Januar / Februar 2019 - Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums für Kognitive Störungen in der Möhlstraße - MRI TUM
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Januar / Februar 2019 Die Mitarbeiterinnen und/ Februar MRI Newsletter ∙ Januar Mitarbeiter 2019 des Zentrums für Kognitive Störungen in der Möhlstraße
Big Data in der Medizin – zwischen Fortschritt und Datenschutz Studie zu Multipler Sklerose auf dem Münchner „Digital Health Summit“ In Verbindung mit Daten anderer Patienten kann un- einer Vereinheitlichung und Zu- sere persönliche digitale Krankengeschichte dabei sammenführung dieser Daten, auf helfen, den Verlauf und Therapieerfolg einer Krankheit denen Biostatistiker und Bioinfor- zuverlässiger vorherzusagen. Vor allem für Erkrankun- matiker Analysen durchführen, bei gen wie der Multiplen Sklerose (MS), die sehr unter- denen Methoden der Künstlichen schiedlich verlaufen kann, ist das eine große Chance. Intelligenz (KI) und des maschi- Das Konsortium DIFUTURE unter der Leitung von Prof. nellen Lernens eine Rolle spielen. Klaus Kuhn, Direktor des Instituts für Medizinische Wichtig ist auch die Integration Informatik, Statistik und Epidemiologie, präsentierte von Bildgebungsdaten, so dass seine Arbeiten auf dem Münchner „Digital Health Sum- den Neuroradiologen der Stand- mit“ des Klinikums Ende November. An der zweitägi- orte eine wesentliche Aufgabe zu- Staatsminister Bernd gen Veranstaltung mit international renommierten Re- Sibler eröffnete den Digi- kommt. ferenten diskutierten rund 350 Personen über neueste tal Health Summit. Die Vorarbeiten lieferten bereits Entwicklungen und zukünftige Perspektiven auf dem erste Ergebnisse: MS-Patientin- Gebiet der Medizininformatik. nen und Patienten haben schon fünf Jahre vor ihrer ei- Patientendaten für die Forschung nutzbar machen gentlichen Diagnose sehr viel häufiger Erkrankungen wie 2015 sind MS-Erkrankungen bayernweit 60 Prozent häufi- Angststörungen, depressive Episoden oder unspezifische ger aufgetreten als noch neun Jahre zuvor. Das zeigt eine Seh- und Gefühlsstörungen. aktuelle Studie, die unter der Leitung von Prof. Bernhard MS ist die erste Erkrankung, für die die Wissenschaftlerin- Hemmer, Direktor der Klinik für Neurologie und Mitglied nen und Wissenschaftler von DIFUTURE Verfahren entwi- des DIFUTURE-Konsortiums, durchgeführt wurde. Er und ckeln und testen, um medizinische Daten sicher und zu- sein Team werteten hierfür Daten von über zehn Millio- verlässig für die Forschung und im klinischen Alltag nutzen nen Menschen aus, darunter im Jahr 2015 knapp 30.000 zu können. Das ist ein Ziel des DIFUTURE-Forschungs- MS-Erkrankte. verbunds, der mit mehr als 28 Millionen Euro vom Bun- „Große medizinische Datensätze sind für uns in der Kli- desministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. nik unglaublich wertvoll. Sie verraten uns, ob es Paralle- Für weitere Krankheiten wie Parkinson und Krebs, Schlag- len beim Krankheitsverlauf gibt, ob es einheitliche Vorer- anfall und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollen die neuen krankungen oder klinische Anzeichen gibt. Nur mit diesem Verfahren bald auch eingesetzt werden. großen Datenpool können wir statistisch verlässliche Aus- Datenintegration und Datenschutz als Schwerpunkte sagen treffen, die wir aus einzelnen Patientenakten un- Um medizinische Daten richtig nutzen zu können, ergeben möglich herauslesen könnten“, erklärt Bernhard Hemmer. sich neue Ansprüche an die Datenerhebung und -verar- Als Teil des Forschungskonsortiums DIFUTURE erheben beitung, aber auch an den Datenschutz. Damit Daten ver- Neurologen wie Prof. Hemmer an der TUM, Prof. Martin gleichbar und überhaupt für KI-Methoden verwendbar sind, Kerschensteiner an der Ludwig-Maximilians-Universität müssen sie sowohl rückwirkend vereinheitlicht als auch (LMU), Prof. Ulf Ziemann an der Universität Tübingen so- zukünftig einheitlich erfasst werden und bestmöglich vor wie Prof. Markus Naumann und Privatdozent Dr. Antonius fremdem Zugriff geschützt sein. IT- und Datenschutzex- Bayas am Klinikum Augsburg große Datenmengen von perten stellt das vor große technische Herausforderungen Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose. Zusam- und Patientinnen und Patienten vor die Frage: wer darf auf men mit den Informatikern von DIFUTURE arbeiten sie an meine Daten zugreifen? Dem Summit vorgeschaltet war ein von UnternehmerTUM veran- Der Summit beschäftigte sich mit den Chancen, Möglichkeiten und staltetes Innovation Forum, auf dem Vertreter von Startups ihre Risiken der Digitalisierung in der Medizin. Ideen präsentierten. MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Ein besonderer Schwerpunkt von DIFUTURE liegt daher beim Datenschutz. Beim „verteilten Rechnen“ verlassen Daten aus der Krankenversorgung das Krankenhaus über- haupt nicht, sie sind nur im Krankenhaus selbst gespei- chert. Um sie dennoch zusammen mit Daten aus anderen Kliniken zu nutzen, werden innovative Verfahren einge- setzt, die dem Prinzip „Bringe die Analyse zu den Daten“ (und nicht: die Daten zur Analyse) folgen – dies ist ein Auf dem „International Day“ am zweiten Tag des Summits disku- Grundkonzept von DIFUTURE. DIFUTURE wird zudem tierten zahlreiche Teilnehmer mit den internationalen Referenten. untersuchen, wie man Daten, die nicht für die Forschung, sondern für die Krankenversorgung erhoben worden sind, In Kürze nicht nur sicher, sondern auch ohne eventuell auftretende DIFUTURE ist eines von bundesweit vier Konsortien der Verzerrungen für die Forschung nutzen kann. Medizininformatikinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Partner des Konsortiums DIFU- „Die Medizin der Zukunft wird mehr denn je sorgfältig er- TURE sind TUM und LMU München mit ihren jeweiligen hobene und zusammengeführte Daten benötigen und ver- Uniklinika, die Universität und das Universitätsklinikum wenden – deshalb müssen wir jetzt die Werkzeuge ent- des Saarlandes, das Universitätsklinikum Regensburg, wickeln, damit diese Daten möglichst vielen Patientinnen die Universität und das Universitätsklinikum Tübingen und Patienten zu Gute kommen. Gerade angesichts der sowie Universität und Klinikum Augsburg. Mit der Me- immer komplexer werdenden Vernetzung muss aber völlig dizininformatik-Initiative sollen die Chancen der Digita- klar sein, dass die Daten den einzelnen Personen gehören lisierung in der Medizin für Versorgung und Forschung und konsequent geschützt werden müssen“, erklärt Klaus bestmöglich genutzt werden. Kuhn. Trauer um Prof. Henning Bier Prof. Dr. med. Henning Bier ist am 17. Oktober 2018 gen Tumorerkrankungen