ZZI Zeitschrift für Zahnärztliche Implantologie - Zeitschrift für Zahnärztliche Implantologie
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ZZI 2/2021 Zeitschrift für Zahnärztliche Implantologie / JDI Journal of Dental Implantology www.online-zzi.de FREIENDKONSTRUKTIONEN ZUR VERSORGUNG VON SCHALT- UND FREIENDLÜCKEN___78 Hybridgestützte Doppelkronen als Konzept für langlebige Versorgung___84 Komplikationen bei Implantaten___92 Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02 -1-
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I EDITORIAL I DGI VERNETZT Einladung zum 35. Jahreskongress der DGI und zum Deutschen Implantologentag Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz Liebe Kolleginnen und Kollegen, was für ein Jahr, was für Monate liegen hinter uns! Es mag fast abgedroschen klingen, doch die Pan- demie bestimmt unverändert viele Aspekte unseres beruflichen und privaten Lebens. Wer hätte sich im November 2018 ausmalen können, als sich die DGI-Familie erstmals in Wiesbaden traf, dass ein Jahr später ein neues Virus seinen unheilvollen Weg um den Erdball antreten würde. Damals war unser Thema die „Personalisierte Implantologie“, ein Signal, dass die Implantologie Teil der Humanmedizin geworden ist: Individuelle Therapieentscheidungen ersetzen generelle Kontraindikationen. Unter diesem Aspekt, ein integraler Teil der Humanmedizin zu sein, wurde zu Beginn der Pandemie die ZMK-Heilkunde zur Disposition gestellt: Strukturrelevanz? Die DGI hat sich dazu im April 2020 mit dem Statement „Wider Angst und Adrenalin …“ klar positioniert: Unbedachtes Vermeidungsverhalten und unbesonnene Behandlungs-Abstinenz können gesundheitliche Kollateralschäden verursachen. Die pauschale Auslassung von ZMK-Heilkunde und Implantologie darf es nicht geben. Von dieser Überzeugung beflügelt, meisterte die DGI ein erfolgreiches Fortbildungsjahr 2020, das im traditionellen Treffen der großen DGI-Familie am 1. Advent gipfelte – virtuell auf der professionellen Bühne eines Fernsehstudios in Mannheim. Über 1200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, meist mehr als 700 Personen in den einzelnen Sessions und ein überwältigend positives Evaluationsergebnis wa- ren uns Lob und Ansporn zugleich. Das Team von DGI und Youvivo hat eine steile Lernkurve genom- men, ergänzt durch viele wertvolle Anregungen unserer Mitglieder für zukünftige Kongresse. Jetzt bereiten wir unseren 35. Jahreskongress vor und sind vom 25. bis 27. November erneut zu Gast in Wiesbaden. Es ist uns eine besondere Ehre, dort den Deutschen Implantologentag (DIT) aus- zurichten, zusammen mit der DGOI und der Nexte Generation der DGI. Weitere wichtige ZMK-Fachge- sellschaften (DG PARO, DG PRO, DGÄZ) wirken mit, markant ergänzt durch die Deutsche Gesell- schaft für Innere Medizin (DGIM), die uns einen wichtigen Blick über den Tellerrand erlaubt. Und wir freuen uns auf den Input der American Academy of Osseointegration (AO), die wir ebenfalls in Wies- baden willkommen heißen dürfen. Das Motto des Kongresses lautet „Implantologie – vernetzt!“ Es betont die besondere klinische und wissenschaftliche Rolle der Implantologie als Querschnittfach innerhalb der ZMK. Es gilt, die Implantat- getragene kaufunktionelle Rehabilitation als Bestandteil aller Teildisziplinen der ZMK zu begreifen, um angemessen und erfolgreich zu therapieren. Und nur wenn wir dabei den Menschen als Ganzes nicht aus dem Auge verlieren, indem wir seine Gesamtgesundheit berücksichtigen, handeln wir ärztlich. Die Zeit ist reif für einen durchdringenden, inner- und interdisziplinären Dialog in der Implantologie! Lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe DGI-Großfamilie und befreundete Fachge- sellschaften, zusammenrücken und Synergismen pflegen – gemeinsam sind wir stark und erfolgreich! Wir laden Sie sehr herzlich zum DIT ein! Wir bieten Ihnen diesen sozusagen à la carte an, als Hyb- drid-Veranstaltung in einem der modernsten Kongresszentren Deutschlands mit vollwertigem Prä- senzprogramm, das in weiten Teilen online übertragen wird. Mein Co-Kongresspräsident Professor Bilal Al-Nawas und ich freuen uns auf Ihre Teilnahme und unser Treffen – ob real oder virtuell. Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02 - 65 -
I INHALTSVERZEICHNIS I INHALT 65 EDITORIAL 70 ZZI-REDAKTIONSTEAM Verbundbrücke mit individuali- siertem Abutmentdesign regio 25 auf Astra EV mit einem Putzkanal distal des Implantats ab Seite 92 PRAXIS & WISSENSCHAFT SINUS MAXILLARIS 74 Prof. Dr. Karl. M. Lehmann, M.Sc., Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, M.A., FEBOMFS FREIENDKONSTRUKTIONEN 78 Dr. Melina Rausch, Univ.-Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Prof. Dr. Matthias Kreisler HYBRIDGESTÜTZTE DOPPELKRONEN 84 Ece Atay, Prof. Dr. Jeremias Hey, Prof. Dr. Florian Beuer KOMPLIKATIONEN BEI IMPLANTATEN 92 Dr. Ufuk Adali, Prof. Dr. Jeremias Hey, PD Dr. Guido Sterzenbach PARODONTAL VORGESCHÄDIGTER PATIENT 98 Dr. Matthias Becker, Dr. Frederic Kauffmann DIGITALISIERUNG FÜHRT 104 ZTM Max Fahrenholz, ZTM Stefan Soldin, ZT Uli Hauschild - 66 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
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I INHALTSVERZEICHNIS I Postoperative Präparations- form der palatinalen und mesiobukkalen Wurzel (li.); ZE nach Eingliederung unter Ge- währleistung der Hygienefähig- keit in der Furkation (re.) ab Seite 98 EINFLUSS DES SPEICHELS IN DEN TEILBEREICHEN DER ZAHNMEDIZIN 106 Prof. Dr. Dr. Christian Walter MEDIZIN FÜR ZAHNMEDIZINER 108 Prof. Dr. Dr. Henning Schliephake DGI-NACHRICHTEN 110 TAGUNGSKALENDER DER DGI IMPLANTOLOGIE VERNETZT 114 35. Jahreskongress der DGI wird zum Deutschen Implantologentag NACHRUF HOFFMEISTER 116 Die DGI betrauert den Tod von Prof. Dr. Dr. Bodo Hoffmeister DAS NETZWERK SICHERN 118 Erklärungen zur IT-Sicherheitsrichtlinie der KZBV DGI-SPECIAL KNOCHENREGENERATION 121 Expertenwissen und Konzepte für die tägliche Praxis 122 Markt 127 Offenlegung Interessenkonflikte 128 Impressum Titelseitenbild: ©Alexandr Mitiuc – stock.adobe.com - 68 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
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I REDAKTIONSTEAM I ZZI-REDAKTIONSTEAM → PROF. DR. DR. BILAL AL-NAWAS → PROF. DR. JEREMIAS HEY → PROF. DR. DR. PEER W. KÄMMERER Chefredakteur Schriftleitung Bereich Prothetik Schriftleitung Bereich Chirurgie → DR. FREDERIC KAUFFMANN → PD DR. JONAS LORENZ → DR. SONIA MANSOUR, M.SC. Schriftleitung Bereich Parodontologie Schriftleitung Bereich Ästhetik Schriftleitung Bereich Digitales → PROF. DR. DR. CHRISTIAN WALTER → PROF. DR. GERMÁN GÓMEZ-ROMÁN → PROF. DR. MARTIN LORENZONI Schriftleitung Bereich Chirurgie Erweiterte Schriftleitung Erweiterte Schriftleitung → PROF. DR. KARL M. LEHMANN → DR. MELINA RAUSCH → PROF. DR. MATTHIAS KREISLER Autor Autorin Autor → ECE ATAY → PROF. DR. FLORIAN BEUER → DR. UFUK ADALI Autorin Autor Autor - 70 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
