BERICHT - FORSCHUNG FÜR DIE ZUKUNFT - Hochschule Bonn ...
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Inhalt Vorwort 3 TREE in Zahlen 4 Nachhaltigkeit - Akzeptanz - Technikvermittlung 8 Effiziente Mobilität 10 Energieeffizienz und Erneuerbare Energien 14 Modellbildung und Simulation 18 Nachhaltige Werkstoffe und Materialien 22 Ressourcenschonende Produkte und Prozesse 36 Campus to World 38 2 | Inhalt
Vorwort Für das Institut war das Jahr 2018 geprägt von neuen Ideen, Kolleg*innen und Projekten. Wir freuen uns sehr, dass unsere Tätigkeit innerhalb und außerhalb der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) anerkannt und gewür- digt wird. Als Highlights werden sicherlich zwei Ereignisse im Gedächtnis bleiben: Einerseits wurde die H-BRS vom Bund als „innovative Hochschule“ ausgezeichnet und TREE übernimmt hierbei im Teilprojekt „CitizenLab“ bis Ende 2022 eine tragende Rolle. Das Projekt kümmert sich um die sogenannte „Third Mission“, dem Transfer in Unterneh- men und Gesellschaft. Dies ist uns aufgrund der Forschung an nachhaltigen Technologien ein besonderes Anlie- gen. Andererseits wurde unser Forschungsschwerpunkt „Effiziente Transportalternativen“ beim Tag der offenen Tür des Bundespräsidenten im Garten der Villa Hammerschmidt in Bonn präsentiert. Auch hier zeigte sich, dass TREE sich um Themen kümmert, die die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes „bewegen“. Die Institutsaktivitäten werden natürlich stark von den handelnden Personen bestimmt. Hier freut es uns beson- ders, dass unsere kooperative und interdisziplinär ausgerichtete Forschung von jungen, neuen Kolleg*innen als attraktiv empfunden wird. Zwei von Ihnen, Prof. Dr. Tanja Clees und Prof. Dr. Christian Dresbach, möchten wir Ihnen hier etwas näher vorstellen. Durch die Berufung von drei Forschungsbereichsleiter*innen auf Forschungsprofessuren hat unsere Hochschule dem TREE mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt. Dies freut uns und ist uns Verpflichtung zugleich, auch in Zukunft an Innovationen zu arbeiten, die in der Gesellschaft ankommen. Prof. Dr. Alexander Asteroth und Prof. Dr. Dirk Reith Institutsleitung Vorwort | 3
TREE in Zahlen Mitglieder des TREE haben im Jahr Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen 2018 an zahlreichen öffentlich geför- 20 derten und drittmittelfinanzierten Pro- jekten gearbeitet und Ihre Ergebnisse der wissenschaftlichen Gemeinschaft 24 und der Öffentlichkeit vorgestellt. Pu- blikationen in wissenschaftlichen Fach- zeitschriften und diverse Preise für Vorträge und Veröffentlichungen bele- Professor*innen gen die Relevanz und die Qualität der Forschung im TREE. Vollständige Publi- kationslisten und Projektbeschreibun- 13 gen finden sich auf der Homepage des Instituts. Forschungsprofessuren 4 https://www.h-brs.de/ tree/personen Laufende Drittmittel-Projekte 4 | TREE in Zahlen
32 37 https://www.h-brs.de/ tree/publikationen Masterarbeiten Publikationen 28 4 https://www.h-brs.de/ tree/promotionsprojekte Doktorand*innen Abgeschlossene Promotionen 8 41 https://www.h-brs.de/ tree/preise Gewonnene Preise Konferenzbeiträge TREE in Zahlen | 5
Nachhaltigkeit - Akzeptanz - Technikvermittlung Nachhaltigkeit - ein ambitioniertes ihr persönliches Engagement für Nach- Projekt BiKuMedia - Wort für viele... Im Institut TREE haltigkeit in Forschung und Lehre ver- Biokunststoffe in der Gesellschaft „gelebter Anspruch und Vision“ deutlichen. Das Leitbild orientiert sich Medien spiegeln Diskurse in der Ge- sellschaft ausgewogen wider und lie- Der verantwortungsvolle Umgang mit an der Definition nach Brundtland fern wichtige Informationen zur Energie und natürlichen Ressourcen ist (1987), den Sustainable Development Meinungsbildung. „Über die Medien für nachhaltiges Leben und Wirtschaf- Goals der Vereinten Nationen (2015) bekommt man Hinweise, warum be- ten unerlässlich. Wissenschaftler*innen, und der Deutschen Nachhaltigkeitsstra- stimmte Technologien in der Gesell- die im TREE zu technisch-naturwissen- tegie. Anhand des Leitbildes richten sich schaft nicht angenommen werden, schaftlichen und gesellschaftlichen Fra- Forschung und Lehre im TREE aus. problematisch erscheinen oder andere gestellungen forschen, wollen dazu Ebenso implementieren die Wissen- besonders gut angenommen werden“, erklärt Katharina Seuser, Leiterin des einen Beitrag leisten. Sowohl der For- schaftler*innen die Prinzipien der Nach- Projektes BiKuMedia. Wissenschaft- schungsprozess als auch das Ziel - Tech- haltigkeit in ihre Arbeit. ler*innen bietet das die Möglichkeit, niklösungen für gesellschaftliche und Probleme und Chancen einer Techno- ökologische Herausforderungen - wer- „Wir wollen Nachhaltigkeit in unserer logie frühzeitig zu entdecken, zu nut- den vor dem Hintergrund ihrer sozialen, Forschung und Lehre leben. Sie soll kei- zen und zu kommunizieren. Anfang ökologischen und wirtschaftlichen Aus- ne Worthülse sein. Jeder versucht, sei- Oktober 2018 startete daher das wirkungen reflektiert. nen Beitrag in seinem Bereich zu Projekt BiKuMedia (Biokunststoffe im leisten“, so Katharina Seuser, Leiterin Spiegel der Medien), gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Forscher*innen geben sich ein des Forschungsbereiches Nachhaltig- Landwirtschaft (BMEL), mit dem Ziel, Leitbild für Nachhaltigkeit keit-Akzeptanz-Technikvermittlung. Das die verschiedenen Meinungen aus den Die Forscher*innen des TREE wollen mit Leitbild wird von den TREE-Mitgliedern Medien reproduzierbar und standardi- einem Leitbild, das in einem offenen fortlaufend weiterentwickelt. siert zu analysieren und somit Rück- Diskussionsprozess entwickelt wurde, schlüsse auf die Akzeptanz in der Gesellschaft schließen zu können. 8 | Nachhaltigkeit - Akzeptanz - Technikvermittlung
