» zurückgewie-
sen hat (Wir berichteten im Journal Franz Weber 131). Der
Kampf muss jetzt härter denn je gefochten werden. Denn
das von den Spekulanten ins Visier genommene Gebiet
befindet sich im Herzen der Region Lavaux – diesem faszi-
nierenden Ort über dem Genfersee, der von der UNESCO
zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Sauver Lavaux und
Helvetia Nostra werden deshalb Beschwerde beim Kantons-
gericht Waa einreichen. Wir bleiben dran – zum Schutz des
einzigartigen Lavaux!

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JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
TIER
                                                          SCHUT Z

                      Cri du cœur!
   Kleine Schäden durch Wildtiere, Grosse Abfallberge
      der Menschen – Schauen wir uns doch endlich
                 selbst auf die Finger!
Im Kanton Basel-Stadt, auf dem Fried-    wenn man den Schaden bedenkt, den        zierwege – das Ende der Ausgangssper-
hof am Hörnli, wollen die Behörden       die Menschheit als Ganzes dem Pla-       re lässt grüssen! Ein markantes Beispiel
kaltblütig auf Rehe schiessen lassen –   neten zufügt: Umweltverschmutzung,       für die Plage, die die Menschen für
weil sie Grabschmuck abgeäst haben.      Zerstörung der Urwälder, Tausende        unsere Erde darstellen. Sie entwurzeln
Lieber tötet man unschuldige Lebewe-     von Tonnen Abfall, die einfach in die    Pflanzen, lassen ihren Plastik zurück in
sen, statt die Behebung dieser kleinen   Gewässer geworfen werden... und seit     der Stadt und in der freien Natur glei-
«Schäden» in die routinemässige Pfle-    kurzem auch Handschuhe und Mas-          chermassen, und wir lassen sie dies
ge des Friedhofs einzubeziehen, wie      ken, die in die Ozeane gelangen.         willentlich und ungestraft tun. Gleich-
man es ja auch bei Schäden durch star-     In Basel selbst wurde in den vergan-   zeitig fressen ein paar Rehe Blumen auf
ken Regen, Wind oder Schnee macht.       genen Tagen das Rheinufer schändlich     einem Friedhof und sollen dafür die
Eine solche Missachtung des Lebens       zugemüllt, überquellende Mülleimer       Todesstrafe erhalten. Oh, Mensch! Gib
von Tieren ist umso schockierender,      voller Fastfood-Reste säumten die Spa-   acht!                      Vera Weber
                                                       ©Oliver Bieli

                                                                                                                             ©Oliver Bieli

      Lasst die
Rehe am Hörnli
                                                                                                                    ©Andreas Meier.

        leben!
                                                                       6
JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
Makabere Nachrichten aus der Nordwest-                          unseres Rekurses sind die verabscheuungs-
schweiz schockierten im Mai die ganze                           würdigen Pläne der Basler Stadtgärtnerei
Schweiz: Rehe, die seit etlichen Jahren fried-                  und der Gemeinde Riehen bis mindestens am
lich auf dem Friedhof am Hörnli ein- und                        20. Juni auf Eis gelegt. Die definitive Ret-
ausgehen, und damit den Besuchenden der                         tung der Rehe ist damit allerdings noch nicht
Verstorbenen viel Trost und Mut spenden,                        gesichert. Wir fordern friedliche Lösungen, in
sollen erlegt werden – weil sie zuweilen Grab-                  Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.
schmuck fressen. Die Abschussbewilligung
dazu war bereits erteilt. Dank der Einreichung                                              Fondation Franz Weber

                                         Die Rehe auf dem Friedhof am
                                         Hörnli in Riehen (BS) sind dank dem
                  *
                  DR. HEINRICH
                                         Rekurs der Fondation Franz Weber
                  UEBERWASSER
                  Advokat                vorläufig gerettet: Wie geht es jetzt
                  —
                                         weiter?
Am 12. Mai 2020 erteilte die Kantons-    Heimatschutzes – einmaligen basel-         Tor-Management verbessert werden.
polizei Basel-Stadt der Stadtgärtnerei   städtischen Friedhof am Hörnli: Die        Bisherige   Vergrämungsnassnahmen
die Bewilligung «zur Reduktion des       Rekurs-Anmeldung liegt jetzt beim          sollen optimiert und zusätzliche ge-
Rehwildbestandes auf dem Friedhof        Justiz- und Sicherheitsdepartement.        testet werden. Verhältnismässig ergän-
am Hörnli durch Abschuss». Am 20.        Nächste Verfahrensschritte sind die        zende Mittel zu den vorgesehenen Tö-
Mai 2020 haben die Fondation Franz       Akteneinsicht und Rekurs-Begründung.       tungen wären allenfalls, gewisse Tiere
Weber, die Stiftung Helvetia Nostra,     Denn nur wenn der Rekurs gewonnen          zu betäuben und aus dem Friedhof zu
Vera Weber und Heinrich Ueberwasser      wird, bleiben die Rehe definitiv vom Ab-   bringen, oder auch direkte Massnah-
dagegen Rekurs angemeldet. Dank der      schuss verschont.                          men zu ergreifen, um die Fortpflan-
damit ergriffenen Beschwerde darf mit                                               zung der Rehe einzuschränken.
dem Abschuss der Rehe nicht begon-       DIE LÖSUNG SOLL AM
nen werden. Die Rehe geniessen damit     RUNDEN TISCH GEFUNDEN WERDEN               UNKLARES VORGEHEN UND
nicht nur eine Gnadenfrist, sondern      Die Fondation Franz Weber lädt die         ZWEIFEL DER VERWALTUNG
die aufschiebende Wirkung gilt wäh-      Stadtgärtnerei und die Kantonspoli-        Bereits gesichtete Akten zeigen, dass
rend des laufenden Verfahrens vor Re-    zei deshalb gezielt an einen Runden        die Verwaltung selbst Bedenken gegen
gierung oder Gericht. Solange ist also   Tisch ein. Denn das Ziel des Rekurses      die Abschusswünsche hegte und eben-
dem vom Kanton Basel-Stadt bewillig-     und des Runden Tisches ist klar: Auf       falls Einwände hatte, wie sie im Rekurs
ten Abschuss mit Kugelgewehr, Spezi-     dem Friedhof am Hörnli darf kein Tier      von der Fondation Franz Weber geltend
almunition und einem Nachtsicht-Ziel-    erschossen werden. Gemeinsam sollen        gemacht werden: Bei den Angaben über
gerät ein Riegel geschoben.              deshalb innovative Lösungen in Form        die Rehpopulation handelt es sich ledig-
                                         eines effektiven Wildtier-Manage-          lich um Schätzungen und nicht um eine
NUR DANK DES REKURSES DER                ments entwickelt und getestet werden,      wissenschaftliche Erhebung. Der An-
FONDATION FRANZ WEBER SIND               um die Anliegen aller Beteiligten zu       trag ist zu unklar definiert. «Schäden»
DIE REHE VORLÄUFIG GERETTET

            prüfen und zu erfüllen, ohne dass dabei    durch die Rehe und Kosten für die Mass-
Nun begehen wir die nächsten Schrit-     Tiere getötet werden. Insbesondere sol-    nahmen sind nicht sauber ausgewiesen.
te in der Rettung der Rehe auf dem       len Schäden am Grabschmuck wirksam            Auch die erwähnte Unfallgefahr
– aus der Perspektive des Natur- und     minimiert und das Bepflanzungs- und        – es hat bisher noch keinen einzigen

