Banken - Den digitalen Wandel gestalten - Wie Retailbanken die Optionen der "Digitalen Welt" nutzen - Deloitte

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Banken - Den digitalen Wandel gestalten - Wie Retailbanken die Optionen der "Digitalen Welt" nutzen - Deloitte
Lünendonk®-Branchendossier

Banken – Den digitalen
     Wandel gestalten
 Wie Retailbanken die Optionen
    der „Digitalen Welt“ nutzen

                  Lünendonk®-Studie, überreicht durch
Banken - Den digitalen Wandel gestalten - Wie Retailbanken die Optionen der "Digitalen Welt" nutzen - Deloitte
Banken - Den digitalen Wandel gestalten - Wie Retailbanken die Optionen der "Digitalen Welt" nutzen - Deloitte
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Inhaltsverzeichnis

VORWORT....................................................................................................................................................................................4

LÜNENDONK

Wo Banken bei der Digitalisierung stehen............................................................................................................................................5
Rund um den Banksektor digitalisiert sich alles..................................................................................................................................9
Blickpunkt Digitalisierung: Regulatorische­Anforderungen............................................................................................................11
Blickpunkt Produkte und Services: FinTecs­und digitale Plattformen......................................................................................... 15
Instrumente erfolgreicher Digitalisierungsstrategien­...................................................................................................................... 19
Banken-IT – Transformation vom „Survival of the Fittest” zum „Most Adaptive”.................................................................. 22
Fazit und Ausblick...................................................................................................................................................................................... 26

DELOITTE

Bankenbranche im Umbruch...................................................................................................................................................................27
Der Finanzsektor wird digital................................................................................................................................................................... 31

UNTERNEHMENSPROFILE

Deloitte.......................................................................................................................................................................................................... 34
Lünendonk.................................................................................................................................................................................................... 35

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Banken - Den digitalen Wandel gestalten - Wie Retailbanken die Optionen der "Digitalen Welt" nutzen - Deloitte
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Vorwort

                                                               Dies gilt für Privathaushalte ebenso wie für den Wirt-
                                                               schaftssektor sowie die öffentliche Verwaltung. So hinkt
                                                               Deutschland als führende Wirtschaftsnation bei digi-
                                                               talen Services hinterher. Auch im E-Government-Index
                                                               der Vereinten Nationen, der die Nutzung von Bürger-
                                                               services misst, rutschte Deutschland zuletzt von Platz
                                                               17 auf Rang 21 ab. In diesem Zusammenhang fällt auch
                                                               der schleppende Ausbau der Internet-Infrastruktur so-
                              Mario Zillmann,
                              Leiter Professional Services,    wie der Funknetze. Moderne Geschäftsmodelle werden
                              Lünendonk GmbH                   dadurch behindert und es besteht für den Standort
                                                               Deutschland die Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten.
                                                               Dies spiegelt auch die Situation im Bankensektor wieder.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
                                                               Wieso drängen Umfeld und Umstände jetzt zum Digi-
Digitalisierung treibt die Verwandlung ganzer Bran-            tal Banking? Warum ist Digital Banking unausweichlich
chen massiv voran. Informationen über Produkte und             – oder wie man heute sagt: alternativlos? Was gibt es
Services, über Prozesse oder über das Verhalten von            für Banken zu tun? Damit beschäftigen wir uns im Ihnen
Kunden und Unternehmen werden in elektronischer                vorliegenden Branchendossier primär am Beispiel der
Form verbreitet und zwischen Wirtschaftsparteien aus-          Retailbanken.
getauscht. Manchmal sind sogar die Produkte und Ser-
vices selbst digital.                                          Das Branchendossier ist mit fachlicher Unterstützung
                                                               von BearingPoint, Deloitte und NTT DATA entstanden.
Digital Banking wird vielfach auf die Themen Internet          Gemeinsam werfen die Autoren einen Blick auf den
und Mobile-Banking reduziert. Oft drängt sich der Ein-         Status quo der digitalen Transformation im Banksektor
druck auf, dass damit primär die Ausgestaltung der             und zeigen Handlungsfelder auf. Im zweiten Teil gehen
Kommunikations- und Vertriebswege hin zum Kunden               die fachlichen Partner in Fachbeiträgen und Interviews
gemeint sind. Eine schicke Webseite, eine coole App            auf Strategien für eine erfolgreiche digitale Transforma-
für ein jugendliches Bankenpublikum und schon ist die          tion sowie auf Digitalisierungstrends im Banksektor ein.
Digi­talisierung vollzogen? Dem ist nicht so!
                                                               Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Die Mächtigkeit des digitalen Strukturwandels und
seine Implikationen werden gerne unterschätzt. Hinzu           Herzliche Grüße
kommt, dass Banken hier generell gegenüber anderen
Branchen zurückliegen.

Die Adaption von neuen Technologien dauert in
Deutschland auch im Banking-Sektor teilweise etwas             Mario Zillmann
länger.                                                        Leiter Professional Services

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Wo Banken bei der Digitalisierung stehen
DIGITALISIERUNG? EINE DEFINITION                                     setzungs­konzepten. Allerdings sind die meisten Banken
Digitalisierung im Banking bedeutet, Geschäfts- und                  bei solchen Digitalisierungsprojekten nicht schnell genug
IT-Prozesse mithilfe relevanter Daten und geeigneter                 und haben Probleme, mehrere digi­tali­sierte Geschäfts-
IT-Systeme über alle Kundenkanäle hinweg zu unter-                   prozesse miteinander zu verknüpfen. Für eine ganz-
stützen und zu automatisieren.                                       heitliche Digitalisierung ist dies jedoch entscheidend. Es
                                                                     genügt auch nicht, einzelne Prozesse zu digitalisieren
Das aus Sicht von Lünendonk Entscheidende dieser Um-                 und damit von manuellen Eingriffen zu befreien oder in
schreibung ist die ganzheitliche Sicht auf Front­office-             Teilbereiche digitale Geschäftsmodelle einzuführen. Auf
und Backoffice-Prozesse, die digitalisiert und durch­                die intelligente Vernetzung von Geschäftsprozessen und
gängig miteinander verbunden werden müssen. Dabei                    mehreren Unternehmens­ein­heiten kommt es an.
sind es im Grunde genommen bekannte Themen, um die
es geht: das papierlose Büro und das Straight-through-               BANKEN HINKEN DIGITALISIERUNG HINTERHER
Processing sind bereits seit Jahren ein Ziel von Banken.             Viele traditionelle Banken haben aber noch keine klare
                                                                     Digitalisierungsstrategie und sehen Digitalisierung
Ebenso sind die Filialen der Zukunft sowie elektro­nische            „lediglich“ in der Neugestaltung ihrer Kommunikations-
Vertriebswege längst Inhalt von Strategie- und Um­                   kanäle zum Interessenten und Kunden. Die Anpassung

Banken haben sehr unterschiedlichen digitalen Reifegrad

Deutsche Bank                                                                                                                         252

Commerzbank                                                                                                                   232

Square                                                                                                       181

Hamburger Sparkasse                                                                                         179

Targobank                                                                                         148

ING DiBa                                                                                        143

Deutsche Postbank                                                                               141

Mercedes-Benz Bank                                                                        128

DZ Bank                                                                          104

Sparkasse Köln Bonn                                                        96

Kreissparkasse Köln                                                        95

DKB                                                                       92

Volkswagen Bank                                                      85

Sparda-Bank Baden Württemberg                                        84

Frankfurter Sparkasse                                           72

Sparda-Bank Südwest                                             70

Santander                                               46

BMW Bank                                        27

                                       Sehr gut: >280    Gut: >210-280         Befriedigend: >140-210   Grundlagen: >70-140   Gefährdet: 0-70

Abbildung 1: Viele der großen Geldinstitute haben bei der Bewertung ihrer Digitalisierungsstrategien nicht gut abgeschnitten.
Quelle: Neuland 2014

