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Die komplette Serie zum Thema Life Science in Österreich:
Zahlen & Fakten, Interviews, Fachkommentare ...

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COVID-19 - FORSCHUNG

Pandemie hat enorme Geldmittel
für F&E freigesetzt

                                                                                                    Foto: pixabay_Pete Linforth

Harald Fercher                     harald.fercher@boerse-express.com   kommentar auf den folgenden Seiten). Die Verwirrung ist per-
                                                                       fekt, Wellen der Empörung gehen hoch. Vor allem im Westen
Der Kampf gegen den Virus hat ungeahnte                                echauffiert man sich über die “verantwortungslose Vorgangs-
                                                                       weise” in Moskau. Was folgt ist ein propagandistischer Schlag-
Kräfte freigesetzt. Aktuell werden 211 Impf-                           abtausch, der fast an die Zeit des Kalten Krieges erinnert. (Mehr
stoffe und 315 Therapeutika getestet. Auch                             dazu: Infokasten - Weiterführende Links Nummer 1.)
bei österreichischen Life Science Unterneh-
                                                                       Run auf Impfstoffe. Tatsächlich soll der russische Impfstoff,
men laufen zahlreiche Projekte.                                        der in Anlehnung an den Sputnik-Schock auch als “Sputnik V”
                                                                       bezeichnet wird und derzeit klinische Prüfungsphasen durch-

V
        ierter Oktober 1957 - die, vor allem westliche, Welt hält      läuft, auch schon in größeren Dosen produziert werden. Ab
        den Atem an. Russland, damals noch die UdSSR, gelingt          Jänner 2021 soll er dann zur Verfügung stehen. Erste Länder
        es als erstes Land der Erde einen künstlichen Satelliten       sollen sich, noch vor dem Feststehen der endgültigen Testre-
in den Weltraum zu katapultieren. Ein Ereignis, welches spä-           sultate, bereits Impfdosen gesichert haben. Das ist allerdings
ter als Sputnik-Schock in die Geschichte eingehen wird.                nichts Ungewöhnliches, denn der Run auf die - noch gar nicht
  11. August 2020 - in einem virtuellen Regierungstreffen be-          verfügbaren - Impfstoffe hat längst eingesetzt. Verschiedene -
richtet der russische Präsident Wladimir Putin, dass in seinem         auch europäische Länder schließen bereits Vorverträge über
Land weltweit der erste Impfstoff gegen den Corona-Virus re-           die Lieferungen von Impfstoffkontingenten ab, noch bevor die
gistriert wurde. Durch einen Übersetzungsfehler wird aus der           Impfstoffe offiziell zugelassen sind. So meldete etwa das bör-
“Registrierung” eine “Zulassung” (siehe dazu auch den Fach-            sennotierte deutsche Biotech-Unternehmen BioNTech, das ge-

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meinsam mit dem US-Pharmakonzern Pfizer an einem Impf-
stoff forscht, bereits am 20. Juli, dass es mit Großbritannien
einen Vorvertrag über die Lieferung von 30 Millionen Impf-
stoffdosen eines möglichen Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 ab-
geschlossen habe (siehe Link 2).

211 Impfstoffkandidaten. Zwei Tage später folgte die An-
kündigung, dass auch die US-Regierung einen Vertrag über die
Lieferung von 100 Millionen Impfdosen unterzeichnet hat.
1,95 Milliarden US-Dollar will die Trump-Administration dafür
springen lassen. Außerdem sicherte sich die amerikanische
Regierung durch den Vertrag weitere 500 Millionen Impfdo-
sen (siehe Link 3.). In der gleichen Aussendung kündigten Pfi-
zer und BioNTech an, dass man auf gutem Weg sei die                Der Kampf gegen den Virus wird auch mit digitalen Mitteln
klinischen Testphasen 2b/3 noch im Juli 2020 zu starten, um        geführt.                                  Foto: pixabay_Gerd Altmann

im Oktober eine behördliche Überprüfung beantragen zu kön-
nen. Man rechne damit bis Ende 2020 an die 100 Millionen           INFO FÜHRENDE IMPFSTOFFKANDIDATEN
Impfstoffdosen produzieren zu können, bis Ende 2021 sollen         * Univ. von Oxford/AstraZe-         * Moderna:
dann mehr als 1,3 Milliarden Impfstoffdosen produziert wer-        neca: Klinische Phase III           Klinische Phase III
den. Knapp einen Monat später veröffentlichte Pfizer erste po-
sitive Ergebnisse der Phase 1 Studie. Derzeit wird der Impfstoff   * Sinovac/Instituto Butan-          * BioNTech/Fosun/Pfizer:
in der dritten klinischen Phase an tausenden Freiwilligen ge-      tan: Klinische Phase III            Klinische Phase II / III
testet. Der von BioNTech und Pfizer entwickelte Impfstoff ist      * Wuhan Inst./Sinopharm:
aber bei weitem nicht das einzige Produkt welches dem Co-          Klinische Phase III
rona-Virus zu Leibe rücken soll. Das amerikanische Milken In-                                          Quelle: Milken Institut -
stitute zählt aktuell 211 Impfstoffkandidaten, von denen sechs     * Beijing Inst./Sinopharm:          https://www.covid-19vacci-
                                                                   Klinische Phase III                 netracker.org/
bereits in der dritten, der letzen vor einer behördlichen Zu-
lassung, klinischen Phase getestet werden. Es könnte also
durchaus sein, dass bereits im kommenden Winter ein Impf-
stoff verfügbar ist. Ein mehr als bemerkenswerter Umstand,         dieses Jahres 17,5 Millionen Euro, die unter anderem in die
denn normalerweise dauert die Entwicklung bis zur Markt-           weitere Entwicklung ihres Medikamentenkandidaten APN01
reife an die zehn Jahre.                                           zur Behandlung schwer erkrankter COVID-19-Patienten flie-
   Doch nicht nur bei der Impfstoffentwicklung hat ein, in der     ßen sollen. Unter den Investoren findet sich u.a. die Vienna
Medizingeschichte beispielloses Rennen eingesetzt. Auch was        Insurance Group, welche mit einer Investition von rund 7 Mil-
die Behandlung der COVID-19 Erkrankung betrifft wird rund          lionen Euro nun 3,26% der Anteile von APEIRON Biologics
um den Globus geforscht und getestet. Das Milken Institute         hält. Öffentliche Fördergelder und Garantien kamen unter an-
verzeichnet am 10.09. insgesamt 315 Therapien, deren Tes-          derem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesell-
tung mehr oder weniger weit fortgeschritten ist. Bei zahlrei-      schaft (FFG), der Wirtschaftsagentur Wien (WAW) und der
chen Therapeutika, die jetzt auf ihre Wirksamkeit getestet         Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS). APN01 gehört
werden, handelt es sich um Wirkstoffe bzw. Medikamente, die        laut APEIRON zu den am weitesten entwickelten Medika-
schon gegen andere Erkrankungen eingesetzt wurden und              mentenkandidaten zur Behandlung von COVID-19 und zu den
werden.                                                            wenigen spezifisch gegen das Corona Virus gerichteten The-
                                                                   rapieansätzen. In einer Aussendung vom Juni heißt es: „Bei
COVID-Forschung in Österreich. Geforscht wird auch in              positivem Verlauf der laufenden Phase II-Studie könnte nach
Österreich. Allein in Wien laufen laut einer interaktiven Karte    Ansicht von Experten voraussichtlich eine beschleunigte
der PHARMIG (Verband der pharmazeutischen Industrie Öster-         Marktzulassung erfolgen.“
reichs) zwölf Unternehmensprojekte, eines läuft in Graz. Ein
Beispiel ist das biopharmazeutisches Unternehmen Marino-           Digitale Lösungen. Im Kampf gegen das Virus tun sich aber
med, dessen CEO Andreas Grassauer kürzlich erklärte: „Wir          nicht nur Biotech- und Pharmaunternehmen hervor. Auch di-
konnten nun mit ersten Tests zeigen, dass Carragelose® auch        gitaIe Mittel sollen dazu beitragen die Pandemie einzudäm-
gegen SARS-CoV-2 ein wirksamer Virus-Blocker ist. Diese Er-        men. So etwa eine E-Health-Lösung, die vom Wiener
gebnisse werden inzwischen von unabhängigen Studien in             Unternehmen Medicus AI in Zusammenarbeit mit dem Lu-
den USA und Argentinien bestätigt.“ Das Wiener Biotech-Un-         xemburger Unternehmen Bionext Lab entwickelt wurde. CO-
ternehmen APEIRON Biologics wiederum sicherte sich im Juni         VIVE, so der Name, ist eine kostenlose personalisierte App,

