Tätigkeitsbericht 2017 - Regionales Umweltbildungszentrum ...
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Der Nationalpark Harz - so erreichen Sie uns direkt! Inhalt 1 Vorwort 3 Nationalparkverwaltung Harz 2 Schwerpunktthema 2017: 50 Jahre Jugendwaldheim Brunnenbachsmühle 6 3 Auf dem Weg zur Wildnis – Naturschutz und Waldentwicklung 10 Hauptsitz Lindenallee 35 3.1 Forschung und Monitoring 10 38855 Wernigerode 3.1.1 Allgemeines 10 Telefon 0 39 43 / 55 02 - 0 3.1.2 Kartierung der Vegetation und der FFH-Lebensraumtypen 10 Fax 0 39 43 / 55 02 - 37 3.1.3 Gewässermonitoring 13 3.1.4 Moorforschung 14 Außenstelle Oderhaus 3.1.5 Waldforschung 15 37444 Sankt Andreasberg 3.1.6 Luchsprojekt Harz 17 Telefon 0 55 82 / 91 89 - 0 3.1.7 Fledermausmonitoring 19 Fax 0 55 82 / 91 89 - 19 3.1.8 Brutvogelmonitoring 20 3.1.9 Wirbellosenfauna 22 www.nationalpark-harz.de 3.1.10 Brockengarten 24 poststelle@nationalpark-harz.de 3.1.11 Kartierertreffen 26 3.2 Naturschutz 26 3.2.1 Renaturierung 27 Übersicht der Fachbereiche 3.2.2 Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen 29 Fachbereich 1: 3.2.3 Artenschutz- und Biotoppflegearbeiten auf der Brockenkuppe 30 Allgemeine Verwaltung 3.2.4 Neophyten 31 Fachbereich 2: 3.3 Waldentwicklung 32 Naturschutz, Forschung und Dokumentation 3.3.1 Waldentwicklungsmaßnahmen 33 Fachbereich 3: 3.3.2 Waldschutzmaßnahmen 35 Waldbehandlung und Wildbestandsregulierung 3.3.3 Hochwasserschäden Juli 2017 36 Fachbereich 4: 3.4 Nationalpark-Werkstätten und Beschilderung 41 Informations- und Bildungsarbeit, Nationalparkwacht 3.5 Wildbestandsregulierung 43 3.6 Wissenschaftlicher Beirat 45 3.7 EDV und Fotomonitoring 46 Ein Verzeichnis häufig verwendeter Abkürzungen finden Sie am Ende dieses Tätigkeits- 4 Öffentlichkeitsarbeit 47 berichts. 4.1 Presse- und Medienarbeit 47 4.2 Veröffentlichungen 48 4.3 Veranstaltungen 49 4.4 Internet 50 5 Besucherinformation und Besucherlenkung 52 Berichtszeitraum: 1.10.2016 - 30.9.2017 5.1 Nationalparkwacht 52
vorwort I 3 5.2 Nationalparkhäuser 54 1 Vorwort 5.2.1 Brockenhaus 54 5.2.2 Nationalpark-Besucherzentrum TorfHaus (NBZ) 56 Liebe Leserinnen und Leser, 5.2.3 Nationalparkhaus Sankt Andreasberg 58 5.2.4 Nationalparkhaus Ilsetal und Rangerstation Scharfenstein 59 auch im Jahr 2017 konnten wir unsere Arbeit für die Weiterentwicklung unseres National- 5.2.5 Nationalparkhaus Schierke 60 parks und der Region erfolgreich fortsetzen. Wie erfolgreich diese Arbeit war, können Sie 5.2.6 Nationalpark-Informationsstellen 60 hoffentlich nach der Lektüre dieses Tätigkeitsberichts noch besser beurteilen! 5.2.7 Haus der Natur Bad Harzburg 61 Der Tätigkeitsbericht ist ein Spiegelbild unserer Anstrengungen, den vielfältigen Aufgaben 6 Wildnisbildung und Natur-Erleben 62 gerecht zu werden, die uns die Nationalparkgesetze und der Nationalparkplan vorgeben. 6.1 Nationalpark-Bildungseinrichtungen 62 Die Aktivitäten in den Fachbereichen werden dabei gleichermaßen beleuchtet, seien es die 6.1.1 Nationalpark-Bildungszentrum Sankt Andreasberg (BIZ) 62 Forschung zur Dokumentation der Naturentwicklung, die Maßnahmen zur Unterstützung 6.1.2 Natur-Erlebniszentrum HohneHof bei Drei Annen Hohne 63 einer naturnäheren Waldentwicklung oder die Vermittlung all dessen an die Einwohnerinnen 6.1.3 Nationalpark-Jugendwaldheim Brunnenbachsmühle ( JWH) 65 und Einwohner ebenso wie an die vielen Gäste unserer Region durch Öffentlichkeitsarbeit 6.2 Regionales Umweltbildungszentrum Nationalpark Harz (RUZ) 66 und Umweltbildung. 6.3 Fortbildung der Nationalpark-Waldführerinnen und -Waldführer 67 6.4 Commerzbank-Umweltpraktikum 68 In der Außenwahrnehmung des Nationalparks zeigte sich im abgelaufenen Jahr die Wirkung 7 Nationalparkregion 69 der Borkenkäfer wieder sehr deutlich. Das Ausmaß, in dem dieses kleine Insekt große Wald- 7.1 Nationalpark-Partner 69 flächen innerhalb kurzer Zeit verändert, war zwar zu erwarten, die Rasanz der Entwicklung 7.2 Nationalparkbeirat 70 auch in den höchsten Lagen unseres Mittelgebirges jedoch nicht unbedingt. Im Bereich un- 7.3 Kunstausstellung „Natur - Mensch“ 71 serer sehr naturnahen Brockenwälder hatte in der Vergangenheit das kalte Klima eine derart 7.4 Fotowettbewerb HarzNATUR 2017 72 schnelle Entwicklung gebremst. Heute haben wir es aber mit ständig steigenden Temperatu- 7.5 Sonderausstellung „Ein Vierteljahrhundert Weltkulturerbe“ 73 ren auch in den Hochlagen zu tun, in Verbindung mit einem vermehrten Auftreten extremer 8 Organisation 73 Witterungserscheinungen, z.B. Trockenperioden. Das schwächt die Fichten und fördert die 8.1 Organisationsaufbau 73 Entwicklung der Borkenkäfer. 8.2 Haushalt 74 8.3 Personal 74 9 Internationale Kontakte 75 10 Gesellschaft zur Förderung des Nationalparks Harz e.V. (GFN) 77 Anhang: Betreute Qualifizierungsarbeiten 78 Werkverträge 79 Ehrenamtliche Kartierungen 80 Auch in den Hochlagen des Externe Projekte im Nationalpark Harz 81 Nationalparks, wie hier in Veröffentlichungen der Nationalpark-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter 82 der Waldforschungsfläche am Brockenosthang, hat sich der Externe Veröffentlichungen 83 Borkenkäfer rasant vermehrt Abkürzungsverzeichnis Hinterer Umschlag (Foto: U. Springemann)
4 I vorwort vorwort I 5 Angst um unsere Fichtenwälder müssen wir aber trotzdem nicht haben. Die Fichte und Die zunehmende Erwärmung beschleunigt also die der Borkenkäfer gehören seit Urzeiten zusammen und sind aufeinander eingespielt. Da das natürliche Waldentwicklung, aber sie erzeugt damit Insekt auf seine Wirtsbaumart angewiesen ist, wird es sie niemals zum Aussterben bringen, keine Gefahr für unsere Region. Das jedoch ist als ganz im Gegenteil: Die Käfer bringen nur alte Bäume zum Absterben und leiten damit Folge der klimatischen Umbrüche an anderer Stelle zu die natürliche Verjüngung dieser Wälder ein. Ein Tier, das im Wirtschaftswald zurecht als befürchten. Die Zunahme von Starkregenereignissen ist Schädling angesehen wird, ist im Nationalpark ein natürliches und wichtiges Element im inzwischen nachgewiesen. Im abgelaufenen Jahr wurden Ökosystem. vielerorts neue Niederschlagsrekorde aufgestellt. Nicht An vielen Stellen liegen solche Abläufe bereits seit Jahren hinter uns. Am Bruchberg, an den nur am Brocken und an anderen offiziellen Messstellen, Hohneklippen oder am Quitschenberg fand die