                                                                                                                                                5
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an das digitale Zeitalter erfolgte bisher überwiegend am       Betroffen sind demnach sämtliche internen und
Frontend innerhalb einzelner Bereiche, wie im Online­          exter­
                                                                    nen Unternehmensbereiche wie etwa Produkt­
banking für Privatkunden mit nützlichen, webbasierten          entwicklung, Vertrieb, Service, Qualitätsmanagement,
Diensten, dem Einsatz biometrischer Erkennungssoft-            Bankadminis­tration und -steuerung, Legal und Com­
ware oder Mobile Apps.                                         pliance sowie Personal oder Marketing. Auch die IT
                                                               verändert sich gerade massiv, insbesondere die Art
BANKEN SIND AUF VERNETZUNG UND AUFLÖSUNG                       ihrer Leistungserbringung und ihre Zusammenarbeit
VON SILOS DRINGENDER DENN JE ANGEWIESEN                        mit Fachabteilungen.
Handlungsdruck resultiert aus den anhaltend hohen
Regulierungsanforderungen an Banken sowie aus dis-             WAS BETRIFFT DIE DIGITALISIERUNG IN BANKEN?
ruptiven Wettbewerbseinflüssen, beispielsweise von             Der Banksektor wird im Verlauf seiner Digitalisierung
onlinebasierten Geschäftsmodellen und einer Niedrig­           mit technologischen Entwicklungen und Innovationen
zinspolitik. Aber gerade die Regulatorik erhöht die            konfrontiert, die sowohl die IT als solche als auch die
Daten­mengen massiv. Durch Stresstests türmen sich im-         Organisation von Banken betreffen: Sie ermöglichen
mer größere Datenberge in den Banken auf, die sinnvoll         Effizienzsteigerungen der IT-Prozesse und führen zu
gespeichert und analysiert werden müssen. Gleichzeitig         Produktivitätsverbesserungen und Kostensenkungen
fordern Kontrollinstanzen wie EZB und Bankenaufsichts-         im Bankbetrieb. Gleichzeitig bieten Technologien die
behörden regelmäßig Performance-Kennzahlen ein, die            Möglichkeit, innovative Bankprodukte und Services zu
von den Geldinstituten mehr oder weniger aufwendig             entwickeln, um sich damit am Markt zu positionieren.
generiert werden müssen.
                                                               WAS WIRD SICH VERÄNDERN?
Diesen   Herausforderungen       begegnen     erfolgreiche     EINE KURZE ANTWORT VORAB
Banken mit dem Versuch einer Reduzierung ihrer Kom-            Die Chancen, aber auch die Gefahren der Digitali­sierung
plexität innerhalb ihrer Organisationsstrukturen sowie         führen für viele Bankmanager zu Unsicherheiten. Dabei
einer Optimierung ihres Management-Reportings. Für             stellen sich ihnen stets dieselben Fragen:
beide Ziele ist es notwendig, Transparenz in Form eines
einheitlichen Blicks auf sämtliche Geschäftseinheiten          ƒƒ Wie mächtig wird die Veränderung sein?
einer Bank (Kreditwesen, Wertpapiere, Zahlungs­                ƒƒ Welche Produkte und welche Kundensegmente
verkehr etc.) herzustellen und somit die bekannte Silo­          werden am meisten betroffen werden?
betrachtung abzulösen. Wichtige Kriterien eines zeit­          ƒƒ Wie schnell wird es gehen?
gemäßem Management-Reportings und zukunfts­fähiger             ƒƒ Wie reagiert der Markt?
Organisationsstrukturen sind ein Datenaustausch in             ƒƒ Gibt es neue Konkurrenten?
Echtzeit sowie die konsequente Vernetzung sämtlicher           ƒƒ Wie beeinflussen sie mein Geschäft?
Geschäfts­aktivitäten einer Bank.                              ƒƒ Welchen Technologien sind für mich wichtig?

Bisweilen werden solche Optimierungs- und An­
                                            pas­               Viele dieser Fragen können Banken für sich schon ein-
sungs­projekte häufig nur in den Banksilos umgesetzt           mal beantworten. Das gesamte Geschäft, Front­office
und eben nicht bankübergreifend ausgerollt. So gera-           und Backoffice, wird betroffen sein. Alle Produkte
ten immer mehr Banken in die Wettbewerbsfalle und              und alle Kundensegmente, zuerst das Retail-Banking,
verpassen die Chancen der digitalen Transformation.            später auch das Commercial-Banking werden sich
Entsprechend muss eine Digitalisierungsstrategie, die          massiv verändern.
eine Bank erfolgreich und nachhaltig in das digitale
Zeitalter führen soll, die komplette digitale Transforma-
tion des jeweiligen Bankenbetriebsmodells betrachten.

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IT-Beratungen berichten über hohe Nachfrage nach Digitalisierungsprojekten aus Banken

Automobilindustrie                                                             56                                           36                        8

Telekommunikation, IT                                                    47                                            35                        15           3

Maschinenbau                                              34                                                    47                               16           3

Handel                                                              42                                           37                          20                   1

Banken                                                             40                                            38                         19                3

Energie                                                   33                                               45                               18            4

Verkehr, Logistik                                         32                                              45                                20                3

Versicherungen                                                34                                          40                           21                 5

Konsumgüterindustrie                                23                                          43                                30                      4

Elektrotechnik                                           30                                          34                          32                       4

                                  0%                               20%                    40%                    60%             80%                      100%

                                       sehr stark             stark           neutral     eher nicht      gar nicht

Abbildung 2: Frage: Welche Branchen sind in den kommenden zwei Jahren besonders stark von der Digitalisierung betroffen?
Skala von –2 = „gar nicht“ bis +2 = sehr stark“, n = 67; Quelle: Lünendonk-Studie „Der Markt für IT-Beratung und IT-Service in Deutschland“

Es wird schnell gehen! Denn die Märkte im Internet­                                     zu trennen. So hat die Bank bereits seit Jahren mit der
zeitalter bewegen sich rasant vorwärts. Einige Banken                                   comdirect eine Tochtergesellschaft erfolgreich etabliert.
sind dabei agiler in der Adaption digitaler Technologien
und ihrer Transformation als andere Banken. Der Digi-                                   BANKEN TREIBEN DIGITALEN WANDEL VORAN
tal Readiness Index vom Beratungsunternehmen Neu-                                       Andere Großbanken hinken dagegen hinterher. Dies
land hat die Digitalisierungsstrategien mehrerer Banken                                 hängt sehr stark mit ihrem individuellen Reifegrad beim
unter­sucht. Ergebnis: Keine der untersuchten Banken                                    digitalen Wandel zusammen. So haben einige Banken
hat laut der Analyse der digitalen Geschäftsmodelle                                     bereits sehr agile und flexible Geschäfts- und IT-Prozesse,
einen „sehr guten“ Indexwert.                                                           durch die sich neue Produkte, Services und Abläufe
                                                                                        schneller und effizienter einführen lassen als in Banken,
Nur zwei Banken (Deutsche Bank und Commerzbank)                                         die über eher starre und veraltete Prozesse verfügen.
kommen auf das Bewertungsniveau „gut“. Die meisten                                      Ein weiteres Kriterium für den Digitalisierungsgrad sind
der untersuchten Banken sind jedoch immer noch da-                                      die Investitionen von Banken in Digitalisierungsprojekte.
bei, ihre Strategien auf den digitalen Wandel auszu-
richten. Dazu gehören beispielsweise die organisa­to­                                   Lünendonk hat die führenden IT-Beratungs- und System­
rische Neuausrichtungen sowie die Modernisierung der                                    integrationsunternehmen in Deutschland gefragt, wel-
IT-Prozesse, damit diese agil und flexibel die Business­                                che Branchen in den kommenden Jahren aus ihrer Sicht
prozesse unterstützen können.                                                           besonders stark von der Digitalisierung betroffen sein
                                                                                        werden. Mehr als drei Viertel der befragten führenden
Zu einer erfolgreichen digitalen Transformation gehört                                  IT-Dienstleister gehen davon aus, dass acht Kunden-
es beispielsweise, wie im Fall der Commerzbank, tradi­                                  branchen sehr stark bis stark in den kommenden zwei
tionelles Bankgeschäft vom modernen Onlinebanking                                       Jahren von der Digitalisierung betroffen sein werden.