LEADING REGENERATION Das defektorientierte Geistlich-Konzept K L A S S I F I K AT I O N D E R A LV E O L A R K A M M D E F E K T E * Guided Bone Stabilized Bone Customized Bone Regeneration Regeneration Regeneration kleine Knochendefekte kleinere komplexe größere komplexe Knochendefekte Knochendefekte E M P F O H L E N E M AT E R I A L I E N Geistlich Bio-Oss® Geistlich Bio-Gide® Geistlich Bio-Oss® Geistlich Bio-Gide® Geistlich Bio-Oss® Geistlich Bio-Gide® Yxoss CBR® hergestellt von ReOss® Ti Titan-Pins Schi chirmschraub ben n Mikroschrauben Titangitter * modifiziert nach Bitte senden 䡺 Informationsbroschü re | Das defektorientierte Geistlich-Konzept Terheyden H. (2010). Sie mir folgende 䡺 Therapiekonzepte | Kleinere Knochenaugmentationen DZZ 65:320-331 Broschüren zu: 䡺 Broschü re | Instrumente und Zubehör 䡺 Yxoss CBR® Produktkatalog mit Therapiekonzepten Mehr Stabilität und Sicherheit Geistlich Biomaterials Vertriebsgesellschaft mbH Praxisstempel ZZI 02-2021 Schneidweg 5 | 76534 Baden-Baden Tel. 07223 9624 – 0 | Fax 07223 9624 – 10 info@geistlich.de | www.geistlich.de
I REDAKTIONSTEAM I ZZI-REDAKTIONSTEAM → PD DR. GUIDO STERZENBACH → DR. MATTHIAS BECKER Autor Autor → ZTM MAX FAHRENHOLZ → ZTM STEFAN SOLDIN → ZT ULI HAUSCHILDI Autor Autor Autor → LISA VON PRONDZINSKI → BARBARA RITZERT → GABRIELE SCHUBERT Projektmanagement DGI-Nachrichten Redaktionelle Koordination Copyright der Portraits: Folgende Portraits haben das © privat: Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Prof. Dr. Jeremias Hey, Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Dr. Frederic Kauff- mann, Dr. Sonia Mansour, M.Sc., Prof. Dr. Dr. Christian Walter, Prof. Dr. Germán Román, Prof. Dr. Martin Lorenzoni, Prof. Dr. Karl M. Lehmann, Dr. Ufuk Adali, Dr. Matthias Becker, ZTM Max Fahrenholz, ZTM Stefan Soldin, ZT Uli Hauschild, Barbara Ritzert. PD Dr. Jonas Lorenz © Picture Perle, Frankfurt; Dr. Melina Rausch © FotoAgenten, Heidelberg; Prof. Dr. Matthias Kreisler © Fotostudio robra, Mün- chen; Prof. Dr. Florian Beuer © Charíté Berlin/Prof. Beuer, Berlin; Ece Atay © Charité Berlin; PD Dr. Guido Sterzenbach © Karin Goedje; Gabriele Schubert © Enric Mammen - 72 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
MODERNE IMPLANTOLOGIE #8 BEWÄHRTES VERBESSERT whiteSKY Tissue Line Das whiteSKY Implantatsystem hat sich seit seiner Einführung in Jahr 2006 klinisch und wissenschaftlich bewährt. Die zweite Generation whiteSKY Tissue Line (T.L.) übernimmt alle Vorteile des klassischen whiteSKY in einem modernen verbesserten Design - wissenschaftlicher Erfolg neu verkörpert. licht damit dem anliegenden Weichgewebe und Knochen eine optimale Grundlage zur Anlagerung. Verbesserter prothetischer Aufbau Der prothetische Aufbau wurde in der Höhe reduziert, so dass er in der Regel nicht be- schliffen werden muss. Zudem ermöglicht der verbesserte Aufbau einen optimal abgestimm- ten digitalen Workflow. Durch zwei 15° abge- schrägte Flächen an der Spitze des Abutments wird die Versorgung von schräg gesetzten Im- plantaten in der Oberkiefer-Front erleichtert. Klinischer Fall mit whiteSKY Tissue Line. Quelle: Dr. Holger Scholz Die horizontale Rille gewährleistet eine ein- fache Eingliederung der provisorischen Ver- Ausgezeichnete wissenschaftliche Bewährter Herstellungsprozess sorgung und unterstützt die temporäre und und klinische Ergebnisse und klinisch bewährte Therapie definitive Befestigung. Die erste Generation der whiteSKY Implantate Bei whiteSKY T.L. wurde die aufwändige Her- ist eines der am besten dokumentierten Zir- stellung aus dem gehipten Zirkon und die be- konimplantatsysteme. Von Anfang an wurden währte Oberflächenbehandlung beibehalten. klinische und wissenschaftliche Untersuchun- Durch die Einteiligkeit verfügen die whiteSKY 15° Abschrägung gen durchgeführt. Histologische Untersuchun- Implantate über eine sehr hohe Stabilität, wel- gen bestätigten die gute Osseointegration der che ein entscheidender Faktor für den langfris- Fixationsrille Implantate. Diese Ergebnisse wurden auch kli- tigen Erfolg von whiteSKY ist. nisch bestätigt. Die langfristige Überlebensra- Das optimierte Design und das knochenorien- Sulkusform te liegt auf dem Niveau von Titanimplantaten. tierte Bohrerprotokoll der whiteSKY Implanta- mit Backtaper Das Knochenniveau ist langfristig stabil und te erzielt eine ausgezeichnete Primärstabilität, die Rot-Weiß-Ästhetik ist überzeugend. Für welche die Voraussetzung für die grundsätz- die zweite Generation whiteSKY Tissue Line lich empfohlene Sofortversorgung ist. Klini- wurden die bewährten Erfolgsfaktoren beibe- sche Studien haben gezeigt, dass durch die halten und von den Anwendern gewünschte Sofortversorgung der Knochen-Implantat- Verbesserungen eingeführt. Kontakt um 50% erhöht werden kann. verbessertes Gewinde Verbessertes Durchtrittsprofil Die neue leicht taillierte Form im Sulkusbe- reich bietet dem periimplantären Weichgewe- be mehr Platz, um die Ästhetik zu verbessern, was besonders bei schmalen Lücken einen Vorteil bietet. Durch die Übernahme der be- währten gewebefreundlichen Sulkusoberflä- Neues whiteSKY Tissue Line Zirkonimplantat - wissenschaft- che wird die Anlagerung des Weichgewebes licher Erfolg neu verkörpert. unterstützt. Das einteilige whiteSKY T.L. verfügt nun über Für weitere Informationen einen kleinen Plattformswitch mit einem Back- scannen Sie einfach taper, so dass intraoperativ sehr deutlich sicht- den QR Code oder Histologische Untersuchung eines whiteSKY Implantates. bar ist, wie tief das Implantat gesetzt werden besuchen Sie uns unter Quelle: Stadlinger et al., IJOMS 2010 sollte. Der Backtaper des whiteSKY T.L. ermög- www.bredent-implants.com. bredent medical GmbH & Co. KG · Weissenhorner Str. 2 · 89250 Senden · Germany · T: +49 7309 872-600 · F: +49 7309 872-635 · www.bredent-medical.com · @: info-medical@bredent.com
I STUDIENZUSAMMENFASSUNG I SINUS MAXILLARIS Röntgenologische Beurteilung des Sinus Maxillaris vor Augmentation mit Sinusbodenanhebung Prof. Dr. Karl M. Lehmannn, M.Sc., Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, M.A., FEBOMFS Foto: Karl M. Lehmann Unterschiedliche Ansichten des Sinus maxillaris zur Beurteilung der präoperativen anatomischen Situation EINLEITUNG logischen Defektsituation individuell ein- ner können aber auch Verlegungen des Implantatprothetische Versorgungen im geschätzt werden. Entsprechend kann es Sinus maxillaris und auch des Ostiums na- atrophen Seitenzahngebiet des Oberkie- bei einer Einschränkung des vertikalen turale erkannt werden. Diese Faktoren fers sind seit Langem bei reduziertem ver- Knochenangebots gegebenenfalls erfor- sind von erheblicher Relevanz, da bei ei- tikalen Knochenangebot eine verlässliche derlich sein, mittels externen Sinusliftver- ner Sinusbodenanhebung vor ein- oder Therapieoption. Hierbei stehen diverse fahren nach Fensterung der Kieferhöhle zweizeitiger Implantation ohne vorliegen- chirurgische Techniken wie das interne Si- eine Anhebung des Sinusbodens mit de Pathologien in diesem Bereich die nusliftverfahren und der externe Sinuslift nachfolgendem Knochenaufbau vorzu- Prognose sehr gut ist und entsprechend eventuell auch in Kombination mit An- nehmen. Die oben genannten dreidimen- kaum eine Einschränkung der Physiologie bzw. Auflagerungsplastiken zur Verfü- sionalen Röntgenaufnahmen ermöglichen und der Funktion in diesem Bereich be- gung. Für den Behandlungserfolg ist hier- zusätzlich bereits präoperativ das Vorlie- fürchtet werden muss. Aus den genannten bei die Kenntnis der exakten anatomi- gen von Zahnwurzelanteilen oder Blutge- Gründen sind