BERICHT UND ANTRAG DER REGIERUNG AN DEN LANDTAG DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN BETREFFEND DIE SCHAFFUNG EINES GESETZES ÜBER DAS ELEKTRONISCHE ...
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BERICHT UND ANTRAG DER REGIERUNG AN DEN LANDTAG DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN BETREFFEND DIE SCHAFFUNG EINES GESETZES ÜBER DAS ELEKTRONISCHE GESUNDHEITSDOSSIER (EGDG) Behandlung im Landtag Datum 1. Lesung 2. Lesung Schlussabstimmung Nr. 114/2020
3 INHALTSVERZEICHNIS Seite Zusammenfassung .................................................................................................. 4 Zuständiges Ministerium......................................................................................... 6 Betroffene Stellen ................................................................................................... 6 I. BERICHT DER REGIERUNG ....................................................................... 7 1. Ausgangslage ................................................................................................. 7 1.1 eHealth in Österreich ........................................................................... 8 1.2 eHealth in der Schweiz ....................................................................... 11 1.3 Projekt eHealth in Liechtenstein ........................................................ 15 2. Begründung der Vorlage .............................................................................. 19 3. Schwerpunkte der Vorlage .......................................................................... 20 4. Vernehmlassung .......................................................................................... 21 5. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Vernehmlassung ....................................................... 24 5.1 Gesetz über das elektronische Gesundheitsdossier (EGDG) ............. 24 6. Verfassungsmässigkeit / Rechtliches ........................................................... 54 7. Auswirkungen auf Verwaltungstätigkeit und Ressourceneinsatz ............... 54 7.1 Neue und veränderte Kernaufgaben ................................................. 54 7.2 Personelle, finanzielle, organisatorische und räumliche Auswirkungen ..................................................................................... 55 7.3 Evaluation ........................................................................................... 55 II. ANTRAG DER REGIERUNG ..................................................................... 56 III. REGIERUNGSVORLAGE .......................................................................... 57
4 ZUSAMMENFASSUNG Das Projekt eGN (elektronisches Gesundheitsnetz) beschäftigt sich seit bald 16 Jah- ren mit der Ausgestaltung und Entwicklung eines digitalen Gesundheitssystems (insbesondere der elektronischen Kommunikation) in Liechtenstein und hat wäh- rend dieser Zeit verschiedene Massnahmen umsetzen können (z.B. die elektroni- sche Leistungsverrechnung oder die Einführung einer Versichertenkarte mit Online- Abfrage von Administrativdaten). Im Rahmen der im Jahre 2012 von der Regierung genehmigten eHealth-Strategie beschäftigt sich das aktuelle Projekt mit dem Auf- bau einer eHealth-Plattform in Liechtenstein und der angrenzenden Region. Das Ziel der eHealth-Strategie aus dem Jahr 2012 stellt ein über den blossen Ver- sand von Gesundheitsdaten auf elektronischem Weg hinausgehendes elektroni- sches Gesundheitsdossier (EGD) für alle in Liechtenstein Krankenversicherten dar. Es ermöglicht den jeweils berechtigten EGD-Gesundheitsdienstleistern im Rahmen eines konkreten Behandlungsfalles und unter Berücksichtigung der jeweiligen Be- rufspflichten den Zugriff auf die im EGD gespeicherten Gesundheitsdaten und ge- netischen Daten. Gleichzeitig gewährt es den Versicherten zu jeder Zeit einen un- eingeschränkten Zugriff auf diese Daten. Für den Aufbau eines EGDs bedarf es daher einer gesetzlichen Verankerung, wel- che die Zuständigkeiten, die Inhalte und insbesondere den Datenschutz regelt. Um verlässlich Auskunft geben zu können, muss für diejenigen Versicherten, die sich dazu entscheiden, dass ihre Gesundheitsdaten und genetischen Daten im EGD verarbeitet werden, ein möglichst vollständiges Dossier vorliegen. Dafür ist zu de- finieren, wer Daten verarbeiten muss und welche Daten verarbeitet werden müs- sen. Der vorliegende Vorschlag lehnt sich an die österreichische Regelung an, die unter Wahrung des Datenschutzes und der Prämisse, dass jeder Versicherte über seine Daten bestimmt, ein sehr hohes Mass an Vollständigkeit gewährleistet. Grundsätzlich soll für jeden Versicherten ein EGD erstellt werden. Der Versicherte kann jedoch verlangen, dass in seinem Dossier keine Gesundheitsdaten und gene- tischen Daten verarbeitet werden (Widerspruchsrecht, Opt-Out). Dadurch nimmt er nicht an der Nutzung des elektronischen Gesundheitsdossiers teil. Für die teil- nehmenden Versicherten soll zudem ein Recht auf temporäres Ausblenden und
5 definitives Löschen von einzelnen Gesundheitsdaten und genetischen Daten mög- lich sein. Im EGD sollen folgende behandlungsrelevanten Daten zwingend gespeichert wer- den: - Zuweisungsbriefe und Arztberichte - Überweisungsbriefe und Austrittsberichte - Laborbefunde - Befunde der bildgebenden Diagnostik - Medikationen Darüber hinaus soll das EGD weitere Daten wie Blutgruppe oder Impfdaten enthal- ten können. Folgende Leistungserbringer sollen berechtigt und gleichzeitig verpflichtet werden, die ihrem Fachgebiet entsprechenden behandlungsrelevanten Daten ihrer Patien- ten im EGD zu speichern (im Sinne dieses Gesetzes „EGD-Gesundheitsdienstleis- ter“): - Das Liechtensteinische Landesspital - Alters- und Pflegeheime - Privatkliniken und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens, die be- handlungsrelevante Daten verarbeiten (z.B. Labormedizin) - Apotheker - Ärzte - Chiropraktoren - Zahnärzte Für eine Datenverarbeitung im Rahmen des EGDs durch ausländische Leistungser- bringer ist ein eigenes Bewilligungssystem geschaffen worden. Erst nach Erhalt ei- ner Bewilligung durch das Amt für Gesundheit, welches insbesondere die Gleich- wertigkeit der Tätigkeit des antragstellenden ausländischen
