ZNSZNS - Zahnärztliche Nachrichten Schwaben
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ZNS Ausgabe 9-17 September 2017 Zahnärztliche Nachrichten Schwaben n 3 Editorial: Die Qual mit der Wahl n 4 Leitartikel: Approbationsordnung – Umsetzung nicht kostenneutral n 5 Leitartikel: Approbationsordnung „reloaded” n 8 Interview: Wie steht es um die elektronische Gesundheitskarte? n 10 Bundesverfassungsgericht stärkt Kammersystem n 11 Google muss nicht löschen n 11 AS-Akademie startet 9. Studiengang n 12 ABZ eG meldet Bilanzgewinn n 14 Fachkräftemangel in Bayern: Es ist 5 vor 12 n 15 Dritter Vorsitzender der KZVB gewählt n 17 Mitteilungen des ZBV Schwaben n 22 Referat Fortbildung n 28 Referat Zahnärztliches Personal Herausgeber: Zahnärztlicher Bezirksverband Schwaben, Körperschaft des öffentlichen Rechts
EDITORIAL Die Qual mit der Wahl Es ist still im Land. Die Parteien kämpfen sicher eher ein Schreckgespenst denn im Bundestagswahlkampf mit ihren Gal- wirkliche Option. Zu glauben, dass die lionsfiguren um jede Wählerstimme, Überwindung des dualen Krankenver- doch das Wahlkampfgetöse lässt den sicherungssystems mit privater und Wähler seltsam unberührt. Wenn bereits gesetzlicher Versicherung zu mehr alles klar zu sein scheint – und es deutet Gerechtigkeit und Stabilität führen wird, sich eine weitere Große Koalition an –, mutet abenteuerlich an. Gleichmacherei dann sinkt das Interesse des Wählers, ist das Ende von Wettbewerb und meist aktiv abzustimmen. Das schlägt sich auch das Ende von Qualität. meist in der Wahlbeteiligung nieder. Hilfreich für die Orientierung ist sicher- Warum ist es in einer Demokratie lich der 10-Punkte-Katalog der Bundes- schwer, die Wähler zu mobilisieren? Es zahnärztekammer, mit dem sie Forde- hat sich eine Saturiertheit eingestellt, der rungen an die künftige Bundesregierung schwer beizukommen ist. An der Analyse stellt. Die Forderungen zur Zukunftsfä- des Wählerverhaltens beißen sich die higkeit des Berufsstandes sind nicht neu, Politologen regelmäßig die Zähne aus. indes sie liefern einen guten Überblick Nie gab es in Europa und Deutschland und sie basieren auf der politischen eine so lange Phase des Friedens. Zufrie- Arbeit aus den demokratischen Gremien den sind wir aber nicht. Das zeigten die und insbesondere der Hauptversamm- Pegida-Demonstrationen im vergange- lung der Bundeszahnärztekammer. nen Jahr. Die Angst vor Terror wächst. „Unser Gesundheitssystem muss für die Unkontrollierte Flüchtlingsströme im Land versetzen uns in nächsten Jahrzehnte so zukunftsfest gemacht werden, damit Panik, Überregulierung aus Europa lässt uns nach Bestands- unsere hochwertige zahnmedizinische Versorgung nicht nur schutz rufen und die Finanzkrise ist uns noch deutlich unange- Bestand hat, sondern weiter ausgebaut wird“, heißt es dazu nehm in Erinnerung. Ob uns diese Geschehnisse und die Angst im Vorwort der zehn gesundheitspolitischen Perspektiven für vor einem Rechts- oder Linksruck an die Wahlurnen treiben? die Legislaturperiode 2017 – 2021. Die zehn Forderungen kommen Ihnen sicher bekannt vor: Demokratie sei die Herrschaft der schlecht oder gar nicht Infor- mierten, kritisiert der US-Politologe Jason Brennan und fordert 1. Patientenrechte wahren, in seinem Buch „Gegen Demokratie“, volles Wahlrecht nur 2. Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung schützen, noch den Gebildeten zukommen zu lassen. Die Begründung 3. die zahnärztliche Vergütung an die wirtschaftliche seines undemokratischen, ja radikalen Ansatzes: „Wähler wis- Entwicklung anpassen, sen einfach oft nicht, was wirklich gut für sie ist und ob ihre Wählerstimme wirklich ihren eigenen Interessen dient”, sagte 4. präventive Konzepte in der Mundgesundheit weiter Brennan im April gegenüber dem Deutschlandradio Kultur. Als entwickeln, Beispiel nennt er die Trump-Wähler: „Denen ist wahrscheinlich 5. Fortschritte in der Zahnmedizin auch in der Ausbildung noch überhaupt nicht bewusst, dass sie sich letztlich in die verankern; eigenen Füße geschossen haben.” Auch bei den Brexit-Befür- 6. das duale Krankenversicherungssystem patientenorientiert wortern sei das deutlich geworden. Diese hätten sich bei ihrer ausbauen, Einschätzung der Zahl der Einwanderer um den Faktor sechs 7. bei der zahnärztlichen Versorgung die richtige geirrt, bei den Kosten für Wohlfahrtsprogramme gar um den Weichenstellung vornehmen, Faktor 400. Brennan weiter: „Die Remain-Wähler, also die, die 8. die Rahmenbedingungen für Beruf und Umfeld für junge in der EU bleiben wollten, haben sich zwar auch geirrt bei Zahnärzte verbessern, gewissen Fakten, aber da war diese Fehlerdiagnose einfach nicht so hoch. Das heißt, sie waren einfach besser informiert.” 9. das Praxisteam durch attraktive Aus- und Fortbildung Dem Durchschnittswähler unterstellt Brennan eklatanten fördern, Mangel an Wissen: „Ihnen fehlen oft einfach die Fakten…” 10. die Aushöhlung des deutschen Qualitätsniveaus Abhilfe aus seiner Sicht? „Es geht um einen kulturellen Wan- verhindern. del, den wir wirklich einfordern sollten”, betont Brennan. „Der Wähler wird nicht in irgendeiner Form dazu gebracht, sich Wer wenig Zeit hat, das Programm der Parteien zu lesen, dem auch mal über die Gegenseite zu informieren, über die Argu- sei die Sonderausgabe des Verbands Freier Berufe in Bayern in mente der Gegenseite.” der BZB-Ausgabe Juli/August nahegelegt. Hier lässt sich im Schnelldurchlauf an fünf Punkten festmachen, wofür welche Zurück zur Realität und konkret zu dem, was die Heilberufe, Partei steht. was die Zahnärzte wollen? Für den Zahnarzt in eigener Praxis ist die Bürgerversicherung, mit der SPD, Grüne und Die Linke Anita Wuttke für die von ihnen beworbene soziale Gerechtigkeit werben, ZNS-Redaktion ZNS 9-17 3
