NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...

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NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...
Begleitmaterial
zu

Gotthold Ephraim Lessing
NATHAN DER WEISE

Regie: Jochen Strauch
Bühne, Kostüme und Video: Frank Albert
Musik- und Sounddesign: Matthias Schubert
Dramaturgie: Saskia Zinsser-Krys

Mit: Simon Ahlborn, Anna Gesewsky, Carolin Karnuth, Julius
     Ohlemann, Helmut Rühl, Johannes Simons, Jördis Wölk

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NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...
Inhalt

 1. Exposé – NATHAN an der Landesbühne                   1
 2. Gotthold Ephraim Lessing                             5
 2.1.    Leben und Wirken
 2.2.    Toleranz ist kein totes Wissen – Ein fiktives   7
         Interview mit Lessing
 3. NATHAN DER WEISE
 3.1.   Entstehung und Quellen                           8
 3.2.   Aufnahme                                         15
 4. Figurenkonstellation                                 17
 5. Konkurrenz und Toleranz in Lessings „Ringparabel“    18
 6. Kreuzzüge
 6.1.   Krieg um die Heilige Stadt                       24
 6.2.   Zeittafel                                        27
 6.3.   Der Dritte Kreuzzug                              30
 7. Der Krieg im Nahen Osten                             36
 8. NATHAN vor und nach dem 11. September 2001           50
 9. Strategie der Radikalisierung                        59
10. Spielszenen                                          64
11. Anregungen für Ihren Unterricht                      71
12. Buchungsinformationen und Kontakt                    74

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NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...
Exposé der Konzeption „Nathan der Weise“ Jochen Strauch                                        5. März 2017

        NATHAN DER
           WEISE
Überzeugungsdialoge. Lesedrama. Dramatisches
 Gedicht.
 „Es kann wohl sein, dass mein Nathan im Ganzen wenig Wirkung tun würde, wenn er auf das Theater
käme, welches wohl nie geschehen wird. Genug, wenn einer sich mit Interesse wohl lieset und unter
tausend Lesern nur Einer draus an der Evidenz und Allgemeinheit seiner Religion zweifeln lernt.“
Lessing an seinen Bruder Karl, 18.4.1779

„Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise aus dem Jahr 1779 gilt als das Aufklärungsdrama
schlechthin. Durch Überzeugungsdialoge und insbesondere die eingelagerte Erzählung der Ringparabel
gewinnt in diesem Stück ein auf Toleranz basierender Humanitätsgedanke auf beispielhafte Weise Gestalt.
Auch heute kommt dem Stück angesichts weltweiter Religionskonflikte wieder besondere Aktualität zu.
Doch hat Nathan der Weise vor allem als Lesedrama Karriere gemacht. Zu viel hehre Ideen, zu wenig
spannungsgeladene Spielhandlung - so lauten die weiterverbreiteten Bedenken gegen das Bühnenwerk.“
Prof. Ortrud Gutjahr, Theater und Universität im Gespräch, Band 11, Hamburg 2010

Landesbühne Nord Wilhelmshaven, Premiere 21.10.17                           Premiere 21. Oktober 2017    !1
NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...
Exposé der Konzeption „Nathan der Weise“ Jochen Strauch                                          5. März 2017

           Vermächtnistext.
           Lessings unspielbares Drama voller unwahrscheinlichster Handlungen, die einer
           Soap-Opera den Rang ablaufen würden (verbotene Liebe unter Geschwistern,
           ein nach Indien fliehender Unterhändler, erpresserische Geldgeschäfte und
           intrigante Ränkespiele im Kloster) ist auch 2017 wieder das Stück der Stunde.
           Während die Welt mit postfaktisch-ausgerichteter Gesinnung in die Hände
           autokratischer Potentaten (Russland, Türkei, Amerika) gerät, bedroht uns aus
           dem Nahen Osten exakt jener Konflikt, der nach der kritischen Aufarbeitung der
           Kreuzzüge eigentlich ad acta gelegt worden war, mit einem schauerlichen, global
           erschütternden und unsere aufgeklärten Werte attackierenden Comeback.
           Diesmal mit ISIS als den Kreuzrittern… Lessings letztes Drama ist sozusagen
           sein Vermächtnistext für eine Auseinandersetzung mit der Aufklärung - und eine
           aufgeklärte, tolerante Haltung als Konsens einer freien, modernen Gesellschaft
           scheint heute wieder in Gefahr.

                                         Soweit so sinnvoll. Doch wie nähern wir uns dem                            „Was ist das für ein
                                         Stoff an? 2017, in Wilhelmshaven?                                             Gott, der für sich
                                                                                                                       muss kämpfen
                                         Die gegenseitigen Zuschreibungen der Religionen (Jude,                                lassen?“
                                         Muselmann, Christ, Derwisch etc.) sind die Grundlagen für die
                                         Vorurteile und Vorverurteilungen mit denen sich die Dramatis                        RECHA, III.1
                                         Personae und wir mit ihnen der Welt begegnen - und die auch und
                                         eben heute noch oder erneut die großen Konflikte und Kriege
                                         treiben. Theatral stellt uns allerdings schon allein eine
                                         möglicherweise antisemitisch zu bewertende Darstellung „des
                                         Jüdischen“ vor unlösbare Herausforderungen, von den Fallstricken
                                         der Darstellung des gefährlich-nachdenklichen Sultans ganz zu
                                         schweigen. Und natürlich werden wir weder Krippenspiel noch
                                         Aladdin im Wunderland erarbeiten.

„Wir müssen, müssen
      Freunde sein!“   Eine Textbegehung:
        NATHAN, II.1   Wir nähern uns dem Stoff voller nachklingender Aphorismen und durchdachter dialogischer
                       Wendungen ganz vom Text her. Als szenische Textanalyse, als große, theatralische
                       Erforschung, als spielerisch-nachdenkliche Textbegehung. Wir wenden uns fokussiert den
                       Teilen der Handlung zu, die in Spannung zum Zentrum des Lesedramas, zur Ringparabel und
                       zu den religiösen Konfliktdiskursen stehen.
                       Die Schauspieler nähern sich dem Abend als Erzähler Ihrer Rollen und der Geschichte.
                       Langsam verdichten sich dann die Kostümelement zu immer geschlosseneren
                       Figurenansätzen. Immer wieder können Textanteile auch von der Gruppe übernommen
                       werden. Situative Setzungen und emotionale Vorgänge steigern sich dem Stück entsprechend
                       im Verlauf der Handlung. Ein Vexierspiel aus geschlossenen und offenen Setzung mit einer
                       „Laterna Magica“ im Zentrum - und heutigen, vielschichtigen Kostümen als Ankerpunkt
                       zeitgenössischer Assoziationen zu Figuren und Handlungskonstellationen.

           Landesbühne Nord Wilhelmshaven, Premiere 21.10.17                            Premiere 21. Oktober 2017       !2
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Exposé der Konzeption „Nathan der Weise“ Jochen Strauch                                            5. März 2017

Ein Arbeitskostüm gilt es zu erfinden, das bequem und ästhetisch den Spieler unterstützt sich blank dem
Text auszuliefern. Im Verlauf der Proben gilt es zu verstehen und zu lernen, was war damals los im Nahen
Osten - was ist dort heute noch die Grundlage der Konflikte? Was war Lessings Zugriff? Warum war sein
Blick, die Perspektive des Kosmopoliten im Postkutschenzeitalter, gerade so poetisch fasziniert von
Jerusalem? Was betrifft uns heute davon noch? Aus diesen Erzählhaltungen entstehen Begegnungen und
Szenen, so dass sich die Figuren in den Schauspielern und so auch in unserer Phantasie entfalten. Die
Spieler/ Erzähler können den psychologischen Bereich ihrer Rollen auch immer wieder verlassen. Wir
werden gemeinsam diese Geschichte, dieses Märchen einer Welt erzählen, in der alle miteinander
verwandt sind. Wir sehen erstmal keinen Juden, keinen Sultan - und können deshalb umso drastischer in
die Konflikte der Sprachbilder einsteigen und als theatrale Erforschung pointieren. Zu Anfang und immer
wieder zwischendurch sehen wir heutige, „professionelle Menschen“ (wie Kortner Schauspieler nannte),
die sich in diese Welten, historisch und politisch, hineindenken, miteinander den Text hinterfragen und
argumentieren - und sich und so auch uns mit den Anschuldigungen religiöser Vorurteile konfrontieren. Auf
der Erzählebene stellen wir außerdem verschiedene szenische Analyse- und Kommentarebenen zur
                                                       Verfügung und montieren daraus eine vielschichtige
                                                       Metaebene aus Fremdem und Vertrautem. Wir
                                                       können Text fokussieren, aber auch historische
                                                       Bilder (links i.e. eine Abbildung des Saladino aus der
                                                       Dekamerone-Vorlage) aufblitzen lassen oder uns
                                                       „live nach Jerusalem“ zoomen und den Text so in
                                                       Spannung zur Gegenwart setzen. Wir nutzen den
                                                       gesamten Bühnenraum für eine vielstimmige
                                                       Erzählung. Fremdartiges und Vertrautes: darf sich
                                                       ineinander vermischen. Entsprechend haben wir
                                                       nach einem Raum gesucht, der wie eine
                                                       Erzählmaschine funktioniert: Ein Raum, der
                                                       szenische Möglichkeiten anbietet, der sich
verschließen kann und Geheimnis ausstrahlt, abweisend und offen zugleich ist, Projektionsflächen ebenso
wie Begegnungsorte birgt.