Sichtbarkeit von Nachhaltigkeit Photovoltaik-Anlagen mit Messgeräten Energie, Mobilität, innovative Werkstof- für Wetter- und Solarleistungsprogno- fe und Verfahren und Technikakzeptanz sen. Auf diese Weise können Ertrags- - schon bei der Namensgebung der For- prognosen optimiert werden. schungsschwerpunkte in TREE sind die Bezüge zur Nachhaltigkeit sichtbar. Die Der Forschungsbereich „Nachhaltige Prof. Dr. Katharina Seuser Zusammenarbeit über Fachbereiche und Werkstoffe und Materialien“ forscht Professorin für Journalistik und Fachdisziplinen hinweg ermöglicht eine unter anderem daran, eine Alternative Medienproduktion große Themenvielfalt und die Triangula- für den Bausektor zu schaffen, die kon- Leiterin des TREE Forschungsbereichs tion verschiedener Forschungsansätze. ventionelle Kunststoffe aus fossilen Nachhaltigkeit - Akzeptanz - Technikvermittlung Quellen stückweit ersetzen kann. So https://www.h-brs.de/ So befasst sich der Forschungsbereich könnte in Zukunft aus Pflanzen gewon- emt/dr-katharina-seuser „Effiziente Mobilität“ mit effizienten nenes Lignin kunststoffhaltige Dämm- Transportalternativen (eTa) von der stoffe und Schäume substituieren. drängenden Probleme der Gegenwart Entwicklung neuer Verfahren zur Nachwachsende Rohstoffe sind eine lösen zu können, muss sich das Prinzip Strömungsmessung über Modelle für nachhaltige Alternative zu fossilen der Nachhaltigkeit in den Berufsbildern den Ausbau der Ladeinfrastruktur bis Quellen. der nächsten Generation festigen und hin zur Akzeptanz von Elektrofahrrä- zum Selbstverständnis reifen. dern als Teil einer nachhaltigen Indivi- Nachhaltiges Forschen und Lehren Forscher*innen in TREE, die sich zum dualmobilität. inspirieren sich gegenseitig Ziel gesetzt haben, Nachhaltigkeit in ih- Gleichbedeutend mit der Forschung ist rem Berufsfeld gezielt zu fördern, ha- Der Forschungsbereich „Energieeffizienz der Stellenwert der Lehre und des wis- ben entsprechende Studiengänge und und Erneuerbare Energien“ koppelt senschaftlichen Nachwuchses. Um die Studienangebote entwickelt. Einblicke 2018 | 9
Effiziente Mobilität eTa - effiziente sammen, um sich den Herausforderun- räder, die stromlinienförmig verkleidet Transportalternativen gen der Mobilitätswende zu stellen. sind. Sie können sowohl mit Muskel- Nachhaltige Mobilität und der Bedarf Unter Leitung von Professor Alexander kraft allein, aber auch in Kombination an energieeffizienten Fahrzeugen für Asteroth erforschen die Wissenschaft- mit einem Elektromotor angetrieben den Straßenverkehr beschäftigen Ge- ler*innen interdisziplinär die Effizienz werden. Softwaregestützt arbeitet sellschaft, Politik und Wissenschaft. Un- von Fahrzeugen und gehen der Frage Asteroths Team daran, dass Zusam- ter dem Dach des Forschungsinstituts nach alternativen Mobilitätskonzepten menspiel von Muskelkraft und Motor TREE arbeiten Wissenschaftler*innen und der Akzeptanz von Technologien in sowie Steuerung zu optimieren. aus Informatik, Ingenieurswissenschaf- der Bevölkerung nach. Das Ministerium Auch der Faktor Mensch spielt zuneh- ten, Wirtschaftswissenschaften, Natur- für Innovation, Wissenschaft und For- mend eine Rolle. Doktorandin Melanie wissenschaften sowie Kommunikations- schung des Landes NRW fördert das Ludwig arbeitet an Methoden, die die expert*innen seit 2017 im Projekt „eTa Vorhaben bis Juni 2021. Herzfrequenz je nach aufgebrachter - effiziente Transportalternativen“ zu- Kraft beim Fahren vorhersagen können. Effiziente Fahrzeuge Diese sollen schließlich in eine Trai- Nicht allein der Antrieb ist ausschlagge- ningsplan-Software integriert werden. bend für die Effizienz eines Fahrzeuges. Wie man Fahrzeugkarosserien optimie- Auch die Form und Bauweise sind ent- ren kann, den Luftwiderstand und da- scheidend. Professor Alexander Aste- mit Energieverluste reduziert, versuchen roth und seine Arbeitsgruppe gehen die Forscher*innen anders als im Wind- neue Wege. Sie beschäftigen sich mit kanal bei freier Fahrt unter realen Be- Fahrzeugen, die von bekannten und dingungen zu messen. Dafür setzen sie klassischen Konzepten abweichen. autonom fliegende Hexacopter mit Ka- Velomobile sind dreirädrige Spezialfahr- mera ein. „Indem wir Fahrzeuge 10 | Forschungsbereiche eTa
effizienter machen, können wir den Technik-Akzeptanz hingegen setzen auf die Befragungen Energieverbrauch und damit die stei- Nachhaltige Forschung muss sich mit von Fokusgruppen, Einzelinterviews genden Emissionswerte des Individual- gesellschaftlicher Akzeptanz auseinan- und Gruppendiskussionen. Sie untersu- verkehrs senken“, sagt Asteroth. „Für dersetzen, ist das Forscherteam der eTa- chen unter anderem die Akzeptanz des ein Umdenken muss es Alternativen zu Arbeitsgruppe „Technik-Akzeptanz“ autonomen Personentransports. Ihre fossilen Antrieben im Individualverkehr überzeugt. Sie beschäftigten sich mit Arbeit „User Acceptance of Fully Auto- geben“, betont er. der Frage, ob Menschen überhaupt be- nomous Public Transport“ erhielt den reit sind, neue Mobilitätskonzepte und Best Paper Award der International technische Entwicklungen anzunehmen. Conference on e-Business. „Um die Professorin Katharina Seuser und ihre Akzeptanz gegenüber neuen Technolo- Mitarbeiter*innen untersuchen die Ak- gien zu steigern, müssen Menschen be- zeptanz durch die Analyse journalisti- reits bei der Gestaltung dieser scher Qualitätsmedien. „Über die Technologien beteiligt werden“, beto- Medien bekommt man Hinweise, nen Bossauer und Pakusch. Ihr Paper warum bestimmte Technologien in der „Using Time and Space Efficiently in Gesellschaft nicht angenommen wer- Driverless Cars: Findings of a Co-Design den, problematisch erscheinen oder an- Study“ zeigt wie Menschen in die Ge- dere besonders gut angenommen staltung autonomer Fahrzeuge einbe- werden“, erklärt sie. Aus den Ergebnis- zogen werden können. Das Paper Melanie Ludwig sen der Medienanalyse lassen sich Kom- wurde auf der weltweit führenden Doktorandin Informatik munikationsstrategien für vertrauens- Konferenz für Human Computer Inter- https://www.h-brs.de/ bildende Maßnahmen herleiten. action in Glasgow mit einer Honorable inf/melanie-ludwig Christina Pakusch und Paul Bossauer Mention ausgezeichnet. Einblicke 2018 | 11
Kooperationspartner terest (POIs). Das sind geeignete Ziel, ihre Forschung der Öffentlichkeit Mit Projektbeginn fanden sich schnell Standorte für die Platzierung der Lade- zu präsentieren. Nahezu immer zogen Kooperationspartner aus Politik, For- stationen. Das Ziel ist ein optimales Ras- die Velomobile große Aufmerksamkeit schung und Wirtschaft. Mit der Stadt ter für die Verteilung von Ladesäulen zu auf sich. Schon beim Museumsmeilen- Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis teilen definieren, um den Anforderungen für fest im Juni 2018 zeigte sich, dass sie die Mitarbeiter*innen des Projektes eTa die Zukunft gerecht zu werden. Mit den nicht nur für die Erwachsenen, sondern das Bestreben, die Region als Wirt- Unternehmen „GKN Driveline“, auch für kleine Gäste große Anzie- schaftsstandort attraktiv zu gestalten. „akkurad.com“ und „e-bility“ fand das hungsmagneten waren. Professor Klaus Dazu gehört unter anderen der Ausbau Projekt eTa regionale Partner aus der Lehmann und Melanie Ludwig, verant- der Ladeinfrastrukturen für elektrisch Wirtschaft. Das Fraunhofer-Institut für wortlich für die Organisation, waren angetriebene Fahrzeuge. Die Arbeits- Naturwissenschaftlich-Technische gut vorbereitet. Die Doktorandin ge- gruppe von Professorin Stefanie Trendanalysen (INT) kooperiert mit For- staltete eigens für die eTa-Veranstal- Meilinger arbeitet mit ihren Kooperati- schungsergebnissen zum Thema Tech- tungsreihe ein kindgerechtes und onspartnern eng zusammen an der op- nologievorausschau. Das Deutsche verständliches Comic-Heft, das die timalen Verteilung von Ladesäulen im Museum Bonn lud die eTa-Mitarbei- Forschung der Wissenschaftlerin an- Bonner Stadtgebiet und im Kreis. Um ter*innen dazu ein, die Besucher*innen schaulich erklärt. „Wir möchten beson- den Ausbauzielen der Bundesregierung des Bonner Museumsmeilenfestes an ders Kinder frühzeitig für nachhaltige für Elektromobilität gerecht zu werden, einem Stand mit interessanten Expona- Mobilität begeistern und ich denke, muss die Zahl der Ladesäulen von 256 ten über ihre Arbeit zu informieren. dass wir beim bei unseren Veranstal- im Jahr 2016 bis zum Jahr 2020 stetig tungen den Grundstein dafür legen auf 935 erhöht werden. Um dieses Ziel eTa im Blick der Öffentlichkeit können“, sagt Ludwig. zu erreichen, ermitteln sie aus aktuellen 2018 nahmen die Projektmitglieder ak- Verkehrsdaten sogenannte Points of In- tiv an Veranstaltungen teil, mit dem 12 | eTa im Blick der Öffentlichkeit