LEITARTIKEL Umsetzung nicht kostenneutral Meinungen zur Approbationsordnung für Zahnärzte – Lob und Forderungen Das Bundeskabinett hat endlich die Novelle der zahnärztlichen Approbationsordnung (AppO-Z) beschlossen. Es hat „nur“ 60 Jahre gedauert, bis für die angehenden Zahnärztinnen und Zahnärzte eine AppO-Z geliefert wird, die den aktuellen wissenschaftlichen Anforderungen des Versorgungsgeschehens entsprechen soll. Wie sehen zahnärztliche Verbände und Kammern diese Meldung? Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) appelliert an den Bundesrat und damit an die Bundesländer, mit einem schnellen Beschluss nun endgültig den Weg für eine moderne Approbationsordnung frei zu machen. „Junge Zahnärzte benötigen wegen der steigenden wissenschaftli- chen Anforderungen der Zahnmedizin eine Approbationsordnung, die diesen Anforderungen gerecht wird. Mit einem 60 Jahre alten Auto lässt sich auch kein Formel-Eins-Rennen gewinnen. Die BZÄK hat sich laufend aktiv in die Diskus- sionen eingebracht. Im Interesse unserer Patienten und der nachwachsenden Zahnärztegeneration fordern wir, nun endlich zu einem Abschluss zu kommen, um die qualitativ hochwertige zahnmedi- zinische Versorgung nicht zu gefähr- den“, wird BZÄK-Präsident Dr. Peter Kostenneutrale Umsetzung der neuen Approbationsordnung für Zahnärzte? Engel in der Pressemeldung der Bundes- zahnärztekammer zitiert. an den Universitäten gelegt. „Mit der und vor allem die finanziellen Mittel neuen AppO-Z wird auch die zahnmedi- dafür zur Verfügung zu stellen. Nur so Hier wie dort herrscht zwar Erleichte- zinische Ausbildung zu einem modernen kann eine zukunftsgerechte Ausbildung rung, dennoch wird auch Kritik geübt. So und innovativen Studiengang, der im von Zahnärzten in Deutschland er- fordert der Präsident der Vereinigung der europäischen Vergleich wieder eine Vor- folgen.“ Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und reiterrolle einnehmen kann. Wir freuen Kieferheilkunde (VHZMK) auch Investi- uns, dass die meisten unserer Kernforde- Für die Bayerische Landeszahnärztekam- tionen in die Ausbildung. Er kritisiert, rungen, wie z.B. die der integrierten kli- mer ist die Umsetzung zwar ein großer dass der Kabinettsentwurf auch weiter- nischen Lehre, eine erhöhte Betreuung in Schritt, sie drängt jedoch ebenfalls auf hin von einer Kostenneutralität ausgehe. den praktischen Kursen, problemorien- schnelle Umsetzung. Die Stellungnahme In Der Gelbe Dienst (DGD) wird er zitiert: tierte Lehrveranstaltungen und ein Kran- des Präsidenten der Bayerischen Landes- „Die Politik ist wohl der Ansicht, dass die kenpflegepraktikum in Kombination mit zahnärztekammer (BLZK), Christian Zahl der Studierenden um 6 Prozent Famulaturen in Zahnarztpraxen vor oder Berger: „Als Berufsvertretung sehen wir zurückgeht und dass diese Reduktion während des Studiums, umgesetzt wur- uns der Zahnärzteschaft und insbesonde- den gesamten Mehraufwand kompen- den“, heißt es in der Presseverlautbarung re auch den künftigen Zahnärztinnen sieren würde. Dies ist völlig unreali- des BdZM. Darüber hinaus heiße es der und Zahnärzten verpflichtet. Die bayeri- stisch.“ Verband gut, dass es auch weiterhin allen sche Gesundheits- und Wissenschaftspo- zahnmedizinischen Fakultäten möglich litik steht in der Pflicht, die möglichst Der Bundesverband der Zahnmedizinstu- bleiben soll, unabhängig von den medizi- rasche Umsetzung der neuen AppO-Z denten in Deutschland (BdZM) begrüßt nischen Fakultäten, einen Modellstudi- zu unterstützen. Eine hochwertige und die Verabschiedung der AppO-Z im Bun- engang zu etablieren. Von Anfang sei für qualitätsgesicherte Zahnmedizin erfor- deskabinett, ab jetzt ist es in den Händen den BdZM außer Frage gestanden, dass dert einen Ausbildungsstandard nach der Länder, die AppO-Z endgültig zu ver- eine Novellierung nicht kostenneutral dem aktuellen Stand der Wissenschaft abschieden und damit den Weg in eine durchzuführen ist. „Daher fordern wir und entsprechende Rahmenbedingun- moderne Zahnmedizin frei zu machen. die Bundeslänger dazu auf, sich der Bun- gen für die Hochschulen.“ Der BdZM sieht die Novellierung der desregierung anzuschließen und die AppO-Z als unabkömmlich an. Damit sei zahnärztliche Ausbildung in Deutschland Redaktion der Grundstein für eine moderne Lehre mit einer neuen AppO-Z voranzubringen 4 ZNS 9-17
LEITARTIKEL Approbationsordnung „reloaded“ Peter Knüpper liefert Hintergründe zur Neujustierung der Ausbildung in der Zahnmedizin Am 29. April 2010 beantwortete die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Annette Widmann-Mauz (MdB), die Anfrage eines Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion zum Stand der neuen Approba- tionsordnung für Zahnärzte wie folgt (BT-Drucksache 17/1535): „Das Eckpunktepapier zur Novellierung der Approba- tionsordnung für Zahnärzte wird vom BMG derzeit erarbeitet. Auf dieser Grundlage sind Gespräche mit den zuständi- gen Länderministerien und die Einbeziehung der entsprechenden Ländergremien geplant.“ Seitdem sind sieben Jahre ins Land gegangen. Die 17. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages endete ohne die im Koalitionsvertrag vereinbarte Novellie- rung des zahnärztlichen Approbations- rechts. Bereits im Jahr 2005 war von der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK) der Entwurf einer neuen Approbationsordnung, der insbesondere eine engere Anbindung an das Studium der Medizin beinhaltete, vorgelegt wor- den. Auslöser waren seinerzeit die Emp- fehlungen des Wissenschaftsrates zur „Weiterentwicklung der Zahnmedizin an den Universitäten in Deutschland“. Bereits 2005 attestierte der Wissen- schaftsrat der aus dem Jahre 1955 stam- menden Prüfungsordnung für Zahnme- diziner, vulgo: Approbationsordnung, dass sie der fachlichen Weiterentwick- lung der Zahnmedizin ebenso wenig Rechnung trage wie den Anforderungen an eine moderne und interdisziplinär ausgerichtete Lehre. Grund zur Freude: die neue Approbationsordnung für Zahnärzte ist vom Bundeskabinett abgesegnet. Foto: Fotolia Zentrale Defizite sah der Wissenschafts- rat vor allem in einer zu starken Beto- hielt seinerzeit eine Neugewichtung der Ziel der Reformen in der universitären nung zahntechnischer Lehrinhalte und – Ausbildungsinhalte im Sinne einer Zahnmedizin muss nach Einschätzung auf der anderen Seite – einer Vernachläs- modernen Zahnmedizin als „Quer- des Wissenschaftsrates – die Studie ist sigung der Prophylaxe, allgemeinmedizi- schnittsfach für das Kauorgan“ für not- mittlerweile zwölf Jahre alt(!) – auch eine nischer Aspekte und wissenschaftlicher wendig. Eine Forderung lautete: „Der substanzielle Erhöhung der Qualität in Inhalte. Dennoch hielt der Wissen- Allgemeinzahnarzt oder Oralmediziner Forschung und Lehre sein. Die Basis hier- schaftsrat am Leitbild der zahnärztlichen der Zukunft muss in einer synoptischen für sollte durch eine neue Approbations- Ausbildung fest, – dem wissenschaftlich Betrachtungsweise der Erkrankungen ordnung und eine angepasste Kapazi- und praktisch in der Zahnmedizin ausge- des Zahn- und des Zahnhalteapparates tätsverordnung gelegt werden. Um ent- bildeten Zahnarzt, „der zur eigenverant- und in möglichen Therapien zur Wieder- sprechend bessere Betreuungsrelationen wortlichen und selbstständigen ärztlichen herstellung der Präventions- und Funkti- zu erreichen, müsste allerdings „erheb- Berufsausübung, zur