BERICHT - FORSCHUNG FÜR DIE ZUKUNFT - Hochschule Bonn ...

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FORSCHUNG
          FÜR DIE
          ZUKUNFT

               2018
TREE
JAHRES
BERICHT
BERICHT - FORSCHUNG FÜR DIE ZUKUNFT - Hochschule Bonn ...
Inhalt
     Vorwort                                            3

     TREE in Zahlen                                     4

     Nachhaltigkeit - Akzeptanz - Technikvermittlung    8

     Effiziente Mobilität                              10

     Energieeffizienz und Erneuerbare Energien         14

     Modellbildung und Simulation                      18

     Nachhaltige Werkstoffe und Materialien            22

     Ressourcenschonende Produkte und Prozesse         36

     Campus to World                                   38

2 | Inhalt
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Vorwort
 Für das Institut war das Jahr 2018 geprägt von neuen Ideen, Kolleg*innen und Projekten. Wir freuen uns sehr,
 dass unsere Tätigkeit innerhalb und außerhalb der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) anerkannt und gewür-
 digt wird.

 Als Highlights werden sicherlich zwei Ereignisse im Gedächtnis bleiben: Einerseits wurde die H-BRS vom Bund als
 „innovative Hochschule“ ausgezeichnet und TREE übernimmt hierbei im Teilprojekt „CitizenLab“ bis Ende 2022
 eine tragende Rolle. Das Projekt kümmert sich um die sogenannte „Third Mission“, dem Transfer in Unterneh-
 men und Gesellschaft. Dies ist uns aufgrund der Forschung an nachhaltigen Technologien ein besonderes Anlie-
 gen. Andererseits wurde unser Forschungsschwerpunkt „Effiziente Transportalternativen“ beim Tag der offenen
 Tür des Bundespräsidenten im Garten der Villa Hammerschmidt in Bonn präsentiert. Auch hier zeigte sich, dass
 TREE sich um Themen kümmert, die die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes „bewegen“.

 Die Institutsaktivitäten werden natürlich stark von den handelnden Personen bestimmt. Hier freut es uns beson-
 ders, dass unsere kooperative und interdisziplinär ausgerichtete Forschung von jungen, neuen Kolleg*innen als
 attraktiv empfunden wird. Zwei von Ihnen, Prof. Dr. Tanja Clees und Prof. Dr. Christian Dresbach, möchten wir
 Ihnen hier etwas näher vorstellen. Durch die Berufung von drei Forschungsbereichsleiter*innen
 auf Forschungsprofessuren hat unsere Hochschule dem TREE mehr Ressourcen zur Verfügung
 gestellt. Dies freut uns und ist uns Verpflichtung zugleich, auch in Zukunft an Innovationen zu
 arbeiten, die in der Gesellschaft ankommen.

 Prof. Dr. Alexander Asteroth und Prof. Dr. Dirk Reith
 Institutsleitung
                                                                                                            Vorwort | 3
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TREE in Zahlen
     Mitglieder des TREE haben im Jahr
                                                Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen
     2018 an zahlreichen öffentlich geför-

                                                                                              20
     derten und drittmittelfinanzierten Pro-
     jekten gearbeitet und Ihre Ergebnisse
     der wissenschaftlichen Gemeinschaft

                                                                      24
     und der Öffentlichkeit vorgestellt. Pu-
     blikationen in wissenschaftlichen Fach-
     zeitschriften und diverse Preise für
     Vorträge und Veröffentlichungen bele-
                                               Professor*innen
     gen die Relevanz und die Qualität der
     Forschung im TREE. Vollständige Publi-
     kationslisten und Projektbeschreibun-

                                                                                                   13
     gen finden sich auf der Homepage des
     Instituts.

                                                 Forschungsprofessuren
                                                                                 4
      https://www.h-brs.de/
      tree/personen                                                    Laufende Drittmittel-Projekte
4 | TREE in Zahlen
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32                      37
https://www.h-brs.de/
tree/publikationen             Masterarbeiten       Publikationen

                          28                      4
https://www.h-brs.de/
tree/promotionsprojekte
                               Doktorand*innen     Abgeschlossene
                                                   Promotionen

                               8                  41
https://www.h-brs.de/
tree/preise                    Gewonnene Preise   Konferenzbeiträge

                                                       TREE in Zahlen | 5
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6 | Forschungsbereiche
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EINBLICKE IN
UNSERE
FORSCHUNGSBEREICHE

             Einblicke 2018 | 7
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Nachhaltigkeit - Akzeptanz - Technikvermittlung
    Nachhaltigkeit - ein ambitioniertes        ihr persönliches Engagement für Nach-       Projekt BiKuMedia -
    Wort für viele... Im Institut TREE         haltigkeit in Forschung und Lehre ver-      Biokunststoffe in der Gesellschaft
    „gelebter Anspruch und Vision“             deutlichen. Das Leitbild orientiert sich    Medien spiegeln Diskurse in der Ge-
                                                                                           sellschaft ausgewogen wider und lie-
    Der verantwortungsvolle Umgang mit         an der Definition nach Brundtland
                                                                                           fern wichtige Informationen zur
    Energie und natürlichen Ressourcen ist     (1987), den Sustainable Development         Meinungsbildung. „Über die Medien
    für nachhaltiges Leben und Wirtschaf-      Goals der Vereinten Nationen (2015)         bekommt man Hinweise, warum be-
    ten unerlässlich. Wissenschaftler*innen,   und der Deutschen Nachhaltigkeitsstra-      stimmte Technologien in der Gesell-
    die im TREE zu technisch-naturwissen-      tegie. Anhand des Leitbildes richten sich   schaft nicht angenommen werden,
    schaftlichen und gesellschaftlichen Fra-   Forschung und Lehre im TREE aus.            problematisch erscheinen oder andere
    gestellungen forschen, wollen dazu         Ebenso implementieren die Wissen-           besonders gut angenommen werden“,
                                                                                           erklärt Katharina Seuser, Leiterin des
    einen Beitrag leisten. Sowohl der For-     schaftler*innen die Prinzipien der Nach-
                                                                                           Projektes BiKuMedia. Wissenschaft-
    schungsprozess als auch das Ziel - Tech-   haltigkeit in ihre Arbeit.
                                                                                           ler*innen bietet das die Möglichkeit,
    niklösungen für gesellschaftliche und                                                  Probleme und Chancen einer Techno-
    ökologische Herausforderungen - wer-       „Wir wollen Nachhaltigkeit in unserer       logie frühzeitig zu entdecken, zu nut-
    den vor dem Hintergrund ihrer sozialen,    Forschung und Lehre leben. Sie soll kei-    zen und zu kommunizieren. Anfang
    ökologischen und wirtschaftlichen Aus-     ne Worthülse sein. Jeder versucht, sei-     Oktober 2018 startete daher das
    wirkungen reflektiert.                     nen Beitrag in seinem Bereich zu            Projekt BiKuMedia (Biokunststoffe im
                                               leisten“, so Katharina Seuser, Leiterin     Spiegel der Medien), gefördert vom
                                                                                           Bundesministerium für Ernährung und
    Forscher*innen geben sich ein              des Forschungsbereiches Nachhaltig-
                                                                                           Landwirtschaft (BMEL), mit dem Ziel,
    Leitbild für Nachhaltigkeit                keit-Akzeptanz-Technikvermittlung. Das      die verschiedenen Meinungen aus den
    Die Forscher*innen des TREE wollen mit     Leitbild wird von den TREE-Mitgliedern      Medien reproduzierbar und standardi-
    einem Leitbild, das in einem offenen       fortlaufend weiterentwickelt.               siert zu analysieren und somit Rück-
    Diskussionsprozess entwickelt wurde,                                                   schlüsse auf die Akzeptanz in der
                                                                                           Gesellschaft schließen zu können.
8 | Nachhaltigkeit - Akzeptanz - Technikvermittlung
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Sichtbarkeit von Nachhaltigkeit            Photovoltaik-Anlagen mit Messgeräten
Energie, Mobilität, innovative Werkstof-   für Wetter- und Solarleistungsprogno-
fe und Verfahren und Technikakzeptanz      sen. Auf diese Weise können Ertrags-
- schon bei der Namensgebung der For-      prognosen optimiert werden.
schungsschwerpunkte in TREE sind die
Bezüge zur Nachhaltigkeit sichtbar. Die    Der Forschungsbereich „Nachhaltige        Prof. Dr. Katharina Seuser
Zusammenarbeit über Fachbereiche und       Werkstoffe und Materialien“ forscht       Professorin für Journalistik und
Fachdisziplinen hinweg ermöglicht eine     unter anderem daran, eine Alternative     Medienproduktion
große Themenvielfalt und die Triangula-    für den Bausektor zu schaffen, die kon-   Leiterin des TREE Forschungsbereichs
tion verschiedener Forschungsansätze.      ventionelle Kunststoffe aus fossilen      Nachhaltigkeit - Akzeptanz -
                                                                                     Technikvermittlung
                                           Quellen stückweit ersetzen kann. So
                                                                                     https://www.h-brs.de/
So befasst sich der Forschungsbereich      könnte in Zukunft aus Pflanzen gewon-
                                                                                     emt/dr-katharina-seuser
„Effiziente Mobilität“ mit effizienten     nenes Lignin kunststoffhaltige Dämm-
Transportalternativen (eTa) von der        stoffe und Schäume substituieren.         drängenden Probleme der Gegenwart
Entwicklung neuer Verfahren zur            Nachwachsende Rohstoffe sind eine         lösen zu können, muss sich das Prinzip
Strömungsmessung über Modelle für          nachhaltige Alternative zu fossilen       der Nachhaltigkeit in den Berufsbildern
den Ausbau der Ladeinfrastruktur bis       Quellen.                                  der nächsten Generation festigen und
hin zur Akzeptanz von Elektrofahrrä-                                                 zum Selbstverständnis reifen.
dern als Teil einer nachhaltigen Indivi-   Nachhaltiges Forschen und Lehren          Forscher*innen in TREE, die sich zum
dualmobilität.                             inspirieren sich gegenseitig              Ziel gesetzt haben, Nachhaltigkeit in ih-
                                           Gleichbedeutend mit der Forschung ist     rem Berufsfeld gezielt zu fördern, ha-
Der Forschungsbereich „Energieeffizienz    der Stellenwert der Lehre und des wis-    ben entsprechende Studiengänge und
und Erneuerbare Energien“ koppelt          senschaftlichen Nachwuchses. Um die       Studienangebote entwickelt.