Schon kurz nach dem Bonner Muse- umsmeilenfest lud Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Forscher- team der Institutes TREE zum Tag der offenen Tür auf das Gelände der Villa Hammerschmidt in Bonn ein. Rund 14.000 Besucher*innen ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen, den zwei- ten Amtssitz des Staatsoberhauptes und die Stände verschiedener Wissenschaft- seinrichtungen anzuschauen. Steinmei- er und seine Ehefrau Elke Büdenbender ließen sich trotz hohen Zeitdrucks viel Zeit beim Gespräch mit Projektleiter Alexander Asteroth und Hochschulprä- Gelegenheit für ausführliche Besucher- eTa auf dem Tag der offenen Tür sident Hartmut Ihne. Die eTa-Exponate befragungen. „Wir freuen uns, dass wir der Villa Hammerschmidt erregten aber nicht nur beim Bundes- das Projekt eTa mit all seinen Facetten Bundepräsident Frank-Walter präsidenten, sondern auch bei den Be- einem interessierten Publikum vorstellen Steinmeier und seine Frau sucher*innen und hier besonders bei durften“, sagt Asteroth. Die lokale Pres- Elke Büdenbender am eTa-Stand im Familien großes Interesse. Es gab viele, se berichtete 2018 regelmäßig sehr po- Gespräch mit Hochschulpräsident auch kritische Fragen, welche die eTa- sitiv, nicht nur über die Veranstal- Hartmut Ihne und Professor Alexander Asteroth Mitglieder gerne beantworteten. Auch tungen, sondern auch über die die Forscher*innen nutzen ihrerseits die Arbeit der Wissenschaftler. Einblicke 2018 | 13
Energieeffizienz und Erneuerbare Energien MetPVNet: Forschung für die Meilinger, Professorin für Nachhaltige Energieversorgung der Zukunft Technologien, das Konsortialprojekt Energieeffizienz ist nicht nur Bestandteil MetPVNet, das bis Oktober 2020 vom des Institutsnamens TREE sondern eine Bundesministerium für Wirtschaft und zentrale Thematik in Forschung und Energie mit insgesamt rund zwei Millio- Lehre. 2012 gab der deutsche Gesetz- nen Euro gefördert wird. MetPVNet geber das Ziel vor, bis zum Jahr 2050 steht für die „Entwicklung innovativer mindestens 80 Prozent des Stromver- satellitengestützter Methoden zur ver- brauchs aus erneuerbaren Energien zu besserten PV-Ertragsvorhersage auf decken. Die Erzeugung von Photovol- verschiedenen Zeitskalen für Anwen- taikstrom unterliegt wetterbedingten dungen auf Verteilnetzebene“ (FKZ: Prof. Dr. Stefanie Meilinger Schwankungen. Deren genaue Vorher- 0350009A-G, Förderzeitraum: Professorin für nachhaltige sage ist eine große Herausforderung für 01.11.2017-31.10.2020). Im Rahmen Technologien, insb. erneuerbare den Betrieb der Stromnetze. Um Net- des Projektes arbeiten verschiedene Energiesysteme, Energieeffizienz Leiterin des TREE Forschungsbereichs zengpässe in Übertragungs- und Vertei- Expert*innen aus der Atmosphärenfor- Energieeffizienz und erneuerbare lungsnetzen zu verhindern, können schung und den Themenfeldern der Er- Energien Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber neuerbaren Energien, der Energie- https://www.h-brs.de/ die Stromeinspeisung aus Photovoltaik- wirtschaft und der Energiesystemtech- prof-dr-stefanie-meilinger anlagen reduzieren, Der Anlagenbetrei- nik zusammen. Ziel ist es wetterbeding- ber muss darüber allerdings spätestens te Schwankungen in der Produktion Ein Verbundprojekt mit acht Part- am Vortrag informiert werden. Dies ist und Einspeisung von Photovoltaikstrom nern*innen aus Forschung und nur mit entsprechenden Vorhersagen besser vorherzusagen und so das Wissenschaft möglich. Seit Ende 2017 leitet Stefanie Stromnetzmanagement zu verbessern. Im Rahmen des Projektes arbeitet die 14 | Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Projektlei- wetterbedingter Netzschwankungen nen im Raum Kempten genutzt, um tung) mit acht weiteren Partner*innen durch Photovoltaikeinspeisung. möglichst flächendeckend Daten zu er- aus Forschung und Wirtschaft zusam- fassen. „Zurzeit sind zwei Projektmitar- men. Hierzu gehören die Ludwig-Maxi- Erfolgreiche Messkampagne im beiter*innen der H-BRS mit weiteren milians-Universität München, die Allgäu Projektpartner*innen für die zweite Universität Heidelberg, die Fraunhofer- Im Herbst 2018 fand die erste von zwei Sommer-Messkampagne im Allgäu und Institute für Energiewirtschaft und Ener- großen Messkampagnen im Raum wir sind alle sehr gespannt auf die Er- giesystemtechnik IEE sowie für Solare Kempten statt. „Das war ein erster be- gebnisse“, sagt Meilinger. Energiesysteme ISE, das Leibniz Institut deutender Meilenstein und eine gute In einem nächsten Schritt werden die für Troposphärenforschung, das Deut- Grundlage für die Modellierer*innen. Messdaten nun als Input für Simulatio- sche Zentrum für Luft und Raumfahrt Die Daten bilden eine wichtige Basis, nen und für die Validierung von Model- und aus dem Unternehmensverbund mit der sie arbeiten können“, sagt Pro- len genutzt. Wieviel Energie eine Allgäuer Überlandwerk GmbH die egrid fessorin Stefanie Meilinger, Wissen- Photovoltaikanlage erzeuge, hänge von applications & consulting GmbH. Als as- schaftlerin des Institutes TREE und vielen Faktoren ab, erklären die Dokto- soziierter Partner ist die BonnNetz Direktorin des Internationalen Zentrums randin Anna Herman-Czezuch und GmbH dabei. In fünf Arbeitspaketen für Nachhaltige Entwicklung (IZNE). Aus Masterstudent Rone Yousif, die beide werden verschiedene Teilziele verfolgt, der ersten Messreihe habe man viel ge- im Projekt mitarbeiten. Dazu zählt ins- die miteinander verknüpft sind und im lernt und konnte die Zweite optimieren. besondere die Zusammensetzung der Projekt zusammenlaufen. Jede*r der Neben zwei Mastermessstationen auf Atmosphäre, neben den Wolken auch Partner*innen hat einen anderen Blick- dem Dach der Hochschule Kempten so- Aerosole, kleine Partikel in der Atmo- winkel und nutzt andere Methoden. wie in einem südlich gelegenen Photo- sphäre, sowie Spurengase wie CO2 und Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung voltaik-Park haben die Wissenschaftler* Ozon. Rone Yousif beschäftigt sich im besserer Werkzeuge für die Vorhersage innen zusätzlich ca. 20 kleinere Statio- Rahmen seiner Masterarbeit mit dem Einblicke 2018 | 15