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die mit Funktionen zur Selbstbeurteilung einer möglichen In-
fektion, Labortestinterpretation und Gesundheitsmonitoring
aufwartet. Sie soll dem User mehr Klarheit und Informationen
über den eigenen Gesundheitszustand geben und über die
nächsten Schritte aufklären.
   Wie digitale Lösungen dazu beitragen können dem Virus
Herr zu werden hat schon früh das in Graz beheimatete Bio-
informatik-Unternehmen Innophore aufgezeigt. Schon Ende
Jänner, als das Virus vor allem in China auftrat sorgte Inno-
phore für internationale Schlagzeilen. Zu diesem Zeitpunkt
hielt sich die Beunruhigung hierzulande noch in Grenzen. So
titelte damals der ORF Steiermark: „Coronavirus: Grazer su-
chen Wirkstoff“. Im Bericht hieß es dann unter anderem:
„Über hundert Menschen sind am Coronavirus bereits gestor-         COVID-Forschung in Österreich: 13 Life Science Unterneh-
ben, dennoch schätzen Experten das Virus als weniger anste-        men m Kampf gegen den Virus                  Quelle: PHARMIG u.a.
ckend ein, als die derzeit kursierende Grippe.“ Kein Wunder
Österreich zählte zum damaligen Zeitpunkt gerade einmal           INFO WEITERFÜHRENDE LINKS
drei Verdachtsfälle. Doch das sollte sich rasch ändern. Knapp
eineinhalb Monate später wurde der Lockdown verfügt der           1. “Zugelassen” oder “regis-        rusinfektion COVID-19”
                                                                  triert”? Der russische Coro-        https://bit.ly/32pEKLw
Österreichs Wirtschaft ins Mark traf. Im zweiten Quartal brach
                                                                  navirus-Impfstoff und die           Quelle: vfa - die forschenden
das österreichische BIP im Vergleich zum zweiten Quartal des
                                                                  Medienkritik                        Pharmaunternehmen
Vorjahres um 12,8% ein.                                           https://bit.ly/3hqMAJ7
   Zurück zu Innophore. Das 2017 gegründete Unternehmen           Quelle: Rechercheplattform cor-     5. COVID-19 - Therapie und
hat eine Art Suchmaschine für Enzyme entwickelt, die mittels      rectiv. org:                        Impfstofftracker
eigener Algorithmen Wirkstoffe rasch identifizieren soll. Im                                          https://bit.ly/2DTUNI2
Zusammenhang mit COVID-19 wurde aus einem Testdurch-              2. “Pfizer and BioNTech An-         Übersicht zu aktuellen For-
lauf schnell eine Zusammenarbeit mit einem pharmazeuti-           nounce Agreement with               schungen und Entwicklungen
schen Unternehmen in Peking und dem „Chinese Center for           the United Kingdom for 30           zu COVID 19. Quelle: Milken In-
Disease Control and Prevention“. Auf der ersten Liste der viel-   Million Doses of mRNA-              stitute
versprechendsten Stoffe, die gegen COVID-19 helfen könnten        based Vaccine Candidate
                                                                  Against SARS-CoV-2”                 6. COVID-19 Infos der PHAR-
fand sich der Wirkstoff Lopinavir, der in der Behandlung von
                                                                  https://bit.ly/2GVCx2f              MIG
HIV reüssieren könnte.
                                                                  Quelle: GlobeNewswire               https://bit.ly/2RjO9Oz
                                                                                                      Informationen zur COVID-19-
FASTCURE. Aus diesen ersten Anfängen entstand das Projekt         3. “Pfizer and BioNTech An-         Forschung in Österreich. Quelle:
FASTCURE, das weltweit größte computerbasierte Screening-         nounce an Agreement with            PHARMIG - Verband der phar-
Projekt. In einem internationalen Konsortium haben sich In-       U.S. Government for up to           mazeutischen Industrie in
nophore, das acib (Austrian Centre of Industrial                  600 Million Doses of mRNA-          Österreich.
Biotechnology), die Universität Graz, die Universität Innsbruck   based Vaccine Candidate
und internationale Partner wie die Harvard Universität, Goo-      Against SARS-CoV-2”                 7. COVID-19 Projekte des
gle und die ShanghaiTech University zusammengeschlossen.          https://bit.ly/3kfDj8n              Austrian Research Centre
Mehr als zwei Milliarden Wirkstoffe sollen im Rhamen des          Quelle: Pfizer                      of Industrial Biotechnology
                                                                                                      (acib)
Projektes auf ihre Einsatzmöglichkeit gegen COVID-19 getes-
                                                                  4. “Therapeutische Medika-          https://bit.ly/3hpB7JR
tet werden. Innophore CEO und acib-Senior Scientist Chris-
                                                                  mente gegen die Coronavi-
tian Gruber erklärte bei der Vorstellung des Projektes: „In
FASTCURE erstellen wir auch eine Datenbank, die die Wirk-
samkeit von Medikamenten bei möglichen Mutationsvarian-           Die sogenannte BOSS-Technologie wurde von Forschern des
ten des Virus überprüft.“ Neben virtuellen Einzelsimulationen     acib in Zusammenarbeit mit österreichischen Universitäten
von marktzugelassenen Medikamenten auf ihre potenzielle           (Universität Innsbruck und BOKU Wien) und Industriepartnern
Wirksamkeit hin, müssen vielversprechende Kandidaten dann         entwickelt.
im Labor experimentellen Tests und klinischen Trials unter-         Der Kampf gegen den Virus ist noch nicht vorüber. Die Pan-
zogen werden. Eine ebenfalls in Österreich entwickelte Tech-      demie hat dafür gesorgt, dass weltweit enorme Geldmittel in
nologie könnte Tests dieser Art um ein Vielfaches                 den Life Science Sektor fließen. Geldmittel von denen auch
beschleunigen und die Daten deutlich umfassender validie-         österreichische Life Science-Unternehmen profitieren. Einige
ren, als es bei den bisher eingesetzten Verfahren möglich war.    davon werden wir Ihnen im Rahmen unserer Serie vorstellen.

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FACHKOMMENTAR

Rechtliche Schutzmöglichkeiten und
-hürden für neue Arzneimittel

 Autoren: Alexander Hofmann (li.), Rechtsanwaltsanwärter und Sebastian Mahr, Partner von PHH Rechtsanwälte        Foto: PHH Rechtsanwälte

                                                              Schutz entsprechender Forschungsergebnisse zum ent-
Während der Corona-Virus die Welt weiter                      scheidenden Erfolgsfaktor für die Unternehmen werden.
in Atem hält, ist im Hintergrund ein Wett-                      So wie vielen anderen Erzeugnissen kann auch Arznei-
lauf um wirksame Medikamente entbrannt.                       mitteln in gleich mehrfacher Hinsicht rechtlicher Schutz
Um die eigenen Forschungsergebnisse und                       zukommen. Im Mittelpunkt steht zweifelsfrei das Patent-
                                                              recht. In Zusammenhang mit der Vermarktung des Arznei-
Medikamente rechtlich abzusichern gibt es
                                                              mittels kommt aber insbesondere auch die Registrierung
mehrere Strategien.                                           von Markenrechten in Betracht. Flankiert werden diese
                                                              Schutzinstrumente vor allem etwa durch das Wettbe-
                                                              werbsrecht.

