BACK TO THE ROADS DAS MAGAZIN
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AUF DIE PLÄTZE, FERTIG, LOS! back to the roads. Was bedeutet back to the roads für uns? Was sollst Du Dir darunter vor- stellen und hier finden? Welche Ansprüche, Ideen, Thesen und Visionen packen wir in einen englischen Satz, der vage formuliert dazu auffordert, die Straße als Ort des öffentlichen Lebens zurückzuerobern? Das Magazin, das Du gerade in den Händen hältst, handelt von den Straßen unserer Städte, von den vielfältigen Räumen zwischen den Häusern und wie wir uns darin bewegen und aufhalten. Es geht um die Mobilität von morgen aus Sicht der Stadtplanung - nicht um selbstfah- rende E-Autos und Hyperloops, sondern um die Frage, wie wir Städte wieder dem Menschen und all seinen individuellen Bedürfnissen zu- wenden können. Eine europäische Hauptstadt nach der anderen verbannt den mo- torisierten Individualverkehr aus dem Stadtzentrum, baut Radwege und breite Bürgersteige aus. In der Autorepublik Deutschland wird das Thema noch kontrovers diskutiert - das durften wir anhand von Leser*innenkommentaren der Lokalpresse nach einer unserer Aktio- nen zum Flächenverbrauch erleben (S. 86). Doch welche Qualitäten birgt die post-autogerechte Stadt? Ist das nicht schon in zahlreichen Visionen dargestellt? Ja, doch diese Visionen spiegeln zu oft die ein- seitigen Interessen der Macher*innen wider. Unser Magazin versucht, die Themen gerechte Mobilität und Öffentlicher Raum von verschie- densten Seiten zu beleuchten und übereinanderzulegen, um den Blick von Fachleuten und Entscheidungstragenden immer und immer wieder auf diese Themen zu lenken. Die Gelegenheit, den Blick der Kasseler Politik auf ein solches konkretes Thema zu lenken, wurde uns mit dem Entstehen der Radentscheid-Bewegung (S. 54) quasi in den Schoß ge- legt. Selbst aktiv zu werden hat uns das potenzielle Ausmaß bürger- schaftlichen Engagements gezeigt und wie es verpasstes Handeln der Kommunalpolitik ausbügeln kann. Neben der Initiative Radentscheid durften wir im vergangenen Semester mit vielen weiteren engagier- ten Macher*innen, Aktivist*innen, Künstler*innen, Träumer*innen und Weltverbesser*innen zusammenarbeiten - in ihren Taten und Handlun- planer*innentreffen kassel 2018 gen tragen sie dazu bei, dass das Leben zwischen den Häusern bunter und vielfältiger wird. Um eine Vision der Stadt von Morgen zu gestalten, back to the roads - Das Magazin müssen wir über gerechte Mobilität und inklusive Gestaltung des Öf- fentlichen Raums diskutieren. Sommersemester 2018 Universität Kassel Fachbereich 06 ASL Betreuung: M.Sc. Städtebauass. Birte Biemann Prof. Dr.-Ing. Uwe Altrock
6 VERNETZT EUCH! INDEX 8 ORGANISIERT EUCH! 10 BILDET EUCH! 14 MOBILITÄT - GRUNDRECHT DES 21. JH. 16 HEUTE SCHON UMGESTIEGEN? CRITICAL MASS 59 20 UMKÄMPFT UND UMSTRITTEN FALSCHPARKERWOCHE 65 24 STADT_STÜBCHEN NEHMEN, SETZEN, TRANSFORMIEREN 67 26 HÜRDEN IM ENTWURF LUCIUS BURCKHARDT 69 30 BIG BROTHER TEILEN & VERWEILEN 71 32 LICHTVERSCHMUTZUNG WARUM DIE STADT AUFHÖREN MUSS ZU WACHSEN 75 37 ÖPNV ZUM NULLTARIF - GEHT DAS? PLATZ MACHEN! 79 41 EINE FRAGE DES GELDES PARK_STÜBCHEN 83 43 WER SITZT AM STEUER? THESEN & VISION 91 51 DIE STADT GEHÖRT UNS ALLEN REFLEXION 105
In der Stadtplanung verändern sich die Aufga- ligen gastgebenden Stadt. Die Diversität der benstellungen der allgemeinen Arbeit in einem Themenschwerpunkte und die ständigen Pers- ständigen Prozess. Ob Abwanderungstenden- pektivwechsel machen diese Veranstaltung so zen in ländlichen Räumen oder zunehmende wertvoll. Von Wien nach Cottbus und danach Zersiedelung, die Rahmenbedingungen für Dortmund, die Vielfalt an Städten und ihren die Planung ändern sich laufend und stellen Regionen ist groß. Planer*innen immer vor neue Herausforderun- Nachdem alle Teilnehmenden aus den ver- gen. schiedensten Städten am Mittwoch eingetru- Auch deshalb ist der ständige Austausch in der delt sind, wird das PIT durch eine Auftaktver- Planungswelt essentiell und dient dazu, die ei- anstaltung eingeläutet mit anschließendem gene Denkweise in Bezug auf Planung ständig Ausklang in der PIT-Lounge. Diese ist das zu hinterfragen. Herzstück des Treffens. Hier treffen sich die DAS PLA Auch während des Studiums ist die Lust nach Teilnehmenden vor und nach den Workshops, NE Austausch natürlich allgegenwärtig und aus spielen Tischkicker, tauschen sich aus, oder genau diesem Grund gibt es seit über 20 Jah- machen einen Mittagsschlaf. R*INNEN TREFFEN ren das sogenannte Planer*innenTreffen (PIT). Donnerstag, Freitag und Samstag wird ge- workshopped was das Zeug hält. Die Beim PIT treffen zweimal im Jahr Studieren- Organisator*innen geben sich größte Mühe, de von 11 verschiedenen Universitäten aus spannende planerische Inhalte in ein Work- Deutschland, Österreich und der Schweiz auf- shop-Format zu packen und den Teilnehmen- einander, um neben fachlichem Exkurs auch den zu zeigen, was die gastgebende Stadt zu alte Freund*innen zu treffen und die jeweilige bieten hat. An einem dieser drei Tage rückt die gastgebende Stadt zu erkunden. Bundesfachschaft wieder in den Fokus: Der Das viertägige Treffen findet immer zu Beginn BFSR übernimmt bei jedem Planer*innenTreffen des Semesters statt, also im Mai und Ende Ok- die Organisation der hochschulpolitischen tober, und bringt meist an die 150 Planungs- Workshops. Hierbei werden zentrale Themen studierende zusammen. Doch das war nicht der Lehre aufgearbeitet und diskutiert. immer so: Der inhaltliche Schwerpunkt ist aber nicht al- Die Grundlage für das Planer*innenTreffen bil- les auf einem Planer*innenTreffen, auch der det der Bundesfachschaftsrat für Stadt- und Spaß darf nicht zu kurz kommen - das Begleit- Raumplanung (BFSR), der sogar vier mal im programm ist bunt. In Wien gab es etwa eine Jahr, zweimal außerhalb des PITs, tagt. selbstorganisierte Demonstration gegen Ent- Der Bundesfachschaftsrat vertritt die Studie- mietung, an einem anderen Tag ein Open-Air, rendenschaft der deutschsprachigen Vollstudi- organisiert durch einen PIT-Workshop. Außer- engänge der Stadt- und Raumplanung. dem gibt es in der Tradition des PIT stets eine » LANGE REDE, KURZER SINN: DAS Das hochschulpolitische Organ wird einmal jähr- liebevoll ausgearbeitete Stadtrallye. lich im Rahmen der Bundesfachschaftenkonfe- Lange Rede kurzer Sinn: Das PIT macht immer renz (BuFaKo) auf dem Planer*innenTreffen ge- richtig Laune und ist Höhepunkt eines jeden wählt. Der Aufgabenbereich des BFSR umfasst Semesters. Die Kombination aus Reisen, span- insbesondere die Mitarbeit und das Stimm- nendem Inhalt, Austausch mit anderen Studie- recht in überörtlichen hochschulpolitischen renden und vier Tagen purer Abwechslung ist PIT MACHT IMMER RICHTIG LAUNE oder fachbezogenen Organisationen, wie zum unschlagbar. Beispiel dem studentischen Akkreditierungs- pool. Auch die hochschulpolitische Vertretung UND IST HÖHEPUNKT EINES JEDEN gegenüber den Hochschulen und der Politik, oder die Unterstützung der Organisation der « Planer*innenTreffen gehören zu den Tätigkei- SEMESTERS. ten. Einmal den Kern des PITs erklärt, bleibt die Frage: Was machen 150 Studierende vier Tage lang in einer Stadt zusammen? Jedes PIT findet unter einem Motto statt, meist ein aktuelles Thema aus den Planungs-Gefilden der jewei- 7