Weiterbildung und onsfähigkeit ausgebildet werden“. Die lich mehr wissenschaftliches Personal zu ständiger Fortbildung befähigt ist“. isolierte Vermittlung der Kariologie, eingestellt werden“. Bereits 2005 war Berufsfähig, nicht berufsfertig, ja das ist – Endodontologie, Prothetik, Parodontolo- der Wissenschaftsrat skeptisch, ob Bund nach wie vor – Ziel des akademischen Stu- gie, Kieferorthopädie sowie Mund-, Kie- und Länder dieser Forderung angesichts diums. Auch in der Zahnmedizin. fer- und Gesichtschirurgie sei nicht mehr knapper Kassen (mittlerweile kann davon zeitgemäß, so der Wissenschaftsrat. Das angesichts sprudelnder Steuereinnah- n Isolierte Wissensvermitt- deckt sich mit der Einschätzung der men kaum mehr die Rede sein) je begeg- lung nicht mehr zeitgemäß zahnmedizinischen Fachgesellschaften nen würden. Stattdessen wurde eine sowie auch mit den Feststellungen der Absenkung der Studierendenzahlen in Der Wissenschaftsrat – und nicht nur er – zahnärztlichen Berufsorganisationen. beschränktem Umfang zur Verbesserung ZNS 9-17 5
n Künftige Strukturierung LEITARTIKEL der Ausbildungssituation ins Gespräch und bewerten muss. Statt einer isolierten gebracht. der zahnärztlichen Vermittlung einzelner Fächer soll Pro- Ausbildung blemlösungskompetenz im Vordergrund n Versorgungspolitische stehen. Aspekte treten in den Vor diesem Hintergrund hat nun im Vordergrund Oktober 2016 das Bundesministerium Insbesondere an dieser Zielvorstellung für Gesundheit (BMG) den längst über- des Verordnungsgebers entzündete sich Aktuell hat sich der Wissenschaftsrat im fälligen Referentenentwurf einer Verord- in den vergangenen Monaten die Kritik Oktober 2016 noch einmal zu den Per- nung zur Neuregelung der zahnärztli- aus Wissenschaft und Lehre, aber auch spektiven der Universitätsmedizin geäu- chen Ausbildung vorgelegt. Inhaltlich soll von Seiten der zahnärztlichen Berufsver- ßert und seine Forderungen an das das Studium grundsätzlich umgekrem- bände. Die Sorge, mit der „Abstufung“ Gesundheits- und Wissenschaftssystem pelt werden. Das beginnt mit einer klaren der Zahntechnik im Rahmen des Studi- formuliert. Angesichts fundamentaler Orientierung an der Medizin. Zu Beginn ums der Zahnmedizin gehe künftigen Herausforderungen durch demografi- des Studiums ist ein vorklinischer Studi- Generationen von Zahnärzten eine wich- sche und epidemiologische Veränderun- enabschnitt von vier Semestern geplant, tige Kompetenz in Sachen Zahntechnik gen, durch die Auswirkungen der Globa- der das medizinische und zahnmedizini- verloren, ist jedoch nicht berechtigt. Das lisierung, zum Beispiel die Ausbreitung sche Grundlagenwissen über die Körper- Berufsbild, auch die Berufsausübung des von Epidemien, Umweltrisiken, sucht ori- funktionen beinhaltet. In diesem Studi- Zahnarztes werden nicht alleine vom Stu- entierter und anderer gesundheitsschäd- enabschnitt verläuft das Studium der dium der Zahnmedizin geprägt. Zusätzli- licher Lebensweisen, seien „Anpassun- Zahnmedizin parallel zum Studium der che Kompetenzen und Qualifikationen gen des gesundheits- und wissenschafts- Medizin. Der darauf folgende klinische wurden in der Vergangenheit stets und politischen Handelns“ geboten. Zugleich Studienabschnitt von sechs Semestern werden auch künftig postgradual erwor- müssten „die Gesundheitssysteme konti- wird in zwei Teile aufgeteilt. Während im ben. nuierlich weiterentwickelt, die biomedizi- fünften und sechsten Semester die Aus- nischen Wissenschaften substanziell bildung an standardisierten Ausbildungs- Fort- und Weiterbildung, der Grundsatz unterstützt und die Übertragung von For- situationen („Phantom“) erfolgt, wird im des „life-long-learning“ gewährleisten schungsergebnissen in die Versorgung siebten bis zehnten Semester am Patien- bereits heute, dass medizinische wie stärker zielgerichtet gesteuert werden“. ten ausgebildet. auch und gerade technologische Innova- Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, tionen zeitnah in der Praxis ankommen. Mund- und Kieferkrankheiten (DGZMK) Neu eingeführt werden die Ausbildung in Dazu trägt die Digitalisierung einzelner hat in ihrer Stellungnahme zur Positionie- Erster Hilfe, ein einmonatiger Kranken- Arbeitsprozesse bei, die ihren Weg aus rung des Wissenschaftsrates angesichts pflegedienst und eine zweimonatige dem Labor zurück in die Praxis finden. der Realität an den Hochschulen Zweifel Famulatur in der zahnärztlichen Praxis. Ohnehin gilt es festzuhalten, dass viele, geäußert, ob der politische Wille vorhan- Hier werden die Kammern mit ins Boot gerade zahntechnische Innovationen im den ist, die vorgeschlagenen strukturel- genommen, um eine qualifizierte Aus- Sinne kommunizierender Röhren aus der len Maßnahmen umzusetzen. Insbeson- wahl der Lehrpraxen zu treffen. Auf die Praxis heraus auch in der Vergangenheit dere kritisierte die DGZMK, dass die Res- verschiedenen Studienabschnitte – nach ihren Weg in Wissenschaft und Lehre sourcen der Universitäten im Bereich der dem vierten, sechsten und zehnten fanden. Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in n Praxis und Wissenschaft – Semester – folgt jeweils eine staatliche den vergangenen Jahrzehnten überpro- Prüfung. portional stark beschnitten wurden. kommunizierende Röhren Abteilungen wurden zusammengelegt, Die Prüfung am Ende des vorklinischen die Zahl der Professuren ist rückläufig. Studienabschnitts entspricht in Aufbau Indem der Verordnungsgeber die Emp- „Die zurzeit herrschenden strukturellen und Inhalt dem bisherigen Ersten fehlungen des Wissenschaftsrates auf- Rahmenbedingungen geben unseren Abschnitt der Ärztlichen Prüfung. Der nimmt, will er die fachliche Weiterent- jungen Mitarbeitern vielerorts nur wenig schriftliche Teil der ärztlich-zahnärztli- wicklung der Zahnmedizin zu Prävention, Platz für wissenschaftliche Tätigkeiten, chen Prüfung findet künftig gemeinsam Therapie und Erhaltung aller oralen da sie bei allgemein hoher Arbeitsver- für die Studiengänge Medizin und Zahn- Strukturen einschließlich der Entwick- dichtung vorrangig in der Lehre und medizin an einem bundeseinheitlichen lung neuer Behandlungstechniken und - Krankenversorgung beschäftigt sind“, so Termin statt. formen in die zahnmedizinische Ausbil- die wissenschaftliche Fachgesellschaft. dung forcieren. Dem veränderten Insofern sei vielen Einrichtungen schon Neugewichtung der Ausbildungsinhalte Gesundheitsbewusstsein in der Bevölke- von vornherein die Möglichkeit genom- Von zentraler Bedeutung: In Zukunft rung, dem deutlichen Rückgang der men, sich für ein ambitioniertes wissen- werden die Ausbildungsinhalte des Kariesprävalenz und der möglichen Zah- schaftliches Programm zu qualifizieren. Zahnmedizinstudiums neu gewichtet. nerhaltung bis ins Alter soll Rechnung Chancengleichheit im grundsätzlich Die Grundlagen der präventiven und getragen werden. Damit treten versor- begrüßenswerten Wettbewerb sei in restaurativen Inhalte sollen besser und gungspolitische Ziele verstärkt in den Bezug auf die Zahnmedizin an den Hoch- frühzeitiger in die Ausbildung einbezo- Vordergrund der akademischen Ausbil- schulen nicht gegeben. gen werden. Zahntechnische Lehrinhalte dung. Ob dies noch dem Grundsatz der werden dagegen auf die Arbeitsweisen Freiheit von Forschung und Lehre sowie konzentriert, die der Zahnarzt kennen dem Grundrecht auf freie Wahl des 6 ZNS 9-17