Entwicklung bereits seit Mitte der 90er Jahre sondern auch auf unseren Waldforschungsflächen wur- statt. Dort können wir heute schon erleben, wie abwechslungsreich und vielfältig sich die den unglaubliche Regenmengen von den automatischen Totholz ist auch Lebensraum. Die Mops- fledermaus z.B., eine von 18 verschiedenen Wälder dort entwickelt haben. Strukturreichtum im ungleichaltrigen Fichtennachwuchs ver- Geräten dokumentiert. Wir werden lernen müssen, Fledermausarten im Nationalpark, hat ihre bindet sich mit weiteren, von Natur aus angekommenen Gehölzarten wie der Eberesche (oft mit dieser neuen Dimension von Hochwasserereignis- Wochenstuben und Schlafquartiere bevorzugt unter abstehender Borke an noch stehenden, auch Quitsche genannt), Moorbirke oder Weidenarten. Das viele Totholz, dessen Anblick in sen umzugehen. Vor allem in einigen Gemeinden am abgestorbenen Bäumen. (Foto: S. Meyer) dieser Menge ungewohnt ist, bietet darüber Harzrand und im Vorland waren zum Teil dramatische hinaus vielen Organismen neue Lebens- Schäden zu verzeichnen und auch die Infrastruktur des Nationalparks litt ganz erheblich un- räume. Lichtbedürftige Arten, die im dicht ter dem Hochwasser. Die Beseitigung dieser Schäden war ein weiterer Arbeitsschwerpunkt geschlossenen Wald kaum Überlebenschan- im Jahr 2017 und wird erst im kommenden Jahr abgeschlossen sein. cen haben, finden hier ihr Auskommen. In tieferen Lagen werden in den neuen Über alle Aktivitäten im Überblick informiert auch in diesem Jahr wieder unser Tätigkeits- Wäldern noch andere Baumarten gepflanzt. bericht, der Ihnen beim Lesen viel Interessantes aus dem abgelaufenen Nationalparkjahr Vor allem die Buche, die durch jahrhunder- vermitteln möchte. telange Verdrängung in vielen Bereichen nicht mehr die Chance hat, in absehbarer Damit verbunden wünsche ich Ihnen, dass Ihre eigenen Vorhaben für das Jahr 2018 erfolg- Zeit von alleine auf ihre angestammten reich gelingen mögen! Standorte zurückzukehren, wird auf diese Weise vom Nationalpark unterstützt. Mit herzlichen Grüßen zum Jahresbeginn, Ich lade Sie ein, diese Wälder mit offe- nen Augen in ihrer Entwicklung in den kommenden Jahre zu begleiten. Sie werden über die vielfältige und dynamische Natur überrascht sein. Ihr Andreas Pusch Leiter der Nationalparkverwaltung Harz Wie schnell sich neuer Wald selbst in den kühlen Hochlagen des Nationalparks entwickelt, zeigt diese Fotodokumentation vom Bruchberg mit Aufnahmen aus den Jahren 2004, 2006 und 2012 (Fotos: K. John)
6 I S c h w e r P u n k t Th e M a 2 0 1 7 SchwerPunktthema 2017 I 7 2 Schwerpunktthema 2017: Die Eisenbahn sorgte dafür, dass die 50 Jahre Jugendwaldheim Brunnenbachsmühle Brunnenbachsmühle einen hohen Bekannt- heitsgrad in der Bevölkerung erreichte. Der Arbeitstag beginnt für die Schülerinnen und Schüler ungewohnt früh: Es ist kurz vor 1899 wurde der gleichnamige Bahnhof der halb acht, beim Blick aus dem Fenster des warmen Speisesaals zeigt sich ein einheitliches Südharz-Eisenbahn-Gesellschaft (SHE) Grau. Das Thermometer steht bei 4 °C, leichter Nieselregen erfüllt die Luft. eröffnet. Hier teilte sich die Strecke Walken- Vielen ist es keine angenehme Vorstellung, dort gleich hinaus zu müssen. Trotzdem wissen ried – Braunlage in die Routen nach Tanne alle, was von ihnen erwartet wird. Schnell die Arbeitskleidung anziehen, Handschuhe und und Braunlage. zweites Frühstück für die Pause im Wald nicht vergessen und sich dann mit seiner Gruppe 1901 brannte das Empfangsgebäude des beim zuständigen Forstwirt melden. Los geht’s. Bahnhofs nieder und wurde durch einen So, wie heutzutage morgens der Jugendwaldeinsatz beginnt, haben schon viele Schülergene- Neubau ersetzt, der bis heute besteht. Nach Das Jugendwaldheim vor seinem Umbau ... rationen bei Wind und Wetter, bei Wärme Einstellung des Verkehrs nach Sorge und und Kälte, mit mehr oder weniger Moti- Tanne im Jahre 1945 wurde in den darauf- vation einige arbeitsintensive Tage in der folgenden Jahren mit dem Abbau der Gleise Brunnenbachsmühle verbracht. begonnen. 1962 wurde schließlich der Perso- nenverkehr vollständig eingestellt, wobei die Die Brunnenbachsmühle: Bahnhofsgaststätte noch eine gewisse Zeit Ein Ort mit einer langen Geschichte weitergeführt wurde. Bekannt ist die Gegend um Brunnenbachs- mühle seit etwa 1240. Viele Jahre stand in Für das ehemalige Bahnhofsgebäude fand der Gegend des heutigen Jugendwaldheims sich wenige Jahre später eine optimale immer wieder einmal eine Mühle mit unter- Nachnutzung: 1967 konnte das Jugendwald- ... und heute (Fotos: JWH Brunnenbachsmühle / Bahnhof Brunnenbachsmühle schiedlicher Funktion, zeitweilig auch mit heim Brunnenbachsmühle unter Regie des T. Schwerdt) der Möglichkeit zur Einkehr. Forstamtes Braunlage eingeweiht werden. An Im Jahre 1740 besiegelten Naturgewalten zu- den Nationalpark Harz wurde das Jugendwaldheim im Jahre 2003 übergeben. Das Jugend- nächst das Ende der sogenannten Sägemühle waldheim blickt damit auf eine 50jährige Geschichte als Umweltbildungsstätte zurück. am „Braunen Bachsche“. Als der Damm des Andreasberger Stauteiches (des heutigen Arbeit im und für den Wald: Entstehung des Jugendwaldeinsatzes Silberteiches) brach, stürzten Wassermassen In Anbetracht der weitläufigen Entwaldung nach Beendigung des zweiten Weltkrieges muss- den Brunnenbach entlang und rissen große te gehandelt werden. Zu verheerend war vielerorts die Abholzung ganzer Wälder aufgrund Teile der Mühle mit sich. Vier Menschen des starken Holzeinschlages während des Krieges und der anschließenden Reparationshiebe. verloren in jener Nacht ihr Leben. Später Im Harz fand sich in den Osterferien 1948 unter Anleitung des damaligen Forstamtsleiters wurde die Mühle inklusive einer Schank- Walther Freist in Zorge eine Jugendgruppe zusammen, um den Wald wieder aufzuforsten. wirtschaft neu errichtet, fiel aber wiederum Übernachtet haben die Jugendlichen in einfachen Unterkünften wie Zelten, Schuppen oder Nach Einstellung des Bahnbetriebs wurde das Bahnhofsge- bäude als Gaststätte genutzt (Quelle: Museumsgesellschaft einem Brand zum Opfer. Jagdhütten. Waren die Einsätze zunächst auf die Schulferien begrenzt, so gab es zunehmend Braunlage e.V.) auch dauerhafte Kooperationen mit den Schulen. Feste Unterkünfte wurden zu Jugendwald-