» BEREITS ZU BEGINN WAR Die Organisation eines Planer*innenTreffens bedeutet eine große Herausforderung für die terin Birte Biemann als Betreuende gewon- nen werden. Im Sommersemester konnte das mehreren Sitzungen zu Beginn des Projekts sowie auf einer Klausurtagung erarbeiteten KLAR: DAS PIT IN gastgebende Hochschule. Etwa 150 Studie- rende müssen fünf Tage lang untergebracht und gefüttert, dutzende Exkursionen und Projekt mit vergrößertem, 17-köpfigem Team starten. wir zunächst gründlich, wie unsere Arbeits-, Kommunikations- und Entscheidungsstruktu- ren aussehen sollen. KASSEL SOLLTE Workshops ausgearbeitet und das Rahmen- programm gefüllt werden. Hinzu kommt ein spannendes Thema, unter dem die Konferenz back to the inhalt? Bereits zu Beginn war klar: Das PIT in Kas- sel sollte im Vergleich zu anderen PITs eine Auch durch zahlreiche Projektmanagement- Plattformen haben wir uns durchprobiert: von Trello über Microsofts SharePoint hin zu Goog- IM VERGLEICH stattfindet und nach dem möglichst alle Pro- grammpunkte ausgerichtet werden sowie ein entsprechender finanzieller Aufwand, der ge- starke inhaltliche Ausrichtung haben. Dieser Entschluss erforderte eine intensive Ausein- andersetzung mit möglichen Themen. Nach le Drive. Nach diesem Semester ist die Exper- tise in Projektmanagement-Software bei allen Projektteilnehmenden massiv gestiegen. ZU ANDEREN deckt werden muss. back to the roots - Zurück zum Anfang Diskussionen über Themen wie Parallelwelten oder Stadtidentität waren alle begeistert von der Beschäftigung mit den Themen Mobili- Als zum Ende des Projekts ein großer Teil von uns in das verpflichtende Praktikum ging und das PIT immer näher rückte, wurde eine Neu- PITS EINE STARKE Bereits im Sommer 2017 fanden die ersten Treffen von Studierenden der fachschaft archi- tektur, stadtplanung, landschaftsplanung (asl) tät und Öffentlicher Raum. Die Suche nach einem passenden Titel der unsere Arbeit wi- derspiegelt war langwierig. Nach vielen Plena strukturierung der Organisationsgruppen für die verbleibenden zehn Studierenden nötig. Es gab nun die Bereiche Koordination, (PIT) INHALTLICHE zur Vorbereitung des PIT statt. Mit der Festle- gung erster Meilensteine sowie Unterstützung durch Organisator*innen des vorhergehenden und langen Abenden konnte schließlich nach vielen Versionen back to the roads festgelegt werden. Programm, Logistik & Infrastruktur, Finanzen, Workshops und Öffentlichkeitsarbeit. Dank des vergleichsweise freien Studiums an unse- AUSRICHTUNG PITs in Kassel wurde sich der großen Aufgabe rem Fachbereich war es uns erlaubt, Studie- « angenähert. Außerdem wurde bis zum Früh- Zu Beginn des Sommersemesters wurden rende bei der Vorbereitung und Durchführung ling 2018 das studentische, selbstorganisierte dann die zu behandelnden Themen sowie die eines PIT-Workshops im Rahmen eines Semi- HABEN. Projekt vorbereitet, das der Organisation des PIT dienen sollte - dazu konnten Dekan Uwe Altrock sowie die wissenschaftliche Mitarbei- Form unserer Arbeitsprodukte konkretisiert. Wir entschieden uns für eine aktionsreiche und praxisnahe Auseinandersetzung mit dem narszu begleiten. So konnten Studierende des Fachbereichs ins PIT einbezogen werden so- wie den Teilnehmenden spannende Themen, Oberthema - einer gerechteren Gestaltung des mit denen sich die Workshopleitenden teilwei- Öffentlichen Raums sowie der Mobilität - und se selbst während des Studiums auseinander- die möglichst weite Verbreitung unserer Arbeit gesetzt haben, angeboten werden. durch Medien wie unsere Website. Dafür teil- Der Kontakt und die Vernetzung mit T ten wir das Semester in etwa zweiwöchige Re- OJ E K daktionsphasen ein: Status Quo; Geld, Macht Expert*innen, Fachleuten und anderen enga- R gierten Studierenden wurde in unserem ge- P & Hierarchie; Umwelt & Anpassung; Teilhabe & DAS Gerechtigkeit; sowie das Endprodukt. In jeder samten Arbeitsprozess sehr groß geschrieben Phase wurden in Kleingruppen oder Einzelar- und hat uns viele Ideen und Möglichkeiten beit zum aktuellen Thema passende Beiträge eröffnet. Bei einer Reflexionssitzung nach Ab- in verschiedenen Medienformaten erstellt, schluss der letzten Redaktionsphase hatten wir die auf dem Blog (www.back-to-the-roads.de) die Möglichkeit, auf das Semester zurückzubli- einsehbar sind. Ziel war auch, in jeder Phase cken und angeeignete Schlüsselkompetenzen, mindestens eine Aktion im Öffentlichen Raum Bedingungen der erfolgreichen Zusammenar- durchzuführen. beit sowie noch nicht ganz rund laufende As- pekte der selbstorganisierten Projektarbeit zu Kernkompetenz Planen reflektieren. Ein Faktor, bei dem wir alle dazu-, Ein PIT plant sich nicht von allein! So wurde aber noch lange nicht ausgelernt haben, ist das das Projekt zusätzlich in die Orga-Gruppen Öf- Zeitmanagement - gerade bei der Vielfältigkeit fentlichkeitsarbeit, Finanzen/Sponsoring und unserer Aufgaben. Die Zeit bis zur Erstellung Räumlichkeiten/Infrastruktur aufgeteilt. Ein- dieses Magazins verging wie im Flug, doch da mal die Woche fand jeweils ein Plenum für Or- dieses Kapitel nun mit diesen Worten auch ganisatorisches sowie eine Redaktionssitzung beendet ist, freuen wir uns riesig, in die heiße für das Inhaltliche statt. Bei einem relativ gro- Organisationsphase der Veranstaltung überzu- ßen, selbstorganisierten Projekt war zunächst gehen. die Vorbereitung unserer internen Struktur essentiell für einen erfolgreichen Ablauf. Bei 9
Wie wird Mobilität geplant? de und eine Gruppe Tourist*innen zieht an der In der Stadtplanung sind die Themen Mobili- Szene vorbei. tät und Nutzung des Öffentlichen Raums tief Diese selbstbestimmte und unabhängige Teil- verwurzelt, prägen sie doch unser Bild einer habe am öffentlichen Leben ist eng mit dem Stadt. So beeinflussen aktuelle Leitbilder wie Zugang zu adäquaten Verkehrsmitteln ge- die Stadt der kurzen Wege Entscheidungen knüpft. Diese Teilhabe beginnt mit Mobilität der Stadtplanungsämter. Alternative Verkehrs- - das heißt die Bevölkerung ist abhängig von mittel und ihre Verknüpfung werden gefördert den Mobilitätsangeboten und deren Gestal- und in vielen Städten entstehen Initiativen, die tung, die von der jeweiligen Kommune der Be- mit neuen Ideen für die (Verkehrs-) Flächen völkerung bereitgestellt werden. Ob dies nun einer Stadt experimentieren und alternative der Fußweg zum Supermarkt, der Radweg zur Verkehrsmittel forcieren wollen. Dabei bleibt Uni oder zur Arbeitsstätte oder die Autofahrt die Auseinandersetzung immer im konzeptio- auf das Land ist, sei dahingestellt. nellen Bereich. Die Kosten für die Nutzenden und der Ausbau DAS THEM Verkehrsplanung hingegen beschäftigt sich der Infrastruktur verschiedener Verkehrsmittel bisweilen ausschließlich mit der Umsetzung unterscheiden sich mitunter drastisch. Häufig A von Verkehrssystemen. Jedoch werden ver- mehrt Ansprüche in sozialer Hinsicht an den Straßenraum gestellt. Eine rein technische bleibt für die mobile Freiheit vielerorts nur das Automobil. Insbesondere in ländlichen Regio- nen wird dieser Missstand deutlich. Betrachtung dieser Räume wird den heutigen Bedürfnissen