D
       er weltweite Wettlauf um wirksame Medikamente
       gegen das SARS-CoV-2 Coronavirus ist in vollem
                                                              ÜBER DIE AUTOREN
       Gange. Vom kleinen Biotech-Startup bis zur „Big
Pharma“ stellen zahlreiche Unternehmen beträchtliche          Sebastian Mahr ist Partner           Alexander Hofmann ist
Ressourcen allein zu diesem Zweck ab. Erste Wirkstoffe        bei PHH Rechtsanwälte. Er ver-       Rechtsanwaltsanwärter bei PHH
werden zum Teil schon klinisch getestet und ein, gegen        tritt Mandanten aus dem Indus-       Rechtsanwälte. Sein Schwer-
                                                              trie- und Finanzsektor in            punkt liegt in den Bereichen
das artverwandte Ebola-Virus bewährter Wirkstoff, ist für
                                                              Streitigkeiten vor staatlichen Ge-   Strafverfahrens- und Zivilverfah-
eine Behandlung von COVID-19 bereits unter strengen
                                                              richten und Schiedsgerichten.        rensrecht sowie IP, IT und Wett-
Auflagen zugelassen. Angesichts der daraus resultierenden     Weitere Details hier ...             bewerbsrecht. Details hier ...
verschärften Wettbewerbssituation kann der rechtliche

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Strategie patentrechtlicher Schutz. Ein Patent wird er-       Strategie markenrechtlicher Schutz. Viagra, Aspirin, Ta-
teilt für gewerblich verwertbare technische Erfindungen,      miflu, Supradyn – diese Namen sind wahrscheinlich den
die neu und sich für einen Fachmann nicht in naheliegen-      meisten von uns ein Begriff. Gemein haben sie, dass sie
der Weise aus dem Stand der Technik ergeben. Ein einmal       angesichts ihres enormen Marktwertes allesamt als Mar-
erteiltes Patent gewährt seinem Inhaber das Recht, die pa-    ken registriert sind.
tentierte Erfindung für die Dauer von 20 Jahren aus-            Eine Marke kann grundsätzlich für alle grafisch darstellba-
schließlich kommerziell zu nutzen. Dies gilt im Grunde        ren und unterscheidungskräftigen Kennzeichen eingetragen
auch für Arzneimittel.                                        werden, somit auch für Arzneimittelbezeichnungen. Das
                                                              Markenrecht gewährt dem Inhaber der einmal eingetrage-
  Allerdings ist das Patentrecht vom sogenannten Territo-     nen Marke zunächst für 10 Jahre das Recht, anderen die Ver-
                                                                                                          Foto: Pixabay-cocoparisienne
rialgrundsatz beherrscht, was bedeutet, dass ein Patent       wendung identer und verwechselbar ähnlicher Zeichen zu
grundsätzlich immer nur im Land jener Behörde gilt, bei       untersagen. Anders als das Patentrecht kann das Marken-
der es registriert wurde. Mit dem Europäischen Patent und     recht beliebig oft verlängert werden, weshalb die oben darge-
der PCT-Anmeldung stehen in diesem Zusammenhang               stellten Problematiken hinsichtlich des markenrechtlichen
Werkzeuge zur Verfügung, die mit einem „Bündelantrag“         Schutzes eines Arzneimittels nicht bestehen. Deshalb stre-
eine Patentregistrierung parallel in gleich mehreren Län-     ben die Pharmaunternehmen nicht nur einen patentrechtli-
dern ermöglichen.                                             chen Schutz an, sondern auch gezielt einen Markennamen,
  Eine Herausforderung, die sich bei der Patentierung von     der auch entsprechend geschützt wird.
Arzneimitteln regelmäßig ergibt, ist die Schutzdauer von
20 Jahren, die nicht verlängerbar ist. Problematisch ist        Dass ein guter Markenname Gold wert ist, zeigt sich
dies deshalb, da der Zulassung von Arzneimitteln ab der       auch an der Tatsache, dass die in sämtlichen Lebensberei-
Erfindung „im Labor“ bis zur behördlichen Zulassung im        chen bemerkbare Coronakrise auch in den Markenregis-
Durchschnitt 12 Jahre Entwicklungszeit vorausgehen. Da        tern Einzug gehalten hat. Allein zum Begriff „COVID-19“
zur Vermeidung von Nachschöpfungen gerade bei Arznei-         laufen derzeit weltweit mehr als 200 Registrierungsverfah-
mitteln jedoch angesichts der engen Verflechtung der          ren. Mit dem Wettlauf um das Corona-Wundermittel hat
„wissenschaftlichen Community“ meist eine sehr frühe          also auch jener um die griffigste Corona-Marke begonnen.
Patentanmeldung erfolgt, verbleiben damit nach der Zu-
lassung des Medikaments oft nur ein paar Jahre, das Arz-        Nicht jede Markenanmeldung wird jedoch erfolgreich
neimittel „ungestört“ zu kommerzialisieren.                   sein. Ein bloß beschreibender Charakter der Marke reicht
                                                              nicht für eine Markenanmeldung – entsprechenden Anträ-
   Viele Patentanmelder erachten diese Zeitspanne als zu      gen wird wohl eine abschlägige Entscheidung ins Haus
kurz und suchen daher nach Wegen, um die Schutzdauer-         stehen. Darüber hinaus muss eine Marke sowohl nach
problematik zumindest teilweise auszugleichen. Eine Mög-      österreichischem als auch europäischem Recht bei sonsti-
lichkeit ist das sogenannte ergänzende Schutzzertifikat,      ger Angreifbarkeit binnen fünf Jahren auch tatsächlich be-
mit dem der Schutzbereich eines Patents unter bestimm-        nutzt werden. Außerdem kann die Anmeldung einer
ten Voraussetzungen um maximal fünf weitere Jahre „er-        Marke, ohne diese tatsächlich aktiv verwenden zu wollen,
gänzt“ werden kann. Interessante Alternativen hält auch       als bösgläubig geahndet werden und zu empfindlichen
der im Wettbewerbsrecht angesiedelte Schutz von Ge-           Folgen für den Markenanmelder führen. Auch der EuGH
schäftsgeheimnissen und der im Arzneimittelrecht unter-       hat sich erst jüngst wieder veranlasst gesehen, darauf in
gebrachte Unterlagenschutz bereit.                            seinem Urteil Sky vs SkyKick (EuGH 29.01.2020, C-371/18)
                                                              ausdrücklich hinzuweisen.
  Ein Klassiker ist zudem das sogenannte „Evergreening“,
bei dem ein Arzneimittelwirkstoff durch geringe Abände-
rungen einem neuerlichen Patentschutz zugänglich ge-
macht werden soll. Strategien wie diese sollten allerdings,   ÜBER PHH RECHTSANWÄLTE
wenn überhaupt, sehr gut überlegt und nur mit äußerster       PHH Rechtsanwälte GmbH &            Mitarbeiter, davon die Hälfte Ju-
Umsicht angewandt werden. Denn solchermaßen „verwäs-          Co KG in Wien ist eine der Top-     risten mit unterschiedlichen
serte“ Originalpatente weisen bisweilen nicht mehr die        Anwaltskanzleien für Wirt-          Rechtsschwerpunkten, für PHH
patentrechtlichen Schutzvoraussetzungen auf und sind          schaftsrecht und                    Rechtsanwälte tätig. Die Werte
potenziell nicht nur mit einem hohen Nichtigkeits- und        Wirtschaftsstrafrecht in Öster-     – Professionalität, Kompetenz,
                                                              reich. Seit der Gründung 2001       Flexibilität und Persönlichkeit –
damit auch Kostenrisiko behaftet, sondern unter Umstän-
                                                              wurde die Kanzlei international     werden vom gesamten Team
den auch mit kostspieligen und zuweilen auch strafbaren
                                                              mehrfach ausgezeichnet. Insge-      mitgestaltet und gelebt.
Wettbewerbsverletzungen.                                      samt sind mittlerweile rund 70      Mehr dazu hier ...

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DER MARKT

Eine Branche im Aufwind - digitale
Lösungen pushen Neugründungen
Harald Fercher                    harald.fercher@boerse-express.com

Österreichs Life Science Industrie kommt
auf einen Umsatz von mehr als 22,4 Milli-
arden Euro. Im Medtech-Sektor sorgt die zu-
nehmende Bedeutung von E-Health
Lösungen für einen Gründerboom.