im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich. nach schwerer Krankheit verstorben. Er leitete seit Im Mittelpunkt seiner medizinischen Betrachtungen stand 2007 die Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde am stets der Mensch. Prof. Bier kümmerte sich empathisch Klinikum rechts der Isar. Insbesondere hat er sich um um die Belange seiner Patienten. Trotz seiner herausra- die Erforschung und Behandlung von Kopf-Hals-Tu- genden Fähigkeiten als Operateur wog er immer ab, ob ein moren verdient gemacht. Henning Bier wurde 61 Jahre chirurgischer Eingriff auch wirklich im Sinne des einzelnen alt. Er hinterlässt seine Frau und vier Kinder. Patienten oder der Patientin war. Sein Forschungsschwerpunkt waren Tumorerkrankungen im Kopf-Hals-Bereich, insbesondere die molekulare Tumor- entwicklung. Er war ein Vorreiter in der Erforschung der Tumorwächtergene, wofür er 1992 den renommierten Anton-von-Tröltsch-Preis der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie e.V. erhielt. Auch die Ausbildung von angehenden Ärzten war ihm ein großes Anliegen. Er kümmerte sich gerne persönlich um Veranstaltungen für Studierende und junge Ärzte. Prof. Markus Schwaiger, Ärztlicher Direktor des Klinikums Henning Bier wurde in Köln geboren. Er studierte Medizin rechts der Isar, betont: „Prof. Henning Bier lag das Wohl in Freiburg, Berlin und Düsseldorf. Nach seinem Abschluss seiner Patientinnen und Patienten sehr am Herzen. Als Kli- 1989 arbeitete er zunächst am Klinikum der Universität nikdirektor hat er sich außerdem darum verdient gemacht, Düsseldorf und dann am Universitätsklinikum Mannheim, hervorragende HNO-Ärztinnen und -Ärzte auszubilden, wo er 1989 Oberarzt wurde. Zwei Jahre später wechselte die heute deutschlandweit tätig sind. Charakteristisch für er zurück ans Uniklinikum Düsseldorf; dort war er ab 1995 ihn war eine große Zurückhaltung, seine Leistungen in als leitender Oberarzt und Vertreter des Klinikdirektors den Vordergrund zu stellen. Wir werden Henning Bier ein tätig. 2007 wurde er zum Direktor der Hals-, Nasen-, Ohr- ehrendes Andenken bewahren. Unsere Gedanken sind bei enklinik des Klinikums rechts der Isar und auf den Lehr- seiner Familie.“ stuhl für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der TUM berufen. Er war ein anerkannter Spezialist für alle gut- und bösarti- MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Den Schlaganfall in die Schranken weisen Stroke Unit bietet optimale Behandlungsmöglichkeiten Jedes Jahr erleiden 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Frauen sind aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung häufiger betroffen als Männer. Auf der Schlaganfall-Station des Klinikums, der Stroke Unit, kümmern sich Ärzte rund um die Uhr um Betroffene. Dr. Silke Wunderlich, Oberärztin auf der Stroke Unit, for- dert Beteiligte auf, bei Symptomen sofort den Notruf 112 zu wählen. Jede Verzögerung der Therapie um vier Minuten senkt die Wahrscheinlichkeit um ein Prozent, dass der Betroffene den Schlaganfall überlebt und keine oder kaum Folgeschäden davonträgt. Der Schlag trifft Patienten oft in den frühen Morgenstun- Neue Techniken machen den Weg frei den. Außenstehende erkennen den Notfall meist an zwei Die Schlaganfalltherapie entwickelt sich stetig weiter. Tra- schlagartig auftretenden Symptomen: Lähmungserschei- ditionell nutzen Mediziner einen Stent-Retriever, um das nungen auf einer Körperseite und Sprachstörungen. „Wer verstopfte Hirngefäß zu öffnen. Das Instrument besteht diese oder ähnliche Symptome bei einem Menschen er- aus einem dünnen Draht, an dessen Ende sich ein Git- kennt, sollte sich auf keinen Fall scheuen, sofort den Not- tergeflecht befindet. Das Blutgerinnsel verfängt sich im arzt zu verständigen. Lieber einmal zu viel anrufen als ein- Geflecht und kann so aus dem Gefäß herausgezogen mal zu wenig“, betont Dr. Silke Wunderlich. werden. Neuer sind Aspirationskatheter. Sie saugen das Gerinnsel per Unterdruck aus dem Blutgefäß. „Wir setzen auch häufig Kombinationen aus beiden Verfahren ein“, erklärt die Oberärztin. Laut medizinischer Leitlinie soll- te spätestens sechs Stunden nach Symptombeginn die Therapie per Katheter beginnen. „Neue Studien zeigen jedoch, dass einige wenige Patienten auch noch bis zu 24 Stunden nach Symptombeginn erfolgreich behandelt wer- den“, betont Dr. Wunderlich. Mithilfe moderner bildgeben- der Verfahren kann das Stroke Unit-Team vorhersagen, wer zu diesen Patienten zählt. Luft nach oben Angesichts dieser Fortschritte, müsste dann nicht die Rate an Todesfällen und schweren Behinderungen nach einem Schlaganfall sinken? Tatsächlich ist die Zahl der Men- schen, die an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben Dr. Silke Wunderlich (Mitte) und das Team der Stroke Unit be- handeln rund 900 Patienten mit akuten Schlaganfällen im Jahr. sind, in den letzten Jahren erheblich gesunken. Jedoch Die Zahl der Betroffenen wird in den nächsten Jahren steigen, rechnen Gesundheitsforscher damit, dass aufgrund der erwarten Experten. steigenden Lebenserwartung die Zahl der Schlaganfälle in den kommenden Jahren deutlich zunimmt. In Deutschland Bessere Überlebenschancen zählt der Schlaganfall bei Frauen zu der zweithäufigsten Wird der Patient in die Stroke Unit eingeliefert, analysiert und bei Männern zu der dritthäufigsten Todesursache. Bei das Ärzteteam in wenigen Minuten das Geschehen im beiden Geschlechtern ist er der häufigste Grund für Behin- Gehirn. Anschließend fällen die Ärzte die Entscheidung: derung im Erwachsenenalter. Lysetherapie oder Rekanalisation. Bei einer Lysetherapie Liegen bestimmte Risikofaktoren vor, sollte der Betroffene öffnet der Arzt das verstopfte Gefäß im Gehirn mithilfe ei- mit einem Arzt über entsprechende Maßnahmen beraten. nes Blutgerinnsel-auflösenden Medikaments. Bei der Re- Zu den Risikofaktoren zählen: Bluthochdruck, Diabetes, kanalisation, auch Thrombektomie genannt, führt der Arzt erhöhte Cholesterinwerte, Rauchen, Übergewicht, Be- einen Katheter über die Leiste in die blockierte Gehirn- wegungsmangel und erhöhter Alkoholkonsum. Laut einer arterie und entfernt das Blutgerinnsel mechanisch. „Im Kli- Analyse der Daten von über 13.000 Schlaganfallpatienten nikum rechts der Isar haben wir die Methode bereits seit in 32 Ländern sollen neun von zehn Schlaganfällen direkt 2008 angewendet. Wir waren auch an den wissenschaft- oder indirekt mit dem Lebensstil zusammenhängen. lichen Studien beteiligt, die belegen konnten, dass die Doch nicht nur der Einzelne, auch die Gesellschaft und Thrombektomie einen Vorteil bringt“, berichtet Dr. Wun- die Politik sind gefordert. So listete ein internationales For- derlich. Von dieser Erfahrung profitieren die Patienten. scherteam 2018 im Fachmagazin The Lancet als wichti- Eine Thrombektomie kommt jedoch nur infrage, wenn das ge Maßnahmen zur Schlaganfallprävention die Kontrolle Blutgerinnsel in den großen hirnversorgenden Gefäßen des Tabakkonsums per Gesetz, gesunde Städte mit Platz steckt. Das trifft auf rund jeden zehnten Schlaganfall zu. MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