6 Gesundheitsdienstleisters sowie die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Anfor- derungen prüft, kann ein ausländischer Leistungserbringer berechtigt und ver- pflichtet werden, die seinem Fachgebiet entsprechenden behandlungsrelevanten Daten von Patienten im EGD zu speichern. Ausserdem ist vorgesehen, dass das Be- willigungssystem für ausländische Gesundheitsdienstleister erst in Kraft treten soll, wenn die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die grenzüber- schreitende Nutzung des EGD vorliegen. Andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen sollen keinen Zugriff auf das EGD erhalten. Es muss ein besonders hohes Niveau der Datensicherheit beachtet werden. Von zentraler Bedeutung ist diesbezüglich die Anforderung, das System gemäss DSGVO zu zertifizieren. In diesem Zusammenhang ist zudem auch vorgesehen, dass EGD-Gesundheits- dienstleister nur im konkreten Behandlungsfall auf das EGD ihres Patienten zugrei- fen dürfen und dass alle Zugriffe protokolliert werden. Eine staatliche Zuständigkeit hat Auswirkungen auf die Finanzierung. Auf Basis der vorliegenden Gesetzesvorlage ist angedacht, dass der Staat den Aufbau und die Weiterentwicklung sowie die Betriebskosten der eHealth-Plattform trägt. Die Kosten für den Anschluss der einzelnen EGD-Gesundheitsdienstleister an die Plattform sollen von diesen selber zu tragen sein. ZUSTÄNDIGES MINISTERIUM Ministerium für Gesellschaft BETROFFENE STELLEN Amt für Gesundheit Amt für Informatik
7 Vaduz, 6. Oktober 2020 LNR 2020-1404 P Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und An- trag betreffend die Schaffung eines Gesetzes über das elektronische Gesundheits- dossier (EGDG) an den Landtag zu unterbreiten. I. BERICHT DER REGIERUNG 1. AUSGANGSLAGE Die Digitalisierung schreitet in allen Bereichen stetig voran, so auch im Gesund- heitswesen, wo sie im Allgemeinen unter dem Begriff eHealth zusammengefasst wird. Oder anders ausgedrückt: Unter eHealth versteht man den integrierten Ein- satz von Informations- und Kommunikationstechnologien zur Gestaltung, Unter- stützung und Vernetzung aller Prozesse und Teilnehmer im Gesundheitswesen. Das Thema eHealth wird aber nicht nur in Liechtenstein immer aktueller. Länder wie Dänemark, Schweden oder Estland sind hier bereits weit fortgeschritten. Aber auch die an Liechtenstein angrenzenden Länder Österreich und Schweiz arbeiten intensiv daran, eHealth in ihren Ländern umzusetzen. Liechtenstein nimmt in der Ausgestaltung des gegenständlichen Gesetzes vor allem auf diese beiden Länder
8 Bezug, weshalb vorab ein kurzer Einblick in die eHealth Landschaft von Österreich und der Schweiz gegeben wird. 1.1 eHealth in Österreich Im Zentrum der österreichischen eHealth Strategie steht ELGA, die ELektronische GesundheitsAkte. ELGA ermöglicht den Patienten/Bürgern (ELGA-Teilnehmer) ei- nen orts- und zeitunabhängigen Zugang zu ihren ELGA-Gesundheitsdaten. Die Ein- führung von ELGA wurde mit einem Bundesgesetz im Jahr 2012 beschlossen. Da- bei regelt das ELGA-Gesetz 1 die Teilnahme der Bürger sowie die Verpflichtung von im Gesetz definierten Gesundheitsdienstleistern (in Österreich: Gesundheits- diensteanbieter, GDA), die relevanten Daten in ELGA bereitzustellen. Anders als in der Schweiz ist ELGA in Österreich öffentlich finanziert. Zur Umset- zung wurde 2009 die ELGA GmbH gegründet, welche durch die Republik Öster- reich, die 9 Bundesländer und den Hauptverband der Sozialversicherungsträger finanziert wird. Aufgaben der ELGA GmbH sind unter anderem die Weiterentwick- lung der IT-Architektur sowie der eingesetzten Standards, das Management und die Durchführung der Integrationstests, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die über- greifende Koordination des Betriebs und die Weiterentwicklung und Kontrolle der Informationssicherheit in ELGA. ELGA wird schrittweise eingeführt, wobei die im ELGA-Gesetz angeführten GDA verpflichtet sind, Inhalte für ELGA bereitzustellen. Die übrigen Leistungserbringer im Gesundheitsbereich sind ausgeschlossen. Gestartet wurde ELGA in den öffent- lichen Spitälern, in Pflegeeinrichtungen, in Labor- und Radiologie-Instituten und 1 Bundesgesetz, mit dem ein Gesundheitstelematikgesetz 2012 erlassen und das Allgemeine Sozialversiche- rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Be- amten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Gentechnikgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden (Elektronische Gesundheitsakte-Gesetz – ELGA-G), BGBl. I Nr. 111/2012
9 mit der Anwendung eMedikation 2 auch bei den niedergelassenen Ärzten und in Apotheken. Private Krankenanstalten, Wahlärzte ohne Kassenvertrag und Zahn- ärzte werden folgen. Derzeit stellt ELGA von den bereits angeschlossenen GDA e- Befunde (ärztliche und pflegerische Entlassungsbriefe stationärer Aufenthalte, La- bor- und Radiologiebefunde) sowie eMedikation zur Verfügung. Der im August 2020 eingespielte ELGA-Software-Release bildet die Grundlage für die Pilotierung von Bildern (DICOM etc.) in ELGA sowie die Pilotierung und einen gerade in COVID-19-Zeiten möglichst raschen Rollout des elektronischen Impfpas- ses (e-Impfpass) in ELGA. Prinzipiell kann man sagen, dass derzeit jeder in Österreich Sozialversicherte ELGA-Teilnehmer ist, es sei denn, er widerspricht hinsichtlich aller oder aber auch lediglich einzelner ELGA-Funktionen bzw. -Daten, z.B. sie/er möchte keine eMedi- kation oder keine eBefunde oder beides nicht in der ELGA. Im letzteren Fall spricht das Gesetz daher von einem sogenannten „generellen Opt-Out“. Eine komplette ELGA-Abmeldung bedeutet, dass keine Gesundheitsdaten zum Abruf bereitge- stellt werden. Eine Anmeldung ist jederzeit wieder möglich, allerdings startet man bei einer Wiederanmeldung mit einer leeren ELGA. Die ELGA-Teilnahme kann ent- weder elektronisch über das ELGA-Portal oder auf postalischem Weg über die ELGA-Widerspruchsstelle in Wien geregelt werden. Die ELGA-Widerspruchsstelle wird vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger betrieben. In Österreich gibt es ferner die Möglichkeit für ein „situatives Opt-Out“. Das bedeutet, dass je- der ELGA-Teilnehmer gegenüber einem GDA die Möglichkeit hat, der Registrie- rung (Bereitstellung) ELGA-relevanter Dokumente in ELGA zu widersprechen. Pa- tienten sind insbesondere bei psychischen Erkrankungen, HIV-Infektionen, 2 Über die eCard erhält die Apotheke für eine beschränkte Zeit (aktuell 2 Stunden) Zugriff auf die eMedika- tion. Die Apotheke bekommt keinen Zugriff auf weitere Bereiche ausserhalb ihres Fachgebietes, also nur auf die eMedikation.