1
      41.787 am Boden einschlagende Blitze registrierte das
      österreichische Blitzortungssystem ALDIS im Jahr 2017.
      Wie ein Blitz schlug am 30. Juni 2017 auch die Meldung
ein, dass der Schweizer Pharmariese Roche das 2012 gegrün-
dete österreichische Start-Up mySugr übernehmen will. Von
einem Kaufpreis zwischen 70 bis 200 Millionen war da in
österreichischen Medien die Rede. Gewesen sind es letztlich            Österreichische Life Science Industrie profitiert von universi-
„64 Millionen Euro, die in bar gezahlt wurden“, wie es im              tärer Forschung und Ausbildung.         Foto: pixabay.de/fernando zhiminaicela

2018er Geschäftsbericht des Schweizer Konzerns heißt. Auch
das kein Kinkerlitzchen und der bis dahin „größte Deal im              T1: Life Science Unternehmen in Österreich
Digital-Health-Bereich“, wie Hansi Hansmann, seines Zei-              Bundesland               Anzahl der              Anzahl der                  Umsatz               Anzahl R&E
                                                                                              Unternehmen             Beschäftigten               in Mio. €            Institutionen1
chens umtriebiger Business Angel und bei mySugr mit an
Bord, anlässlich der Übernahme formulierte. Das Besondere             Vorarlberg                            9                 420                     150                            1
an mySugr: Die Medtech-Lösung wurde von Diabetikern für               Tirol                                55               7.990                   2.253                            7
Diabetiker entwickelt. Um den Alltag mit Diabetes zu er-              Salzburg                             40               3.260                      929                           4
leichtern, kombiniert mySugr Apps und Services wie Diabe-             Kärnten                              20               1.020                      217                           2
tesberatung, Therapiemanagement, unbegrenzt verfügbare                Oberösterreich                       81             10.770                    4.338                            4
Teststreifen, automatisierte Datenverfolgung und bietet zu-
                                                                      Steiermark                           89               4.820                   1.446                          10
sätzlich eine nahtlose Integration mit einer wachsenden Zahl
von medizinischen Geräten.                                            Niederösterreich                   133                4.130                      833                           9
                                                                      Wien                               481              22.930                  12.214                           18
Wachstum. Auch wenn mySugr nun unter Schweizer Flagge                 Burgenland                             9                 140                       22                              -
segelt ist das Unternehmen ein nahezu perfektes Beispiel für          Österreich                        917              55.480                   22.402                           55
den Aufschwung, den die österreichische Life Science Indus-           Quelle: Life Science Report Austria 2018, Stand 2017; 1: Research and education institutions active in life sci-
                                                                      ences (Universitäten, Forschungseinrichtungen, etc.)
trie in den vergangenen Jahren erlebt hat. Dazu ein paar Fak-         Link: http://lisa.demosystem.at/fileadmin/user_upload/LifeScienceReport_Austria.pdf

ten: Im Jahr 2012, also dem Gründungsjahr von mySugr,
zählte die Industrie 723 Unternehmen und beschäftigte
50.180 Mitarbeiter/-innen. Der kumulierte Umsatz damals:              ence Industrie bildet ein breites Netzwerk an Institutionen,
17,73 Milliarden Euro. Fünf Jahre später war die Anzahl der           das sich in der Alpenrepublik mit der Forschung und der Aus-
Unternehmen auf 917 angewachsen, die es auf einen kumu-               bildung entsprechender Fachkräfte beschäftigt. In insgesamt
lierten Umsatz von 22,4 Milliarden Euro brachten. Die An-             55 Institutionen (Universitäten, etc.) engagieren sich mehr
zahl der Beschäftigten stieg in dieser Zeit auf 55.480. Mehr          als 21.100 Personen mit Forschungs- oder Ausbildungstätig-
als die Hälfte dieser Unternehmen hat ihren Sitz in - wie             keiten im Zusammenhang mit Life Sciences. Tatsächlich ent-
könnte es anders sein - Wien (siehe Grafik 1).                        wachsen      Österreichs    Universitäten    und    anderen
   Den Unterbau für die wachsende Bedeutung der Life Sci-             Forschungseinrichtungen immer wieder Spin-Offs, die dann

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als privatwirtschaftlich geführte Unternehmen reüssieren
können. So etwa das Grazer Bioinformatik-Unternehmen In-
nophore, welches im Rahmen der Erforschung möglicher Me-
dikamente gegen Covid-19 einen, auch international
beachteten Beitrag liefert. Innophore ist ein Spin-Off der acib
GmbH (Austrian Center of Industrial Biotechnology) und der
Universität Graz. Am Unternehmen beteiligt ist die EOSS
Technologies Holding, die auch beim burgenländischen Phar-
maunternehmen Sanochemia eingestiegen ist. Zum Life Sci-
ence Portfolio des Grazer Unternehmens EOSS gehören
zudem noch GenSpeed Biotech und das Medizintechnikun-
ternehmen Medovis.

Finanzierung. Eine der größten Herausforderungen für Bio-
tech und Pharma-Unternehmen ist die Finanzierung der kos-         Bioinformatik Start-Up Innophore sucht nach möglichen Me-
tenintensiven Forschung. Laut dem Life Science Report             dikamenten gegen Covid-19                    Foto: pixabay.de/matryx
Austria erwirtschafteten Biotech-Unternehmen im engeren
Sinn im Jahr 2017 einen Umsatz 312,6 Millionen Euro. Im           Euro, womit sich der Wert gegenüber dem Jahr davor mehr
gleichen Jahr flossen 170,8 Millionen Euro in Forschung und       als verdreifacht hat. Mehr zum Thema Finanzierung lesen Sie
Entwicklung. Das entspricht einem prozentuellen Anteil am         auch im Interview mit Rainer Kaspar, Experte für Private
Umsatz von 54,6%. Wichtige Finanzierungsquellen für for-          Equity bei PHH-Rechtsanwälte.
schende Biotech- und Pharmaunternehmen sind zudem ex-               Von den 127 ausschließlich im Biotech-Sektor tätigen Un-
terne Quellen wie Public Equity oder Venture Capital. Wie         ternehmen ist die überwiegende Mehrzahl dem Gesundheits-
die untenstehende Grafik zeigt verzeichneten die Unterneh-        bzw. medizinischen Bereich zuzurechnen. Insgesamt wid-
men aus dem Biotech-Sektor im Jahr 2017 ein stark steigen-        men sich 88 Unternehmen der Erforschung neuer Behand-
des Interesse von Wagniskapitalgebern. Die Finanzierung via       lungsmethoden, von Medikamenten bzw. Impfstoffen, etc..
Venture Capital bzw. Private Equity stieg auf 137,4 Millionen     Im Bereich industrielle Biotech waren 2017 in Summe 14 Un-

 G1: Finanzierung von Biotech & Pharma-Unternehmen in Österreich

                                                                                           Grafik aus bzw. Quelle: Life Science Report Austria 2018, Stand 2017;

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ternehmen tätig, drei Firmen engagierten sich im Bereich         T2: Entwicklung der Biotech & Pharma-Unternehmen
Biotech im Agrarsektor. Neben 20 nicht genauer spezifi-
zierbaren Biotechunternehmen verzeichnet der Life Science
Report Austria noch fünf Unternehmen aus dem Bioinfor-
matik-Sektor.
  Zusätzlich gibt es in Österreich noch eine ganze Reihe an
Unternehmen, die zumindest einen Teil ihrer Umsätze mit
Produkten und Anwendungen im Bereich der Biotechnolo-
gie machen. Inklusive der Pharma-Unternehmen erzielten
diese Firmen 2017 einen Umsatz von 9,34 Milliarden Euro,
weitere 4,63 Milliarden Euro Umsatz erwirtschafteten Un-
ternehmen, die als Zulieferer oder Service Provider für den                                                                                             Foto: pixabay.de/stevepb