für Spaziergänger und Radler, grüne Plätze, saubere Luft jeden Tag, wie ein Schlaganfall ein Leben dramatisch ver- und einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr. Alles ändern kann. Daher wünschte ich, dass sich Menschen Maßnahmen, die es den Menschen leichter machen, ge- mit Risikofaktoren stärker damit beschäftigen, wie sie ihr sund zu leben und sich ausreichend zu bewegen. Risiko verringern können. Sei es, indem sie mithilfe des An Bewegung mangelt es Dr. Silke Wunderlich nicht. An Hausarztes ihren Blutdruck einstellen, ihre Medikamente stressigen Tagen zählt ihr Schrittzähler schon mal 15.000 regelmäßig nehmen oder sich mehr bewegen.“ Schritte. Wenn sie sich etwas wünschen könnte? „Ich sehe So können Sie Ihr Schlaganfallrisiko senken • Wenig Alkohol Gesunder Lebensstil Kontrolle von Risikofaktoren • Regelmäßige Bewegung • Senkung von Bluthochdruck • Gesundes Gewicht • Blutverdünnung bei bestehendem Vorhofflimmern • Wenig emotionaler Stress • Senkung zu hoher Cholesterinwerte • Ausreichender Schlaf • Behandlung eines Typ-2-Diabetes • Gesunde Ernährung (z.B. mediterrane Kost mit viel Was das Risiko nicht senkt: Nahrungsergänzungsmit- Gemüse, regelmäßig Fisch und wenig Fleisch) tel wie Vitamine, Mineralien, Fischöl-Kapseln • Kein Nikotin, Vermeidung von Passivrauch Virtuelles Tumorboard verbessert Behandlungsmöglichkeiten Kooperation mit der Kreisklinik Ebersberg ausgeweitet Die medizinische Versorgung von Krebspatienten auch in Kliniken des Münchner Umlands auf hohem Niveau zu halten ist eines der Ziele des Roman-Herzog-Krebszentrums (RHCCC). Nun ist ein wichtiger Schritt gemacht: Im Rahmen von videogestützten virtuellen Tumorboards können Ärzte aus anderen Kliniken die Behandlung ihrer Krebspatienten mit den Experten aus dem Klinikum rechts der Isar besprechen. Erster Projektpartner ist die Kreisklinik Ebersberg. Die technischen Voraussetzungen sind geschaffen: Seit How der beiden Münchner Universitätskliniken sowie des kurzem können die Ärzte der Kreisklinik Ebersberg via Tumorzentrums München in der onkologischen Patienten- Highspeed-Internet Patientenfälle mit Krebsspezialisten versorgung und Forschung gebündelt wird. Das CCCM ist des Klinikums rechts der Isar besprechen. Die Ebersberger eines von bundesweit 13 von der Deutschen Krebshilfe Ärzte übermitteln im Vorfeld alle notwendigen Unterlagen, ausgezeichneten Onkologischen Spitzenzentren. „Es ist so dass am Klinikum dann für jeden Patiente individuell ein unser gesundheitspolitischer Auftrag, die hohe Qualität Expertenteam aus den beteiligten medizinischer Fachrich- unserer Tumortherapien weiterzutragen, über die Grenzen tungen zusammengestellt werden kann. „Die hochkarätige Münchens hinaus”, erklärt Prof. Peter Herschbach, Direk- Unterstützung nehmen wir in Anspruch, wenn wir es bei tor des RHCCC. Künftig sollen weitere Kliniken des Mün- einem Patienten mit einer seltenen Krebserkrankung zu chner Umlands in das Projekt einbezogen werden. tun haben oder wenn im Verlauf der Behandlung Kompli- kationen auftreten”, erläutert Dr. Peter Kreissl, Chefarzt der Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie in Ebersberg. Bei komplizierten Fällen, die früher an andere Kliniken verlegt werden mussten, können die Ebersberger Ärzte nun den Befund im virtuellen Tumorboard besprechen und erhalten ein fundiertes Konzept zur Weiterbehandlung. In der Kreisklinik Ebersberg finden bereits seit Jahren vor Ort Tumorkonferenzen statt, die von einem Vertreter Von links: Prof. Peter Herschbach, Direktor des RHCCC, Prof. des RHCCC begleitet werden. Das virtuelle Tumorboard Thomas Bernatik, Chefarzt Innere Medizin I der Klinik Ebersberg, ermöglicht nun eine noch breitere fachliche Unterstützung Prof. Hana Algül, Oberarzt in der Inneren Medizin II am MRI und Projektverantwortlicher, Dr. Andreas Grabmeier, Leiter der On- und den vollen Zugang zur onkologischen Spitzenmedizin kologischen Tagesklinik der Klinik Ebersberg, Dr. Peter Kreissl, des Universitätsklinikums. Chefarzt der Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie in Ebers- berg und Dr. Rami Abbassi, Projektkoordinator am MRI (Foto: Sy- Das RHCCC arbeitet unter dem Dach des Comprehensi- bille Föll) ve Cancer Center München (CCCM), in dem das Know- MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Fingerspitzengefühl erfordert Übung Simulator bereitet junge Ärzte auf Kathetereingriffe vor Die Eingriffe der interventionellen Radiologie setzen eine Menge Fingerspitzengefühl und viel Übung voraus. Denn um beispielsweise verschlossene Blutgefäße von innen zu öffnen oder Gefäße bei akuten Blutungen wieder zu verschließen, ist Millimeterarbeit erforderlich. In der Sektion für interventionelle Radiologie üben Ärzte solche Eingriffe nun zunächst „trocken“, bevor sie das erste Mal einen Menschen aus Fleisch und Blut behandeln: Ein neuer Simulator ermöglicht Eingriffe unter absolut realen Bedingungen. „Trockenübung“ am Simulator in der Sek- tion für Interventionelle Radiologie unter Anleitung von Prof. Philipp Papprottka Konzentriert führt die junge Ärztin den dünnen Katheter ten Erkrankungen, beispielsweise der Chemoembolisation Stück für Stück nach vorne. Exakte Bewegungen sind eines Lebertumors oder der Behandlung eines Uterus- erforderlich, um den Draht durch die auf dem Bildschirm myoms. Das Gerät stellt dann diverse Informationen über sichtbaren, verzweigten Blutgefäße hin zu der deutlich er- den „Patienten“ zur Verfügung: Neben Geschlecht, Alter, kennbaren Blutung zu schieben. Es bleibt nicht viel Zeit, Größe, Gewicht und akutem Zustand hat der Arzt auch um das Gefäß zu verschließen, denn der Blutverlust ist dessen sich permanent verändernde Vitalparameter immer bereits groß und die Vitalparameter des Patienten werden im Blick. Realistisch sei auch die Handhabung, so Prof. schlechter. Die Ärztin hat einen solchen Eingriff noch nie Paprottka: „Bewegt man den Führungsdraht oder Katheter gemacht: Da ist es gut, dass der erfahrene Chefarzt neben innerhalb des Simulators, dann fühlt sich das auch für er- ihr steht – und noch besser, dass es kein echter Patient ist, fahrene Spezialisten an, als würde man einen echten Men- den sie behandelt, sondern nur ein Simulator. schen behandeln.