diese präoperativen Infor- schen Situation – beispielsweise mittels fäßen im Bereich des Augmentationsge- mationen zum einen immanent wichtig für digitaler Volumentomographie (DVT) oder biets oder knöcherner Septen bzw. Re- den Ablauf aber auch für eine gute Prog- Computertomographie (CT) entsprechend zessi mit entsprechendem Verlauf zu er- nose dieser chirurgischen Therapieoption. visualisiert – von großer Bedeutung. So kennen. Darüber hinaus ist aber auch eine Das Ziel dieser Kurzzusammenfassung kann die Anatomie des Alveolarkamms Beurteilung der Schneider`schen Mem- der wissenschaftlichen Literatur war zum mit Beurteilung des vertikalen, horizonta- bran möglich, die nach einer parodontolo- einen eine Übersicht zu aktuellen Studien len und sagittalen Knochenangebots gischen oder periapikalen Läsion im Ope- zur Anatomie der Kieferhöhle (z.B. Vor- durchgeführt und die Art sowie der Um- rationsgebiet beeinträchtigt sein kann handensein von Septen, Dicke der fang der erforderlichen augmentativen oder als Indikator für eine vorliegende Si- Schneider’schen Membran, Volumen der Maßnahmen in Abhängigkeit der morpho- nusitis herangezogen werden kann. Fer- Kieferhöhle) sowie die mögliche Implikati- - 74 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I STUDIENZUSAMMENFASSUNG I on der anatomischen Varianten auf die Regionen die höchste Prävalenz von Zielparameter: Dicke der Kieferhöhlen- das zu wählende chirurgische Vorgehen knöchernen Septen und entsprechend – schleimhaut im DVT-Saggitalschnitt in Ab- auszuwerten. da sie inkonsistent vorliegende anatomi- hängigkeit von Alter, Geschlecht, System- sche Varianten sind und die Schnei- erkrankungen, Rauchen, Zeitraum nach AKTUELLE STUDIEN der’sche Membran gewöhnlicher Wiese Zahnextraktion und deren Gründe (z.B. fester an ihnen anheftet als ohne solche parodontologische oder endodontische Toprak ME, Ataç MS – besteht hier ein erhöhtes Risiko einer apikale Läsionen), Restknochenhöhe, Septen im Bereich des Sinus Maxillaris Perforation der Schneider`schen Mem- Septen im Kieferhöhlenbereich und Sep- und anatomische Zusammenhänge mit bran. Weiterhin können die Septen die tumdeviationen im nasalen Bereich. dem Dentitionstyp im Bereich der Si- vollständige Augmentation des Sinusbo- nusregion: eine DVT Studie dens, insbesondere wenn nur ein Zu- Wesentliche Ergebnisse: Die mittlere Di- Maxillary sinus septa and anatomical cor- gangsfenster präpariert wurde, deutlich cke der Schneider’schen Membran betrug relation with the dentition type of sinus re- erschweren. 1,1 mm (± 1,3 mm; bei 25 % der Patienten gion: a cone beam computed tomographic > 2 mm, bei 50 % der Patienten study Bewertung: Die Untersuchung gibt < 0,8 mm), wobei Männer im Gegensatz Br J Oral Maxillofac Surg 2021; 59: grundlegende Informationen zum Auftre- zu Frauen eine signifikant erhöhte 419–424. Epub 2020 Aug 19 ten von Septen, die so im Rahmen einer Schleimhautdicke aufwiesen. Ebenfalls Panoramaschichtaufnahme nur schlecht war die Schleimhautdicke innerhalb der Studientyp: Retrospektive röntgenologi- identifiziert werden können (Rate an Fehl- ersten 6 Monate nach Zahnextraktion sig- sche Untersuchung diagnosen hier 20–50 %!). Wichtige Para- nifikant höher als im Zeitraum danach, meter wurden hierbei berücksichtigt, je- ebenso bei einer parodontalen Erkran- Patientenkollektiv und Einschlusskri- doch wären selbstverständlich Angaben kung im Extraktionsgebiet, dem Vorhan- terien: Es wurden bei 300 bezahnten und zur Beschaffenheit der Schneider`schen densein von Septen und eine Deviation unbezahnten Patienten (160 Frauen, 140 Membran wünschenswert, um eine Beur- der Nasenscheidewand. Männer) im Zuge der präoperativen im- teilung von möglichen Zusammenhängen plantatprothetischen Behandlungspla- mit den bereits untersuchten Parametern Schlussfolgerung: Diverse Faktoren, nung im Oberkieferseitenzahnbereich zu ermöglichen. Ferner fehlt eine Assozia- wie Geschlecht, Zeitpunkt nach Zahnex- DVT-Aufnahmen angefertigt. tion zwischen den identifizierten Septen traktion, Grund für die Entfernung des und den intraoperativen Komplikationen. Zahns, das Auftreten von Septen und eine Beurteilungskriterien: Insgesamt zeigt diese Studie aber die ho- Deviation der Nasenscheidewand können Auftreten, Morphgologie, Größe, Lokalisa- he Wertigkeit einer präoperativen dreidi- die mittlere Schleimhautdicke der Schnei- tion, Ätiologie und Verlauf von Septen im mensionalen Bildgebung vor adäquaten der‘schen Membran beeinflussen. Bereich des Sinus maxillaris Planung und zum Antizipieren von Kompli- kationen. Bewertung: Im Rahmen dieser Untersu- Wesentliche Ergebnisse: Bei 44 % der chung werden verschiedene klinisch rele- Patienten wurden Septen festgestellt, wo- Munakata M, Yamaguchi K, Sato D, Yaji- vante Parameter evaluiert, wobei sicher- bei die vorliegenden Septen unilateral bei ma N, Tachikawa N lich die Fallzahl sehr übersichtlich er- 58 % und bilateral bei 42 % der Patienten Faktoren, die die Dicke der Sinusmem- scheint. Allerdings wird, ähnlich wie in der vorlagen. In 89 % der Sinus war ein Sep- bran in zahnlosen Regionen beeinflus- vorherigen Studie, keine Assoziation zwi- tum, in 10 % 2 Septen und in 1 % der Fälle sen: eine DVT Untersuchung schen den DVT-Ergebnissen und poten- 3 Septen vorhanden. Hierbei befanden Factors influencing the sinus membrane ziellen perioperativen Komplikationen er- sich circa 20 % im anterioren (bis zum thickness in edentulous regions: a cone- hoben. Als letzten Punkt weist die Metho- zweiten Prämolaren) beziehungsweise beam computed tomography study de des DVTs zur Erhebung einer weich- posterioren (distal des zweiten Molaren Int J Implant Dent 2021; 7: 16. Published geweblichen Dicke (hier: der Kieferhöh- bis zum Tuber) und circa 60 % im mittleren online 2021 Mar 2 lenschleimhaut) sicherlich Limitationen Drittel des Oberkiefers mesial des ersten auf. Molarens bis distal des zweiten Molarens). Studientyp: Retrospektive röntgenologi- 50 % der Septen traten in zahnlosen, sche Untersuchung Shrestha B, Shrestha R, Lin T, Lu Y, Lu H, 31 % in teilbezahnten und 18 % in be- Mai Z, Chen L, Chen Z, Ai H zahnten Regionen auf. Die mittlere Sep- Patientenkollektiv und Einschlusskri- Volumenbestimmung des Sinus Maxil- tenhöhe betrug 6 mm (Standardabwei- terien: Es wurden bei 35 Patienten (11 laris bei unterschiedlichen craniofazia- chung 3 mm) mit einem bucco-palatinalen männliche und 24 weibliche Patienten) 40 len Mustern: eine DVT Untersuchung Verlauf bei 98 %. Kieferhöhlen im Rahmen der präoperati- Evaluation of maxillary sinus volume in dif- ven Behandlungsplanung mit externem ferent craniofacial patterns: a CBCT study Schlussfolgerung: Das mittlere Drittel Sinuslift im Oberkieferseitenzahnbereich Oral Radiol 2021; Feb 9. doi: des Sinus maxillaris zeigt bei zahnlosen DVT Aufnahmen angefertigt. 10.1007/s11282–020–00506–2 Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02 - 75 -