Bereich Biotechnologie bzw. Pharma tätig waren (Details
                                                                Art                              Anzahl der                       Anzahl der                    Umsatz
dazu in der nebenstehenden Grafik T2).                                                          Unternehmen                     Beschäftigten                  in Mrd. €
                                                                                              2012       2017                2012      2017                  2012       2017
Medizintechnik. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt wen-           F&E, Produktion               157             207          18.057          23.080            5,11              9,34
det Österreich 10,4% seines BIP für Gesundheitsausgaben         Andere1                       131             156           7.133           5.770            5,22              4,63
auf (OECD-Statistik Health expenditure and financing 2019).     Gesamt                        288             363         25.190          28.850          10,33          13,97
Damit zählt das Land zu den Top-10 Ländern in dieser Sta-       Quelle: Life Science Report Austria 2018 Directory, Stand 2017; 1: Zulieferer, Service Provider und Vertrieb
                                                                Link: http://lisa.demosystem.at/fileadmin/user_upload/LifeScienceReport_Austria.pdf
tistik (Platz 9). Einer der Ecksteine der Gesundheitsversor-
gung ist die Medizintechnik, der zweite große Bereich in
der Life Science Industrie. Vom durchschnittlichen Umsatz        T3: Entwicklung der Medizintechnik-Unternehmen
her betrachtet sind die 554 Unternehmen, die dem Medi-
zintechniksektor zugerechnet werden, kleiner strukturiert
als jene aus dem Biotech- und Pharmasektor. Während Ers-
tere im Schnitt einen Umsatz von 15,2 Millionen Euro ver-
zeichnen bringen es Unternehmen aus dem Bereich Biotech
bzw. Pharma im Schnitt auf einen Umsatz von 38,5 Millio-
nen Euro. Nahezu die Hälfte der Unternehmen, die in der
Medizintechnik tätig sind, hat ihren Sitz in Wien (242). Nie-
derösterreich beherbergt 92 Unternehmen, 60 haben ihren
Sitz in Oberösterreich, gefolgt von der Steiermark mit 59
Unternehmen. Von den 554 Unternehmen des Medtech-Sek-                                                                                                           Foto: pixabay.de/
tors beschäftigen sich 171 Unternehmen selbst mit For-
schung und Entwicklung sowie der Produktion. Beim Rest          Art                              Anzahl der                        Anzahl der                   Umsatz
                                                                                                Unternehmen                      Beschäftigten                 in Mrd. €
handelt es sich um Lieferanten, Service Provider und Ver-                                      2012      2017                 2012        2017               2012       2017
triebsgesellschaften, die ebenfalls im Bereich der Medizin-
                                                                F&E, Produktion               136             171           7.156           8.760            2,26              2,69
technik tätig sind.
                                                                Andere1                       299             383          17.834          17.870            5,14              5,75
                                                                Gesamt                        435             554         24.990          26.630            7,40           8,44
Boom bei Digital Health Solutions. Laut der Studie Life Sci-
                                                                Quelle: Life Science Report Austria 2018 Directory, Stand 2017; 1: Zulieferer, Service Provider und Vertrieb
ence in Austria findet sich unter jenen Unternehmen, die        Link: http://lisa.demosystem.at/fileadmin/user_upload/LifeScienceReport_Austria.pdf

explizit im Medizintechnik-Sektor tätig sind eine hohe An-
zahl von Start-Ups. 35 dieser Unternehmen wurden in den         Entwicklung für Medizin, Telemedizin bzw. E-Health ver-
Jahren zwischen 2014 und 2017 gegründet, allein im Jahr         schrieben. Angetrieben wird der Boom bei den Digital Health
2016 waren es 20 Firmen. Die große Anzahl an Start-Ups          Solutions vor allem von den Start-Ups. Nahezu die Hälfte der
spiegelt sich auch in der Größe der Unternehmen wider:          neugegründeten Unternehmen (17 von 35) ist diesem Bereich
50,6 Prozent haben eine Beschäftigtenanzahl von neun oder       zuzuordnen. Start-Ups wie die zu Beginn erwähnte mySugr,
weniger Mitarbeitern, weitere 36% beschäftigen weniger als      die auch international durchaus reüssieren können.
50 Mitarbeiter. Auch wenn diese, ausschließlich im Bereich
der Medizintechnik tätigen Unternehmen (164) ein breites        ZUR SERIE
Feld von insgesamt 14 Produktkategorien abdecken zeigt
                                                                Die Serie Life Science in Österreich wird laufend erweitert. Den ers-
sich, dass vor allem Digital Health Solutions einen echten
                                                                ten Teil der Serie, der sich mit der aktuellen Covid-19 Forschung
Boom erleben. Mehr als ein Drittel (36%, in absoluten Zah-      beschäftigt, können Sie hier abrufen:
len 59) der Unternehmen hat sich dem Bereich Software-                               http://bit.ly/bex_life_science_teil1

DIE SERIE LIFE SCIENCE ENTSTAND IN KOOPERATION UND MIT
UNTERSTÜTZUNG VON PHH RECHTSANWÄLTE.
Be kompakt Life Science To be - Börse Express
BÖRSE EXPRESS

SERIE LIFE SCIENCE
FINANZIERUNG

Im Markt ist viel “dry powder”, das
verschossen werden will
Harald Fercher                        harald.fercher@boerse-express.com

Für Private Equtiy Geber sind Life Science-
Unternehmen auf den ersten Blick nicht die
erste Wahl. Dennoch gibt es ein zuneh-
mendes Interesse an der Branche, meint
Rainer Kaspar, Experte bei PHH-Rechtsan-
wälte.
Börse-Express: Was sind aus ihrer Sicht derzeit die größten Heraus-
forderungen für die Life Science Branche in Österreich bzw. auch inter-
national?
  Rainer Kaspar: Die größte Herausforderung ist sicher die
kostenintensive Forschung und Entwicklung. Vor allem im                    Rainer Kaspar, Partner bei PHH Rechtsanwälte
Pharma- und Biotech-Bereich gibt es ja extrem lange Ent-                                                            Foto: PHH Rechtsanwälte/beigestellt

wicklungszeiten und Produktzyklen. In dieser Zeit laufen
hohe Kosten an, die erst einmal finanziert werden müssen.                 worten. Die Erfolgschancen erhöhen sich auf alle Fälle, wenn
Deshalb gibt es speziell in der Pharmaindustrie die großen                man sich jemanden an Bord holt der dieses Knowhow hat und
multinationalen Konzerne, die mittlerweile auch im Medi-                  bereits in der Privatwirtschaft tätig war. Jemanden der viel-
zinprodukte- bzw. im Biotech-Bereich vorhanden sind. Kon-                 leicht auch schon Expertise beim Roll-Out eines neuen Un-
glomerate, die immer größer und mächtiger werden, und                     ternehmens hat und im besten Fall auch noch Expertise in
auch immer reicher.                                                       dem Bereich, in dem das neue Unternehmen tätig ist, mit-
  Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche junge Start-Ups, die           bringt. Eine Rolle, die besonders auf Business Angels zuge-
oft sehr innovative Ideen haben, aber häufig an der Finanzie-             schnitten ist. Die mögen vielleicht nicht die gleichen Mittel
rung und dem langen Atem, den man braucht, scheitern. Weil                einbringen können wie ein Private Equity Partner, aber Busi-
die Entwicklung neuer Produkte - wie erwähnt - viel Geld kos-             ness Angels sind meist ehemalige Unternehmer oder Mana-
tet, insbesondere im Pharma- und Biotech-Bereich. Bei Medi-               ger, die schon einiges erreicht haben und sich jetzt - quasi als
zinprodukten ist es ein wenig besser.                                     Privatier - dem widmen was ihnen Spaß macht. Die bringen
  Wenn diese Life Science Unternehmen nicht von Anfang an                 dann nicht nur etwas Geld ins Unternehmen ein, sondern
gut finanziert sind und einen Plan haben ist es sehr schwierig.           auch die entsprechende Managementerfahrung. Nicht selten
Aus diesem Grund werden einige der Start-Ups schon mit dem                bereiten diese Business Angels dann auch weitere Finanzie-
Gedanken gegründet, dass sie „midterm“ von einem großen                   rungsrunden vor und begleiten diese. Da gibt es in Österreich
Unternehmen gekauft werden. Dazu kommt, dass die Finan-                   mittlerweile einige Hubs, die hier eine Vermittlerrolle ein-
zierung für F&E noch nicht alles ist, man braucht - wenn die              nehmen. Das Bekannteste ist sicher das aws, aber auch das in
Produkte nicht rein medizinisch sind - auch noch Marketing,               Wien tätige INiTS ist hier zu erwähnen.
den Vertrieb und den Zugang zu den richtigen Leuten. Vor
allem, wenn es sich beim Produkt um etwas „Hippes“ han-
                                                                          ZUR PERSON
delt, wie etwa bei den Nahrungsergänzungsmitteln.
                                                                          Rainer Kaspar ist Partner bei    tierte Gesellschaften, Private
   Einige der österreichischen Life Science Unternehmen sind Gründun-     PHH Rechtsanwälte. Er ist Ex-    Equity Häuser und Finanzinsti-
                                                                          perte für M&A, Finanzierungen    tute bei wirtschaftsrechtlichen
gen, die aus der universitären Forschung hervorgegangen sind. Exzel-
                                                                          und Kapitalmarkttransaktionen    Angelegenheiten und ist auch
lente Forscher haben an der Uni nicht unbedingt mit unternehmerischen
                                                                          sowie für Fragen zu grenzüber-   als Vortragender auf Seminaren
Belangen zu tun. Sollten diese, bei einer Unternehmensgründung, Part-     schreitenden Transaktionen. Er   und Konferenzen, wie der IBA
ner mit einem betriebswirtschaftlichen Background an Bord holen?          berät private und börsenno-      oder der AIJA, gefragt.
   Aus meiner Sicht kann man diese Frage nur mit Ja beant-