                                                                                                              Einblicke 2018 | 9
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Effiziente Mobilität
    eTa - effiziente                            sammen, um sich den Herausforderun-         räder, die stromlinienförmig verkleidet
    Transportalternativen                       gen der Mobilitätswende zu stellen.         sind. Sie können sowohl mit Muskel-
    Nachhaltige Mobilität und der Bedarf        Unter Leitung von Professor Alexander       kraft allein, aber auch in Kombination
    an energieeffizienten Fahrzeugen für        Asteroth erforschen die Wissenschaft-       mit einem Elektromotor angetrieben
    den Straßenverkehr beschäftigen Ge-         ler*innen interdisziplinär die Effizienz    werden. Softwaregestützt arbeitet
    sellschaft, Politik und Wissenschaft. Un-   von Fahrzeugen und gehen der Frage          Asteroths Team daran, dass Zusam-
    ter dem Dach des Forschungsinstituts        nach alternativen Mobilitätskonzepten       menspiel von Muskelkraft und Motor
    TREE arbeiten Wissenschaftler*innen         und der Akzeptanz von Technologien in       sowie Steuerung zu optimieren.
    aus Informatik, Ingenieurswissenschaf-      der Bevölkerung nach. Das Ministerium       Auch der Faktor Mensch spielt zuneh-
    ten, Wirtschaftswissenschaften, Natur-      für Innovation, Wissenschaft und For-       mend eine Rolle. Doktorandin Melanie
    wissenschaften sowie Kommunikations-        schung des Landes NRW fördert das           Ludwig arbeitet an Methoden, die die
    expert*innen seit 2017 im Projekt „eTa      Vorhaben bis Juni 2021.                     Herzfrequenz je nach aufgebrachter
    - effiziente Transportalternativen“ zu-                                                 Kraft beim Fahren vorhersagen können.
                                                Effiziente Fahrzeuge                        Diese sollen schließlich in eine Trai-
                                                Nicht allein der Antrieb ist ausschlagge-   ningsplan-Software integriert werden.
                                                bend für die Effizienz eines Fahrzeuges.    Wie man Fahrzeugkarosserien optimie-
                                                Auch die Form und Bauweise sind ent-        ren kann, den Luftwiderstand und da-
                                                scheidend. Professor Alexander Aste-        mit Energieverluste reduziert, versuchen
                                                roth und seine Arbeitsgruppe gehen          die Forscher*innen anders als im Wind-
                                                neue Wege. Sie beschäftigen sich mit        kanal bei freier Fahrt unter realen Be-
                                                Fahrzeugen, die von bekannten und           dingungen zu messen. Dafür setzen sie
                                                klassischen Konzepten abweichen.            autonom fliegende Hexacopter mit Ka-
                                                Velomobile sind dreirädrige Spezialfahr-    mera ein. „Indem wir Fahrzeuge

10 | Forschungsbereiche eTa
effizienter machen, können wir den        Technik-Akzeptanz                          hingegen setzen auf die Befragungen
Energieverbrauch und damit die stei-      Nachhaltige Forschung muss sich mit        von Fokusgruppen, Einzelinterviews
genden Emissionswerte des Individual-     gesellschaftlicher Akzeptanz auseinan-     und Gruppendiskussionen. Sie untersu-
verkehrs senken“, sagt Asteroth. „Für     dersetzen, ist das Forscherteam der eTa-   chen unter anderem die Akzeptanz des
ein Umdenken muss es Alternativen zu      Arbeitsgruppe „Technik-Akzeptanz“          autonomen Personentransports. Ihre
fossilen Antrieben im Individualverkehr   überzeugt. Sie beschäftigten sich mit      Arbeit „User Acceptance of Fully Auto-
geben“, betont er.                        der Frage, ob Menschen überhaupt be-       nomous Public Transport“ erhielt den
                                          reit sind, neue Mobilitätskonzepte und     Best Paper Award der International
                                          technische Entwicklungen anzunehmen.       Conference on e-Business. „Um die
                                          Professorin Katharina Seuser und ihre      Akzeptanz gegenüber neuen Technolo-
                                          Mitarbeiter*innen untersuchen die Ak-      gien zu steigern, müssen Menschen be-
                                          zeptanz durch die Analyse journalisti-     reits bei der Gestaltung dieser
                                          scher Qualitätsmedien. „Über die           Technologien beteiligt werden“, beto-
                                          Medien bekommt man Hinweise,               nen Bossauer und Pakusch. Ihr Paper
                                          warum bestimmte Technologien in der        „Using Time and Space Efficiently in
                                          Gesellschaft nicht angenommen wer-         Driverless Cars: Findings of a Co-Design
                                          den, problematisch erscheinen oder an-     Study“ zeigt wie Menschen in die Ge-
                                          dere besonders gut angenommen              staltung autonomer Fahrzeuge einbe-
                                          werden“, erklärt sie. Aus den Ergebnis-    zogen werden können. Das Paper
Melanie Ludwig                            sen der Medienanalyse lassen sich Kom-     wurde auf der weltweit führenden
Doktorandin Informatik                    munikationsstrategien für vertrauens-      Konferenz für Human Computer Inter-
https://www.h-brs.de/                     bildende Maßnahmen herleiten.              action in Glasgow mit einer Honorable
inf/melanie-ludwig                        Christina Pakusch und Paul Bossauer        Mention ausgezeichnet.

                                                                                                            Einblicke 2018 | 11
Kooperationspartner                         terest (POIs). Das sind geeignete            Ziel, ihre Forschung der Öffentlichkeit
    Mit Projektbeginn fanden sich schnell       Standorte für die Platzierung der Lade-      zu präsentieren. Nahezu immer zogen
    Kooperationspartner aus Politik, For-       stationen. Das Ziel ist ein optimales Ras-   die Velomobile große Aufmerksamkeit
    schung und Wirtschaft. Mit der Stadt        ter für die Verteilung von Ladesäulen zu     auf sich. Schon beim Museumsmeilen-
    Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis teilen        definieren, um den Anforderungen für         fest im Juni 2018 zeigte sich, dass sie
    die Mitarbeiter*innen des Projektes eTa     die Zukunft gerecht zu werden. Mit den       nicht nur für die Erwachsenen, sondern
    das Bestreben, die Region als Wirt-         Unternehmen „GKN Driveline“,                 auch für kleine Gäste große Anzie-
    schaftsstandort attraktiv zu gestalten.     „akkurad.com“ und „e-bility“ fand das        hungsmagneten waren. Professor Klaus
    Dazu gehört unter anderen der Ausbau        Projekt eTa regionale Partner aus der        Lehmann und Melanie Ludwig, verant-
    der Ladeinfrastrukturen für elektrisch      Wirtschaft. Das Fraunhofer-Institut für      wortlich für die Organisation, waren
    angetriebene Fahrzeuge. Die Arbeits-        Naturwissenschaftlich-Technische             gut vorbereitet. Die Doktorandin ge-
    gruppe von Professorin Stefanie             Trendanalysen (INT) kooperiert mit For-      staltete eigens für die eTa-Veranstal-
    Meilinger arbeitet mit ihren Kooperati-     schungsergebnissen zum Thema Tech-           tungsreihe ein kindgerechtes und
    onspartnern eng zusammen an der op-         nologievorausschau. Das Deutsche             verständliches Comic-Heft, das die
    timalen Verteilung von Ladesäulen im        Museum Bonn lud die eTa-Mitarbei-            Forschung der Wissenschaftlerin an-
    Bonner Stadtgebiet und im Kreis. Um         ter*innen dazu ein, die Besucher*innen       schaulich erklärt. „Wir möchten beson-
    den Ausbauzielen der Bundesregierung        des Bonner Museumsmeilenfestes an            ders Kinder frühzeitig für nachhaltige
    für Elektromobilität gerecht zu werden,     einem Stand mit interessanten Expona-        Mobilität begeistern und ich denke,
    muss die Zahl der Ladesäulen von 256        ten über ihre Arbeit zu informieren.         dass wir beim bei unseren Veranstal-
    im Jahr 2016 bis zum Jahr 2020 stetig                                                    tungen den Grundstein dafür legen
    auf 935 erhöht werden. Um dieses Ziel       eTa im Blick der Öffentlichkeit              können“, sagt Ludwig.
    zu erreichen, ermitteln sie aus aktuellen   2018 nahmen die Projektmitglieder ak-
    Verkehrsdaten sogenannte Points of In-      tiv an Veranstaltungen teil, mit dem