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JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
TIER
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                                                                                      der Anlage vom 26. Novem-         gende Teil der Besucherin-
                                                                                      ber 1925 dargelegt, als Basler    nen und Besucher über die
                                                                                      Beisetzungsstätte in einem        Begegnung mit Wildtieren,
                                                                                      übergeordneten Naturraum          insbesondere Rehe sehr er-
                                                                                      realisiert. Zitat aus dem Rat-    freut ist. Dies lässt sich von
                                                                                      schlag von 1925: «Der im          zahlreichen Hinweisen und
                                                                                      Grün der Landschaft ein-          Bitten besorgter Angehöriger
                                                                                      gebettete Friedhof soll im        ableiten, die Friedhofverwal-
                                                                                      Gegensatz zu unseren heu-         tung möge von Massnahmen
                                                                                      tigen, teilweise recht uner-      zur Vertreibung oder gar Be-
                                                                                      freulichen Begräbnisstätten       jagung der Tiere absehen.»
            Vera Weber auf dem Friedhof Hörnli, wo ihre Grosseltern
                                                                                      dem Besucher denjenigen
        väterlicherseits und auch ihr Onkel ihre letzte Ruhen fanden.
                                                                                      Abstand vom Alltag bringen,          Und auf die Frage Hein-
                                                                                      der heute in Basel nirgends       rich Ueberwassers, ob Rehe
      Es braucht Glück, auf dem Friedhof Hörnli ein Reh zu entdecken
                                                                                      gefunden wird, den aber           für den Friedhof und die
                 – Vera Weber hatte es an einem frühen Mai-Morgen
                                                                                      viele schwer vermissen.» Im       Totenruhe als störend oder
                                                                                      Übrigen waren die Verfasser       tröstlich empfunden wer-
                                                                ©Andreas Meier.

                                                                                      namentlich bestrebt, durch        de, schrieb der Regierungs-
                                                                                      die Schaffung grosser Wald-       rat: «Aufgrund zahlreicher
                                                                                      flächen einen «Friedhof im        Reaktionen aus dem Pub-
                                                                                      Walde anzulegen».                 likum wird die Begegnung
                                                                                                                        mit Wildtieren als äusserst
                                                                                      NEBENEINANDER VON NATUR           positiv, auch tröstlich emp-
                                                                                      UND BESTATTUNGSKULTUR:            funden. Vereinzelt erkennen
                                                                                      BEREITS DER WUNSCH DER            Angehörige in den Wildtie-
                                                                                      ERBAUER DES FRIEDHOFS             ren gar eine besondere Ge-
                                                                                      Mit der Konzeption dieses         genwart ihrer verstorbenen
                                                                                      einmaligen Friedhofs wur-         Verwandten.»
                                                                                      de implizit die Möglichkeit
                                                                                      geschaffen, dass sich Natur       AUF EINEM FRIEDHOF
                                                                                      und damit auch die Wild­          DARF NICHT GETÖTET WERDEN
Unfall bei der Begegnung          2015 SICHERT REGIERUNG                              tiere im Areal einfinden          – ZU KEINER STUNDE
von Rehen und Menschen            NOCH ZU: «ABSCHUSS IST                              können. Die Anwesenheit           Die Rehe auf dem Friedhof
auf dem Friedhof am Hörnli        KEIN THEMA»                                         der Rehe ist Zeugnis dafür,       am Hörnli – und ihr unsi-
gegeben – ist nicht näher         Abzuklären ist auch, was die                        dass die heutige Gestaltung       cheres Schicksal – berühren
umschrieben, und es ist           Regierung seit 2015 verpasst                        die optimale Form eines           unsere Herzen. Der Rekurs
nicht geklärt, wie real diese     oder sogar falsch gemacht                           Nebeneinanders von Natur          der Fondation Franz Weber
ist. Die Fondation fordert        hat. Damals sicherte der Kan-                       und Bestattungskultur dar-        ist aber verfassungs-, natur-,
deshalb eine sofortige Auf-       ton Grossrat Heinrich Ueber-                        stellt, wie es bereits 1925 an-   heimatschutz-, jagd- und
klärung und weitere Akten-        wasser in der Beantwortung                          gestrebt wurde.                   tierschutzrechtlich begrün-
einsicht.                         von dessen Interpellation zu,                                                         det. Es genügt uns nicht, dass
                                  ein Abschuss von Wildtie-                              Der Regierungsrat betonte      die Kantonspolizei die bei
Ziel des Rekurses der FFW:        ren zwecks Vermeidung von                           2015 weiter: «Aufgrund der        Nacht mit Spezialmunition
Auf dem Friedhof dürfen           Wildschäden auf dem Fried-                          Tatsache, dass nur einzel-        und Schalldämpfer vorgese-
keine Rehe abgeschossen           hof am Hörnli sei für den                           ne Angehörige unmittelbar         henen Tötungen von Rehen
werden. Über alle anderen         Regierungsrat kein Thema                            von einem Schaden betrof-         an Sonn- und Feiertagen
Anliegen auch der Stadt­          Der Regierungsrat stellte                           fen sind, welcher eindeutig       verbietet. Auf einem Fried-
gärtnerei soll an einem           damals fest: «Die Friedhof-                         auf Wildtiere zurückzufüh-        hof darf nicht getötet werden
Runden Tisch diskutiert           anlage am Hörnli wurde,                             ren ist, muss angenommen          – zu keiner Stunde irgend-
werden.                           wie im Ratschlag zum Bau                            werden, dass der überwie-         ­eines Tages.

                                                                                  8
JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020

           KEINE BLS-WERKSTATT
               IM CHLIFORST!
Das Gäbelbachtal mit dem «Chliforst                   Die Fondation Franz Weber (FFW)
Nord» ist ein malerischer Naherho-                    kämpft gegen industrielle Gross-
lungsraum auf dem Gemeindeboden                       projekte auf der grünen Wiese im
der Stadt Bern.                                       Westen der Stadt Bern. Auch dann,
Doch diese einzigartige grüne Lunge                   wenn sie mit dem Mäntelchen des
ist in Gefahr!                                        «öffentlichen Verkehrs» begrünt
Denn abseits von Industriegebiet,                     sind. Die FFW wird deshalb gegen
Autobahnanschluss und ausgebautem                     den geplanten «Grossklotz im Chli-
Strassennetz ist eine riesige Bahn-                   forst» kämpfen: Auf politischem Weg
Werkstätte mit 24-Stunden-Schicht-                    oder auch mit juristischen Mitteln.
betrieb zur Reinigung der Züge geplant.               Nötigenfalls bis vor Bundesgericht.
                                                  9
JETZT EINE NEUE WELT SCHAFFEN - FRANZ WEBER - Fondation Franz Weber
Rütihard – Lan

                                       vor Base
                             In der aktuellen Zeit erweist sich
                          Erholungsraum in der Natur mit Land­
                              wirtschaft als kostbarstes Gut.
                             Dieses kollidiert auf der wunder­
                           schönen Rütihard oberhalb Muttenz
                             mit wirtschaftlichen Interessen:
         *
  THOMAS ABEL
                           Die Schweizer Salinen planen in die­            *
                                                                   CÉCILE SPEITEL
Interessengemeinschaft
 «Rettet die Rütihard»
                            ser besonderen Landschaft Salz ab­    Interessengemeinschaft
                                                                   «Rettet die Rütihard»
          –
                         zubauen. Gegen solche Art von Nutzung              –

                         gibt es Widerstand in der Bevölkerung.
                         Die Fondation Franz Weber unterstützt
                                die Interessengemeinschaft
                                           10
ndschaftsperle

els Toren                                                                                                                                —
                                                                                       Wer hier hinaufsteigt, hat das Gefühl, die Stadt zu
                                                                                       verlassen und in einer Oase der Ruhe einzukehren.