8 I S c h w e r P u n k t Th e M a 2 0 1 7 SchwerPunktthema 2017 I 9 heimen. Organisiert wurden die Arbeitseinsätze von der Schutzgemeinschaft Deutscher angenommen. In diesem Rahmen werden z.B. teamorientierte Geländespiele oder Exkursio- Wald (SDW), die bis heute die Buchung der Aufenthalte vornimmt. nen angeboten. Besonders beliebt ist der Ausflug zum Nationalpark-Luchsgehege bei Bad Harzburg im Rahmen der wöchentlichen öffentlichen Fütterung. Auch hierbei kommt der Die etwas andere Klassenfahrt: Ein Aufenthalt in der Brunnenbachsmühle Lerneffekt nicht zu kurz: Die Schülerinnen und Schüler beantworten in Teams Quizfragen Natürlich steht das praktische Tun im Wald auch heute noch im Mittelpunkt des Jugend- rund um den Luchs im Harz. waldeinsatzes. Die Ziele des Aufenthalts in der Brunnenbachsmühle gehen jedoch darüber hinaus. Seit Übergabe des Jugendwaldheims an den Zunächst einmal erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in die unterschied- Nationalpark Harz haben rund 6.100 Teil- lichen Naturschutzaufgaben und -tätigkeiten der Nationalparkverwaltung. Mithilfe bei nehmerinnen und Teilnehmer einen Aufent- Pflanzaktionen im Frühjahr und Herbst ist beispielsweise eine Selbstverständlichkeit. Die halt im Jugendwaldheim Brunnenbachsmüh- einzelnen Aufgaben richten sich nach den Arbeitsaufträgen, die von den Nationalpark- le verbracht. Der Großteil der Schülerinnen Revierförstereien vergeben werden. Das können neben Pflanztätigkeiten auch Zaunabbau, und Schüler absolvierte dabei den prakti- Wegeunterhaltung, Bau von Einrichtungen zur Besucherlenkung oder zur Wildbestandsre- schen Jugendwaldeinsatz. gulierung sein. Auch Erwachsenengruppen steht das JWH Das Umweltbewusstsein der Schülerinnen und Schüler wird durch die originale Begegnung für einen Arbeitseinsatz offen: Seit vielen mit der Natur geschärft. Ein weiterer wichtiger Aspekt, insbesondere im Hinblick auf die Jahren bestehen Kooperationen mit der Le- Berufsorientierung in den Schulen, ist der Einblick in die Arbeitswelt. Dabei stehen die benshilfe und den Harz-Weser-Werkstätten, Erneuerung des Bohlenstegs am Oderteich durch die Harz- Weser-Werkstätten (Foto: T. Schwerdt) eigentlichen Tätigkeiten nicht im Vordergrund, vielmehr nimmt unter diesem Aspekt die um auch Menschen mit einer Behinderung Vermittlung von Schlüsselkompetenzen wie Pünktlichkeit, Sorgfalt, Teamfähigkeit oder bei den vielfältigen Tätigkeiten zu beteiligen. Inzwischen ist ihre Unterstützung bei den Ein- Arbeitsfortschritt eine wichtige Rolle ein. Angelehnt an die Beurteilung des Arbeits- und sätzen zu einer wertvollen Hilfe für das Jugendwaldheim geworden. Sozialverhaltens in der Schule, erhalten die Schülerinnen und Schüler im Jugendwaldheim Brunnenbachsmühle von den Forstwirten täglich eine Beurteilung, die einerseits die geleistete Zukünftig soll die Angebotspalette des Jugendwaldheims neben dem praktisch ausgelegten Arbeit honoriert und ihnen andererseits hilft, das eigene Verhalten gegenüber Betreuenden Schwerpunkt erweitert werden: Mehrtägige Walderlebnistage für Grundschüler sind dabei und Mitschülerinnen und Mitschülern zu genauso angedacht, wie sogenannte Bildungsklassenfahrten. Charakteristisch für diese Ange- reflektieren. Der zweiwöchige Jugendwald- bote ist eine intensivere Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit einem oder einsatz ist als Betriebspraktikum definiert mehreren inhaltlichen Schwerpunkten zum Nationalpark Harz. und wird nach erfolgreicher Teilnahme auch bescheinigt. Täglich wechselnde Arbeits- Das Team des Jugendwaldheimes besteht derzeit aus sieben Forstwirten, zwei Hauswirt- gruppen und verschiedene pädagogische schafterinnen, einem Teilnehmenden des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ), einem Begleitaktionen runden den Aufenthalt nicht Praktikanten der Werkstatt für behinderte Menschen der Lebenshilfe Goslar und dem nur ab, sondern tragen natürlich auch zur Jugendwaldheimleiter. Stärkung der Klassengemeinschaft bei. Die Nachmittage stehen den Schulklassen wahlweise zur freien Verfügung. Gerne Die Schülerinnen und Schüler sind mit großem Elan im werden dabei die pädagogischen Begleit- Jugendwaldeinsatz aktiv (Foto: T. Schwerdt) aktivitäten seitens des Jugendwaldheims
10 I 3 gen (vgl. Anhang). 3.1.1 Allgemeines Auf dem Weg zur Wildnis Daten im Jahr 2017 abgeschlossen. 3.1 Forschung und Monitoring sen Tieren, Pilzen und Kryptogamen noch Lücken bestehen, und oder die durchgeführten Maßnahmen (Erfolgskontrolle) dokumentieren. Schwerpunkte von Forschung und Monitoring im Nationalpark sind nach wie vor Teil des Nationalparks wurde mit letzten Nachkartierungen und der Digitalisierung der tung durchgeführt. Wertvolle Daten zu Artenvorkommen und -verbreitung stammen aus 3.1.2 Kartierung der Vegetation und der FFH-Lebensraumtypen rungen unterschiedlicher Bearbeiterinnen und Bearbeiter, so dass das ursprünglich formu- Ableitung aus der Vegetationskartierung in der bisherigen Form nicht möglich ist. Die seit lierte Ziel der Vegetationskarte – ein flächendeckendes Monitoring – bestmöglich verfolgt für die Vegetationsansprache macht und gleichzeitig Biotoptypen, FFH-Lebensraumtypen de im Revier Torfhaus, das bis zum Ende der Vegetationsperiode 2017 zu ca. 80 % kartiert und deren Bewertung umfasst. Ziel ist zum einen eine bessere Vergleichbarkeit der Kartie- worden ist. Auch im Rahmen des perspektivisch erfolgenden dritten Kartierdurchgangs im Wichtige Daten ergeben sich auch aus Untersuchungen im Rahmen von Qualifizierungsar- werden kann. Zudem lag für den Nationalpark bislang keine FFH-Kartierung vor, weil eine Fragestellungen oder Artengruppen werden außerdem Werkverträge an Fachleute vergeben. wurde ein modifiziertes Kartierschema erarbeitet, das den Kartierenden präzisere Vorgaben Die Untersuchungen werden nur zum Teil durch die Beschäftigten der Nationalparkverwal- z.T. langjährigen Erhebungen ehrenamtlich Kartierender. Für Untersuchungen zu speziellen 2017 nach dem modifizierten Schema erfolgende Kartierung wird sich im niedersächsischen Für die planmäßige Fortsetzung dieses zweiten Kartierdurchgangs im niedersächsischen Teil Auf dem Weg zur Wildnis – Naturschutz und Waldentwicklung trieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) durchgeführten Erfassun- yy Untersuchungen, die die langfristige Entwicklung des Nationalparks (Monitoring) und / beiten von Studierenden sowie durch die zur Erfüllung der FFH-Berichtspflichten durch das Der zweite Durchgang der flächendeckenden Vegetationskartierung im sachsen-anhaltischen Teil aufgrund des erhöhten Aufwands über mindestens fünf Jahre erstrecken. Begonnen wur- yy die Erfassung der vorkommenden Arten (Inventarisierung), da insbesondere zu wirbello- Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (LAU) und den Niedersächsischen Landesbe- 1.3 Fichtenforsten (Fortsetzung) in Quellbereichen, Auen oder Mooren und Auftreten von Arten der Auen, Quellbereiche oder Moore → LRT 91D0, sofern > 600 m ü. NHN Fichtenforst auf nassen Standorten und 1000 WZFf, WOE, WON teils 91D0 Auftreten von Torfmoosen auch abseits von Entwässerungsgräben sowie Präsenz weiterer Moor- und/oder = neu zu kartierende Einheit Bruchwaldarten (WON) oder im Komplex mit naturnahen Fichten-Moorwäldern auftretend oder mit möglich erscheinender Wiedervernässung (WOE) Fichtenforst, der sich den anderen Fichtenforsttypen nicht zuordnen lässt bzw. aus einem kleinräumigem Mosaik der Sonstiger Fichtenforst 1000 WZF teils 9410 anderen Fichtenforsttypen besteht → LRT 9410, sofern > 700 m ü. NHN 1.3.2 Fichtenforsten in Waldumbau Der Deckungsgrad der Fichte in B1 muss >50% betragen Buchen-Voranbauten unter Fichten und/oder Lärchen Fichtenforst mit Buchenanpflanzung oder 1000 WZF/WJL, WFM/WJL teils 9410 Einzelpflanzungen von Buchen in Fichtenforsten alte Bezeichnung = Fichten (Lärchen)- → LRT 9410, sofern > 700 m ü. NHN und es nicht erkennbar ist, dass ein flächiger Waldumbau erfolgen soll Buchen-Anpflanzung (WFM/WJL) Fichtenforst mit Laubbaumarten- Fichtenforsten mit eingestreuten kleinen künstlichen Lichtinseln, in denen verschiedene Laubbaumarten (aber keine Anpflanzung Buchen oder Schwarzerlen) gepflanzt worden sind 1000 WZF/WJL, WFM/WJL teils 9410 → LRT 9410, sofern > 700 m ü. NHN und es nicht erkennbar ist, dass ein flächiger Waldumbau erfolgen soll alte Bezeichnung = Laub- und (WFM/WJL) Nadelbaumartenanpflanzung Fichtenforsten, innerhalb derer die wenigen vorhandenen Laubbäume durch Entnahme bedrängender Nadelbäume Fichtenforst mit gefördert werden Laubbaumartenförderung → LRT 9410, sofern > 700 m ü. NHN und es nicht erkennbar ist, dass ein flächiger Waldumbau erfolgen soll (WFM, 1000 WZF, WFM, WFL teils 9410 WFL) alte Bezeichnung = oder Laubbaumartenförderung ehemalige Fichtenforsten, in denen vor kurzem unter Belassen des bereits vorhandenen Laubholzes die Fichten vollständig entnommen worden sind 1.3.3 Kalamitätsflächen in und Sukzessionsstadien von Fichtenforsten Jüngere Borkenkäfer-Kalamitätsflächen innerhalb von Fichtenforsten, d.h. durch flächigen Borkenkäferbefall Frühes Sukzessionsstadium im absterbende Fichtenforsten, deren forstliche Strukturen noch gut erkennbar sind; B1 (inkl. stehendes Totholz) >50%; Fichtenforst teils 9410, Arten der Schlagfluren spielen keine große Rolle 1000 WZFz, WFMz, WONz 91D0 → LRT 9410, sofern > 700 m ü. NHN (WFMz) (alte Bezeichnung =Sukzession im → LRT 91D0, sofern Fichtenforst auf Moor und > 600 m ü. NHN (WONz, WOEz) Fichtenforst) (siehe Fichtenforst auf nassen Standorten) Mittleres Sukzessionsstadium von Borkenkäfer-Kalamitätsflächen innerhalb von Fichtenforsten, d.h. die alten Mittleres Sukzessionsstadium im Forststrukturen sind gerade noch erkennbar. Absterbe- und Verjüngungsprozesse können parallel stattfinden, bzw. die Fichtenforst Fichten sind schon längerem abgestorben; B1 (inkl. stehendes Totholz) 26-50%; Arten der Schlagfluren spielen keine teils 9410, 1000 WFMz, WONz große Rolle 91D0 (alte Bezeichnung = Sukzessions- → LRT 9410, sofern > 700 m ü. NHN (WFMz) stadien in Nadelbaumartenanpflanzung) → LRT 91D0, sofern Fichtenforst auf Moor und > 600 m ü. NHN (WONz, WOEz) (siehe Fichtenforst auf nassen Standorten) Spätes Sukzessionsstadium von Borkenkäfer-Kalamitätsflächen innerhalb von Fichtenforsten, die sich mittlerweile (nahezu) vollständig aufgelöst haben (d.h. > 700 m ü. NHN befinden sich diese Bestände an der Entwicklungsschwelle zum Fichtenwald); B1 700 m ü. NHN (WFM) Laub-und WJL/WJN, WFM, teils 9410, 1000 → LRT 91D0, sofern Fichtenforst auf Moor und > 600 m ü. NHN (WON, WOE) Nadelbaumartensukzession WON 91D0 (siehe Fichtenforst auf nassen Standorten) oder abgeräumte ehem. Fichtenforsten, die der natürlichen Sukzession überlassen sind und eine Verjüngung unterschiedlichster Baumarten (aber Birke
12 I Auf dem Weg zur Wildnis Auf dem Weg zur Wildnis I 13 sachsen-anhaltischen Teil soll auf dieses Schema 3.1.3 Gewässermonitoring zurückgegriffen werden, um weiterhin eine einheitli- Ein wesentlicher Bestandteil der wissenschaftlichen che Datengrundlage für den gesamten Nationalpark Nationalparkarbeit ist die Untersuchung und Doku- zu gewährleisten. mentation der langfristigen Entwicklung der Gewässer- Da der NLWKN kurzfristig Daten zu den FFH- lebensräume mit deren Lebensgemeinschaften, zumal Lebensraumtypen für die aktuelle Berichtsperiode der Nationalpark Harz einer der fließgewässerreichsten benötigt, müssen zeitnah Daten zu den wichtigsten Naturräume Deutschlands ist. Das jährliche Gewässer- Lebensraumtypen (LRT) zur Verfügung stehen. Die monitoring an den Daueruntersuchungsstrecken, das Nationalparkverwaltung kann jedoch frühestens das Makrozoobenthos sowie die Bestandsentwicklung 2021 ganzflächige Daten aus der eigenen Kartierung der als „Bioindikatoren“ und Endglieder der Nahrungs- Bachforelle aus der Ilse (Foto: O. Wüstemann) in Niedersachsen liefern, so dass ein kurzfristiges kette besonders bedeutsamen Bachforellen umfasst, Verfahren abgestimmt wurde: Der NLWKN hat wurde auch in diesem Jahr kontinuierlich weitergeführt. Zweiter Durchgang der Vegetationskartierung: in 2017 die FFH-Kartierung der Laubwaldbereiche Fortgesetzt wurde auch die bereits 2016 begonnene Die Digitalisierung der Daten für Sachsen-Anhalt ist abgeschlossen. Hellgrün markiert ist der bereits (v.a. LRT 9110, 9130) und einiger Felskomplexe zweite Fischbestandserfassung im gesamten National- kartierte Teil des Nationalpark-Reviers Torfhaus. (8220) durchgeführt. Die Nationalparkverwaltung park. Nach Abschluss der zweiten Kartierungsperiode hat ihrerseits die Daten zu FFH-LRT der Moore im Jahr 2018 können die Ergebnisse der Erst- und (7110, 7120, 7140) auf Basis der speziellen