10 Schwangerschaftsabbruch oder genetischen Untersuchungen durch den jeweili- gen GDA auf dieses Recht explizit hinzuweisen. Eine nachträgliche Registrierung der Daten aus früheren Behandlungen kann allerdings nicht verlangt werden. Ne- ben dem situativen Opt-Out hat der Patient stets die Möglichkeit, Daten auch nach einer Behandlung in der ELGA auszublenden bzw. zu löschen. Blendet er ELGA Do- kumente aus, kann ausser dem Patienten selbst kein GDA auf die ausgeblendeten ELGA-Dokumente zugreifen. ELGA-Teilnehmer können mittels ELGA-Bürgerportal oder über die ELGA-Ombuds- stelle auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen, diese verwalten sowie die Zugriffs- rechte administrieren. In Österreich werden die Zugriffsrechte für die GDA nicht im Voraus erteilt, son- dern automatisch für den GDA freigeschaltet, wenn von einem Patienten entwe- der bei seinem Arztbesuch im niedergelassenen Bereich seine eCard gesteckt wird oder der Patient in einem Krankenhaus administrativ aufgenommen wird. Dies dient als „Kontaktbestätigung“, dass der Patient tatsächlich vor Ort beim betref- fenden GDA in Behandlung ist und somit ein technisch verifizierter Kontakt zwi- schen GDA und Patient besteht. Eine zusätzliche Freigabe durch den Patienten ist nicht nötig. Der Patient hat allerdings die Möglichkeit, den Zugriff von GDA (ein- zelne Ärzte in einem Spital sind nicht möglich, nur der ganze GDA als Einheit) wie- der zu sperren. Wird der Zugriff nicht gesperrt, so haben GDA während des Pati- entenbesuchs und standardmässig weitere 28 Tage nach Aufenthaltsende Zugriff auf die jeweiligen Gesundheitsdaten. Über das ELGA-Bürgerportal kann ein Bürger einem GDA seines Vertrauens (z.B. seinem Hausarzt) den dauerhaften Zugriff auf seine ELGA für maximal 365 Tage ermöglichen. Nach Ablauf dieser Frist muss der Patientenwille erneuert werden. Umsetzungsprobleme gibt es vor allem hinsichtlich der Opt-Out-Möglichkeiten, insbesondere bezüglich des situativen Opt-Out. Letzteres stellt die GDA,
11 insbesondere bei hochsensiblen Aufenthalten (Kriterien: psychiatrische Hauptdi- agnose, HIV, Befunde mit genetischer Relevanz, medizinisch indizierter Schwan- gerschaftsabbruch) vor grosse administrative und technische Herausforderungen und wird deswegen stark hinterfragt. Ein weiteres Problem ist die begrenzte Frist für GDA bezüglich des Zugriffs auf Patientendaten von in der Regel 28 Tagen, wo- bei diese Frist voraussichtlich erweitert werden soll. 1.2 eHealth in der Schweiz 2007 hat der Schweizer Bundesrat die eHealth-Strategie verabschiedet. Das elekt- ronische Patientendossier (EPD) sowie das EPDG 3 als gesetzliche Grundlage für die Umsetzung sind das Ergebnis dieser Strategie. Vision ist das zur Verfügung stellen von Gesundheitsdokumenten für die Versicherten unabhängig von Ort und Zeit sowie eine Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bürger. Mittlerweile besteht bereits eine Nachfolgestrategie eHealth Schweiz 2.0. Die Schweiz verfolgt die Strategie der „doppelten Freiwilligkeit“. Die doppelte Frei- willigkeit besagt, dass das Eröffnen und das Führen eines elektronischen Patien- tendossiers sowohl für den Patienten als auch für die ambulanten Leistungserbrin- ger freiwillig sind. Bei beiden Personengruppen gilt das "Opt-In"-Prinzip. Statio- näre Gesundheitsdienstleister sind hingegen verpflichtet, das System innerhalb von drei Jahren, also bis 15. April 2020 (Spitäler), bzw. fünf Jahren, also bis 15. April 2022 (Pflege- und Altersheime), nach Inkrafttreten des EPDG umzusetzen und sich zu diesem Zweck in sogenannten Gemeinschaften zusammenzuschlies- sen, sofern sie weiter über die Krankenkasse abrechnen wollen. Das Gesetz ist am 15. April 2017 in Kraft getreten. 3 Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) vom 19. Juni 2015, SR 816.1
12 Das EPD ist nicht wie geplant bzw. gesetzlich vorgeschrieben per 15. April 2020 in den produktiven Betrieb gegangen. Die Gründe und Ursachen dafür sind anschau- lich im Bericht der eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) vom 24. Februar 2020 aufgeführt 4. In weiten Kreisen wird die doppelte Freiwilligkeit kritisch gesehen, weil dadurch für einen grossen Teil der Bevölkerung keine möglichst umfassenden Daten er- reicht werden können, was wiederum Voraussetzung für einen möglichst grossen Nutzen für das Gesundheitssystem darstellt. Patienten erhalten bei der freiwilligen Eröffnung eines EPD die Möglichkeit, die Zugriffsrechte auf die Dokumente in ihrem Dossier nach drei Stufen (normal zu- gänglich, eingeschränkt zugänglich, geheim) einzuordnen und am EPD angeschlos- senen Gesundheitsfachpersonen bzw. deren Einrichtungen zugänglich zu machen. Es ist nicht definiert, welche Dokumente in welcher Form im EPD abgelegt werden sollen. Es sind keine strukturellen Inhalte und semantischen Codierungen vorge- schrieben, sodass voraussichtlich vorwiegend unstrukturierte Dokumente in PDF im EPD abgelegt werden. Freiwillig können strukturierte Austauschformate (z.B. Medikation, Impfdossier) verwendet werden. Es ist jedoch den verantwortlichen Gesundheitsfachpersonen bzw. deren Einrichtungen überlassen, zu entscheiden, was an sogenannten behandlungsrelevanten Dokumenten ins EPD hochgeladen wird. Verantwortlich für die Umsetzung sind sogenannte Gemeinschaften, wobei Ge- meinschaften, welche auf freiwilliger Basis den Zugang für Versicherte via ein Pa- tientenportal anbieten, als (Stamm-)Gemeinschaften bezeichnet werden. Dabei 4 Abrufbar unter https://www.efk.admin.ch/de/publikationen/bildung-soziales/gesundheit/3867-einfueh- rung-des- elektronischen-patientendossiers-bundesamt-fuer-gesundheit.html
13 handelt es sich um technisch-organisatorische Verbünde aus Gesundheitsfachper- sonen und ihren Organisationen. Dies, weil das EPDG kein nationales Gesundheits- bzw. Patientenportal vorsieht. Gemeinschaften haben entsprechend hohen Anforderungen zu genügen. Durch eine vom Bund verantwortete Zertifizierung der Gemeinschaften wird sicherge- stellt, dass die rechtlichen Vorgaben gemäss EPDG eingehalten werden. Zertifi- zierte (Stamm-)Gemeinschaften erhalten nach ihrer Zertifizierung das eigens zu diesem Zweck erarbeitete EPD-Logo als Gütesiegel. Der Fortschritt in den einzelnen Kantonen bzw. Regionen ist sehr unterschiedlich, da den Kantonen durch das EPDG keine zusätzlichen subsidiären Umsetzungs-Auf- gaben zufallen. Die Mehrheit der Deutschschweizer Kantone verfolgt unter Füh- rung des Kantons Zürich die Strategie einer interkantonalen (Stamm-)Gemein- schaft und hat dazu eine privatwirtschaftlich aufgestellte, aber mit öffentlichen Geldern finanzierte Firma (Axsana AG) 5 gegründet. Den Leistungserbringern in die- sen Kantonen ist zwar freigestellt, welcher Gemeinschaft sie sich anschliessen, aber die Kantone „empfehlen“ den Anschluss an Axsana. Daneben bilden sich in den Versorgungsregionen meist ohne bzw. mit bescheidener kantonaler Beteili- gung sogenannte Trägerschaften von Gesundheitsdienstleistern wie z.B. in Grau- bünden und Glarus (eHealth Südost/eSanita), im Kanton Aargau (eHealth Aargau) und im Tessin (eHealth Ticino). Die im Raum Basel - Schaffhausen - Solothurn an- gesiedelte Trägerschaft eHealth Nordwestschweiz (ehemals myEPD) hat sich ebenfalls der Axsana angeschlossen. In der französischen Schweiz ergibt sich ein ähnliches Bild. Eine überkantonale Initiative unter Führung des Kantons Genf (CARA) steht eigenständigen kantonalen Initiativen wie z.B. Neuenburg (ma santé 5 Die beteiligten Kantone sind via die Firma Cantosana AG zu 50% an der Axsana AG beteiligt, die weiteren 50% der Aktien sind im Besitz von Leistungserbringern bzw. Verbänden.