I STUDIENZUSAMMENFASSUNG I Studientyp: Retrospektive röntgenologi- Patientenkollektiv und Einschlusskri- Bewertung: Positiv ist hier die repräsen- sche Untersuchung terien: Es wurden DVTs von 698 bezahn- tative Fallzahl und die Übertragung von ten und unbezahnten Patienten einge- röntgenologisch diagnostizierbaren Gege- Patientenkollektiv und Einschluss- schlossen und analysiert. benheiten in eine visuell einfach durchzu- kriterien: Es wurden 100 Patienten vor führende Klassifizierung als Basis für zu kieferorthopädischer Behandlung in die Zielparameter: An jedem DVT-Datensatz planende Augmentationen in Verbindung Untersuchung inkludiert und in ver- wurde die Sinusmorphologie an festgeleg- mit Sinusbodenelevationen. Nichtsdesto- schiedene skelettale Gruppen einge- ten Stellen (zweiter Prämolar, erster Mo- trotz handelt es sich hier lediglich um eine teilt. lar, zweiter Molar) ausgewertet. Es erfolg- deskriptive radiologisch-anatomische Be- te die röntgenologische Beurteilung der schreibung in Kombination mit Empfeh- Zielparameter: Volumen Sinus maxillaris Morphologie der Kieferhöhle (Sinusbo- lungen der Evidenzklasse IV, da die Auto- den, bukkale und palatinale Wand) mit ren keine Korrelation zwischen den radio- Wesentliche Ergebnisse: Das mittlere dem Ziel einer Klassifizierung. logischen Erkenntnissen und ihren klini- Volumen des Sinus maxillaris betrug ca. schen Schlussfolgerungen zeigten. 3 3 20 cm ± 7,8 cm . Bei Patienten mit einer Wesentliche Ergebnisse: Die Region skelettalen Klasse (nach Angle) von 2 war des zweiten Prämolaren ist zu 88 % CONCLUSIO das Volumen im Vergleich zu Patienten schmal verjüngt, wohingegen sich die ers- Die Durchführung von vertikalen Augmen- mit einer skelettalen Klasse 3 signifikant te und zweite Molarenregion zu 50 % ver- tationen in Verbindung mit einer Sinus- höher. Weiterhin wiesen Männer ein höhe- jüngt. Bei der zweiten Prämolaren- und bodenanhebung ist eine seit Langem res Kieferhöhlenvolumen im Vergleich zu ersten Molarenregion waren bei 62 % der sowohl klinisch als auch wissenschaftlich Frauen auf. Fälle keine Rezessi feststellbar, im Be- gut untersuchte Therapieoption mit einer reich der zweiten Molarenregion waren sehr guten Prognose (Implantatüberleben Schlussfolgerung: Bei Patienten mit ei- sogar 92 % ohne Rezessi. Die Sinusbo- nach bis zu 5 Jahren bei 92–100 %). Aller- ner skelettalen Klasse 2 und Männern ist denbreite war bei Vorliegen eines Rezes- dings wurde häufig auch von Komplikatio- das Volumen des Sinus maxillaris erhöht sus signifikant größer als bei fehlendem nen bei der Anhebung der Kieferhöhlen- was im Hinblick auf Kieferorthopädie, En- Rezessus. Die Autoren empfohlen auf- schleimhaut berichtet, die sich größten- dodontie und orale Chirurgie eine Rele- grund ihrer angegebenen langjährigen Er- teils in falsch platzierte beziehungsweise vanz besitzt. fahrung: dislozierte Implantate, Arterienschäden, – bei schmal verjüngtem Sinus eine mo- Perforationen der Schleimhaut, Infektio- Bewertung: Die Untersuchung zeigt an- difizierte laterale Sinusbodenelevation nen der Kieferhöhle ebenso wie Verluste hand eines repräsentativen Patienten- mit dem inferioren Rand des Knochen- des transplantierten Materials und Nasen- klientels anschaulich die anatomischen fensters auf Niveau des Sinusbodens, bluten zusammenfassen lassen. Neben volumetrischen Verhältnisse des Sinus wobei hier eine Guided Bone Regene- den chirurgischen Fähigkeiten des jeweili- maxillaris im Hinblick auf die jeweilige ske- ration zum Abdecken des Fensters er- gen Arztes spielt im Vorfeld die Planung lettale Klasse. Vorteilhaft wären darüber folgen sollte. unter Verwendung einer dreidimensiona- hinaus neben Volumenangaben auch In- – bei verjüngtem und ovoidem Sinus ei- len Bildgebung eine wichtige Rolle zur Be- formationen zur Sinusgeometrie und Infor- ne transkrestale oder laterale Sinusbo- urteilung der anatomischen Verhältnisse, mationen zu Septen und Schleimhautdi- denelevation, Vorbereitung des operativen Ablaufs und cke. Es handelt sich um eine rein röntge- – bei quadratischem Sinus eine laterale zum Antizipieren von möglichen Kompli- nologisch-deskriptive Analyse ohne Kor- Sinusbodenelevation mit größerem kationen. Entsprechend zeigen die hier relation zur Klinik. Fenster, aufgeführten Studien radiologisch erkenn- – bei irregulärem Sinus entweder eine bare, möglicherweise klinisch relevante Niu L, Wang J, Yu H, Qiu L laterale Sinusbodenelevation mit grö- Einflussfaktoren, die maßgeblich den Um- Neue Klassifikation der Formgebung ßerem Fenster oder dieselbe mit der fang und die Art des chirurgischen Vorge- des Sinus maxillaris im Hinblick auf ei- Anlage von 2 Fenstern, hens beeinflussen, wobei die einzelnen ne chirurgische Elevation des Sinusbo- – bei palatinal-nasalen Recessi die Ope- Untersuchungen selektiv die jeweilige dens ration unter großer Sorgfalt bei hoher Fragestellung ohne die Berücksichtigung New classification of maxillary sinus con- Schwierigkeit. weitere wichtige Parameter und vor allem tours and its relation to sinus floor eleva- klinischer Daten behandeln. So sind z.B. tion surgery Schlussfolgerung: Es wurde anhand neben der Prävalenz von Septen in den Clin Implant Dent Relat Res 2018; 20: dieser einzelnen Faktoren eine Klassifizie- unterschiedlichen Arealen der Kieferhöhle 493–500. doi: 10.1111/cid.12606. Epub rung vorgeschlagen, die im Wesentlichen mit ihrem Verlauf oder eines eventuell vor- 2018 Apr 25 die Sinus- und Rezessuskonfiguration be- handenen Rezessus auch die aufgeführ- rücksichtigt, um so Behandlungsempfeh- ten Informationen hinsichtlich der Schnei- Studientyp: Retrospektive röntgenologi- lungen in Bezug auf die Sinusanatomie der‘schen Membran von Bedeutung. Pa- sche Untersuchung und Septenanatomie geben zu können. rameter wie stattgefundene Vorerkran- - 76 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I STUDIENZUSAMMENFASSUNG I kungen, periapikale Läsionen oder Paro- dontopathien, Geschlecht oder auch die skelettale Bisslage erhöhen darüber hi- naus noch weiter die Variabilität der mög- lichen Gegebenheiten im Bereich des Foto: privat Foto: privat Operations-Situs, was wohl auch zur Moti- vation der Autoren der hier zuletzt vorge- stellten Untersuchung führte, mittels einer Klassifikation die diversen Einflussfakto- → PROF. DR. DR. PEER W. KÄMMERER → PROF. DR. KARL M. LEHMANN, M. SC. ren übersichtlich zu kategorisieren. Der- Leitender Oberarzt und stellv. Klinikdirektor; Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Werkstoffkunde der Universitätsmedizin Mainz zeit basiert die Wahl der vorzunehmenden Gesichtschirurgie − Plastische Operationen − karl.lehmann@unimedizin-mainz.de chirurgischen Prozedur zur Erhöhung des der Universitätsmedizin Mainz Kieferhöhlenbodens hauptsächlich auf peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de der residualen Knochenhöhe, der Präsenz von Septen, der Dicke der lateralen Kiefer- höhlenwand, der vaskulären Anatomie, der Kontur des Sinus genauso wie auf der se in den anderen Studien genannt) im Auch fehlt hier jegliche Evidenz im Rah- radiologisch erkennbaren Knochendichte Rahmen einer solchen Kategorisierung men von entsprechenden Studien. und der Anzahl der zu inserierenden Im- zur Steigerung der Aussagekraft sicher- Schlussendlich bleibt somit zu hinterfra- plantate. lich erforderlich wären und nicht zuletzt ei- gen, inwieweit eine solche Einteilung der Hierzu ist zu sagen, dass die Berück- ner Diskussion und Bewertung durch die individuell unterschiedlichen Gegebenhei- sichtigung weiterer Faktoren (wie teilwei- entsprechenden Fachgremien bedarf. ten gerecht werden kann.