Energie 4.0 Einfluss von Aerosolen und Wolken. Tanja Clees ist neue Professorin im schungsarbeit nun im neu gegründeten Anna Herman-Czezuch untersucht den Institut TREE Zentrum für Angewandte Forschung Einfluss der Variabilität des solaren Anfang 2018 wurde das Institut TREE (ZAF) der H-BRS weiterführen. Spektrums auf den Photovoltaikertrag. im Fachbereich Elektrotechnik, Maschi- Die Ergebnisse dieser Arbeiten liefern nenbau und Technikjournalismus um ei- Hydrogen-Lab - Forschung für einen Beitrag zur Entwicklung verbes- ne weitere Professur vergrößert: Power-to-Gas und serter Vorhersagen. Tanja Clees ist seit Februar Professorin Energie 4.0 MetPVNet sei nur ein erster Schritt in für Ingenieurwissenschaften - und dabei Eine wesentliche Fra- der Entwicklung und Anwendung von insbesondere für die Ingenieurinforma- gestellung bei der Um- wetterbedingten PV-Vorhersagen für tik sowie die Modellbildung und Simu- setzung der ein zukünftiges Stromnetzmanagement. lation. Zuvor war sie am Energiewende ist die Nicht alle Fragen seien abschließend ge- Fraunhofer-Institut SCAI für die Leitung Speicherung der elek- klärt und auch nach Ablauf des Projek- des Bereichs „High Performance Analy- trischen Energie, die tes bedürfe es weiterer Forschung, der tics“ zuständig und unterstützt auch aus erneuerbaren sich das Expert*innenteam auch in Zu- jetzt noch in einer Nebentätigkeit das Energien gewonnen kunft widmen wolle. dortige Projekt „MYNTS“ (Multiphysical wurde, für solche Zei- Bereits seit 2014 betreibt Meilinger ge- Network Simulator). Mittels MYNTS las- ten, in denen Wind meinsam mit ihren Mitarbeiter*innen sen sich Energienetze für mehrere Ener- und Sonnenlicht nicht die Energiemeteorologische Messstation gieformen modellieren, planen und ausreichend verfügbar der H-BRS am Standort Sankt Augustin, simulieren, was einen wichtigen Grund- sind. Eine Möglichkeit deren Ergebnisse viele Forschungspro- stein für die erfolgreiche Durchführung stellt Power-to-Gas jekte der Hochschule nutzen. der Energiewende darstellt. Innerhalb (P2G) dar: Weitere Infos: http://metpvnet.de/ des TREE kann Clees ab 2019 diese For- 16 | Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
der verfügbare Strom wird über das „Während des gesamten Prozesses wer- Prinzip der Wasserelektrolyse in Wasser- den im Sinne von BigData & Energie 4.0 stoff (H2) umgewandelt Sensordaten gesammelt. Damit lassen und könnte so leichter ge- sich diese kleineren Experimente zu- speichert werden, als es künftig auf gesamte Energienetze ska- derzeit möglich ist. lieren.“, so Clees. Im TREE Hydrogen-Lab Spaß an Lehre und Forschung werden daher physikali- An ihrer Arbeit schätzt Tanja Clees vor sche wie auch simulati- allem die Abwechslung zwischen ange- onsgestützte Experimente wandter Forschung und der Lehre. „Die durchgeführt, um die Lehre im Fachbereich macht mir Spaß - Energieeffizienz von Me- besonders die Projektwochen. Im Hy- tallhydridspeichern zu un- drogen-Lab ist eine komplette Abbil- Prof. Dr. Tanja Clees tersuchen. Auch wird der dung des Wasserstoffkreislaufs möglich Professorin für gesamte Kreislauf - dies konnte ich zuvor nur mit rein vir- Ingenieurwissenschaften insb. erforscht: Energieerzeu- tuellen Daten simulieren.“ resümmiert Ingenieurinformatik, Modellbildung und Simulation, Institut TREE gung über Solarzellen; Clees ihre bisherigen Erfahrungen als https://www.h-brs.de/ Umwandlung in Wasser- TREE-Professorin. emt/tanja-clees stoff; Erzeugung von Strom aus dem gespei- cherten Wasserstoff. Einblicke 2018 | 17
Modellbildung und Simulation Interdisziplinäre Forschung und Dazu werden eigenständige Methoden- Wasserstoffspeicherung - Von der Unterstützung aller TREE- entwicklungen vorgenommen, um je- Simulation in die Praxis und wie- Forschungsbereiche derzeit in der Lage zu sein, aktuelle der zurück: David Dreistadts Promotionsprojekt Der Forschungsbereich Modellbildung technische Probleme computergestützt In Zusammenarbeit mit der Universität und Simulation unter der Leitung von bearbeiten und lösen zu können. Er- Hamburg sowie in enger Kooperation Professor Gerd Steinebach ist Disziplin gebnisse aus den mit Hilfe der Simulati- mit dem Unternehmen GKN Powder übergreifend angelegt und unterstützt on durchgeführten Computer- Metallurgy untersucht der studierte andere TREE-Forschungsgruppen bei experimenten und aus praktischen Ex- Maschinenbauer und Mechatroniker Aufgaben, die komplexe Berechnungen perimenten stehen gleichberechtigt ne- David Dreistadt seit April 2018 Spei- erfordern. Daneben werden eigene For- beneinander und erlauben oft nur chermöglichkeiten von Wasserstoff in schungsprojekte bearbeitet, deren Fo- gemeinsam die Beantwortung komple- Metallhydrid-Speichern für moderne kus im Bereich der angewandten und xer Fragestellungen. So ergibt sich auf Energieversorgungsnetzwerke. Dabei numerischen Mathematik liegt. natürliche Weise eine enge Zusammen- ist er bereits auf einem vielverspre- arbeit zwischen den Disziplinen Mathe- chenden Weg zur Erstellung eines Si- matik, Informatik, Natur- und mulationsmodells für pulvermetallbasierte Wasserstoff- Ingenieurwissenschaften aus unter- speicher in Power-to-Gas-to-Power schiedlichen Forschungsbereichen. Systemen. Seine Software wird grundlegende Erkenntnisse über die optimale Auslegung und den Betrieb von Wasserstoffnetzwerken liefern. Nach Messungen an realen Systemen wird der Doktorand Optimierungsan- sätze definieren. 18 | Modellbildung und Simulation