“ Wie bei einem richtigen Eingriff verfolgt Mit der neuesten Generation dieses Geräts üben die Ärzte der Arzt den Weg des Katheters auf dem Röntgen-Bild- unter realen Bedingungen alle Varianten von Katheterein- schirm. Sogar die Atembewegungen des simulierten Pa- griffen im Bereich der interventionellen Radiologie: Junge tienten werden von der Maschine lebensecht nachgestellt. Ärzte machen die gängigen Standardeingriffe hier so lan- Ein besonderer Pluspunkt des Simulators folgt nach dem ge „trocken“, bis sie die Technik sicher beherrschen. Und eigentlichen Training: Das Gerät wertet nun detailliert aus, erfahrene Ärzte trainieren seltene Fälle oder besonders was der Arzt gemacht hat: Wie lange haben die einzelnen schwierige Eingriffe. Prof. Philipp Paprottka, Chefarzt der Schritte gedauert, an welcher Stelle kann noch etwas ver- interventionellen Radiologie: „Die Ärzte können hier Ein- bessert werden, war die Behandlung erfolgreich? Prof. griffe im Detail und ganz in Ruhe üben. So gewinnen sie Paprottka: „Das Gerät macht keine echten Röntgenbilder. enorm an Routine und Erfahrung – diese zusätzliche Si- Aber es berechnet, welcher Röntgenstrahlung Patient und cherheit kommt dann natürlich in erster Linie unseren Pa- Arzt bei dem Eingriff genau ausgesetzt gewesen wären. tienten zugute.“ Das ist auch für erfahrene Ärzte sehr interessant, denn so Die nachgestellten Gefäßinterventionen, die am Simulator bekommt man ein noch besseres Gespür dafür, ob man zu bewältigen sind, sind bis ins Detail der Realität nach- wirklich immer optimal auf Strahlenschutz achtet.“ empfunden. So kann der Arzt aus einer großen Vielfalt an Die junge Ärztin konnte den Eingriff am Ende erfolgreich Übungseingriffen wählen – von gängigen Gefäßöffnungen abschließen: Der Simulator meldet, dass die Blutung recht- bis hin zu speziellen Eingriffen bei den unterschiedlichs- zeitig gestillt werden konnte und es dem Patienten gut geht. MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Multigentest: Sinnvolle Entscheidungshilfe bei Brustkrebs Seit einigen Jahren werden in der Brustkrebstherapie Multigentests eingesetzt, um zu ermitteln, wie hoch das Me- tastasierungsrisiko ist. Ein Team des Brustzentrums hat jetzt Ergebnisse aus der klinischen Routine vorgestellt. Diesen zufolge hilft der am Klinikum verwendete Multigentest tatsächlich, Chemotherapien gezielter einzusetzen und damit die Heilungschancen zu verbessern. Seit November 2011 wird in der Frauenklinik bei Patien- eingesetzten Test vorgestellt: Für die Studie analysierten tinnen mit einer bestimmten Brustkrebs-Variante – hor- Ettl und sein Team, wie die Brustkrebs-Erkrankung von monrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs – ein 373 Patientinnen in den Jahren nach dem Beginn der sogenannter Multigentest eingesetzt. Mit diesem lässt sich Behandlung tatsächlich verlief. Der Test hatte für rund 64 anhand von Gewebeproben und weiteren klinischen Merk- Prozent der Patientinnen ein niedriges Risiko und für rund malen eine Aussage darüber treffen, wie hoch das Risiko 36 Prozent ein hohes Risiko ergeben. Es zeigte sich, dass für die Patientin ist, dass sich in Zukunft Metastasen bilden. nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 3,5 Jah- „Anhand des Testergebnisses, das neben molekularbiolo- ren bei Patientinnen der „Hochrisiko-Gruppe“ im Vergleich gischen Tumoreigenschaften auch die individuellen Fak- zur „Niedrigrisiko-Gruppe“ die Wahrscheinlichkeit doppelt toren Tumorgröße und Lymphknotenbefall mit einbezieht, so hoch war, dass der Brustkrebs wieder auftrat und so- entscheiden Ärztinnen und Ärzte, ob zusätzlich zu einer gar fünfmal so hoch, dass sich Metastasen bildeten. Von operativen Entfernung des Tumors und der anschließen- den Patientinnen, die zusätzlich zur Antihormontablette mit den antihormonellen Behandlung auch eine Chemothera- Chemotherapie behandelt wurden, lebten nach drei Jah- pie sinnvoll ist“, erläutert Prof. Marion Kiechle, Direktorin ren 96,6 Prozent (Niedrigrisiko-Gruppe) bzw. 96,3 Prozent der Frauenklinik. „Bei einem niedrigen Risiko einer Metas- (Hochrisiko und Chemotherapie) ohne Brustkrebs. Bei den tasierung kann eine Chemotherapie eine unnötige schwere Patientinnen mit hohem Risiko, bei denen trotz der testba- Belastung sein, bei einem hohen Risiko kann die Therapie sierten Empfehlung der Ärzte keine Chemotherapie einge- verhindern, dass später neue Tumoren entstehen.“ setzt wurde, waren es dagegen nur 91,5 Prozent. Auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium in den „Unsere Beobachtungsstudie liefert erstmals Daten aus USA, einem der weltweit wichtigsten Fachkongresse für der klinischen Routine-Versorgung, die zeigen, dass der Brustkrebs, hat Dr. Johannes Ettl, leitender Oberarzt am in- Test tatsächlich wichtige Anhaltspunkte für die Entschei- terdisziplinären Brustzentrum der Frauenklinik, die Ergeb- dung für oder gegen eine Chemotherapie liefern kann“, nisse einer unabhängigen, nicht von einem Test-Hersteller sagt Prof. Marion Kiechle. beauftragten Versorgungsstudie zu dem im Brustzentrum Europäischer Forschungsrat fördert Spitzenforschung Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert zwei Prof. Roland Rad, Direktor des Instituts Wissenschaftler am Klinikum mit den renommierten, für Molekulare Onkologie und Funktio- hochdotierten Consolidator Grants. nelle Genomik Prof. Andreas Pichlmair, Professor für Eine der gefährlichsten Eigenschaften Immunpathologie von Virusinfektionen vieler Krebserkrankungen ist, dass die am Institut für Virologie ursprünglichen Tumore Metastasen bil- Der menschliche Körper hat ausge- den. Über Genaktivitäten und Signalwe- klügelte Abwehrsysteme gegen ver- ge bei der Entstehung von Metastasen schiedene Bedrohungen. Prof. Pichl- ist jedoch wenig bekannt. In seinem Projekt „PACA-MET“ mair beschäftigt sich insbesondere widmet sich Prof. Rad dem Bauchspeicheldrüsenkrebs. mit der Verteidigung gegen Viren. Bei Zunächst will Rad mit seinem Team molekulare Vorgän- Virusinfektionen verändern bestimmte Proteine im Körper ge identifizieren, die der Metastasierung zugrunde liegen. ihre Stabilität und ihre Eigenschaft, an andere Eiweißmo- Dafür wird er auf verschiedene, von ihm entwickelte ge- leküle zu binden. In seinem Projekt „Protein Dynamics in netische Werkzeuge und Methoden zurückgreifen, um das Antiviral Processes (ProDAP)“ will Pichlmair den Einfluss Genom systematisch nach Metastasierungs-Genen zu der Interaktionen von Proteinen und der Proteinstabilität durchsuchen. So werden Untersuchungen im Mausmodell auf das antivirale Immunsystem analysieren. Die Fähigkeit mithilfe „springender Gene“, sogenannter