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SERIE LIFE SCIENCE
Womit wir bereits mitten im Thema Finanzierung sind. Ich weiß, dass          ternehmens, wenn etwa versucht wird Synergien zu heben.
Sie selbst einige Private Equity Gesellschaften beraten. Sind Life Science     Das kommt bei einem Private Equity Investor eher selten
Unternehmen in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus von Private          vor. Dessen Rolle ist die eines Finanzinvestors und er ist an
Equity-Gesellschaften geraten? Und, verzeihen Sie diese etwas provo-         der Hebung von eventuellen Synergien kaum interessiert,
kante Frage: Gibt es in Österreich überhaupt noch Private Equity-Un-         außer wenn er ähnliche Beteiligungen im selben Bereich hat.
ternehmen?                                                                   Auch für die Gründer ist ein PE-Investor natürlich interessant,
  Ja natürlich gibt es die noch. Die Frage ist eher, ob diese in             weil diese Gesellschaften die Gründer an Bord halten wollen
Österreich so aktiv sind wie in anderen europäischen Ländern.                und ganz genau wissen wie man diese incentiviert. Diese In-
Das muss man leider mit Nein beantworten. Das ist natürlich                  vestoren agieren höchst professionell.
Schade, aber es fehlen in Österreich halt die steuerlichen Sti-                Diese Professionalität ist ein Vorteil, hat aber auch Nach-
muli, die bei uns das Wiedererblühen von Private Equity för-                 teile wie etwa den erhöhten Aufwand bei den Berichtspflich-
dern würden. Wir hoffen alle, dass sich diese Situation                      ten. Diese Häuser überlassen nichts dem Zufall und definieren
irgendwann ändert, insbesondere die Kollegen von der AVCO                    genau welche Entscheidungen zustimmungspflichtig sind.
                                    sind sehr aktiv um dieses                Dazu kommt, dass die Verkäufer auch selbst Geld in die Hand
                                    Thema zu pushen. Wenn Pri-               nehmen sollten oder müssen, weil sich PE-Gesellschaften
„In Österreich
                                    vate Equity in Österreich wieder         wünschen, dass auch der Unternehmer investiert und sich
fehlen steuerli-                    einen Aufschwung erfährt,                damit zum Unternehmen bekennt. Man will das Interesse des
che Stimuli, die                    zieht das ja weitere Investitio-         Managements an einem Erfolg des Unternehmens hochhal-
das Wiedererblü- nen nach sich.                                              ten. Der Gedanke dahinter: Wenn das Management selbst
                                                                             Geld im Unternehmen hat wird es auch alles tun um dafür zu
hen von Private                       Ihr Wort in Gottes Ohr- ich habe       sorgen, dass das Ding weiterfliegt.
Equity fördern                        2007 für das WirtschaftsBlatt eine
würden.“                              Serie zum Thema Private Equity ge-     Welche Gesellschaftsform ist einem Private Equity Investor lieber, eine
                                      schrieben und seit damals gibt es      GmbH oder muss es eine AG sein?
diese Forderungen in punkto steuerliche Stimuli gegenüber der Politik.         Für PE-Investoren ist meist die GmbH die präferierte Form,
Passiert ist leider nicht allzu viel.                                        weil in einer AG der Vorstand weisungsunabhängig ist. Dem
   Stimmt schon, aber gehen wir noch kurz auf die interna-                   kann - formalrechtlich betrachtet - egal sein was der Gesell-
tionale Situation ein. Wenn man sich die Zahlen anschaut gibt                schafter sagt. In der Praxis wird das natürlich nicht so sein.
es vermehrt Investments von Private Equity in den Bereichen                  Weil es bei der nächsten Hauptversammlung dann mögli-
Health Care und Life Sciences. Es gibt einfach viel Kapital und              cherweis einen anderen Vorstand gibt. Bei einer GmbH sind
es gibt auch viel „dry powder“, wie man das vorhandene Ka-                   die Geschäftsführer bei einzelnen Maßnahmen weisungsge-
pital im Fachjargon nennt, das verschossen werden soll. Aber,                bunden. Die GmbH hat auch noch andere Vorteile. Sie ist ein-
und das muss man jetzt auch sagen, Life Science und Health                   facher zu managen, sie hat weniger Compliance-Vorschriften,
Care Unternehmen sind nicht unbedingt das ideale Umfeld                      sie ist kostengünstiger, und so weiter. Die AG ist dann inte-
für Private Equity. Das liegt daran, dass Private Equity Gesell-             ressant, wenn ein Unternehmen überlegt sich multinational
schaften typischerweise einen Exit-Horizont von drei bis fünf                aufzustellen und daran denkt sehr viele Gesellschafter oder
Jahren haben. Auf Grund der langen Produktzyklen, die wir                    Aktionäre ins Boot zu holen. Die Abtretung von Anteilen ist
angesprochen haben, ist es oft so, dass es das erwünschte                    bei einer AG viel einfacher. Bei einer GmbH braucht man
Wachstum in diesem Zeithorizont nicht gibt. Es gibt natür-                   immer einen Notariatsakt. Letztlich besteht bei einer AG na-
lich immer wieder Ausnahmen - z.B.: den Generika-Markt wo                    türlich die finale Möglichkeit eines Listings an der Börse. Wir
die Investitionen nicht so hoch sind, weil der Produktschutz                 haben in Österreich zwar nicht den aktivsten Kapitalmarkt,
bereits ausgelaufen ist. In diesem Bereich ist es für Private                aber es gibt auch Ausnahmen wie es etwa das IPO von Mari-
Equity Institutionen einfacher einzusteigen.                                 nomed zeigt. Die Wiener Börse hat außerdem ein neues Seg-
   Für Life Science Unternehmen ist ein Private Equity-Investor              ment ins Leben gerufen, das speziell auf KMU’s abzielt.
(PE) natürlich sehr interessant. Der Investmentprozess ist ein-
facher, weil diese Gesellschaften ja gut eingespielte Teams                  Worauf sollten Gründer bei der Auswahl des richtigen Finanzierungs-
haben, die sehr professionell vorgehen. Die machen das nicht                 Partners besonders achten?
zum ersten Mal, wie vielleicht ein großer strategischer Inves-                 Das ist jetzt natürlich eine theoretische Frage, weil wir uns
tor, sondern jährlich vielleicht fünfzehnmal. Das geht schnell,              in diesem Bereich ja eher in einem Käufer- als in einem Ver-
der PE-Investor hat seine Standards nach denen er vorgeht                    käufermarkt befinden. Egal ob es sich beim Finanzierungs-
und das Geld ist dementsprechend schnell da. Auch nach dem                   partner um einen Business Angel oder eine PE-Gesellschaft
Investment ist es meist einfacher. Bei größeren strategischen                handelt. Ich würde einem Start-Up, so es die Wahl hat, zuerst
Investoren gibt es ja nicht selten Probleme, wie etwa im Fall                einmal empfehlen sich einen Partner zu suchen der Expertise
einer nachfolgenden Post-Merger Integration eines jungen Un-                 in der Branche hat und die entsprechende Vernetzung mit-