12 | eTa im Blick der Öffentlichkeit
Schon kurz nach dem Bonner Muse-
umsmeilenfest lud Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier das Forscher-
team der Institutes TREE zum Tag der
offenen Tür auf das Gelände der Villa
Hammerschmidt in Bonn ein. Rund
14.000 Besucher*innen ließen sich die
Gelegenheit nicht entgehen, den zwei-
ten Amtssitz des Staatsoberhauptes und
die Stände verschiedener Wissenschaft-
seinrichtungen anzuschauen. Steinmei-
er und seine Ehefrau Elke Büdenbender
ließen sich trotz hohen Zeitdrucks viel
Zeit beim Gespräch mit Projektleiter
Alexander Asteroth und Hochschulprä-       Gelegenheit für ausführliche Besucher-      eTa auf dem Tag der offenen Tür
sident Hartmut Ihne. Die eTa-Exponate      befragungen. „Wir freuen uns, dass wir      der Villa Hammerschmidt
erregten aber nicht nur beim Bundes-       das Projekt eTa mit all seinen Facetten     Bundepräsident Frank-Walter
präsidenten, sondern auch bei den Be-      einem interessierten Publikum vorstellen    Steinmeier und seine Frau
sucher*innen und hier besonders bei        durften“, sagt Asteroth. Die lokale Pres-   Elke Büdenbender am eTa-Stand im
Familien großes Interesse. Es gab viele,   se berichtete 2018 regelmäßig sehr po-      Gespräch mit Hochschulpräsident
auch kritische Fragen, welche die eTa-     sitiv, nicht nur über die Veranstal-        Hartmut Ihne und Professor
                                                                                       Alexander Asteroth
Mitglieder gerne beantworteten. Auch       tungen, sondern auch über die
die Forscher*innen nutzen ihrerseits die   Arbeit der Wissenschaftler.

                                                                                                           Einblicke 2018 | 13
Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
    MetPVNet: Forschung für die                  Meilinger, Professorin für Nachhaltige
    Energieversorgung der Zukunft                Technologien, das Konsortialprojekt
    Energieeffizienz ist nicht nur Bestandteil   MetPVNet, das bis Oktober 2020 vom
    des Institutsnamens TREE sondern eine        Bundesministerium für Wirtschaft und
    zentrale Thematik in Forschung und           Energie mit insgesamt rund zwei Millio-
    Lehre. 2012 gab der deutsche Gesetz-         nen Euro gefördert wird. MetPVNet
    geber das Ziel vor, bis zum Jahr 2050        steht für die „Entwicklung innovativer
    mindestens 80 Prozent des Stromver-          satellitengestützter Methoden zur ver-
    brauchs aus erneuerbaren Energien zu         besserten PV-Ertragsvorhersage auf
    decken. Die Erzeugung von Photovol-          verschiedenen Zeitskalen für Anwen-
    taikstrom unterliegt wetterbedingten         dungen auf Verteilnetzebene“ (FKZ:        Prof. Dr. Stefanie Meilinger
    Schwankungen. Deren genaue Vorher-           0350009A-G, Förderzeitraum:               Professorin für nachhaltige
    sage ist eine große Herausforderung für      01.11.2017-31.10.2020). Im Rahmen         Technologien, insb. erneuerbare
    den Betrieb der Stromnetze. Um Net-          des Projektes arbeiten verschiedene       Energiesysteme, Energieeffizienz
                                                                                           Leiterin des TREE Forschungsbereichs
    zengpässe in Übertragungs- und Vertei-       Expert*innen aus der Atmosphärenfor-
                                                                                           Energieeffizienz und erneuerbare
    lungsnetzen zu verhindern, können            schung und den Themenfeldern der Er-
                                                                                           Energien
    Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber       neuerbaren Energien, der Energie-         https://www.h-brs.de/
    die Stromeinspeisung aus Photovoltaik-       wirtschaft und der Energiesystemtech-     prof-dr-stefanie-meilinger
    anlagen reduzieren, Der Anlagenbetrei-       nik zusammen. Ziel ist es wetterbeding-
    ber muss darüber allerdings spätestens       te Schwankungen in der Produktion         Ein Verbundprojekt mit acht Part-
    am Vortrag informiert werden. Dies ist       und Einspeisung von Photovoltaikstrom     nern*innen aus Forschung und
    nur mit entsprechenden Vorhersagen           besser vorherzusagen und so das           Wissenschaft
    möglich. Seit Ende 2017 leitet Stefanie      Stromnetzmanagement zu verbessern.        Im Rahmen des Projektes arbeitet die

14 | Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Projektlei-     wetterbedingter Netzschwankungen           nen im Raum Kempten genutzt, um
tung) mit acht weiteren Partner*innen       durch Photovoltaikeinspeisung.             möglichst flächendeckend Daten zu er-
aus Forschung und Wirtschaft zusam-                                                    fassen. „Zurzeit sind zwei Projektmitar-
men. Hierzu gehören die Ludwig-Maxi-        Erfolgreiche Messkampagne im               beiter*innen der H-BRS mit weiteren
milians-Universität München, die            Allgäu                                     Projektpartner*innen für die zweite
Universität Heidelberg, die Fraunhofer-     Im Herbst 2018 fand die erste von zwei     Sommer-Messkampagne im Allgäu und
Institute für Energiewirtschaft und Ener-   großen Messkampagnen im Raum               wir sind alle sehr gespannt auf die Er-
giesystemtechnik IEE sowie für Solare       Kempten statt. „Das war ein erster be-     gebnisse“, sagt Meilinger.
Energiesysteme ISE, das Leibniz Institut    deutender Meilenstein und eine gute        In einem nächsten Schritt werden die
für Troposphärenforschung, das Deut-        Grundlage für die Modellierer*innen.       Messdaten nun als Input für Simulatio-
sche Zentrum für Luft und Raumfahrt         Die Daten bilden eine wichtige Basis,      nen und für die Validierung von Model-
und aus dem Unternehmensverbund             mit der sie arbeiten können“, sagt Pro-    len genutzt. Wieviel Energie eine
Allgäuer Überlandwerk GmbH die egrid        fessorin Stefanie Meilinger, Wissen-       Photovoltaikanlage erzeuge, hänge von
applications & consulting GmbH. Als as-     schaftlerin des Institutes TREE und        vielen Faktoren ab, erklären die Dokto-
soziierter Partner ist die BonnNetz         Direktorin des Internationalen Zentrums    randin Anna Herman-Czezuch und
GmbH dabei. In fünf Arbeitspaketen          für Nachhaltige Entwicklung (IZNE). Aus    Masterstudent Rone Yousif, die beide
werden verschiedene Teilziele verfolgt,     der ersten Messreihe habe man viel ge-     im Projekt mitarbeiten. Dazu zählt ins-
die miteinander verknüpft sind und im       lernt und konnte die Zweite optimieren.    besondere die Zusammensetzung der
Projekt zusammenlaufen. Jede*r der          Neben zwei Mastermessstationen auf         Atmosphäre, neben den Wolken auch
Partner*innen hat einen anderen Blick-      dem Dach der Hochschule Kempten so-        Aerosole, kleine Partikel in der Atmo-
winkel und nutzt andere Methoden.           wie in einem südlich gelegenen Photo-      sphäre, sowie Spurengase wie CO2 und
Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung        voltaik-Park haben die Wissenschaftler*    Ozon. Rone Yousif beschäftigt sich im
besserer Werkzeuge für die Vorhersage       innen zusätzlich ca. 20 kleinere Statio-   Rahmen seiner Masterarbeit mit dem