  Noch nie wurde die Rütihard ober-        Hier hinauf kommen auch Menschen           rung zu finden, und wenn der Bauer das
  halb Muttenz so intensiv besucht wie     aus der Region, um in der Natur Ruhe       Feld pflügt, suchen Störche nach Wür-
  seit diesem Frühling. Familien schie-    und Abstand zum Alltag zu finden,          mern. Hier oben gibt es Weitblick über
  ben ihre Kinderwagen auf die Anhöhe,     um anderen Menschen zu begegnen            eine vielgestaltige, anmutige Land-
  Teenager suchen ihren Freiraum, wer      und sich auszutauschen, als Familie        schaft, mehrere Kilometer bis hin zum
  einen Hund hat, führt ihn hier spazie-   an einer Feuerstelle, als Mitglieder von   Wartenberg und seinen Burg­    ruinen.
  ren, Andere biken, joggen oder sind      Jugendgruppen oder um sich durch           Keine Strommasten durchkreuzen die
  zu Pferd unterwegs. In dieser wunder-    Bewegung zu entspannen.                    Sicht, und von den meisten Orten aus
  schönen, vielfältigen Landschaft fühlt                                              gesehen verbergen Bäume Industrie­
  man sich frei von der Hektik, dem Lärm   WAS MACHT DIE RÜTIHARD                     kamine und Häuser.
  und dem Geruch einer städtischen         SO BESONDERS?
  Agglomeration. Der Blick kann in die     Wer hier hinaufsteigt, hat das Gefühl,     IST DIESE LANDSCHAFT WIRKLICH
  Weite schweifen. Hierhin entführt,       die Stadt zu verlassen und in einer Oase   SCHÜTZENSWERT?
  würden er und sie kaum ahnen, dass       der Ruhe einzukehren. Da die Rütihard      Die Rütihard ist ein Kulturraum mit
  sich im Umkreis weniger Kilome-          ringsum von Wald umgeben ist – ein         hoher Biodiversität, mit Wald und
  ter der am dritthäufigsten befahrene     Teil davon ist Naturschutzgebiet – fühlt   gebuchteten Waldrändern, Hecken,
  Autobahnabschnitt, der grösste Güter-    man sich abgeschirmt vom Siedlungs-        vielen Hochstamm-Obstbäumen, Wie-
  bahnhof und der gewaltigste Industrie-   und Industriegebiet der Agglomera-         sen, Weiden und landwirtschaftlichen
  standort der Schweiz befinden. Diese     tion Basel. Einzig das Krächzen von        Nutzflächen. Kühe und Kälber sowie
  Landschaftsperle vor Basels Toren ist    Krähen und das Klopfen von Grün-,          Schafe weiden hier, auch eine grosse
  nicht einzig für die Muttenzerinnen      Grau- und Buntspechten sind zu hören.      Zahl von Pferden, denn im Süd­osten
  und Muttenzer ein wichtiger Erho-        Milane und andere Greifvögel kreisen       liegt ein Bauernhof mit Reitstall. Den
  lungsraum oder Experimentierfeld für     am Himmel, ein Graureiher fliegt Rich-     ganzen Tag sind Reiterinnen und Rei-
  Waldspielgruppen und Schulklassen.       tung Rothallenweiher, um dort Nah-         ter unterwegs auf den zumeist un-

                                                             11
—
                                                                                                              Die Landschaftsperle
                                                            NATUR                                             Rütihard ist aktuell be-
                                                            SCHUT Z                                           droht durch ein 40 Jahre
                                                                                                              dauerndes Salzabbauprojekt
                                                                                                              der Schweizer Salinen AG,
                                                                                                              welches diese Naherho-
                                                                                                              lungsoase zur Grossbau-
                                                                                                              stelle machen würde. Die
                                                                                                              Interessengemeinschaft
                                                                                                              «Rettet die Rütihard»
                                                                                                              kämpft deshalb dafür, dass
                                                                                                              die Rütihard als naturnahe
                                                                                                              Landschaft mit angrenzen-
                                                                                                              den Naturschutzgebieten
                                                                                                              und schonender Landwirt-
                                                                                                              schaft erhalten bleibt und
                                                                                                              vom geplanten Salzabbau
                                                                                                              sowie anderen Eingriffen
                                                                                                              verschont bleibt.

geteerten Strassen und Wegen. Zwei        Vorschriften. So dürfte beispielsweise        Sie haben insgesamt fünfzig Hektaren
Bienenhäuschen sind Heimat für die-       der Anbau von Gemüse nicht mit Plas-          von der Bürgergemeinde Muttenz ge-
jenigen Nutztiere, die für Befruchtung    tikfolien abgedeckt werden. Auch das          pachtet, die fast alles Land wie auch
der Nutzpflanzen sorgen, wie Linsen,      Aufstellen eines grösseren Stalles für        den umgebenden Wald besitzt. Die
Kichererbsen, Kürbisse und natürlich      Kühe oder Schafe ist nicht erlaubt.           Weiden, das Gras der Wiesen, und der
für die Hochstamm-Kirsch- und Apfel-                                                    Kulturmais dienen vor allem der Füt-
bäume. Dank der Anzahl ökologischer       LANDWIRTSCHAFT UND NATUR –                    terung der Schafe, Rinder oder Pferde
Nischen und Lebensräume gibt es auch      ZUSAMMENSPIEL ODER WIDERSPRUCH?               des eigenen Betriebs. Gedüngt wird
eine grosse Vielfalt an Pflanzen und      Lokal statt global! Was auf der Rütihard
Tieren zu erleben. Die Rütihard grenzt    angebaut und geerntet wird, erreicht in
im Osten und Südosten an Natur-           erster Linie den Hofladen: Kartoffeln,
schutzgebiete und gehört selber in die    Weizen, Urdinkel, Gerste, Linsen oder                                                   —
Landschaftsschutzzone. Das bedeutet:      Kichererbsen. Fünf Landwirte bewirt-                 Auf der Rütihard darf Landwirtschaft
Hier darf Landwirtschaft betrieben        schaften schonend nach den Standards
                                                                                             betrieben werden, diese unterliegt aber
werden, diese unterliegt aber strengen    der Integrierten Produktion das Land.
                                                                                                              strengen Vorschriften.