nicht mehr gerecht. Eine Ver- Ein Paradigmenwechsel in der Verkehrs- knüpfung der zwei Planungsdisziplinen ist ele- politik? mentar, um Städte und deren Öffentliche Räu- Die umfassende Verkehrswende wird seit Jah- me für den Menschen zugänglich und erlebbar ren diskutiert. Forderungen nach einer Redu- zu machen. zierung des motorisierten Individualverkehrs Insbesondere gesellschaftliche Trends wie und dem Ausbau der Nahmobilität, vor allem etwa der demografische Wandel sowie ein des öffentlichen Nahverkehrs, werden laut. In wachsender Gedanke der Nachhaltigkeit und Anbetracht von Diesel-Skandal, Überschrei- die damit einhergehenden steigenden Anfor- tung von Schadstoffgrenzwerten, verstopften » derungen an die gebaute Umwelt unterstützen Innenstädten und Klimakrise werden Städte die Vision einer solchen Verknüpfung. Elemen- gezwungen zu handeln. Neue Konzepte wie tar ist dabei die Betrachtung des Menschen DIE UMFASSENDE Carsharing, der Ausbau des Radverkehrsnetzes und nicht einzelner Verkehrsmittel. sowie Mobilitätsstationen, welche verschiede- ne Verkehrssysteme miteinander verknüpfen, Wie muss der Straßenraum aufgebaut VERKEHRSWENDE sind gefordert und sollen den Nutzer*innen sein? nachhaltige Alternativen zum Individualver- Die Anforderungen an unsere Verkehrsinfra- kehr bieten. Die großen Fragen des Klimawan- Das Planer*innenTreffen bietet die Möglich- WIRD SEIT JAHREN struktur steigen weiterhin. Nach wie vor zie- dels und des Umweltschutzes müssen auch keit, aktuelle Herausforderungen der Stadtpla- hen die großen Städte zu große Mengen an durch ein Umdenken unserer Mobilität beant- « nung zu erforschen und breit zu diskutieren. Verkehr mit sich. Zunehmender Pendlerver- wortet werden. Als junge Planer*innen in der Ausbildung wer- DISKUTIERT. kehr, der Anstieg des Logistikverkehrs sowie den wir uns den Herausforderungen des Jahr- steigender Parkraumbedarf wirken sich auf die Ist innovative Technik die Lösung? hunderts stellen müssen. Darunter fällt auch Auslastung des Verkehrsnetzes aus. Gleich- Forscher*innen prognostizieren eine grundle- die Frage nach einer zukunftsfähigen Mobilität zeitig steigen die Anforderungen an den in- gende Veränderung der Infrastruktur. Durch und ihre Auswirkungen auf den Öffentlichen nerstädtischen Rad- und Fußverkehr, die eine autonome Fahrzeuge, Digitalisierung und Raum. Kassel, das unter dem Leitbild der auto- grundlegende Umgestaltung von Straßenräu- Smart City zeichnet sich eine Revolution des gerechten Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg men zur Folge haben. Verkehrs ab. Dies bedeutet einen Umbruch wiederaufgebaut wurde, bietet dabei eine per- der Ansprüche an Verkehrswege und des Ver- fekte Kulisse für die Auseinandersetzung mit Mobilität und ihren Flächen. Dabei wollen wir Ist Mobilität eine soziale Frage? kehrsverhaltens. Unklar ist allerdings, welche Auf den Straßen und Plätzen der Städte tref- Formen dies annehmen wird. Können dadurch aktivistisch ergründen: Wie wünschen wir uns fen verschiedenste Gruppen aufeinander. Der die Umweltprobleme bewältigt werden? Neue eine lebenswerte Stadt? Klar ist, angesichts Öffentliche Raum bietet die Möglichkeit zur Konzepte für die Folgen einer Umstellung sind stetigen Innovationen und Ideen für unsere Auseinandersetzung mit Anderen und erfor- gefragt. Interdisziplinarität ist auch hier gefor- Fortbewegung ist dieses Thema so aktuell wie dert die Toleranz aller Nutzenden. Neben der dert. lange nicht. Skaterampe sitzen dann Alkoholkonsumieren- 11
» EINE VERKNÜPFUNG DER ZWEI FACHDISZIPLINEN IST NICHT NUR IN DER PRAXIS, SONDERN EBEN Aus diesem Grund ist eine Verknüpfung der zwei Fachdisziplinen nicht nur in der Praxis, sondern eben auch schon in der Lehre zu er- AUCH SCHON IN streben. Bisher werden die Disziplinen an den Universitäten nicht integral gedacht - dies führt dazu, dass in einem Studium der Stadt- DER LEHRE ZU planung so gut wie keinerlei verkehrsplaneri- « sche Themen bespielt werden und Straßen- raumentwürfe eher von Ingenieuren erarbeitet ERSTREBEN. werden. Gestaltungselemente, die besonders soziale und ökologische Belange beinhalten, und vor allem ein gesamträumlicher Kontext bleiben dann meist aus. Die Universität Kassel ist hierbei ein Sonder- fall. Im Jahr 2017 entstand das Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung/Mobilitätsent- wicklung am Fachbereich der Stadt- und Re- gionalplanung. Im Gegensatz zu anderen Uni- versitäten im deutschsprachigen Raum, die ein Studium der Stadtplanung anbieten, ist Kassel Vorreiterin mit einer solchen Verknüpfung der zwei Fachdisziplinen. In der Mobilitätsplanung wird eine rein techni- sche Betrachtung der Straßenräume den heu- tigen Nutzungsansprüchen nicht mehr gerecht - der Mensch muss zukünftig stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. 13
DIE GLOBALE GESELLSCHAFT IST UNTERWEGS. OB DATEN, Eine schnelle “Revolution” kann man den- noch nicht erwarten, denn trotz der unwei- MENSCHEN ODER WAREN, DIE MOBILITÄT HAT EINE gerlichen Wahrheit, dass der motorisierte Individualverkehr keinen nachhaltigen Nut- UNGLAUBLICH GROSSE BEDEUTUNG IN UNSERER HEUTIGEN zen bringt, ist der PKW aus unserer heutigen Gesellschaft nicht wegzudenken. schließlich GESELLSCHAFT. WER ES SICH NICHT LEISTEN KANN hat dieses Fortbewegungsmittel die Mo- bilität der letzten 100 Jahre bestimmt- die UNTERWEGS ZU SEIN, ODER DAZU NICHT IN DER LAGE IST, gesellschaftliche als auch die wirtschaftli- che Bedeutung ist somit groß - vor allem in WIRD SCHNELL AUSGESCHLOSSEN UND KANN NICHT MEHR Deutschland. IN VOLLEM UMFANG AM GESELLSCHAFTLICHEN LEBEN Zukünftig sollten Bürger*innen sich nicht nur auf ein Verkehrsmittel fokussieren und Pla- TEILHABEN. DIESER UMSTAND, DASS MOBILITÄT SCHNELL nungsdisziplinen eine Verknüpfung der ver- schiedenen Verkehrssysteme herzustellen. ALS AUSSCHLUSSKRITERIUM FUNGIERT, SOLLTE ANLASS SEIN, Die Möglichkeit, auf ein breites Angebot der Verkehrsmittel vor der Haustüre zugreifen DAS HEUTIGE MOBILITÄTSVERSTÄNDNIS ZU HINTERFRAGEN, zu können, kann helfen, Menschen zum um- denken zu bewegen - denn Verkehr beginnt WEITERZUENTWICKELN UND SO ZU EINER GERECHTEREN, INKLUSIVEREN FORTBEWEGUNG ZU KOMMEN. MOBILITÄT GRUNDRECHT im Kopf. DES 21. JAHRHUNDERTS Der Begriff der Mobilität ist ein vielschich- Plätze auf denen die Mobilität ausgelebt tiges Phänomen - so ist Mobilität nie ein wird, prägen den Raum maßgeblich. Mobi- John Marquart grundlegendes Bedürfnis von Menschen, lität bedeutet Beweglichkeit, Veränderung sondern wird stets durch ein anderes Be- und Wandlungsfähigkeit, individuell wie ge- dürfnis ausgelöst (Amoser, Hoppe, 2006) sellschaftlich. (Morrison, 2017) Ein Beispiel hierfür ist: „Mein Kühlschrank ist leer, ich brauche Lebensmittel“. Dadurch ent- Was einerseits Risiken und Unsicherheit steht der Wunsch einer Ortsveränderung, impliziert, bietet andererseits neue Chan- was den Drang nach Mobilität unweigerlich cen auf größere Vielfalt Möglichkeiten für auslöst. Definitorisch lässt sich die Mobilität Neuentdeckungen. Aufgrund dieser einzig- wie folgt spezifizieren: artigen Eigenschaften, werden immer mehr Bereiche unseres Lebens vom sogenannten „potenzielle Mobilität ist die Beweglichkeit „Megatrend“ der Mobilität erfasst. von Personen, allgemein und als Möglichkeit. Die zunehmende Mobilisierung bringt je- Realisierte Mobilität ist realisierte Beweg- doch vielerlei Probleme mit sich. Der tägli- lichkeit, ist die Befriedigung von Bedürfnis- che Verkehr nimmt zu, fossile Energieträger sen durch Raumveränderung (kurz: Mobi- werden knapper und verpesten gleichzeitig lität). Verkehr ist das Instrument, das man auch die Luft und der Platz für das „Mobil dann für die konkrete Umsetzung der Mo- sein“, also die dazugehörige Infrastruktur Quellen: bilität benötigt. Verkehr umfasst Fahrzeuge, dehnt sich weiter aus. Becker, U.; Gerike, R.; Völlings, A.: Gesellschaftliche Ziele von Infrastrukturen und die Verkehrsregeln und Ein Paradigmenwechsel seitens der Politik und für Verkehr, Heft 1 der ist auch sehr gut messbar.