Landesbühne Nord Wilhelmshaven, Premiere 21.10.17                               Premiere 21. Oktober 2017    !3
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              Erzählmaschine
              Wir geben den Schauspielern Räume für spannungsgeladene, emotionale Begegnungen, die man
              miteinander aufbaut und dynamisch verändern kann. Einen Raum, den die Schauspieler selber in
              Bewegung bringen und so die Kontrolle über den Fortgang der Erzählung steuern. (Dabei natürlich die 1:1
              Umsetzung an sämtlichen Spielorten bereits berücksichtigend mit eingebautem Licht und
              Transportfähigkeit, etc.)

                                                                        Je länger wir am Raum gearbeitet haben, desto klarer
                                                                        wurde uns, das dieser Ansatz einen ebenso
                                                                        dynamischen Umgang mit den Figuren verlangt.

                                                                          Wir starten in einer uns von der Psychologie und den
                                                                          historischen Vorlagen befreienden Erzählhaltung und
                                                                          entwickeln mit den Schauspielern im Verlauf der
                                                                          Proben die Geschichte aus den Szenen.
„Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt.“
                                                                          Entsprechend entstehen die Schichtungen der
                                                                          Kostüme je nach episch-dramatischer Situation auf
DIE BRÜDER KARAMASOW, Fjodor Dostojewski
                                                                          der Szene.

                                                                          Im Verlauf des Probenprozess werden                          „Imagine there’s no
                                                                          wir miteinander herausfinden, ob die                       countries… nothing to
                                                                                                                                      kill or die for and no
                                                                          Annahme einer miteinander verwandten
                                                                                                                                    religion, too / Imagine
                                                                          We l t g e m e i n s c h a f t e i n e H o ff n u n g
                                                                                                                                       all the people living
                                                                          stiftende Utopie ist - oder in einer
                                                                                                                                            life in peace…“
                                                                          dystopisch-ironischen Soap-Opera
                                                                          gipfelt… ob uns das Kerndrama der
                                                                                                                                                John Lennon
                                                                          A u f k l ä r u n g a l s o h e u t e M ä rc h e n ,
                                                                          Themensteinbruch                            oder
                                                                          Konfliktseismograph ist.

              Landesbühne Nord Wilhelmshaven, Premiere 21.10.17                                         Premiere 21. Oktober 2017          !4
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2.Gotthold Ephraim Lessing
     2.1 Lessings Leben und Wirken

Ich weiß, wie gute Menschen denken; weiß,
Daß alle Länder gute Menschen tragen.
Aufklärung und Toleranz sind die Werte, für die Gotthold Ephraim Lessing gestritten und
geschrieben hat. Vor 275 Jahren geboren, gehört er heute noch zu den am häufigsten
aufgeführten Autoren. Mit seinem Theaterstück "Nathan der Weise" mahnt er die Toleranz der
Religionen an und ist damit unverändert aktuell.

1729 wird Gotthold Ephraim Lessing in Kamenz (Oberlausitz) als zweiter Sohn des Pfarrers
Johann Gottfried Lessing geboren. Da er sich schon in seinen ersten Schuljahren als
außerordentlich begabter Schüler erweist, gewährt ihm 1741 der Kurfürst von Sachsen ein
Stipendium, das es ihm ermöglicht, die fürstliche Eliteschule St. Afra in Meißen zu besuchen.

1746, im Alter von 17 Jahren, beginnt er auf Wunsch seines Vaters das Studium der Theologie an
der Universität Leipzig. Dort angekommen, verliert er schnell das Interesse am Studium und fängt
an, sich mehr und mehr für das Großstadtleben zu interessieren und sich mit dem Theater
auseinanderzusetzen. Lessing wird zum Entsetzen des Vaters regelmäßiger Gast im
Schauspielhaus und knüpft enge Kontakte zur progressiven Schauspieltruppe von Friederike
Caroline Neuber, die 1748 auch sein erstes Schauspiel Der junge Gelehrte zur Aufführung bringt.
Er bürgt für die Gruppe, verschuldet sich und flieht vor den Geldgebern aus Leipzig.

1748 geht er nach Berlin, wo er verstärkt am literarischen Leben teilnimmt und versucht, seinen
Lebensunterhalt als freier Autor zu bestreiten. In Berlin lernt er den Philosophen Moses
Mendelssohn und den Schriftsteller und Buchhändler Friedrich Nicolai kennen, mit denen ihn
fortan eine enge geistige Freundschaft verbindet. Alle teilen die aufklärerischen Werte der
Vernunft, Toleranz und Meinungsfreiheit.

Mendelssohn sieht sich in dieser Zeit immer wieder judenfeindlichen Angriffen ausgesetzt, gegen
die ihn Lessing verteidigt. Für ihn wird der Wert eines Menschen nicht an seiner
Religionszugehörigkeit, sondern an seinem aufgeklärten und vernünftigen Handeln und Verhalten
festgemacht. Diese von den Ideen der Aufklärung geprägte Haltung zeigt sich auch in seinen
theoretischen und philosophischen Schriften, in seinen literarischen Werken und journalistischen
Arbeiten. Das Theater sieht er als wichtigen Ort des Gedankenaustausches und der öffentlichen
Diskussion moralischer Standpunkte.

1755 wird das erste deutsche Trauerspiel Miss Sara Sampson in Frankfurt an der Oder
uraufgeführt. Neu ist, dass auch Figuren aus dem niederen Adel private Konflikte verhandeln und
damit die gängigen Vorstellungen und Konventionen der Tragödie unterlaufen.
1758 veröffentlicht er zusammen mit Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn die Briefe, die
neuste Literatur betreffend. 1760 wird Lessing zum Auswärtigen Mitglied der Berliner Akademie
der Wissenschaften gewählt.

Weil er als freier Schriftsteller seinen Lebensunterhalt nicht sichern kann, nimmt Lessing 1760
eine Stelle als Bibliothekar in Breslau an, wechselt aber 1767 nach Hamburg, um dort am neu
gegründeten Nationaltheater als Dramaturg wieder unabhängig arbeiten zu können.
Um Eva König, verwitwete Mutter dreier Kinder, heiraten und für den Unterhalt der Familie
aufkommen zu können, geht er 1770 nach Wolfenbüttel, und tritt dort eine Stelle als Bibliothekar
an. Junges DT Spielzeit 2015/16 Materialien NATHAN DER WEISE
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NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...
1776 erhält Lessing eine Gehaltserhöhung und kann endlich heiraten. Seine Frau Eva König
bringt einen gemeinsamen Sohn zur Welt, der allerdings einen Tag nach der Geburt stirbt. Zwei
Wochen darauf verstirbt Eva König selbst.

Lessing bleibt weiterhin als Bibliothekar in Wolfenbüttel, weil ihm diese Stellung seine materielle
Grundversorgung sichert und sie außerdem Freiheit für sein literarisches und philosophisches
Schreiben lässt.
Die Veröffentlichung der philosophischen Schriften des 1768 verstorbenen Hermann Samuel
Reimarus, in denen eine kritische, verstandes- und vernunftgesteuerte Auseinandersetzung mit
der Bibel gefordert wird, erregt das Aufsehen strenggläubiger Christen und gipfelt in einem
Publikationsverbot durch Lessings Dienstherren, das die Veröffentlichung weiterer theologischer
Schriften untersagt.

In seinem 1779 entstandenen Drama Nathan der Weise, seinem letzten Theaterstück, greift
Lessing diesen Streit noch einmal auf und spricht sich auch hier für Humanität und religiöse
Toleranz aus.

Am 15. Februar 1781 stirbt Lessing nach vierzehntägiger Krankheit in Braunschweig.
1983 wird Nathan der Weise in Berlin uraufgeführt.