LEITARTIKEL Berufes entspricht, hat der Dekan der Medizinischen Fakultät an der Mün- chener Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), Prof. Dr. Reinhard Hickel, im Baye- rischen Zahnärzteblatt dieser Tage zu Recht infrage gestellt. Den Paradigmenwechsel hin zur Präven- tion haben die zahnärztliche Praxis, wis- senschaftliche Fachgesellschaften und Berufsorganisationen, allen voran die Zahnärztekammern, beginnend mit der Neubeschreibung einer präventionsori- entierten Zahn-, Mund- und Kieferheil- kunde, längst vollzogen. Wenn nun durch die Angleichung des vorklinischen Studienabschnitts an die medizinische Ausbildung, wenn durch mehr medizini- sche Unterrichtsveranstaltungen im klini- schen Studienabschnitt Allgemeiner- krankungen künftig besser in der Zahn- medizin Ausbildung abgebildet werden sollen, dann ist dies für die zahnärztliche Studieninhalte ohne Mehrbelastung für die Haushalte der Bundesländer? Foto: about pixel Praxis nichts Neues. Die Begründung des Verordnungsgebers täten im Bereich Zahnmedizin und Medi- n Wie geht es weiter? für den Entwurf einer neuen Approbati- zin zu verbessern, wollen sich vor allem onsordnung klingt also nicht mehr origi- die Bundesländer die neuen Studienin- Trotz vieler Vorbehalte haben die zahn- nell. Zahnmedizin und zahnärztliche Pra- halte und -strukturen allesamt ohne ärztlichen Standesorganisationen, der xis haben längst schon die Erkenntnis Mehrbelastung für ihre Haushalte „ein- Medizinische Fakultätentag und die gewonnen, dass orale Befunde als Früh-, kaufen“. Um die für notwendig gehalte- DGZMK den Willen des Verordnungsge- Leit- und Begleitsymptome Hinweise für ne Betreuungsrelation im sogenannten bers, die zahnärztliche Approbationsord- die Diagnostik und Therapie einer Allge- Phantomkurs von bisher 1:20 auf 1:15 nung nun endlich ein Stück weit zu meinerkrankung geben können. Und Lehrende zu Studierenden und beim modernisieren, begrüßt. Ursprünglich dass umgekehrt allgemeinmedizinische Unterricht am Patienten von bisher 1:6 sollte die Zustimmung des Bundesrates, Erkrankungen und deren Therapie Ein- auf 1:3 Lehrende zu Studierenden zu also der Bundesländer, bereits im Mai fluss auf die zahnärztliche Behandlung erhöhen, soll – so simpel ist das aus Sicht erfolgen. Dann geriet der Zeitplan wegen haben. Da hinkt die Beschreibung der der Politik – einfach die Zahl der Studien- der parallel verlaufenden Diskussion über Studieninhalte des Zahnmedizinstudiums plätze reduziert werden. (Um dann in den „Masterplan Medizinstudium der zahnärztlichen Realität seit Langem zehn Jahren lauthals zu beklagen, dass 2020“, wo das Bundesland Baden-Würt- hinterher. Was will man erwarten, wenn die Zahl der zahnärztlichen Niederlassun- temberg überraschend Bedenken hin- eine Approbationsordnung seit mehr als gen sinkt?) sichtlich der Finanzierung äußerte, ins 50 Jahren (!) im Kern nicht mehr an den Stocken. Nachdem allerdings der Medi- medizinischen Fortschritt angepasst wor- Auch die erwünschte Stärkung der wis- zin-Masterplan im April doch noch – den ist? senschaftlichen Kompetenz bei den Stu- ohne Aussage zur Finanzierung des dierenden, beispielsweise bei den Reformvorhabens – verabschiedet wer- Endlich, so könnte man sagen, dämmert Schwerpunkten Medizinische Biometrie, den konnte, scheint die Bahn frei für eine auch der Politik, dass es in der Medizin Medizinische Informatik, Literaturrecher- Novellierung der zahnärztlichen Appro- einen Erkenntnisgewinn gibt, der sich che und -bewertung und „evidenzbasier- bationsordnung – nach mehr als einem gerade in den staatlich vorgegebenen te Medizin“, die als „Querschnittsbe- Jahrzehnt zum Teil quälender und nicht Ausbildungsinhalten eines Studiums nie- reich“ eingeführt werden soll, wird ohne nachvollziehbarer Diskussion. derschlagen sollte. Doch die Freude dar- zusätzliche Investitionen in die Infrastruk- über währt nicht lange. Denn die Politik tur der Hochschulen nicht stattfinden. Rechtsanwalt Peter Knüpper hätte diesen Fortschritt im Bereich des Ohnehin erscheint die von der Politik Hauptgeschäftsführer der Bayeri- Studiums gerne zum „Nulltarif“, sprich postulierte Ausrichtung an der Wissen- schen Landeszahnärztekammer kostenneutral. schaftlichkeit der künftigen Ausbildung und Geschäftsführer der Kassen- fragwürdig, da doch zunehmend versor- zahnärztlichen Vereinigung Bayerns n Kunstgriff bei der gungspolitische Aspekte in den Vorder- Betreuungsrelation grund gesetzgeberischen Handels rük- Mit freundlicher Nachdruckgenehmi- ken, so spürbar auch beim jetzt vorgeleg- gung des BDIZ EDI konkret, Ausgabe Statt die Finanzausstattung der Universi- ten „Masterplan Medizinstudium 2020“. 2/2017. ZNS 9-17 7
FORUM Vom Pilotprojekt zum Milliardengrab? Wie steht es um die elektronische Gesundheitskarte? – Interview mit Heise-Online Die Geschichte der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) ist eine unendli- che Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen. Gut unterrichtete Kreise melde- ten kürzlich den baldigen Tod des IT-Pro- jekts. Ist der Bundestagswahlkampf so langweilig, dass man das Milliardenpro- jekt still und heimlich beerdigen will? Oder ist das Sommerloch so groß, dass das Ungeheuer von Loch Ness nicht mehr ausreicht, um Schlagzeilen zu produzie- ren? Angeblich gibt es Pläne, wonach die neue Bundesregierung das Aus des IT- Projekts beschließen werde. Bundesge- sundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) dementiert. Doch der Zeitplan gerät mal wieder aus den Fugen, denn seine Vorga- ben, dass jede Arztpraxis bis 1. Juli 2018 mit einem Kartenlesegerät beliefert sein muss, ist aufgrund von Lieferschwierig- keiten nicht zu halten. Die ZNS-Redakti- on fragt bei Detlef Borchers, IT-Spezialist und Redakteur von Heise-Online, nach. Steht