                                                                                                                                                                  7
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Die größte digitale Transformation steht dabei der             ANGRIFF AUF DAS BANKENMODELL
Auto­
    mobilindustrie bevor. 92 Prozent der befragten             Der Banksektor wird derzeit durch eine Vielzahl von
IT-Dienstleister erwarten signifikante Umwälzungen             disruptiven Geschäftsmodellen und neuen Wettbe-
in dieser Branche. Ebenfalls eine sehr hohe Nachfrage          werbsgruppen angegriffen. Diese neuen Wettbewerber
nach Digitalisierungsprojekten berichten die IT-Dienst-        kommen nicht nur aus dem Financial-Services-Bereich,
leister zwar aus dem Banksektor. Aber nur 78 Prozent           sondern teilweise aus ganz anderen Bereichen, in
der befragten IT-Beratungen sehen sehr starke bis starke       denen sie bereits einen Kundenstamm mit anderen
Digitalisierungsimpulse bei Banken.                            Geschäftsmodellen aufgebaut haben. Beispiele sind
                                                               Ebay und PayPal, Amazon, Apple, Google oder Alibaba.
Der Banking-Sektor ist traditionell die wichtigste
Kunden­branche der in Deutschland tätigen IT-Dienst-           Die Internetkonzerne haben maßgebliche Technologien
leister. Etwa 20 Prozent ihrer Umsätze erzielen die IT-­       für kundenorientierte Services wie Mobile Apps oder
Beratungs- und IT-Service­unternehmen durch­schnitt­­          Data Analytics schon weit vorangetrieben. Und mit die-
lich mit Banken. Bisher fand Digi­tali­sierung in Banken       sen Technologien brechen sie mit Macht in das ange-
sehr stark auf Ebene der Bankprozesse wie Zahlungs­            stammte Geschäft der etablierten Kreditinstitute ein.
verkehr oder Wertpapierhandel statt, da diese im
weites­ten Sinne IT-Services und daher stark digi­talisiert    Diese technologischen Trends betreffen nun das Back-
sind. Diese Ebene der Digitalisierung betrifft daher das       office der Banken (zum Beispiel Technologien zur
Backoffice. Geht es dagegen um moderne frontend­               Bewältigung und Analyse der anfallenden Massen­
bezogene Themen wie Omnichannel-­
                                Banking, stehen                daten), die Kommunikations- und Vertriebskanäle
die meisten Banken noch am Anfang ihrer Möglichkeiten.         (Onlinebanking und Mobile-Banking) oder alternative
                                                               Zahlungs­
                                                                       methoden. Für die Banken bedeuten diese
Digitalisierungspotenziale sehen die Banken daher in           Entwick­
                                                                      lungen eine tiefgreifende Umgestaltung vom
mehreren Handlungsfeldern. So geht es derzeit vorran-          Frontoffice bis zum Backoffice. Zu diesen Entwicklun-
ging darum, die Performance der Geschäftsprozesse zu           gen gehören:
verbessern und diese auf neue digitale Technologien
und Strategien hin auszurichten und zu flexibilisieren.        ƒƒ Die nunmehr seit mehreren Jahren unerfreuliche
Ebenso haben Digitalisierungsprojekte das Ziel, neue,            Ertragslage für Banken mit Niedrigstzinsen infolge
bereits umgesetzte digitale Geschäftsmodelle in die              der Banken- und der Staatsfinanzenkrise,
Backend-IT-Prozesse zu integrieren, damit eine ganz-           ƒƒ eine verschärfte Regulierung im europäischen Maß-
heitliche Kundeninteraktion erfolgen kann. Ferner geht           stab mit hohen Lasten und Restriktionen für Banken,
es derzeit bei Digitalisierungsprojekten darum, die Ge-        ƒƒ neue Anforderungen an die Gesamtbanksteuerung,
samtbank neu auszurichten und auf neue Wettbewer-                um aufsichtsrechtliche Regulierungsvorgaben umzu-
ber und disruptive Einflüsse einzustellen.                       setzen und vollständige Transparenz herzustellen,
                                                               ƒƒ die Veränderung der Kunden und ihrer Ansprüche
Diese Projekte können auch durchaus weiterhin in den             an Finanzdienstleistungen und Finanzdienstleister,
Banksilos stattfinden, die je nach Geldinstitut unter-         ƒƒ alte und neue Konkurrenten für traditionelle Banken
schiedlich groß sind. Zu beachten ist dabei aber, die            (von Direktbanken bis zu Internetgiganten mit
Banksilos unbedingt sukzessive miteinander zu ver­               Financial-Services-affinen Diensten),
netzen, um einen einheitlichen Blick auf den Kunden            ƒƒ neue, disruptiv wirkende Technologien und immer
sowie­auf steuerungsrelevante Kennzahlen zu haben.               neue Internettechnologien, die zur Marktreife gelangen
Dieser ganzheitliche Ansatz dient dazu, den Kunden noch          – oder von FinTecs in den Markt gedrückt werden.
besser zu verstehen und Transparenz über die Gesamt-
bank zu haben.

8
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Rund um den Banksektor
digitalisiert sich alles

KUNDEN UND KUNDENVERHALTEN                                     Erfahrungen und -Empfehlungen. Das macht sie auch
Schnelligkeit, Transparenz und Bequemlichkeit                  informierter und kritischer.
auch bei Bankgeschäften
Der Weg zur Bankfiliale für die Erledigung von Finanz-         Steigende Ansprüche an das Produkt-
geschäften wird immer seltener eingeschlagen. Sta­tio­         und Serviceangebot der Bank
näre Niederlassungen mit fixen Öffnungszeiten sind             Die Qualität des Supports beeinflusst nachhaltig die
vielen Kunden nicht mehr so wichtig; der Wunsch nach           Zufrieden­heit der Kunden und damit die Kunden­bindung.
Interaktion, egal wann, wo und damit gerne auch mobil,         Die „Kostenloskultur“ des Internets beein­trächtigt jedoch
steigt. In Deutschland werden mittlerweile rund 60 Pro-        den Erfolg vieler digitaler Geschäfts­modelle, weil viele
zent aller privaten Bankgeschäfte per Internet erledigt.       Kunden eine geringe Preisbereitschaft haben. Ebenso
Rund 35 Prozent der Bankkunden wickeln Bank­geschäfte          wie Medien und Verlagen wird es Banken daher schwer­
über Smartphones und Tablets ab. Damit hat sich die            fallen, adäquate Preise für Online­dienst­­leistungen durch-
Nutzung mobiler Endgeräte für Bankgeschäfte seit 2012          zusetzen. Ein verständliches und individu­
                                                                                                        alisierbares
mehr als verdoppelt.                                           Produkt- und Serviceangebot wird vom Kunden den-
                                                               noch vorausgesetzt. Der Kunde erwartet individuali­sierte
Viele Kunden, quer durch alle Altersschichten, bevor-          Unter­stützung rund um die Uhr für alle angebotenen
zugen für einfache Transaktionen zunehmend digitale            Kommunikationskanäle. Ohne ein ausgefeiltes CRM-­
Kanäle. Und über komplexere Produkte informieren sie           System werden Banken diese An­sprüche nicht erfüllen
sich online, bevor sie für den Abschluss doch noch die         können. Große Consumerbanken reagieren darauf.
Bankfiliale aufsuchen.