I REVIEW I FREIEND- KONSTRUKTIONEN Literatur-Update: Eine Möglichkeit zur Versorgung von Schalt- und Freiendlücken Dr. Melina Rausch, Univ.-Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Prof. Dr. Matthias Kreisler Einleitung: Freiendkonstruktionen auf gehen. Dies kann zu unerwünschten Er- Einzelzahnkronen oder Brücken können gebnissen in der ästhetischen Zone füh- zur Extension eines festsitzenden Zahner- ren [6, 8, 17]. satzes verwendet werden (Abb. 1–4). Die- Die Erweiterung einer Einzelkrone ser Therapieoption werden günstige oder einer Brücke um einen Freiendan- Langzeitergebnisse sowie eine hohe hänger kann jedoch auch zu Komplikatio- → Warum Sie diesen Beitrag Vorhersagbarkeit zugeschrieben. Ein nen führen. Einerseits kann es zu einer hö- lesen sollten? Freiende kann vor allem dann in Erwä- heren Belastung des Alveolarknochens im Die Versorgung eines zahnlosen gung gezogen werden, wenn das lokale Bereich des Implantats, das an das Frei- Kieferabschnitts mittels einer Knochenangebot das Setzen eines weite- ende angrenzt, kommen und andererseits implantatgetragenen Freiendkon- ren Implantats gar nicht oder nur durch zu vermehrten technischen Komplikatio- struktion findet im Praxisalltag komplexe augmentative Maßnahmen nen. Der Erfolg einer Konstruktion ist hier- häufig Anwendung. In diesem möglich macht. Auf diese Weise können bei beispielsweise abhängig von der Län- Beitrag finden Sie den aktuellen Augmentationen mit den einhergehenden ge des Freiendes [12, 16]. wissenschaftlichen Hintergrund möglichen biologischen Komplikationen, zu diesem implantatprothetischen verlängerten Behandlungszeiten und hö- Schlüsselwörter: Freiendbrücken; An- Versorgungskonzept. heren Kosten vermieden werden [2–4, 6, hängerkonstruktionen; Knochenverlust; 9, 13, 15, 19]. Überlebensrate; Komplikationen Ein weiterer Grund der Verwendung Zitierweise: Rausch M, Al-Nawas B, eines Freiendes ist eine zu geringe mesio- Kreisler M: Freiendkonstruktionen. Z distale Breite einer zu versorgenden Zahnärztl Implantol 2021; 37: 78−83 Schaltlücke. In der ästhetischen Zone DOI.org/10.3238/ZZI.2021.0078−0083 kann ein Einzelimplantat mit einem An- hänger verwendet werden, um die meist AKTUELLE STUDIENLAGE zu geringe mesio-distale Breite für 2 Im- Trotz der häufigen klinischen Anwendung plantate zu kompensieren (Abb. 2). Häufig implantatgetragener Freiendbrücken oder wird das Implantat in regio 011/021 oder einzelner Implantate mit einer Anhänger- 013/023 inseriert und ein lateraler Inzisi- krone liegt hier nur eine schwache Daten- vus mittels Freiende ersetzt. Das Nichtein- lage vor. Im Rahmen der vorliegenden Ar- halten der mesio-distalen Breite von min- beit wurde die Literatur der Jahre destens 3 mm zwischen den einzelnen 2000–2020 betrachtet, die ausschließlich Implantaten würde mit der Gefahr eines implantatgetragene Freiendbrücken in erhöhten Knochenverlusts und somit mit teilbezahnten Kiefern hinsichtlich ihres dem Verlust der Interdentalpapille einher- Überlebens, Knochenabbaus und Kompli- - 78 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I REVIEW I kationen untersuchten. Ausgeschlossen wurden Studien, die bei vollständiger Zahnlosigkeit eine Rehabilitation mittels implantatgetragener, festsitzender Total- prothese im Sinne des „All-on-four“-Kon- zepts verfolgten. Es wurden insgesamt 6 Studien ein- geschlossen, 3 wurden retrospektiv, die anderen prospektiv durchgeführt (Tab. 2). Die Kohortengröße lag zwi- schen 28 und 206 Patienten mit einem Follow-up von 3–8,2 Jahren. In 3 der 6 Studien wurden Freiendbrücken (cFDP) mit Endpfeilerbrücke (ncFDP) verglichen (Tab. 2) [5, 6, 18]. Palmer et al. fokussier- ten sich ausschließlich auf implantatge- Abb. 1: Mögliche Versorgung der Schaltlücke 45–47 mittels Freiendbrücke mit distalem tragene Einzelzahnkronen mit jeweils ei- Anhänger nem Anhänger. Es wurde die dem An- Regio 45: Camlog Screw Line, Durchmesser: 3,8 mm, Länge: 11 mm; hänger zugewandte Seite mit der dem Regio 46: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 11 mm Anhänger abgewandten Seite des Im- plantats (c vs. nc) verglichen [9]. Agliet- ta et al. untersuchten Freiendbrücken und Einzelzahnkronen mit einem Anhän- ger. In der Studie von Romeo et al. fokus- sierten sich die Autoren auf den Vergleich der unterschiedlichen Lage des Freien- des (mesial vs. distal) [14]. In allen Studien, bis auf Romeo et al. und Kim et al., wurden die Implantate in der posterioren Region des Ober- bzw. Unterkiefers im Prämolaren- oder Mola- renbereich platziert. Es wurden aus- schließlich Implantate der Hersteller Astra, Straumann und Nobel Biocare ver- wendet. Die Implantatdurchmesser vari- Abb. 2: Versorgung einer Frontzahnlücke 12–22 mittels zweier Implantate und einer ierten von 3,3–6 mm, die Implantatlängen nach distal offenen Freiendbrücke von 6–25 mm. In der Studie von Agliet- Regio 12: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 13 mm ta et al. wurden hingegen durchmesserre- Regio 21: Camlog Screw Line, Durchmesser: 5,0 mm, Länge: 13 mm duzierte Implantate (mit beispielsweise 3,3 mm ausgeschlossen). Die Einheilzeit betrug 6 Wochen bis 6 Monate. Die Länge des Freiendes betrug im Mittel 6,1–9 mm, Studie von Wennström et al. In dieser wur- tis eingeschlossen, die vor der Implanta- wobei nicht in allen Studien die genauen den ausschließlich Patienten mit einer tinsertion eine systematische Parodonti- Längen angegeben wurden. fortgeschrittenen chronischen Parodonti- tistherapie erhielten [5, 18]. Die Patientenselektion der einzelnen Studien erfolgte sehr heterogen. In den meisten Studien wurden Patienten mit Abkürzung Englischer Begriff Korrespondierender deutscher Begriff Bruxismus, aktiver Karies oder Parodonti- FDP fixed dental prosthesis Festsitzender Zahnersatz tis, teilweise Raucher über 10 PY ausge- schlossen [9, 14]. Bei Kim et al. und Wenn- ncFDP non-cantilever fixed dental prosthesis Festsitzender Zahnersatz ohne Freiende, ström et al. galt Rauchen jedoch nicht als z.B. Endpfeilerbrücke Ausschlusskriterium, eine Aussage be- cFDP cantilever fixed dental prosthesis Festsitzender Zahnersatz mit Freiende, züglich Patienten mit Bruxismus wurde z.B. Freiendbrücke oder Anhängerkrone nicht getroffen. Bei Hälg et al. wurden 2 Patienten mit Bruxismus, sowie Raucher Tab. 1: Verwendete englischsprachige Nomenklatur für die Bezeichnung der betreffenden pro- eingeschlossen. Hervorzuheben ist die thetischen Konstruktionen Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02 - 79 -