Seminarreihe Modellbildung und Die Seminarreihe kann heute auch als Simulation mit unseren Kooperati- Geburtsstätte des TREE-Forschungsbe- onspartnern reiches „Modellbildung und Simulation“ 2011 hatten Klaus Wolf vom Fraunho- bezeichnet werden. Alle TREE-Profes- fer-Institut für Algorithmen und Wis- sor*innen, die in diesem Bereich for- senschaftliches Rechnen SCAI sowie schen, sind seit den Anfangstagen Professor Wolfgang Joppich und Profes- aktive Gestalter der Seminarreihe. Prof. Dr. Gerd Steinebach sor Dirk Reith (damals noch SCAI) vom Professor für Mathematik, insb. Fachbereich EMT die Idee, eine gemein- Simulationskonsortium aus vier mathematische Modellbildung und same Seminarreihe ins Leben zu rufen, starken Partnern der Region numerische Simulation mit dem Ziel, Projektergebnisse regel- Die Dr. Reinold Hagen Stiftung stieß im Leiter des TREE Forschungsbereichs mäßig zu präsentieren und gemeinsam Jahr 2014 dazu. Mitarbeiter und Stu- Modellbildung und Simulation zu diskutieren. Mit ihrer Idee rannten denten der Stiftung präsentieren ihre https://www.h-brs.de/ sie offene Türen ein und schnell eta- Simulationsarbeiten aus der Kunststoff- emt/prof-dr-gerd-steinebach blierte sich die Seminarreihe zu Simula- forschung. Seit 2018 gehören auch das tionsthemen. Insbesondere Bachelor- Institut für Simulations- und Software- Sankt Augustin, des Fraunhofer SCAI und Masterstudierende des Fachbe- technik des Deutschen Zentrums für am Schloss Birlinghoven und des DLR in reichs, die am SCAI ihr Praxissemester Luft- und Raumfahrt (DLR) zu den Part- Köln-Wahn statt. Externe Redner*innen absolvierten oder ihre Abschlussarbei- nern und bereichern das Seminar mit werden sehr gerne gehört. Der Leiter ten schrieben, fanden Gelegenheit, ihre Themen zur Raumfahrt und zur Aerody- des Forschungsbereiches Professor Gerd Ergebnisse einem größeren Publikum zu namik. Die Seminare finden wechselnd Steinebach beantwortet gerne Fragen präsentieren. an den Standorten der Hochschule in bei Interesse an der Seminarreihe. Einblicke 2018 | 19
20 | Forschung und Lehre
FORSCHUNG UND LEHRE AUF ZUKUNFTSKURS Auf Zukunftskurs | 21
Nachhaltige Werkstoffe und Materialien Steffen Witzleben erhält Neue Großgeräte für die reitung, ein Feldemissions-Elektronen- Forschungsprofessur Forschung mikroskop mit Computertomografie- Seit dem 20. November ist Steffen Seit Ende des Jahres stehen drei neue System zur Erfassung von Oberflächen- Witzleben, Professor für Anorganische Geräte in den Forschungslaboren am strukturen im Nanometerbereich und und Analytische Chemie, Forschungs- Campus Rheinbach: ein Cross-Section ein X-Ray Microtomograph zur Ermitt- professor an der Hochschule Bonn- Polisher zur optimierten Probenvorbe- lung innerer Materialstrukturen. Rhein-Sieg. Durch diese besondere Wertschätzung seiner bisherigen For- schungsaktivitäten kann Witzleben sei- ne derzeitige Arbeit im Projekt „Hybrid-KEM“ intensivieren. Ziel des Projektes ist ein neues Knochenersatz- material zu entwickeln, das in seiner Zusammensetzung dem natürlichen Ge- webe nachempfunden ist und den Me- tabolismus (ggf. Stoffwechsel) positiv beeinflusst. Gefördert mit einer halben Million Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für vier Jahre und drei neuen Großgeräten, freut sich Witzleben über die Mittel, die seiner Forschung zur Verfügung stehen. 22 | Nachhaltige Materialien
Die neuen Geräte ermöglichen dabei schung (ISF), als auch deutlich höhere und bessere Auflösun- Nachwuchswissenschaft- gen gegenüber den bisherigen Geräten. ler*innen und kooperie- „Es bestand schon seit längerer Zeit der rende Unternehmen von Wunsch und der Bedarf, neue Geräte Forschungsprojekten anzuschaffen.“ teilte Witzleben mit, der profitieren durch die die Geräte in seinen Forschungsprojek- Geräte. Die Geräte eröff- ten nutzt. „Die hochauflösende elektro- nen neue Wege der nenmikroskopische Analyseplattform Kooperation zwischen den mit integrierter Computertomografie Forschungsinstituten der unterstützt nicht nur sehr erfolgreich Hochschule und Unternehmen der nung, Detektionstechnologien und die laufenden Forschungsarbeiten, son- Region. Witzleben teilt diese Sichtweise: Sicherheitsforschung. dern stellt vielmehr eine strategische In- „Eine Vielzahl von laufenden Projekten vestition zur Weiterentwicklung wird von den innovativen analytischen mehrerer Forschungsschwerpunkte der Technologien dieses elektronenmikro- Prof. Dr. Steffen Witzleben H-BRS dar“. Die Geräte wurden im Rah- skopischen Systems profitieren“. Professor für Chemie, insb. men der Fördermaßnahme FHInvest Anorganische und Analytische Chemie, vom BMBF finanziert. Die Investition trägt auf diese Weise Forschungsprofessur, nicht nur der Forschung und Leiter des TREE Forschungsbereichs Investition fördert Kooperationen Forschungskooperationen bei, sondern Nachhaltige Werkstoffe und mit Unternehmen ebenfalls der strategischen Weiterent- Materialien Sowohl Professor*innen im Institut wicklung der Forschungsschwerpunkte https://www.h-brs.de/ TREE, im Institut für Sicherheitsfor- Materialforschung, Ressourcenscho- anna/prof-dr-steffen-witzleben Auf Zukunftskurs | 23
Ressourcen der Zukunft - Nachwachsende Rohstoffe Lignin mit neuem Ansatz Biomasse aus Hölzern bzw. Gräsern be- sucht Lignin als Kunststoff-Additiv. Xu- entschlüsseln steht hauptsächlich aus Lignin und Cel- an-Tung Do und Rene Burger forschen Etwa 95 Prozent aller Kunststoffe wer- lulose. Lignin, der „Klebstoff“ dieser an der Entwicklung einer chemometri- den aus Erdöl, Erdgas bzw. Kohle her- Biomassen, könnte auf Grund seiner schen Methode zur Lignin-Analyse und gestellt. Um diese fossilen Ressourcen Struktur als nachwachsender Rohstoff zukünftigen Qualitätskontrolle. Zudem durch nachwachsende Rohstoffe (Grä- erdölbasierte Bestandteile in der Kunst- evaluieren sie gemeinsam mit einem In- ser, Hölzer, Abfälle) substituieren zu stoffindustrie ersetzen. dustrie-Partner das Potential eines neu können, forscht Professorin Margit installierten NMR-Benchtopgerätes für Schulze an neuen Materialien im Projekt Erst mit der strukturellen Aufklärung die quantitative Analyse von Biopoly- „Biobasierte Produkte“. Kerngedanke ist verschiedener Lignine mittels moderner meren. Diese neuen Tischgeräte sind es, nachwachsende Rohstoffe stofflich analytischer Methoden (u.a. Kernreso- mit einem Permanentmagneten ausge- zu verwerten. „Wir arbeiten an der Her- nanzspektroskopie, NMR), sind Rück- rüstet und benötigen, im Gegensatz zu stellung neuer Polymere und Verbund- schlüsse auf deren Eigenschaften und großen NMR-Geräten, keine Kühlung - werkstoffe. Dazu nutzen wir Biomassen Verwertung für unterschiedliche An- ein großer Vorteil gegenüber den ho- wie Gräser oder Abfall, die weder in der wendungsbereiche möglich. Im Team hen Betriebskosten konventioneller Lebensmittel- noch Futterindustrie ver- von Professorin Schulze untersuchen NMR-Geräte. Das Benchtop-NMR wird wendet werden können“, so Schulze. Doktorand*innen verschiedenste in Forschung und Lehre eingesetzt und Der steigende Bedarf an Kunststoffen Aspekte: Stephanie Klein forscht an Li- fördert so die kooperative Zusammen- bei gleichzeitig schwindenden fossilen gnin-basierten Materialien für Oberflä- arbeit Studierender aller Semester mit Ressourcen, lässt nachwachsende Roh- chenversiegelungen und Lacke, Jessica Doktorand*innen und internationalen stoffe immer wichtiger für die chemi- Rumpf arbeitet an Lignin als Bindemittel Stipendiat*innen im Labor. sche Industrie werden. in Verpackungsmaterialien wie Papier und Karton, Abla Alzagameem unter- 24 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