Die zunehmende Transparenz der Kosten und der Be-                 CRM im Banking: Beispiel Citigroup
standteile von Finanzdienstleistungen ermöglicht es               Die amerikanische Citigroup hat mit dem milliar­
Kunden, Angebote direkt zu vergleichen. Bei Basis­                den­schweren IT-Projekt „Rainbow“ eine einheit­
produkten werden der Preis sowie der einfache und                 liche, globale IT-Plattform für das gesamte Retail-
schnelle Abschluss als das wichtigste Kaufkriterium               Banking-Geschäft erstellt. Die kundenorientierte,
genannt. Die enge Beziehung zu der eigenen Haus-                  intelligente IT speichert kanalübergreifend alle
bank schwindet; Angebote mehrerer Finanzdienstleister             Informationen über den Kunden, egal welche
werden gleichzeitig in Anspruch genommen.                         Citi-Produkte er nutzt oder wo und wie er mit
                                                                  der Bank in Kontakt tritt. Darüber hinaus stellt sie
Das Internet ermöglicht es, sich von jedem Ort und                die Daten allen Kundenberatern und Mitarbeitern
zu jeder Zeit über Finanzprodukte zu informieren und              mit Kundenkontakt – orts- und kanalunabhängig
Finanz­geschäfte zu erledigen. Da gleichzeitig die mobi-          – über ein einheitliches CRM-System zur Ver­
len Technologien immer benutzerfreundlicher werden,               fügung. Über die gesamte Wertschöpfungskette
steigt die Zahl der mobilen Bankkunden ebenso wie der             wird auch das Feedback der Kunden, online und
Anspruch der Bankkunden, über multimediale Kanäle                 offline, regelmäßig erfasst und im zukünftigen
Bankgeschäfte zu erledigen. Dabei nutzt diese Ziel-               Kundenkontakt berücksichtigt.
gruppe vielfältige Quellen und insbesondere „Peer“-

                                                                                                                         9
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Online-Vertriebswege gewinnen stark an Bedeutung

                                                                                                                                         3,1
                       Interaktion mit Kundenbetreuern
                                                                                                                                               3,3
Bankfilialen
                                                                                                                                   2,8
                       Interaktion mit Kunden über Terminals
                                                                                                                       2,5

Online-Banking/        Vertrieb und Service für Bankprodukte                                                                                         3,6
Mobile Apps            über mobile Plattformen                                                                               2,6

                                                                                                                         2,6
Call-Center            Interaktion mit Call-Center-Mitarbeitern
                                                                                                                 2,2

                       Einbindung externer Mitarbeiter in                                                        2,2
Externer Vertrieb      die Vertriebsprozesse (Strukturvertrieb,
                                                                                                           2,0
                       Vermögensberater, etc.)

                       Bankfilialen werden mit Kooperationspartnern                                          2,1
Shop-in-Shop
                       betrieben (Coffee Shops, Warenhäuser, etc.)                         1,5

                       Bankfilialen werden von Franchise-                                        1,7
Franchise
                       nehmern betrieben                                             1,2

                                                                          1                            2                             3                     4

                                                                              2020           Aktuell

Abbildung 3: Von Lünendonk befragte Bankmanager erwarten, dass sie ihre Produkte und Services zukünftig sehr stark über
mobile Kanäle vermarkten. Dabei kommt es auf eine reibungslose Vernetzung der unterschiedlichen Kanäle an.
Skala von 1 = „gar keine Bedeutung“ bis 4 = „sehr hohe Bedeutung“, n = 109; Quelle: Lünendonk-Studie „Zukunft der Banken 2020“

Hohe Erwartungen der Kunden an die                                weile über mobile Endgeräte. Über die mobilen Kanäle
Erreichbarkeit ihrer Bank                                         werden aber bisher kaum rentable Produkte und Dienste
Die Erwartungen der Kunden an das Kommunikations-                 verkauft. Daher müssen traditionelle Banken ihre digi­
und Vertriebskanalangebot von Banken steigen stetig,              talen und mobilen Vermarktungskanäle be­
                                                                                                         nutzer­
differenzieren sich zugleich aber auch. Dies bestätigt            freundlicher gestalten und effizienter in ihre beste­
eine Einschätzung der zukünftigen Bedeutung von                   hende Infrastruktur integrieren.
Vertriebs- und Kommunikationskanälen der Banken.
Onlinebanking und Mobile Apps haben in der Ein-                   Im Zuge der neuen technologischen Möglichkeiten
schätzung von über 100 Bankexperten bis 2020 den                  verändern sich die Kundenerwartungen an eine Bank
höchsten Bedeutungszuwachs. Ein eindeutiger Befund,               und es erhöhen sich ihre Erwartungen hinsichtlich der
aber ohne Überraschung (siehe Abbildung 3).                       Servicequalität, Multi-Kanalfähigkeit und Leistungs­
                                                                  geschwindigkeit. Die Reifung der neuen Kommunika-
Die Kundeninteraktionen über digitale Kanäle ver­                 tionskanäle lässt signifikante Beiträge zum Vertriebs­
schaffen den Banken bisher allerdings wenig wirk-                 ergebnis erhoffen. Eine Analyse von BearingPoint zeigt,
lich neue Einnahmequellen. Kunden kontrollieren ihre              dass der Anteil des Produktabsatzes über verschiedene
Konto­
     stände, überprüfen ihre Zahlungsanweisungen                  mediale Kommunikationskanäle auf 35 Prozent im Jahr
oder geben neue Transaktionen in Auftrag – vieles da-             2016 steigen wird (2011: 10 Prozent).
von geschieht online und ein großer Teil davon mittler-

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B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Blickpunkt Digitalisierung:
Regulatorische­ Anforderungen

Einen nicht unerheblichen Anteil an der schwierigen            euro­päische Zentralbank mit ihrer Doppelfunktion von
Ist-Situation der Banken hat die striktere (europäische)       Aufsicht und geldpolitischen Funktionen einhält, müssen­
Bankenregulierung. Nach der Finanzmarktkrise wurden            Banken umsetzen und gleichzeitig eine wirkungsvolle
schärfere Vorschriften hinsichtlich des Eigenkapitals, der     Gesamtbanksteuerung installieren. Hinzukommt, dass
Risikotragfähigkeit, der Liquidität sowie der Einlagen­        die strengen regulatorischen Vor­schriften auch für die
sicherung erlassen. Die Regulierungsdichte hat erheb-          IT-Systeme und Kundendaten der Bank gelten.
lich zugenommen und Dimensionen angenommen,
welche die Banken vor erhebliche organisatorische              Banken müssen den Überblick bewahren, welche ge-
Schwierigkeiten bei der Umsetzung stellen.                     setzlichen Vorgaben für ein bestimmtes Produkt oder
                                                               in einem bestimmten Prozessschritt zu berücksichtigen
Es gibt heute eine Vielzahl von zusätzlichen Regulierun-       sind, um alle gesetzlichen Vorgaben im Unternehmen
gen, sodass im Grunde genommen Details der Strate-             einzuhalten. Die Umsetzung regulatorischer Anforde-
gie, der Prozesse und der Beratung in einer Bank vorge-        rungen bindet personelle Ressourcen und erfordert
schrieben sind. Zum Beispiel:                                  erhebliche Investitionen in die IT-Infrastruktur und eine
                                                               Neuausrichtung des Management-Reportings.
ƒƒ Vorschriften zur Ausgestaltung und zum Inhalt
  von Prospekten                                               Das große Problem der meisten Banken ist es in diesem­
ƒƒ Regelungen zur Dokumentation von Beratungs­                 Zusammenhang, die Vielzahl an Stresstests und die
  gesprächen und dem Inhalt von Standardverträgen              geforderte­Kosteneffizienz im Kontext der Eigenkapital-
ƒƒ Vorgaben zu Schulung und Registrierung von Bank-            quoten transparent abzubilden.
  mitarbeitern
ƒƒ Pflichten zur Einstufung von Kunden und deren               REGULIERUNG BEDEUTET AUFWAND
  Finanzwissen                                                 Alleine die Maßnahmen rund um die Europäische Banken­
ƒƒ Dokumentationen zu Bewertungen von Sicherheiten             union belasten nach Schätzungen die deutsche Kredit­
ƒƒ Vorgaben zur Berechnung von Risiken mit vorge-              wirt­schaft bis 2025 mit etwa 10 Milliarden Euro pro Jahr.
  schriebenen Risikomodellen für das Kredit- und
  Investmentgeschäft, für plötzliche Zinsänderungen,           An einer Studie in Zusammenarbeit mit dem Bundes-
  für Image- oder IT-Probleme                                  verband deutscher Banken und dem Bundesverband
ƒƒ Pflichten zur Entwicklung von Stressszenarien und           Öffentlicher Banken Deutschlands zu „Auswirkungen
  Vor­schriften, wie Vorstand und Aufsichtsrat Strate­         regulatorischer Anforderungen“ haben 20 Banken teil-
  gien erstellen und überarbeiten müssen                       genommen, die etwa 60 Prozent der Bilanzsumme aller­
                                                               deutschen Finanzinstitute repräsentieren. Einige der
Zudem haben Banken innerhalb ihrer internen Struk­             Ergebnisse­:
turen   Compliance-Richtlinien       einzuhalten,    damit
einzelne­Geschäfts­
                  bereiche mit unterschiedlichen               ƒƒ Die direkten Kosten, die aus der Regulierung
Ziel­
    setzungen keine Informationen zum Nachteil der               entstehen, werden von den Studienteilnehmern im
Kunden­aus­tauschen. Dieses berühmten „Chinese Walls“,           Zeitraum von 2010 bis 2015 auf etwa 2 Milliarden
die organisatorisch gesehen allerdings nicht einmal die          Euro jährlich geschätzt.