“ (Becker, Gerike, wird schon längst gefordert. Der vermehr- Schriftenreihe des Instituts für Völlings, 1999) te Gedanke der Nachhaltigkeit unterstützt Verkehr und Umwelt e.V. (DIVU), S. 71;1999 dies und die damit einhergehende Mobili- Ammoser,Henrik, Hoppe, Mar- Unser Leben und die Ökonomie sind spätes- tätswende hin zum Umweltverbund - denn kus: Glossar Verkehrswesen und Verkehrswissenschaften, tens seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts gerade Fuß-, Radverkehr und ÖPNV stützen erschienen in der Reihe Diskus- von einer stetigen Zunahme an Mobilität ge- Argumente, die einerseits flächensparender sionsbeiträge aus dem Institut für Wirtschaft und Verkehr, Seite kennzeichnet. Fortbewegung bildet die Basis und gut für die eigene Gesundheit sind, aber 46,2006 unseres Lebens - kaum etwas prägt das Le- vor allem auch einen Ausgleich zur Umwelt Morrison, Mark: Besser nicht ben so sehr wie Mobilität. schaffen. Schneller, erschienen in Die Zeit vom 14. November, 2017, Ob Straßen, Bahnhöfe oder Parkplätze, die online 15
zu zum Arbeitsplatz. aufs Land. Mobilität ist in der heutigen Zeit von zent- Ballungsräumen wächst das Bedürfnis nach bei Ausfällen im ÖPNV, platten Fahrradreifen ring-Angebote zur Verfügung gestellt, kann raler Bedeutung und für alle unabdingbar. Mobilität, umweltfreundliche Formen der oder viel Gepäck, sollte ein unbeschwerter dies zukünftig zur Entscheidung beitragen, Dabei ist nebensächlich, ob es sich um das Fortbewegung ersetzen Wege des motori- und flexibler Umstieg auf ein anderes Ver- ob der eigene PKW zu Hause stehen gelas- Intermodal Erreichen des Arbeitsplatzes, einen Besuch sierten Individualverkehrs. Um dies zukünf- kehrsmittel möglich sein. Essentiell ist dies sen wird und stattdessen umweltfreundliche beim Arzt oder die generelle Teilnahme am tig weiter zu stärken, müssen die Mobili- auch bei nicht angebotsstarken Zeiten des Mobilitätsoptionen genutzt werden. Denn öffentlichen Leben handelt. „Mobil sein“ hieß tätsangebote je nach Situation und Bedarf ÖPNV, in der Regel nachts. Hier können gerade Fortbewegungsformen wie Fuß-, in der Vergangenheit meist einen eigenen miteinander kombiniert werden. integrierte, geteilte und individuelle Ver- Fahrrad- und Schienenverkehr sind platzspa- PKW zu besitzen. Der motorisierte Indivi- Bei multimodalem Verkehr wird nach indivi- kehrsmittel, wie zum Beispiel Car- und Bike- render und günstiger als der motorisierte In- dualverkehr verliert jedoch zunehmend an duellen Kriterien für jeden Weg das jeweils Sharing, einen hohen Grad an Mobilität ga- dividualverkehr und vor allem umweltscho- Intermodalität Bedeutung, als Fortbewegungsmittel und geeignete Verkehrsmittel gewählt (Ministeri- rantieren. nend. (VCD e.V. o. J.) Statussymbol. Immer mehr Menschen über- um für Verkehr NRW, o. J. a). Multimodali- Multimodalität und Intermodalität sind zen- Mobilitätsstationen verknüpfen diese ver- trale Strategien für die stadtverträgliche Mit und schiedenen Angebote der Mobilität demför- zum Gestaltung von Verkehr. Werden am Wohn- dern ein inter- bzw. multimodales Verkehrs- Montag Mit dem zum Arbeitsplatz. standort attraktive Rahmenbedingungen für verhalten (Geschäftsstelle & Zukunftsnetz Fuß- und Radverkehr, ÖPNV und/-oder Sha- Mobilität NRW 2015). HEUTE SCHON UMGESTIEGEN? Mit dem Mit dem Mit dem Donnerstag Mit dem zum Supermarkt. Mit dem zum Zu zum Intermodalität Maximilian Frey Sonntag denken Mitvon ihr Verständnis demMobilität. aufs Land. tät beschreibt ein Verhalten, welches als die Gerade die jüngere Generation implemen- Verwendung verschiedener Fortbewegungs- tiert einen umweltschonenden nachhaltigen formen innerhalb einer bestimmten Zeit zu Zu zum Gedanken und folgt immer mehr dem Mot- verstehen ist. Donnerstag to „benutzen statt besitzen“. In Deutschland Beispiel: Ein Mensch ist multimodal unter- gehört Montag der Erwerb eines Führerscheins zwar Mit dem wegs, wenn zum er z.B. mit dem Fahrrad zum Ar- Arbeitsplatz. noch immer zum Erwachsenwerden dazu - beitsplatz, mit dem Bus zum Supermarkt und Sonntag Montag der Anteil der jungen Erwachsenen, die eine mit dem Carsharing-PKW auf das Land fährt. Donnerstag Mit dem zum Supermarkt. Fahrerlaubnis besitzen und in einem Haus- Intermodalität ist eine spezielle Form der Mit dem zum halt mit Auto leben, nimmt jedoch stetig ab multimodalen Mobilität und beschreibt das Quellenverzeichnis: Multimodal: Status Quo oder Zukunfts- Sonntag (dpa Mit dem 2014, Gastel 2014) Nutzen aufs Land. unterschiedlicher Fortbewegungs- Montag Mit dem zum Arbeitsplatz. dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH (2014). Autofahren ist out, Smartphones musik? https://busse-und-bahnen.nrw.de/ service-organisation/projekte/multimoda- Zudem zeigt sich, dass nicht mehr nur ein formen im Verlauf eines einzelnen Weges werden wichtiger. http://www.faz.net/ le-mobilitaet/multimodal-status-quo-oder- bestimmtes Verkehrsmittel für eine Strecke (Von der Ruhren et al. 2003). Zu Beginn aktuell/technik-motor/motor/fuehrer- zukunftsmusik/ [Zugriff: 12.06.2018] genutzt wird, sondern immer häufiger ver- startet jeder Weg meist zu Fuß, um eben schein-kein-statussymbol-autofahren- Vortisch, P.; Chlond, B.; Weiß, C.; Streit, T.; ist-out-smartphones-werden-wichti- Wirtz, M.; Zumkeller, D. (2012). Deutsches schiedene. Je nach Altersklasse wird auf das dann ein weiteres Fortbewegungsmittel, ob ger-13346242.html [Zugriff: 12.06.2018] Mobilitätspanel (MOP) - wissenschaftliche Donnerstag Rad oder den ÖPNV Mit dem umgestiegen (Vortisch ÖPNV, Fahrrad oder doch zumden Supermarkt. eigenen Pri- Gastel, M. (2014). Junge Leute verzichten Begleitung und erste Auswertung; Bericht immer häufiger auf Führerschein. http:// 2011/2012: Alltagsmobilität und Tank- et al. 2012). vat-PKW, zu nutzen. Somit ist des Öfteren Zu zum www.matthias-gastel.de/junge-leute- buch (S. 114). Karlsruhe: Karlsruher Institut verzichten-immer-haeufiger-auf-fuehrer- für Technologie (KIT), Institut für Verkehrs- schein/ [Zugriff: 12.06.2018] wesen. https://mobilitaetspanel.ifv.kit.edu/ Geschäftsstelle & Zukunftsnetz Mobi- downloads/Bericht_MOP_11_12.pdf [Zu- Sonntag Mit dem aufs Land. lität NRW (2015). Handbuch Mobil- stationen Nordrhein-Westfalen (S. 72). griff: 12.06.2018] VCD Verkehrsclub Deutschland e.V. (o. J.). Köln: Ministerium für Bauen, Wohnen, Multimodalität