Forschungsprofessur für warb die Doktorwürde. Der Margit Schulze Titel seiner Dissertations- schrift ist: „Einfluss von Am 18. Juli wurde Margit Schulze zur Miscanthus-Genotyp und Forschungsprofessorin an der Hoch- Erntezeit auf Gehalt und schule Bonn-Rhein-Sieg ernannt. Damit Struktur von Lignin aus Or- hat sie mehr Zeit für ihre Forschung. ganosolv-Verfahren“. Im For- Schulze sieht dies als Chance, ihre Lehre schungsteam von Schulze zu verbessern: „Interessante, aktuelle untersuchte er, ob Genotyp Lehre wird inspiriert durch Forschung.“ und Erntezeit einen Einfluss Den wissenschaftlichen Nachwuchs zu auf Ligninstruktur und fördern - möglichst vom ersten Semes- -gehalt von Miscanthus-Grä- ter an - und idealerweise in einer inter- sern haben. Mit seiner Doktorarbeit Die Miscanthus Pflanze national zusammengesetzten Gruppe, hat Bergs wichtige neue Ergebnisse Symbol für die erfolgreiche Forschung der Arbeitsgruppe „Nachhaltige ist Schulze ein zentrales Anliegen. So für die Ligningforschung erzielt. Zu Materialien“ waren in 2018 zwei Stipendiatinnen aus promovieren kann er nur weiteremp- Jordanien bzw. den USA (finanziert fehlen: „Mir hat die Promotion große Kontakt: über das DAAD-RISE-Programm) zu Freude gemacht, gerade auch die Prof. Dr. Margit Schulze Gast in der Arbeitsgruppe. Leute, mit denen ich zusammengear- Professorin für Industrielle Organische beitet habe: Margrit Schulze, mein Dok- Chemie und Polymerchemie Michel Bergs: Magna cum Laude torvater Ralf Pude. Ich habe immer Forschungsprofessur, Insitut TREE Am 20. Dezember schloss Michel Bergs Rückmeldung bekommen, wenn ich sie https://www.h-brs.de/ erfolgreich seine Dissertation ab und er- brauchte.“ anna/prof-dr-margit-schulze Auf Zukunftskurs | 25
Christian Dresbach - Neuer Profes- me“ des Instituts für Werkstoff-For- Expertise verstärkt Dresbach die For- sor bei TREE schung. Seit Februar 2018 ist er wieder schungsbereiche „Modellbildung und an der HBRS - diesmal als Professor. Der Simulation“ sowie „Nachhaltige Mate- Seit Ende 2018 verstärkt Christian Dres- Schritt weiter in der Forschung aktiv zu rialien“. Letzterem kamen seine prakti- bach das Institut TREE als Professor für bleiben, führt ihn nun zum TREE: „Ich schen Forschungserfahrungen im Materialwissenschaften, insbesondere habe sowohl bei Fraunhofer als auch Fraunhofer-Institut zu Werkstoffcharak- Struktur- und Funktionswerkstoffe so- am DLR gerne geforscht und möchte terisierung kleiner Dimensionen bereits wie Simulation. Einigen der alteingeses- mich jetzt an der H-BRS auch weiter in zugute. senen Professor*innen dürfte der Name der Forschung engagieren. Da passte Dresbach noch in guter Erinnerung sein, TREE für mich am besten.“ Im Wesentlichen beschäftigt sich Dres- da er bereits 2004 mit Bestnote sein bach mit Lösungen zu der Frage, wie Studium als Diplomingenieur für Werk- Expertise in Werkstoffcharakteri- man knappe Ressourcen möglichst effi- stofftechik an der HBRS abschloss. Im sierung kleiner Dimensionen er- zient und gleichzeitig nachhaltig nutzen Anschluss daran forschte er am Fraun- weitert Forschungsteam kann. Ziel ist im Allgemeinen ein gerin- hofer-Institut für Werkstoffmechanik Dresbachs Spezialisierung im Feld gerer Energieverbrauch. Dies erfolgt (IWM) an Komponenten der Mikroelek- „Werkstoffmechanische Bewertung“ entweder durch bessere Energieeffizi- tronik und Mikrosystemtechnik, wäh- umfasst zwei wesentliche Aufgaben: enz - wie zum Beispiel mit leichteren rend er zeitgleich an der Die Ermittlung von mechanischen Ei- Bauteilen - oder indem eine höhere Martin-Luther-Universität promovierte. genschaften von Werkstoffen und die Leistung aus dem System erzielt wird. Ab 2010 arbeitete Dresbach beim Deut- Vorhersage über das Verhalten von schen Zentrum für Luft- und Raumfahrt Bauteilen durch Simulationen. Mit sei- Wird von einem Bauteil Material weg- (DLR) in der Abteilung „Metallische ner langjährigen praktischen For- genommen, um Ressourcen und Ener- Strukturen und hybride Werkstoffsyste- schungserfahrung und fachlichen gie zu schonen, muss es trotzdem 26 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
Prof. Dr. Christian Dresbach Professor für Materialwissenschaften dieselben Belastungen wie zuvor aus- mulationen beschreiben können. Im insb. Struktur- und halten. Dresbach ermittelt unter ande- Speziellen interessiert mich hier die me- Funktionswerkstoffe sowie Simulation, rem die maximale Belastungsgrenze für chanische Charakterisierung in kleinen Institut TREE ein Bauteil und trifft Vorhersagen, wie Dimensionen, wo es keine Standardan- https://www.h-brs.de/ dünn ein Bauteil minimal sein darf, da- wendungen gibt.“ anna/christian-dresbach mit es den Belastungen dauerhaft standhält. „Im Prinzip ist es entschei- dend, dass das System und das entwi- ckelte Material nachhaltig sind.“, so Dresbach. Zukunftsperspektive Forschen Zu seinen Zukunftsplänen bei TREE äu- ßerte Dresbach: „Ich möchte zum einen im Bereich Zuverlässigkeit und Lebens- dauervorhersage von Bauteilen weiter forschen, damit wir belastbarere und langlebigere Bauteile erhalten. Dazu ha- be ich einige Theorien entwickelt, die ich gerne weiterentwickeln möchte. Und zum anderen möchte ich moderne Werkstoffe charakterisieren, sodass wir deren Verhalten in Bauteilen mittels Si- Auf Zukunftskurs | 27
Ist Plastik so schlecht wie sein Ruf? Ein Statement von Dr. Johannes M.Sc. „Materials Sciences and Sustaina- Vorweg: Steinhaus, Geschäftsführer des bility Methods“ sowie B. Eng. „Nach- Kunststoffe sind eine Werkstoffklasse, TREE haltige Ingenieurwissenschaften“ ist, die aus unserem industrialisierten Leben Seit geraumer Zeit setzen wir uns inten- den Studierenden zu vermitteln, dass weder wegzudenken noch wegzudis- siv mit der nachhaltigen aber auch in- nicht alles technisch Machbare auch kutieren sind. Sie ermöglichen Anwen- novativen Erzeugung und Verwendung nachhaltig und sinnvoll für die Gesell- dung in der Mobilität (Luft- und von Kunststoffen auseinander. schaft und die Umwelt ist. Genauso ist Raumfahrt, Fahrzeugtechnik, etc.), dem das im Falle der Kunststoffentwicklung, Leichtbau, in der Architektur und Bau- Ein wesentlicher Grundgedanke unserer -herstellung, -verarbeitung und -an- wirtschaft, dem Maschinenbau, der Ausbildung in den Studiengängen wendung. Unterhaltungselektronik und fast allen Bereichen der produzierenden Industrie, in denen wir ohne den innovativen Ein- satz von Kunststoffen auf einem tech- nischen Stand von vor ca. 100-150 Jahren wären. Aber wie so oft, wenn der Mensch forscht und entwickelt ohne nachhaltig zu agieren, sind viele Produktinnovatio- nen zu kurzfristig gedacht. So fehlte in der Vergangenheit in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen gewinn- orientierter Unternehmen dieser Welt 28 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