                                                                                                              Einblicke 2018 | 15
Energie 4.0
    Einfluss von Aerosolen und Wolken.         Tanja Clees ist neue Professorin im        schungsarbeit nun im neu gegründeten
    Anna Herman-Czezuch untersucht den         Institut TREE                              Zentrum für Angewandte Forschung
    Einfluss der Variabilität des solaren      Anfang 2018 wurde das Institut TREE        (ZAF) der H-BRS weiterführen.
    Spektrums auf den Photovoltaikertrag.      im Fachbereich Elektrotechnik, Maschi-
    Die Ergebnisse dieser Arbeiten liefern     nenbau und Technikjournalismus um ei-      Hydrogen-Lab - Forschung für
    einen Beitrag zur Entwicklung verbes-      ne weitere Professur vergrößert:           Power-to-Gas und
    serter Vorhersagen.                        Tanja Clees ist seit Februar Professorin   Energie 4.0
    MetPVNet sei nur ein erster Schritt in     für Ingenieurwissenschaften - und dabei    Eine wesentliche Fra-
    der Entwicklung und Anwendung von          insbesondere für die Ingenieurinforma-     gestellung bei der Um-
    wetterbedingten PV-Vorhersagen für         tik sowie die Modellbildung und Simu-      setzung der
    ein zukünftiges Stromnetzmanagement.       lation. Zuvor war sie am                   Energiewende ist die
    Nicht alle Fragen seien abschließend ge-   Fraunhofer-Institut SCAI für die Leitung   Speicherung der elek-
    klärt und auch nach Ablauf des Projek-     des Bereichs „High Performance Analy-      trischen Energie, die
    tes bedürfe es weiterer Forschung, der     tics“ zuständig und unterstützt auch       aus erneuerbaren
    sich das Expert*innenteam auch in Zu-      jetzt noch in einer Nebentätigkeit das     Energien gewonnen
    kunft widmen wolle.                        dortige Projekt „MYNTS“ (Multiphysical     wurde, für solche Zei-
    Bereits seit 2014 betreibt Meilinger ge-   Network Simulator). Mittels MYNTS las-     ten, in denen Wind
    meinsam mit ihren Mitarbeiter*innen        sen sich Energienetze für mehrere Ener-    und Sonnenlicht nicht
    die Energiemeteorologische Messstation     gieformen modellieren, planen und          ausreichend verfügbar
    der H-BRS am Standort Sankt Augustin,      simulieren, was einen wichtigen Grund-     sind. Eine Möglichkeit
    deren Ergebnisse viele Forschungspro-      stein für die erfolgreiche Durchführung    stellt Power-to-Gas
    jekte der Hochschule nutzen.               der Energiewende darstellt. Innerhalb      (P2G) dar:
    Weitere Infos: http://metpvnet.de/         des TREE kann Clees ab 2019 diese For-

16 | Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
der verfügbare Strom wird über das         „Während des gesamten Prozesses wer-
Prinzip der Wasserelektrolyse in Wasser-   den im Sinne von BigData & Energie 4.0
             stoff (H2) umgewandelt        Sensordaten gesammelt. Damit lassen
             und könnte so leichter ge-    sich diese kleineren Experimente zu-
             speichert werden, als es      künftig auf gesamte Energienetze ska-
             derzeit möglich ist.          lieren.“, so Clees.

            Im TREE Hydrogen-Lab           Spaß an Lehre und Forschung
            werden daher physikali-        An ihrer Arbeit schätzt Tanja Clees vor
            sche wie auch simulati-        allem die Abwechslung zwischen ange-
            onsgestützte Experimente       wandter Forschung und der Lehre. „Die
            durchgeführt, um die           Lehre im Fachbereich macht mir Spaß -
            Energieeffizienz von Me-       besonders die Projektwochen. Im Hy-
            tallhydridspeichern zu un-     drogen-Lab ist eine komplette Abbil-        Prof. Dr. Tanja Clees
            tersuchen. Auch wird der       dung des Wasserstoffkreislaufs möglich      Professorin für
            gesamte Kreislauf              - dies konnte ich zuvor nur mit rein vir-   Ingenieurwissenschaften insb.
            erforscht: Energieerzeu-       tuellen Daten simulieren.“ resümmiert       Ingenieurinformatik, Modellbildung
                                                                                       und Simulation, Institut TREE
            gung über Solarzellen;         Clees ihre bisherigen Erfahrungen als
                                                                                       https://www.h-brs.de/
             Umwandlung in Wasser-         TREE-Professorin.
                                                                                       emt/tanja-clees
             stoff; Erzeugung von
               Strom aus dem gespei-
                cherten Wasserstoff.

                                                                                                            Einblicke 2018 | 17
Modellbildung und Simulation
    Interdisziplinäre Forschung und           Dazu werden eigenständige Methoden-        Wasserstoffspeicherung - Von der
    Unterstützung aller TREE-                 entwicklungen vorgenommen, um je-          Simulation in die Praxis und wie-
    Forschungsbereiche                        derzeit in der Lage zu sein, aktuelle      der zurück: David Dreistadts
                                                                                         Promotionsprojekt
    Der Forschungsbereich Modellbildung       technische Probleme computergestützt
                                                                                         In Zusammenarbeit mit der Universität
    und Simulation unter der Leitung von      bearbeiten und lösen zu können. Er-
                                                                                         Hamburg sowie in enger Kooperation
    Professor Gerd Steinebach ist Disziplin   gebnisse aus den mit Hilfe der Simulati-
                                                                                         mit dem Unternehmen GKN Powder
    übergreifend angelegt und unterstützt     on durchgeführten Computer-                Metallurgy untersucht der studierte
    andere TREE-Forschungsgruppen bei         experimenten und aus praktischen Ex-       Maschinenbauer und Mechatroniker
    Aufgaben, die komplexe Berechnungen       perimenten stehen gleichberechtigt ne-     David Dreistadt seit April 2018 Spei-
    erfordern. Daneben werden eigene For-     beneinander und erlauben oft nur           chermöglichkeiten von Wasserstoff in
    schungsprojekte bearbeitet, deren Fo-     gemeinsam die Beantwortung komple-         Metallhydrid-Speichern für moderne
    kus im Bereich der angewandten und        xer Fragestellungen. So ergibt sich auf    Energieversorgungsnetzwerke. Dabei
    numerischen Mathematik liegt.             natürliche Weise eine enge Zusammen-       ist er bereits auf einem vielverspre-
                                              arbeit zwischen den Disziplinen Mathe-     chenden Weg zur Erstellung eines Si-
                                              matik, Informatik, Natur- und              mulationsmodells für
                                                                                         pulvermetallbasierte Wasserstoff-
                                              Ingenieurwissenschaften aus unter-
                                                                                         speicher in Power-to-Gas-to-Power
                                              schiedlichen Forschungsbereichen.
                                                                                         Systemen. Seine Software wird
                                                                                         grundlegende Erkenntnisse über die
                                                                                         optimale Auslegung und den Betrieb
                                                                                         von Wasserstoffnetzwerken liefern.
                                                                                         Nach Messungen an realen Systemen
                                                                                         wird der Doktorand Optimierungsan-
                                                                                         sätze definieren.