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bringt. Der Gründer muss sich auch überlegen welchen zeit-                  ein Risiko verbunden ist. Ich denke da tun sich Life Science Unternehmen
lichen Horizont er selbst hat. Wenn er langfristig an Bord blei-            vor allem aus dem Biotech-Bereich natürlich deutlich schwerer als etwa
ben will sollte er einen Partner wählen der das gleiche Ziel                in der Schweiz, wo die großen Pharma-Unternehmen wie Roche oder
hat. Wenn der Gründer selbst nach ein paar Jahren wieder                    Novartis zu Hause sind.
etwas Neues machen will, so empfiehlt es sich einen Partner                    Rainer Kaspar (schmunzelt): Das stimmt schon. Deshalb
auszuwählen mit dem man dann die entsprechenden Ver-                        gibt es in Österreich auch mehr Produkt- und Getränke Start-
träge aushandelt, die zum Beispiel ein Mitverkaufsrecht be-                 Ups. Wir haben in Österreich Red Bull, was einen gewissen
inhalten.                                                                   Vorbildcharakter mit sich bringt. Das hört sich lustig an, ist
                                                                            aber tatsächlich so. Wahrscheinlich gibt es deshalb in der
Ab wann spielt das Thema IPO eine Rolle für ein Life Science Unterneh-      Schweiz mehr Pharma Start-Ups, weil halt dort Unternehmen
men?                                                                        wie Novartis sitzen und gelistet sind.
  Da braucht es schon eine entsprechende Erfolgsstory. So
einfach ist ein IPO nicht, weil man es entsprechende Bericht-                 Letzte Frage: Was sind aus Ihrer Erfahrung die häufigsten Fehler von
erstattungspflichten gibt und andere Anforderungen. Für                     jungen Unternehmen? Und von etablierten Unternehmen, die sich junge
KMU’s gibt es in Wien den Direkt Markt Plus, der eine inte-                 Unternehmen aus dem Live Science Bereich angeln? Da prallen ja oft
ressante Alternative ist, weil die Anforderungen etwas nie-                 sehr unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinander?
derschwelliger sind. So muss das Unternehmen etwa nur eine                    Aus persönlicher Erfahrung muss ich zuerst einmal sagen,
Mindestbestandsdauer von einem Jahr vorweisen können.                       dass es bei den Start-Ups speziell im Life Science Bereich einen
Aber es gibt auch eine Mindestkapitalisierung. Formulieren                  sehr hohen Grad der Professionalisierung gibt. Die wissen
wir es so: Für ein Jungunternehmen ist es nicht so einfach                  worum es geht und was notwendig ist. Die schauen schon bei
möglich an die Börse zu gehen.                                              der Gründung auf eine professionelle Vertragsdokumenta-
                                                                            tion, großteils in Englisch, so dass der Einstieg auch von in-
Bleiben wir noch kurz beim Thema Börsenotiz: Gibt es bestimmte              ternationalen Investoren leichter möglich ist. Ein Thema ist
Märkte, die für Unternehmen aus dieser Branche eher geeignet sind als       natürlich die Unternehmenskultur, weil das Leben in einem
andere. Etwa weil die Investoren dort begeisterungsfähiger sind für         Start-Up etwas anders funktioniert, als in einem großen Kon-
diese Unternehmen. Mich hat etwa überrascht, dass das deutsche Bio-         zern. Das ist sicher einer der Knackpunkte. Und natürlich
tech-Unternehmen Curevac, das an einem Covid-Impfstoff arbeitet und         auch die Frage der Post Merger Integration, wenn es darum
                                hinter dem der SAP-Gründer Diet-            geht eventuelle Synergien zu heben. In der Welt des M&A
„Unicorns wie                   mar Hopp steht, in den USA und              heißt es ja, dass zwischen 60 und 70 Prozent aller großen In-
                                nicht in Deutschland gestartet ist?         vestitionen schief gehen, weil die beabsichtigten Synergien
Uber oder Tesla-                   Dass viele Unternehmen in                nie gehoben werden können.
konnten nur                     die USA gehen lässt sich einfach              Bei Start-Ups wird das wahrscheinlich nicht so zu treffen,
deshalb so rasch mit der Größe des dortigen Ka-                             weil die schneller integriert werden. Bei den Gründern kann
                                pitalmarktes erklären. Da sind              es aber schon vorkommen, dass die dann frustriert sind und
wachsen, weil
                                die Finanzierungsrunden nicht               die Motivation nachlässt, weil diese - ihnen - fremde Kultur
sie hohe Invest-                bei 500.000, ein oder zwei Mil-             halt doch etwas Anderes ist. Da gibt es natürlich das Risiko,
ments hatten.“                  lionen sondern da geht es                   dass das Investment schief geht, weil die treibende Kraft bzw.
                                schnell einmal um die 100 Mil-              der Innovationsmotor das Unternehmen verlässt.
lionen Euro. Die ganzen Unicorns, wie früher etwa Uber oder
Tesla, kommen aus den USA. Die konnten nur deshalb so                       Ist es für große Unternehmen wirklich so schwer auch andere Firmen-
rasch wachsen, weil sie diese hohen Investments hatten. In                  kulturen zu zu lassen? Bis zu einem gewissen Grad hat da - aus meiner
Österreich fehlt da einfach die Finanzkraft. Österreich ist ein             Sicht - etwa Google gezeigt, dass es auch anders gehen kann.
guter Markt um einen Testlauf zu machen, weil hierzulande                      Grundsätzlich ist die Möglichkeit schon da, die Frage ist
u.a. die Kosten gering sind.                                                aber ob auch der Wille da ist, weil jede Ausnahme von einer
   Ihre Frage zielt aber auch in die Richtung ob es einzelne Bör-           Compliance oder von Konzernrichtlinien einen zusätzlichen
sen gibt die auf Life Sciences Firmen spezialisiert sind. Grund-            Aufwand bedeutet. Am Ende steht da die Frage, ob der Kon-
sätzlich gibt es da keine spezialisierten Börsen. An der Nasdaq             zern das zulässt. Wenn sie für jedes Investment verschie-
in Stockholm sind einige Unternehmen aus dem Bereich ge-                    denste Bestimmungen in punkto Compliance oder im Bereich
listet wie etwa AddLife, ein Life Science-Unternehmen, das                  der Zustimmungserfordernisse haben, kann das am Ende für
u.a. im Bereich Labortechnologien tätig ist.                                einen Konzern unmanagebar sein.

Mir ging es auch ein bisserl um die Frage, ob es, was das Verständnis       DIESE SERIE WIRD LAUFEND ERGÄNZT UND ERWEITERT.
der Investoren für bestimmte Branchen betrifft, Unterschiede gibt. In       ALLE TEILE SIND UNTER FOLGENDER INTERNETADRESSE
Österreich sind Aktien ja per se nicht besonders beliebt, weil damit eben   ABRUFBAR:         HTTP://BIT.LY/BEX_LIFE_SCIENCE_2020

DIE SERIE LIFE SCIENCE ENTSTAND IN KOOPERATION UND MIT
UNTERSTÜTZUNG VON PHH RECHTSANWÄLTE.
BÖRSE EXPRESS

SERIE LIFE SCIENCE                                                              / ANLAGE
NORBERT JANISCH

„Bei der Digitalisierung stehen wir erst am Anfang
der Entwicklung“
Robert Gillinger                    robert.gillinger@boerse-express.com

RCM-Fondsmanager Norbert Janisch im
Interview über den Raiffeisen-HealthCare-
Aktienfonds, seine jüngsten Zukäufe und
wo er Trends für die Zukunft sieht.
BÖRSE EXPRESS: In den vergangenen 10 Jahren legte der Raiff-
eisen-HealthCare-Aktienfonds im Jahresschnitt um rund 10 Pro-
zent zu. Jetzt steht im Kundeninformationsblatt zum Fonds, dass
dieser mittels zusätzlicher aktiver Strategien eine Risiko-Ertrags-
Optimierung anstrebt. Was ist mit so einer aktiven Strategie ge-
meint?
NORBERT JANISCH: Damit ist gemeint, die attraktivsten                      Norbert Janisch, Fondsmanager RCM                        Foto: beigestellt

Unternehmen aus dem grundsätzlich breiten Anlageuni-
versum des Fonds von Biotech über Krankenhäuser und -                       Im März hatten wir coronabedingt einen starken Abver-
Versicherer bis zu Medizintechnik und Pharma                              kauf in faktisch allen Werten. Im April entwickelte sich
auszuwählen. Die relative Attraktivität einzelner Subsek-                 die Branche überdurchschnittlich, da sie als weniger kon-
                                 toren ändert sich natürlich              junktursensibel angesehen wird. Ab dem Mai war fast nur
RCM-Fondsma-                     im Laufe der Zeit.                       noch Technologie für Anleger interessant. Im 4. Quartal
nager Norbert                                                             sollen drei Phase-II-Ergebnisse für Covid-Medikamente fol-
                             Gleichzeitig dürfen Sie bis zu 49            gen und ich glaube, dass wir in den nächsten sechs Mona-
Janisch im                   Prozent in z.B. Liquidität, Anleihen         ten ein oder zwei Impfstoffe haben werden. Die Frage ist
Interview über               etc. investieren. Wer bestimmt die           dann, bei wie vielen Menschen der Impfstoff wirkt und wie
die Wachstums-               Asset Allocation im Fonds? Und               lange die Immunität anhält.
branche Life                 wie hoch ist die Aktienquote der-              Auch sind die kommerziellen Auswirkungen vom jewei-
                             zeit?                                        ligen Unternehmen abhängig. Bei einem 30-Milliarden-
Science.                       Die Fondsbestimmungen an                   Euro-Umsatz-Konzern ändert sich die G+V bei zusätzlich
sich sind weit ausgelegt. Aber wenn HealthCare-Aktien                     zwei, drei Milliarden nicht wesentlich. Anders sehe das bei
drauf‘ steht, sind auch HealthCare-Aktien drin‘. Das heißt,               kleinen Unternehmen wie Modena, BionTech oder Cure-
wir sind meist zu mehr als 95% in Aktien investiert. Wenn                 vac aus, die zumeist noch gar kein Produkt haben. Dort
es an den Märkten schwieriger wird, geht der Fonds mehr                   wäre die kommerzielle Bedeutung wesentlich größer.
in Liquidität beziehungsweise konservativere Branchen-
vertreter. Die aktuelle Cashquote liegt bei rund drei Pro-                Wenn man die Medien verfolgt, geht plötzlich in der Forschung und
zent.                                                                     Entwicklung alles ein bisserl schneller als gewohnt. Jetzt ist gerade
                                                                          F&E der entscheidende Kostenfaktor in der Branche. Steht diese
Viel weniger geht nicht – wohl schwer zu erraten, dass Sie prinzi-        durch den Einsatz neuer Technologien vor einem größeren Renta-
piell weiter positiv für die Märkte und ihre Branche im speziellen        bilitätsschub?
gestimmt sind…?                                                              Es stimmt, dass die Forschung so schnell wie nie vor sich
  Über einen längere Zeitablauf ist es ein sehr attraktiver               geht. Das könnte, wenn es so bleibt, die Kosten auch wirk-
Markt, der vielleicht nicht so spektakuläre Zahlen liefert                lich senken. Grundsätzlich gilt aber: in den Naturwissen-
wie zuletzt der Technologiebereich.                                       schaften lässt sich nichts erzwingen.