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NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...
2.2 Toleranz ist kein totes Wissen
              Ein fiktives Interview mit Lessing

Würde Gotthold Ephraim Lessing heute unter uns weilen, wäre er vielleicht ein Friedensaktivist,
der für eine NGO im Sudan arbeitet. Vielleicht wäre er auch ein avantgardistischer Schreiberling
mit Hornbrille und Jutebeutel, der sich mit anderen Kreativen ins Berliner Nachtleben stürzt, um
tags drauf weiter am großen Roman zu arbeiten. Doch was würde er zum Thema Toleranz sagen?
Für das Interview mit Karola Kallweit ist Germanist Dr. Cord-Friedrich Berghahn in die Rolle des
Hipster-Lessings geschlüpft.

Karola Kallweit: Was ist für Sie Toleranz?
Dr. Cord-Friedrich Berghahn alias Lessing: Eine Haltung, mehr: ein Lebensprinzip. Kein Inhalt,
sondern ein Prozess. Lebenslang. Da gehört alles dazu: Irrtümer verzeihen, andere Wege
respektieren, fremde Ideen ernst nehmen, überkommene Urteile selber prüfen, das eigene
Denken stets und radikal beobachten. Denn nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgend ein
Mensch ist oder zu sein vermeint, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die
Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Durch eigenes Nachdenken auf die
Wahrheit kommen heißt aber fast immer irren - da ist Toleranz die einzig mögliche Haltung.

Bei welcher Gelegenheit haben Sie sich zum letzten Mal tolerant gezeigt?
In meinem Schauspiel "Nathan, der Weise" öffentlich - da habe ich 1779 mein credo abgelegt,
mein Bekenntnis, demzufolge es auf die Praxis zwischen den Menschen, Völkern und Religionen
ankommt, nicht auf die Theorie. Und privat in meinen Gesprächen und Briefen und im Umgang
mit meinen Freunden - bis zuletzt.

Wann waren Sie das letzte Mal intolerant?
Im Kampf mit der protestantischen Orthodoxie; da habe ich meinem Gegner, dem Hauptpastor
Goeze, mitunter auch Unrecht getan. Man halte mir allerdings zugute, dass es ein mächtiger und
verbohrter Gegner war, dass ich ihn an seinem stärksten Punkte angriff und dass ich den Streit
durch Publikationsverbot büßen musste. Überhaupt: Es sei, dass noch durch keinen Streit die
Wahrheit ausgemacht worden: so hat dennoch die Wahrheit bei jedem Streite gewonnen.

Kann man Toleranz lernen?
Ja, und zwar nicht als Inhalt, sondern als Praxis. Das aber muss früh anfangen, muss früh auf
geistige Autonomie und Kritikfähigkeit zielen, denn der größte Fehler, den man bei der Erziehung
zu begehen pflegt, ist dieser, dass man die Jugend nicht zum eigenen Nachdenken gewöhnt.
Toleranz ist aber immer eine lebendige Entscheidung, kein totes Wissen.

Wo fehlt es in unserer Gesellschaft besonders an Toleranz?
Überall, soweit ich sehe. Im Grunde sind die Themen, die ich zwischen 1747 und 1781
aufgegriffen habe, immer noch unerledigt, sind die Konflikte immer noch erschreckend lebendig -
zwischen den Konfessionen, den Religionen, den Geschlechtern, zwischen Reich und Arm,
Mächtigen und Ohnmächtigen. Daher sind meine Texte immer noch aktuell - und werden dies,
schaut man in die Welt, wohl auch noch lange bleiben. Es scheint mir fast, als ob es die
Aufklärung nie gegeben hätte...

Quelle: Materialmappe zu NATHAN DER WEISE, Junges DT Spielzeit 2015/16

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NATHAN DER WEISE Gotthold Ephraim Lessing - Begleitmaterial - Landesbühne Niedersachsen ...
6. Die Kreuzzüge
6.1 Krieg um die Heilige Stadt
Jerusalem war das Ziel der meisten Kreuzritter, die sich zwischen dem 11. und 13.
Jahrhundert auf den Weg in den Nahen Osten machten. Viele von ihnen kamen erst
gar nicht in der Heiligen Stadt an. Aber selbst wenn sie die lange und beschwerliche
Reise hinter sich gebracht hatten: Das Vorhaben, Jerusalem für die Christenheit zu
erobern, war selten von Erfolg gekrönt. Oft hinterließen die Kreuzritter auf ihrem Weg
Verwüstung und Tod. Doch die blutigen Feldzüge bescherten Europa auch einen
fruchtbaren Austausch mit der orientalischen Kultur.

Die Erfolgsgeschichte des Islam
Als am 8. Juni 632 ein Mann namens Mohammed in den Armen seiner Frau Aisha
stirbt, weiß die Welt noch nicht, was für eine kraftvolle Bewegung sich in den
kommenden Jahrhunderten von der Arabischen Halbinsel aus verbreiten wird.
Besonders im fernen Europa nimmt kaum jemand Notiz vom Islam, der von
Mohammed gestifteten, neuen Religion – doch das bleibt nicht lange so.
Innerhalb weniger Jahre erobern die Moslems große Teile des Nahen Ostens und
Nordafrikas. Bis 643 haben sie unter der Führung von Kalif Omar Ibn al-Chattab unter
anderem Damaskus (im heutigen Syrien), Jerusalem, Mesopotamien, Ägypten und Teile
Persiens unter ihre Kontrolle gebracht.

Auch vor Europa macht die islamische Expansion nicht Halt. Ab 711 erobern Muslime
innerhalb weniger Jahre die Iberische Halbinsel und dringen bis nach Südfrankreich vor.
Nur ein Jahrhundert nach dem Tod des Propheten Mohammed erstreckt sich der
arabische Einfluss vom Atlantik im Westen bis ins heutige Pakistan im Osten. Auch
Jerusalem und seine für Juden, Christen und Muslime gleichermaßen bedeutenden
Wallfahrtsorte bleiben für mehrere Jahrhunderte unter muslimischem Einfluss.

Urban II. ruft zum "Heiligen Krieg" auf
Jerusalem ist für die Christen des Mittelalters neben Santiago de Compostela eine der
bedeutendsten Wallfahrtsstätten. Zahlreiche Gläubige pilgern jährlich in die Heilige
Stadt, in der Jesus Christus gestorben und auferstanden sein soll. Das können sie auch
dann noch, als Jerusalem bereits unter muslimischer Herrschaft ist.

Doch Mitte des 11. Jahrhunderts werden die Pilgerfahrten ins Heilige Land erschwert:
Die Seldschuken, ein türkischer Volksstamm, erobern große Gebiete im Nahen Osten
und bringen 1070 auch Jerusalem unter ihre Kontrolle. Mit ihrem Expansionsstreben
bringen die Seldschuken auch das christliche Byzantinische Reich in Bedrängnis, das
schließlich Papst Urban II. um Hilfe bittet.

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Im November 1095 ruft Urban II. auf dem Konzil von Clermont dazu auf, gegen die
Seldschuken in den Krieg zu ziehen und die heiligen Stätten Jerusalems wieder für
christliche Pilger zugänglich zu machen. Sein Appell hat Erfolg – zahlreiche Gläubige
fühlen sich zum "Heiligen Krieg" berufen.

Neben den religiösen Motiven ist auch die stetig steigende Bevölkerungszahl in Europa
ein Grund für die Aufbruchsstimmung. Die Teilnehmer des Kreuzzugs erhoffen sich
durch ihren Einsatz nicht nur das Seelenheil, sondern auch neue Ländereien.

Blutbad in Jerusalem
Die erste Armee, die sich nach dem Konzil von Clermont auf den Weg macht, ist ein
ungeordneter Haufen unter der Führung von populären Predigern wie Peter von Amiens.
Plündernd zieht diese Volksarmee gen Osten und verwüstet dabei unter anderem die
jüdischen Viertel von Trier, Köln und Worms. Die Reise findet ein jähes Ende, als die
Kreuzfahrer 1096 in Kleinasien vernichtend von den Seldschuken besiegt werden.
Im selben Jahr bricht eine – weit besser organisierte – Armee aus französischen,
lothringischen und normannischen Rittern zum eigentlichen ersten Kreuzzug auf. Mit
Zwischenhalt in Konstantinopel, der Hauptstadt des Byzantinischen Reichs, erreicht
das Heer 1099 Jerusalem und nimmt die Stadt ein. Es folgt ein Blutbad: Zahlreiche
muslimische und jüdische Bewohner, darunter auch Kinder und Frauen, werden von
den Kreuzrittern niedergemetzelt.