14 connecteé) gegenüber. Mit Abilis (Pharmasuisse/OFAC), ADSuisse (Ärztekasse) und Stammgemeinschaft Schweiz AG (Ärztenetzwerke) begeben sich einzelne An- bieter im ambulanten Sektor und bei den Apotheken mit eigenen Angeboten in die Startlöcher. Viele Gesundheitsdienstleister und vor allem die Pflege- und Al- tersheime haben im Moment noch keine konkreten Pläne, aber auch keine Eile, ihrer gesetzlichen Pflicht nachzukommen. Die Hauptmotivation der Gesundheits- dienstleister für Zusammenschlüsse liegt nur in zweiter Linie im Bestreben, Ge- meinschaften zur Umsetzung des EPDG zu bilden, sondern in erster Linie darin, die gerichtete Kommunikation im Austausch unter den EGD-Gesundheitsdienstleis- tern im Behandlungspfad zu digitalisieren und damit informatorische Wertschöp- fung zu erzielen. Die Schweiz kämpft bzgl. EPD somit mit einigen Umsetzungsproblemen, insbeson- dere wegen der fehlenden Verlässlichkeit der Informationen im Zusammenhang mit der doppelten Freiwilligkeit und der Steuerung der Zugriffsrechte durch Pati- enten, sowie den nicht festgelegten Inhalten. Ferner sind die technischen und or- ganisatorischen Anforderungen insbesondere an Stammgemeinschaften sehr hoch gesteckt, wodurch stationäre Gesundheitsdienstleister vorerst meist eine Strategie des „Abwartens“ bevorzugen. Auch ist es eine grosse Herausforderung, ambulante Gesundheitsdienstleister, insbesondere Ärzte zu einer Teilnahme zu bewegen, welche dem EPD heute vielfach ablehnend gegenüberstehen. Dadurch ist der Nutzen des EPDs entsprechend begrenzt. Allerdings gibt es - nicht zuletzt aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung der Arztpraxen - auch immer mehr Befürworter des EPDs. Offene Fragen herrschen zudem hinsichtlich der Finanzie- rungsverantwortung, welche den zur Teilnahme verpflichteten Institutionen auf- gebürdet wird. Ein gewichtiges Problem ergibt sich technisch durch die „Helveti- sierung“ des für die technische Umsetzung gewählten internationalen IHE-Stan- dards (Integrating the Healthcare Enterprise).
15 1.3 Projekt eHealth in Liechtenstein Ausgangspunkt des vorliegenden Gesetzes ist das Projekt eGN (elektronisches Ge- sundheitsnetz). Das Projekt beschäftigt sich seit fast 16 Jahren mit der Ausgestal- tung und Entwicklung eines digitalen Gesundheitssystems (insbesondere der elektronischen Kommunikation) in Liechtenstein. So wurde beispielsweise die elektronische Leistungsverrechnung zwischen Arztpraxen und Krankenkassen rea- lisiert, eine Versichertenkarte zur Online-Abfrage administrativer Versichertenda- ten eingeführt oder eine Anbindung an das Schweizer HIN-Netz für die sichere Kommunikation umgesetzt. Das aktuelle Projekt beschäftigt sich mit dem Aufbau einer eHealth-Plattform in Liechtenstein und der angrenzenden Region. Kernele- ment hierbei bildet das elektronische Gesundheitsdossier. Im Jahr 2012 hat die Regierung die eHealth-Strategie Liechtenstein genehmigt, welche im Wesentlichen folgende Punkte enthält: Die Menschen im Fürstentum Liechtenstein können im Gesundheitswesen den Fachleuten ihrer Wahl unabhängig von Ort und Zeit relevante Informationen über ihre Person zugänglich machen und Leistungen beziehen. Sie sind aktiv an den Entscheidungen in Bezug auf ihr Gesundheitsverhalten und ihre Gesundheitsprobleme beteiligt und stärken damit ihre Gesundheitskompe- tenz. Die Informations- und Kommunikationstechnologien werden so eingesetzt, dass die Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen sichergestellt ist und dass die Prozesse qualitativ besser, sicherer und effizienter sind. Hauptziele sind: - Verbesserung der Versorgungsqualität und Patientensicherheit durch Zugriff auf relevante Informationen der Patienten durch Behandelnde
16 - Steigerung der Effizienz durch Vermeidung unnötiger Mehrfachabklärungen und Fehlbehandlungen sowie durch Reduktion medikamentöser Unverträg- lichkeiten - Mittel- und langfristig Kostenreduktion durch Qualitätsverbesserungen - Gewährleistung eines modernen Gesundheitswesens in Liechtenstein (aber: «smart follower» und NICHT «first mover») - Anbindung an das Schweizer Gesundheitswesen Das aktuelle Projekt verfolgt die Umsetzung dieser eHealth-Strategie. Es stand stets der Anspruch im Vordergrund, keine isolierten Sonderlösungen zu verfolgen, sondern in Anlehnung an die Schweiz mögliche Lösungsszenarien voranzutreiben. So ist auch die eHealth-Strategie Liechtenstein praktisch identisch mit der „Vision eHealth Schweiz“ (mit Ausnahme der letzten zwei Ziele). Ziel ist es, eine moderne eHealth-Infrastruktur mit zeitgemässen Lösungen bereitzustellen, welche einer- seits auf die spezifischen Bedürfnisse der Gesundheitsdienstleister sowie der teil- nehmenden OKP-Versicherten 6 in Liechtenstein eingeht, andererseits aber gleich- zeitig auch einen Anschluss an die angrenzenden Regionen, insbesondere der Schweiz, sicherstellt. Die IT-Architektur-Standards, welche umgesetzt werden, er- lauben aber nicht nur eine Anbindung an die Schweiz, sondern auch an andere Länder. Die eHealth-Plattform bildet dabei die Basisinfrastruktur zur Verarbeitung von Ge- sundheitsdaten und genetischen Daten. Über die eHealth-Plattform ist es künftig noch besser möglich, zeitnahe Diagnosen zu stellen und entsprechend an die rich- tigen Spezialisten verweisen zu können. Zudem werden unnötige Doppelspurig- keiten minimiert und medikamentöse Unverträglichkeiten schneller erkannt und 6 Die geplante eHealth-Plattform wird für alle der liechtensteinischen obligatorischen Krankenpflegeversi- cherung unterstehenden Personen aufgebaut.