Feinkartierung der Jahre 2006-2007 ermittelt. Zweiterfassung punktgenau verglichen werden. Zudem erfolgte die Erfassung der LRT des Grünlands inklusive der Ski- und Rodelhänge Zudem wurde auch in diesem Jahr die Analyse der (4030, 6230, 6510, 6520) im Rahmen einer speziellen Kartierung im Sommer 2017, die Altersstruktur der Bachforellenbestände in den Natio- Elektrobefischung (Foto: K. Kubaczynski) gleichzeitig als Effizienzkontrolle der Wiesenpflege diente (vgl. Kap. 3.2.2). Informationen zu nalparkgewässern fortgesetzt. Ein weiterer Untersu- den Fichtenwald-LRT (9410, 91D0) werden von der Nationalparkverwaltung auf Basis von chungsaspekt war die Erforschung der Ursachen für die Luftbildauswertungen unter Zuhilfenahme von Bestandsdaten, Standortkarten und vorlie- Wiederbesiedlung des Dammgrabens mit Bachforellen genden älteren Kartierungen ermittelt. In diesem Zusammenhang wird gleichzeitig geprüft, bei gleichzeitiger Nichtbesiedlung der Oker. ob künftig auf einen terrestrischen Begang von Borkenkäfer-Kalamitätsflächen verzichtet werden kann, weil deren wesentliche Parameter allein im GIS ermittelt werden können. Hin- Die seit 2011 laufenden Untersuchungen zur Erfas- tergrund ist in erster Linie die Arbeitssicherheit der kartierenden Personen. sung der submersen Pilzflora („Wasserpilze“) fanden Da auch das LAU aus o.g. Gründen zeitnah Bedarf an Daten zu FFH-Lebensraumtypen hat, in diesem Jahr, nach Untersuchungen zur Autökologie diese aber von der Nationalparkverwaltung erst im dritten Durchgang der Vegetationskartie- der im Harz vorkommenden submersen Pilzflora, ihren Submers (im Wasser) wachsende Pilze rung vollständig erhoben werden können, wird das LAU voraussichtlich vorab entsprechende vorläufigen Abschluss. Im Rahmen einer Projektarbeit (Unterwasseraufnahme: O. Wüstemann) Kartierungen beauftragen. Auch hierfür ist von großem Interesse, ob sich die wesentlichen untersuchten Studierende der Hochschule Anhalt, unter fachlicher Anleitung des National- Daten zu Fichtenwald-LRT im Bereich von Kalamitätsflächen aus den o.g. digitalen Daten parks und insbesondere des Pilzexperten Thomas Schultz, die ökologischen Ansprüche sub- ableiten lassen. Informationen zu den Moor-LRT (7110, 7120, 7140) wurden auch auf mers wachsender Pilzarten in Gewässern im und zu Vergleichszwecken auch außerhalb des sachsen-anhaltischer Seite auf Basis der Feinkartierung der Jahre 2005-2009 von der Natio- Nationalparks. Die Ergebnisse zeigen, dass sich submers wachsende Pilze nur eingeschränkt nalparkverwaltung kurzfristig ermittelt. Ergänzt wurden diese durch die Kartierung bislang als Bioindikatoren für die Gewässerqualität nutzen lassen. Um konkrete Aussagen zur Aut- nicht erfasster soligener Hangmoore (LRT 7140) im Frühherbst 2017, die vorab durch eine ökologie (temporär) submers wachsender Pilzarten machen zu können, sind in den nächsten Luftbildinterpretation identifiziert worden waren. Jahren weitergehende Untersuchungen notwendig.
14 I Auf dem Weg zur Wildnis Auf dem Weg zur Wildnis I 15 3.1.4 Moorforschung 3.1.5 Waldforschung Das im Jahr 2009 aufgenommene Vegetations-Monitoring in vier Hochmooren (Sonnen In den vergangenen zwei Jahren konzentrier- berger Moor, Odersprungmoor, Großes Rotes Bruch, Rotenbeekbruch) wurde im Jahr ten sich die waldökologischen Untersuchun- 2017 fortgesetzt. Zum fünften Mal wurde das Arteninventar auf den 80 jeweils 4 m2 gen in der Waldforschungsfläche (WFF) großen Dauerquadraten aufgenommen und der Deckungsgrad jeder Art nach Prozenten Brockenosthang. geschätzt. Nach den nunmehr neunjährigen Untersuchungen lassen sich Veränderun- Folgende Untersuchungen wurden durchge- gen der Vegetation erkennen, die zwar auf den ersten Blick noch nicht auffallen, aber als führt: durchaus bedeutsam einzustufen sind. So ist die Besenheide (Calluna vulgaris) vielerorts yy Aufnahme der Waldstrukturen an den in Zunahme begriffen, und in geringerem Umfang trifft das auch auf die Rasen-Haarsimse Stichprobenpunkten und in den Kern- (Trichophorum cespitosum) zu. Beide können konkurrenzschwache Arten und insbeson- flächen dere Torfmoose verdrängen. Da sich der Wasserhaushalt der weitgehend intakten Moore yy Erfassung der Vegetation einschl. Foto- Übersichtskarte der WFF Brockenosthang mit Stichpro- aufgrund der jahrzehntelangen Nicht-Unterhaltung oder des aktiven Verschlusses von dokumentation und der Epiphyten benpunkten und zwei Kernflächen (Luftbild 2016) Randgräben eher verbessern als verschlechtern müsste, dürften atmosphärische Stickstoff- yy Erfassung der Pilze und Flechten depositionen und/oder der Klimawandel (sommerliche Austrocknung) für die Zunahme yy Erfassung verschiedener Wirbellosen- dieser beiden Arten verantwortlich sein. gruppen in den Kernflächen Zur Moorforschung gehören auch eine Untersuchung der Webspinnenfauna als Erfolgskon- yy Ornithologische Linientaxation (Moni- trolle der Wiedervernässungsmaßnahmen im Rehberger Sattelmoor und ein Monitoring u.a. toring häufiger Brutvögel) der Alpen-Smaragdlibelle in vier Hochmooren (siehe Kap. 3.1.9). yy Einrichten von Fotopunkten Der Brockenosthang ist eine von vier Wald- forschungsflächen im Nationalpark Harz. Das ca. 246 ha große Gebiet repräsentiert neben der WFF Bruchberg die naturnahen Blick auf den Brocken mit angrenzender Waldforschungs- fläche Brockenosthang im August 2016. Erkennbar ist der Fichten-Bergwälder in den Hochlagen. massive Buchdrucker-Stehendbefall (Foto: B. Rhein) Die WFF ist fast ausschließlich mit Fichte bestockt. Vereinzelt sind stärkere Eber- eschen eingestreut. Bohrkern-Messungen an den Fichten durch die Universität für Biowissenschaften in Prag ergaben, dass die ältesten Fichten ca. 260 Jahre alt sind. Charakteristisch für das Untersuchungsge- Stammverteilungsplan 2015 der Kernfläche 1 mit den lebenden und abgestorbenen Fichten (blau/schwarz), 2017 sind fast alle Fichten Dauerquadrat G7 in den Jahren 2011 und 2017 (Fotos: K. Baumann) durch Borkenkäferbefall abgestorben