                                                                                                                      11
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ƒƒ Die indirekten Kosten einer verbesserten Eigen­              Zwei Maßnahmen, die den Berichtsaufwand von
  kapital- und Liquiditätsausstattung betragen etwa             Banken weiterhin besonders erhöhen werden, seien
  7 Milliarden Euro jährlich. Auf Basis der vorgelegten         heraus­gegriffen:
  Angaben der Institute bewegen sich die Gesamt-
  kosten der Regulierung, die von den Kreditinstituten          SREP – Supervisory Review and Evaluation Process
  aufgebracht werden müssen, in der Größenordnung               ab 2016
  von insgesamt 9 Milliarden Euro jährlich.                     Am 7. Juli 2014 hat die European Banking Authority (EBA)
ƒƒ Beeinträchtigung der Geschäftspotenziale von Banken:         den Entwurf einer Leitlinie zum aufsichtsrecht­
                                                                                                              lichen
  Neue Regularien dämpfen die Wachstumspotenziale               Überprüfungs- und Überwachungsprozess (SREP, Super-
  verschiedener Bankgeschäfte, insbesondere im                  visory Review and Evaluation Process) veröffentlicht.
  Firmen­kundengeschäft, im Privatkundengeschäft, im
  Kapitalmarktgeschäft sowie im Handel für Kunden.              Die Leitlinie soll ab 2016 angewendet werden. Der
                                                                SREP-Ansatz schließt die Beurteilung der Schlüssel­
DER AUFWAND STEIGT IN ZUKUNFT WEITER                            indikatoren, des Geschäftsmodells, der Governance und
Das Ende der zusätzlichen Regularien ist noch nicht             der Kapital- und Liquiditätsrisiken ein.
erreicht­. Auf europäischer Ebene werden zur Schaffung
einer europäischen Bankenunion weitere Regelungen               Die Richtlinie basiert auf vier wesentlichen Elementen,
eingeführt. Regularien wie das „CRD-IV-Paket 1“ (Capital        anhand derer das jeweilige Institut bewertet wird:
Requirements Directive/Kapitaladäquanzrichtlinie), die
Einlagensicherungsrichtlinie 2 und die Sanierungs- und          ƒƒ Analyse des Geschäftsmodells
Abwicklungsrichtlinie 3 gelten für alle EU-Länder. Für die      ƒƒ Bewertung der internen Governance sowie des
Banken im Euroraum gibt es zusätzlich seit November                unternehmensweiten Kontrollsystems
2014 den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single             ƒƒ Bewertung von Risiken für das Kapital sowie seine
Supervisory Mechanism, SSM) und Anfang 2016 wird                   Adäquatheit
der Einheitliche Abwicklungsmechanismus (Single Reso-           ƒƒ Bewertung von Risiken für die Liquidität und das
lution Mechanism, SRM) greifen.                                    Funding

Das SREP-Modell

                                               Kategorisierung von Instituten

                                              Überwachung von Key Indicators

                                    Internal Governance
      Geschäftsmodell-                                              Kapitalrisiken und               Liquiditäts- und
                                     und unternehmens-
          analyse                                                    Angemessenheit                  Refinanzierungs-
                                       weites internes
                                                                   der Kapitalauslastung                  risiken
                                       Kontrollsystem

                                                  SREP-Gesamtbewertung

                                                 Aufsichtliche Maßnahmen

                                               „early internention measures“

Abbildung 4: Laut Entwurf der Europäischen Bankenaufsicht sollen Banken künftig Schlüsselindikatoren wie Geschäftsmodell,
Governance sowie Kapital- und Liquiditätsrisiken überwachen und an die Bankenaufsicht berichten. Quelle: Deloitte

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Der Entwurf wird den Überprüfungs- und Über­                   Weiter steigender administrativer Aufwand für Banken
wachungs­prozess fundamental ändern, was auch die              ist also auch in Zukunft zu erwarten. Um ein Schlaglicht
von den Banken anzuwendenden Methoden für die                  auf den Umfang dieses Aufwands zu werfen: Seit der
Ermittlung­der Risikotragfähigkeit sowie der Liquiditäts­      Einführung der deklaratorischen Regelungen im Jahr
risiken einschließt.                                           2014 in der Eurozone müssen alle etwa 8.000 betrof­
                                                               fenen EU-Banken pro Quartal bis zu 700.000 Daten­
Ziel von SREP ist es, dass Geldinstitute basierend auf         punkte in unterschiedlichen Berichtsformaten, aber einer
ihrem Einfluss auf das Finanzsystem einer von vier             einheitlichen digitalen Aufbereitung (XBRL) liefern. Und
Kate­gorien zugeordnet werden. Die nationale Banken­           dies betrifft nur die aufsichtsrechtliche Bericht­er­stattung;
aufsicht wird jedes der vier Elemente analysieren und          zusammen mit der statistischen Bericht­erstattung geht
ein Einzelscore vergeben, anschließend werden alle             es wesentlich darüber hinaus.
Einzel­scores zu einem Gesamtscore zusammen­gefasst.
Dieses Scoringsystem ermöglicht es Banken, sich
unterein­
        ander hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit ihrer            „Wir investieren 1 Mrd. €, um unsere Systeme und
Geschäfts­
         modelle zu vergleichen und mögliche auf-                 Kontrollen bis 2015 zu verstärken und an regula-
sichtsrechtliche Maßnahmen einzuleiten.                           torische Veränderungen anzupassen. Wir haben
                                                                  bereits 2013 unsere Compliance-­
                                                                                                 Abteilung um
Richtlinie #239 für effektive Risikodatensammlung                 rund 200 Mitarbeiter verstärkt. 2014 soll noch-
und Berichterstattung                                             mals eine vergleichbare Zahl an Mit­
                                                                                                     arbeitern
Eine wesentliche regulatorische Anforderung ist die               hinzukommen.“
Umsetzung der Richtlinien des Basel Committee on                                                    Deutsche Bank AG,
Banking Supervision (BCBS) #239 für effektive Risiko-                                    Jahres-Pressekonferenz 2014
datensammlung und Berichterstattung. Diese muss bis
Januar 2016 für international systemrelevante Institute
erfolgen; für national systemrelevante Institute wird die      DIGITALISIERUNG – DIE CHANCE ZUR BESSEREN
Umsetzung empfohlen. Die Vorschriften des BCBS #239            ERFÜLLUNG VON REGULIERUNGSANFORDERUNGEN?
werden umfassende Anpassungen an den IT-Systemen               Die Umsetzung regulatorischer Bestimmungen fordert
und den Prozessen bewirken und entsprechend lange              die IT der Banken. Hier schließt sich der Kreis zwischen
Umsetzungszeiten erfordern. Insbesondere auf quali­            Regulierung und Digitalisierung. Denn ein adäquates
tativ hochwertige Datenhaushalte legt die Aufsicht             und hochleistungsfähiges Berichtswesen ist nur mit
großen Wert.                                                   einer­qualitativ guten Datenbasis und hochleistungs­
                                                               fähigen Analytics-Systemen möglich. Bei der Betrach-
Die statistischen Gremien des Europäischen Systems­der         tung der Ansprüche, die von den Regulatoren gestellt
Zentralbanken (ESZB) untersuchen weitere Möglich­              werden, ist es derzeit fraglich, ob ohne eine vollständige
keiten, um die Verfügbarkeit benötigter, möglichst             Digitalisierung des Berichtswesens die Anforderungen
granularer Daten zu erhöhen. Eine dieser Initia­
                                               tiven           an Banken in Zukunft überhaupt erfüllt werden können.
analysiert die Machbarkeit eines von allen Meldepflich-        An dieser Stelle müssen die meisten Banken dringend
tigen im Euroraum anzuwendenden einheitlichen statis­          ihre Reportingprozesse verbessern.
tischen Berichtsrahmens (European Reporting Frame-
work, ERF) (Rundschreiben Nr. 11/2015).