17 reduziert. Insbesondere für das Zu- und Überweisungsmanagement zwischen Ärz- ten und Spitälern ist dies ein grosser Vorteil, der schlussendlich den Patienten zu- gutekommt. Dabei geht es darum, die Prozesse und Informationsflüsse in Bezug auf die Behandlung einfacher und effizienter zu gestalten. Im Jahr 2014 wurde damit begonnen, die Interessen der Gesundheitsdienstleister abzuholen, da eine solche Plattform nur funktionieren kann, wenn möglichst viele Gesundheitsdienstleister daran teilnehmen. Es konnten mehrere Ärzte, das Liech- tensteinische Landesspital (LLS) sowie das Labormedizinische Zentrum Dr. Risch (Labor Risch) gewonnen werden, welche sich für einen ersten Piloten zur Verfü- gung stellten und die Plattform aber auch aktiv mitaufbauen wollten. Im Sommer 2014 wurde im Namen des Amtes für Gesundheit eine Ausschreibung für die IT- Anbieter der eHealth-Plattform initiiert. Nach Offertöffnung und Diskussionen mit dem Ministerium für Präsidiales und Finanzen und dem Ministerium für Gesell- schaft zur Festlegung des weiteren Vorgehens wurde rasch klar, dass die Fortset- zung auf Basis eines öffentlich-rechtlichen Projektes sehr aufwändig würde. Aus diesem Grund wurde entschieden, das Verfahren abzubrechen und auf eine pri- vate Ausschreibung umzustellen. Das Labor Risch und das LLS haben sich dabei bereit erklärt, die Start-Finanzierung zu übernehmen, wobei sich das Land im Rah- men einer Leistungsvereinbarung nach wie vor am Projekt beteiligte. Ende 2015 wurde der privatrechtlich organisierte „Verein eHealth Liechtenstein“ gegründet, welcher über die erwähnte Leistungsvereinbarung mit dem Aufbau und Betrieb der eHealth-Plattform und der schrittweisen Erstellung des elektronischen Ge- sundheitsdossiers beauftragt wurde. Im Frühjahr 2016 wurde der Entscheid für den Systemanbieter Swisscom Health AG getroffen. Für die Umsetzung ist eine schrittweise Implementierung der einzel- nen Module vorgesehen, wobei 2017 mit einem Pilotprojekt gestartet wurde. Als Pilotmodul wurde die eZuweisung (Zuweisungen Arzt ↔ Arzt und Arzt ↔ Spital)
18 festgelegt, die seit dem 2. Halbjahr 2017 schrittweise eingeführt wird. Für dieses Pilotmodul wird keine gesetzliche Regulierung benötigt, da es sich dabei um eine sogenannte gerichtete Kommunikation handelt, welche nur eine temporäre Spei- cherung der übermittelten Daten zur Folge hat. Das bedeutet, dass heutige E- Mails, Faxnachrichten und Briefe durch einen kontrollierten und verschlüsselten elektronischen Versand ersetzt werden. Solch ein Informationsaustausch ist nicht nur effizienter, sondern auch sicherer als bestehende Lösungen. Künftig sollen weitere Module dazukommen, wie z.B. - eMedizinaldossier (Speicher für Medizinaldaten wie Arzt- und Laborbe- funde, Radiologiebilder etc.) - eMedikationsdossier (Dokumentation aller verordneten und abgegebenen Medikamente, sowie Prüfung auf Allergien und Kontraindikationen) - eImpfdossier (Speicherung von allen Impfdaten, Avis zur Impfauffrischung) - eRezepte (Übermittlung eines Arzneimittelrezepts an die Apotheke) - eNachsorge (Anbindung von Institutionen der Nachsorge wie Familien- hilfe/Pflegeheime, Reha) - Onlineportal für teilnehmende Versicherte (für ihren Zugang zum elektroni- schen Gesundheitsdossier) Das Ziel des Projektes eHealth stellt ein elektronisches Gesundheitsdossier (EGD) dar. Dies ist auch in der Digitalen Agenda Liechtenstein festgehalten, die im März 2019 von der Regierung beschlossen und veröffentlicht wurde. Für den Aufbau eines EGDs bedarf es jedoch einer gesetzlichen Grundlage, welche den rechtlichen Rahmen für die langfristige Verarbeitung von Gesundheitsdaten und genetischen Daten absteckt.
19 2. BEGRÜNDUNG DER VORLAGE Im Rahmen der aktuellen Aktivitäten im Bereich eHealth geht es darum, die ge- richtete Kommunikation im Austausch unter den EGD-Gesundheitsdienstleistern im Behandlungspfad zu digitalisieren und damit informatorische Wertschöpfung zu erzielen. Weil dies keine zentrale Speicherung und keinen Zugriff für EGD-Ge- sundheitsdienstleister ausserhalb des Kommunikationsweges zur Folge hat, sind dafür keine speziellen gesetzlichen Regulierungen notwendig. Aus Regulierungs- sicht werden lediglich heutige E-Mails, Faxnachrichten und Briefe durch einen kon- trollierten und verschlüsselten elektronischen Versand ersetzt. Ein elektronisches Gesundheitsdossier geht einen Schritt weiter. Es ermöglicht den jeweils berechtigten EGD-Gesundheitsdienstleistern im Rahmen eines konkre- ten Behandlungsfalles wie auch dem teilnehmenden Versicherten den Zugriff auf im EGD gespeicherte Gesundheitsdaten und genetische Daten, dabei auch auf Da- ten, die nicht den aktuellen Behandlungsfall betreffen. Daher sind rechtliche Nor- mierungen für folgende Kernthemen notwendig: - Inhalt des EGDs - Umsetzungspflichten - Datenschutz - Zuständigkeiten - Finanzierung Gesundheitsdaten und genetische Daten stellen besondere Kategorien personen- bezogener Daten dar, weshalb insbesondere dem Thema Datenschutz eine ent- sprechend hohe Bedeutung beigemessen werden muss. Ausführungen zu den genannten Kernthemen finden sich in den Erläuterungen zu den jeweiligen Gesetzesartikeln.
20 3. SCHWERPUNKTE DER VORLAGE Ein wesentliches Ziel des Gesundheitswesens ist die Gewährleistung einer qualita- tiv hochstehenden und effizienten medizinischen Versorgung. Die Einführung ei- nes elektronischen Gesundheitsdossiers kann dieses Ziel unterstützen. Umgekehrt kann die Umsetzung eines EGDs aber nur erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten einen entsprechenden Nutzen erkennen können. Nutzen entsteht ausschliesslich dann, wenn für möglichst viele Versicherte ein komplettes und somit aussagekräf- tiges und verlässliches EGD besteht. Aus diesem Grund lehnt sich die gegenständ- liche Vorlage am Modell Österreich an. Das heisst, das geplante EGD kann durch folgende Eckpunkte beschrieben werden: 1. Es wird definiert, welche Gesundheitsdaten und genetischen Daten als be- handlungsrelevant gelten und somit zwingend im EGD verarbeitet werden müssen. 2. Aus der Gesamtheit der im Gesundheitsgesetz und im Ärztegesetz geregelten Gesundheitsberufe wird genau definiert, welche Berufsgruppen und welche Institutionen berechtigt und verpflichtet sind, Gesundheitsdaten und geneti- sche Daten zu verarbeiten („EGD-Gesundheitsdienstleister“). 3. Die Datenverarbeitung ausländischer Gesundheitsdienstleister unterliegt der Bewilligungspflicht und soll erst dann erfolgen, wenn die technischen und or- ganisatorischen Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Nutzung des EGD vorliegen. 4. Für jeden Versicherten wird ein EGD mit seinen Administrativdaten angelegt. 5. Für jeden Versicherten werden durch den jeweiligen EGD-Gesundheitsdienst- leister jeweils im Behandlungsfall alle behandlungsrelevanten Gesundheitsda- ten und genetischen Daten im EGD gespeichert, ausser:
21 6. Wenn der Versicherte der Teilnahme widerspricht, werden von ihm keine Be- handlungsdaten im EGD gespeichert. Allfällig bereits gespeicherte Behand- lungsdaten werden gelöscht. 7. Eine Anmeldung ist jederzeit wieder möglich. Die während der abgemeldeten Periode entstandenen Gesundheitsdaten und genetischen Daten werden nicht nachträglich gespeichert. 8. Die berechtigten EGD-Gesundheitsdienstleister haben nur auf die für die je- weilige Berufsgruppe relevanten Gesundheitsdaten und genetischen Daten Zugriff. 9. Die Zugriffsberechtigung wird den grundsätzlich berechtigten EGD-Gesund- heitsdienstleistern im Behandlungsfall z.B. durch Einlesen der Krankenversi- cherungskarte oder über das Zugangsportal erteilt. 10. Die teilnehmenden Versicherten können gespeicherte Daten temporär aus- blenden. 11. Die teilnehmenden Versicherten können gespeicherte Daten definitiv löschen. 12. Gelöschte Daten werden nicht wiederhergestellt. Das so beschriebene System soll nicht Privaten überlassen werden, sondern soll vom Staat nach seinen Regeln betrieben bzw. beaufsichtigt werden. 4. VERNEHMLASSUNG Die Regierung hat mit Beschluss vom 7. Mai 2019 den Vernehmlassungsbericht betreffend die Schaffung eines Gesetzes über das elektronische Gesundheitsdos- sier (EGDG) verabschiedet und allen Gemeinden sowie den interessierten Kreisen zur Stellungnahme unterbreitet.