16 I Auf dem Weg zur Wildnis Auf dem Weg zur Wildnis I 17 biet sind Strukturreichtum, eine Vielzahl von Kleinsthabitaten und aktuell großflächige lichte Bereits seit über 30 Jahren werden im Bereich der WFF Bereiche in Folge von Buchdrucker-Stehendbefall. Der Anteil an liegendem und vor allem Brockenosthang Aufsammlungen der Großpilze durch- stehendem Totholz ist mit 184 m3/ha sehr hoch, in der Kernfläche 1 waren es sogar 242 m3/ geführt. Bisher konnten dort 360 Arten (Nationalpark ha. Vergleicht man die Aufnahmen der Stichprobenpunkte mit der WFF Bruchberg 2008, insgesamt 1.700 Arten) nachgewiesen werden, u.a. der so waren es dort „nur“ 121 m3/ha. Die Untersuchungsergebnisse zeigen weiterhin, dass eine Dünne Feuerschwamm (Phellinus viticola), der Löwen- Verjüngung von Fichte und Eberesche auf der gesamten Fläche in unterschiedlicher Deckung gelbe Raukopf (Cortinarius limonius) und der Ohrför- vorhanden ist. mige Seitling (Phyllotus porrigens), alle charakteristische Strukturdaten der WFF Brockenosthang 2016, Probekreise, Kernfläche 1 und 2 Arten der Fichtenwälder. Der Ohrförmige Seitling, eine recht häufige Art, Baumart Stehend Liegend Totholz Brutvögel wurden auf einer Probefläche nach Vorbild wurde im Nationalpark an 30 Fundpunkten in Höhenlagen von 600 bis 910 m ü. NHN Lebend Tot des bundesweiten Monitorings häufiger Brutvögel (vgl. nachgewiesen. Der Pilz fruktifiziert an Fichten- Tot gesamt Kap. 3.1.8) erfasst. Hierbei wurden 31 Brutvogelarten Totholz (Stämme, Stubben) in der finalen Stammzahl Grundfläche Volumen Stammzahl Volumen Volumen festgestellt, u.a. Gartenrotschwanz, Kernbeißer, Ring- Abbauphase. Die Art ist charakteristisch für naturnahe Fichtenwälder. (Foto: T. Schultz) [N/ha] [m2/ha] [m3/ha] [N/ha] [m3/ha] * [m3/ha] * drossel und Waldlaubsänger. Fichte 133 9,0 63 436 30 184 Eberesche 1 0,0 0 0 0 0 Dies sind nur einige wenige Auszüge aus den Untersuchungsergebnissen der WFF Brocken- Summe 135 9,1 63 436 30 184 osthang. Detaillierte Informationen können den Abschlussberichten entnommen werden * = Derbholzvolumen aller stehenden Objekte mit einem BHD ≥ 7 cm und aller liegenden Objekte mit einem Durchmesser (s. Anhang). am stärksten Ende ≥ 20 cm Im Ergebnis der Vegetationsaufnahmen ist die Artenzahl der Gefäßpflanzen mit 153 Arten 3.1.6 Luchsprojekt Harz im Vergleich mit anderen WFF im Nationalpark niedrig. Dagegen ist die Artenzahl der Die Harzpopulation des Luchses erstreckt sich mittlerweile über Teile der fünf Bundesländer Moose am Brockenosthang mit 127 Laub- und 54 Lebermoosen sehr hoch. Die günstigen Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen und Nordrhein-Westfalen und weist Bedingungen für Moose sind insbesondere in den hohen Niederschlägen sowie der Vielfalt eine deutliche Ausbreitungstendenz nach Süden und Südwesten auf. Die Nationalparkver- an besiedelbaren Kleinhabitaten begründet. waltung Harz führt das Monitoring der FFH-Art Luchs in den Bundesländern Nieder- Überraschend war der Fund des Lebermooses Aneura sachsen und Sachsen-Anhalt durch. Unterstützt wird sie dabei von Forstbediensteten und mirabilis (= Cryptothallus mirabilis). Als chlorophyll- privaten Jägerinnen und Jägern. Auch Wald-Besucherinnen und -Besucher melden im Jahres- freier Organismus lebt es in völliger Dunkelheit unter verlauf nützliche Hinweise auf die großen Katzen. Im Monitoringjahr 2016/2017 (1.5.2016 Torfmoosdecken und bezieht seine Nährstoffe von bis 30.4.2017) konnten so aus Niedersachsen 389 auswertbare Meldungen zusammengetra- einem Pilz (Myko-Heterotrophie), der wiederum durch gen werden, darunter 192 sichere Nachweise der Kategorie 1. In Sachsen-Anhalt waren dies Mykorrhiza-Bildung in einer symbiotischen Verbindung 264 (212 Kat. 1). Hinzu kamen insgesamt 1.671 Nachweispunkte telemetrierter Luchse und mit Baumwurzeln steht. Der Fund auf der Heinrichs- eine Reihe von genetischen Luchsnachweisen. Entsprechend der nationalen Monitoringstan- höhe in einer Höhenlage von etwa 950 m ü. NHN ist dards ergibt sich daraus das in der Karte (s. Folgeseite) dargestellte Vorkommensgebiet der Das Lebermoos Aneura mirabilis war aus extrem überraschend. Allerdings ist die Art aufgrund Harzer Luchspopulation. Es umfasst 48 besetzte Rasterzellen (je 100 km²). Weitere besetzte dem Nationalpark Harz und Sachsen-Anhalt bisher nicht bekannt. In Deutschland gibt es ihrer verborgenen Lebensweise nur sehr schwer nach- Rasterzellen liegen in Hessen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen. bisher drei Nachweise. (Foto: H. Thiel) weisbar.
18 I Auf dem Weg zur Wildnis Auf dem Weg zur Wildnis I 19 Vorkommensgebiet der Harzer Luchspopulation (Niedersachsen Das Monitoringjahr 2016/2017 erbrachte weitere und Sachsen-Anhalt) Nachweise von Luchsen, die zwischen den Vor- kommensgebieten Hils, Kaufunger Wald und Harz wanderten. Ein zunächst südlich des Hils verletzt eingefangener männlicher Luchs wanderte nach seiner Wiederfreilassung im Forstamt Grünenplan bis in den Harz und von dort weiter entlang der thüringisch-nie- dersächsischen Grenze bis in den Hohen Meißner nach Hessen. Das Tier überquerte dabei die Autobahnen A 7 Der Luchskuder B1025m wanderte 2015 aus und A 38. Sowohl der Austausch von Fotofallenbildern dem Kaufunger Wald zu und hat sich offen- sichtlich im Harz etabliert. Der Erstnachweis mit den im Kaufunger Wald arbeitenden Kollegen gelang über Fotofallenbilder. (Foto: O. Anders) der Universität Göttingen als auch die Auswertung genetischer Daten lieferten weitere Nachweise wandernder Luchse. Neben der regelmäßigen Im Monitoringjahr 2016/2017 reproduzierte der Luchs im Harz und erstmals nachweis- Dismigration aus dem Harz gibt es offensichtlich auch gelegentlich zuwandernde Luchse, die lich auch im Solling. Im Kaufunger Wald und im Hils konnte dagegen keine Reproduktion das Mittelgebirge aus dem Leinebergland oder aus dem Kaufunger Wald erreichen. nachgewiesen werden. Im Kaufunger Wald waren 2015 mehrere Luchsinnen der Fuchsräude (Sarcoptes spec.) zum Opfer gefallen. Die Sichtung einer führenden Luchsin im Plessforst Mit der Harzer Kaffeerösterei aus Bad Lauterberg konnte ein neuer Sponsor für das Luchs bei Göttingen ließ sich nicht durch Fotos oder andere C1-Nachweise absichern. In Nieder- projekt gewonnen werden. Der Firmeninhaber Mark Schnibbe spendet für jedes verkaufte sachsen und Sachsen-Anhalt gelang der Nachweis einer Minimalzahl von insgesamt neun Kilo des eigens kreierten „Luchskaffees“ 0,50 € in das Projekt des Nationalparks. führenden Luchsinnen. In Niedersachsen wurden im Monitoringjahr 2016/2017 drei Luchse tot aufgefunden. Luchs-Denkmal am Kaiserweg eingeweiht Das systematische Fotofallenmonitoring im Harz fand 2016/2017 auf einer Fläche von Der Luchsstein bei Lautenthal erinnert an die Ausrottung des Luchses im Harz. Seit dem 779 Quadratkilometern statt. Diese lag größtenteils auf sachsen-anhaltischem Territorium Herbst 2017 gibt es nun erfreulicherweise einen Konterpart. Der Immenröder Mäzen im zentralen Harzbereich. Somit wurde das Untersuchungsgebiet im Vergleich zum Vorjahr Dietrich Steinhausen war beeindruckt vom Engage- nach Osten verschoben. 