und Intermodalität. https:// Stadtentwicklung und Verkehr des Lan- www.vcd.org/themen/multimodalitaet/ Immer mehr junge Menschen studieren und eine intermodale Mobilität gegeben. des Nordrhein-Westfalen. https://www. schwerpunktthemen/was-ist-multimodali- bekommen an ihrer Universität ein Semes- zukunftsnetz-mobilitaet.nrw.de/sites/de- taet/ [Zugriff: 12.06.2018] fault/files/downloads/2015-10-14_hand- Von der Ruhren, S.; Rindsfüser, G.; Beck- terticket, mit dem sie den lokalen öffent- Wenn das Kombinieren von Verkehrsmitteln buch_mobilstationen_nrw_download_neu. mann, K. J.; Kuhimhof, T.; Chlond, B.; Zum- lichen Nahverkehr als eine günstige und den Bürger*innen zukünftig vor Ort leicht pdf [Zugriff: 12.06.2018] keller, D. (2003). Bestimmung multimodaler Ministerium für Verkehr NRW. (o. J.) a. Das Personengruppen (BMP03) (No. 03). Aa- ökologische Alternative zum motorisierten und bequem fällt, kann sich inter- und mul- kleine 1x1 der multimodalen Mobilität. chen/Karlsruhe. https://www.forschungs- Individualverkehr benutzen können (Minis- timodales Mobilitätsverhalten im alltäglichen https://busse-und-bahnen.nrw.de/service- informationssystem.de/servlet/is/353986/ terium für Verkehr NRW, o. J. b). Leben etablieren und ein Grundgerüst für organisation/projekte/multimodale-mobi- [Zugriff: 12.06.2018] litaet/das-kleine-1x1-der-multimodalen- Die zukünftige Mobilität erfordert intelli- die Entscheidung der Fortbewegung bilden. mobilitaet/ [Zugriff: 12.06.2018] gente und vernetzte Systeme. Vor allem in Besonders in Ausnahmesituationen, gerade Ministerium für Verkehr NRW. (o. J.) b. 17
GEFÜHLSWELTEN | TEIL I TRÄNEN, BLUT, SCHWEISS: DAS ORGANISIEREN EINES PIT IST EIN STÄNDIGES AUF UND AB. LEST HIER DEN ERSTEN TEIL UNSERER EMOTIONALEN HÖHEPUNKTE PLANER*INNENTREFFEN KOMMT NACH KASSEL | ERSTMAL DORTMUND UND KAISERSLAUTERN | VORFREUDE | ANGST? | ENDLOSE NACHTSCHICHTEN? | UNI UNI UNI | AB NACH DORTMUND | AUGEN AUF | OKAY WOW, WIRD ‘NE NUMMER | THEMENFINDUNG FÜR UNSER PIT | ERSTMAL EIN MOTTO | LANGE DISKUSSIONEN | PITCHES | SO VIELE MÖGLICHKEITEN | KONSENSORIENTIERT | LANGE PLENA... | WIRKLICH LANGE PLENA | DAS WIRD DAUERN | ABSTIMMUNGSREGELN | STRUKTUR | ORDNUNG MUSS SEIN | VETORECHT? | WIRD SCHON | THEMA GEFUNDEN | BACK TO THE ROADS | VISION | CORPORATE DESIGN | WAHNSINN | DANN AB NACH KAISERSLAUTERN | PACEN | WIE MACHEN DIE DAS SO? | PIT-FILM PRÄSENTIEREN | APPLAUS | ERWARTUNGEN | AB JETZT KEIN ZURÜCK MEHR. | OKAY JETZT KASSEL | ZEIT TICKT | SOCIAL MEDIA ANHAUEN | FACEBOOK & INSTAGRAM | ERSTMAL EINEN RAUM YES ! WIR HABEN EINEN RAUM FÜR UNSER PROJEKT, FINDEN | RAUM BEKOMMEN, DANKE MACHEN WIR WAS SCHÖNES DRAUS! STEPHAN | DER RAUM IST KRASS | SO VIELE MÖGLICHKEITEN | SCHREIBTISCHE ORGANISIEREN | ARBEITSPLÄTZE EINRICHTEN | 24/7 | JEDEN TAG | IMMER | FAST WIE EIN BÜRO | PROFESSIONELL ARBEITEN? | DATENANFRAGE | SHAREPOINT SCHULUNG | ZOTERO, WAS SONST | STICKER | KOMMUNIKATION | PLENA | REDAKTIONSSITZUNG | REDELEITUNG | PROTOKOLLFÜHRUNG | GESPRÄCHSKULTUR AUF HÖCHSTEM LEVEL | CRITICAL MASS | RADENTSCHEID 19
» MIT STADTRAUM SIND IN DEN ZEITEN VON Wir wollen den Öffentlichen Raum neu ent- ALLE DURCH BAUTEN decken und uns aneignen, die Mobilität von GEBILDETE HOHLRÄUME IN EXPLODIERENDEN Morgen erforschen und die Umnutzung von SIEDLUNGSSTRUKTUREN « Verkehrsflächen untersuchen. Dies setzt vo- BESCHRIEBEN IMMOBILIENPREISEN, GATED raus, dass wir uns darüber im Klaren sind, wie wir den Öffentlichen Raum definieren. CHRISTA REICHER - STÄDTEBAULICHES ENTWERFEN COMMUNITIES UND BUSINESS Dafür haben wir ausführlich diskutiert, uns mit verschiedensten Theoretiker*innen aus- Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass IMPROVEMENT DISTRICTS WIRD einandergesetzt und persönliche Erfahrun- alle Formen der Nutzung im Öffentlichen gen einfließen lassen. Raum zulässig sind. Doch damit es zu den Äußerlich betrachtet ist Öffentlicher Raum verschiedensten Nutzungen kommen kann, bedarf es einer intimen, familiären Grund- IMMER HÄUFIGER DIE FRAGE GESTELLT: „WEM GEHÖRT DIE nicht mehr als unbebaute Fläche innerhalb stimmung, so dass sich die Nutzer*innen un- einer Siedlungsstruktur. Diese Fläche muss bewacht und frei fühlen. STADT?“ DAMIT EINHER GEHT allerdings diverse Eigenschaften besitzen, damit wir sie tatsächlich als Öffentlichen Trotzdem sehen wir Exklusion nicht zwangs- AUCH DIE DISKUSSION UM DEN Raum bezeichnen können (Reicher 2013). läufig als etwas Negatives an. Die Inan- spruchnahme durch bestimmte Gruppen ÖFFENTLICHEN RAUM. WAS MACHT UMKÄMPFT UND UMSTRITTEN DEN ÖFFENTLICHEN RAUM AUS? DER ÖFFENTLICHE RAUM IM 21. JAHRHUNDERT kann auch die Möglichkeit für die Entfaltung so viel Gewicht hat, dass ein Parlaments- von Minderheiten bieten (Madden 2010). beschluss dafür bedacht werden muss? Clara von den Driesch, Vivienne Graw, John Marquart » (...) EINIGE FORMEN DER Die Betrachtung des jeweiligen Platzes, Kreuzung oder Grünfläche muss immer in- EXKLUSION SIND NOTWENDIG dividuell erfolgen, um so die Verhältnismä- Kleiner Hotspot für Subkultur im Zentrum Kassels FÜR DIE PRÄSENZ BESTIMMTER ßigkeit der jeweiligen Nutzung des Raumes GRUPPEN. « sicherzustellen. Doch wie ist die Verhält- nismäßigkeit herzustellen und was genau DAVID MADDEN - REVISITING THE END OF PUBLIC SPACE soll sie bezwecken? Es geht dabei vor allem um die Austestung von Grenzen und einen Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es fortlaufenden Aushandlungsprozess. Dabei grundlegend für funktionierenden Öffent- spielt die Aneignung der Nutzer*innen des lichen Raum, in ausreichenden Mengen zur Raums eine zentrale Rolle. Es ist schließlich Verfügung zu stehen. Die Ausgestaltung und nicht gesagt, dass der entstandene Raum Verteilung dieses Raums im Stadtbereich ist so genutzt wird, wie er eigentlich gedacht dabei zentral. war. Die Verhältnismäßigkeit ist eben dann gewährleistet, wenn der Raum so genutzt wird, dass der überwiegende Teil der UMGANG Nutzer*innen mit der jeweiligen Nutzung Speakers Corner, Hyde Park, London: eine » DIES ZEIGT: DER UMGANG MIT ÖF- kleine Fußwege-Kreuzung innerhalb des be- rühmten innerstädtischen Parks. Hier wird der Diskurs gelebt. Redner*innen erheben FENTLICHEM RAUM IST STREITBAR sich auf selbst mitgebrachten kleinen Leitern UND BEFINDET SICH IM STETIGEN über das vorbeilaufende Fußvolk und schil- dern ihre Weltanschauung. Ob Glaubensfra- AUSHANDLUNGSPROZESS. « gen, Politik oder Brexit. Die Spannbreite der Beiträge ist hoch und so auch der Anschau- einverstanden ist und so eine Art Mehr- enswert. Seit 1872 gibt es diese Ecke durch heitsentscheidung gefällt wird. Heutzuta- einen Parlamentsbeschluss, der es erlaubte, ge ist diese Auseinandersetzung lebhafter ohne Voranmeldung Argumente lautstark denn je. Konsumzwang in Innenstädten, auszutauschen. (Parks Regulation Act 1872) Überwachung im Öffentlichen Raum und Ein vermeintlich kleiner Fleck in London, der Top-Down-Planung schränken die Freiheit 21