Wenn ich mir jetzt die heurige Kursentwicklung der HealthCare-            Was heißt Corona für die Branche langfristig und gibt es hier re-
Branche ansehe, liegen wir in den S&P-Indizes nur in Subbranchen          lative Verlierer und Gewinner für Sie?
vor dem Gesamtmarkt, Pharma hinkt sogar nach.                               In der 1. Phase der Pandemie waren Medizintechniker
Wie passt das zum medialen Hype rund um die Abermilliarden für            Verlierer, da nicht unbedingt notwendige Operationen auf-
die Covid-Forschung?                                                      geschoben wurden. Diese Lage hat sich verbessert.
BÖRSE EXPRESS

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  Profitiert haben Unternehmen, die Corona-Test auf den        am Markt befindlichen Produkte beziehungsweise der Pro-
Markt brachten. Hier zählte zum Beispiel Quidel zu den         dukt-Pipeline.
letzten Käufen im Fonds. Das Testgeschäft korreliert na-       Und vorher überlegen Sie sich so etwas wie eine Branchengewich-
türlich stark mit der Ausbreitung des Corona-Virus - da        tung, oder ergibt sich die aus den Einzeltiteln?
muss man entsprechend aufpassen.                                 Diese ist eher Einzeltitelbedingt.
  Und profitiert haben Unternehmen, die eher im Hinter-
                              grund tätig sind. Denn mit       Weil ich zu Beginn die vergangenen zehn Jahre erwähnte. Wie hat
Grundsätzlich                 den stark gestiegenen Ausga-     sich die Arbeit eines Fondsmanagers in den vergangenen Jahren ge-
gilt: in den                  ben für F&E bedarf es auch der   ändert – muss man mittlerweile schon laienhafter Biochemiker sein
                              entsprechenden Menge an La-      um zu verstehen, was da überhaupt gemacht wird?
Naturwissen-                  borausrüstungen wie Maschi-         Ich habe ein Studium an der WU abgeschlossen und mir
schaften lässt                nen und Ingredienzien. In        Marktwissen im HealthCare-Bereich angeeignet. Vielleicht
sich nichts                   diesem Bereich gefallen mir      kann ich aufgrund des betriebswirtschaftlichen Back-
                              die US-Anbieter Danaher und      grounds das kommerzielle Potenzial mancher Produkte
erzwingen.                    Thermo Fisher Scientific sehr    recht gut einschätzen. Aber es stimmt schon, dass man im
                              gut, beide sind auch unter den   Laufe der Jahre sehr viel Wissen in diesem Bereich aufbaut.
Top 10-Positionen im Fonds.
  Wichtig ist aber, dass die Forschung auch entsprechend       Wohl auch branchenbedingt liegt ein Großteil der Fondsgelder in
positive Ergebnisse liefert, sonst versiegen irgendwann die    US-Dollar-Papieren. Wird das FX-Risiko im Fonds abgesichert oder
Geldquellen. Derzeit ist es aber für Unternehmen, bis in       als mögliche Ertragsquelle genutzt?
den Private Equity-Bereich hinein, kein Problem, Geld für        Rund zwei Drittel des Portfolios sind in US-Aktien inves-
vielversprechende Indikationen zu bekommen.                    tiert. Das FX-Risiko wird nicht abgesichert, auch da der FX-
  Ein Trend durch Corona ist, dass die Digitalisierung in      Einfluss im Zeitablauf nicht so groß sein dürfte: Wenn der
den Bereich verstärkt auch bei der Behandlung von Pa-          Dollar fällt und Anleger daraus verlieren, profitieren dafür
tienten Einzug hält. Beispiel Telemedizin oder die elektro-    die Exporte der US-Unternehmen was sich tendenziell po-
nische     Übermittlung        von     Glukose-Daten     bei   sitiv im Kurs niederschlagen sollte. Und umgekehrt.
Zuckerkranken. Hier stehen wir erst am Anfang der Ent-
wicklung.                                                      Wenn ich Sie als Anleger anrufe: was bekomme ich mit dem Raiff-
                                                               eisen HealthCare-Aktienfonds?
Wie spiegelt sich das im Fonds wider?                             Ein gutes Abbild der Wertentwicklung des globalen Ge-
  Ein Zukauf der jüngeren Vergangenheit ist Demant, ein        sundheitsmarktes. Dieser wächst mit etwa fünf Prozent
dänischer Hörgerätespezialist. Die Branche litt während        pro Jahr und damit deutlich stärker als die Gesamtwirt-
der 1. Lockdown-Phase darunter, dass sich niemand ein          schaft. Mit dem Fonds kaufen Anleger auch ein gewisses
Hörgerät zugelegt hat, oder oft nicht konnte. Dabei han-       Exposure in den noch wachstumsstärkeren Emerging Mar-
delt es sich aber um eine chronische Erkrankung, irgend-       kets, wo etwa Novo Nordisk, Sanofi und AstraZeneca rela-
wann muss man etwas dagegen tun. Und zuletzt haben die         tiv starke Positionen haben.<
Verkaufszahlen auch wieder zugelegt.
  Das Portfolio besteht einerseits aus großen etablierten      INFO RAIFFEISEN-HEALTHCARE-AKTIEN
Werten, die über eine starke Marktstellung verfügen, aber      ISIN: AT0000714274 (A)*             Währung: Euro
auch Innovationspotenzial. Dazu zähle ich zum Beispiel         ISIN: AT0000714282 (T)**            Ausgabeaufschlag: max. 5,0%
Roche und Amgen. Weiters kommen viele kleine Unter-            Fondstyp: Branchen-Aktien-          Verwaltungsgeb.: 2,0% p.a.
nehmen etwa aus dem Biotech-Bereich, wobei ich in der          fonds
                                                                                                   Performance -12M: 3,92%
Regel darauf achte, dass diese nicht nur ein Produkt in der    KAG: RCM (Raiffeisen Capital
Entwicklung haben. Damit, wenn dieses eine Produkt                                                 Performance seit Beginn
                                                               Management)
                                                                                                   (p.a.): 4,69%
scheitert, nicht gleich die ganze Investmentstory zusam-
                                                               Auflage: 18.04.2001                 *Ausschütter, **Thesaurierer
menbricht. Auch entsprechend dem jeweiligen Investiti-
onsrisiko kommt es zur Gewichtung im Portfolio.                Fondsvol.: 117,6 Mio. Euro
                                                                                                   Mehr gibt’s hier

Die Aktienauswahl läuft wie ab?
  Da das Anlageuniversum relativ groß ist, gilt in der Regel
eine Mindestmarktkapitalisierung von 500 Millionen Euro
als Investitionsuntergrenze. Das ist aber keine Richtlinie.    SERIE LIFE SCIENCE IN KOOPERATION MIT PHH
Danach geht es vor allem um die Beurteilung der bereits        Alle bisher erschienenen Serien-Teile finden Sie hier
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