I REVIEW I direkten Vergleich des marginalen Kno- chenverlusts bei cFDP und ncFDP konnte ein signifikant erhöhter Knochenverlust bei cFDP festgestellt werden. Jedoch hat- ten in der Studie von Kim et al. in der cFDP-Gruppe einerseits deutlich mehr Patienten eine initiale Parodontitis als in der ncFDP-Gruppe und andererseits war die Länge des Freiendes im Vergleich zum Durchschnitt leicht erhöht. Somit lässt sich das Ergebnis relativieren [6]. Es wurde mehrfach gezeigt, dass un- abhängig vom Vorhandensein eines An- hängers im Unterkiefer geringere Kno- chenverluste aufgetreten sind als im Ober- Abb. 3: Versorgung einer Schaltlücke regio 43–42 mittels Anhängerkrone kiefer. Dies könnte durch den höheren An- regio 34: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 11 mm teil der Kompakta im Unterkiefer zu erklä- ren sein [6, 9, 14, 18]. Außerdem postulier- ten Wennström et al., dass unabhängig vom Bestehen eines Freiendes neben der Lokalisation (OK oder UK) ebenso Rau- Abb. 1-4: Praxisklinik Prof. Dr. M. Kreisler & Kollegen chen einen signifikanten Einfluss auf das periimplantäre Knochenniveau hat. In der Studie von Kim et al. konnte jedoch kein erhöhter Knochenverlust bei Rauchern festgestellt werden [6, 18]. Der absolute periimplantäre Knochen- verlust bei Freiendbrücken oder Einzel- zahnimplantaten mit einem einzelnen An- hänger wird im Mittel mit 0,49–1,1 mm an- gegeben. Bei Nicht-Freiendversorgungen liegt der Wert zwischen 0,38–0,56 mm. Abb. 4: Versorgung der Schaltlücken regio 21–22 sowie 25–27 mittels Freiendkonstruk- Jedoch gab es kein einheitliches Follow- tionen up und es wurden nicht in allen Studien die regio 21: Camlog Screw Line, Durchmesser: 6,0 mm, Länge: 13 mm genauen Messwerte aufgeführt [6, 9, 14, regio 26: Camlog Screw Line, Durchmesser: 3,8 mm, Länge: 11 mm 18]. regio 27: Camlog Screw Line, Durchmesser: 4,3 mm, Länge: 11 mm Obwohl das Vorhandensein eines Freiendes scheinbar keinen signifikanten Einfluss auf den marginalen Knochenver- lust hat, zeigen Kim et al., dass die Länge Betrachtet wurden die Parameter Kno- dem Vergleich der einzelnen Implantatsei- des Freiendes über 8 mm technische und chenverlust, im Sinne einer biologischen ten (nc vs. c) konnten ebenso keine signi- biologische Komplikationen begünstigt. Komplikation, technische Komplikationen fikanten Unterschiede festgestellt werden. Hierzu wurden die Implantate der cFDP in und das Überleben der Implantate bzw. Bei Romeo et al. wird zwar erläutert, dass 2 Gruppen gemäß ihres Knochenverlusts des Zahnersatzes. das marginale Knochenlevel sowohl an aufgeteilt haben. Eine Gruppe wies einen der mesialen als auch an der distalen Sei- Knochenverlust ≥ 1,5 mm auf, die andere Knochenverlust te der Implantate gemessen wurde, also < 1,5 mm. Bei einer Dichotomie der Im- Der Knochenverlust beziehungsweise der an der Freiendseite und an der nicht-Frei- plantate des cFDP-Kollektivs, zeigt die Verlauf des marginalen Knochenlevels endseite, jedoch wurden diese Ergebnis- Gruppe mit einem Knochenabbau wurde in allen Studien mittels röntgenolo- se nicht veröffentlicht. Postuliert wurde le- ≥ 1,5 mm eine Freieindlänge von gischer Verlaufskontrollen ermittelt. In den diglich, dass es keine signifikanten Unter- 8,53 mm. Die Gruppe der cFDP mit einem Studien, in denen das Knochenniveau ein- schiede bei einer mesialen oder distalen Knochenabbau < 1,5 mm weist im Mittel zelner Implantate der cFDP und ncFDP Lage des Freiendes bezüglich des Kno- eine Länge von 7,15 mm auf. Dies ergibt verglichen wurde, konnte kein signifikan- chenverlusts gebe [1, 9, 14]. einen signifikanten Unterschied. Bei der ter Unterschied bezüglich des Knochen- Die Ausnahme bei Kim et al. stellt die erhöhten Länge des Freiendes scheint je- verlusts festgestellt werden [5, 6, 18]. Bei Position der posterioren Mandibula dar. Im doch nicht die vermeintlich höhere okklu- - 80 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I REVIEW I Studiendesign Kohorte FDP Design Implantat Knochenverlust Implantatüberleben (Größe/Follow-up) (Länge/Durchmesser) Wenn- cFDP vs. ncFDP 45 Pat. (Z.n. PA-Therapie) 2 Impl. L: 8–19 mm kein sign. Unterschied k. A. ström et retro-spektiv 50 FDP (24 cFDP/26 Länge Freiende: D: 3,5 mm zw. cFDP und ncFDP al., 2004 ncFDP) Ø 9 mm Astra Tech 5J Lage: posteriore Ma- Einheilung: xilla/Mandibula OK 3 Mo, UK 6 Mo Hälg cFDP vs. ncFDP 54 Pat. 1/2 Impl. D: 3,3/4,1/4,8 mm kein sign. Unterschied cFDP: 95,7 % et al., pro-spektiv 54 FDP Länge Freiende: k. A. L: 6–12 mm zw. cFDP und ncFDP ncFDP: 96,9 % 2008 (27 cFDP/ncFDP) Lage: posteriore Ma- Straumann Ø 5,3 J xilla/ Einheilung: Mandibula 6 Wo bis 6 Mo Romeo cFDP 45 Pat. 1–3 Impl. D: 3,3/4,1/4,8 mm kein sign. Unterschied 100 % et al., Vgl. mesialer/dis- 59 cFDP Länge Freiende: L: 8/10/12/14 mm mesial oder distal 2009 taler Anhänger (32 mesialer/27 distaler Ø 6,1 mm Straumann pro-spektiv Anhänger) Lage: regio 02–07 Einheilung: 3 Mo Ø 8,2 J Aglietta sc + Anhänger 28 Pat. 1–2 Impl. D: 4,1/4,8 mm kein sign. Unterschied 100 % et al., vs. cFPD (Brücke, 19 sc + 1 Anhänger Länge Freiende: k. A. L: k.A. Impl. sc + Anhänger, 2012 nc/c Seite) 21 cFDP Lage: posteriore Ma- Straumann impl. Freiende und retro-spektiv Ø 5J xilla/Mandibula Einheilung: 3–6 Mo Impl. weg von Freiende Tab. 2: Übersicht der untersuchten Studien (cFDP: cantilever fixed dental prosthesis; ncFDP: non cantilever fixed dental prosthesis, k.A.: keine Angabe, L: Länge; D: Durchmesser; Impl.: Implantate, s.c.: single crown; Wo: Wochen; Mo: Monate; J: Jahr) sale Kraft die Ursache für den vermehrten Überleben eine Implantatfraktur statt. Hieraus ist zu Knochenverlust zu sein, sondern eher die In der Studie von Kim et al. konnten keine schlussfolgern, dass ein Freiende nicht zu verminderte Hygienefähigkeit als Folge ei- signifikanten Unterschiede zwischen einer signifikant erhöhten Implantatverlus- nes ausgedehnten Anhängerdesigns [6]. cFDP und ncFDP bezüglich des Implan- trate führt. Bei Betrachtung des Überle- In den Studien von Palmer et al. und tatüberlebens, des Überlebens des Zahn- bens des Zahnersatzes liegt in