die elektronische Gesundheits- karte aus Ihrer Sicht vor dem Aus? Nein. Die eGK ist von den gesetzlichen Kassen ausgegeben, bei fast allen schon in der zweiten Generation. Und sie bewährt sich durchaus in dem, was die Krankenkassen fordern, nämlich den Versicherten-Stammdatenabgleich. Der Heise-Redakteur Detlef Borchers erklärt aus IT-Sicht die Sache mit der elektronischen Gesundheitskarte. Median lag im Pilottest Nordwest (Südost Foto: privat scheiterte) bei 27 Sekunden für den Datenabgleich. Das „vor dem Aus” ist und die haben sich in endlosen Sitzungen die VPN-Konnektoren auf den Markt Wahlkampfgetöse. Wenn überhaupt, ist kräftig bekriegt. Die IT‘ler in der Gematik, bringen wollten. Der große Knall fand man wieder einmal dabei, die Ausrich- denen es ja um Fortschritte geht, leiden 2009 statt, als Firmen wie Siemens und tung der eGK zu verändern. Sie startete darunter. Viele sehr gute Leute haben NCR die Entwicklung von Konnektoren unter Ulla Schmidt mit eGK und eRezept. das Handtuch geworfen – und darunter aufgegeben haben. Jetzt ist eGK und ePA (elektronische leidet das „IT-Projekt”. Patientenakte) die angesagte Lösung. Welche Kosten kommen auf eine, Inzwischen drängt sich der Vergleich sagen wir mal normale Arztpraxis Viele Köche verderben ja bekanntlich mit dem Berliner Flughafen auf. Wie auf dem Land zu, wenn sie sich die den Brei. Haben zu viele Interessen- kann es sein, dass es nur eine Firma Lesegeräte und VPN-Konnektoren gruppen mitspielen wollen und das gibt, die VPN-Konnektoren liefern anschafft? IT-Projekt somit ausgebremst? kann? Hat die Gematik ihre Hausauf- gaben nicht gemacht? „Auf dem Land” wäre generell die Frage, Mitspielen wollen ist der falsche Aus- wie diese Arztpraxis überhaupt an das druck. Bei der Projektgesellschaft Gema- Die Gematik hat das, was „Hausaufga- Internet angeschlossen ist. Ich normali- tik ist – mit Ausnahme der Patientenor- ben” sind, sehr ordentlich gemacht, nur siere hier lieber auf Arztpraxis allgemein. ganisationen, also den dauerhaft Betrof- eben diese Hausaufgaben oftmals und Auf eine Arztpraxis kommen Kosten um fenen – allen ins Boot geholfen worden vielmals revidiert. Es gab sechs Firmen, 4500 Euro zu, wobei es Zuschüsse gibt, 8 ZNS 9-17
die quartalsmäßig 'abfallen'. Beispiel: FORUM Wer einen Konnektor jetzt bestellt, soll 2620 Euro Zuschuss erhalten, wer das im 2. Quartal 2018 tut, bekommt nur noch 1909 Euro. Jetzt macht eine Warnung von Gematik und Krankenkassen die Runde, dass die eGK der ersten Gene- ration ab dem 4. Quartal 2017 nicht mehr in den Praxen eingelesen wer- den soll. Was bedeutet das für den Patienten? Da ist Ärger vorprogrammiert. Auf der Karte muss ein G2 stehen. Nur diese Kar- te „beherrscht“ die kryptografischen Hashes, die für online geschaltete Praxen erforderlich sind. Die Krypto-Algorithmen haben eine zeitlich begrenzte Gültigkeit. Was konkret haben die Versicherten von einer Karte, wie sie derzeit kon- zipiert ist? Die Versicherten haben derzeit nichts von der Karte. Wie sie konzipiert ist, hat damit nichts zu tun, sondern es geht viel- mehr darum, dass nichts außer den für die Krankenkassen interessanten Stamm- daten und der Zuzahlungsstatus ge- Medikamentenplan auf der eGK? Foto: about pixel speichert sind. Kritiker haben unter anderem davor gewarnt, dass die gespeicherten Daten nicht sicher seien. Wie sieht es richtigt im Falle…. Den Unsinn mit den petenz erlebt hat, kann dem nächsten mit dem Datenschutz aus? Notfalldaten lassen wir hier mal beiseite. Minister nur dazu raten, das Sanktions- modell des eHealth-Gesetzes schleunigst Der Datenschutz ist hoch, insbesondere, Sind wir im internationalen Vergleich zu überdenken. weil inzwischen die zweite Generation in diesem Bereich bereits abgeschla- der eGK mit den neuesten Vorgaben des gen? Vielen Dank für Ihre Ausführungen! BSI (Anm.d.Red.: gemeint ist das Bundes- amt für Sicherheit in der Informations- Nein. Ein internationaler Vergleich von Die Fragen stellte Anita Wuttke. technik) bei fast allen Krankenkassen medizinischen Versorgungssystemen ist ausgegeben wurde. Ein „Bruch” dieser nach meinem Kenntnisstand seriös nicht Kryptografie-Vorgaben ist derzeit noch möglich. Wie wollen Sie Deutschland mit nicht gemeldet worden. Ländern vergleichen, die genau eine Kein Grund zur Eile gesetzliche und eine private Krankenkas- Für Zahnärzte besteht nach wie vor Welche Bedeutung messen Sie einer se kennen oder eine einheitliche Bürger- kein Grund zur Eile, auch wenn der eGK für Deutschland bei? Identifikation, über die Ärzte wie Ver- Online-Rollout am 1. Juli 2017 begon- sicherte die Daten erhalten? nen hat. Wie die KZVB im KZVB-trans- Die große Bedeutung der eGK liegt für parent verlauten lässt, gibt es mittler- die Jüngeren darin, dass sie sich klarma- Wenn Sie dem Bundesgesundheits- weile eine Finanzierungsvereinbarung chen müssen, ob der „zweite Markt” – minister zur eGK einen guten Rat zwischen der KZBV und dem GKV-Spit- mit Apps und Fitness-Armbändern und geben dürften, wie würde der ausfal- zenverband. Eine Broschüre der KZBV, so weiter und so fort – im Rahmen der len? die online erhältlich ist, beantwortet eGK für sie zulässig ist. Für die Älteren alle Fragen rund um den Online- sind AMTS (Anm.d.Red.: Arzneimittel- Der aktuelle Gesundheitsminister be- Rollout: www.kzbv.de/telematikinfra- therapiesicherheit), der Medikamentati- treibt Wahlkampf und deshalb ist jeder struktur. onsplan und ihre persönlichen Verfügun- gute Rat nutzlos. Wer Ulla Schmidt oder gen wichtig – sprich: wer wird benach- Philipp Rösler als Höhepunkt der Inkom- ZNS 9-17 9