und Nutzungsvielfalt des Raums ein, was Nahverkehr nimmt für die Bevölkerung die den Unmut der Bevölkerung wachsen lässt Position eines Öffentlichen Raums in Be- und so die Auseinandersetzung mit dem wegung ein. Hier treffen sich Gruppen, le- Raum noch kontroverser macht. sen, führen Unterhaltungen und verbringen Doch was können Planer*innen daraus häufig Stunden ihres Tages. Allerdings ist lernen? Vor allem eines: Die Planung des der Aufenthalt nur nach Erwerb eines gül- Raums muss mit der Bevölkerung geschehen tigen Tickets möglich und es herrschen hier und eine Flexibilität besitzen, um die späte- häufig rigide Nutzungsordnungen. Diese re, wenig absehbare Nutzung, nicht einzu- Einschränkungen werden nicht nur durch schränken. So kann die Verhältnismäßigkeit private Eigentümer*innen eingeführt. Auch der Nutzung und der Aushandlungsprozess auf städtischen Flächen werden durch den dieser erleichtert werden. Einsatz unterschiedlicher Verdrängungsme- chanismen Öffentliche Räume beschnitten. ÖFFENTLICH IST NICHT GLEICH ÖFFENTLICH Der Campus ist häufig ein pulsierender Teil Die Schwierigkeiten in Definition und Um- der Stadt. Hier finden öffentliche Veranstal- gang mit Öffentlichem Raum werden insbe- tungen statt und er ist der Lebensmittelpunkt sondere bei der Betrachtung vermeintlich vieler Studierender. Dieser Aufenthaltsort Öffentlicher Räume deutlich. Obwohl Cha- wird allerdings durch die Aufsicht eines Si- rakteristika eines Öffentlichen Raums ent- cherheitsdienst eines privaten Unterneh- sprechend, sind diese Räume nicht öffent- mens beeinflusst. lich. Dies führt zu einer Einschränkung in der Nutzung dieser Räume. Auch Schulhöfe sind nur während der Schul- Quellen: Glasze, G. (2018): Privatisierung zeit für Schüler*innen zugänglich. Diese Flä- chen, die häufig ein Treffpunkt für Jugend- Urban Live Painting Aktion von KolorCubes und den internationalen Graffiti-Künstler*innen Skount, Henruz, Pau Quintanajornet & Gwion Lopez öffentlicher Räume? Einkaufs- zentren, Business Improvement Ein Bahnhof mag zwar ein wichtiger Kno- tenpunkt der öffentlichen Mobilität sein, in liche sind und aufwändig gestaltet werden, Districts und geschlossene Wohnkomplexe Bahnhofsgebäuden gelten allerdings Haus- werden so aus dem öffentlichen Stadtgefüge Krüger, T. (Hrsg.) (o.J.): Neue ordnungen. Hier können so bestimmte Nut- genommen. Auch Friedhöfe werden durch Eigentümerstandortgemein- schaften: Urban Improvement zungen, wie ein längerer Aufenthalt von Per- die Einrichtung von Öffnungszeiten oder Districts (BID, HID, NID) / sonen, unterbunden werden. Meist in Form Sicherheitsdiensten in ihrer Zugänglichkeit Innovationsbereiche (§171f BauGB) | Urban Improvement einer Public-Private-Partnership, wie auch beschränkt. In temporärer Form werden die- Districts. http://www.urban-im- Business Improvements Districts zeigen, se Einschränkungen auf Veranstaltungen im provement-districts.de/ [Zugriff: Stadtraum umgesetzt. Bei Großveranstaltun- 04.06.2018] finden sie einen festen Platz im Stadtgefü- Madden D. (2010): Revisiting ge (Krüger o.J.). In der allgemeinen Wahr- gen auf Stadtplätzen wird so Eintritt verlangt, the End of Public Space: As- nehmung erscheinen diese Fläche allerdings das Mitbringen von Getränken verboten und sembling the Public in an Urban Park, abgerufen (12.06.2018), meist weiterhin als öffentlich. Auffällig wer- Menschen können des Platzes verwiesen unter: https://onlinelibrary. den die Einschränkungen erst für ausge- werden. wiley.com/doi/full/10.1111 /j.1540-6040.2010.01321. schlossene Nutzer*innengruppen. Beson- Merkur (Hrsg.) (Mai 2016): Um- strittene Bahnsteigkarte: Wa- ders in der Zugänglichkeit und Sichtbarkeit Häufig werden vermeintlich Öffentliche rum München an ihr festhält. unterwandern sie damit die Grundprinzipien Räume genau so genutzt wie Öffentliche https://www.merkur.de/lokales/ eines Öffentlichen Raums (Glasze 2018). Räume. Erst in Konfliktsituationen werden muenchen/stadt-muenchen/ die Restriktionen deutlich. bahnsteigkarte-muenchen-ha- elt-fest-6406485.html [Zugriff: 04.06.2018] » DIE MÜNCHNER Münchner Verkehrsgesellschaft mbH (Hrsg.) (o. J.): Bahnsteigkar- VERKEHRSGESELLSCHAFT HÄLT te. https://www.mvg.de/tickets- tarife/sonstige/bahnsteigkarte. AN DER BAHNSTEIGKARTE html [Zugriff: 04.06.2018] FEST, EIN RELIKT AUS DEN 70ER Reicher C. (Hrsg.) (2013). Städ- tebauliches Entwerfen. Wiesba- JAHREN. DIE BAHNSTEIGE den: Springer Sorkin M. (Hrsg.) (1992). Vari- DÜRFEN NUR NACH BEZAHLUNG ations on a theme park. Hill & VON 0,40 EUR BETRETEN Wang Pub. Tagesspiegel (Hrsg.) (Juli 2016): Speakers Corner: Die Frei- WERDEN. « Sprech-Anlage. https://www. tagesspiegel.de/weltspiegel/ Die Einschränkung der Nutzung Öffent- sonntag/speakers-corner-die- licher Räume kann auf unterschiedliche frei-sprech-anlage/12016506. html [Zugriff: 05.06.2018] Weise erfolgen. Insbesondere öffentlicher 23
AM SONNTAG, DEN 03. JUNI 2018, SAH DER VORPLATZ DES DAS STADT_STÜBCHEN Bei diesem Wohnzimmer ohne vier Wän- de - dem Stadt_Stübchen - handelte es sich HAUPTBAHNHOFS IN KASSEL um die erste Aktion im Öffentlichen Raum unseres Projekts. Mit solchen Aktionen wol- ANDERS AUS ALS GEWOHNT: len wir im Laufe des Semesters Missstände aufzeigen, aber auch einfach zum Nach- EIN WOHNZIMMER AUF DEM BAHNHOFSVORPLATZ 1 ZWISCHEN KREIDE-MALEREIEN denken und Nachmachen anregen. Orte, die sonst keine richtige Nutzung erfahren, Helen Hebing & Michelle Nettles UND SEIFENBLASEN RÄKELTEN könnten ganz einfach belebt und neu ent- deckt werden. Manche werden auch unge- VORBEREITUNG SICH MENSCHEN AUF recht genutzt und schließen bestimmte Per- sonengruppen aus - auch darauf wollen wir KOOPERATION MIT ANDERER SOFAS UND SESSELN IN DER aufmerksam machen. INITIATIVE/PROJEKT? NACHMITTAGSSONNE UND Welche Möglichkeiten bietet der Öffentliche Raum? Was macht ihn aus und wie verändert INTERAKTION PLANEN: (WIE) KÖNNEN ENTSPANNTE MUSIK SCHALLTE er unser Bewusstsein für das Stadtleben? PASSANT*INNEN EINBEZOGEN WERDEN ÜBER DEN SONST SEHR Diese Fragen sollten bei dem Experiment am Sonntag durch das Errichten und Beleben ei- WENN GEWOLLT: ANDERE MENSCHEN LEEREN PLATZ. nes Wohnzimmers, ausgestattet mit Sitzge- 2 legenheiten, herkömmlichen Wohnzimme- EINLADEN rutensilien und Freiraum für Spiel und Spaß am Kulturbahnhof, ein Stück weit beantwor- tet werden. Die Stadt bietet durch ihre Öf- MATERIAL fentlichen Räume verschiedene Qualitäten. In Straßen- und Stadträumen finden sich COUCH & SESSEL, TEPPICH, jedoch immer wieder Orte, deren Potenzial nicht ausgeschöpft wird. WOHNZIMMERLAMPE, BEISTELLTISCH, KISSEN, MUSIKBOX, PFLANZEN, Besonders der Vorplatz des Kulturbahnhofs THERMOSKANNE MIT KAFFEE & ist spärlich ausgestattet und wird lediglich TASSEN, KREIDE, SEIFENBLASEN zum Überqueren genutzt, nicht jedoch – bis & ALLES, WAS SPASS MACHT 3 auf eine lange Bank direkt am Gebäude – zum Aufhalten. Dabei bietet es sich gerade bei Bahnhöfen an, Orte zum Ankommen oder Warten zu gestalten. Dies geht von RECHTLICHES Sitzgelegenheiten über Schattenspender und eine attraktive Grüngestaltung bis hin Gemeingebrauch: die jedermann eingeräumte Befugnis, zu informativen Elementen, die Reisenden öffentliche Sachen (wie Straßen, Wege, Grünanlagen, ..) die Ankunft vereinfachen oder die Wartezeit ohne besondere Zulassung entsprechend ihrer Zweckbe- etwas verkürzen können. stimmung (Widmung) und ohne vermeidbare Beeinträch- tigung anderer unentgeltlich zu benutzen. (BpB) Wir hoffen, wir konnten den einen oder die andere mit unserer Aktion inspirieren – lasst Unsere Erfahrung: bei unserem Stadt_Stübchen vor dem Eurer Kreativität freien Lauf und sucht Euch Hbf, in direkter Nähe zur Polizeistation, gab es keine ein nettes Plätzchen für Euer eigenes Stadt_ Zwischenfälle; Polizist*innen liefen vorbei, ohne uns Stübchen! Beachtung zu schenken - trotz Musik und ausgedehnter 4 Möblierung Quellen: Bildung, B. für politi- nach Duden Recht A-Z. Fach- UND DANN sche. (o. J.). Gemeingebrauch | lexikon für Studium, Ausbildung bpb. Abgerufen 1. Juni 2018, und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bib- von http://www.bpb.de/ liographisches Institut 2015. Li- AUFBAUEN, GEMÜTLICH MACHEN, FOTOS MACHEN nachschlagen/lexika/recht- zenzausgabe Bonn: Bundeszent- a-z/22242/gemeingebrauch. rale für politische Bildung. & ANDERE TEILHABEN LASSEN! 25