Nachdem die Heilige Stadt wieder in christlicher Hand ist, rufen die Kreuzfahrer im Jahr
1100 das Königreich Jerusalem aus. Erster König wird Balduin von Boulogne. Mit
Edessa, Antiochia und Tripolis entstehen drei weitere Kreuzfahrerstaaten. Als Edessa
1144 von einem muslimischen Heer erobert wird, ruft Papst Eugen III. zum zweiten
Kreuzzug auf. Doch der Feldzug ist schlecht geplant und endet 1149, Edessa bleibt in
muslimischer Hand.

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Sturm auf Jerusalem

    Löwenherz versus Saladin
    Auch Jerusalem wollen die Muslime den Kreuzfahrern nicht kampflos überlassen.
    1187 gelingt es dem legendären Sultan Saladin, die Heilige Stadt unter seine Kontrolle
    zu bringen. Papst Gregor VIII. ruft daraufhin zum dritten Kreuzzug auf – dem folgen
    unter anderem Kaiser Friedrich Barbarossa, König Philipp II. von Frankreich und der
    englische Herrscher Richard Löwenherz.
    Doch Barbarossa stirbt noch auf dem Weg ins Heilige Land, und auch seine Mitstreiter
    erreichen Jerusalem nicht. Richard Löwenherz gelingt es nur noch, einen
    Waffenstillstand mit Saladin auszuhandeln.

    Doch nicht nur Ritter und deren Herrscher fühlen sich zum "Heiligen Krieg" berufen.
    Auch das ganz normale Volk zieht es nach Osten, wie etwa im Kinderkreuzzug von
    1212. Dabei brechen allerdings nicht ausschließlich Minderjährige ins Heilige Land auf,
    sondern mehrere 10.000 Besitzlose aus Frankreich und vom Niederrhein. Der
    Kinderkreuzzug kommt jedoch nicht in Jerusalem an, viele Teilnehmer werden
    vermutlich während der Reise gefangen genommen und als Sklaven verkauft.

    Ende der Kreuzzugsbewegung
    Bis zum Jahr 1270 brechen noch vier weitere Kreuzzüge in den Nahen Osten auf, doch
    Erfolge bleiben meistens aus. Einzig Kaiser Friedrich II. gelingt es während des fünften
    Kreuzzugs noch einmal, Jerusalem für die Christen zu gewinnen. Das Besondere daran:

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Friedrich erreicht sein Ziel mit Diplomatie. In einem Friedensvertrag mit dem
       ägyptischen Sultan al-Kamil werden den Christen 1229 große Teile Jerusalems für
       zehn Jahre zugesprochen.
       Richtig in Schwung kommt die Kreuzzugsbewegung nicht mehr. Nach Ablauf des von
       Friedrich ausgehandelten Friedensvertrages verlieren die Christen im Jahr 1244
       endgültig die Kontrolle über Jerusalem, die noch verbliebenen Kreuzfahrerstaaten
       halten sich nicht viel länger.

       Das eigentliche Ziel, die Verteidigung Jerusalems, verfehlen die Kreuzfahrer mit ihren
       blutigen Unternehmungen zwar. Doch ihre Feldzüge haben eine nicht zu
       unterschätzende Bedeutung für das Kulturleben Europas. Die westliche Welt kommt
       durch die Zurückkehrenden in Berührung mit der orientalischen Geisteswelt,
       exotische Gewürze und Früchte werden in Europa ebenso bekannt wie das arabische
       Zahlensystem, das bis heute in Gebrauch ist.

6.2 Zeittafel der Kreuzzüge
Jahr           Ereignis

395            Nach der Teilung des römischen Imperiums gehört Palästina zum Oströmischen Reich.

637            Die Araber nehmen Palästina ein.

um 1000        Jerusalem-Wallfahrten werden immer beliebter. Bis 1078 haben christliche Pilger
               uneingeschränkten Zutritt zu den heiligen Stätten in Jerusalem.

1046-1075 Reform der Gesamtkirche, Reformpapsttum; Abspaltung der Ostkirche.

1048           In Jerusalem gründet sich ein Hospitalbruderschaft zur Betreuung der Pilger und Pflege der
               Kranken. Aus dieser geht später der Johanniterorden hervor. Die Tracht der Johanniter war
               ein schwarzer, im Krieg ein roter Mantel mit weißem Kreuz. Hauptsitz der Johanniter war ab
               1306 Rhodos, ab 1350 Malta (daher Malteser), nach der Reformation kommt es zur
               Ordensspaltung. Der evangelische Zweig bestand unter dem Namen Johanniter weiter, der
               katholische Zweig als Maltesterorden. Nach der Vertreibung von Malta durch Napoleon hat
               der Orden seinen Sitz seit 1834 in Rom. Er ist heute ein kirchlicher Oden und
               Völkerrechtssubjekt mit diplomatischen Beziehungen zu über 80 Ländern.

1071           Schlacht von Manzikert, die türkischen Seldschuken nehmen Anatolien, Antiochia und
               Jerusalem ein. Auslöser für den 1. Kreuzzug.

1074           Erste Pläne für einen Kreuzzug zur Eroberung Jerusalems durch Papst Gregor VII., die Wirren
               des Investiturstreits verhindern aber die Umsetzung des Vorhabens.

1078           Türkische Seldschuken erobern Syrien und auch Jerusalem. Christliche Wallfahrten nach
               Jerusalem sind nicht mehr uneingeschränkt möglich.

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1090-1153 Bernhard von Clairvaux, geboren um 1090 auf der Burg Fontaines bei Dijon, gestorben am
          20. August 1153 in Clairvaux bei Troyes, mittelalterlicher Abt, Kreuzzugprediger und
          Mystiker. Unter Ausnutzung seines diplomatischen Geschicks und seiner Redekunst
          arbeitete er erfolgreich am Zustandekommen des zweiten Kreuzzugs (1147-1149). Er war
          im nördlichen Frankreich, Flandern und in der Rheingegend für die Kreuzzüge.

1095        18. bis 28. November 1095, Synode in Clermont (Frankreich) unter Vorsitz von Papst Urban
            II. Es nehmen 182 Kardinälen, Bischöfen und Äbten aus Italien, Spanien und Frankreich
            und eine byzantinische Gesandtschaft teil. Am 27. November 1095 hält Papst Urban II. eine
            Rede, in der er die Volksmenge vor der Kathedrale von der Notwendigkeit eines Kreuzzugs
            überzeugt. Zum Ende der Rede nehmen die ersten den Ruf auf und bitten um die Erlaubnis,
            ziehen zu dürfen. Papst Urban II. hält danach noch weitere Synoden in Tours und Rouen ab,
            um den Aufruf zum Kreuzzug zu verbreiten. Denjenigen, die den Ruf folgen, wird Ablass für
            ihre Sünden zugesagt. Unter dem Motto Gott will es! wird allen die ins Heilige Land ziehen
            versprochen, nie verwelkenden Ruhm im Himmelreich zu erlangen.

1096        Volkskreuzzug, Vorläufer des Ersten Kreuzzugs, wird auch als Bauernkreuzzug oder
            Armenkreuzzug bezeichnet. Er dauerte nur sechs Monate (April bis Oktober).

1096        Die muslimischen Herrscher über Jerusalem schließen die bisher allgemein zugängliche
            Pilgerstätte im Heiligen Land.

1096        Deutscher Kreuzzug, ist Teil des Ersten Kreuzzugs, allerdings richtet er sich nicht gegen
            Muslime, sondern gegen Juden. Die Predigten zum Ersten Kreuzzug verursachten vielerorts
            auch einen Ausbruch von Antisemitismus. Bereits 1095 soll es zu einem ersten Massaker
            gegen Juden im nordfranzösischen Rouen gegeben haben, 1096 breiteten sich diese
            antisemitischen Gewaltausbrüche auch in Deutschland aus.

1096-1099 1. Kreuzzug, Ziel ist Jerusalem. Zu diesen Kreuzzug hatte Papst Urban II. 1095 aufgerufen.
          Er sollte die Rückeroberung Palästinas von den Moslems erreichen. Angeführt wird der 1.
          Kreuzzug durch Gottfried von Bouillon. Er endet 1099 mit der erfolgreichen Einnahme
          Jerusalems durch ein Kreuzritterherr und einem fürchterlichen Blutbad.

1097        Oktober: Die Belagerung von Antiochia beginnt, die Dürre und Hungersnot trieb die
            Kreuzzügler während der sieben Monate andauernden Belagerungszeit zeitweise in den
            Kannibalismus. Juni: Antiochia wird durch Verrat eingenommen.