der Studie Wennström et al. hatte die Dimension des ersatzes (cFDP vs. ncFDP) sowie bezüg- von Hälg et al. jedoch ein signifikanter Un- Zahnersatzes keinen Einfluss auf den lich des Überlebens bei Vergleich der Pa- terschied vor, in der cFDP Gruppe wurde Knochenverlust, ebenso wie der Durch- tientengruppen festgestellt werden. Die ein Überleben von 88,9 %, in der Kontroll- messer der Implantate. Palmer et al. zei- Überlebensrate der Implantate der Grup- gruppe (ncFDP) von 96,3 % berechnet [1, gen jedoch eine signifikante Korrelation pe der cFDP beträgt in dieser Studie bei 2, 5]. zwischen Implantatlänge und Knochen- einem mittleren Follow-up von 4,3 Jahren In 3 der untersuchten Studien sind kei- verlust. Bei alleiniger Betrachtung der pos- 96,7 %, die der Implantate mit Zahnersatz ne Implantatfrakturen aufgetreten. Bei Ro- terioren Implantate bzw. der Implantate ohne Freiende 99,5 %. Ein Implantat der meo et al. sowie bei Aglietta et al. konnte angrenzend an das Freiende konnte bei cFDP Gruppe wies eine Fraktur auf. Die bei einem mittleren Follow-up von Wennström et al. ein signifikant höherer Überlebensrate bei Vergleich der FDP 6,1 bzw. 5 Jahren eine Implantatüberle- Knochenverlust bei einer Höhe der Supra- liegt bei 92,2 % bei cFDP und 97,2 % bei bensrate von 100 % erreicht werden. In konstruktion von ≥ 12 mm festgestellt wer- ncFDP. Bei dem Vergleich der Patienten- der Studie von Palmer et al. hingegen ist den [9, 18]. gruppen mit cFDP vs. ncFDP sind es durch eine postoperative Infektion ein frü- Nach 4 Jahren der Implantatbelastung 97,2 % vs. 99,0 % [6]. her Implantatverlust aufgetreten [1, 9, 14]. konnte in der Studie von Romeo et al. bei In der Studie von Hälg et al. liegen ver- In der Studie von Wennström et al. wurde 2 Fällen eine Periimplantitis diagnostiziert gleichbare Überlebensraten der Implanta- keine Aussage über das Überleben der werden. Eine weitere Progression der Pe- te vor. Die Überlebensrate der Implantate Implantate beziehungsweise Freiendbrü- riimplantitis konnte mit einer kausalen me- der cFDP Gruppe liegt nach 5,3 Jahren bei cken getroffen. Es wurde lediglich der chanischen und lokalen antibiotischen 95,7 %, die der Kontrollgruppe bei 96,9 %. Knochenverlust betrachtet [18]. Therapie sowie anschließenden regene- In der Freiendgruppe traten bei 2 Patien- rativen Maßnahmen verhindert werden ten, die mit Implantaten mit einem Durch- Komplikationen [14]. Bei Kim et al. wurde eine Periimplan- messer von 3,3 mm versorgt wurden, eine Die Komplikationsrate der ncFDP und titis vermehrt bei Implantaten einer cFDP Implantatfraktur auf. Hierbei ist zu erwäh- cFDP lässt sich generell als gering einstu- festgestellt. In der Studie von Hälg et al. nen, dass in anderen Studien ein reduzier- fen. In dem meisten Studien wird die Frak- traten dagegen ein Periimplantitis-Fall im ter Implantatdurchmesser von 3,3 mm als tur einer Verblendung im Sinne eines Ke- cFDP-Kollektiv und 3 im ncFDP-Kollektiv nicht geeignet erachtet wurde. In der Kon- ramikchippings als häufigste Komplikation auf [5, 6]. trollgruppe (ncFDP) fand nach 3,4 Jahren genannt [1, 6]. In der Studie von Pal- Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02 - 81 -
I REVIEW I mer et al., in der lediglich Einzelimplantate die Freiendbrücken einer Kontrollgruppe gener oder kombiniert zahn- und implan- mit einem Anhänger untersucht wurden, (Endpfeilerbrücken) gegenübergestellt tatgetragener Freiendbrücken, kann fest- trat die Lockerung der Schraube des Abut- (Tab. 2). Andererseits wurden teilweise gestellt werden, dass implantatgetragene ments fast genauso häufig auf. Dies kann nur die unterschiedlichen Seiten der Im- Freiendbrücken mit weniger Komplikatio- gegebenenfalls auf die erhöhten Rotati- plantate (c vs. nc) oder auch nur der Ein- nen einhergehen als zahngetragene Frei- onskräfte und Biegemomente durch das fluss der mesialen respektive distalen La- endbrücken und diese mit Komplikations- Freiende zurückzuführen sein [9]. ge des Freiendes betrachtet [6, 9, 14, 18]. raten von implantatgetragenen und zahn- Bei Hälg et al. zeigt ausschließlich die Die Anzahl der Implantate, die den getragenen Endpfeilerbrücken vergleich- Gruppe der cFDP technische Komplikatio- Zahnersatz fixieren, ist in den einzelnen bar sind. Die Überlebensraten rein zahn- nen (18,5 %). Bei 4 cFDP trat ein Keramik- Studien sehr heterogen. Bei Wennström getragener Freiendbrücken sind mit chipping auf, bei einer eine Dezementie- et al. wurden ausschließlich FDP mit min- 81,9 % nach 10 Jahren durch das häufige- rung. In der Studie von Romeo et al. stell- destens 2 Implantaten eingeschlossen, re Auftreten einer Pulpanekrose, einer Se- ten sich bei 20 % der Patienten Komplika- bei Romeo et al. und Palmer et al. werden kundärkaries oder technischer Komplika- tionen an der prothetischen Versorgung lediglich einzelne Implantate mit einem tionen wie einer Dezementierung oder dar. In 3 von 59 FDP wurde eine Deze- Anhänger betrachtet [9, 14, 18]. Materialfrakturen geringer als die der mentierung und in 22 ein Keramikchipping zahngetragenen Endpfeilerbrücken. Vor dokumentiert. Jedoch hatte die keine Aus- allem Freiendbrücken auf avitalen, wur- wirkung auf den Knochenverlust, da hier zelkanalbehandelten Zähnen zeigen eine kein signifikanter Unterschied beider geringere Überlebensrate. Bei kombiniert Gruppen festgestellt werden konnte [5]. Ein Freiende bei implantat- zahn- und implantatgetragenen Freiend- Bei Kim et al. zeigt sich ein kleiner, al- gestüztem Zahnersatz stellt brücken beschreiben Lang et al. eine lerdings signifikanter Unterschied bezüg- eine gute Therapiealternative Überlebensrate von 82,1 % bezüglich der lich des Auftretens technischer Komplika- Implantate und 77,8 % der FDP nach mit nur leicht erhöhtem tionen der Implantate jedoch nicht mit ver- 10 Jahren. Im Review von Pjetursson et al. mehrten Komplikationen auf Ebene der Risiko für technische wurde hingegen bei rein implantatgetrage- prothetischen Versorgung. Bei der alleini- Komplikationen dar. nen FDP eine Überlebensrate von 92,8 % gen Untersuchung der cFDP-Gruppe stellt bezüglich der Implantate und 86,7 % der sich bei Kim et al. heraus, dass das Vor- FDP nach 10 Jahren festgestellt [2, 7, 10, handensein eines längeren Freiendes mit 11]. signifikant mehr