IN ARTIKEL 3, ABSATZ 3 DES GRUNDGESETZES IST 1994 DIE GRUNDLAGE ZUR INKLUSION VON BEEINTRÄCHTIGTEN MENSCHEN GESCHAFFEN WORDEN. DIE AUSSAGE „NIEMAND DARF WEGEN SEINER BEHINDERUNG BENACHTEILIGT WERDEN“ WIRD IM BEHINDERTEN- HÜRDEN IM ENTWURF GLEICHSTELLUNGSGESETZ NOCH BARRIEREFREIE PLANUNG KONKRETISIERT. DORT WIRD DIE FORDERUNG NACH DER HERSTELLUNG Barrierefreiheit ist gewährleistet, wenn Men- VON BARRIEREFREIHEIT IN DEN BEREICHEN Vivienne Graw die Sinneswahrnehmung, kognitive Ein- schen, die in ihren Bewegungsmöglichkeiten, schränkungen die mentale Verarbeitung und ihrer Wahrnehmung oder ihren kognitiven BAU UND VERKEHR UND NACH EINER das Gedächtnis. Als Planer*in kann es sich als Fähigkeiten eingeschränkt sind, in keinster sehr hilfreich erweisen, mithilfe eines Roll- Weise durch ihre Umwelt beeinträchtigt BARRIEREFREIEN INFORMATIONSTECHNIK stuhls oder einer Seh- bzw. Hörbehinderung werden. Dies umfasst z.B. den barrierefrei- die verschiedenen Arten der Behinderung en Straßenraum, die digitale Barrierefreiheit GESTELLT. nachzuvollziehen. (Skipa & Züger, 2016) und Gesetzestexte in leichter Sprache. Ebenso wie Einschränkungen lassen sich die BARRIEREFREIE PLANUNG Arten von Barrieren kategorisieren. Dem- Als angehende Planer*innen wird es unsere nach gibt es Barrieren in der Bewegung, Be- Aufgabe sein, die gesetzlich vorgeschriebe- dienung und der Orientierung. ne barrierefreie gebaute Umwelt umzuset- zen. Dies setzt voraus, dass wir nicht für den Barrieren aus der baulichen Umgebung „durchschnittlichen Menschen“ planen, son- können in Form von Höhenunterschieden, nitärobjekte oder Fahrstuhlbedienfelder als Öffentlichen Raum lauern viele potenzielle dern fähig sind, die Welt aus der Sicht einer fehlenden Bewegungsflächen oder schma- unnutzbar erweisen. (Skipa & Züger, 2016) Gefahren für Gehörlose, z.B. das Verpassen beeinträchtigten Person zu sehen. Sowohl len Durchgangsbreiten auftreten. Vertika- von Ansagen in öffentlichen Verkehrsmitteln, Bewegungs-, als auch Wahrnehmungs-, und le Barrieren lassen sich überall finden, z.B. Barrieren in der Orientierung betreffen Brandmelder oder Sirenen. Um die Barrieren kognitive Einschränkungen sind zu beach- kann sich das Betreten von öffentlichen Ver- vor allem Menschen mit sensorischen Ein- in der Orientierung zu umgehen, kann nach ten. (Kohlbecker, 2011) kehrsmitteln als unmöglich erweisen, wenn schränkungen, d.h. mit eingeschränktem einem Zwei-Sinne-Prinzip vorgegangen wer- die entsprechenden barrierefreien Zugänge Sehsinn oder Gehör. Zum einen sind visu- den. Anstatt zu sehen, sollen die Informatio- Ziel der Barrierefreiheit ist die Integration der fehlen. Vor allem bei Durchgangsbreiten und elle Barrieren ein großes Problem, da der nen gehört und ertastet werden und anstatt betroffenen Personen in tägliche Lebensab- Bewegungsflächen können sich die Anforde- Sehsinn einer der wichtigsten Sinne für die zu hören, soll gesehen und getastet werden. läufe. Der Anteil von Personen mit Behinde- rungen stark ändern, z.B. können sich Roll- Wahrnehmungen im Alltag ist. Angefangen (Skipa & Züger, 2016) rung belief sich 2014 auf 18,4% in Deutsch- stuhlfahrende nicht an einem auf dem Geh- von Haltestellen im öffentlichen Verkehr, land, durch den demografischen Wandel ist weg parkenden Auto vorbeizwängen oder über Klingelschilder bis hin zu Notausgan- die Tendenz steigend und die Umwelt muss durch Türen fahren, die beim Öffnen in den ginformationen, stellt sich vieles als große auch an die Bedürfnisse von Senior*innen Stellbereich des Rollstuhles schwingen. (Ski- Herausforderung dar. Vor allem laute und Quellenverzeichnis: ze-im-internet.de/bgg/BGG.pdf angepasst werden. (Kohlbecker, 2011) pa & Züger, 2016) unbekannte Straßen- und Innenräume kön- Deutscher Bundestag: Die [Zugriff: 12.06.2018] nen ein Problem darstellen. Zu beachten ist, Grundrechte. https://www.bun- Skipa I., & Züger R. (Hrsg.). destag.de/parlament/aufgaben/ (2016): Basics Entwerfen Barri- BARRIEREFREIHEIT IM Barrieren in der Bedienung, sprich die An- dass das Verändern von Räumen eine gro- rechtsgrundlagen/grundge- erefrei Planen. Basel: Birkhäuser ordnung von Bedienelementen und visuellen ße Gefahr birgt, da blinde Personen sich oft setz/gg_01/245122 [Zugriff: Verlag GmbH ENTWURF Informationen, können sich als ebenso un- 12.06.2018] Kohlbecker G. (Hrsg.). (2011): auf ihr Gedächtnis verlassen, wenn sie in Einschränkungen werden für den Entwurfs- Bundesministeriums der Jus- Barrierefreiheit im Bestand. überwindbar herausstellen wie eine Treppe. bekannten Räumen unterwegs sind. Ebenso tiz und für Verbraucherschutz: Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag prozess in drei Kategorien eingeteilt. Motori- Für Rollstuhlfahrer*innen, Kinder und Klein- stellen akustische Barrieren hörgeschädigte Gesetz zur Gleichstellung von sche Einschränkungen betreffen Bewegung Menschen mit Behinderungen bzw. Großwüchsige können sich Tür- und Menschen in allen Formen der Kommunika- (Behindertengleichstellungsge- und Mobilität, sensorische Einschränkungen Fenstergriffe, Lichtschalter, Steckdosen, Sa- tion vor beachtliche Herausforderungen. Im setz - BGG). https://www.geset- 27
Kassel soll Modellstadt für kostenlosen Nahverkehr werden! KOMMENTAR: MODELLSTADT INITIATIVE NAHVERKEHR FÜR ALLE Die Initiative „Nahverkehr für Alle“ begrüßt den Vorschlag des kostenlosen Nahverkehrs zur Verbesserung der Luftsituation in deutschen Städten. Dies wirkt sich positiv auf Gesundheit, Klima und die Erweiterung der Mobilität auch von Menschen mit wenig Geld aus. „Noch vor einem Jahr wurden wir mit unserer Forderung nach einem kostenfreien Nahverkehr von manchen als Idealisten belächelt,“ so Violetta Bock von der Initiative. „Die berechtig- te Drohung der EU sollte zum Anlass genommen werden, in den Ausbau des ÖPNV einzusteigen.“ Die Finanzierung auch für die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur muss entsprechend abgesichert werden, damit Modellversuche zum Erfolg führen. Für die Finanzierung sollten die Verursacher, wie Autokonzerne, zur Kasse gebeten werden, statt die Kosten auf alle umzulegen. Neue beunruhigende Studien von US-Forschern zum exponen- tiellen Anstieg des Meeresspiegels zeigen, wie dringend es ist, umfassende Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergrei- fen. Neben dem Kohleausstieg ist die Verkehrswende längst überfällig. Gerade der Autostadt Kassel stünde es daher gut zu Gesicht, auf den kostenlosen Nahverkehr umzusteuern und bereits jetzt die Erweiterung des Netzes entsprechend zu pla- nen. 30