1099        13. Januar: Das restliche Kreuzfahrerheer bricht in Richtung Jerusalem auf. Juni: Sie
            erreichen Jerusalem, das sich seit 1098 unter der Herrschaft der ägyptischen Fatimiden
            befindet. 13. Juni: Erster, aber erfolgloser Angriff auf Jerusalem. 15. Juli: Nach einem
            fünfwöchigen, verlustreichen Kampf nehmen die Kreuzfahrer Jerusalem ein. Die
            muslimische und jüdische Bevölkerung Jerusalems wird umgebracht. Der christliche Staat
            Jerusalem wird gegründet, dessen Beschützer (sein Nachfolger nannte sich schließlich
            König) wird Gottfried von Bouillon.

1099        Der christliche Ritterorden der Johanniter wird in Jerusalem gegründet. Zunächst geht der
            Orden karitativen Aufgaben nach und die Johanniter unterhalten verschiedene Hospitäler.
            Hier können sich die Pilger von den Strapazen ihrer Reise erholen. Der militärische Zweig
            der Johanniter wird erst später entwickelt.

1101        Kreuzzug, wurde nach dem erfolgreichen Ersten Kreuzzug organisiert. Der Kreuzzug von

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1101 war nicht sehr erfolgreich.

1109        Raimund von Toulouse errichtet an der syrischen Küste die Grafschaft Tripolis.

1120        Hugo von Payens (oder Payns), französischer Ritter gründet zusammen mit Gottfried von
            Saint-Omer und sieben weiteren Rittern eine Organisation, die Straßen und die christlichen
            Pilger sichern sollte, den Orden der armen Ritter Christi vom Tempel Salomon.

1147-1149 2. Kreuzzug, Ziel ist Jerusalem

1146        Kreuzzug gegen die Wenden, Sachsenherzog Heinrich der Löwe geht nicht mit Konrad III.
            auf den Zweiten Kreuzzug ins Heilige Land, sondern kämpft gegen die heidnischen Wenden
            (Westslawen), die in der Region zwischen Elbe und Oder bis nach Stettin siedelten.

1155        Friedrich Barbarossa wird zum Kaiser gekrönt.

1187        Schlacht von Hattin, vernichtende Niederlage für das christliche Heer bei Hattin gegen
            Saladin.

1187        Sultan Saladin nimmt das christliche Königreich Jerusalem, geschwächt durch innere
            Ohnmacht und Thronwirren, ein.

1189-1192 3. Kreuzzug, Ziel ist Jerusalem. An ihm beteiligt sich auch der englische König Richard
          Löwenherz.
            Dreijähriges Moratorium: Spielzeit von NATHAN DER WEISE

1190        Friedrich Barabarossa ertrinkt im Fluß Saleph.

1198-1216 Unter Papst Innozenz III. erreicht die päpstliche Machtstellung ihren Höhepunkt.

1199        Papst Innozenz III. bestätigt den Deutschen Orden.

1202-1204 4. Kreuzzug, am Ende wird Konstantinopel erobert und geplündert.

1209-1229 Beginn der Kreuzzüge gegen die Albigenser (Katharer) in Südfrankreich.

1212        Kinderkreuzzug

1217-1221 Kreuzzug, Ziel ist Ägypten

1228-1229 5. Kreuzzug, endet nach Verhandlungen durch einen Vertrag durch Kaiser Friedrich II. und
          Sultan Al-Kamil.

1234        Kreuzzug gegen die Stedinger Friesen. Dem Erzbischof von Bremen ging es um die Abgaben
            der Stedinger, die sie ihm aus politischen Gründen verweigerten. Die Aufständischen
            werden bei Altenesch vernichtet. Der Rest erkennt die Forderungen an.

1244        Endgültiges Ende der Albigenserkreuzzüge.

1248-1254 6. Kreuzzug unter Ludwig IX. von Frankreich gegen Ägypten.

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1270        7. Kreuzzug unter Ludwig IX. von Frankreich, Ziel ist Tunis

1284-1285 Aragonesischer Kreuzzug

1291        Akkon, die letzte Festung der Christen im Heiligen Land, fällt. Ende der Kreuzzüge in
            Palästina.

1303        Die Christen geben ihre letzten Stützpunkt im Orient auf.

1309-1377 Babylonisches Exil der Päpste in avignon. Ende der päpstlichen Weltherrschaft.

1312        Der Templerorden wird durch den Papst offiziell aufgelöst.

1365        Kreuzzug gegen Alexandria, geführt von König Peter I. von Zypern

1396        Kreuzzug von Nikopolis

14.         Über 50 Kreuzzüge gegen die damals heidnischen Pruzzen und Litauer. Diese Kreuzzüge
Jahrhundert wurden vom Deutschen Orden Organisiert und auch als Reisen bezeichnet.

15.         Insgesamt vier Kreuzzüge gegen die Hussiten, Anhänger verschiedener reformatorischer
Jahrhundert beziehungsweise revolutionäre Bewegungen in Böhmen.

1443-1444 Kreuzzug gegen das Osmanische Reich, dieser Feldzug wird als letzter Kreuzzug eingestuft.
          Er scheitert in der Schlacht bei Warna.

1453        Konstantinopel fällt.

6.3 Dritter Kreuzzug
Dauer Dritter Kreuzzug: August 1189 bis Juli 1191 bzw. 1192
Ziele: Jerusalem
Ausgang: Vertrag von Ramla zwischen Saladin und Richard Löwenherz. Waffenstillstand von drei
Jahren. Jerusalem blieb unter Saladins Herrschaft.
Folgen: Jerusalem kann nicht erobert werden, Pilger erhalten aber Zugang. Eroberungen von
König Richard werden bestätigt.

Zusammenfassung
Zwischen dem Zweiten Kreuzzug und dem Dritten Kreuzzug lagen gleich mehrere Jahrzehnte. So
war der Zweite Kreuzzug im Jahr 1149 nach mehreren Niederlagen der Kreuzfahrer im Heiligen
Land zu Ende gegangen. Nach diesem Misserfolg gerieten die Kreuzfahrerstaaten immer stärker
in Bedrängnis. Bis zu einer militärischen Reaktion, dem dritten Kreuzzug dauerte es aber, erst
1187 rief Papst Gregor VIII. mit der Bulle Audita tremendi dazu auf. Der Kreuzzug begann dann
im Jahre 1189. Zu den drei wichtigen Anführern zählte Friedrich Barbarossa, der Kaiser des
römisch-deutschen Reichs. Aber ehe Kaiser Friedrich Barbarossa das Heilige Land erreichen
konnte, kam er ums Leben. Weitere Führer waren König Philipp II. von Frankreich sowie König
                                                                                               30
Richard Löwenherz von England. Nur Richard Löwenherz blieb mit dem Kreuzfahrerheer bis zum
Ende des Kreuzzuges im Heiligen Land.
Wichtigster und auch mächtigster Gegenspieler der Kreuzfahrer war Sultan Saladin gewesen.
Nach dem er seine Feinde im muslimischen Lager besiegt hatte, widmete Saladin sich den
Kreuzfahrerstaaten. Mit der Schlacht von Hattin, die von Saladin gewonnen werden konnte, war
der Auslöser für den 3. Kreuzzug geschaffen.
Der Kreuzzug begann zwar 1189, die englischen und französischen Kreuzfahrer erreichten aber
erst 1191 das Heilige Land. Bald führte nur noch Richard Löwenherz die Kreuzfahrer an, er
erkannte schnell, dass eine Eroberung Jerusalems nur einen kurzzeitigen Erfolg bringen würde,
da Saladin zu dieser Zeit einfach zu mächtig war.
Der dritte Kreuzzug endete schließlich im Jahre 1192 mit einem Friedensvertrag. Die Eroberung
der Stadt Jerusalems durch die Kreuzfahrer gelang allerdings nicht. Immerhin sicherte der
Friedensvertrag christlichen Pilgern den freien Zugang nach Jerusalem. Im Vertrag von Ramla
wurden außerdem die meisten Eroberungen Richards bestätigt.
Saladin starb 1193. Richard geriet auf dem Rückweg in sein Königreich in Gefangenschaft und es
dauerte bis 1194, ehe er aus der Gefangenschaft entlassen wurde.