           DIE INTERESSENGEMEINSCHAFT
               «RETTET DIE RÜTIHARD»
                         Die Interessengemeinschaft Rettet die Rütihard» will die
                         Rütihard als naturnahe Landschaft mit angrenzenden Natur-
                         schutzgebieten und schonender Landwirtschaft erhalten und
                         vom geplanten Salzabbau sowie anderen Eingriffen verschont
                         bleibt. Die IG informiert die Öffentlichkeit regelmässig mit
                         Flyern, Flurbegehungen, Vorträgen sowie über Facebook und
                         ihre Website:                     www.rettetdieruetihard.ch

                                                               12
NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020

                —
     Die Rütihard
 grenzt im Osten
    und Südosten
an Naturschutz­
      gebiete und
 gehört selber in
die Landschafts-
     schutzzone.

hauptsächlich mit organischem     allerdings ökologisch gesehen             ist aktuell bedroht durch ein       Jahren wäre das Salzfeld aus-
Dünger aus dem eigenen Vieh-      stark verarmt. Die Artenvielfalt          40 Jahre dauerndes Salzabbau-       gebeutet. Zurück blieben 30
bestand.                          ist im offenen Kulturraum mit             Projekt der Schweizer Salinen AG.   riesige mit Salzwasser und Pro-
                                  Hecken und Nischen grösser                Der Schweizer Salzmonopolist        duktionsabfällen gefüllte Hohl-
   Der Name Rütihard bedeutet     als im Wald. Hinzu kommt: Die             baut bereits seit einem halben      räume in 200 bis 300 Meter Tie-
nichts anderes als «gerodeter     auf der Rütihard vorkommen-               Jahrhundert in Muttenz Salz ab.     fe. Zurück blieben auch die im
Wald». Vor mehreren tausend       den Lössböden gehören zu den              Aus 72 Bohrlöchern deckt Mut-       Boden versenkten Leitung und
Jahren – in der Jungsteinzeit –   besten Ackerböden der Schweiz             tenz seit 50 Jahren die Hälfte      die zubetonierten Flächen der
wurde der ursprüngliche Wald      – umso mehr der geeignete Ort,            des Schweizer Salzbedarfs. Nun      Bohrpätze, als Narben auf und
auf der Rütihard gerodet. Es      Lebensmittel für die Region zu            planen die Salinen, die Rütihard    unter der Erde, die Mikroflora,
gibt Stimmen, die die Rütihard    produzieren.                              zum nächsten Salzabbaugebiet        Mikrofauna und Fruchtbarkeit
am liebsten wieder dem Lauf                                                 von Muttenz zu machen, ob-          beeinträchtigend.
der Natur übergeben möchten.      BEDROHUNG DURCH                           wohl die Salzvorräte unter der
Eine sogenannt naturbelassene     SALZABBAU-PROJEKT                         Rütihard gerade mal für maxi-       FAZIT
Rütihard mit reinem Wald wäre     Die Landschaftsperle Rütihard             mal 9 Jahre den Salzbedarf der      Die Rütihard ist eine grüne
                                                                            Schweiz decken könnten. Sie         Oase der Ruhe in Muttenz, wo
                                                                            wollen diese besonders schöne       Landwirtschaft und Natur zu-
                                                                            Landschaft ab 2025 flächende-       sammenwirken, ein Erholungs-
                                                                            ckend mit 30 Bohrlöchern und        und Erlebnisraum, der für die
                                                                            einem Netzwerk von Wasser-,         Menschen in der Agglomeration
                                                                            Sole-, Strom- und Stickstoff-       wichtig ist, je länger je mehr.
                                                                            gasleitungen überziehen. Grä-       Die Integrität dieser Landschaft
                                                                            ben würden ausgehoben und           darf nicht dem Abbau des heute
                                                                            während Jahrzehnten würde           billigen und weltweit im Über-
                                                                            die Rütihard immer wieder zur       fluss vorhanden Rohstoffs Salz
                                                                            Grossbaustelle, von unabsehba-      geopfert werden – es gibt öko-
                                                                            ren geologischen Risiken ganz       nomisch und ökologisch bessere
                                                                            zu schweigen. Nach 30 bis 40        Alternativen.

                                                                       13
NATUR
                                                      SCHUT Z

                         Creux-du-Van:
                       Ein Paradies sucht
                          seine Ruhe!
   Der Creux-du-Van ist ein kleines Stück Paradies. Wer erliegt
   nicht dem Charme seiner unglaublichen Landschaft, dem
   atemberaubenden Felsenkessel, den grünen Wiesen und
   den Rufen der zahlreichen dort lebenden Vögel? Richtig: Es
   sind sehr wenige Menschen. Deswegen ist der Ort zu einem
   Tummel­platz für Wanderer, Hobbyfotografen und Spazier­
   gänger geworden, was zur Folge hat, dass die von den Tieren
   dringend benötigte Ruhe fehlt. Leider reagieren die Behörden
   auf den Ansturm der Menschen in der Natur nur zögerlich.

                         *
                 ANNA ZANGGER
                   Rechtsanwältin
                        —

                                                 —
   Die Bilder der riesigen Felsenarena (Bild rechts
   oben) sowie der Landschaft des Creux-du-Van
(Bild rechts) täuschen: Meistens tummeln sich in
 diesem Naturparadies viele Menschen – zuviele!
     Den Tieren fehlt die dringend benötigte Ruhe.