Transposons, des Körpers, beide zu verändern, spielt ersten Erkenntnis- vorgenommen, um die „genetischen Landkarten“ der Me- sen zufolge eine maßgebliche Rolle in der Regulation des tastasierung aufzudecken. In einem weiteren Schritt will Immunsystems und in der Abwehr viraler Pathogene. Eine Rad die genaue Funktionsweise einzelner molekularer gezielte Veränderung der Aktivität dieser Proteine könnte Prozesse der Metastasierung erforschen, um so neue An- Ansatzpunkte für neue Therapien eröffnen. sätze für Krebstherapien zu identifizieren. MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Welchen Sex haben deutsche Männer mit 45? Größte Studie zum Sexualverhalten hetero-, bi- und homosexueller Männer 12.354 Männer im Alter von 45 Jahren haben für eine Studie der Klinik für Urologie über Sex gesprochen. Die Studie macht einige Diskrepanzen erstmals statistisch sichtbar: So hatten etwa zehn Prozent der homosexuellen Männer in den letzten drei Monaten Sex mit einer Frau. Rund sechs Prozent waren „hidden homosexuals“, die sich selbst als homosexuell sahen, Sex aber nur mit Frauen hatten und häufig verheiratet waren. Über zwei Jahre hinweg befragten Ärztinnen und Ärzte vor allem bei den Homosexuellen. „Wir haben eine Grup- Männer im Alter von 45 Jahren in Düsseldorf, Hannover, pe gefunden, die ihre Homosexualität zwar kennen, die- Heidelberg und München unter anderem zu ihrer ersten se aber nicht ausleben, sondern ein rein heterosexuelles sexuellen Erfahrung, ihrer sexuellen Orientierung, der An- Leben führen und geführt haben – häufig mit Ehefrau und zahl ihrer Partnerinnen und Partner und ihren sexuellen Kindern. Es gibt Hinweise darauf, dass eine solche Di- Praktiken. Studienleiterin ist Prof. Kathleen Herkommer, skrepanz zu psychischen Problemen führen kann. Unsere Oberärztin in der Klinik für Urologie am Klinikum. Studie liefert wichtige Daten, um das Phänomen weiter zu Erste sexuelle Erfahrungen mit 18 erforschen“, sagt Prof. Herkommer und ergänzt: „Andere Studien gaben bereits Hinweise, dass es diese Gruppe Unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung machten die gibt. Wir konnten es jetzt erstmals wissenschaftlich bewei- Männer ihre ersten sexuellen Erfahrungen im Alter von sen.“ Betroffen waren davon 5,9 Prozent der homosexuel- etwa 18 Jahren – mit Frauen. Erst im Durchschnitt zwei len Männer. Jahre später hatten einige auch sexuelle Kontakte zu Män- nern und auch das unabhängig von ihrer in der Studie an- Publikation gegebenen Orientierung. Die Studienleiterin erklärt das so: V. Goethe, H. Angerer, A. Dinkel, Ch. Arsov, B. Hadaschik, „Es handelt sich dabei wohl um eine Findungsphase, in der F. Imkamp, J. Gschwend, K. Herkommer, Concordance sexuell Unterschiedliches ausprobiert wird.“ and Discordance of Sexual Identity, Sexual Experience Die Studie beinhaltete auch Fragen zur Art des Ge and Current Sexual Behavior in 45-year Old Men: Results schlechtsverkehrs, den die Männer in den letzten drei From the German Male Sex-Study, Sexual Medicine, Okto- Monaten hatten. Der vaginale Sex lag bei heterosexuellen ber 2018, DOI: 10.1016/j.esxm.2018.08.001 Männern deutlich auf Platz 1 (98 Prozent), gefolgt von ora- lem Sex, den knapp 60 Prozent ausübten. Diese Form des Geschlechtsverkehrs wurde von homosexuellen Männern Über die German Male (91 Prozent) am häufigsten praktiziert, weitaus weniger Sex-Study häufig Analverkehr (64 Prozent). Die German Male Sex-Study (GMS-Study) wird seit 2013 Jeder zehnte homosexuelle Mann hatte in den letzten drei am Klinikum durchgeführt. Monaten Geschlechtsverkehr mit Frauen. Ähnliche Studi- Zusammen mit einer Kölner en aus Australien, Belgien oder den USA hatten diese Ab- Studie aus dem Jahr 2000 ist weichung von sexueller Orientierung und Sexualverhalten sie die einzige deutsche Stu- bisher nicht gefunden. die, die sich in diesem Umfang Mehrheitlich in langjährigen Beziehungen mit der Sexualität des Mannes Bis zum 45. Lebensjahr hatte der Großteil (98 Prozent) der befasst. Die Datenerhebung erfolgt im Rahmen der heterosexuellen Männer mit bis zu zehn unterschiedlichen deutschlandweit durchgeführten Studie zur Erken- Menschen Sex. Etwa ein Drittel der bisexuellen Männer nung von Prostatakrebs PROBASE (www.probase. und knapp die Hälfte der homosexuellen Männer waren de). sexuell deutlich aktiver: sie hatten mehr als 30 unterschie- Für die GMS-Study werden Männer im Alter von 45 dliche Sexualpartner beziehungsweise -partnerinnen. Jahren aus den Regionen der Studienzentren Han- Im Alter von 45 waren über drei Viertel der heterosexuellen nover, Düsseldorf, Heidelberg und München rekru- Männer zwischen fünf und zehn Jahren mit ihrer Partnerin tiert. Deren Adressen werden als Zufallsstichprobe zusammen, auch über die Hälfte der homo- und bisexu- durch die Einwohnermeldeämter zur Verfügung ge- ellen Männer war in einer festen und langjährigen Part- stellt. nerschaft. Knapp 70 Prozent der heterosexuellen Männer Das Studiendesign der GMS-Study sieht ein Fol- waren verheiratet, 80 Prozent waren Vater geworden. low-up nach 15 Jahren vor. Damit können die Daten Homosexuelle mit Ehefrau und Kindern in Längsschnittstudien ausgewertet werden. So las- sen sich mögliche Veränderungen in der Sexualität Auffällige Diskrepanzen zwischen der angegebenen sexu- des Mannes im Verlauf erfassen. ellen Orientierung und der gelebten Sexualität zeigten sich MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Sehen beginnt, bevor wir etwas sehen Zusammenspiel der Hirnotenstoffe bei optischen Eindrücken aufgeklärt Wie funktioniert Sehen und was geschieht dabei im Gehirn? Dr. Valentin Riedl konnte mit seinem Team zei- gen, dass bereits das Öffnen der Augen die Verteilung der beiden wichtigsten Botenstoffe im Gehirn verän- dert, unabhängig davon, ob die Person wirklich etwas sieht. Wenn Nervenzellen miteinander kommunizieren, nutzen sie als Botenstoffe sogenannte Neurotransmitter. Glutamat und GABA, die beiden wichtigsten im menschlichen Ge- hirn, wirken einander entgegengesetzt: Glutamat aktiviert Nervenzellen, während GABA einen hemmenden Einfluss auf sie hat. Indem sich die Konzentrationen der beiden Stoffe verändern, kann das Gehirn zum Beispiel Eindrücke Dr. Valentin Riedl (links), Forschungsgruppenleiter in der Abteilung für Neuroradiologie, mit seinem Kollegen Dr. Christian Sorg. (Foto: der Augen, sogenannte visuelle Reize, verarbeiten. K. Bauer / TUM) Privatdozent Dr. Valentin Riedl, Abteilung für Neuroradiolo- ges Verfahren zur Darstellung der menschlichen Hirnakti- gie, hat mit seinem Team untersucht, wie sich die Menge vität. Sie sahen, dass zu den Zeitpunkten, in denen sich beider Botenstoffe im