der Sinn für umweltgerechtes, nachhal- in Form strengerer Umweltgesetze, gen Dichte (ca. 0,9-1,5 kg/l) und guten tiges Entwickeln von Produkten. Dem Schadstoffgrenzwerte, Recyclingquoten Festigkeiten. Zudem sind sie vergleichs- technischen Nutzen und der Kosteneffi- etc. Kurz: Immer wenn die Politik ein- weise leicht und günstig zu verarbeiten, zienz wurde stets ein wesentlich höhe- greift und sich mal nicht zu sehr von in- da sie die niedrigsten Verarbeitung- rer Stellenwert eingeräumt. dustrienahen Lobbyist*innen stemperaturen aller Materialklassen be- beeinflussen hat lassen. Unternehmen sitzen (ca. 160 - 350 °C). In den letzten 10 Jahren erkennen wir schauen auf Umsatz- und Gewinnstei- zumindest in Europa einen deutlichen gerungen und die wenigsten (insb. AGs) In Summe ergeben sich daraus Trend zu nachhaltigerem und umwelt- fühlen sich nennenswert der Gesell- folgende Vorteile: bewussteren Entwickeln (dieses Be- schaft, bzw. der Umwelt verpflichtet, 1. Sehr günstige Einzelteilkosten (häu- wusstsein versuchen wir bereits in den wenn es sich nicht gerade gut verkau- fig nur wenige Cents) Köpfen unserer Studierenden zu stär- fen lässt. Sie müssen also gezwungen 2. Geringes Bauteilgewicht und damit ken). Doch gerade in kapitalgetriebenen werden! auch geringe Transportkosten Unternehmen, die in einem harten 3. Vergleichsweise einfache Herstellung Wett- und vor allem Preiskampf stehen Basierend auf diesem Hintergrund las- aus Erdöl. mit aufstrebenden Industrienationen, sen sich meines Erachtens die bisherige Auch wenn Erdöl eine endliche Res- wie China, Indien, etc. kommen Nach- Entwicklung und der Einsatz von Kunst- source ist, so ist der prozentuale Anteil, haltigkeits- und Umweltaspekte in der stoffprodukten einordnen. Kunststoffe der in die Kunststoffproduktion geht Regel zu kurz. Die effektivsten Verbes- sind eine äußerst günstige Materialklas- mit anteilig ca. 14 Prozent gering. Der serungen in der Nachhaltigkeit und se (ca. 1-10 EUR pro kg, da Kosten für Rest wird verbrannt bzw. zu Treib- und Umweltverträglichkeit sind unser Beob- Folgeschäden, Abbau fossiler Rohstoffe, Schmierstoffen etc. verarbeitet. Zieht achtungen nach fast immer ein Resultat CO2 Bilanz, etc. nicht berücksichtigt man nun in Betracht, dass alleine aus neuer politischer Rahmenbedingungen werden) bei einer vergleichsweise gerin- Kostengründen viel zu wenig Auf Zukunftskurs | 29
Kunststoff recycelt wird und zudem die Flüsse schließlich ins Meer gespült. mittlerweile pflanzliche Quellen für die Gerade bei sehr flachen und häufig Kunststoffproduktion zur Verfügung durch Monsun überfluteten Ländern, stehen, so wird es im Falle von Kunst- wie Kambodscha und Bangladesch, in stoffen wohl nicht so schnell zu einer denen der Plastikmüll meistens in der Rohstoffverknappung kommen. Landschaft landet, tritt dieses Problem auf. (Info: von etwa 300 Mio. Tonnen Nachteile, denen in der Vergan- Kunststoffen, die weltweit jährlich pro- genheit leider viel zu wenig Auf- duziert werden, gehen 100 Mio. merksamkeit geschenkt wurde: Tonnen in die Produktion von Verpa- Viele Kunststoffe (sowohl synthetische ckungen. Man schätzt, dass wiederum als auch biobasierte) bauen sich in der bis zu 10 Prozent davon jährlich im Natur in der Regel schlecht bis kaum Meer und sogar in unseren Böden lan- ab. Da Kunststoffverpackungen aller- den.) Einmal ins Meer gelangt, zerbricht dings extrem günstig sind und deren der Kunststoffmüll unter Sonnenein- auffälliger, verkaufsfördernder Formge- strahlung sowie Kontakt zu (Salz-)Was- bung kaum Grenzen gesetzt sind, wird ser in immer kleinere Partikel und wird immer mehr und unnötig verpackt. Die von Meereslebewesen verzehrt. Da der meisten Verpackungskunststoffe sind Kunststoff i.d.R. nicht verstoffwechselt leichter als Wasser. Viele Verpackungen werden kann, verhungern die Tiere, die mentieren Teile des Kunststoffmülls, die (Flaschen, Behälter etc.) haben Luft in zu viel Kunststoff verzehren. Leider gibt schwerer sind als Wasser, auf den Mee- sich und schwimmen daher auch. Müll, es in manchen Regionen der Welt schon resgrund. Aber auch große Kunststoff- der in der Landschaft landet, wird über mehr Mikroplastik als Krill. Zudem sedi- behälter 30 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
zen und verenden. Kunststoffe beinhal- Blätter, Naturfasern, etc. Diese sind in ten häufig Additive und Restchemi- der Regel biologisch abbaubar, wenn kalien, die über eine längere Zeit aus ih- sie nicht aufwendig farbig bedruckt nen herausgelöst werden können und oder sogar mit Kunststoff beschichtet dem Organismus, der sie an Stelle von sind. Bei Wegwerfverpackungen, die Nahrung aufnimmt, schaden kann. häufig unsachgemäß entsorgt werden, ist der Einsatz sicher sinnvoll. Allerdings Zudem neigen Mikroplastik-Partikel in sind sie nicht durchsichtig und geben Gewässern dazu, chemisch ähnliche dadurch nicht den Blick auf das ver- Giftstoffe wie PAK (Polyzyklische Aro- packte Produkt frei. Zudem sind sie matische Kohlenwasserstoffe) an sich zu empfindlich gegen Feuchtigkeit und binden. Auf die Weise wird das Wasser entsprechen häufig nicht den hohen zwar gereinigt, die Meeresbewohner, Anforderungen bezüglich Festigkeit, die Mikroplastik mit Nahrung verwech- Dichtheit bzw. Permeabilität der Verpa- seln allerdings zusätzlich geschädigt. ckungsindustrie. Am Ende landet diese Umweltver- schmutzung dann wieder konzentriert Aktueller Stand der Forschung im im Speisefisch auf unseren Tellern. Hinblick auf Abbaubarkeit oder Optimierung von Kunststoff werden von größeren Meeresbewoh- Wie lassen sich Kunststoffe durch Beides gibt es schon seit langem! Es nern mit Nahrung verwechselt und füh- andere Stoffklassen substituieren? verkauft sich allerdings schlechter an ren nicht selten zum Tod. Ebenso Durch Papier, Pappe und andere natür- den Verpacker, weil erhöhter Aufwand verfangen sich Tiere in alten Fischernet- liche Materialien, wie Holz, getrocknete in der Herstellung sowie schlechtere Auf Zukunftskurs | 31