22 Bei der Regierung gingen insgesamt 35 Rückmeldungen von geladenen und weite- ren Teilnehmern ein. Beteiligt haben sich eine Privatperson sowie die folgenden externen Stellen: • alle Gemeinden • Apothekerverein des Fürstentums Liechtensteins • Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen Liechtensteins • dsv.li – Datenschutzverein in Liechtenstein • FKB – Die liechtensteinische Gesundheitskasse • Leistungskommission • Liechtensteinische AHV-IV-FAK • Liechtensteinische Ärztekammer • Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer • Liechtensteinische Patientenorganisation • Liechtensteinische Treuhandkammer • Liechtensteinischer ArbeitnehmerInnenverband • Liechtensteinischer Krankenkassenverband • Liechtensteinischer Verein dipl. ErnährungsberaterInnen • Liechtensteinischer Versicherungsverband • Liechtensteinisches Landesspital • Physiotherapeuten-Verband Fürstentum Liechtenstein • Verband Liechtensteinischer Versicherungsmakler • Vereinigung bäuerlicher Organisationen im Fürstentum Liechtenstein • Wirtschaftskammer Liechtenstein
23 Ausserdem wurden vier interne Stellungnahmen eingebracht: • Ministerium für Präsidiales und Finanzen • Amt für Informatik • Amt für Soziale Dienste • Datenschutzstelle Die Gemeinden Eschen-Nendeln, Gamprin-Bendern, Mauren, Planken, Ruggell, Schellenberg, Schaan, Triesen, Triesenberg und Vaduz, die Leistungskommission, die Liechtensteinische Treuhandkammer, der Physiotherapeuten-Verband Fürs- tentum Liechtenstein, der Verband Liechtensteinischer Versicherungsmakler, so- wie die Vereinigung bäuerlicher Organisationen im Fürstentum Liechtenstein er- klärten, dass sie auf eine Stellungnahme verzichten. Der Liechtensteinische Versicherungsverband und der Liechtensteinische Verein dipl. ErnährungsberaterInnen teilten mit, sie hätten keine Einwände oder Anre- gungen vorzubringen. Ebenfalls informierte die Wirtschaftskammer Liechtenstein, dass sie den Vernehmlassungsbericht ohne weitere Bemerkungen zur Kenntnis ge- nommen hätte. Der Liechtensteinische Krankenkassenverband (LKV) nahm im Namen der in Liech- tenstein zugelassenen Krankenversicherer koordiniert Stellung. Inhaltlich äusserten sich weiter die Gemeinde Balzers, der Apothekerverein des Fürstentums Liechtenstein, der Berufsverband der Psychologinnen und Psycholo- gen Liechtensteins, der Datenschutzverein in Liechtenstein, die Liechtensteinische AHV-IV-FAK (im Folgenden AHV), der Liechtensteinische ArbeitnehmerInnenver- band (LANV), die Liechtensteinische Ärztekammer, die Liechtensteinische Indust- rie- und Handelskammer (LIHK), die Liechtensteinische Patientenorganisation (LIPO), sowie das Liechtensteinische Landesspital.
24 Die Stellungnahmen der internen Stellen flossen in den Bericht und Antrag ein und werden nicht mehr speziell hervorgehoben. Auf die Beiträge der externen Vernehmlassungsteilnehmer wird bei den Erläute- rungen zu den einzelnen Gesetzesartikeln eingegangen. 5. ERLÄUTERUNGEN ZU DEN EINZELNEN BESTIMMUNGEN UNTER BERÜCK- SICHTIGUNG DER VERNEHMLASSUNG 5.1 Gesetz über das elektronische Gesundheitsdossier (EGDG) Zu I. Allgemeine Bestimmungen Die Allgemeinen Bestimmungen definieren zum einen den Gegenstand und Zweck der Gesetzesvorlage, zum anderen enthalten sie einen Begriffskatalog all jener Be- griffe und Bezeichnungen, welche im Rahmen der gegenständlichen Vorlage ver- wendet werden. Zu Art. 1 Gegenstand und Zweck Die gegenständliche Gesetzesvorlage dient dazu, Regelungen für die Führung des elektronischen Gesundheitsdossiers festzusetzen. Im Fokus steht dabei die Daten- verarbeitung personenbezogener elektronischer Gesundheitsdaten und geneti- scher Daten durch die EGD-Gesundheitsdienstleister, um eine Verbesserung der Versorgungsqualität sowie eine Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen unter Wahrung eines höchstmöglichen Datenschutzes anzustreben. Die Datenverarbei- tung im Rahmen des elektronischen Gesundheitsdossiers erfüllt somit ein erheb- liches öffentliches Interesse im Sinne der DSGVO. Die Entscheidung für eine Auf- nahme genetischer Daten in Abs. 1 ist aufgrund einer Rückmeldung aus der Ver- nehmlassung erfolgt. Die Regierung folgt diesem Vorschlag, weil nicht auszu- schliessen ist, dass genetische Daten in einem Behandlungsfall Gegenstand von Befunden und Berichten darstellen können.