FORUM Bundesverfassungsgericht stärkt Kammersystem BLZK begrüßt Entscheidung aus Karlsruhe In einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 12. Juli 2017, 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13) stärkt das Bundesver- fassungsgericht den Kammern den Rücken. Aus der Sicht des obersten deutschen Gerichts gewährleistet die Pflicht- mitgliedschaft im Kammersystem, dass die Betroffenen ihre Interessen einbringen können und fachkundig vertreten werden, heißt es in einer Pressemeldung der BLZK. Damit sind zwei Unternehmen geschei- tert, die Verfassungsbeschwerden gegen die Pflichtmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern eingereicht hatten – darunter eine Firma aus Memmingen. Sie hatten sich in Karlsruhe erfolglos dagegen gewehrt, die damit verbunde- nen Beiträge zu zahlen. Als Begründung gaben sie an, die regionalen Kammern (wohlgemerkt: Industrie- und Handels- kammern) seien angesichts der europäi- schen Einigung und globaler Märkte nicht mehr in der Lage, Unternehmensin- teressen angemessen zu vertreten. Die Beitragspflicht sei nicht zu beanstan- den, heißt es in dem an Anfang August veröffentlichten Beschluss des Bundes- verfassungsgerichts. Damit folgen die Richter der Linie früherer Entscheidun- gen, zuletzt von 2001. Nach knapp 16 Jahren haben sie die Organisation in den Kammern einer neuen, umfangreichen Prüfung unterzogen. Erstmals ging es dabei auch um die demokratische Legiti- wirtschaftliche Selbstverwaltung typi- mern gelten. „Auch die Zahnärztekam- mation. So untersuchten die Richter die schen Verbindung von Interessenvertre- mer nimmt ihre Aufgaben auf der internen Strukturen und das Wahlverfah- tung, Förderung und Verwaltungsaufga- Grundlage gesetzlicher Regelungen im ren. ben, heißt es dazu aus der BLZK. „In den Heilberufe-Kammergesetz wahr. Dazu Die Verfassungsrichter argumentieren in Entscheidungsgründen bestätigt das zählt die Vertretung der beruflichen ihrem aktuellen Beschluss, die Pflichtmit- Bundesverfassungsgericht ausdrücklich Belange aller rund 16 000 Zahnärztinnen gliedschaft greife zwar in die grundge- die Bewertung des Gesetzgebers, dass und Zahnärzten in Bayern ebenso wie die setzlich geschützte allgemeine Hand- private Verbände mit freiwilliger Mit- Fort- und Weiterbildung, die Mitwirkung lungsfreiheit ein. Das sei aber gerechtfer- gliedschaft nicht in gleichem Maße die in der öffentlichen Gesundheitspflege tigt, wenn damit "die Voraussetzungen Belange und Interessen aller Betroffenen und die Berufsaufsicht.“ dafür geschaffen werden, ein Gesamtin- ermitteln und vertreten können wie eine teresse zu ermitteln, das tatsächlich alle Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Rechtsanwalt Peter Knüpper, Hauptge- Betriebe und Unternehmen berücksich- Pflichtmitgliedschaft und Pflichtbeiträ- schäftsführer der BLZK, ergänzt: „Selbst- tigt". Das setze voraus, dass abweichen- gen. Weiter betont das Bundesverfas- verwaltung ist ein konstitutives Element de Interessen oder grundlegende Interes- sungsgericht, dass der Wert die Kam- unserer rechtsstaatlichen Ordnung. Sie senkonflikte nicht unterschlagen wer- mern nicht nur auf ihrer Unabhängigkeit gewährleistet, dass aus Betroffenen den. Die Wahl zur Vollversammlung sei vom Staat, sondern auch auf der breiten Beteiligte werden, die ihre Angelegen- dafür geeignet. Informationsbasis beruht, die sich aus heiten in eigener Verantwortung der Pflichtmitgliedschaft ergibt.“ regeln.“ Zu begrüßen sei auch, dass das Der Deutsche Industrie- und Handels- Bundesverfassungsgericht die Rechts- kammertag (DIHK) begrüßte die Ent- In einer ersten Stellungnahme begrüßte grundlage für die Erhebung von Mit- scheidung – ebenso die Bayerische Lan- der Präsident der Bayerischen Landes- gliedsbeiträgen im Zusammenhang mit deszahnärztekammer. Die gesetzlich zahnärztekammer (BLZK), Christian Ber- der Pflichtmitgliedschaft bestätigt habe. festgelegten Aufgaben der Kammern ger, die Entscheidung, deren zentrale entsprächen nach den Feststellungen des Aussagen auch für die funktionale Quellen: Bundesverfassungsgerichts der für die Selbstverwaltung der Heilberufekam- Spiegel-Online, PM der BLZK 10 ZNS 9-17
Google muss nicht löschen FORUM Landgericht Augsburg lehnt Klage eines Zahnarztes ab Das Landgericht Augsburg hat entschieden, dass ein Zahnarzt eine Ein-Punkt-Bewertung seiner Praxis bei der Such- maschine dulden muss, da es sich um eine Meinungsäußerung handelt. Anfang 2016 vergab ein Nutzer für die nun, dass es sich bei der Ein-Stern- Konzern wurde außerdem darin bestä- Praxis die niedrigst mögliche Bewertung, Bewertung, die keine Begründung tigt, die Nutzerdaten nicht herausgege- einer von fünf Sternen, woraufhin der umfasste, um eine zulässige Meinungs- ben zu haben. Das Urteil ist noch nicht Zahnarzt Google zur Löschung auffor- äußerung handele, zudem das Persön- rechtskräftig. derte. Auf Googles Weigerung hin reich- lichkeitsrecht des Zahnarztes nicht ver- te er Klage ein. Das Landgericht urteilte letzt werde. Der Suchmaschinen- Quelle: Augsburger Allgemeine AS-Akademie startet 9. Studiengang Zahnärzte haben die Zukunft der Selbstverwaltung selbst in der Hand Seit 18 Jahren bietet die zahnärztliche Selbstverwaltung ein besonderes berufsbegleitendes Fortbildungsangebot für Zahnärztinnen und Zahnärzte an, die Interesse an der Übernahme von Verantwortung in Gremien der zahnärztlichen Berufspolitik und Selbstverwaltung haben und sich das notwendige Know-how dafür zulegen wollen. Derzeit 15 zahnärztliche Körperschaften Studiengang der AS Akademie. Dieser Semester sind als Aufbaukurs konzipiert. unter der Schirmherrschaft von BZÄK zehnte postgraduale Fortbildungsgang Hier geht es dann um Praxis- und Quali- und KZBV tragen die Fortbildungsplatt- erstreckt sich über zwei Jahre bis Dezem- tätsmanagement, Gesundheitsökono- form, mit dem Ziel einer umfassenden ber 2019. Die Veranstaltungen finden an mie, Gesundheitssystemforschung, Sozi- wissenschaftlich und systematisch aus- insgesamt zehn Wochenenden (jeweils almedizin, Epidemiologie, europäische gerichteten Selbstprofessionalisierung von Donnerstagnachmittag bis Samstag- Entwicklungen, Verbandsstrategien, der Zahnärzteschaft für den Erhalt und mittag) in Form von Seminarblöcken Kommunikation sowie Öffentlichkeits- die Stärkung der Freiheit im Heilberuf. statt, mit jeweils fünf Terminen in Berlin und Pressearbeit. Die Soft-skills und und vor Ort bei den Landeskammern und die Persönlichkeitsentwicklung werden n Profundes Wissen – KZVen der Trägerkörperschaften. Wis- ebenfalls fokussiert. berufsbegleitend erlernt senschaftlicher Leiter der Akademie ist Prof. Dr. Christoph Benz, Vizepräsident Die Studienvermittlung erfolgt unter wis- Neben der politischen Fortbildung erhal- der Bundeszahnärztekammer. Die senschaftlicher Leitung von Prof. Dr. ten die Teilnehmer zudem auch Rüstzeug Geschäftsführung hat Dipl.