                                                        14
Die Bedrohungen für den Creux-du-             Die – minimalen – Schutzmassnah-            Anstelle der zaghaften geplanten
Van sind vielfältig und ernst: Wanderer,   men des Neuenburger PAC werden den          Massnahmen schlug Helvetia Nostra
Fotografen, Jäger und neuerdings auch      Erfordernissen für die Wiederherstel-       bereits vor, das eidgenössische Jagd-
Drohnen... Diese «Unruhe-Herde» zu         lung und Erhaltung des Gebiets nicht        banngebiet auf die gesamte Schutzzone
beseitigen und das Naturdenkmal zu         annähernd gerecht, ebenso wenig wie         des Creux-du-Van auszudehnen. Lei-
erhalten ist ein nicht enden wollender     der Waadtländer DC. Insbesondere darf       der stiessen die Vorschläge der Stiftung
Kampf.                                     in der Schutzzone gejagt werden, ob-        bei den Behörden auf taube Ohren, die
   Verstärkt wird das Problem aktuell      schon bestimmte Arten, darunter das         – wie allzu oft – touristische und finan-
noch durch das Ende der Corona-Aus-        Auerhuhn, vom Aussterben bedroht            zielle Interessen höher bewerteten als
gangsbeschränkungen und das Bedürf-        sind. Das ergibt keinen Sinn: Entweder      den Naturschutz.
nis der Bevölkerung nach Bewegung          schützt man einen Ort und weist ihn            Helvetia Nostra legte deshalb bei
im Freien. Am Auffahrtswochenende          dann auch als echte Ruhezone für Flo-       den Gerichten von Neuenburg und
strömte eine solche Unzahl von Men-        ra und Fauna aus, oder man lässt Stö-       Waadt Berufung gegen den PAC bzw.
schen in das Gebiet, dass den Behör-       rungen durch menschliche Aktivitä-          den DC ein. Das Schicksal des Creux-
den nichts anderes übrig blieb, als die    ten, wie die Jagd, zu. Die halbherzigen     du-Van liegt nun in den Händen der
Zufahrtsstrassen zu sperren.               Massnahmen, welche die Kantone vor-         Richter. Da die Berufungen leider kei-
   Die Kantone Waadt und Neuenburg         geschlagen haben, sind unzureichend.        ne aufschiebende Wirkung haben, sind
entwickeln allmählich ein Bewusst-            Helvetia will diesen eklatanten Wil-     die im jetzigen PAC und DC vorgesehe-
sein für das Problem. Doch ihren Mass-     lensmangel der kantonalen Behörden          nen, für den Erhalt dieses einzigartigen
nahmen mangelt es an Nachdruck. Im         nicht hinnehmen. In einer Zeit, in der      Gebiets absolut unzureichenden Mass-
Bemühen, niemandem auf die Füsse           die Anzahl der intakten Naturräume in       nahmen zumindest so lange in Kraft,
zu treten, fehlt bisher eine wirksame      unserem Land immer weiter abnimmt,          bis die Gerichte anders entscheiden.
Schutzanordnung. Ein kantonaler            weigern sich die Kantone weiterhin,            Der Creux-du-Van ist nur eines von
Nutzungsplan (PAC) von Neuenburg           dem Umweltschutz Priorität einzu-           zahllosen Beispielen für den mangeln-
sowie ein Einstellungsentscheid (DC)       räumen. Vera Weber, Präsidentin von         den politischen Willen, die Schweizer
von Waadt, die 2017 und dann ergän-        Helvetia Nostra, stellt klar: «Die im PAC   Landschaft wirksam zu schützen. Es
zend 2018 öffentlich aufgelegt wurden,     und im DC vorgesehenen Massnah-             wird Zeit, dass sich das ändert. Es wird
hätten Abhilfe schaffen sollen, reichen    men sind in etwa so wirksam wie einen       Zeit, dass unsere Natur mehr zählt als
allerdings bei weitem nicht aus, um den    Waldbrand mit einem Schluck Wasser          unsere persönlichen Interessen und
Creux-du-Van adäquat zu schützen.          zu bekämpfen.»                              unsere Geldbeutel.

                                                              15
NATUR
                                                       SCHUT Z

     IHR TESTAMENT
IHR TESTAMENT
FÜRFÜR TIER
    TIER UNDUND NATUR
             NATUR
Lassen Sie Lassen  Sie Ihren
           Ihren letzten     letzten
                         Willen       Willen für eine
                                 für eine
lebenswerte Welt lebenswerte
                  wirken!       Welt wirken!

Wünschen Sie über Ihr irdisches Leben hinaus Tiere und Natur zu schützen?
Dann bitten wir Sie, in Ihren letzten Verfügungen an die Fondation Franz
Weber zu denken.
                                                                               FONDATION
                                                                               FONDATIONFRANZ FRANZWEBER
                                                                                                     WEBER
Kontaktieren Sie uns telefonisch für eine vertrauliche und unverbindliche      Postfach 257,  3000
                                                                               Postfach 257, 3000  Bern 13 13
                                                                                                     Bern
Beratung. Unsere Spezialistin, Lisbeth Jacquemard, unterstützt Sie gerne und   T +41
                                                                                 +41(0)21
                                                                                     (0)21964
                                                                                           9642424
                                                                                                 2424
freut sich auf Ihre Anfrage.                                                   ffw@ffw.ch
                                                                               ffw@ffw.ch| www.ffw.ch
                                                                                             | www.ffw.ch

                                                         29
                                                         16
Nationalplan für                                        NR . 132 A P R I L | M A I | J U N I 2020

die Natur!

                                                                                                                       *
                                                                                                           JEAN-CHARLES KOLLROS
                                                                                                                    Journalist
                                                                                                                       —

                                                                                                         einmal zuschlagen könnte, und
                                                                                                         zahlreiche weitere Viren schon
Unsere Epoche verlangt – die Covid-19-Pandemie                                                           auf der Lauer liegen.

liefert den Beweis dafür – eine grundsätzliche                                                           95 000 RINDER IN EINEM
                                                                                                         EINZIGEN BETRIEB
Infragestellung unserer Lebensweise und der                                                              In einem kürzlich in der Zeitung
                                                                                                         Le Point erschienenen Dossier
Ernährungsgewohnheiten.                                                                                  wurde stichhaltig aufgezeigt,
                                                                                                         in welchem Ausmass die Land-
                                                                                                         wirtschaft und die Massentier-
Eine solche für unser Überleben unerlässliche         Virus besteht. Eine neue Studie der Veterinär-     haltung zu dieser verhängnis-
Wende muss auf einer neuen Synergie zwischen          schule der Universität Kalifornien kommt zum       vollen Situation beigetragen
der Achtung der Natur und der Biodiversität und       Schluss, dass tatsächlich der Mensch für die Co-   haben. Nach Angaben der Welt-
den Bedürfnissen einer kontrollierten nationalen      ronavirus-Epidemie verantwortlich ist, und zwar    ernährungsorganisation        der
Wirtschaft basieren. Durch die Versöhnung der         aufgrund seiner unaufhörlichen Attacken auf die    UNO (FAO) beläuft sich der
Umwelt und der produktiven Kräfte unseres Lan-        Biodiversität, seiner verantwortungslosen Ent-     weltweite Rinderbestand auf
des könnte die Schweiz einen neuen helvetischen       scheidungen im Industriebereich – insbesondere     1,5 Milliarden Tiere. Im gröss-
Bürgerpakt aus der Taufe heben, der ebenso sehr       die Massentierhaltung und Entwaldung-, seiner      ten bekannten Milchviehunter-
der Natur und den Tieren wie der Volkswirtschaft      Gier nach immer mehr Mobilität, seiner Jagd nach   nehmen der Welt, in Saudi-Ara-
nützt. Unser Land als ein Garten Eden der Viel-       Profit und nach unkontrollierter Globalisierung.   bien, drängen sich bis zu 95 000
falt: Es ist möglich                                     Gerüchte und Verschwörungstheorien einmal       Kühe in einem einzigen Betrieb.
                                                      beiseite gelassen, weiss man heute – auch wenn     Konkret heisst das, dass in der
Fakt ist: Immer mehr Wissenschafter bekräftigen,      das finale Eingeständnis und die Anerkennung       industriellen Viehhaltung ein
untermauert von Belegen, dass die Entstehung          dieser Tatsache noch ausstehen-, dass der zer-     krankes Tier genügt, um tau-
der Corona-Krise und die aussergewöhnliche Ge-        störerische Verlauf jedes Mal derselbe war. Das    sende weitere anzustecken, wie
schwindigkeit, mit der das Virus um sich griff, auf   gilt für Ebola ebenso wie für die in den Medien    dies in Hühner- und Enten-
unsere Lebensweise zurückzuführen ist. Zugleich       weniger thematisierten Viren vor der globalen      farmen bereits geschehen ist.
verweisen sie auf den Zusammenhang, der zwi-          Erschütterung durch Covid-19 wie Mers, Zika,       Es ist bekannt, dass sich durch
schen den neuen Epidemien und der Zerstörung          Nipah und Marburg, SARS, CoV2, H5N1, etc. So       Hühner und Enten regelmässig
der natürlichen Lebensräume der Wirtstiere des        wie man auch weiss, dass das Coronavirus noch      die Vogelgrippe verbreitete, wo-