120 Fotofallen an 60 Standorten lieferten zwischen August 2016 ment aller am Luchsprojekt Beteiligten. Er trat an die und März 2017 insgesamt 502 Luchsbilder. Anhand der arttypischen Fleckenzeichnung Gesellschaft zur Förderung des Nationalparks Harz e.V. gelang die Zuordnung der Bilder zu unterschiedlichen Individuen. Nach der statistischen (GFN) heran, denn es war ihm eine Herzensangele- Auswertung des Bildmaterials konnte innerhalb des Untersuchungsgebietes eine Dichte genheit, ein Denkmal zu stiften, das an die erfolgreiche von 2,4 selbstständigen Luchsen/100 Quadratkilometer ermittelt werden, bzw. 3,9 Indivi- Wiederansiedlung des Luchses durch den Nationalpark duen/100 Quadratkilometer bei Berücksichtigung der Jungtiere. Die Werte liegen damit Harz erinnert. Die von der Künstlerin Anna Barth ge- unwesentlich höher als die Ergebnisse des Vorjahres (2,3 bzw. 3,8). Außerdem dienten zehn schaffene Bronzeplastik steht auf einem Harzer Diabas. zusätzliche Fotofallenstandorte im Osten des Harzes zur Sammlung von Monitoringdaten Sie befindet sich ganz in der Nähe des Ortes, an dem Das neue Luchs-Denkmal mit dem Mäzen und lieferten eine Reihe von individualisierbaren Luchsfotos. Ein neuer Durchgang des sys- sich das Luchs-Auswilderungsgehege befand, aus dem Dietrich Steinhausen, Nationalparkleiter An- tematischen Fotofallenmonitorings mit 60 Kamerastandorten zur Ermittlung von Abundanz alle zwischen 2000 und 2006 im Nationalpark ausge- dreas Pusch, der Künstlerin Anna Barth und ihrem Mann, dem früheren Nationalparklei- und Dichte des Luchsvorkommens startete im östlichen Harz im Sommer 2017. Mit den wilderten Luchse ihren Weg in die Freiheit fanden. ter Dr. Wolf-Eberhard Barth (v. l.) Ergebnissen ist im Frühjahr 2018 zu rechnen. (Foto: F. Knolle)
20 I Auf dem Weg zur Wildnis Auf dem Weg zur Wildnis I 21 3.1.7 Fledermausmonitoring 3.1.8 Brutvogelmonitoring Das Fledermausmonitoring im Nationalpark Harz, bestehend aus den Bausteinen Das Monitoring häufiger Brutvögel wird seit elf Jahren im Nationalpark Harz durchgeführt. yy Winterquartierkontrolle, Hierbei werden, angelehnt an das bundesweite Monitoring-Schema, auf 28 jährlich bearbei- yy Detektorbegehungen auf festgelegten Routen teten 1 km2 großen Probeflächen an vier Durchgängen von März bis Juni häufige Brutvögel (einmal/Monat), erfasst. Aus diesen jährlichen Erfassungen lassen sich yy Kastenkontrollen und Bestandstrends berechnen. yy Netzfängen Fast die Hälfte der Probeflächen, 12 von 28, werden wurde mit Hilfe von Nationalpark-Beschäftigten und ehrenamtlich tätigen Fachleuten wei- seit zehn oder mehr Jahren von denselben Kartierenden tergeführt. begangen. 27 Flächen wurden mehr als fünf Jahre von Die Winterquartierkontrolle wurde wie immer unter derselben Person kartiert. Seltene Bearbeiterwechsel Leitung von Siegfried Wielert, dem Fledermausbe- sind förderlich für eine kontinuierliche Datenerfassung. auftragten des Landkreises Goslar, durchgeführt. In Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des vorliegenden Be- den derzeit 32 Quartieren im Nationalpark konnten richts lagen noch nicht alle Erfassungsdaten des Jahres Trauerschnäpper (Foto: M. Müller) insgesamt 187 Tiere aus acht Arten festgestellt werden. 2017 vor. Dennoch konnten bereits für 26 Arten gesi- Das waren weniger Tiere als im letzten Jahr (2016: cherte Bestandstrends berechnet werden. Erstmals war 236 Tiere), was vermutlich auf das warme Wetter die Datengrundlage auch ausreichend, um für den im im Dezember zurückzuführen war. Häufigste Arten Erfassungsgebiet nicht allzu häufigen Trauerschnäpper Brandtfledermäuse im Winterquartier waren, wie schon in den letzten Jahren, Mausohren (78 (Ficedula hypoleuca) einen Bestandstrend zu berechnen. (Foto: S. Wielert) Tiere), Wasserfledermäuse (43) und Brandtfledermäuse Bemerkbar machen sich auch die Lebensraumverände- (= Große Bartfledermäuse, 29). rungen. So wurden 2016 und 2017 sowohl Trauer- als Die Winterquartiere wurden im Sommer durch die auch Grauschnäpper innerhalb der artspezifischen Forstwirte des Reviers Ilsenburg instand gesetzt. Wertungszeiträume in einer Probefläche am Brocken beobachtet. Bestandstrend beim Trauerschnäpper 2016 wurde im Rahmen der Masterarbeit von Annika Schröder das Vorkommen von Fledermäusen an insge- Die in den 1970er Jahren durch Herwig Zang initiierten und seit einigen Jahren in Zusam- samt 127 Probepunkten im Nationalpark mithilfe von menarbeit mit Nationalpark-Beschäftigten fortgeführten Populationsstudien zu Kleinhöh- Batcordern (automatische Rufaufzeichnungsgeräte für lenbrütern und Wasseramseln gingen 2017 in ein weiteres Erfassungsjahr. Auffällig bei den Fledermausrufe) erfasst. In diesem Jahr wurde die Un- Kleinhöhlenbrütern war hierbei eine in diesem Jahr geringe Nestlingssterblichkeit in den tersuchung an denselben Punkten von Markus Milch- Probeflächen der Fichtenlebensräume. Im Vergleich zu den Vorjahren war eine geringere ram (Masterarbeit, Universität für Bodenkultur Wien) Anzahl an brütenden Wasseramseln, aber eine hohe Zahl an Gebirgsstelzengelegen zu ver- wiederholt. Aufgrund der Daten aus beiden Jahren soll zeichnen. für Fledermausarten, deren Rufe sicher bestimmbar und die für den Nationalpark kennzeichnend und bedeut- Die seit 2016 durchgeführten Kartierungen von Eulen auf Teilrouten der 2013 und 2015 sam sind (z.B. Zwergfledermaus, Nordfledermaus und vorgenommenen SPA (Special Protected Area)-Kartierungen in den als Europäisches Vogel- Aufstellung eines Batcorders zur automati- schen Aufzeichnung von Fledermausrufen Mopsfledermaus) anhand von Rechenmodellen eine schutzgebiet ausgewiesenen Bereichen des Nationalparks wurden fortgeführt. Dank weiterer (Foto: A. Schröder) Dichteschätzung für die Arten vorgenommen werden. ehrenamtlicher Unterstützung konnten mehr Teilstrecken als im Vorjahr bearbeitet werden.