Dritte Kreuzzug Ursachen
Aufstieg Saladin
Der Zweite Kreuzzug war gescheitert, in der Folge gerieten die immer noch existierenden
Kreuzfahrerstaaten stärker in Bedrängnis. Das Emirat Damaskus wurde zudem 1154 durch Nur
ad-Din, dem Emir von Mossul aus der Dynastie der Zengiden erobert. Er verlagerte seinen
Hauptsitz nach Damaskus. Im Jahre 1169 wurde Nur ad-Din gegen die Kreuzfahrer aktiv. So
schickte er den sarazenischen Feldherrn Saladin und dessen Onkel als Truppenführer eines
Feldzuges gegen die Kreuzfahrer nach Ägypten. Der Feldzug hatte Erfolg. Er endete mit der
Beseitigung des schiitischen Fatimiden-Kalifats von Kario durch Saladin im Jahr 1171. Saladin
ernannte sich zum Sultan von Ägypten und begründete damit die Dynastie der Ayyubiden. Es kam
zwar zu schweren Konflikten mit Nur ad-Din, dieser starb aber 1174.
Saladin besetzte nun auch Damaskus und große Teile Syriens. Aleppo, in den Jahrzehnten zuvor
ein Zentrum des Widerstands gegen die Kreuzritter, wurde ebenfalls von Saladin eingenommen
(1183). Drei Jahre später gelang ihm die Eroberung von Mossul. Saladin hatte seine
muslimischen Feinde nun besiegt. Er wandte sich nun den Kreuzfahrerstaaten zu, die sich nun in
seiner Umklammerung befanden.

Schlacht bei Hattin und Eroberung von Jerusalem
Nach seinem Aufstieg widmete sich Saladin den Kreuzfahrern. Und so zog er Richtung Palästina.
Am 4. Juli 1187 kam es zur Schlacht bei Hattin. Saladin schlug ein Kreuzfahrerheer vernichtend.
Beinahe ungehinderte gelang es Saladin dann den Kreuzfahrern Städte wie Akkon zu entreißen.
In der Folge eroberte er auch ein Großteil des Königreichs Jerusalem. Nach kurzer Belagerung
nahmen Saladins Truppen schließlich am 2. Oktober 1187 Jerusalem selbst ein. Die Bevölkerung
wurde teilweise versklavt. Nur wer ein Lösegeld aufbringen konnte, entging dem Schicksal der
Sklaverei. Nach der Eroberung Jerusalems kontrollierten die Kreuzfahrer nur noch Tyros, Tripolis
und Antiochia. Aber auch diese Orte griff Saladin ab 1188 an.

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Bestürzung in Europa
Die Nachricht Palästinas und der Heiligen Stadt Jerusalem gelange natürlich auch nach Europa.
Hier war die Bestürzung groß. Für Papst Urban III. war die Nachricht wohl zu viel, der Pontifex
starb. Die Forderung nach einem neuen Kreuzzug wurde lauter und lauter und so dauerte es nur
bis zum 29. Oktober 1187 bis Papst Gregor VIII. mit der Bulle Audita tremendi zum Dritten
Kreuzzug aufrief. Papst Gregor VIII. starb bereits im Dezember, auch sein Nachfolger Papst
Clemens III. rief weiterhin zum Dritten Kreuzzug auf.

Verlauf des 3. Kreuzzugs
Einer der Anführer des 3. Kreuzzugs war Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Dieser brach bereits am
11. Mai 1189 in Regensburg auf. Er stand dem vermutlich größten Kontingent vor, dass jemals
ein einzelner Fürst zu einem Kreuzzug beisteuerte, vor. In Friedrichs Begleitung fanden sich
einige Vertreter des deutschen Hochadels. Im Vorfeld des Aufbruchs hatte Kaiser Friedrich mit
diversen Herrschern über freien Durchzug und Verpflegung für sein Heer auf den Weg ins Heilige
Land erfolgreich verhandelt. Das Heer zog auf dem Landweg die Donau entlang. Die Kreuzfahrer
wählten die Balkanroute und zogen dann durch Kleinasien.
Im Mai 1190 kam es zur Schlacht bei Philomelion auf kleinasiatischen Boden. Zwar setzten sich
die Kreuzfahrer gegen die Türken durch, es wurde aber schwieriger für sie. Die Landschaft war
gebirgig, Lebensmittel wurden knapp. Krankheiten brachen aus. Trotz dieser Hindernisse
gewannen die Kreuzfahrer noch die Schlacht bei Ionium gegen die Türken. Man nahm deren
Hauptstadt ein und erbeutete Pferde, Lasttiere und Lebensmittel. Danach zog Friedrich
Barbarossa mit seinem Heer weiter. Am 10. Juni 1190 stand er kurz vor Seleucia.
Dann passierte das Unglück, Kaiser Friedrich I. Barbarossa ertrank im Fluss Saleph. Nur ein Teil
der bis hierher gelangten Kreuzfahrer setzten die Reise unter Führung von Friedrichs Sohn,
Friedrich von Schwaben fort. Ein großer Teil machte sich nach dem Tod Friedrichs Barbarossas
auf den Heimweg.
Im Oktober 1190 erreichte der Rest von Kaiser Friedrichs Kreuzfahrerheer die belagerte Stadt
Akkon und schloss sich den christlichen Belagerern an. Vor Akkon starb dann am 20. Januar
1191 Friedrich V. von Schwaben an den Folgen einer Malariaerkrankung. Für ihn übernahm
Leopold V. von Österreich den Oberbefehl über das restliche deutsche Kontingent.

Philipp und Richard Start in den Kreuzzug
Der französische König Philipp und der englische König Richard zogen zunächst gemeinsam los.
Die beiden Armeen trennten sich aber noch in Frankreich wieder. Beide erreichten dann aber im
September 1190 Sizilien. Hier hatte nach dem Tod von König Wilhelm II. von Sizilien Tankred von
Lecce die Herrschaft übernommen und Wilhelms Ehefrau Johanna gefangen genommen. Johanna
war eine Schwester Richards und so eroberte er Messina auf Sizilien und befreite seine
Schwester. Das Kreuzfahrerheer überwinterte dann auf Sizilien. Im März 1191 wurde ein

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formeller Friedensvertrag zwischen Tankred, Philipp und Richard geschlossen und so konnte die
Reise in Richtung Palästina weiter gehen. Die beiden Herrscher reisten weiterhin getrennt.

Richard Löwenherz erobert Zypern
Richard hatte kein Glück auf hoher See und so geriet seine Flotte vor Kreta in einen Sturm. Ein
Teil der Flotte wurde nach Zypern abgetrieben. Ausgerechnet Richards Kriegskasse war davon
betroffen, und auf den Schiffen hatte sich neben seiner Schwester Johanna auch seine Verlobte
Berengaria von Navarra befunden. Zyperns Herrscher Kaiser Isaak Komnenos wollte die Notlage
ausnutzen, am Ende setzte sich aber Richard militärisch durch. Und so hatte Richard mit Zypern
eine reiche Nachscubbasis für seinen Kreuzzug erobert. Zudem belegte er die Inseln mit hohen
Sondersteuern und ihm fiel Isaaks Staatsschatz in die Hände. Im Juni 1191 ging es dann aber
weiter in Richtung Palästina.

Im Heiligen Land
Philipp landete im April 1191 in Tyros. Im Juni erreichte auch Richard Löwenherz diesen Ort im
Heiligen Land. Im Oktober 1190 hatten bereits die übrig gebliebenen deutschen Kreuzfahrer das
Gebiet erreicht.

Der Kampf um Akkon
Philipp und Richard schlossen sich dem Kampf um Akkon an. Die Belagerung war von Guido von
Lusignan, ehemaliger König von Jerusalem, im August 1189 begonnen worden. Akkon sollte als
Basis für die Wiedererrichtung seines Königreichs dienen. Aber die Verteidiger von Akkon
verteidigten sich und auch Saladin griff ein. Und so waren die Belagerer von Akkon von den
Truppen Saladins eingeschlossen. Die englischen und französischen Kreuzfahrer brachten nun
Bewegung in den Kampf um Akkon. Mit ihren Schiffen konnte die Belagerung von See verstärkt
werden. Nun brachen in Akkon Seuchen aus. Die Kreuzfahrer begannen damit die Stadtmauer zu
unterminieren, der Einsturz drohte. Die Wasserversorgung war ebenfalls abgegraben worden. Mit
Einverständnis Saladins wurde Akkon schließlich am 12. Juni an die Kreuzfahrer übergeben. Für
die muslimischen Bewohner der Stadt wurde ein hohes Lösegeld ausgehandelt.