                                                                          17
rauf die Zuchttiere massenhaft gekeult    erregern auf den Menschen oder seine       IM HINBLICK AUF DIE NAHRUNGSMITTEL IST
wurden… Wo bleibt der gesunde Men-        Haustiere.»                                DIE SCHWEIZ EIN WAHRER GARTEN EDEN
schenverstand?                                                                       Gemüse, Obst, Salate, Milch, Joghurt,
  Immer mehr namhafte Expertinnen         DIE SCHWEIZ ERFÜLLT ALLE                   Öle und Karamell, aber auch Käse, Eier,
und Experten erheben ihre Stimme,         VORAUSSETZUNGEN, UM NEUES                  Pilze, Honig, Gewürze und Bio-Fleisch-
um auf ein weiteres schwerwiegendes       VORBILD ZU WERDEN                          erzeugnisse: Unsere Landschaften,
Problem hinzuweisen: Die Milliarden       Unser aktueller wissenschaftlicher         unsere Wälder und Seen bieten uns tra-
von Schweinen und Geflügel in der         Kenntnisstand, die Lehren aus der Co-      ditionelle Produkte in Hülle und Fülle,
Massentierhaltung bilden bevorzugte       ronavirus-Pandemie, ebenso wie der         ganz zu schweigen von einer breiten
Reservoire für neue, für den Menschen     gesunde Menschenverstand und der           Palette an schmackhaften Spezialitäten
pathogene Viren. Wie die Fondation        Intellekt – von unserem Überlebensin-      vom Appenzeller bis zum Raclette, von
Franz Weber seit langem betont, dürfen    stinkt ganz zu schweigen! – gebieten es,   der Genfer Kardone bis zum Seeländer
wir die Ergebnisse dieser Studien nicht   dass wir eine Wiederholung der Tragö-      oder Walliser Spargel, vom Bärlauch
auf die leichte Schulter nehmen. Der      die mit allen Mitteln verhindern. Und      bis zu Heilkräutern, Crème de Gruyère
gemeinsame Nenner all dieser Epide-       dies kann und muss dadurch erreicht        und Fondue «Moitié-Moitié», Bündner
mien ist der übermässige Handel und       werden, dass wir unsere Lebenswei-         Nusstorte und Rettich nicht zu verges-
Verzehr von Wildtieren oder Tieren aus    se infrage stellen, insbesondere unser     sen. Eine abschliessende Liste dieser
der Massentierhaltung. Daher muss         Verhältnis zu den Tieren und zur Natur     Delikatessen zu erstellen käme einer
unsere Gesellschaft dringend ihre Er-     sowie unsere Beziehung zur landwirt-       Herkulesaufgabe gleich.
nährungsgewohnheiten anpassen, ins-       schaftlichen und bäuerlichen Welt.            Es geht also nicht darum, weniger
besondere in puncto Proteinzufuhr.                                                   oder schlechter zu essen oder zu Aske-
                                             Ziel ist nicht, ein Nullwachstum zu     ten zu werden, sondern darum, ganz
WOHLFUNDIERTE WARNUNG                     predigen oder Fleischesser an den letz-    einfach den Schätzen unserer Regio-
Eben erst gaben die Professoren           ten Bäumen des Planeten aufzuknüp-         nen den Vorzug zu geben und übermäs-
Jacques Dubochet und Michel Mayor,        fen, sondern der Aufbau einer neuen        sigen Fleischverzehr zu vermeiden.
beide Nobelpreisträger, unterstützt       Form der kontrollierten Entwicklung.
von einem 120-köpfigen Expertenteam,      Die kleine Schweiz erfüllt exakt die       WEINE AUS DEM LAVAUX ZU TRINKEN,
eine wohlfundierte Warnung ab. Ihnen      Voraussetzungen, um dieses Ziel zu er-     BEDEUTET AUCH DAS LAVAUX ZU RETTEN
zufolge sind die nächsten Pandemien       reichen und ein Vorbild für die ganze      Vielfalt und Reichtum zeichnen auch
bereits absehbar… falls wir weiterhin     Welt zu werden.                            die Schweizer Weine aus. So kann man
die Hände in den Schoss legen und                                                    heutzutage in nahezu allen Schweizer
unseren schlechten Angewohnheiten            Unser Land kann zum Glück noch          Kantonen exzellente Weine geniessen,
frönen. «Der menschliche Fussabdruck      auf einen grossen Agrarsektor zählen,      zumal die Weinbauexperten zuneh-
auf dem ganzen Planeten wird enorm.       durch den sich eine reiche und diversi-    mend eine Kreativität und ein Know-
Wie im globalen Bericht der Zwischen-     fizierte Produktion sicherstellen lässt.   how an den Tag legen, die dem Können
staatlichen Plattform für Biodiversi-     Bedauerlicherweise leidet dieser Teil      von Winzerinnen und Winzern anderer
tät und Ökosystemdienstleistungen         unserer Wirtschaft unter den perver-       Regionen der Welt in nichts nachste-
IPBS von 2019 zu lesen ist, wird unser    sen Auswirkungen der Globalisierung        hen. Leider sind die Zeiten mehr denn
Fussabdruck auf dem Planeten zum          und sieht sich einem unfairen Wettbe-      je schwierig für die Fachleute der Bran-
Problem: 75 Prozent der terrestrischen    werb ausgesetzt, vor allem durch grosse    che, die die bürokratischen Schikanen
Ökosysteme und über 65 Prozent der        Industrie- und Lebensmittelkonzer-         ebenso unter Druck setzen wie die Kon-
marinen Ökosysteme wurden durch           ne, die sich um den Tierschutz und die     kurrenz durch ausländische Weine.
menschliche Aktivitäten signifikant       Erfordernisse der öffentlichen Gesund-        Regionaler Konsum ist heutzutage
verändert. Diese Veränderungen ha-        heit ebenso wenig scheren wie um eine      ein echter Akt bürgerlichen Verantwor-
ben eine starke Fragmentierung der        gerechte Entlohnung ihrer Arbeitskräf-     tungsbewusstseins, da die Schweizer
Naturlandschaften und einen besorg-       te. Würde die Schweiz ihre Bürgerin-       Winzerinnen und Winzer konstitutiv
niserregenden Rückgang der Biodiver-      nen und Bürger ermutigen, einer auf        für die Schweizer Identität sind. Ko-
sität zur Folge. Infolgedessen werden     der Rückverfolgbarkeit der Erzeugnisse     härenz muss daher sowohl in den Pa-
die Nahrungsketten von Wildtierarten      und kurzen Wegen basierenden lokalen       lästen als auch in den Köpfen Einzug
beeinträchtigt, was wiederum zu Ver-      Landwirtschaft den Vorzug zu geben,        halten! Ein Beispiel unter vielen: Die
haltensänderungen führen kann, die        könnten in der Schweiz neue Bezie-         Weine des Lavaux zu trinken, bedeutet,
einige dieser Arten dazu veranlassen,     hungen zwischen bäuerlicher Welt und       die in der Region tätigen Weinbauern
Ressourcen im Zusammenhang mit            Stadtbevölkerung entstehen und eine        zu unterstützen und zugleich einen
menschlichen Aktivitäten zu nutzen.       gewisse wirtschaftliche Ordnung wie-       Beitrag zur Rettung dieser einzigarti-
Auf diese Weise wächst die Gefahr         derhergestellt werden, von der der länd-   gen zum Welterbe der UNESCO gehö-
einer Übertragung von Krankheits-         liche Raum profitieren kann.               renden Landschaft zu leisten.