technischen und biologi- schen Komplikationen einhergeht. Die ab- Bezüglich des Implantatdesigns unter- FAZIT solute Länge des Freiendes von über scheiden sich sowohl Länge und Durch- Die Anwendung implantatgetragener 8 mm ist hierbei ausschlaggebend. Be- messer als auch die jeweiligen Hersteller. Freiendbrücken stellt eine gute Möglich- züglich der durchzuführenden Interventio- Beispielsweise erhöht der Einschluss von keit zur oralen Rehabilitation bei teilbe- nen bei technischen Komplikationen gab durchmesserreduzierten Implantaten das zahnten Patienten dar. Durch die verrin- es keine signifikanten Unterschiede be- Risiko einer Implantatfraktur und hat somit gerte Notwendigkeit augmentativer Ver- züglich beider Gruppen. Nach durch- Einfluss auf das Implantatüberleben [5]. fahren sowie die Reduzierung der Implan- schnittlich 4,3 Jahren waren 92,2 % der Die schon erwähnten verschiedenen tatzahl können somit einhergehende ope- cFDP und 97,2 % der ncFDP ohne jegli- Einschluss- und Ausschlusskriterien rative Risiken und vor allem Kosten sei- chen „chair-side“-Interventionen in situ [6]. (durchmesserreduzierte Implantate, Paro- tens des Patienten vermindert werden. Oft Das Auftreten technischer Komplika- dontitis, Rauchen, Bruxismus etc.) ver- lässt sich mithilfe einer ponticförmigen tionen wie einer Abutmentlockerung, un- stärken ebenso die Heterogenität der ein- Gestaltung des Anhängers eine bessere abhängig davon ob mit oder ohne Freien- zelnen Studien. Die Verwendung von Ästhetik erreichen als mit einem endstän- de, ist mit dem Auftreten von biologischen cFDP bei Patienten mit Bruxismus wird dig gesetzten Implantat. Dieser Vorteil Komplikationen assoziiert. Aus techni- beispielsweise in der Studie von Pal- kommt insbesondere bei mesialen An- schen Komplikationen kann somit ein er- mer et al. streng abgeraten, wohingegen hängern, die im sichtbaren Bereich liegen, höhter marginaler Knochenabbau resul- andere Studien Patienten mit Bruxismus zum Tragen. tieren [6, 9]. eingeschlossen haben [9]. Jedoch können bei implantatgetrage- Ebenfalls kritisch zu beachten sind die nen Freiendkonstruktionen vermehrte KRITISCHE WÜRDIGUNG untersuchten Parameter der eingeschlos- kleinere technische Komplikationen, wie DER LITERATUR senen Studien. Teilweise lag der Fokus Keramikchipping, auftreten. Gegebenen- Die untersuchten Studien sind auf vielen nur auf den aufgetretenen Komplikationen falls muss individuell evaluiert werden, ob Ebenen teilweise nur schlecht miteinander und dem Knochenabbau. Überlebensda- beispielsweise bei Patienten mit starkem zu vergleichen. Die Vergleichbarkeit wird ten hingegen wurden vernachlässigt [18]. Bruxismus oder anderen Risikofaktoren primär durch die verschiedenen Studien- Vergleicht man die untersuchten Stu- eine andere Art der Rehabilitation sinnvoll modelle herabgesetzt. Einerseits wurden dien mit Reviews zum Thema zahngetra- ist. - 82 - Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2021 I 37 I 02
I REVIEW I Aktuell fehlen klare Leitlinien zur gene- Therapiealternative mit einem nur leicht Foto: FotoAgenten, Heidelberg rellen Anwendung implantatgetragener erhöhten Risiko für technischen Komplika- Freiendbrücken und zur Auswahl des rich- tionen und sollte in der Alternativaufklä- tigen Implantatdesigns. Um die Komplika- rung einen festen Stellenwert haben. tionen möglichst gering zu halten, sollte unbedingt auf eine korrekte Auswahl des Interessenkonflikte: Die Autorin Dr. Meli- Implantattyps (Länge, Durchmesser) so- na Rausch und die Co-Autoren Prof. Dr. wie auf die Dimensionierung und das ge- Dr. Bilal Al-Nawas und Prof. Dr. Matthias eignete Material des Zahnersatzes geach- Kreisler geben an, dass im Zusammen- → DR. MELINA RAUSCH tet werden. Um das Risiko von Implantat- hang mit diesem Beitrag keine Interessen- Praxisklinik für Oralchirurgie und Implantolo- gie, Prof. Dr. M. Kreisler & Kollegen, München frakturen zu verringern, kann aber bei- konflikte bestehen. melina.rausch@gmail.com spielsweise auf die Verwendung von durchmesserreduzierten Implantaten ver- Foto: Fotostudio Robra, München zichtet werden. Bei Keramikimplantaten können laut Herstellerangaben derzeit noch keine Freiendbrücken realisiert werden. Trotz der limitierten Anzahl und Ver- Foto: privat gleichbarkeit der Studien lässt sich fest- halten, dass ein Freiende bei implantatge- stütztem Zahnersatz nicht zu einer höhe- ren Implantatverlustrate oder zu einem er- → PROF. DR. DR. BILAL AL-NAWAS → PROF. DR. MATTHIAS KREISLER Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Praxisklinik für Oralchirurgie und Implantolo- höhten Knochenverlust führt. Somit han- der Universitätsmedizin Mainz gie, Prof. Dr. M. Kreisler & Kollegen, München delt es sich in vielen Fällen um eine gute al-nawas@uni-mainz.de info@dr.-kreisler.de Literatur 5 _ Hälg GA, Schmid J, Hämmerle CH: 10 _Pjetursson BE, Tan K, Lang NP, prospective study. Clin Oral Im- Bone level changes at implants Brägger U, Egger M, Zwahlen M:. plants Res 2009; 20: 1278–1285 1 _ Aglietta M, Iorio Siciliano V, Blasi supporting crowns or fixed partial A systematic review of the survival 15 _Rosén A, Gynther G: Implant treat- A, Sculean A, Brägger U, Lang NP dentures with or without cantile- and complication rates of fixed par- ment without bone grafting in eden- et al.: Clinical and radiographic vers. Clin Oral Implants Res 2008; tial dentures (FPDs) after an obser- tulous severely resorbed maxillas: changes at implants supporting 19: 983–990 vation period of at least 5 years. a long-term follow-up study. Jour- single-unit crowns (SCs) and fixed 6 _ Kim P, Ivanovski S, Latcham N, Clin Oral Implants Res 2004;15: nal of oral and maxillofacial surge- dental prostheses (FDPs) with one Mattheos N: The impact of cantile- 667–676 ry: official journal of the American cantilever extension. A retrospecti- vers on biological and technical 11 _Pjetursson BE, Tan K, Lang NP, Association of Oral and Maxillofa- ve study. Clin Oral Implants Res success outcomes of implant-sup- Brägger U, Egger M, Zwahlen M: A cial Surgeons. 2007; 65: 2012; 23: 550–555 ported fixed partial dentures. A re- systematic review of the survival 1010–1016 2 _ Aglietta M, Siciliano VI, Zwahlen M, trospective cohort study. 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