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Deutlich wird diese Problematik am Beispiel der Risiko-        und standardisierbare Tätigkeiten. Folglich steht ihnen
datenaggregation und der Risikoberichterstattung:              nicht ausreichend Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten
                                                               wie die Kommentierung und Ableitung sowie Nachver-
ƒƒ Die Datenbasis: Ein automatischer Abgleich der              folgung von Maßnahmen zur Verfügung.
  Risikodaten mit anderen Daten in Echtzeit, vor allem
  mit Rechnungslegungsdaten, muss möglich sein. Die            Laut Analysen von Lünendonk werden immer noch
  Bank muss kritische Risikodaten in Krisenzeiten zeit-        mehr als die Hälfte der Ressourcen im Management-
  nah erstellen und analysieren können. Daten müssen           Reporting auf den Prozess der Berichtbereitstellung
  ad hoc, flexibel und skalierbar generiert werden.            verwendet. Zu diesem Prozess gehören die folgenden
  Dazu ist eine weitestgehend automatisierte Berech-           Teilprozesse:
  nung und Aggregation aller Kennzahlen notwendig.
ƒƒ Die Risikoberichterstattung: Ihre Genauigkeit kann          ƒƒ Konsolidierung,
  nur durch eine End-to-End-Betrachtung vom                    ƒƒ Datenbeschaffung,
  Vor­system bis zum Report sichergestellt werden.             ƒƒ Plausibilisierung und Abstimmung sowie
  Dataflow-Charts sollen den Datenfluss über Systeme           ƒƒ Berichterstellung.
  und manuelle Schnittstellen hinweg nachvollziehbar
  und transparent machen. Die Frequenz der Risiko­             Als Zielwert sollten im Banksektor maximal ein Drittel
  berichte muss risikoadäquat und die Berichter­               der Ressourcen auf Tätigkeiten zur Erststellung eines
  stellung muss schnell möglich sein.                          Berichts entfallen. Dieser Zielwert kann technologisch
                                                               durch Automatisierungstechnologien und eine weitere
Das gesamte Berichtswesen in vielen Geldinstituten muss        Standardisierung, beispielsweise durch vordefinierte
folglich einer Neustrukturierung unterzogen werden­. Die       Berichte, verhältnismäßig schnell erreicht werden.
Dynamik im Umfeld der Banken erfordert ein Berichts­           Diese Optimierungsmaßnahmen sind längst überfällig
wesen, das sehr agil in der Lage ist, kurz­fristige Anfragen   und hätten bereits vor Jahren erfolgen müssen. Doch
an das Reporting umzusetzen, und zwar ohne hohen               es passiert in vielen Banken zu wenig beziehungsweise
Aufwand für die Erstellung von Berichten.                      Projekte ziehen sich über lange Zeiträume.

Banken müssen ihre Reportingprozesse stärker                   Ein großes Problem in vielen Banken stellen noch
automatisieren und standardisieren                             immer heterogene Anwendungsstrukturen, dezen­
Was lässt sich aus all dem schlussfolgern? Digitali­           trale Zuständig­keiten für Stammdaten und komplexe
sierung kann auch die Chance bieten, externe Pflicht-          Geschäfts- und IT-Prozesse dar. Eine stärkere Verzah-
berichte und interne Reportings zu automatisieren, um          nung des Berichtswesens der Fachbereiche ist daher ein
sie überhaupt in Zukunft noch bewältigen zu können.            zentraler Faktor auf dem Weg zu einer ganzheitlichen
                                                               Unter­nehmenssteuerung.
Diese Maßnahmen sind auch dringend notwendig,
denn noch immer verwenden Reportingabteilungen in              Banken sind aber noch auf einer anderen Ebene von der
Banken zu viel Zeit und zu viele Ressourcen auf einfache       Digitalisierung stark betroffen.

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Blickpunkt Produkte und Services:
FinTecs­und digitale Plattformen

WETTBEWERBER AUS NEAR- UND NONBANKING                          Aber auch bei anderen Bankservices wie Spar- und Depo­
Im Grunde benötigt man für den erfolgreichen Start             siten­
                                                                    einlagen, kanalübergreifenden Beratungs- und
eines Bank­geschäfts – neben einer Banklizenz im Falle         Wert­
                                                                   papierhandelsdiensten sowie einfachen Finanzie-
einer Vollbank oder einer E-Money-Lizenz für elektro­          rungslösungen sind einige FinTecs sehr gut aufgestellt.
nische Geldgeschäfte – nur einige entscheidende
Zutaten: Banking-Know-how auf mindestens einem                 Internetgiganten wie Amazon, Ebay oder Google mit
Gebiet (zum Beispiel Kredit- oder Einlagengeschäft),           ihren Millionen Kunden sind dabei, auch Finanzdienst­
Abwicklungs­kapazität und einen guten Zugang zu aus-           leistungen anzubieten – mit großen Aussichten auf
reichend vielen Kunden.                                        Erfolg – und zum Teil mit Banklizenzen. Ebay tut dies
                                                               mit dem Bezahldienst PayPal bereits seit Jahren enorm
Autobanken haben das bereits vor Jahren vorgemacht:            erfolgreich. So hat PayPal in Deutschland bereits einen
Die Kunden hatten sie; das Banken-Know-how und                 Marktanteil von knapp 20 Prozent beim Online-Payment.
die Kapazität haben sie dazuaddiert. Heute sind es die         Aber auch kleinere, spezialisierte und schnell wach­
Technologieunternehmen, die einen guten Zugang zu              sende Internetfirmen wie Klarna oder Square sagen der
Kunden haben und den Nerv der Zeit treffen.                    Bankenwelt den Kampf an. In Teilen der Finanz­industrie
                                                               werden web- und datenbasierte Finanzprodukte und
Diese neuen Wettbewerber erfinden das Bankgeschäft             -dienste von den sogenannten FinTecs angeboten.
nicht neu. Aber sie drängen bevorzugt in ausgewählte
Bereiche des Bankenmarkts. Ihr Vorteil liegt in ihrer Un-      Bankenverantwortliche nehmen diese Bedrohung durch
abhängigkeit vom klassischen Bankgeschäft und der              branchenfremde Wettbewerber zunehmend ernster
Möglichkeit, bei der Produktentwicklung keine beste-           und suchen nun etwas hektisch nach Möglichkeiten der
henden Strukturen beachten zu müssen. So haben es              Kooperation oder Übernahme.
einige Start-ups geschafft, digitale Banklösungen zu
entwickeln, die exakt auf die Anforderungen der Kun-           FINTECS: TRENDIGE NISCHENANBIETER MIT BISS
den bei der Nutzung von E-Commerce und Mobile-                 Das Kunstwort FinTec setzt sich zusammen aus
Banking zugeschnitten sind. Dabei kommt ihnen zugute,          „Financial Services“ und „Technologies“: Unter­nehmen,
dass die meisten Geldinstitute absolut kein Rezept fin-        die durch moderne, meist internetbasierte Techno­
den, sich im mittler­weile riesigen E-Commerce-Markt           logien den Kundennutzen bei Finanzdienst­leistungen
zu positionieren. So sind bisher alle Bemühungen der           und     finanznahen     Dienstleistungen    optimieren.
Banken, eigene Bezahlplatt­
                          formen für den Online­               FinTecs verbinden technologische Entwicklungen
handel aufzubauen, gescheitert.                                mit den Wünschen netzaffiner Konsumenten nach
                                                               attrak­
                                                                     tiven Produkten, Diensten und Prozessen.
Banken haben den E-Commerce-Trend und die Bedürf-              Dabei wollen diese neuen Wettbewerber oft nicht
nisse der Onlinezielgruppe verschlafen und rea­gieren nun      eine Vollbank für die Kunden ersetzen, sondern sie
zu spät auf die neuen Wettbewerber. Soge­nannte Fin-           picken­sich lukra­
                                                                                tive einzelne Bereiche heraus, in
Tecs haben sich in der Zwischenzeit zu ernst­haften Wett­      denen­sie einen Vorteil haben.
bewerbern der Banken bei Bezahl­systemen ent­wickelt.