                                                            18
REGIONALER KONSUM REDUZIERT
DEN CO2-FUSSABDRUCK
Durch regionalen Konsum würden wir
nicht nur die Schweizer Wirtschaft för-
dern, sondern auch einen wichtigen
Beitrag zur Verringerung des CO2-Fuss-
abdrucks leisten. Denn die Verkehrs-
ströme aus dem Ausland in der Luft
und auf den Strassen würden erheblich
reduziert.
   Ebenso überflüssig ist es, Wasserläufe
umzuleiten, um überall auf der Welt Be-
wässerungssysteme zu speisen, oder auf
Biegen und Brechen Gewächshäuser zu
errichten – mit allen Folgen, die sich da-
raus ergeben. Ein nicht zu vernachlässi-
gendes Plus in Zeiten des Klimawandels
und des wachsenden Bewusstseins da-
für, dass unser Planet nicht über unbe-                                                                                                      —
grenzte Ressourcen verfügt.                                                    Weshalb denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.
   Die Herausforderung ist immens                     Das Wein-Gebiet Lavaux ist eines von vielen wunderschönen Ausflugszielen in der Schweiz.
und stellt sich ebenso sehr für die
Wirtschaft wie für die Gesundheit            legenden Kurswechsel und wir rasch               Mit anderen Worten: Die Schweiz hat
und die Natur. Inzwischen ist erwie-         handeln müssen! Wie der französisch-          den Trumpf in der Hand, den sie benö-
sen, dass die weltweite Umweltver-           schweizerische Experte und Philosoph          tigt, um einen mit Blick auf Gesundheit
schmutzung mit der Verbreitung des           Dominique Bourg, emeritierter Pro-            und Regionalität überarbeiteten und
Coronavirus in Zusammenhang steht.           fessor der Universität von Lausanne,          verbesserten «Plan Wahlen» umzu-
Umgekehrt ermöglichte der deutliche          treffend bemerkt: Scheinheilig Nach-          setzen (Weiteres dazu im Kasten). Und
Rückgang menschlicher Aktivitäten,           haltigkeit zu predigen, genügt nicht.         dies voller Optimismus: Die älteste De-
insbesonderevonVerkehrundReisen,dem          «Die Idee einer auf den drei Säulen Ge-       mokratie der Welt erfüllt alle Voraus­
Planeten, wieder ein wenig leichter zu       sellschaft, Wirtschaft und Natur auf-         setzungen, um letztendlich zum Vor-
atmen, sich ein klein wenig zu erholen.      gebauten Gesellschaft war idiotisch.          bild für die gesamte Welt zu werden.
                                             In Wahrheit werden der Wirtschaft von
DEN URLAUB NUTZEN, UM DIE                    der Gesellschaft Schranken gesetzt, der           Ans Werk also, und zwar
SCHÖNHEIT DER SCHWEIZ                        wiederum von der Biosphäre Schran-
                                                                                                    unverzüglich!
WIEDER ZU ENTDECKEN                          ken gesetzt werden.»
Es ist nur logisch, denselben Ansatz
von Regionalität und Gesundheit auf
die Reisebranche auszudehnen. Und
in der Schweiz gibt es genug zu sehen:                    PLAN WAHLEN - WAS IST DAS?
Unser geliebtes Schweizerland bietet           Der «Plan Wahlen», auch unter dem Begriff «Anbauschlacht» bekannt, war ein Programm
uns – einer Minaturwelt gleich – eine          zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, das während des Zweiten Weltkriegs 1940
einzigartige Vielfalt an Landschaften          ins Leben gerufen wurde, um den Mangel an bestimmten Rohstoffen zu überwinden. Ent-
und Sensationen. Nutzen wir daher              wickelt von Friedrich Traugott Wahlen, ausgebildeter Agronom und späterer Bundesrat, zu
die uns von der Erde auferlegte neue           Kriegszeiten Direktor für landwirtschaftliche Produktion des Bundesamts für Ernährung,
Lebensweise, um die Schönheit unse-            zielte der Plan darauf ab, die Schweizer Landwirtschaft unabhängig zu machen — zu einer
res Landes neu zu entdecken. Nicht             Zeit, als rund die Hälfte aller Nahrungsmittel in die Schweiz importiert wurden.
umsonst lautet eine bekannte Lebens-              Obwohl dieser Plan von einer anderen Situation ausging als der heutigen, und dessen
weisheit: «Geh und entdecke dein               Annahmen — sprich: das völlige Ausbleiben von importierten Nahrungsmitteln — letztlich
Land!»                                         nicht eingetreten sind, ist er aus der Sicht des regionalen Konsums und der Förderung
                                               der Schweizer Landwirtschaft gerade heute ein interessantes Konzept: Maximierung des
FÜR EINEN ECHTEN PLAN                          Anbaus, Verringerung der Viehzucht und Förderung privater «Mikrokulturen», bei-
FOKUS AUF REGIONALITÄT                         spielsweise auf Unternehmensebene. Ein solches Programm kann die Nahrungsmittel­
Schluss mit Ausflüchten: Dieser Arti-          versorgung der Bevölkerung auch in Krisenzeiten sichern, wenn wichtige Importe aus dem
kel zeigt, untermauert von Beweisen,           Ausland ausbleiben — wie wir es während der COVID-19-Pandemie erlebt haben.
dass die Zeit reif ist für einen grund­

                                                                 19
Schluss mit den
          schlechten
   Angewohnheiten:
        Platz für eine
verantwortungsvolle
       *
            Autarkie
       JEAN-CHARLES KOLLROS
              Journalist
                 —

                     Die Warnung war klar,
                  tragisch, zerstörerisch und
        schlechterdings mörderisch. Daher sollte es
     schwerfallen, die unbarmherzige Lektion, die uns
    die schreckliche Coronavirus-Pandemie erteilt hat,
    nicht in aller Deutlichkeit zu verstehen. Heutzutage
    muss man schon zutiefst dumm, borniert und leicht-
     fertig sein, um nicht zu erkennen, dass sich hinter
     den Toten, den Ausgangssperren und den Verboten
       eine drastische Warnung verbirgt: Bürgerinnen
        und Bürger der Erde, macht nicht weiter wie
              bisher, sonst ist und geht einfach
                   alles zu Ende – und zwar
                           für immer!