visuellen Cortex verändern. Das ist die Menge der Botenstoffe im visuellen Cortex veränderte, die für das Sehen verantwortliche Hirnregion. auch Hirnaktivitäten im fMRT sichtbar waren. „Die Ergeb- Augenöffnen als Startschuss für das Sehen nisse beider Methoden passten perfekt zusammen. Durch Das Experiment bestand aus drei Phasen. Die Personen die Kombination können wir nicht nur sagen, dass es in lagen zunächst mit geschlossenen Augen im Dunkeln. einer Region eine erhöhte Aktivität gibt, sondern können Anschließend öffneten sie die Augen und blickten in die sie erstmals auch konkret den beiden Neurotransmittern Dunkelheit. Zuletzt bekamen sie ein flimmerndes Muster zuordnen“, erklärt Riedl. gezeigt. Über das gesamte Experiment hinweg wurde die Psychische Erkrankungen als Forschungsfeld Menge beider Botenstoffe im visuellen Cortex bestimmt. Klinisch relevant sind die Ergebnisse beispielsweise für Im Ruhezustand mit geschlossenen Augen war die GA- psychische Krankheiten: Bei der Schizophrenie wird ver- BA-Konzentration hoch. Überraschenderweise sank aber mutet, dass unter anderem die Verteilung der beiden Bo- bereits beim Öffnen der Augen dieser hemmende Boten- tenstoffe dauerhaft gestört ist. „Bisher fehlen aber noch stoff ab, obwohl noch nichts zu sehen war. „Das Gehirn be- Beweise. Eine Untersuchung mit Spektroskopie und fMRT reitet sich schon mit dem Öffnen der Augen auf kommende ließe eine sehr viel genauere und breitere Aussage über Reize vor. Das wurde bisher so nicht gezeigt, weil dieser die Konzentration der Botenstoffe in Gehirnen von Patien- Zustand in anderen Studien nicht gemessen wurde“, so ten zu“, so Riedl. Riedl. Erst beim Wahrnehmen eines echten visuellen Rei- Publikation zes erhöhte sich dann die Konzentration des aktivierenden K. Kurcyus, E. Annac, N. Hanning, A. Harris, G. Oeltzsch- Botenstoffes Glutamat. ner, R. Edden, V. Riedl, Opposite dynamics of GABA and Daten vergleichbar mit fMRT-Messungen glutamate levels in the occipital cortex during visual pro- Die Forscher verglichen ihre MRS-Daten erstmals auch mit cessing, Journal of Neuroscience, November 14, 2018, Messungen aus dem funktionellen MRT (fMRT), ein gängi- DOI: 10.1523/JNEUROSCI.1214-18.2018 Dauerausstellung in der Klinik für Dermatologie Die Station Q1a der Klinik für Dermatologie erfreut die Patienten mit zahlreichen Bildern des zeitgenössischen Künstlers Klaus Jaeger (1914 – 2005). Seine bevorzugte Technik war Aquarell, daneben aber auch Pastellkreide, Tempera und Öl. Seine Motive entdeckte er in seiner Hei- mat rund um den Starnberger See und im Voralpenland, aber auch auf seinen Reisen vor allem nach Italien und Klinikdirektor Prof. Tilo Biedermann (rechts) mit den Leihgebern Kalifornien. Inge Biedermann (links) und Dr. Michael Biedermann (2. von links) MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Mehr als ein unangenehmes Gefühl Schmerz: Wahrnehmung, Handlungsimpuls und Energiebereitstellung entstehen unabhängig voneinander im Gehirn Schmerz ist ein negatives Gefühl, das wir schnell loswerden wollen. Um den Körper zu schützen, handeln wir, indem wir beispielsweise die Hand zurückziehen. Diese Handlung wird üblicherweise als Folge der Schmerzwahr- nehmung aufgefasst. Ein Team der Klinik für Neurologie hat nun gezeigt, dass Wahrnehmung, Handlungsimpuls und Energiebereitstellung gleichzeitig und nicht, wie erwartet, nacheinander im Gehirn entstehen. Unter der Leitung von Markus Ploner, Heisenberg-Profes- konnten erstmals sehen, dass die Hirnantworten für die sor für Human Pain Research, haben sich Forscherinnen Schmerzkomponenten nicht nacheinander ablaufen, son- und Forscher der Klinik für Neurologie angesehen, wie dern teilweise gleichzeitig. Das heißt, dass die Handlungs- genau im Gehirn ein schmerzhaftes Ereignis verarbeitet vorbereitung und die Energiebereitstellung nicht vollstän- wird. Sie konnten erstmals zeigen, dass das Gehirn auf dig von der Schmerzwahrnehmung abhängen, sondern einen Schmerzreiz mit mindestens drei unterschiedlichen teilweise unabhängig davon umgesetzt werden“, erklärt Antworten reagiert – und dass diese gleichzeitig und nicht Laura Tiemann, Erstautorin der Studie. abhängig voneinander ablaufen. Die Ergebnisse könnten grundlegende Auswirkungen auf das Verständnis und die Behandlung von Schmerzpatientinnen und -patienten ha- ben. Schmerz besteht aus mindestens drei Faktoren: der Wahr- nehmung, der Handlung – zum Beispiel dem Zurückziehen der Hand von einer heißen Herdplatte – und der Reakti- on des autonomen Nervensystems, das die notwendige Energie für das Handeln bereitstellt. Über das autonome Nervensystem werden die lebenswichtigen Funktionen wie Herzschlag, Atmung, Verdauung und Stoffwechsel ge- steuert. Laura Tiemann, Erstautorin der Studie, bereitet zusammen mit Zusammenspiel aus Verhaltens- und EEG-Messungen Markus Ploner, Heisenberg-Professor für Human Pain Research, eine Person für die EEG-Messung vor. (Foto: K. Bauer / TUM) In ihren Versuchen setzten die Forscherinnen und Forscher Freiwillige kurzen, unterschiedlich starken Schmerzreizen Therapie für chronische Schmerzpatienten auf dem Handrücken aus. Um die Schmerzwahrnehmung zu bestimmen, sollten die Personen die wahrgenommene Was zunächst abstrakt klingt, könnte auch für Patientin- Stärke des Reizes auf einer Skala bewerten. Die Hand- nen und Patienten mit chronischen Schmerzen wichtig lungskomponente untersuchte das Team um Markus Plo- sein. Ploner empfiehlt für eine umfassende Schmerzthe- ner anhand der Reaktionszeit, die die Patienten benötigten, rapie alle drei Komponenten des Schmerzes im Auge zu um ihre Finger als Antwort auf die Reize zurückzuziehen. behalten: „Bei chronischen Schmerzpatienten sind mögli- Um auch die dritte Schmerzkomponente, die Reaktion des cherweise nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die autonomen Nervensystems, zu bestimmen, maßen sie die Vorbereitung und Durchführung von Handlungen gegen Schweißproduktion in den Handinnenflächen. den Schmerz sowie die Energiebereitstellung verändert. Gleichzeitig wurde während des Versuchs die Hirnaktivität Unsere Befunde sind somit ein biologisches Argument für mit Hilfe der Elektroenzephalographie (EEG) registriert. Mit eine Schmerztherapie, die den Schmerz ganzheitlich mit al- dieser Methode lässt sich genau sichtbar machen, wann len seinen Komponenten umfasst. Das würde sowohl psy- und wie Nervenzellen auf einen Schmerzreiz reagieren. chotherapeutische und medikamentöse als auch physio- therapeutische Therapien beinhalten“, erklärt Ploner. Am Komponenten entstehen unabhängig voneinander Interdisziplinären Zentrum für Schmerzmedizin des Klini- Für die