                                                                                                                     15
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Agile FinTecs revolutionieren den Banksektor

Angriffsziel/Kategorie            Produkt/Service                                              Anbieterbeispiel

Finanz-Ökosystem                  ƒƒ Digitale Ökosysteme                                       ƒƒ Google
Zahlungsverkehr                   ƒƒ Abrechnungssysteme                                        ƒƒ Klarna
                                  ƒƒ Cashonline, Payments                                      ƒƒ Square
                                  ƒƒ Mobile Payment                                            ƒƒ Paypal
                                  ƒƒ Payment-Dienste, Banking, Anlageberatung                  ƒƒ sofortüberweisung
                                  ƒƒ Zahlungssysteme B2B                                       ƒƒ Payleven
                                  ƒƒ Zahlungssysteme, Girokonten B2B2P                         ƒƒ Traxpay
Finanzplanung                     ƒƒ Big Data Rating                                           ƒƒ Kreditech
                                  ƒƒ Privates Finanzmanagement                                 ƒƒ Contovista
Kredite                           ƒƒ Crowdfunding, Investing, Kredite/p2p                      ƒƒ Lufax
                                  ƒƒ Kredite KMU-Unternehmenskredite                           ƒƒ Prosper
                                  ƒƒ Kreditgeschäft bzw. Projektfinanzierung                   ƒƒ Lending Club
                                                                                               ƒƒ Crowdfunding.com
Finanzierung                      ƒƒ Factoring                                                 ƒƒ Pagido
                                  ƒƒ Forderungsversteigerung                                   ƒƒ Debitos
Kapitalanlage                     ƒƒ Institutionelle Kapitalanlage                             ƒƒ Quanl.com
Vermögensverwaltung               ƒƒ Vermögensverwaltung/Brokerage                             ƒƒ Vaamoo.de
Brokerage                         ƒƒ Brokerage                                                 ƒƒ eToro
Hilfsfunktionen                   ƒƒ Authentifizierung                                         ƒƒ Nymi
                                  ƒƒ Legitimierung                                             ƒƒ Idnow

Abbildung 5: FinTecs sind häufig Start-ups, die über eine hohe Agilität und Innovationskraft verfügen. Einige von ihnen haben es
in kurzer Zeit geschafft, sich in einzelnen Geschäftsfeldern des Banksektors zu behaupten. Quelle: Lünendonk

FinTec-Unternehmen (FinTecs) ergänzen oder ersetzen                   die Möglichkeiten und Potenziale der Digitali­
                                                                                                                   sierung
die Angebote von Banken oder sie sind intermediär zwi-                täglich von Neuem auf.
schen dem Kunden und der Bank. Sie treten entweder
selbst als Anbieter oder Vermittler von solchen Dienstleis-           WICHTIG FÜR DIE GELDINSTITUTE!
tungen gegenüber dem Kunden auf oder sind Bestand-                    PAYMENT-LÖSUNGEN: ANGRIFF AUF EINE
teil der Wertschöpfungskette von Finanzdienstleistern.                BASISFUNKTION DER BANKEN
                                                                      Ein bevorzugter Angriffspunkt der neuen Wettbe­werber
FinTecs finden sich in der gesamten Bandbreite, von                   sind Zahlungssysteme, die auf lange Sicht eine hohe An-
Start-ups bis hin zu etablierten internationalen Groß-                zahl von Kunden versprechen. Die Zahlungsfunk­tion ist
konzernen. Die Lage beginnt also unübersichtlich zu                   eine der wichtigsten Aufgaben von Geldinstituten; vor
werden. Die Vielzahl der FinTecs ist mittlerweile un-                 allem deshalb, weil Banken über diese Funktion nahe­
überschaubar; bereits 2013 zählte die Unternehmens-                   zu täglich mit ihren Kunden in Verbindung stehen. Und
beratung McKinsey mehr als 12.000 Start-ups in diesem                 nachdem die Filiale von normalen Bankkunden immer
Bereich. Aufzählungen von Beispielen sind zur Unvoll-                 weniger frequentiert wird, ist der Zahlungsverkehr über
ständigkeit verdammt – und schnelllebig, da viele Jung-               Überweisungen, Lastschriften oder Daueraufträge eine
unternehmen wieder vom Markt verschwinden.                            zentrale Verbindung zwischen Kunde und Bank.

Das Störpotenzial dieser FinTecs für das Geschäft tradi­              Genau diese Verbindung wird von den neuen Konkur-
tioneller Banken ist allerdings sehr hoch und zeigt ihnen             renten angegriffen. Damit drängen sich die Angreifer