-Math. Inna Christoph Benz, durch hochkarätige für das betriebswirtschaftliche Manage- Dabisch, MPH (BZÄK), inne. Dozenten aus Politik, Wissenschaft und ment ihrer Praxis. Zum umfangreichen Praxis. Die Studiengebühr beträgt 3.900 Themenspektrum der Akademie gehören n Nur vier Semester – Euro. Das zweijährige Curriculum wird u. a. Recht und Ökonomie des Gesund- umfassender Stoff gemäß den Leitsätzen der heitswesens und der Zahnarztpraxis, BZÄK/DGZMK/KZBV zur zahnärztlichen Gesundheitssystemforschung, Rhetorik, Die Lehrveranstaltungen werden als Vor- Fortbildung mit Punkten bewertet. Eine Öffentlichkeitsarbeit, Diskussionsforen lesungen, Übungen und Seminare abge- Anmeldung für den 10. Studiengang ist zu aktuellen gesundheitspolitischen The- halten. Die Kurse sind mit rund 20 Teil- ab sofort möglich. men mit Entscheidungsträgern. Besuche nehmern besetzt. Die ersten beiden bei politischen Institutionen in Berlin und Semester bilden einen Grundkurs, in Seit 2011 besteht eine teilweise Anrech- Brüssel runden ein vielseitiges interdiszi- dem das Recht der Heilberufe, Grundla- nungsmöglichkeit des AS-Curriculums plinäres Studienprogramm ab. gen der Freiberuflichkeit, politische Ent- auf das postgraduale Studium an der Den 9. Studiengang der Akademie wer- scheidungsverfahren sowie Grundzüge APOLLON Hochschule der Gesundheits- den Ende dieses Jahres 21 zahnärztliche der Volkswirtschaftslehre angeboten wirtschaft Bremen zum Master of Health Kolleginnen und Kollegen mit dem Zerti- werden. Des Weiteren stehen das Recht Management sowie im Masterstudien- fikat „Manager in Health Care Systems“ der GKV, Grundzüge der Gesundheits- gang „Integrated Practice in Dentistry“ abschließen. und Sozialpolitik, zahnärztliche Selbst- der Akademie für Zahnärztliche Fortbil- verwaltung, Meinungsbildung und Ent- dung in Karlsruhe. n Jetzt anmelden scheidungsverfahren in der Berufspolitik sowie Grundzüge der Betriebswirtschaft Am 1. März 2018 beginnt dann der neue auf dem Lehrplan. Das dritte und vierte PM der AS-Akademie ZNS 9-17 11
FORUM ABZ eG meldet Bilanzgewinn Generalversammlung und Jubiläumsfeier der Genossenschaft Vor 25 Jahren wurde die Abrechnungs- und Beratungsgesellschaft für Zahnärzte, eingetragene Genossenschaft (ABZ eG), als Reaktion auf das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) gegründet. Heute präsentiert sich die Genossenschaft als wirtschaftlicher Partner der Zahnärztinnen und Zahnärzte. Auf der diesjährigen Generalversammlung in München meldete der Vorstandsvorsitzende Dr. Hartmut Ohm den Bilanzgewinn von 1.172.819,15 Euro für das Geschäftsjahr 2016 (2015: 715.636,27 Euro). Für das Jahr 2016 weist die ABZ eG eben- so wie im Vorjahr eine deutliche Steige- rung des Bilanzgewinns aus: 0,45 Mio. Euro mehr als im Jahr 2015. „Das Erlös- wachstum im Honorarmanagement für kieferorthopädische Praxen in ganz Deutschland hat sich auch im Berichts- jahr fortgesetzt“, stellte Dr. Ohm in sei- nem Rechenschaftsbericht fest. Die Gesamteinnahmen des Unternehmens konnten um 8 Prozent auf 5,3 Mio. Euro gesteigert werden, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit um 0,42 Mio. Euro. Entsprechend folgte die Schwaben war stark vertreten bei der diesjährigen Generalversammlung: hier mit dem ehemaligen vollbesetzte Generalversammlung der KZVB-Justiziar Dr. Christian Freund, ABZ-Vorstand Heinz M. Abler, BLZK-Präsident Christian Berger und ABZ eG im Hotel „The Charles“ in Mün- Aufsichtsrat Dr. Hans Huber aus Illertissen. chen am 1. Juli 2017 dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, eine Jubilä- zusammen. Der relative Anteil des Eigen- glieder zwei Anteile/Mitglied halten. Bis- umsdividende von 7,5 Prozent je kapitals am Gesamtkapital lag zum herige Mitglieder haben insgesamt 180 Geschäftsanteil auszuschütten. Dr. Ohm: Bilanzstichtag bei rd. 57 Prozent.“ Anteile nachgekauft, was einen Nettozu- „Mit diesem guten Ergebnis können wir gang an Geschäftsanteilen von 163 auf unseren Mitgliedern im Jubiläumsjahr Zum Bilanzstichtag wies die ABZ eG ein Geschäftsguthaben von nun 3,894 eine besonders attraktive Dividende für 3.257 Mitglieder auf, die 3.894 Mio. Euro ausmacht. In Zukunft wird sich das vergangene Geschäftsjahr zusätzlich Geschäftsanteile halten. Während die die ABZ eG laut Dr. Ohm besonders um zu einer genossenschaftlichen Rückver- Mitgliederzahl leicht rückläufig ist (Ver- die Mitgliedergewinnung kümmern. Die gütung ausschütten und unsere Eigenka- lust von 68 Mitgliedern gegenüber 27 jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte sol- pitalbasis für zukünftige Herausforderun- Neueintritten), ist die Zeichnung von len noch mehr vom wirtschaftlichen Nut- gen stärken. Unser Eigenkapital setzt sich Anteilen gegenüber dem Vorjahr zen der ABZ eG für ihre Mitglieder über- jetzt fast hälftig je aus Geschäftsgutha- gewachsen. Im Schnitt hält jedes Mit- zeugt werden. Der Appell des Vorstands- ben und Rücklagen mit Bilanzgewinn glied 1,1 Anteile, während die Neumit- vorsitzenden: „Um dieses Ziel zu erreichen ist es wichtig, auch die Unter- stützung aus dem Kreis der Mitglieder zu erhalten. Die beste Werbung für die ABZ eG ist die Weiterempfehlung durch unse- re Mitglieder in der Zahnärzteschaft. Dies geschieht noch zu wenig.“ Seit Gründung der ABZ eG vor 25 Jahren hat die ABZ eG Geschäftsfelder hinzuge- wonnen. Neben der Datenverarbeitung für die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) im Bereich der kieferor- thopädischen Behandlungsfälle bietet die aus 30 Mitarbeitern bestehende Genossenschaft Dienstleistungen in der Praxisberatung – seit 1995 hat sie über Verleihung der silbernen Ehrennadel des Genossenschaftsverbandes an den scheidenden Vorstand der 400 Praxen begleitet -, leistet Unterstüt- ABZ eG. Das Bild zeigt (v.l.n.r.) Dr. Alexander Büchel, Vorstandsmitglied des Bayerischen Genossen- schaftsverbandes, Dr. Bruno Weber sowie Vorstandsvorsitzender der ABZ eG, Dr. Hartmut Ohm. zung im Bereich des Qualitätsmanage- Bildquelle: Dr E. Heidenreich/ABZ eG ments für kleines Geld und hat seit 1992 12 ZNS 9-17
FORUM Vorstand und Aufsichtsrat der ABZ eG (v.l.n.r.) Vorstand Heinz M. Abler, Aufsichtsrat Dr. Jens Kober, Vorstandsvorsitzender Dr. Hartmut Ohm, Aufsichtsratsvor- sitzender Dr. Gerhard Kluge, Aufsichtsrat Dr. Hans Huber sowie Dr. Bruno Weber, der nach 20 Jahren im Vorstand der ABZ eG in den Ruhestand geht. Bildquelle: Wuttke/ABZ eG über 10.000 Teilnehmer in Seminaren Aufsichtsrats der ABZ eG gewählt. Im geschult. Auch der Negativtrend im Den- Vorstand hat sich der langangekündigte talhandel konnte umgekehrt werden. und vorbereitete Wechsel vollzogen. Dr. Das Handelsgeschäft entwickelt sich seit Bruno Weber geht in den Ruhestand. 2015 positiv. Das abgewickelte Bestellvo- Ihm folgt Heinz M. Abler nach, der lumen stieg 2016 gegenüber dem Vor- bereits seit Januar im Vorstand mitarbei- jahr erneut an und lag bei 3,4 Mio. Euro tet, um die reibungslose und zukunftssi- (2015: 3,28 Mio. Euro). Die umfangrei- chere Übergabe in der Genossenschaft che Praxisberatung der ABZ eG wird seit zu gewährleisten. Heinz M. Abler war 2016 durch die neue Struktur mit der viele Jahre Vorstandsmitglied der Bank ABZ BestPraxis GmbH weiter ausgebaut. für Ärzte und Freie Berufe AG in Wien Deren Geschäftsführer, Dipl.