Auswertung verwendeten Ploner und sein Team ein kums werden solche sogenannten Multimodalen Schmerz- statistisches Verfahren, die sogenannte Mediationsanaly- therapien bereits angeboten. se. Dieses Verfahren ist in den Sozialwissenschaften in- zwischen gut etabliert und wurde von ihnen erstmals auf Publikation EEG-Daten angewendet. So konnten sie herausfinden, L. Tiemann, V. Hohn, S. Dinh, E. May, M. Nickel, J. Gross, welche Hirnantworten an der Umsetzung der drei Schmerz- M. Ploner: Distinct patterns of brain activity mediate per- komponenten beteiligt sind und wann genau diese statt- ceptual and motor and autonomic responses to noxious finden. stimuli, Nature Communications, October 2018, DOI: 10.1038/s41467-018-06875-x Das Ergebnis der Auswertungen war überraschend: „Wir MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Leberversagen durch Angriff auf Blutgefäßzellen Hepatits: Störung in der Blutversorgung als Ursache für Leberversagen Eine Infektion mit Hepatitis-Viren kann im schlechtesten Fall zum Leberversagen führen. Ein Team des Instituts für Molekulare Immunologie fand nun den Grund: Immunzellen greifen Zellen des Blutgefäßsystems an und stö- ren so die Blut- und Nährstoffversorgung des Organs. Erst das ruft die massiven Schäden hervor, die zum Le- berversagen führen. Sie identifizierten im Tiermodell einen Wirkstoff, der diese tödlichen Prozesse verhinderte. Eine Infektion der Leber mit Hepatitis Viren, wie dem Hepa- ausschließlich diesen fulminanten Verlauf der Virushepati- titis B Virus, kann sehr unterschiedlich ablaufen: die Leber- tis nachbildet. entzündung (Hepatitis) kann problemlos ausheilen, chro- Perforin-Inhibitoren als therapeutisches Werkzeug nisch werden, so dass eine lebenslange Einnahme von „Erst jetzt, wo wir den eigentlichen zerstörerischen Mecha- Medikamenten notwendig ist, oder sie kann fulminant ver- nismus bei einer akuten Hepatitis kennen, können wir auch laufen. Die immun-vermittelten Schäden in der Leber sind bei der Hepatitis-Therapie in neue Richtungen denken und dann so stark, dass es zum Leberversagen kommt und als diesen Prozess gezielt angreifen“, so Knolle. Die Forscher letzte mögliche therapeutische Maßnahme nur noch eine konnten zeigen, dass ein neuer Wirkstoff eine fulminante Lebertransplantation bleibt. Hepatitis verhindert. Es handelt sich dabei um einen Per- Das Ziel der Viren sind die Leberzellen, sogenannte He- forin-Inhibitor, der die Porenbildung durch Killer-T-Zellen patozyten. Das Immunsystem versucht die Infektion in den verhindert und damit auch den Angriff auf LSECs hemm- Griff zu bekommen, indem es mit Hilfe von bestimmten te. Die Mäuse konnten durch den Einsatz des Wirkstoffs Immunzellen, den T-Killerzellen, die infizierten Leberzellen vor einer fulminanten Hepatitis bewahrt werden, weil die angreift und abtötet. Bisher wurde angenommen, dass die- LSECs und damit die Blutversorgung der Leberzellen in- ser Prozess für die starken Organschäden bei einer akuten takt blieben. Hepatitis verantwortlich ist. Dr. Dirk Wohlleber und Prof. Percy Knolle vom Institut für Molekulare Immunologie ha- ben mit ihren Kolleginnen und Kollegen von der Universität Würzburg und der Universität Bonn nun eine ganz ande- re Erklärung für das Problem gefunden: Nicht der Tod der Leberzellen, sondern Defekte im Blutgefäßsystem sind die Gründe für das Versagen des Organs. Störung der Blutversorgung durch Immunzellen In der Leber gibt es wichtige Zellen, die sinusoidalen Le- berendothelzellen, kurz LSECs. Sie sind die Verbindung der Leberzellen zum Blutgefäßsystem und regeln den Austausch von Nähstoffen und Sauerstoff mit dem Blut. Sie haben zudem die Fähigkeit, kleine Teile von Viren auf ihrer Außenseite zu präsentieren, ähnlich wie Zellen des Immunsystems. Die Forscherinnen und Forscher beobach- teten, dass die T-Killerzellen diese Virenstücke spezifisch erkannten. Sie hielten LSECs für infizierte Leberzellen und töteten sie. Dafür nutzten sie Proteine, die sich in die Zell- membran der Zielzelle einbauen und eine Pore bilden. Die- se sogenannten Perforine durchlöchern die Membran und Prof. Percy Knolle untersucht die Ursachen des zerstören die Zelle. Leberversagens. (Bild: A. Heddergott / TUM) „Wir haben beobachtet, dass das Abtöten der LSECs durch die Immunzellen massive Auswirkungen auf das Leberge- Publikation webe hat. Der Blutfluss in der Leber ist massiv gestört und M. Welz, S. Eickhoff, Z. Abdullah, J. Trebicka, K.H. Gart- das führt dazu, dass sehr viele – auch nicht-infizierte – Le- lan , J.A. Spicer, A.J. Demetris, H. Akhlaghi, M. Anton, K. berzellen sterben. Die Auswirkung dieser Immunantwort Manske, D. Zehn, B. Nieswandt, C. Kurts, J.A. Trapani, P. ist sehr viel dramatischer als der Angriff auf die eigentlich Knolle, D. Wohlleber & W. Kastenmüller: Perforin inhibition infizierten Leberzellen“, erklärt Wohlleber. Möglich war protects from lethal endothelial damage during fulminant diese Erkenntnis nur, weil die Wissenschaftlerinnen und viral hepatitis, Nature Communications, 15.11. 2018, DOI: Wissenschaftler ein neues Mausmodell entwickelten, das 10.1038/s41467-018-07213-x MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Zwei „Frühchen“ zum Üben Puppenspende für die Frühchenstation Die Neugeborenen-Intensivstation hat Zuwachs bekommen: Zwei mit viel Liebe zum Detail nachgebildete Puppen, die eindrucksvoll dem Stadium eines frühgeborenen Kindes aus der 28. Schwangerschaftswoche nachempfun- den sind. Die aufwändig gefertigten Puppen, die vom Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ e.V. kommen, sind eine Spende der Stadtsparkasse München. Die Neugeborenen-Station wird die beiden Puppen sowohl bei der Einarbeitung und Weiterbildung von Mitarbeitern als auch bei der Schulung von Eltern frühgeborener Kinder einsetzen. Die beiden Puppen gleichen Babys, die etwa zwölf Wo- rener Kinder nutzen. Denn viele von ihnen haben zunächst chen früher als geplant zur Welt gekommen sind, nahezu Sorge, dem eigenen, extrem kleinen Kind versehentlich bis aufs Haar. Körpermaße, Gewicht, Hautfarbe und vor Schaden zuzufügen. Mit den Puppen können Eltern nun allem ihre Zartheit wirken verblüffend echt. Wenig erstaun- zunächst unter Anleitung ganz ohne Angst ausprobieren, lich, dass sich die Mitarbeiter der Neugeborenen-Intensiv- wie sie ihr Kind sicher halten, lagern oder drehen können. station schnell dafür entschieden haben, den beiden einen Stationsleitung Andrea Kaufmann erklärt: „Körperkontakt Namen zu geben: Sie heißen Felix und Sandra. ist ausgesprochen wichtig für die gesunde Entwicklung von Die Puppen werden nun zum einen bei der Schulung von Frühchen. Wenn Eltern wissen, auf welche Weise sie das Mitarbeitern eingesetzt. An Felix und Sandra lassen sich Kind am besten berühren, umlagern oder für eine Versor- beispielsweise besondere Griff-, Halte- und Lagerungste- gung außerhalb des Inkubators herausnehmen, ist das chniken üben, die später im Umgang mit den hochsensi- eine ideale Voraussetzung für den optimalen Umgang mit blen kleinen Patienten perfekt sitzen müssen. Neben der den Allerkleinsten.