22 I Auf dem Weg zur Wildnis Auf dem Weg zur Wildnis I 23 Die Rufaktivität 2017 war merklich höher als 2016, wird derzeit noch bearbeitet, so dass zum Berichtsschluss keine abschließenden Ergebnisse reichte aber noch nicht an die sehr hohe Aktivität vorlagen. während der SPA-Kartierung im niedersächsischen Na- tionalparkteil 2015 heran. Besonders auffällig war 2017 Im Rehberger Sattelmoor hat 2017 die zweite Wiederholungsuntersuchung der Webspin- die Präsenz von Waldkäuzen in den Hochlagen bis z.T. nenfauna als Erfolgskontrolle zwanzig Jahre nach den Wiedervernässungsmaßnahmen über 800 m ü. NHN. begonnen. Mit insgesamt 40 Bodenfallen in zehn Fallengruppen wird dort die epigäische Spinnenfauna des Moores erfasst. Hinzu kommen acht weitere Bodenfallen auf einem wei- Die Mehlschwalben der Kolonie an der Nationalpark- testgehend ungestörten Referenzstandort im Sonnenberger Moor. Mehlschwalbe (Foto: D. Gronowski) Außenstelle Oderhaus wurden erstmals in diesem Jahr beringt. Mittels Japannetzen gelang die Beringung mehrerer Brutpaare. Die Beringungen Ein gezieltes Libellen-Monitoring wurde in verschiede- sollen in den Folgejahren fortgesetzt werden. nen Hochmooren (Sonnenberger Moor, Radauer Born, Großes Rotes Bruch, Goethemoor) begonnen. Hinter- 3.1.9 Wirbellosenfauna grund sind Beobachtungen, dass der Bestand der kälte- Die längerfristig angelegten Erfassungsprogramme zu phytophagen Käfern und Zikaden liebenden Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora alpestris) wurden im Berichtszeitraum fortgesetzt. Bei den phytophagen Käfern standen in diesem in den Hochmooren um 800 m ü. NHN abzunehmen Jahr die Schluftwiesen bei Schierke sowie der Steinbruch Knaupsholz als anthropogene scheint, wogegen ihre weniger kältetolerante Schwester- Sonderstruktur im Nationalpark im Fokus. Bei den Zikaden lagen die diesjährigen Unter- art, die Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora arctica) suchungsgebiete schwerpunktmäßig in den Hochlagen. So wurden Grünland- und Heide- sich mittlerweile in den höchsten Lagen reproduziert. Die kälteliebende Alpen-Smaragdlibelle (So- flächen am Skihang Sonnenberg und auf dem Brocken untersucht. Erfreulicherweise kamen Das Monitoring soll die vermutlich im Klimawandel matochlora alpestris) scheint im National- park rückläufig zu sein (Foto: K. Baumann) in diesem Jahr auch wieder Kolleginnen vom Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz begründeten Verschiebungen der beiden Arten genauer in den Harz, um in ausgewählten Lebensräumen des Nationalparks die Collembolenfauna analysieren. Hierzu erfolgen in definierten Partien der o.g. Moore möglichst vollständige zu untersuchen. Im Rahmen eines Praktikums wurden Exuvienaufsammlungen, anhand derer die jeweiligen Schlupfabundanzen sowohl in den die Bestände des Hochmoor-Perlmutterfalters (Boloria unterschiedlichen Höhenlagen als auch in verschiedenen Gewässertypen über einen längeren aquilonaris) erfasst. Trotz des durchwachsenen Som- Zeitraum ermittelt werden können. merwetters konnte die Art im Umfeld der Oberharzer Um die Kenntnisse hinsichtlich des Vorkommens und der Einnischung der beiden Fließge- Moore zahlreich nachgewiesen werden. wässer-Libellen Zweigestreifte Quelljungfer (Cordulegaster boltonii) und Gestreifte Quell- jungfer (Cordulegaster bidentata) zu verbessern, wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit eine Erstmals wurde in diesem Jahr die Stechimmen- und Larvensuche in Bachsystemen im Schimmerwald und bei Lonau durchgeführt. Schwebfliegenfauna von beräumten und unberäumten Buchdrucker-Befallsflächen untersucht, um mögliche Im Rahmen einer Pilotstudie wurde ein totholzreicher Buchen-Eichen-Mischbestand in stei- Unterschiede hinsichtlich der Besiedlung abhängig ler, sonnenexponierter Hanglage im Ilsetal auf dort vorkommende holzbesiedelnde (xylobi- vom Flächenmanagement herauszuarbeiten. Dazu onte) Insekten untersucht. Dazu kamen insgesamt fünf Fensterfallen zum Einsatz, die jeweils wurden auf zwei Flächenpaaren im Kleinen Sandtal an typischen Totholzstrukturen in der Fläche installiert wurden. Die Fallenfänge wurden sowie auf der Ostseite der Eckertalsperre Hummeln, durch Handaufsammlungen ergänzt. Bereits jetzt konnten mit den genannten Methoden Männchen der Wald-Pelzbiene (Anthophora furcata), einer häufigen Art auf Waldlichtun- Bienen, Wespen und Schwebfliegen mittels Handfang, auf der Untersuchungsfläche 203 Käferarten nachgewiesen werden, von denen knapp zwei gen und an Waldrändern (Foto: S. Kühne) Farbschalen und Fensterfallen erfasst. Das Material Drittel holzbesiedelnd sind. Auch unter den Wanzen gelangen einige interessante Nachweise
24 I Auf dem Weg zur Wildnis Auf dem Weg zur Wildnis I 25 xylobionter Arten. Betrachtet man plateau koordiniert und umsetzt. Besonders erfreulich ist die regelmäßige Inanspruchnahme die ökologischen Gilden der xylobi- der Anlage durch die Universitäten, sei es im Rahmen von Master- oder Promotionsarbeiten onten Käfer, so besiedeln 29 Arten oder auch im Rahmen von Geländepraktika. frisches oder frisch abgestorbenes Holz und 61 Arten älteres Totholz. Zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Anlage trug auch in diesem Jahr der Tag des Weitere 32 Arten leben in und an offenen Denkmals am 10.9.2017 bei, an dem sich der 1890 gegründete Brockengarten als holzbesiedelnden Pilzen, acht Arten Gartendenkmal erneut beteiligte. Eine besondere Wertschätzung der Anlage erfolgte durch Der Bluthalsschnellkäfer (Ischnodes sanguinicollis), die erste nachge- in Mulmhöhlen und vier Arten haben die Aufnahme des Gartens als Mitglied der „Gartenträume“ des Landes Sachsen-Anhalts. wiesene Urwaldreliktart des Nationalparks unter den holzbesiedelnden eine besondere Lebensweise, die sich Käfern (Foto: A. Marten) keiner anderen Kategorie zuord- Da in 2017 die Vegetationsentwicklung auf der Brockenkuppe ca. 14 Tage eher begann, stell- nen lässt. Als herausragend für den ten sich die meisten Pflanzenarten im Brockengarten auch früher, schon seit Ende Septem- Nationalpark kann der Fund eines ber, auf den Winter ein. Die meisten Hochgebirgspflanzenarten im Brockengarten, die am Exemplars des Bluthalsschnellkäfers Naturstandort an kurze Vegetationszeiten angepasst sind und daher in der Regel sehr früh- (Ischnodes sanguinicollis) eingestuft zeitig im Jahr ihre Blüten zeigen, sind Ende September/Anfang Oktober verblüht. Zu den werden. Die Larven dieses Käfers letzten Arten, die Mitte Oktober noch blühen, gehören die asiatisch verbreiteten sogenannten entwickeln sich in bodenfeuchten Wellensittich-Enziane (Gentiana farreri, Gentiana sino ornata und Gentiana ternifolia). Der Mulmhöhlen am Stammfuß von Bestand dieser Arten ist in den letzten 25 Jahren deutlich größer geworden. Laubbäumen. Auch die geschlechts- reifen Tiere verlassen die Mulmhöhle Die kurze Vegetationsperiode auf der Brockenkuppe nur kurze Zeit zur Partnerfindung. ist auch der Grund dafür, dass die Saison der Gar- Die Art ist landes- und bundesweit tenführungen Mitte Mai beginnt und Mitte Oktober vom Aussterben bedroht und gilt als endet. Die schönste Zeit im Garten ist Anfang Juni. Verteilung der 134 auf der Untersuchungsfläche im Ilsetal nachgewie- Urwaldreliktart (sensu Müller et al. In der Zeit von Mitte Mai bis Mitte Oktober 2017 senen Arten auf die ökologischen Gilden xylobionter Käfer 2005). Es handelt sich um die erste besuchten aufgrund des ungemütlichen Sommerwet- Urwaldreliktart, die unter den xylobi- ters und aufgrund der Bautätigkeit am Bahnsteig 1 der onten Käfern des Nationalparks nachgewiesen werden konnte. Brockenbahn deutlich weniger Gäste den Garten als Schon jetzt lässt sich sagen, dass das untersuchte Gebiet von herausragender Bedeutung für in den vorangegangenen Jahren. Bei schönem Wetter holzbesiedelnde Insektenarten im Nationalpark ist. Mit zunehmender Naturnähe der Wäl- war die Anzahl der Gäste erwartungsgemäß deutlich der im Ilsetal und darüber hinaus kann diese Fläche als Quellpool für die Wiederbesiedlung höher als an Tagen mit Regen, Sturm und Nebel, von durch eine artenreiche Totholzfauna dienen. denen es 2017 sehr viele gab. Dennoch ließen sich insgesamt ca. 4.690 Gäste durch den Garten führen. Davon wurden 3.906 Interessierte von den Mitarbeitern 3.1.10 Brockengarten des Brockengartens durch die Anlage geführt. Hinzu Der Brockengarten erfüllt im Nationalpark Harz verschiedene Aufgaben. Er dient der For- kamen 14 Sonderführungen für Fachleute, aber auch schung, Lehre und Öffentlichkeitsarbeit des Nationalparks und ist gleichzeitig ökologische für Studierende und Schulklassen, an denen insgesamt 4.690 Gäste besuchten 2017 den Brocken- Feldstation, die Renaturierungs-, Arten- und Biotopschutzmaßnahmen auf dem Brocken- 405 Personen teilnahmen. Außerdem begleiteten die garten (Foto: G. Karste)
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