18 | Modellbildung und Simulation
Seminarreihe Modellbildung und             Die Seminarreihe kann heute auch als
Simulation mit unseren Kooperati-          Geburtsstätte des TREE-Forschungsbe-
onspartnern                                reiches „Modellbildung und Simulation“
2011 hatten Klaus Wolf vom Fraunho-        bezeichnet werden. Alle TREE-Profes-
fer-Institut für Algorithmen und Wis-      sor*innen, die in diesem Bereich for-
senschaftliches Rechnen SCAI sowie         schen, sind seit den Anfangstagen
Professor Wolfgang Joppich und Profes-     aktive Gestalter der Seminarreihe.
                                                                                     Prof. Dr. Gerd Steinebach
sor Dirk Reith (damals noch SCAI) vom
                                                                                     Professor für Mathematik, insb.
Fachbereich EMT die Idee, eine gemein-     Simulationskonsortium aus vier            mathematische Modellbildung und
same Seminarreihe ins Leben zu rufen,      starken Partnern der Region               numerische Simulation
mit dem Ziel, Projektergebnisse regel-     Die Dr. Reinold Hagen Stiftung stieß im   Leiter des TREE Forschungsbereichs
mäßig zu präsentieren und gemeinsam        Jahr 2014 dazu. Mitarbeiter und Stu-      Modellbildung und Simulation
zu diskutieren. Mit ihrer Idee rannten     denten der Stiftung präsentieren ihre     https://www.h-brs.de/
sie offene Türen ein und schnell eta-      Simulationsarbeiten aus der Kunststoff-   emt/prof-dr-gerd-steinebach
blierte sich die Seminarreihe zu Simula-   forschung. Seit 2018 gehören auch das
tionsthemen. Insbesondere Bachelor-        Institut für Simulations- und Software-   Sankt Augustin, des Fraunhofer SCAI
und Masterstudierende des Fachbe-          technik des Deutschen Zentrums für        am Schloss Birlinghoven und des DLR in
reichs, die am SCAI ihr Praxissemester     Luft- und Raumfahrt (DLR) zu den Part-    Köln-Wahn statt. Externe Redner*innen
absolvierten oder ihre Abschlussarbei-     nern und bereichern das Seminar mit       werden sehr gerne gehört. Der Leiter
ten schrieben, fanden Gelegenheit, ihre    Themen zur Raumfahrt und zur Aerody-      des Forschungsbereiches Professor Gerd
Ergebnisse einem größeren Publikum zu      namik. Die Seminare finden wechselnd      Steinebach beantwortet gerne Fragen
präsentieren.                              an den Standorten der Hochschule in       bei Interesse an der Seminarreihe.

                                                                                                           Einblicke 2018 | 19
20 | Forschung und Lehre
FORSCHUNG UND
LEHRE AUF
ZUKUNFTSKURS

           Auf Zukunftskurs | 21
Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
    Steffen Witzleben erhält                    Neue Großgeräte für die                 reitung, ein Feldemissions-Elektronen-
    Forschungsprofessur                         Forschung                               mikroskop mit Computertomografie-
    Seit dem 20. November ist Steffen           Seit Ende des Jahres stehen drei neue   System zur Erfassung von Oberflächen-
    Witzleben, Professor für Anorganische       Geräte in den Forschungslaboren am      strukturen im Nanometerbereich und
    und Analytische Chemie, Forschungs-         Campus Rheinbach: ein Cross-Section     ein X-Ray Microtomograph zur Ermitt-
    professor an der Hochschule Bonn-           Polisher zur optimierten Probenvorbe-   lung innerer Materialstrukturen.
    Rhein-Sieg. Durch diese besondere
    Wertschätzung seiner bisherigen For-
    schungsaktivitäten kann Witzleben sei-
    ne derzeitige Arbeit im Projekt
    „Hybrid-KEM“ intensivieren. Ziel des
    Projektes ist ein neues Knochenersatz-
    material zu entwickeln, das in seiner
    Zusammensetzung dem natürlichen Ge-
    webe nachempfunden ist und den Me-
    tabolismus (ggf. Stoffwechsel) positiv
    beeinflusst. Gefördert mit einer halben
    Million Euro vom Bundesministerium für
    Bildung und Forschung (BMBF) für vier
    Jahre und drei neuen Großgeräten,
    freut sich Witzleben über die Mittel, die
    seiner Forschung zur Verfügung stehen.

22 | Nachhaltige Materialien
Die neuen Geräte ermöglichen dabei           schung (ISF), als auch
deutlich höhere und bessere Auflösun-        Nachwuchswissenschaft-
gen gegenüber den bisherigen Geräten.        ler*innen und kooperie-
„Es bestand schon seit längerer Zeit der     rende Unternehmen von
Wunsch und der Bedarf, neue Geräte           Forschungsprojekten
anzuschaffen.“ teilte Witzleben mit, der     profitieren durch die
die Geräte in seinen Forschungsprojek-       Geräte. Die Geräte eröff-
ten nutzt. „Die hochauflösende elektro-      nen neue Wege der
nenmikroskopische Analyseplattform           Kooperation zwischen den
mit integrierter Computertomografie          Forschungsinstituten der
unterstützt nicht nur sehr erfolgreich       Hochschule und Unternehmen der              nung, Detektionstechnologien und
die laufenden Forschungsarbeiten, son-       Region. Witzleben teilt diese Sichtweise:   Sicherheitsforschung.
dern stellt vielmehr eine strategische In-   „Eine Vielzahl von laufenden Projekten
vestition zur Weiterentwicklung              wird von den innovativen analytischen
mehrerer Forschungsschwerpunkte der          Technologien dieses elektronenmikro-        Prof. Dr. Steffen Witzleben
H-BRS dar“. Die Geräte wurden im Rah-        skopischen Systems profitieren“.            Professor für Chemie, insb.
men der Fördermaßnahme FHInvest                                                          Anorganische und Analytische Chemie,
vom BMBF finanziert.                         Die Investition trägt auf diese Weise       Forschungsprofessur,
                                             nicht nur der Forschung und                 Leiter des TREE Forschungsbereichs
Investition fördert Kooperationen            Forschungskooperationen bei, sondern        Nachhaltige Werkstoffe und
mit Unternehmen                              ebenfalls der strategischen Weiterent-      Materialien
Sowohl Professor*innen im Institut           wicklung der Forschungsschwerpunkte         https://www.h-brs.de/
TREE, im Institut für Sicherheitsfor-        Materialforschung, Ressourcenscho-          anna/prof-dr-steffen-witzleben

                                                                                                           Auf Zukunftskurs | 23
Ressourcen der Zukunft - Nachwachsende Rohstoffe
    Lignin mit neuem Ansatz                    Biomasse aus Hölzern bzw. Gräsern be-      sucht Lignin als Kunststoff-Additiv. Xu-
    entschlüsseln                              steht hauptsächlich aus Lignin und Cel-    an-Tung Do und Rene Burger forschen
    Etwa 95 Prozent aller Kunststoffe wer-     lulose. Lignin, der „Klebstoff“ dieser     an der Entwicklung einer chemometri-
    den aus Erdöl, Erdgas bzw. Kohle her-      Biomassen, könnte auf Grund seiner         schen Methode zur Lignin-Analyse und
    gestellt. Um diese fossilen Ressourcen     Struktur als nachwachsender Rohstoff       zukünftigen Qualitätskontrolle. Zudem
    durch nachwachsende Rohstoffe (Grä-        erdölbasierte Bestandteile in der Kunst-   evaluieren sie gemeinsam mit einem In-
    ser, Hölzer, Abfälle) substituieren zu     stoffindustrie ersetzen.                   dustrie-Partner das Potential eines neu
    können, forscht Professorin Margit                                                    installierten NMR-Benchtopgerätes für
    Schulze an neuen Materialien im Projekt    Erst mit der strukturellen Aufklärung      die quantitative Analyse von Biopoly-
    „Biobasierte Produkte“. Kerngedanke ist    verschiedener Lignine mittels moderner     meren. Diese neuen Tischgeräte sind
    es, nachwachsende Rohstoffe stofflich      analytischer Methoden (u.a. Kernreso-      mit einem Permanentmagneten ausge-
    zu verwerten. „Wir arbeiten an der Her-    nanzspektroskopie, NMR), sind Rück-        rüstet und benötigen, im Gegensatz zu
    stellung neuer Polymere und Verbund-       schlüsse auf deren Eigenschaften und       großen NMR-Geräten, keine Kühlung -
    werkstoffe. Dazu nutzen wir Biomassen      Verwertung für unterschiedliche An-        ein großer Vorteil gegenüber den ho-
    wie Gräser oder Abfall, die weder in der   wendungsbereiche möglich. Im Team          hen Betriebskosten konventioneller
    Lebensmittel- noch Futterindustrie ver-    von Professorin Schulze untersuchen        NMR-Geräte. Das Benchtop-NMR wird
    wendet werden können“, so Schulze.         Doktorand*innen verschiedenste             in Forschung und Lehre eingesetzt und
    Der steigende Bedarf an Kunststoffen       Aspekte: Stephanie Klein forscht an Li-    fördert so die kooperative Zusammen-
    bei gleichzeitig schwindenden fossilen     gnin-basierten Materialien für Oberflä-    arbeit Studierender aller Semester mit
    Ressourcen, lässt nachwachsende Roh-       chenversiegelungen und Lacke, Jessica      Doktorand*innen und internationalen
    stoffe immer wichtiger für die chemi-      Rumpf arbeitet an Lignin als Bindemittel   Stipendiat*innen im Labor.
    sche Industrie werden.                     in Verpackungsmaterialien wie Papier
                                               und Karton, Abla Alzagameem unter-