25 Wegen der Aufnahme genetischer Daten war auch eine Reihe weiterer Bestim- mungen der gegenständlichen Vorlage entsprechend anzupassen. Es sind dies: Art. 2 Abs. 1 Bst. a und f, Art. 3 Abs. 1 Bst. b, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und 3, Art. 6 Abs. 1, 3 und 4, Art. 7 Abs. 2 Bst. a und b sowie Art. 9 Abs. 2 Bst. a. Zu Art. 2 Begriffe und Bezeichnungen Der Abs. 1 stellt eine Definition der wesentlichen Begriffe „elektronisches Gesund- heitsdossier (EGD)“, „Behandlung“, „EGD-Gesundheitsdienstleister“, „eHealth- Plattform“, „Versicherter“, „Teilnehmer“ sowie „persönliche Identifikationsnum- mer (IDN)“ bereit, welche in diesem Gesetz wiederkehrend Erwähnung finden o- der auf welche wiederholt Bezug genommen wird. Elektronisches Gesundheitsdossier (EGD) Bst. a enthält die Definition des Begriffs „elektronisches Gesundheitsdossier“, wel- che sich im Wesentlichen an jene des schweizerischen Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier anlehnt. Während in der Schweiz aber von einem elektronischen Patientendossier (EPD) gesprochen wird, verwendet Liechtenstein bewusst den Begriff elektronisches Gesundheitsdossier (EGD). Dies liegt zum ei- nen daran, dass das Dossier nicht mit dem Begriff „Krankheit“, sondern mit dem Begriff „Gesundheit“ in Verbindung gebracht werden soll. Ferner ist das EGD vom EPD auch vom Aufbau her zu unterscheiden. Während in der Schweiz das EPD pri- mär für den Patienten gedacht ist und dieser frei über den Inhalt des Dossiers ent- scheiden kann, soll das EGD in Liechtenstein auch den EGD-Gesundheitsdienstleis- tern und vor allem dem Gesundheitswesen einen entsprechenden Nutzen brin- gen. Das EGD soll nicht die gesamte medizinische Dokumentation eines EGD-Ge- sundheitsdienstleisters zu einem bestimmten Teilnehmer (Krankengeschichte) umfassen, sondern nur diejenigen Informationen, die für die Weiterführung der Behandlung durch andere EGD-Gesundheitsdienstleister von Bedeutung sind. Da- bei kommen sowohl elektronische Dokumente (PDF- oder Bild-Dateien) als auch
26 strukturierte Datensätze (z.B. Medikationsdaten) in Frage. Zudem können ausge- wählte Gesundheitsdaten oder genetische Daten aus der Krankengeschichte im EGD auch in zusammengefasster Form dargestellt werden (z.B. Notfall- oder Impf- daten). Das EGD ermöglicht somit den jeweils berechtigten EGD-Gesundheitsdienstleis- tern im Rahmen eines konkreten Behandlungsfalles wie auch dem Teilnehmer im Sinne eines virtuellen Dossiers den elektronischen Zugriff auf diejenigen im EGD gespeicherten Gesundheitsdaten oder genetischen Daten, die über das EGD ver- fügbar gemacht werden. Virtuell bedeutet nicht das Gegenteil von real, sondern von physisch. Die physischen Dokumente verbleiben an ihren dezentralen Ablage- orten. Das EGD macht die relevanten Gesundheitsdaten, genetischen Daten und Dokumente in einem Abrufverfahren virtuell zugänglich. Die EGD-Gesundheits- dienstleister haben die Möglichkeit, abgerufene Gesundheitsdaten, genetische Daten und Dokumente, die für die Dokumentation der Weiterbehandlung von Be- deutung sind, in ihren Primärsystemen zu speichern. Behandlung Der Begriff der „Behandlung“ nach Bst. b ist bewusst weit gefasst. Darunter fallen sämtliche Massnahmen, welche auf die Heilung oder Pflege ausgerichtet sind. Der Begriff „Behandlung“ umfasst somit ebenfalls alle Massnahmen im Bereich der Re- habilitation oder der Palliativpflege. Auch Tätigkeiten, die der Vorbeugung (Prä- vention), der Früherkennung, der Diagnostik oder der Linderung einer Krankheit dienen, fallen unter den Begriff der Behandlung. EGD-Gesundheitsdienstleister Bst. c regelt den Begriff des EGD-Gesundheitsdienstleisters bzw. welche EGD-Ge- sundheitsdienstleister im Behandlungsfall berechtigt und verpflichtet sind,
27 Gesundheitsdaten und genetische Daten im elektronischen Gesundheitsdossier gemäss Art. 5 zu verarbeiten. Namentlich sind dies: - Das Liechtensteinische Landesspital (LLS) - Die Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe (LAK) - Andere Einrichtungen des Gesundheitswesens im Sinne des Gesundheitsge- setzes, wie staatlich anerkannte Alters- und Pflegeheime, Privatkliniken, Spi- tex-Unternehmen, medizinische Laboratorien - In Liechtenstein praktizierende Ärzte - In Liechtenstein tätige Apotheker, Chiropraktoren und Zahnärzte Die Ärztekammer, das Landesspital, die LIPO und der Berufsverband der Psycho- loginnen und Psychologen stellen die Frage, an Hand welcher Kriterien diese Aus- wahl der zu verpflichtenden Gesundheitsdienstleister festgelegt wurde. Ferner bringt die Gemeinde Balzers vor, das Alters- und Pflegeheim Schlossgarten sei ana- log der Liechtensteinischen Alters- und Krankenhilfe mitaufzunehmen. Wie die Regierung bereits im Vernehmlassungsbericht ausführte, wurde diese Aus- wahl in Anlehnung an Österreich vorgenommen. Die sachliche Überlegung, wes- halb die Regierung gerade im niedergelassenen Bereich nur bestimmte Gesund- heitsdienstleister zur Datenverarbeitung im Behandlungsfall verpflichtet, ist, dass es sich bei den Ärzten, Chiropraktoren und Zahnärzten um Gesundheitsdienstleister handelt, welche ohne Zuweisung seitens der Patienten direkt zur Diagnosestellung und Behandlung in Anspruch genommen werden können. Andere Gesundheits- dienstleister stellen keine Diagnose und weisen nicht an einen anderen Gesund- heitsdienstleister oder eine andere Institution zu. Zielsetzung der gegenständlichen Vorlage ist nicht die Bereithaltung von Gesundheitsdaten für eine möglichst grosse Anzahl an Gesundheitsdienstleistern, sondern die qualitative Verbesserung der medizinischen Versorgung sowie die Effizienzsteigerung in einer konkreten
28 Behandlungssituation. Zur Anregung der Gemeinde Balzers ist festzuhalten, dass das Alters- und Pflegeheim Schlossgarten resp. die Lebenshilfe Balzers e.V., anders als die LAK, keine spezialgesetzlich geregelte Stiftung des öffentlichen Rechts ist und daher nicht gesondert in die Aufzählung des Art. 2 Abs. 1 Bst. c der Vorlage aufgenommen wurde. Bei der Lebenshilfe Balzers e.V. handelt es sich um eine pri- vatrechtlich organisierte Pflegeeinrichtung, die als Einrichtung des Gesundheitswe- sens im Sinne des Gesundheitsgesetzes ebenfalls in den Kreis der EGD-Gesundheits- dienstleister mit einbezogen ist. Im Gegensatz zur Schweiz, wo ambulante Gesundheitsdienstleister von einer Ver- pflichtung ausgenommen sind, soll in Liechtenstein die Verarbeitung des EGDs so- wohl für stationäre als auch für die aufgelisteten ambulanten EGD-Gesundheits- dienstleister verpflichtend sein, unabhängig davon, ob sie eine OKP-Zulassung be- sitzen oder nicht. Ziel ist der Einbezug der einzelnen EGD-Gesundheitsdienstleister-Gruppen mit ei- nem möglichst geringen Aufwand für die EGD-Gesundheitsdienstleister und gleichzeitig hohem Nutzen. Aus diesem Grund soll der Anschluss auch auf die je- weiligen Berufsgruppen abgestimmt sein. Beispielsweise wird die eZuweisung (Arzt ↔ Arzt und Arzt ↔ Spital) in Zusammenarbeit mit einzelnen Pilotpraxen sowie dem LLS eingeführt. Der Aufwand ist je nach EGD-Gesundheitsdienstleister sehr individuell. Eine mo- derne Arztpraxis, welche heute bereits elektronische Krankengeschichten führt, hat einen wesentlich geringeren Aufwand als nicht digitalisierte Praxen. Der Zu- griff auf ein EGD ist über ein Internetportal jedoch auch ohne digitalisierte Praxis möglich. Grundsätzlich gilt, dass eine digitalisierte Praxis mehr Disziplin in der Da- tenpflege abverlangt. Das kann insbesondere während einer Umstiegsphase auf die Praxis-Digitalisierung zu entsprechendem Mehraufwand führen. Allerdings ist dies nicht primär als Folge der in dieser Vorlage beschriebenen EGD-Umsetzung zu