Schutzeigenschaften die Verpackung mer beliebter wird. Doch auch hier ist verteuert. Wenn also ein Kilogramm die Triebfeder der gesellschaftliche oder Verpackungskunststoff dann zum politische Zwang. Beispiel 1,40 EUR statt 1,20 EUR kostet (bei einem typischen Verpackungsge- Grundsätzlich gilt aber bei Kunst- wicht zwischen 10-50 g macht das stoffverpackungen: einen Preisunterschied für die Verpa- Wenn sie ordnungsgemäß wiederver- ckung von max. 1 Cent aus), dann geht wendet oder entsorgt, sortiert und re- dieser 1 Cent vom Profit ab. cycelt werden, müssen sie nicht unbedingt abbaubar sein. Auch das Bei Millionen verpackten Einheiten Verbrennen von Kunststoffmüll anstelle kommt dann häufig eine hohe Summe von frischem Rohöl muss nicht zwin- zusammen, für die viele Unternehmen gend schlecht sein, vorausgesetzt es Dr. Johannes Steinhaus die Umweltaspekte gerne außer Acht wird konsequent vorgegangen. Leider Geschäftsführer Institut TREE lassen. Gleiches gilt häufig für recycelte agieren weder die Verpackungsunter- Koordination und Lehrkraft für besondere Aufgaben, M.Sc. Materials Verpackungskunststoffe. Auch sie sind nehmen noch wir Konsumenten beson- Science and Sustainabilty Methods häufig etwas teurer bzw. erreichen ders gut darin. Geht man davon aus, Kompetenzplattform Polymere nicht ganz die guten Eigenschaften der dass wir Menschen schlicht nicht in der Materialien originären Ware. Es ist allerdings ein Lage sind, den gesamten (nicht nur https://www.h-brs.de/ Trend zu beobachten, dass nachhaltige 90 Prozent) Müll zu entsorgen, ist es anna/johannes-steinhaus Verpackungslösungen nicht zuletzt auf- unerlässlich anzustreben, ausschließlich grund erhöhter Aufmerksamkeit in der biologisch abbaubare Verpackungen zu Öffentlichkeit auch bei der Industrie im- produzieren. 32 | Nachhaltige Werkstoffe und Materialien
Lösungsansätze: industrie und die Hälfte aller Industrie- nungsgemäß entsorgt wird. Hierzu 1. Nicht nachhaltige Verpackungslösun- verbände Sturm laufen werden und den zählen übrigens auch Zigarettenstum- gen hart besteuern (z.B. 1 Cent pro Untergang des Abendlandes heraufzie- mel. Gramm); sobald ein ökonomischer Nut- hen sehen, da das ja schlicht unbezahl- zen besteht, nachhaltig zu Verpacken bar wäre. Und die Umwelt und die 3. Die Forschung an nachhaltigen Ver- und Müll - insb. schlecht biologisch ab- Weltmeere haben halt leider nicht so packungslösungen sollte gestärkt und baubarer Müll - zu vermeiden, werden eine einflussreiche Lobby... der Transfer in die kunststoffproduzie- Unternehmen es umsetzen und z.B. un- rende und -verarbeitende Industrie über nötige bzw. unsinnige Verpackungen 2. Es müssen langangelegte Verbrau- den Zwang seitens der Politik gefördert weglassen. Ein Gegenargument, wel- cher-Kampagnen gestartet werden, die werden, die nachhaltigeren Technolo- ches die Unternehmen immer gerne an- die öffentliche Wahrnehmung der gien auch tatsächlich einzusetzen. führen ist, dass es an anderen Orten auf Kunststoffmüllproblematik der Welt keine Besteuerung gäbe, und (insbesondere in den Weltmeeren) es dadurch einen Wettbewerbsnachteil grundlegend verändern. Mit dem Ziel, gäbe. Von daher wäre eine Europäische die Konsument*innen nicht nur hin- Lösung wünschenswert, so dass die Be- sichtlich ihres Kaufverhaltens zu sensibi- steuerung immerhin auf alle in der EU lisieren, sondern auch was das abgesetzten, verpackten Waren erho- ordnungsgemäße Entsorgen absolut ben würde. JEDES einzelnen gebrauchten Verpa- ckungsproduktes angeht. Notfalls muss Es wäre bei einem solchen Lösungsan- das so weit gehen, dass auch der acht- satz allerdings zu erwarten, dass die lose in der Landschaft hinterlassene Verpackungslobby, die Lebensmittel- Müll Anderer eingesammelt und ord- Auf Zukunftskurs | 33
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INNOVATIONS- OFFENSIVE Innovationsoffensive | 35
Ressourcenschonende Produkte und Prozesse ROFEE - Elektroroller mit dem sen sich Bauteile mit hohem Im Projekt ROFEE - „Ressourcenopti- 3-D-Drucker nachhaltiger Individualisierungsgrad oder mit kom- mierte Fahrzeugteile für die Elektromo- gestalten plizierten Geometrien herstellen. Doch bilität durch den Einsatz generativer 3-D-Drucker gewinnen in der Industrie lässt sich die Herstellung von Bauteilen Fertigung“ - unter Leitung von Welf zunehmend an Bedeutung. Durch addi- mit 3-D-Druckern in Hinblick zur Wawers, Professor für Konstruktion, tive Verfahren wie dem 3-D-Druck las- Nachhaltigkeit noch optimieren? CAD und Bionik im Maschinenbau, wird der Herstellungsprozess und die Bauteilgeometrie von Bauteilen eines Elektrorollers hinsichtlich einer verbes- serten Ressourceneffizienz untersucht. „Die konventionelle Fertigung ist grundsätzlich ein Kompromiss aus den Bauteilanforderungen und der Herstell- barkeit. Die nahezu unbegrenzte Geo- metriefreiheit der additiven Fertigung verschiebt diese Balance zugunsten an- forderungsoptimierter Bauteile.“, erklärt Wawers. Durch den Einsatz additiver Fertigung, 3-D-Druck im Laserschmelz- Verfahren (SLM-Verfahren), sollen der ROFEE Projektteam Herstellungsprozess und die Bauteil- V.l.n.r: Thomas Hilger (Lightway GmbH), Christhoph Thurn (H-BRS-Student), Prof. Dr. Olaf Bruch, Prof. Dr. Welf Wawers, Gereon Stotz (H-BRS-Student im geometrien optimiert werden, sodass Praxissemester bei e-bility), Jannic Oschwald (e-bility GmbH) auf den gesamten Produktlebenszyklus 36 | Ressourcenschonende Produkte und Prozesse
Ressourcen und Energie in hohem Ma- Industrie- & praxisnah: ße eingespart werden. Zudem soll die Kooperationen fördern Forschung technische Güte der Bauteile verbessert, Kooperationen zwischen Unternehmen Montagezeit reduziert und somit die und Hochschule sind für beide Seiten Wirtschaftlichkeit aller beteiligten klei- von Vorteil, da sie praxisnahe und an- nerer und mittlerer Unternehmen wendungsorientierte Forschung bein- (KMU) gesteigert werden. haltet. Zusammen mit den Unter- nehmen e-bility GmbH, ein in Remagen Die im Projekt entwickelten Baugrup- ansässiger Hersteller von Elektrorollern, pen sollen als Vorbild für weitere Pro- und der Firma LIGHTWAY GmbH & Co. jekte dienen, um auch dort Ressourcen KG, Ansprechpartner für Additive Ferti- einsparen zu können. Grundlage der gung von Metallteilen in Niederzissen, Prof. Dr. Welf Wawers neu zu gestaltenden Bauteilgeometrien wird an der Ressourcen- und Energie- Professor für Grundlagen des Maschinenbaus, Konstruktionstechnik, sind in der Natur vorkommende biologi- einsparung von Elektrorollern geforscht, CAD und Bionik sche Strukturen, die durch den Einsatz die über einen besseren Herstellungs- Leiter des TREE Forschungsbereichs von Methoden der Simulation und ma- prozess sowie optimierte Bauteilgeome- Ressourcenschonende Produkte und thematischer Optimierung an die An- trie erfolgt. So erhalten Wawers und Prozesse forderungen des Elektrorollers sein Forschungsteam durch die Zusam- https://www.h-brs.de/ angepasst werden. Das Projekt reiht menarbeit zum Beispiel Zugang zu den emt/prof-dr-welf-wawers sich in weitere TREE-Forschungsaktivitä- technologischen Kompetenzen und Ein- ten zu den Themen ressourcenoptimier- richtungen der Projektpartner. „Die an- Wawers. Gefördert wird das Projekt te Produkte und Prozesse sowie nach- wendungsorientierte Forschung öffnet von der Deutschen Bundestiftung Um- haltigere und effiziente Mobilität ein. die Laborgrenzen der Hochschulen“, so welt (DBU). Innovationsoffensive | 37
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