24 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
Forschungsprofessur für                     warb die Doktorwürde. Der
Margit Schulze                              Titel seiner Dissertations-
                                            schrift ist: „Einfluss von
Am 18. Juli wurde Margit Schulze zur        Miscanthus-Genotyp und
Forschungsprofessorin an der Hoch-          Erntezeit auf Gehalt und
schule Bonn-Rhein-Sieg ernannt. Damit       Struktur von Lignin aus Or-
hat sie mehr Zeit für ihre Forschung.       ganosolv-Verfahren“. Im For-
Schulze sieht dies als Chance, ihre Lehre   schungsteam von Schulze
zu verbessern: „Interessante, aktuelle      untersuchte er, ob Genotyp
Lehre wird inspiriert durch Forschung.“     und Erntezeit einen Einfluss
Den wissenschaftlichen Nachwuchs zu         auf Ligninstruktur und
fördern - möglichst vom ersten Semes-       -gehalt von Miscanthus-Grä-
ter an - und idealerweise in einer inter-   sern haben. Mit seiner Doktorarbeit       Die Miscanthus Pflanze
national zusammengesetzten Gruppe,          hat Bergs wichtige neue Ergebnisse        Symbol für die erfolgreiche Forschung
                                                                                      der Arbeitsgruppe „Nachhaltige
ist Schulze ein zentrales Anliegen. So      für die Ligningforschung erzielt. Zu
                                                                                      Materialien“
waren in 2018 zwei Stipendiatinnen aus      promovieren kann er nur weiteremp-
Jordanien bzw. den USA (finanziert          fehlen: „Mir hat die Promotion große      Kontakt:
über das DAAD-RISE-Programm) zu             Freude gemacht, gerade auch die           Prof. Dr. Margit Schulze
Gast in der Arbeitsgruppe.                  Leute, mit denen ich zusammengear-        Professorin für Industrielle Organische
                                            beitet habe: Margrit Schulze, mein Dok-   Chemie und Polymerchemie
Michel Bergs: Magna cum Laude               torvater Ralf Pude. Ich habe immer        Forschungsprofessur, Insitut TREE
Am 20. Dezember schloss Michel Bergs        Rückmeldung bekommen, wenn ich sie        https://www.h-brs.de/
erfolgreich seine Dissertation ab und er-   brauchte.“                                anna/prof-dr-margit-schulze

                                                                                                          Auf Zukunftskurs | 25
Christian Dresbach - Neuer Profes-         me“ des Instituts für Werkstoff-For-       Expertise verstärkt Dresbach die For-
    sor bei TREE                               schung. Seit Februar 2018 ist er wieder    schungsbereiche „Modellbildung und
                                               an der HBRS - diesmal als Professor. Der   Simulation“ sowie „Nachhaltige Mate-
    Seit Ende 2018 verstärkt Christian Dres-   Schritt weiter in der Forschung aktiv zu   rialien“. Letzterem kamen seine prakti-
    bach das Institut TREE als Professor für   bleiben, führt ihn nun zum TREE: „Ich      schen Forschungserfahrungen im
    Materialwissenschaften, insbesondere       habe sowohl bei Fraunhofer als auch        Fraunhofer-Institut zu Werkstoffcharak-
    Struktur- und Funktionswerkstoffe so-      am DLR gerne geforscht und möchte          terisierung kleiner Dimensionen bereits
    wie Simulation. Einigen der alteingeses-   mich jetzt an der H-BRS auch weiter in     zugute.
    senen Professor*innen dürfte der Name      der Forschung engagieren. Da passte
    Dresbach noch in guter Erinnerung sein,    TREE für mich am besten.“                  Im Wesentlichen beschäftigt sich Dres-
    da er bereits 2004 mit Bestnote sein                                                  bach mit Lösungen zu der Frage, wie
    Studium als Diplomingenieur für Werk-      Expertise in Werkstoffcharakteri-          man knappe Ressourcen möglichst effi-
    stofftechik an der HBRS abschloss. Im      sierung kleiner Dimensionen er-            zient und gleichzeitig nachhaltig nutzen
    Anschluss daran forschte er am Fraun-      weitert Forschungsteam                     kann. Ziel ist im Allgemeinen ein gerin-
    hofer-Institut für Werkstoffmechanik       Dresbachs Spezialisierung im Feld          gerer Energieverbrauch. Dies erfolgt
    (IWM) an Komponenten der Mikroelek-        „Werkstoffmechanische Bewertung“           entweder durch bessere Energieeffizi-
    tronik und Mikrosystemtechnik, wäh-        umfasst zwei wesentliche Aufgaben:         enz - wie zum Beispiel mit leichteren
    rend er zeitgleich an der                  Die Ermittlung von mechanischen Ei-        Bauteilen - oder indem eine höhere
    Martin-Luther-Universität promovierte.     genschaften von Werkstoffen und die        Leistung aus dem System erzielt wird.
    Ab 2010 arbeitete Dresbach beim Deut-      Vorhersage über das Verhalten von
    schen Zentrum für Luft- und Raumfahrt      Bauteilen durch Simulationen. Mit sei-     Wird von einem Bauteil Material weg-
    (DLR) in der Abteilung „Metallische        ner langjährigen praktischen For-          genommen, um Ressourcen und Ener-
    Strukturen und hybride Werkstoffsyste-     schungserfahrung und fachlichen            gie zu schonen, muss es trotzdem

26 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
Prof. Dr. Christian Dresbach
                                                                                       Professor für Materialwissenschaften
dieselben Belastungen wie zuvor aus-       mulationen beschreiben können. Im           insb. Struktur- und
halten. Dresbach ermittelt unter ande-     Speziellen interessiert mich hier die me-   Funktionswerkstoffe sowie Simulation,
rem die maximale Belastungsgrenze für      chanische Charakterisierung in kleinen      Institut TREE
ein Bauteil und trifft Vorhersagen, wie    Dimensionen, wo es keine Standardan-        https://www.h-brs.de/
dünn ein Bauteil minimal sein darf, da-    wendungen gibt.“                            anna/christian-dresbach
mit es den Belastungen dauerhaft
standhält. „Im Prinzip ist es entschei-
dend, dass das System und das entwi-
ckelte Material nachhaltig sind.“, so
Dresbach.

Zukunftsperspektive Forschen
Zu seinen Zukunftsplänen bei TREE äu-
ßerte Dresbach: „Ich möchte zum einen
im Bereich Zuverlässigkeit und Lebens-
dauervorhersage von Bauteilen weiter
forschen, damit wir belastbarere und
langlebigere Bauteile erhalten. Dazu ha-
be ich einige Theorien entwickelt, die
ich gerne weiterentwickeln möchte.
Und zum anderen möchte ich moderne
Werkstoffe charakterisieren, sodass wir
deren Verhalten in Bauteilen mittels Si-

                                                                                                         Auf Zukunftskurs | 27
Ist Plastik so schlecht wie sein Ruf?
    Ein Statement von Dr. Johannes             M.Sc. „Materials Sciences and Sustaina-   Vorweg:
    Steinhaus, Geschäftsführer des             bility Methods“ sowie B. Eng. „Nach-      Kunststoffe sind eine Werkstoffklasse,
    TREE                                       haltige Ingenieurwissenschaften“ ist,     die aus unserem industrialisierten Leben
    Seit geraumer Zeit setzen wir uns inten-   den Studierenden zu vermitteln, dass      weder wegzudenken noch wegzudis-
    siv mit der nachhaltigen aber auch in-     nicht alles technisch Machbare auch       kutieren sind. Sie ermöglichen Anwen-
    novativen Erzeugung und Verwendung         nachhaltig und sinnvoll für die Gesell-   dung in der Mobilität (Luft- und
    von Kunststoffen auseinander.              schaft und die Umwelt ist. Genauso ist    Raumfahrt, Fahrzeugtechnik, etc.), dem
                                               das im Falle der Kunststoffentwicklung,   Leichtbau, in der Architektur und Bau-
    Ein wesentlicher Grundgedanke unserer      -herstellung, -verarbeitung und -an-      wirtschaft, dem Maschinenbau, der
    Ausbildung in den Studiengängen            wendung.                                  Unterhaltungselektronik und fast allen
                                                                                         Bereichen der produzierenden Industrie,
                                                                                         in denen wir ohne den innovativen Ein-
                                                                                         satz von Kunststoffen auf einem tech-
                                                                                         nischen Stand von vor ca. 100-150
                                                                                         Jahren wären.