WAS SPRICHT DAFÜR? November 2016 den Einsatz von Videoüber- Zukunft Menschen identifizieren. Staatliche In einem Beschluss hat der Bundesrat wachungen und ihre Effektivität in Bezug und private Überwacher sehen das als Vor- entschieden und in einer anschließen- auf die Sicherheit des Öffentlichen Raumes. teil um Geld für Personal zu sparen. Wahr- den Stellungnahme veröffentlicht, dass es Videoüberwachung in der Öffentlichkeit haftig stehlen sie uns allen die Anonymität grundsätzlich keine Einwände gegen die Vi- führt zu einer Grundrechtsverletzung der und damit ein Stück Freiheit. deoüberwachung gibt (Bundesrat 2017). Bürger*innen, die deren Anonymität ein- Die Videoüberwachung bietet einen tat- schränkt und zu dem Verlust ihrer Freiheit Die subjektive Angst vor Überfällen und Ter- sächlichen Nutzen für die Polizei. Durch führt (Florian Glatzner 2006): ror veranlasst einen großen Teil der Bevöl- die Bilddaten kann die Polizei schneller re- Die ständige Beobachtung schränkt un- kerung, mehr Videoüberwachung zu fordern agieren und Einsatzkräfte gezielt vor Ort ser subjektives Sicherheitsgefühl ein und (Civey 2017). Der weitere Gedankengang, koordinieren. Verbrechen können im Nach- beeinflusst das soziale Verhalten. Dieses was das für einen Selbst und unsere Ge- hinein besser aufgeklärt werden. Die Aufklä- Disziplinieren durch Beobachtung führt zu sellschaft bedeutet, geht unter in der Hys- rungsquote hat sich nachweislich verbessert einer Verdrängung von anderen sozialer terie der Angst. Befeuert durch Medien und (Welsh & Farrington 2003; 2004). Gruppen (Apelt, Möllers, Möllers 2011), wie Politiker*innen, die sich darauf verstehen, Mehrere Studien belegen deutlich, dass beispielsweise Jugendgruppen, und führt Ängste zu schüren. Es geht wie so häufig um Symbolik - zu zei- BIG BROTHER IS WATCHING gen, wer schnell handelt und damit ein sub- jektives Sicherheitsgefühl zu schaffen. Kriminalität und Terror können und werden nicht durch Videoüberwachung verhindert VIDEOÜBERWACHUNG IM ÖFFENTLICHEN RAUM werden. Es sind gesellschaftliche Probleme und nicht durch Technik eingrenzbar. Es gibt viele andere Möglichkeiten, dem zu begeg- Michelle Nettles & Steffen Müller Videoüberwachung signifikant die Krimi- unter anderem dazu, dass Delikte, die zuvor nen. Die Kameraüberwachung ist die billigs- nalitätshäufigkeit senkt. Gerade bei der an öffentlichen Plätzen ausgetragen wur- te Methode mit dem geringsten Erfolg. Sie Videoüberwachung von Parkplätzen und den, folglich in den umliegenden Wohnge- verhindert keine Straftaten, sondern schaut Parkhäusern ist eine deutliche Abnahme, bieten stattfinden und sich in die Stadtteile nur zu. Aber sie wird ohne zu denken be- von bis zu 44%, bei PKW-Diebstählen und verteilen (Ullrich, Tullney 2012). Eigentlich nutzt, um eben erwähnte subjektive Empfin- Sachbeschädigung zu verzeichnen (Welsh & belegen Studien nur, dass das Etablieren dungen zu stärken. Es ist aber ein zu hoher Farrington 2003; 2004). eines Videoüberwachungsgesetztes keinen Preis, den wir zahlen. Durch die Angst vor Im Sinne des Datenschutzes überprüft die deutlichen Rückgang fahrzeugspezifischer Terrorismus begraben wir unsere Freiheit. Datenschutzbehörde in den jeweiligen Län- Kriminalität aufweist und sich auf bestimmte Und mal nebenbei: Wer rational darüber dern die Einrichtung von neuen Anlagen und PKW-Diebstähle (Cerezo 2013; Reid, An- nachdenkt kommt schnell zu der Erkenntnis, stellt damit sicher, dass der private Daten- derson 2014) beschränkt. Straftaten werden dass Selbstmordattentäter, aus nachvollzieh- Quellen: Instrument der Kriminalitäts- schutz gewahrt bleibt und sicherheitsrele- schneller gelöst, werden aber nicht maßgeb- baren Gründen, es egal ist, ob Sie gefilmt Bundesrat. (2017). Beschluss bekämpfung - Spielräume und vante Belange auch. lich verhindert. werden. & Stellungnahme Drucksache Grenzen 791/16, Videoüberwachungs- Ullrich, Peter; Tullney, Marco. Die subjektive Stärkung des Sicherheitsge- verbesserungsgesetz Die Konstruktion ‚gefährlicher fühls führt zu einer höheren Attraktivität von IST DER ÖFFENTLICHE RAUM Der erste Schritt muss sein, sich zu überle- Welsh, B. C. & Farrington, D. P. (2003). Effects of closed-circuit Orte‘. In: sozialraum.de (4) Aus- gabe 2/2012. Städten und vormals unsicheren Orten. gen, was mit uns, unserem Leben und dem NOCH ANONYM? television on crime. Annals of Civey Umfrage. (2017). Befra- Anonymität bedeutet Freiheit. Die Freiheit Öffentlichen Raum passiert. Was erwarten the American Academy of Poli- gungszeit: 20.08.17 - 06.09.17, WAS SPRICHT DAGEGEN? tical and Social Science, 587, 1, Stand: 06.09.17. https://civey. sich im Öffentlichen Raum zu bewegen ohne wir von unseren Räumen? Wie soll unsere 110-135. com/umfragen/ausweitung_vi- Der Deutsche Richterbund hinterfragte im erkannt zu werden. Das ist lange vorbei. Die Zukunft aussehen? Massenhafte Überwa- Welsh, B. C. & Farrington, D. P. deoueberwachung_mehrheit_ (2004). Evidence-based crime dafuer_umfrageergebnis [Zugriff: Anzahl der Videoüberwachung ist weltweit chung kann es nicht sein. Das ist nicht die prevention: The effectiveness 25.06.18] und in Deutschland in den letzten Jahren Gesellschaft, in der es sich zufrieden lebt. of CCTV. Crime Prevention and ES GEHT WIE SO HÄUFIG Community Safety: An Internati- Abbildungsverzeichnis: gestiegen. Sich heute unerkannt durch die onal Journal, 6, 2, 21-33. Abbildung 1: Ausweitung Video- Stadt zu begeben ist kaum noch möglich, soll Apelt, Maja und Norma Möl- überwachung Altersgruppen; UM SYMBOLIK - ZU ZEIGEN, lers. (2011). »Wie ›intelligente‹ eigene Darstellung nach Civey es auch nicht mehr sein. In naher Zukunft Videoüberwachung erforschen? Umfrage. (2017). Befragungs- wird es nahezu unmöglich werden. Die Tech- Ein Resümee aus zehn Jahren zeit: 20.08.17 - 06.09.17, WER SCHNELL HANDELT UND Forschung zu Videoüberwa- Stand: 06.09.17. unter: https:// nik der Kameras und Erkennungssoftwares chung«. In: Zeitschrift für Au- civey.com/umfragen/auswei- ist sehr fortgeschritten und im stetigen Pro- ßen- und Sicherheitspolitik 4.4, t u n g _ v i d eo u e b e r wa c h u n g _ DAMIT EIN SUBJEKTIVES zess der Optimierung. Sogenannte Bildaus- S. 585–593. mehrheit_dafuer_umfrageergeb- Cerezo, A. (2013). CCTV and nis [Zugriff: 25.06.18] wertungsverfahren identifizieren Menschen crime displacement: A quasi- Abbildung 2: Anzahl installierter SICHERHEITSGEFÜHL ZU nicht mehr nur an der Geometrie ihres Ge- schichts sondern auch anhand ihres Gangs experimental evaluation. In: Eu- ropean Journal of Criminology, 10(2), S. 222 ff. Videoüberwachungssysteme; eigene Darstellung nach Surveil- lance under surveillance. unter: SCHAFFEN. oder der Farbe und Passgenauigkeit ihrer Kleidung. Automatisch werden Kameras in Glatzner, Florian (2006). Die staatliche Videoüberwachung des öffentlichen Raumes als https://kamba4.crux.uberspace. de/ [Zugriff: 05.07.18] 32
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