Führer der Kreuzfahrer sind uneins
Nach dem Fall von Akkon wehten über der Zitadelle der Stadt nun drei Banner. Zum einen das
Banner des englischen Königs Richard Löwenherz, zum anderen natürlich auch das Banner des
französischen König Philipp II. und dann noch das deutsche Banner Leopold V. von Österreich,
einem Herzog, der aber nach dem Tod von Friedrich von Schwaben, dem Sohn Kaiser
Barbarossas, den Oberbefehl über das deutsche Kontingent übernommen hatte. Da sich Leopold
als Vertreter des römisch-deutschen Kaisers ansah, beanspruchte er nicht nur den gleichen Rang
wie die beiden Könige, sondern auch den gleichen Anteil an der Beute. Für Richard Löwenherz
war Leopold aber bestenfalls ein Herzog und so empörte er sich über die Anmaßung Leopolds. Da
auch der militärische Anteil des ziemlich zusammengeschrumpften deutschen Kontingents an der
Eroberung Akkons eher unbedeutend gewesen war, verwundert es wohl nicht, dass Richard zur
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Tat schritt und das Banner Leopold von einem Knappen in den Burggraben werfen ließ. Nach
dieser Demütung zog Leopold V. wenig später mit seinen Truppen nach Europa ab. Für Richard
sollte dies später Folgen haben, als er auf dem Heimweg vom dritten Kreuzzug nach England den
Landweg durch Europa wählte und dort festgesetzt wurde.

Streit unter den Kreuzfahrern
Der Streit unter den Kreuzfahrern hielt aber weiter an. Diesmal ging es darum, wer der zukünftige
König von Jerusalem werden sollte. Man einigte sich darauf, dass diese Würde zunächst Guido
von Lusignan und nach dessen Tod Konrad von Montferrat (Herr von Tyrus) inne haben sollten.
Philipp II. verließ im Juli 1991 schließlich das Heilige Land und die übrigen Kreuzfahrer. Er
machte sich auf dem Rückweg nach Frankreich. Ein Großteil seines Heeres blieb bei Richard.
Richard Löwenherz war nun der alleinige Oberbefehlshaber über die christlichen Truppen.

Richard lässt Gefangene enthaupten
Unterdessen strebte Konrad von Montferrat hinter Richards Rücken einen Separatfrieden mit
Saladin an. Etwa die Hälfte der Gefangenen wurde vom französischen Kreuzfahrerkontingent
bewacht und von Konrad als Verhandlungsmasse eines solchen Separatfriedens verwendet. Als
sich die Zahlung des Lösegeld für die muslimischen Gefangenen verzögerte, ließ Richard Ende
August 1191 ca. 2.700 muslimische Gefangene enthaupten. Durch das Massaker an den
Gefangenen entschied Richard den internen Konflikt für sich und demonstrierte drastisch seine
Entschlossenheit. Saladins Truppen griffen darauf hin die inzwischen instandgesetzten Mauern
Akkons zweimal an, wurden aber abgewehrt. Dann zog Saladin seine Truppen zurück, um sie für
eine Verteidigung Jerusalems aufzusparen.

Kreuzzug Richard Löwenherz und Geheimverhandlungen
Richard zog nun in Richtung Süden. Am 7. September 1191 kommt es bei Arsuf zur Schlacht mit
Saladins Hauptheer. Die Kreuzfahrer kommen zu ihrem ersten Sieg seit Hattin. Von da an mied
Saladins Heer die offene Feldschlacht gegen die Kreuzfahrer. Richard feiert weitere Erfolge.
Richard versucht zudem eine Einigung durch Heirat. So führte er Verhandlungen mit Al-Adil, dem
Bruder von Sultan Saladin über einen Friedensschluss. Gegenstand dieser Geheimverhandlungen
war eine Heirat zwischen Al-Adil und Johanna Plantagenet. Dem so vereinigten Paar sollte dann
die Herrschaft über das Königreich Jerusalem zugesprochen werden. Eine Eroberung der Stadt
durch die Kreuzfahrer hätte sich erübrigt.

Da Saladins Bruder nicht zum christlichen Glauben übertreten wollte, scheiterten die
Geheimverhandlungen.

Richard zog zunächst weiter in Richtung Jerusalem. Dabei stellte er aber fest, dass das
Hauptheer Saladins noch intakt war. Damit begann ein Umdenken. Eine Eroberung Jerusalems
hätte wohl gelingen können, nur wäre die Stadt wohl kaum auf Dauer zu halten gewesen. Schon
weil ein Großteil der Kreuzfahrer nach der Eroberung von Jerusalem ihr Kreuzzugsgelübde als
erfüllt angesehen hätten und bald zurück nach Europa gekehrt wären. Damit wäre die christliche
Streitmacht stetig geschrumpft. Richard brach nun den Zug nach Jerusalem ab und kehrte zur
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Küste zurück. Eine unpopuläre Entscheidung. Zumindest bei den einfachen Soldaten und bei den
Geistlichen und Chronisten. Mehr Zustimmung erhielt Richard hingegen bei den Adligen. Auf den
Seiten der Protestler stand mit Herzog Hugo III. von Burgund, aber auch der Anführer des
französischen Kontingents. Er protestierte gegen den Kurswechsel und zog mit der Mehrheit der
französischen Kreuzfahrer nach Jaffa.
Richard marschierte weiter nach Askalon. Askalon wurde im Januar 1192 von Richard besetzt. Er
blieb dort bis Juni. Angeblich soll er bei dem Wiederaufbau der von den Muslimen zerstörten
Stadtmauer selbst Hand angelegt haben.

Kreuzfahrer und innere Streitigkeiten
Richard wollte den Kreuzzug wohl beenden und zurück in sein Reich kehren. Schließlich hatte
ihm in April 1192 die Nachricht erreicht, dass sein jüngster Bruder Johann in England den Thron
beanspruchte. Und der französische König Philipp nutzte seine Abwesenheit zu Angriffen auf
englische Lehen in Frankreich. Da ein schneller Sieg vor Jerusalem nicht möglich war, strebte
Richard nun Waffenstillstandsverhandlungen mit Sultan Saladin an. Zunächst musste er sich
aber Bemühen auch im inneren der Christen für Ruhe zu sorgen. Und so kassierte er den
gefundenen Kompromiss darüber, dass Guido von Lusignan König von Jerusalem sein sollte und
Konrad sein Erbe. Auch weil Guido sich gegen die Barone des Königreichs kaum durchsetzen
konnte. Guido wurde der Kreuzfahrerstaat Zypern zum Lehen gegeben, Konrad wurde zum neuen
König von Jerusalem gewählt. Noch bevor Konrad von Montferrat zum neuen König von
Jerusalem gekrönt werden konnte, wurde er allerdings am 28. April auf offener Straße von zwei
Assassinen erstochen. Ob Richard mit den Mördern in Verbindung stand, ist ungewiss. Konrads
Nachfolger wurde, mit Zustimmung der Barone und Prälate des Reiches sowie Richards, Heinrich
II. von Champagne, der dazu die Witwe Konrads, Isabella, heiratete.
Zur gleichen Zeit blieb auch Saladin nicht untätig. Diesem gelang es mit einem Gegenangriff Jaffa
zurückzuerobern. Richard gelang aber die Rückeroberung.

Friede mit Saladin Waffenstillstand
Am 2. Stepember 1192 kam es schließlich zu einem diplomatischen Abkommen zwischen
Richard und Saladin. Saladin bestätigte die Eroberungen Richards an der Küste Palästinas.
Allerdings mit Ausnahme der Stadt Askalon. Hier wurden die Befestigungsanlagen wieder
geschleift und die Stadt an Saladin übergeben. Wichtigster Punkt beim Vertrag von Ramla war
aber, dass christlichenpilgern der freie Zugang nach Jerusalem ermöglicht wurde. Die beiden
Herrscher einigten sich zudem auf einen dreijährigen Waffenstillstand.

Vertrag von Ramla und Ende 3. Kreuzzug
Der Vertrag von Ramla sah vor, dass Jerusalem unter sarazenisch/muslimische Herrschaft blieb.
Die Eroberungen Richards an der Küste Palästinas wurden bestätigt (Ausnahme Askalon).
Unbewaffnete christliche Pilger sollten fortan freien Zugang nach Jerusalem erhalten. Dazu kam
ein dreijähriger Waffenstillstand. Die Bilderhandschrift Corpus Christi um 1240 berichtet vom
Friedensschluss zwischen Richard Löwenherz und Saladin.
Der 3. Kreuzzug endete am 9. Oktober 1192 als Richard Löwenherz Palästina verließ.