29 sehen, sondern gilt für die Digitalisierung von Praxen allgemein. Mittelfristig ist hingegen mit Vereinfachungen und Effizienzsteigerungen im administrativen Be- reich zu rechnen. An dieser Stelle ist zudem dezidiert darauf hinzuweisen, dass sämtliche Interes- sensgruppen, welche nicht an einer Behandlung von Patienten beteiligt sind, von der Datenverarbeitung, vor allem aber vom Zugriff auf das elektronische Gesund- heitsdossier strikt ausgeschlossen sind. Zu nennen sind hier insbesondere Arbeit- geber, Versicherungen und Behörden sowie die in ihrem Auftrag agierenden bzw. von ihnen beigezogenen Personen (z.B. Arbeitsmediziner, Vertrauensärzte der Kassen und Amtsärzte). eHealth-Plattform Unter dem Begriff der eHealth-Plattform wird im Rahmen dieses Gesetzes die technische Basisinfrastruktur zur Bereitstellung elektronischer Dienste für den In- formationsaustausch zwischen EGD-Gesundheitsdienstleistern bzw. mit Patienten im Behandlungskontext verstanden. Darauf aufbauend können zwei Hauptanwen- dungen unterschieden werden: Einerseits die gerichtete Kommunikation zwischen EGD-Gesundheitsdienstleistern, beispielsweise also eine über die Plattform gesi- cherte eZuweisung vom Arzt ans Landesspital mitsamt allen hierfür erforderlichen Unterlagen. Andererseits die ungerichtete Kommunikation, d.h. die Speicherung und Pflege von Daten im EGD der Teilnehmer wie die Historie der Impfungen oder eine Übersicht zu den verschriebenen Medikamenten. Die eHealth-Plattform um- fasst hierfür im Wesentlichen folgende Komponenten: a) Identitätsverwaltung: Diese Komponente verwaltet die Patientenidentitäten und stellt sicher, dass die Daten eines Teilnehmers mit verschiedenen lokalen Pa- tientenidentifikationsnummern bei den EGD-Gesundheitsdienstleistern stets kor- rekt identifiziert und zugeordnet werden (beispielsweise hat Max Muster beim
30 Arzt A die lokale Patientenidentifikationsnummer ″123″, beim LLS hingegen ″007″). b) Dokumenten-Register: Diese Komponente verwaltet die Verweise auf die EGD- Dokumente, d.h. «weiss», wo welches Dokument zu welchem Patienten gespei- chert ist. c) Dokumenten-Ablage: Diese Komponente umfasst die EGD-Dokumente und ist quasi die Kerndatenbank des elektronischen Gesundheitsdossiers. d) Zugangsportal: Diese Komponente kann unterschieden werden in zwei Subkom- ponenten: a. Zugangsportal für EGD-Gesundheitsdienstleister: Diese können entweder direkt über ihre Primärsysteme (z.B. Praxisinformationssystem beim Arzt) oder über eine systemunabhängige Nutzeroberfläche auf das EGD zugrei- fen. Natürlich muss sich hierzu jeder EGD-Gesundheitsdienstleister ent- sprechend sicher authentifizieren. b. Zugangsportal für Patienten: Diese Nutzeroberfläche (z.B. Browserlösung im PC oder App auf dem Smartphone) erlaubt es dem Patienten, auf sein EGD zuzugreifen. Selbstverständlich muss auch er sich hierzu vorgängig entsprechend authentifizieren. Versicherter Der Begriff umfasst jede nach Art. 7 des Krankenversicherungsgesetzes obligato- risch für Krankenpflege versicherte Person, somit grundsätzlich jene Personen, welche in Liechtenstein ihren zivilrechtlichen Wohnsitz haben oder eine Erwerbs- tätigkeit ausüben.
31 Teilnehmer Jeder Versicherte kann verlangen, dass keine ihn betreffenden Gesundheitsdaten und genetischen Daten im elektronischen Gesundheitsdossier gespeichert wer- den, d.h. er kann auf eine Teilnahme verzichten (vgl. Erläuterungen zu Art. 6). Wenn er dies nicht tut, wird er zum Teilnehmer und kann damit die Vorteile des elektronischen Gesundheitsdossiers nutzen. Persönliche Identifikationsnummer (IDN) Diese stellt das im Hinblick auf die Verarbeitung von Gesundheitsdaten und gene- tischen Daten für jeden Versicherten erforderliche eindeutig zugewiesene Identi- fikationsmerkmal dar. Sie wird nach dem Zufallsprinzip von der Sasis (VeKA-Cen- ter) 7 generiert. Folglich ist die IDN anonym, d.h. es lassen sich aus der IDN keine Rückschlüsse auf die Person ziehen. Jeder in Liechtenstein Versicherte hat auf sei- ner Krankenversicherungskarte bereits eine solche IDN. Diese bleibt während der Lebenszeit des Versicherten grundsätzlich unverändert. Mit der IDN hat Liechten- stein im Gegensatz zur Schweiz aus Sicht des Datenschutzes den grossen Vorteil, dass diese Nummer speziell für das Gesundheitswesen geschaffen wurde und nicht auch in anderen Bereichen zum Einsatz kommt (beispielsweise wie die AHV- Nummer in der Schweiz). Dies ist vergleichbar mit der Situation in Österreich, wo ebenfalls für das Gesundheitswesen eine separate Identifikationsnummer einge- setzt wird. Auf die beiden Begriffe „Gesundheitsdaten“ und „genetische Daten“ wird im Rah- men der gegenständlichen Vorlage ebenfalls wiederholt Bezug genommen. Abs. 2 7 Die SASIS ist ein Unternehmen der santésuisse-Gruppe. Neben der hier erwähnten Dienstleistung im Zu- sammenhang mit der Versichertenkarte ist sie in der Schweiz und in Liechtenstein zudem zuständig für die Vergabe der ZSR-Nummer (Zahlstellenregister-Nummer der Leistungserbringer), das zentrale Ver- tragsregister, den Datenpool und den Tarifpool.
32 stellt klar, dass in diesem Zusammenhang insbesondere die entsprechenden Defi- nitionen der DSGVO Anwendung finden. Zu II. Elektronisches Gesundheitsdossier Der zweite Abschnitt regelt den Inhalt des elektronischen Gesundheitsdossiers, die Grundsätze der Datenverarbeitung im Behandlungsfall sowie die für die Versi- cherten und Teilnehmer zentralen Widerspruchs- und Teilnehmerrechte. Ferner werden Vorgaben an das seitens der EGD-Gesundheitsdienstleister zu erstellende IT-Sicherheitskonzept einerseits und an die Datensicherheit bei der Datenverar- beitung andererseits sowie hinsichtlich der Löschung des elektronischen Gesund- heitsdossiers umschrieben. Schliesslich wird das für ausländische Gesundheits- dienstleister zu durchlaufende Bewilligungssystem definiert. Zu Art. 3 Inhalt des elektronischen Gesundheitsdossiers Aus Abs. 1 wird der Aufbau des EGDs ersichtlich. Demzufolge sind in diesem zum einen administrative Daten wie Name und Vorname, Adresse, Geburtsdatum, Ge- schlecht, Krankenkasse und Versichertenstatus sowie die eindeutig zugewiesene Identifikationsnummer (IDN) des Versicherten enthalten (Bst. a). Hierbei handelt es sich um dieselben Daten, welche schon heute auf der Versichertenkarte enthal- ten sind. Zum anderen beinhaltet das EGD Gesundheitsdaten und genetische Da- ten des Teilnehmers (Bst. b). Aufgrund der Sensibilität des Themas soll jedoch der Einzelne die Möglichkeit ha- ben, der Datenverarbeitung in seinem Gesundheitsdossier schriftlich zu wider- sprechen (siehe Erläuterungen zu Art. 6). Der in Anspruch genommene Wider- spruch wird im jeweiligen Dossier vermerkt. Dadurch wird erreicht, dass ein Ver- sicherter nicht bei jedem EGD-Gesundheitsdienstleister immer wieder aufs Neue mit der Frage der Führung/Nutzung eines EGDs konfrontiert wird. Wünscht ein Versicherter einen Widerspruch, so bleibt lediglich ein „leeres“ Dossier mit den oben genannten Administrativdaten bestehen. Die Administrativdaten werden
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