                                                                                         Aber wie so oft, wenn der Mensch
                                                                                         forscht und entwickelt ohne nachhaltig
                                                                                         zu agieren, sind viele Produktinnovatio-
                                                                                         nen zu kurzfristig gedacht. So fehlte in
                                                                                         der Vergangenheit in den Forschungs-
                                                                                         und Entwicklungsabteilungen gewinn-
                                                                                         orientierter Unternehmen dieser Welt

28 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
der Sinn für umweltgerechtes, nachhal-    in Form strengerer Umweltgesetze,           gen Dichte (ca. 0,9-1,5 kg/l) und guten
tiges Entwickeln von Produkten. Dem       Schadstoffgrenzwerte, Recyclingquoten       Festigkeiten. Zudem sind sie vergleichs-
technischen Nutzen und der Kosteneffi-    etc. Kurz: Immer wenn die Politik ein-      weise leicht und günstig zu verarbeiten,
zienz wurde stets ein wesentlich höhe-    greift und sich mal nicht zu sehr von in-   da sie die niedrigsten Verarbeitung-
rer Stellenwert eingeräumt.               dustrienahen Lobbyist*innen                 stemperaturen aller Materialklassen be-
                                          beeinflussen hat lassen. Unternehmen        sitzen (ca. 160 - 350 °C).
In den letzten 10 Jahren erkennen wir     schauen auf Umsatz- und Gewinnstei-
zumindest in Europa einen deutlichen      gerungen und die wenigsten (insb. AGs)      In Summe ergeben sich daraus
Trend zu nachhaltigerem und umwelt-       fühlen sich nennenswert der Gesell-         folgende Vorteile:
bewussteren Entwickeln (dieses Be-        schaft, bzw. der Umwelt verpflichtet,        1. Sehr günstige Einzelteilkosten (häu-
wusstsein versuchen wir bereits in den    wenn es sich nicht gerade gut verkau-          fig nur wenige Cents)
Köpfen unserer Studierenden zu stär-      fen lässt. Sie müssen also gezwungen         2. Geringes Bauteilgewicht und damit
ken). Doch gerade in kapitalgetriebenen   werden!                                        auch geringe Transportkosten
Unternehmen, die in einem harten                                                       3. Vergleichsweise einfache Herstellung
Wett- und vor allem Preiskampf stehen     Basierend auf diesem Hintergrund las-          aus Erdöl.
mit aufstrebenden Industrienationen,      sen sich meines Erachtens die bisherige     Auch wenn Erdöl eine endliche Res-
wie China, Indien, etc. kommen Nach-      Entwicklung und der Einsatz von Kunst-      source ist, so ist der prozentuale Anteil,
haltigkeits- und Umweltaspekte in der     stoffprodukten einordnen. Kunststoffe       der in die Kunststoffproduktion geht
Regel zu kurz. Die effektivsten Verbes-   sind eine äußerst günstige Materialklas-    mit anteilig ca. 14 Prozent gering. Der
serungen in der Nachhaltigkeit und        se (ca. 1-10 EUR pro kg, da Kosten für      Rest wird verbrannt bzw. zu Treib- und
Umweltverträglichkeit sind unser Beob-    Folgeschäden, Abbau fossiler Rohstoffe,     Schmierstoffen etc. verarbeitet. Zieht
achtungen nach fast immer ein Resultat    CO2 Bilanz, etc. nicht berücksichtigt       man nun in Betracht, dass alleine aus
neuer politischer Rahmenbedingungen       werden) bei einer vergleichsweise gerin-    Kostengründen viel zu wenig

                                                                                                           Auf Zukunftskurs | 29
Kunststoff recycelt wird und zudem         die Flüsse schließlich ins Meer gespült.
    mittlerweile pflanzliche Quellen für die   Gerade bei sehr flachen und häufig
    Kunststoffproduktion zur Verfügung         durch Monsun überfluteten Ländern,
    stehen, so wird es im Falle von Kunst-     wie Kambodscha und Bangladesch, in
    stoffen wohl nicht so schnell zu einer     denen der Plastikmüll meistens in der
    Rohstoffverknappung kommen.                Landschaft landet, tritt dieses Problem
                                               auf. (Info: von etwa 300 Mio. Tonnen
    Nachteile, denen in der Vergan-            Kunststoffen, die weltweit jährlich pro-
    genheit leider viel zu wenig Auf-          duziert werden, gehen 100 Mio.
    merksamkeit geschenkt wurde:               Tonnen in die Produktion von Verpa-
    Viele Kunststoffe (sowohl synthetische     ckungen. Man schätzt, dass wiederum
    als auch biobasierte) bauen sich in der    bis zu 10 Prozent davon jährlich im
    Natur in der Regel schlecht bis kaum       Meer und sogar in unseren Böden lan-
    ab. Da Kunststoffverpackungen aller-       den.) Einmal ins Meer gelangt, zerbricht
    dings extrem günstig sind und deren        der Kunststoffmüll unter Sonnenein-
    auffälliger, verkaufsfördernder Formge-    strahlung sowie Kontakt zu (Salz-)Was-
    bung kaum Grenzen gesetzt sind, wird       ser in immer kleinere Partikel und wird
    immer mehr und unnötig verpackt. Die       von Meereslebewesen verzehrt. Da der
    meisten Verpackungskunststoffe sind        Kunststoff i.d.R. nicht verstoffwechselt
    leichter als Wasser. Viele Verpackungen    werden kann, verhungern die Tiere, die      mentieren Teile des Kunststoffmülls, die
    (Flaschen, Behälter etc.) haben Luft in    zu viel Kunststoff verzehren. Leider gibt   schwerer sind als Wasser, auf den Mee-
    sich und schwimmen daher auch. Müll,       es in manchen Regionen der Welt schon       resgrund. Aber auch große Kunststoff-
    der in der Landschaft landet, wird über    mehr Mikroplastik als Krill. Zudem sedi-    behälter

30 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
zen und verenden. Kunststoffe beinhal-       Blätter, Naturfasern, etc. Diese sind in
                                            ten häufig Additive und Restchemi-           der Regel biologisch abbaubar, wenn
                                            kalien, die über eine längere Zeit aus ih-   sie nicht aufwendig farbig bedruckt
                                            nen herausgelöst werden können und           oder sogar mit Kunststoff beschichtet
                                            dem Organismus, der sie an Stelle von        sind. Bei Wegwerfverpackungen, die
                                            Nahrung aufnimmt, schaden kann.              häufig unsachgemäß entsorgt werden,
                                                                                         ist der Einsatz sicher sinnvoll. Allerdings
                                            Zudem neigen Mikroplastik-Partikel in        sind sie nicht durchsichtig und geben
                                            Gewässern dazu, chemisch ähnliche            dadurch nicht den Blick auf das ver-
                                            Giftstoffe wie PAK (Polyzyklische Aro-       packte Produkt frei. Zudem sind sie
                                            matische Kohlenwasserstoffe) an sich zu      empfindlich gegen Feuchtigkeit und
                                            binden. Auf die Weise wird das Wasser        entsprechen häufig nicht den hohen
                                            zwar gereinigt, die Meeresbewohner,          Anforderungen bezüglich Festigkeit,
                                            die Mikroplastik mit Nahrung verwech-        Dichtheit bzw. Permeabilität der Verpa-
                                            seln allerdings zusätzlich geschädigt.       ckungsindustrie.
                                            Am Ende landet diese Umweltver-
                                            schmutzung dann wieder konzentriert          Aktueller Stand der Forschung im
                                            im Speisefisch auf unseren Tellern.          Hinblick auf Abbaubarkeit oder
                                                                                         Optimierung von Kunststoff
werden von größeren Meeresbewoh-            Wie lassen sich Kunststoffe durch            Beides gibt es schon seit langem! Es
nern mit Nahrung verwechselt und füh-       andere Stoffklassen substituieren?           verkauft sich allerdings schlechter an
ren nicht selten zum Tod. Ebenso            Durch Papier, Pappe und andere natür-        den Verpacker, weil erhöhter Aufwand
verfangen sich Tiere in alten Fischernet-   liche Materialien, wie Holz, getrocknete     in der Herstellung sowie schlechtere