Quellen:

                                                                                              35
http://www.planet-
wissen.de/geschichte/mittelalter/leben_im_mittelalter/pwiediekreuzzuegekriegumdieheiligestad
t100.html
http://www.kreuzzug.de/zeittafel_kreuzzuege/zeittafel_der_kreuzzuege.php
http://www.kreuzzug.de/kreuzzuege/dritter-kreuzzug.php

7. Der Krieg im Nahen Osten

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Naher Osten: Warum ist da immer Krieg?
Das Morden in Syrien, die Kämpfe im Irak, der ewige Konflikt um Israel – nirgends fließt
heute so viel Blut wie im Nahen Osten. Das liegt daran, dass vor hundert Jahren drei
Männer gleichzeitig versuchten, die Welt zu verändern.
Von Bastian Berbner

Der "Islamische Staat" hat eine Ölquelle bei Mossul in Brand gesteckt. Seit 2003 wird dort gekämpft.
© Moe Zoyari / Redux / laif

Grenzen sind eine super Sache. Egal, ob als Mauer mit Stacheldraht obendrauf, als Zaun, als
aufgeschütteter Sandwall in der Wüste oder als imaginierte Linie, sichtbar nur auf Landkarten –
Grenzen sind gut, wenn sie zwei Dinge bewerkstelligen.

Wenn sie auf der einen Seite, drinnen, Menschen vereinen, die sich so ähnlich sind, dass sie sich
bei der Frage einigen können: Wer soll uns regieren?

Und wenn sie auf der anderen Seite jene draußen halten, mit denen sich die Menschen drinnen
nie und nimmer auf eine Antwort einigen könnten.
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Ist beides erfüllt, ist eine Grenze ein Instrument der Ordnung. Wenn nicht, ist sie ein Garant der
Gewalt.

Latakia ist eine Stadt in Syrien. Sie liegt am Mittelmeer und hat einen schönen Strand. Diesen
Sommer planschen die Menschen dort wieder in der sanften Dünung und rauchen Wasserpfeife.

Auch Idlib ist eine Stadt in Syrien. Dort werden Menschen von Fassbomben zerfetzt. Im Frühjahr
gingen Bilder aus einem nahe gelegenen Dorf um die Welt. Sie zeigten vergaste Kinder mit
schaumigen Mündern.

Latakia und Idlib liegen nur 120 Kilometer voneinander entfernt. Beide Städte werden regiert von
Baschar al-Assad. Die Einwohner von Latakia, mehrheitlich Alawiten, finden das gut. Die
Bewohner von Idlib, mehrheitlich Sunniten, wollen ihn stürzen. Sie sind Menschen, die drinnen
sind, aber lieber draußen wären. Für sie sind die Landesgrenzen eine Gefängnismauer.

Alawiten und Sunniten haben einen Herrscher. Sie hätten lieber zwei.

Einige Hundert Kilometer weiter östlich liegt die Heimat der Kurden. Ein Land, durchzogen von
massiven Bergkämmen, mächtigen Flüssen und schattigen Tälern – aber auch von einer Vielzahl
von Grenzen, der syrisch-türkischen Grenze, der irakisch-türkischen, der syrisch-irakischen, der
iranisch-türkischen, der irakisch-iranischen.

Die Kurden leben in vier Staaten. Sie hätten lieber einen einzigen. Ein eigenes Drinnen.

In einer hügeligen Einöde mehrere Hundert Kilometer weiter südwestlich wiederum fährt
Mohammed Nasser Tra’ayra, 17 Jahre alt, an einem Sommertag 2016 zwei Kilometer ins
Nachbardorf. Dort dringt er in ein Haus ein, schleicht sich ins Kinderzimmer, wo ein 13-jähriges
Mädchen im Bett liegt und schläft. Er sticht mit einem Messer so lange auf das Mädchen ein, bis
es tot ist.

Tra’ayra hat nichts gegen das Mädchen persönlich. Aber es wohnt in Kirjat Arba, einer
israelischen Siedlung im palästinensischen Westjordanland. Es ist ein politischer Mord. Er, ein
Palästinenser, tötet sie, eine Israelin, um ihrer Regierung eine Botschaft zu schicken: Dies ist
unser Land!

Wie soll eine Grenze sinnvoll in ein Drinnen und ein Draußen unterscheiden, wenn zwei Völker um
denselben Boden streiten?

Angenommen, man säße in einem Zeppelin, der hoch über Arabien schwebt. Der Blick reicht vom
Mittelmeer bis zum iranischen Hochland, von den Gebirgen Anatoliens bis zum Persischen Golf.
Angenommen, man könnte jeden einzelnen Bewohner dort unten als winzigen Punkt sehen.

82 Millionen Iraner.
80 Millionen Türken.
38 Millionen Iraker.
28 Millionen Saudi-Araber.
17 Millionen Syrer.
8 Millionen Libanesen.
8 Millionen Jordanier.
8 Millionen Israelis.
5 Millionen Palästinenser.

Ein Bild aus 274 Millionen Pixeln. Wenn man sich weiter vorstellt, man sähe all die Menschen, die
zufrieden mit den Grenzen ihres Landes und dessen Herrschaftsform sind, als weiße Pixel und
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alle, die sich danach sehnen, diese zu ändern, als schwarze – man blickte hinab auf riesige
schwarze Flächen, die sich wie Krebsgeschwüre durch die Region fräßen.

Im Westirak stellen sich die Sunniten gegen die schiitische Regierung in Bagdad. Im Osten Saudi-
Arabiens hassen die Schiiten die sunnitische Regierung in Riad. Das Westjordanland, Gaza, die
Kurdengebiete, der Osten Syriens: alles schwarz.

Middle East, Proche Orient, Naher Osten – egal in welcher Sprache, diese zwei Wörter werfen
sofort das Kopfkino an. Bärtige Terroristen, die sich in die Luft sprengen. Brennende Ölfelder.
Ausgebombte Häusergerippe. Pick-ups mit aufmontierten Maschinengewehren. Krieg in Syrien.
Schlachten im Irak. Kämpfe in der Türkei. Intifada in Israel. Überall Terroranschläge. In den
vergangenen hundert Jahren gab es etwa 80 Kriege und Krisen im Nahen Osten. Schätzungen
zufolge sind dabei 6,5 Millionen Menschen gestorben. Wahrscheinlich waren es viel mehr.

Wie konnte es dazu kommen? Warum wurde ausgerechnet der Nahe Osten zur Bühne für
Blutrunst und Gemeuchel?

Die gängige Antwort lautet: Zu viele Völker, zu viele Konfessionen auf engem Raum, aufgeheizt
von religiösem Furor. Doch das ist nur auf den ersten Blick überzeugend, wie ein schlechtes Buch
mit schönem Umschlag. Wer wirklich verstehen will, warum der Krieg in diesem Teil der Welt nicht
endet, muss hundert Jahre zurückblicken, in eine Zeit, in der es die gegenwärtigen Grenzen noch
nicht gab, in der all das, was heute "Naher Osten" heißt, ein einziges gewaltiges Reich war, ein
untergehendes.

Drei entscheidende Männer
Regiert wurde dieses Osmanische Reich aus Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, sein
Herrscher nannte sich Sultan. Sieben Jahrhunderte lang lebten in dessen Imperium die Völker
und Religionen, Türken, Araber, Kurden, Muslime, Christen und Juden, verhältnismäßig friedlich
zusammen. Es gab Konflikte, manchmal auch Kriege, natürlich, aber insgesamt vertrugen sie sich
erstaunlich gut. Der Schlüssel war eine weitgehende Autonomie, Selbstverantwortung in einem
Reich ohne Grenzen.

Dann kam der Erste Weltkrieg. Unter dem Glühen der Kanonen wurden Länder eingeschmolzen
und neu geformt. Reiche zerfielen, Reiche entstanden. Das galt für Europa, aber noch viel mehr
für den Orient. Aus dem Osmanischen Reich erwuchs jene Staatenwelt, deren Umrisse man heute
in fast jeder Nachrichtensendung sieht.

Die Neuformung hatte nichts Zwangsläufiges. Es waren Politiker und Generale, Diplomaten und
Agenten, die sie steuerten, Soldaten, die sie ausfochten, teils mit modernen Maschinengewehren
feuernd, teils Säbel schwingend auf den Rücken von Kamelen.

Entscheidend aber waren drei Männer.

Zwei von ihnen waren Ideologen, einer war ein Opportunist. Alle drei waren sie Briten, und alle
drei hatten sie sehr genaue Vorstellungen davon, welche Grenzen nach dem Krieg den Nahen
Osten ordnen sollten.

Leider passten diese Vorstellungen nicht zusammen.

Denkt man die Konflikte von heute Jahr um Jahr zurück in die Vergangenheit, als blättere man ein
Daumenkino rückwärts, so landet man am Ende immer bei diesen drei Figuren.

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