                      20
Darum flehe ich Sie an: Selbst wenn die     Komfort und gegen die Reflexion ent-        nige von ihnen, unsäglich naiv oder
Lage sich zu beruhigen scheint, lassen      schieden hat, für geistige Faulheit statt   von dunklen Mächten manipuliert,
Sie uns nicht noch einmal dieselben         kritischer Vernunft.                        schon jetzt daran, wieder von vorne
Irrtümer begehen! Dass wir überlebt            Doch auch seine kriminelle alltäg-       anzufangen, zu glauben, alles könne
haben, ist an sich schon ein Wunder,        liche Routine wollte der gehetzte und       wieder werden wie es war. Diese Toten-
doch eine zweite Chance werden wir          amoralische Mensch dieses dritten           gräber der Zukunft haben noch immer
nicht erhalten! Man muss nicht an der       (und letzten?) Jahrtausends unserer         nicht begriffen, dass wir dringend den
Sorbonne oder der ETH studiert haben,       Zeitrechnung nicht infrage stellen, ver-    Kurs ändern, unsere schlechten An­
um zu begreifen, dass es für uns um Le-     brachte lieber Low-Budget-Wochenen-         gewohnheiten endgültig zu Grabe
ben und Tod geht. Entweder wir ändern       den in verschmutzten Hauptstädten           tragen müssen, und – wie auf diesen
alles, oder wir krepieren. Ganz einfach.    als in den Bergen zu wandern, zog bil-      Seiten vorgeschlagen – eine prag­
Ohne Wenn und Aber. Die Gleichung           liges Obst und Gemüse aus dem Aus-          matische und verantwortungsvolle
ist nicht verhandelbar.                     land den Erzeugnissen unseren Bäue-         Autarkiepolitik in die Wege leiten
   Inzwischen wissen wir, warum             rinnen und Bauern vor, genoss lieber        müssen. Wenn Sie diesem flammen-
dieses verfluchte Virus über unsere         die von unterbezahlten Sklaven ange-        den Appell zustimmen, dann handeln
gedankenlose Zivilisation hereinge-         bauten Weine als den Nektar unserer         Sie bitte: Indem Sie unverzüglich Ihre
brochen ist. Die angesehensten Exper-       Wein­berge… Welche Hast, welche Het-        eigenen schlechten Angewohnheiten
tinnen und Experten, die am besten          ze, welche Jagd nach Profit und wirt-       analysieren und ändern, mit Ihren An-
belegten Fachleute und die klügsten         schaftlichem Ertrag! Allzu bereitwillig     gehörigen und Ihren Nachbarinnen
Wissenschafter sind sich einig: Der         hat der Mensch seine Augen vor den          und Nachbarn sprechen, Ihr politi-
Mensch – im weitesten Sinne, versteht       verheerenden Folgen der Massentier-         sches Votum offen legen, mit gutem
sich –trägt die Hauptschuld an dieser       haltung verschlossen, vor der Tierquä-      Beispiel vorangehen. Die Erde benötigt
Katastrophe. Weil er die Natur und die      lerei, dem zunehmenden Einsatz von          mehr denn je vorausschauende und ak-
Tiere nicht respektiert hat, weil er Tag    Pestiziden und dem Schmuggel von            tive Botschafterinnen und Botschafter.
um Tag die Artenvielfalt zerstört hat,      Wildtieren…                                 Andernfalls wird der letzte Überleben-
weil er sich die fatale Rolle von Umwelt-      Seien wir vorsichtig optimistisch:       de bald das Licht der Menschheit aus-
verschmutzung und Entwaldung nicht          Es gibt nicht nur unverbesserliche          knipsen müssen… wenn er die Tür des
eingestehen wollte, weil er sich für den    Idioten! Doch leider machen sich ei-        Planeten Erde schliesst.

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Massentierhaltung
              Abschaffen:
           Neun Gründe mehr
      Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, um sich für die
     Initiative zur Abschaffung der Massentierhaltung stark
    zu machen. Den informierten Leserinnen und Lesern des
     Journal Franz Weber sind sie wohlbekannt. Zahlreiche
       Gesundheitsexpertinnen und -experten stellen sich
            hinter die Forderungen der Volksinitiative.
Die Coronavirus-Pandemie führt uns         3. Ein einziges krankes Tier genügt,       Rentabilität    ausgerichtete      Billig-
unmissverständlich vor Augen, welch        um in den überfüllten Gehegen eines        fleisch-Produktion in Massentierhal-
fatalen Beitrag die intensive oder in-     Massentierhaltungsbetriebs tausende        tungs-Betrieben     fördert      zugleich
dustrielle Tierhaltung bei der Über-       weitere anzustecken.                       einen unvernünftigen und gesund-
tragung von Viren leisten kann. Daher                                                 heitsschädlichen Überkonsum tieri-
sind hier einige zusätzliche Argumen-      4. Die riesigen Populationen von Tie-      scher Produkte.
te aufgeführt, an die wir uns erinnern     ren, die in den Massentierhaltungs-
sollten, wenn die Massentierhaltungs-      Betrieben eingepfercht sind, bilden        8. Die zur Errichtung der Infrastruk-
initiative den Schweizer Bürgerinnen       idealen Nährböden für die Ent­stehung      tur   für   Massentierhaltungs-Betrie-
und Bürgern zur Abstimmung vorge-          von neuen für den Menschen patho­          be notwendigen Arbeiten und Er-
legt werden wird. Verhindern wir eine      genen Viren.                               schliessungen schädigen die Umwelt
Wiederholung der derzeitigen weltwei-                                                 erheblich und tragen zum weiteren
ten Tragödie rund um die grassieren-       5. Um den mit ihrer enormen Grös-          Verlust der Biodiversität bei.
de Pandemie! Oder, wie Mathematiker        se   verbundenen        Risiken   entge-
sagen würden, machen wir die be-           genzuwirken und ihren Ertrag zu            9. Die industrielle Tierhaltung führt zu
rühmte Neunerprobe:                        steigern, werden in Massentierhaltungs-    einer zerstörerischen Besiedlung von
                                           Betrieben in grossem Umfang Entzün-        intakten Naturräumen. Riesige Gebie-
1. Durch die extreme Konzentration         dungshemmer und Antibiotika verab-                                waldung und
                                                                                      te werden durch die Ent­
des Viehs am selben Ort – z.B. bis zu      reicht.                                    die Umwandlung der Böden für die
95 000 Kühe in einem einzigen saudi-                                                  Massentierhaltung verändert. Auf die-
arabischen Betrieb! – ist die Massen-      6. Der massive Einsatz von Antibioti-      se Weise werden Kontakte zwischen
tierhaltung besonders anfällig für die     ka in der industriellen und intensiven     Menschen und Wildtieren häufiger und
Verbreitung eines Virus.                   Tierhaltung hat grosse negative Aus-       intensiver, was ideale Bedingungen
                                           wirkungen auf unsere Gesundheit.           für die Übertragung neuartiger Viren
2. Aus den für die industrielle Tierhal-   Denn durch den Verzehr des so herge-       schafft. Den Angaben der Biodiversi-
tung typischen schlechten Lebensum-        stellten, mit chemischen Mitteln belas-    tätsexpertinnen   und    -experten    der
ständen der Tiere mit wenig oder gar       teten Fleischs entwickeln immer mehr       UNO zufolge sind durch menschliche
keinen Aufenthalten im Freien er­geben     Menschen eine Antibiotikaresistenz.        Aktivitäten eine Million Tier- und Pflan-
sich unweigerlich Gefahren für die                                                    zenarten vom Aussterben bedroht.
Gesundheit der Tiere – sie sind weitaus    7. Die unter Missachtung der Tiere
krankheitsanfälliger.                      ausschliesslich   auf    wirtschaftliche                    Jean-Charles Kollros

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