                                                                                                               Auf Zukunftskurs | 31
Schutzeigenschaften die Verpackung           mer beliebter wird. Doch auch hier ist
    verteuert. Wenn also ein Kilogramm           die Triebfeder der gesellschaftliche oder
    Verpackungskunststoff dann zum               politische Zwang.
    Beispiel 1,40 EUR statt 1,20 EUR kostet
    (bei einem typischen Verpackungsge-          Grundsätzlich gilt aber bei Kunst-
    wicht zwischen 10-50 g macht das             stoffverpackungen:
    einen Preisunterschied für die Verpa-        Wenn sie ordnungsgemäß wiederver-
    ckung von max. 1 Cent aus), dann geht        wendet oder entsorgt, sortiert und re-
    dieser 1 Cent vom Profit ab.                 cycelt werden, müssen sie nicht
                                                 unbedingt abbaubar sein. Auch das
    Bei Millionen verpackten Einheiten           Verbrennen von Kunststoffmüll anstelle
    kommt dann häufig eine hohe Summe            von frischem Rohöl muss nicht zwin-
    zusammen, für die viele Unternehmen          gend schlecht sein, vorausgesetzt es        Dr. Johannes Steinhaus
    die Umweltaspekte gerne außer Acht           wird konsequent vorgegangen. Leider         Geschäftsführer Institut TREE
    lassen. Gleiches gilt häufig für recycelte   agieren weder die Verpackungsunter-         Koordination und Lehrkraft für
                                                                                             besondere Aufgaben, M.Sc. Materials
    Verpackungskunststoffe. Auch sie sind        nehmen noch wir Konsumenten beson-
                                                                                             Science and Sustainabilty Methods
    häufig etwas teurer bzw. erreichen           ders gut darin. Geht man davon aus,
                                                                                             Kompetenzplattform Polymere
    nicht ganz die guten Eigenschaften der       dass wir Menschen schlicht nicht in der     Materialien
    originären Ware. Es ist allerdings ein       Lage sind, den gesamten (nicht nur          https://www.h-brs.de/
    Trend zu beobachten, dass nachhaltige        90 Prozent) Müll zu entsorgen, ist es       anna/johannes-steinhaus
    Verpackungslösungen nicht zuletzt auf-       unerlässlich anzustreben, ausschließlich
    grund erhöhter Aufmerksamkeit in der         biologisch abbaubare Verpackungen zu
    Öffentlichkeit auch bei der Industrie im-    produzieren.

32 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
Lösungsansätze:                            industrie und die Hälfte aller Industrie-    nungsgemäß entsorgt wird. Hierzu
1. Nicht nachhaltige Verpackungslösun-     verbände Sturm laufen werden und den         zählen übrigens auch Zigarettenstum-
gen hart besteuern (z.B. 1 Cent pro        Untergang des Abendlandes heraufzie-         mel.
Gramm); sobald ein ökonomischer Nut-       hen sehen, da das ja schlicht unbezahl-
zen besteht, nachhaltig zu Verpacken       bar wäre. Und die Umwelt und die             3. Die Forschung an nachhaltigen Ver-
und Müll - insb. schlecht biologisch ab-   Weltmeere haben halt leider nicht so         packungslösungen sollte gestärkt und
baubarer Müll - zu vermeiden, werden       eine einflussreiche Lobby...                 der Transfer in die kunststoffproduzie-
Unternehmen es umsetzen und z.B. un-                                                    rende und -verarbeitende Industrie über
nötige bzw. unsinnige Verpackungen         2. Es müssen langangelegte Verbrau-          den Zwang seitens der Politik gefördert
weglassen. Ein Gegenargument, wel-         cher-Kampagnen gestartet werden, die         werden, die nachhaltigeren Technolo-
ches die Unternehmen immer gerne an-       die öffentliche Wahrnehmung der              gien auch tatsächlich einzusetzen.
führen ist, dass es an anderen Orten auf   Kunststoffmüllproblematik
der Welt keine Besteuerung gäbe, und       (insbesondere in den Weltmeeren)
es dadurch einen Wettbewerbsnachteil       grundlegend verändern. Mit dem Ziel,
gäbe. Von daher wäre eine Europäische      die Konsument*innen nicht nur hin-
Lösung wünschenswert, so dass die Be-      sichtlich ihres Kaufverhaltens zu sensibi-
steuerung immerhin auf alle in der EU      lisieren, sondern auch was das
abgesetzten, verpackten Waren erho-        ordnungsgemäße Entsorgen absolut
ben würde.                                 JEDES einzelnen gebrauchten Verpa-
                                           ckungsproduktes angeht. Notfalls muss
Es wäre bei einem solchen Lösungsan-       das so weit gehen, dass auch der acht-
satz allerdings zu erwarten, dass die      lose in der Landschaft hinterlassene
Verpackungslobby, die Lebensmittel-        Müll Anderer eingesammelt und ord-

                                                                                                           Auf Zukunftskurs | 33
34 | Innovationsoffensive
INNOVATIONS-
OFFENSIVE

           Innovationsoffensive | 35
Ressourcenschonende Produkte und Prozesse
    ROFEE - Elektroroller mit dem            sen sich Bauteile mit hohem                Im Projekt ROFEE - „Ressourcenopti-
    3-D-Drucker nachhaltiger                 Individualisierungsgrad oder mit kom-      mierte Fahrzeugteile für die Elektromo-
    gestalten                                plizierten Geometrien herstellen. Doch     bilität durch den Einsatz generativer
    3-D-Drucker gewinnen in der Industrie    lässt sich die Herstellung von Bauteilen   Fertigung“ - unter Leitung von Welf
    zunehmend an Bedeutung. Durch addi-      mit 3-D-Druckern in Hinblick zur           Wawers, Professor für Konstruktion,
    tive Verfahren wie dem 3-D-Druck las-    Nachhaltigkeit noch optimieren?            CAD und Bionik im Maschinenbau,
                                                                                        wird der Herstellungsprozess und die
                                                                                        Bauteilgeometrie von Bauteilen eines
                                                                                        Elektrorollers hinsichtlich einer verbes-
                                                                                        serten Ressourceneffizienz untersucht.
                                                                                        „Die konventionelle Fertigung ist
                                                                                        grundsätzlich ein Kompromiss aus den
                                                                                        Bauteilanforderungen und der Herstell-
                                                                                        barkeit. Die nahezu unbegrenzte Geo-
                                                                                        metriefreiheit der additiven Fertigung
                                                                                        verschiebt diese Balance zugunsten an-
                                                                                        forderungsoptimierter Bauteile.“, erklärt
                                                                                        Wawers. Durch den Einsatz additiver
                                                                                        Fertigung, 3-D-Druck im Laserschmelz-
                                                                                        Verfahren (SLM-Verfahren), sollen der
    ROFEE Projektteam                                                                   Herstellungsprozess und die Bauteil-
    V.l.n.r: Thomas Hilger (Lightway GmbH), Christhoph Thurn (H-BRS-Student),
    Prof. Dr. Olaf Bruch, Prof. Dr. Welf Wawers, Gereon Stotz (H-BRS-Student im         geometrien optimiert werden, sodass
    Praxissemester bei e-bility), Jannic Oschwald (e-bility GmbH)                       auf den gesamten Produktlebenszyklus

36 | Ressourcenschonende Produkte und Prozesse
Ressourcen und Energie in hohem Ma-          Industrie- & praxisnah:
ße eingespart werden. Zudem soll die         Kooperationen fördern Forschung
technische Güte der Bauteile verbessert,     Kooperationen zwischen Unternehmen
Montagezeit reduziert und somit die          und Hochschule sind für beide Seiten
Wirtschaftlichkeit aller beteiligten klei-   von Vorteil, da sie praxisnahe und an-
nerer und mittlerer Unternehmen              wendungsorientierte Forschung bein-
(KMU) gesteigert werden.                     haltet. Zusammen mit den Unter-
                                             nehmen e-bility GmbH, ein in Remagen
Die im Projekt entwickelten Baugrup-         ansässiger Hersteller von Elektrorollern,
pen sollen als Vorbild für weitere Pro-      und der Firma LIGHTWAY GmbH & Co.
jekte dienen, um auch dort Ressourcen        KG, Ansprechpartner für Additive Ferti-
einsparen zu können. Grundlage der           gung von Metallteilen in Niederzissen,      Prof. Dr. Welf Wawers
neu zu gestaltenden Bauteilgeometrien        wird an der Ressourcen- und Energie-        Professor für Grundlagen des
                                                                                         Maschinenbaus, Konstruktionstechnik,
sind in der Natur vorkommende biologi-       einsparung von Elektrorollern geforscht,
                                                                                         CAD und Bionik
sche Strukturen, die durch den Einsatz       die über einen besseren Herstellungs-
                                                                                         Leiter des TREE Forschungsbereichs
von Methoden der Simulation und ma-          prozess sowie optimierte Bauteilgeome-
                                                                                         Ressourcenschonende Produkte und
thematischer Optimierung an die An-          trie erfolgt. So erhalten Wawers und        Prozesse
forderungen des Elektrorollers               sein Forschungsteam durch die Zusam-        https://www.h-brs.de/
angepasst werden. Das Projekt reiht          menarbeit zum Beispiel Zugang zu den        emt/prof-dr-welf-wawers
sich in weitere TREE-Forschungsaktivitä-     technologischen Kompetenzen und Ein-
ten zu den Themen ressourcenoptimier-        richtungen der Projektpartner. „Die an-     Wawers. Gefördert wird das Projekt
te Produkte und Prozesse sowie nach-         wendungsorientierte Forschung öffnet        von der Deutschen Bundestiftung Um-
haltigere und effiziente Mobilität ein.      die Laborgrenzen der Hochschulen“, so       welt (DBU).

                                                                                                       Innovationsoffensive | 37
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