16
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

insbesondere im Onlinebereich zwischen Bank und                dabei nicht einmal die Eingabe einer PIN verlangt. Statt
Kunden. Die Banken sind bisher im riesigen Markt               eines Smartphones können auch NFC-fähige Maestro­-
der Online­transaktionen bei E-Commerce-Geschäften             oder V-Pay-Debitkarten verwendet werden.
außen vor.
                                                               ABER: DIE BANKEN BEGINNEN, PAYMENTS ZU
Alternative Finanztransaktionsdienste                          VERTEIDIGEN
sind bereits fest etabliert                                    Wenn einem Kunden die komplette Wertschöpfungs-
Für den Handel sind bereits alternative Finanztrans-           kette von der Angebotspräsentation bis zu den Bezahl­
aktionsdienste und Bezahlfunktionen für Käufer und             optionen aus einer Hand komfortabel angeboten wird,
Konsumenten (P2P, P2C, PayPal, Click-and-Buy, sofort-          ist der Bezahlvorgang nur noch ein letzter Schritt.
überweisung etc.) im Internet entstanden. Sie trennen          Je automatisierter und bequemer die einzelnen Pro-
tendenziell die Bank von ihren bisherigen Nutzern und          zessschritte auf einer Plattform konzipiert sind, desto
ermöglichen die direkte Kommunikation und Trans­               weniger wird der Konsument einsehen, dass er für die-
aktionen zwischen Kunden und Produzenten/Händlern.             sen letzten Schritt eine Bank benötigt. Das ist auch ein
Ihr eigentlicher Vorteil besteht aber darin, dass sie eine     Grund dafür, dass sich nun endlich Teile der Deutschen
sehr hohe Integrationsfähigkeit in die Shopsysteme der         Kreditwirtschaft auf ein Programm für ein gemeinsames
Onlinehändler ermöglichen.                                     Onlinezahlungssystem verständigt haben und weitere
                                                               E-Payment-Lösungen für Endkunden einrichten – oder
Internetgiganten mit großen Communitys haben                   bestehende Speziallösungen kaufen.
ein Auge auf Payments geworfen
Der Markt für Bezahlsysteme bietet Markteintritts­             So haben zum einen die deutschen Kreditinstitute
chancen. Mit Apples Zahlungssystem Pay können                  (Banken, Sparkassen und Volksbanken) gemeinsam eine
Apple-­Kunden künftig mit ihrem iPhone an der Kasse            Gesellschaft für die Abwicklung mobiler Bezahlungen
zahlen; statt Unterschrift oder Geheimnummer genügt            gegründet (unter der griffigen Firmenbezeichnung:
ein Fingerabdruck als Sicherheit. Damit besitzt der            Gesell­
                                                                     schaft für Internet- und mobile Bezahlungen
Tech-Konzern die Beziehung zum Kunden; die Bank                mbH). Das zu entwickelnde Verfahren paydirekt als
arbeitet dann nur noch als Abwickler im Hintergrund.           gemein­same Plattform soll bereits Ende 2015 einsatz-
Das schwedische FinTec Klarna macht bereits einen Um-          bereit sein. Bei einigen Geldinstituten laufen bereits ers-
satz von 200 Millionen Euro und hat 2013 das deutsche          te Testtransaktionen. Es wird spannend zu beobachten
FinTec sofortüberweisung übernommen.                           sein, wie schnell sich die einzelnen Banken auf indivi­
                                                               duelle Verträge mit dem Handel einigen können, um
Die Zahlungsfunktion ist auch für den Handel                   das Projekt durchzusetzen.
attraktiv
Aber auch der Handel in Deutschland sieht in Zahlungs­         Banken – in der Phase 3 der Gefährdung durch
verkehrslösungen ein begehrenswertes Kunden­                   Branchenwandel
bindungs­
        instrument – und zieht mit smarten tech-               Diese Situationsbeschreibung der Bankenbranche lässt
nischen Lösungen Kundenverkehr von Banken und                  sich mit den typischen Entwicklungsstufen einer Indus-
Sparkassen ab: Bei Aldi Nord kann ab Mitte 2015 in             trie in Verbindung bringen, die mit der Digitalisierung
allen rund 2.400 Filialen in Deutschland kontaktlos mit        konfrontiert ist: Unabhängig von der Frage, ob erste
dem Smartphone bezahlt werden. Voraussetzung ist ein           Konsumentenbedürfnisse oder früh im Markt ange-
Near-­
     Field-Communication-fähiges Mobiltelefon, auf             botene Internettechnologien den digitalen Wandel
dem eine Wallet-App mit integrierter virtueller Maestro­-      in Gang gesetzt haben, lässt sich ein typisches Muster
oder V-Pay-Debitkarte installiert wurde. Wird beim Ein-        eines digitalen Strukturwandels skizzieren.
kauf der Betrag von 25 Euro nicht überschritten, wird

                                                                                                                       17
B A N K E N – V O N G E T R I E B E N E N Z U G E S TA LT E R N I H R E S D I G I TA L E N WA N D E L S

Banken stehen unter disruptiven Einflüssen

           Phase 1:                     Phase 2:                         Phase 3:                   Phase 4:                  Phase 5:
           Inventionen                  Innovationen                     Gefährdung                 Verdrängung               Marktbereinigung

Aktion     Der technologische           Branchenfremde Internet­         Traditionelle Geschäfts-   Die Marktanteile für      Es kommt zu markt­
           Fortschritt erzeugt neue     unternehmen sowie techno­        modelle geraten dadurch    Etablierte sinken; neue   bereinigenden
           internetbasierte Konsum-,    logiegetriebene Start-Ups        unter Druck; Umsätze       Akteure können ihre       Konsolidierungen;
           Mediennutzungs- und          und Nischen­anbieter erhöhen     und Gewinne sind           Position ausbauen;        einige Unternehmen
           Kommunikationsbedürf-        die Wettbewerbsintensität        ruckläufig.                der Verdrängungswett­     verschwinden vom
           nisse bei den Konsu-         mit ihren digitalen Geschäfts-                              bewerb nimmt zu.          Markt.
           menten.                      modellen, Produkten und
                                        komplementären Diensten.

Reaktion   Die Konsumenten adap-        Moderne IT ersetzt eta­blierte   Etablierte Erlösquellen    Anpassungsprozesse        Neue, vor allem
           tieren die neuen Techno-     langjährige (analoge) Prozesse   tradi­tioneller Unter­     und kostenintensive       brachen­fremde Ak-
           logien und integrieren sie   sowie menschliche Erfah-         nehmen können un­zu­       Reformen werden bei       teure sind im Markt
           in ihren Alltag.             rungen durch intelligente        reichend durch andere      den Etablierten einge-    etabliert und erzielen
                                        Software­lösungen mit Hilfe      Geschäftsbereiche kom-     leitet.                   erste Gewinne.
                                        moderner Datenanalyse und        pensiert werden.
                                        intelligenter Algo­rithmen.

Abbildung 6: Muster eines digitalen Strukturwandels: Banken befinden sich nach dem Markteintritt von Konkurrenten in der
Gefährdungsphase. Quelle: Deutsche Bank Research, FinTec – Die digitale (R)evolution im Finanzsektor 2014

Es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass sich die Banken                       dass die FinTecs in vielen neuen Geschäftsfeldern den
als eine traditionelle Branche derzeit in der Phase 3 be-                   klassischen Banken um Jahre voraus sind. Jedoch be-
finden und jetzt einschneidende Veränderungen ihrer                         hindern sich die Banken auch gegenseitig, indem einige
Struktur in die Wege leiten müssen. Denn über Nacht                         Großbanken parallel an eigenen Bezahlplatt­formen ar-
werden sie nicht digital.                                                   beiten. Durch dieses uneinheitliche Vorgehen wird keine
                                                                            kritische Masse entstehen, die aber für die Durchsetzung
BANKEN MÜSSEN ENDLICH STANDARDS SETZEN                                      neuer digitaler Plattformen unbedingt benötigt wird.
Marktuntersuchungen empfehlen Banken daher eine
Reihe von Optimierungen und Investitionen in ihre Zu-                       Ganz allgemein mangelt es den Banken noch an Inno­
kunft: Banken müssen eine neue Balance anstreben,                           vationskultur, also der Fähigkeit, losgelöst von traditio-
ihre Betriebskosten zu senken und dennoch die regula-                       nellen Prozessen und Geschäftsmodellen neue digitale
torischen Bestimmungen zu erfüllen.                                         Lösungen zu entwickeln. Auf der technischen Ebene
                                                                            haben viele Banken Probleme, beispielsweise Banking-
Viele Banken haben wenig Spielraum für Investitionen;                       Apps in den gesamten Bankprozess end-to-end zu
aber ein Investment in die jeweilige IT-Architektur und                     inte­grieren. An diesen beiden Stellen sind Bank­manager
-Anwendung ist notwendig, um die Kosten auf lange                           allerdings gefordert, schnell zu reagieren und ihre Geld-
Sicht zu senken. Die Banken brauchen mittelfristig drin-                    institute ins digitale Zeitalter zu führen.
gend neue Ertragsperspektiven, die sie sich über eine
flexible und dynamische Entwicklung von Produkten                           INSTANT PAYMENTS ROLLT AUF DIE BANKEN ZU
schaffen müssen. Und genau dafür brauchen sie die                           Die nächste Mammutaufgabe steht dem Banksektor
entsprechenden digitalen Plattformen für den Vertrieb                       längst bevor. Unter Federführung der Euro­
                                                                                                                     päischen
und die Backoffice-Prozesse.                                                Zentralbank (EZB) und des Euro Retail Payments
                                                                            Board (ERPB) sollen Instant Payments Geldtransfers in
Obwohl der Banksektor gemeinschaftlich an einem Stan-                       Sekunden­schnelle ermöglichen. Die Grundidee dahinter
dard bei Bezahlsystemen arbeitet, fehlt es ihm dabei an                     ist, Verkäufern wie etwa Onlinehändlern sofort Zugriff
Durchschlagskraft und vor allem an Zeit. Es zeigt sich,                     auf das transferierte Geld zu gewähren.

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