“ Einarbeitung neuer Mitarbeiter sollen die Puppen insbesondere in der Weiterbildung für pädiatrische Intensiv- und Anästhesiepflege zum Einsatz kommen. Diese be- rufsbegleitende Weiterbildung, die am Klinikum rechts der Isar ange- boten wird, richtet sich an Gesund- heits- und Kinderkrankenpflege- kräfte, die in der neonatologischen Große Freude bei der Übergabe der Frühchenpuppen auf der Neu- geborenen-Intensivstation: (Vlnr) Dr. Esther Rieger-Fackeldey, lei- oder pädiatrischen Intensivpflege tende Oberärztin der Neugeborenenstation, Andrea Kaufmann, tätig sind. Stationsleitung, Birgit Gwuzdz, Kursleitung der Weiterbildung für pädiatrische Intensiv- und Anästhesiepflege, Sandra Preis, Regio- Zum anderen wollen die Mitarbei- nalleiterin Stadtsparkasse München, Barbara Mitschdörfer, Vorsit- terinnen der Station die Puppen für zende des Bundesverbands „Das frühgeborene Kind“ e.V., Tobias Jeurissen, Pflegedirektion, Brigitte Robatscher, Stadtsparkasse die Schulung der Eltern frühgebo- München Global Health Day Im Dezember fand im TranslaTUM der erste Global gische Klinik) – ermuntern alle, die mehr über Global Health Day des Center for Global Health (CGH) statt. Ziel Health wissen möchten oder im Bereich Global Health ak- des Centers ist, in einem multidisziplinären Ansatz gemein- tiv werden möchten, mit dem Team in Kontakt zu treten: sam mit anderen Fakultäten der TUM den Herausforderun- www.med.tum.de/de/center-global-health gen unserer globalisierten Welt im Bereich Gesundheit zu begegnen. Ein sehr abwechslungsreiches Programm, des- sen Themen von Globaler Gesundheitspolitik über antimi- krobielle Resistenzen bis hin zu Architektur in Zeiten des Klimawandels reichten, repräsentierte die Bandbreite von Global Health und zog über 150 Zuhörer an. Die Gründerinnen des CGH – Prof. Clarissa Prazeres da Costa (Institut für medizinische Mikrobiologie, Immuno- logie und Hygiene) und Prof. Andrea Winkler (Neurolo- Foto: Susi Dürr, MIH MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
Ausbildungsprogramm gegen Landärztemangel Ärztenachwuchs für ländliche Gebiete ist schwer zu finden. Ein neues Ausbildungsprogramm der Fakultät für Medizin will Medizinstudierende frühzeitig für die Allgemeinmedizin gewinnen und so dem Landärztemangel ent- gegenwirken. Es beinhaltet Förderstipendien, kostenlosen Wohnraum sowie engen Kontakt zu Hausarztpraxen und Krankenhäusern in den beteiligten Regionen. Das bayerische Gesundheitsministerium fördert das Programm mit rund 3,5 Millionen Euro. Trotz vieler freier Stellen und günstigen Wohnraums ent- scheiden sich wenige angehende Ärztinnen und Ärzte für die Allgemeinmedizin und später für die Tätigkeit als Hausarzt auf dem Land. Das vom bayerischen Gesund- heitsministerium geförderte neue Forschungs- und Lehr- projekt „Beste Landpartie Allgemeinmedizin“ (BeLA) möch- te schon früh interessierte Studierende an die Allgemein- medizin heranführen. Es ist im Wintersemester 2018 / 2019 in Lehrkrankenhäusern und -praxen der Medizinischen Fa- kultät in den beteiligten Regionen gestartet. Sieben Modellregionen Gesundheitsministerin Melanie Huml betont: „Mein Ziel ist, noch mehr junge Mediziner für die Arbeit auf dem Land zu Das bayerische Gesundheitsministerium fördert das BeLA-Pro- gramm mit 3,5 Millionen Euro: v.l. Prof. Pascal Berberat, Lehrstuhl gewinnen. Mit ’BeLA’ unterstützen wir insgesamt sieben für Medizindidaktik, Gabriele Hörl, Gesundheitsministerium, Prof. Modellregionen – drei in Südbayern und vier im Norden Antonius Schneider, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin, Prof. Peter des Freistaats – mit rund 5,8 Millionen Euro in den kom- Henningsen, Dekan der Fakultät für Medizin menden vier Jahren.” „Die Studierenden lernen Land und Leute kennen, erfahren Gute Ausbildung mit Kost und Logis eine engagierte medizindidaktische Betreuung durch die Studierende erhalten bei BeLA ab dem ersten klinischen Klinik- und Hausärzte und erleben die ganze Breite der Semester ein begleitendes Programm mit Seminaren und medizinischen Versorgung. Das Programm ist sehr flexibel Mentoring in der Allgemeinmedizin. Zudem bekommen und die Studierenden werden über einen langen Zeitraum sie Praktikumsstellen, Blockpraktika und das Praktische betreut – das sind seine Stärken“, erklärt Prof. Antonius Jahr in den teilnehmenden Krankenhäusern und Haus- Schneider, Inhaber des ersten bayerischen Lehrstuhls für arztpraxen angeboten. Kostenlose Unterkunft und die Allgemeinmedizin und Organisator des Programms, das Verpflegung sind inklusive. Die Studierenden erhalten zu- er gemeinsam mit Prof. Pascal Berberat vom Lehrstuhl für dem Förderstipendien von monatlich 600 Euro, wenn sie Medizindidaktik entwickelt hat. sich dazu verpflichten, nach Abschluss des Studiums ihre Facharztweiterbildung für Allgemeinmedizin in der Region zu absolvieren. Aktuelle Publikationen Klinikum rechts der Isar Technische Universität München Bayer. Staatsministerium für Ge- Anna Cavelius / Daniela Paepke: Fortgeschrittene Demenz sundheit und Pflege (Hg): Fortge- Beschwerdefrei durch die Krebs- und Lebensende Ein Ratgeber für Angehörige über die Ziele und schrittene Demenz und Lebensen- therapie. Nebenwirkungen mit na- Möglichkeiten der Palliativ- und Hospizversorgung de. Kostenloser Download / Bestel- turheilkundlichen Therapien wir- lung unter: www.bestellen.bayern.de/ kungsvoll lindern. 14,99 €, ISBN: shoplink/stmgp_pflege_047.htm 978-3-8338-6224-3 Der Ratgeber entstand unter Fe- Mit einem gezielten Maßnahmenpa- derführung von Prof. Janine Diehl- ket, das Dr. Daniela Paepke, Frau- Schmid, Klinik für Psychiatrie, und enklinik, entwickelt hat, kann jeder unter Mitwirkung weiterer Mitarbeiter an Krebs Erkrankte seine Nebenwirkungssymptome selbst des Klinikums. Er richtet sich an Angehörige von Mens- behandeln und lindern. Gleichzeitig werden damit die chen mit Demenz, gibt Informationen zum Krankheitsbild Selbstheilungskräfte stabilisiert und der Heilungsprozess und zeigt Möglichkeiten auf, wie für Menschen mit fortge- bei Krebs gestärkt. schrittener Demenz auch am Lebensende eine bestmögli- che Lebensqualität erreicht werden kann. MRI Newsletter ∙ Januar/ Februar 2019
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