-Kfm. und zuvor in verschiedenen Manage- Michael Kreuzer, ist zudem auch für die mentfunktionen, u.a. als Generalbevoll- ABZ eG unmittelbar tätig. 2015 wurde mächtigter in der Deutschen Apotheker- Dr. Alois Schneck, München, erinnerte an die die Zertifizierung des ABZ-Qualitätsma- und Ärztebank e.G., tätig. Er bringt Anfänge der ABZ eG. nagementsystems abgeschlossen. Im neben seiner ausgewiesenen Expertise März 2015 hat die ABZ eG das Zertifikat im Finanzdienstleistungsgeschäft auch nach DIN ISO 9001:2008 erhalten. eine breite Erfahrung im Gesundheitswe- Zuwächse kommen für die ABZ eG aus sen mit. dem Bereich des KFO-Honorarmanage- Turnusgemäß stand die Wahl einer der ments. „Wir planen hier eine weitere drei Aufsichtsratspositionen an. Dr. Ger- Geschäftserwartungen: Die ABZ eG Steigerung und müssten damit die 54 hard Kluge stellte sich zur Wiederwahl erwartet im laufenden Geschäftsjahr sta- Mio. Euro-Grenze überschreiten“, so die und wurde einstimmig gewählt. Er wur- bile Umsätze. Die Umsätze mit der KZVB Prognose von Dr. Hartmut Ohm. de in der anschließenden Aufsichtsrats- werden entsprechend der steigenden sitzung wieder zum Vorsitzenden des Fallzahlen geringfügig steigen. Größere Erratum In den ZNS 7/8-2017 ist uns leider ein Fehler unterlaufen. Im Beitrag zum Jan Lindhe Award für Professor Schwarz (Nobelpreis in der Implantologie) haben wir fälschlicherweise das falsche Foto abgedruckt. Das gezeigte Foto gehört zum Beitrag „Keramiken und Kunststoffe Ersatz für Metalle“. Wir bitten diese Verwechslung zu entschul- digen! Standing Ovations für Dr. Bruno Weber, der über 20 Jahre die Geschicke der ABZ eG als Vorstandsvorsit- Redaktion zender und Vorstandsmitglied lenkte. Bildquelle: Dr E. Heidenreich/ABZ eG ZNS 9-17 13
FORUM Fachkräftemangel in Bayern: Es ist 5 vor 12 Verband Freier Berufe diskutierte mit bayerischen Politikern vor der Bundestagswahl Der Fachkräftemangel ist neben dem EU-Dienstleistungspaket für den Verband Freier Berufe in Bayern (VFB) eines der drängenden Probleme – und betrifft nicht nur die Freien Berufe. Auch die Bundesagentur für Arbeit hat den Mangel für den Bereich der technischen und Gesundheitsberufe in Deutschland erkannt. Beim diesjährigen parlamentarischen Abend des VFB im Bayerischen Hof in München diskutierten Vorstand und Gäste des VFB mit Vertretern von fünf poli- tischen Parteien über Lösungsmöglichkeiten. Das Thema hat laut Präsident Michael Schwarz höchste Priorität für die Freien Berufe in Bayern. VFB-Präsident Michael Schwarz umriss die Themen, die die Freien Berufe aktuell bedrücken: Fachkräftemangel, EU- Dienstleistungspaket, mit dem die EU- Kommission erneut versucht, die regu- lierten Berufe und damit auch die Selbst- verwaltungen abzubauen. Das für Deutschlands Apotheken existenzbe- drohliche Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu Versandapothe- ken gehört ebenso zu den Problemfällen für die Freien Berufe wie das Vertragsver- letzungsverfahren, mit dem die EU-Kom- mission vor dem EuGH versucht, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu kippen. Ziel ist letzt- lich das Beseitigen jeglicher Honorarord- Diskutierten mit beim diesjährigen Parlamentarischen Abend des Verbands Freier Berufe (v.l.n.r.) Daniel nungen für Freie Berufe zugunsten Föst (FDP), Moderator Dr. Thomas Kuhn, Simone Barrientos (DIE LINKE), Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen), Inge Aures (SPD), Dr. Astrid Freudenstein (CSU) und VFB-Präsident Michael Schwarz. der Niederlassungsfreiheit innerhalb Foto: Nover/Verband Freier Berufe Europas. gliedstaaten exportiert werden – diese jedoch alle Fachberufe im Gesundheits- Schwarz appellierte an die Repräsentan- Meinung vertraten fast alle. Einzig Bar- wesen. „Wie retten Sie uns?“, fragte ten der Parteien, Dr. Astrid Freudenstein, rientos forderte eine Umorientierung: Moderator Kuhn provokant. Für Dr. Freu- MdB, CSU, Inge Aures, MdL, Vizepräsi- „Wir können nicht Globalisierung wollen denstein von der CSU liegt das Problem dentin des Bayerischen Landtags von der und die eigenen Pfründe schützen.“ an falsch verteilten Ärzten. Ihre Partei SPD, Katharina Schulze, MdL, Fraktions- Auch beim Thema Apothekenversand- wolle bereits im Studium vorbeugen und vorsitzende für Bündnis 90/die Grünen handel weitgehend Übereinstimmung. mit einem Zuwanderungsgesetz gegen- im Landtag, Daniel Föst, Generalsekretär Die CSU will den Versandhandel verbie- steuern. Die Grünen fordern ein Einwan- der FDP Bayern, und Simone Barrientos, ten, SPD setzt sich für den Erhalt und derungsgesetz, das vom Asylrecht ent- Mitglied im Landesvorstand von DIE LIN- Stärkung der Strukturen der Apotheken zerrt werden müsse. „Wir brauchen eine KE, sich für diese Themen einzusetzen in Deutschland ein, lediglich die FDP sieht geregelte Zuwanderung“, forderte die und Stellung zu beziehen, schließlich darin nicht das größte Problem – sofern Sozialdemokratin Inge Aures, die auch stellten die Freien Berufe mit 253.410 die flächendeckende Versorgung sicher- die technischen Berufe mit einbezogen Selbstständigen nicht nur den stärksten gestellt sei, so Föst. wissen wollte. Verband in Bayern dar, sondern bildeten mit ihrer Arbeit auch das Rückgrat der Das meistdiskutierte Thema des Abends: „Die Freien Berufe müssen gegensteu- Gesellschaft. Insgesamt gibt es 882.400 der Fachkräftemangel. Hier war auch ern. Der Fachkräftemangel ist kein Phan- Erwerbstätige in den Freien Berufen eine gewisse Ratlosigkeit der Parteienver- tom, wie es manche Medien gerne allein in Bayern. Die Diskussion über die treter/innen zu erkennen, wie das Pro- abtun, und auch kein prognostiziertes Themen, geführt von Rechtsanwalt Dr. blem denn angegangen werden sollte. Problem in der Zukunft. Er ist bereits Rea- Thomas Kuhn, 1. Vizepräsident des VFB, Dass es ein Problem darstellt, machte lität“, so VFB-Präsident Michael Schwarz. verlief harmonisch und die Diskutanten VFB-Präsidiumsmitglied Rüdiger von Ese- „Mit der Digitalisierung allein wird sich bekannten sich zum dualen Ausbildungs- beck, 3. Vorsitzender des bayerischen dieses Problem nicht lösen lassen!“ system in Deutschland und zum Erhalt Landesverbandes der Physiotherapeuten, der Selbstverwaltung. Solche Strukturen deutlich. Er sprach von einer Unterversor- Anita Wuttke müssten gegenüber Europa verteidigt gung von 16 Prozent allein in seiner und im Gegenteil sogar in andere Mit- Berufsgruppe. Der Mangel beträfe Quelle: PM des VFB 14 ZNS 9-17
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