Diagonal - Psychiatrie Baselland

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Diagonal - Psychiatrie Baselland
diagonal
      Nº1 – 2017
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Editorial

                                                               letzten Monaten betreut. Der alternde Schweizer und der
                                                               junge Syrer haben zueinander gefunden, beide waren
                                                               sie füreinander da. Der Syrer hatte eine familiäre Umge-
                                                               bung und eine Aufgabe gefunden, die ihm etwas be-
                                                               deutete. Der Schweizer hatte handfeste Hilfe und eine
                                                               tiefe Herzlichkeit in der Fürsorge erfahren dürfen.
                                                               Diese Begegnung ist mir durch den Sinn gegangen, als ich
                                                               Andreas Hess’ eindrucksvollen Erfahrungsbericht gelesen
                                                               habe. Hess engagiert sich in besonderer Weise für jugendli-
                                                               che Flüchtlinge. Aber er opfert sich nicht auf, sondern
                                                               spricht von einer «bereichernden Win-win-Situation». So
                                                               würde mein Kollege und Freund auch urteilen, wenn
                                                               er noch lebte. Hilfe kann nur unter diesen Bedingungen
                                                               dauerhaft sein: wenn wir erkennen, dass wir nicht nur
    Liebe Mitarbeitende                                        schenken, sondern auch beschenkt werden.
    Liebe Leserinnen und Leser                                 Meine Begegnung und der Erfahrungsbericht, den wir
                                                               in diesem «diagonal» lesen können, zeigen aber noch etwas
    An einer Abdankungsfeier eines geschätzten Kollegen und anderes: Die Flüchtlinge brauchen «Sicherheit und
    Freundes habe ich mit einem jungen Mann gesprochen,        Vertrauen», wie Hess schreibt, und wir können ihnen dies
    der aus Syrien geflohen und in die Schweiz gekommen ist. durch professionelle psychiatrisch-psychotherapeutische
    Ich war beeindruckt, wie jemand ohne Vorkenntnisse         Hilfe geben.
    innerhalb eines Jahres die deutsche Sprache so gut lernen «Verstehen.Vertrauen» ist die im Logo festgehaltene Leit-
    konnte. Er erzählte mir die Geschichte seiner Flucht, von  formel für unsere Arbeit in der Psychiatrie Baselland.
    Syrien über den Sudan nach Libyen, schliesslich übers      Wir könnten sie erweitern durch das Wort «Versichern»,
    Mittelmeer – ganz allein war er unterwegs, ohne Abschied würde dieser Begriff nicht schon anderweitig gebraucht
    von der eigenen Familie zu nehmen, der er tief verbunden oder wäre er nicht schon verbraucht. Dass wir in unseren
    geblieben ist.                                             Therapien Sicherheit geben, streben wir jeden Tag an,
    Er hätte sonst nicht fliehen können. Sehr nüchtern berich- und wir hoffen, dass es uns immer wieder gelingt. Auch
    tete er von den Gefahren und Demütigungen der Flucht.      in der Arbeit mit den Flüchtlingen. Wir arbeiten daran,
    Er ist sich bewusst gewesen, dass er in der Schweiz in     unsere transkulturellen und traumabezogenen therapeu-
    Sicherheit sein, dass ihn aber die Schrecken des Krieges   tischen Angebote zu stärken und gut sichtbar zu machen.
    und des langen unsicheren Wegs in die Freiheit weiter      Es ist auch für uns selbst ein Gewinn.
    befallen würden. Und dennoch strahlte er einen ruhigen
    und gefassten Optimismus aus.                              Prof. Dr. med. Joachim Küchenhoff
    Dieser junge Mann hat den immer kränker und hilfloser      Direktor Erwachsenenpsychiatrie
    werdenden und schließlich sterbenden Kollegen in seinen

    INHALT
                        3 Koch mit Herz und Seele                 11 Katholische Spital-Seelsorge       18 Integrative Arbeitsplätze
                          Küchenchef Andreas Krais                   Marie-Theres Beeler eingesetzt        Originelle Produkte und Leistungen

                        4   Ein Leben für die Politik                Pflegerische Zentrumsleitung       20 Seit 25 Jahren
                            Zu Gast: Landratspräsident Philipp       Louis Elmiger ist pensioniert         Coiffeuse Manuela Klaus
                            Schoch, Landratsvizepräsidentin
                                                                  12 Fachfrau Gesundheit                21 Tierpark Weihermätteli
                            Elisabeth Augstburger
                                                                     Beliebter Beruf                       Beliebt bei jung und alt
                        7 Aggressionsmanagement
                                                                  13 Fachangestellte Gesundheit         22 Persönlich
                          Psychiatrie-Mitarbeitende beugen vor
                                                                     Auszubildende im Interview            Renate Attenhofer – Gospelsängerin
                            Kunstausstellung
                            Scherenschnitte und Steinskulpturen   14 Traumatherapie in Laufen           23 Personelles
                                                                     Ambulatorium baut Angebot aus         Eintritte – Jubiläen – Pensionierungen
                        8   «Eine sehr dankbare Aufgabe»
                            Ex-Oberarzt nimmt Flüchtlinge auf     15 Therapie in der Privatklinik       24 Anlässe und Impressum
                                                                     Über den Körper zur Psyche
                        10 Genesungsbegleiter
                           Ehemals Betroffene bringen             16 Zurück in der Arbeitswelt
                           ihre Erfahrung in die Pflege ein          Erfolgreiches Job-Coaching
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Diagonal - Psychiatrie Baselland
Porträt

Ein Koch mit Herz und Seele
                                                               Andreas Krais ist neuer Chefkoch der Psychiatrie Baselland und
                                                               setzt auf Kreativität und Frischprodukte. Der Küche der Psychiatrie
                                                               Baselland will er neue Impulse geben.

                                                                       Ein Entscheid fürs Leben
                                                                       Doch das sind nur die wichtigsten Stationen in der Lauf-
                                                                       bahn des 38-jährigen Chefkochs. «Es war wichtig, dass ich
                                                                       oft die Stelle wechselte», bilanziert Krais. So lerne man
                                                                       verschiedene Küchen kennen und könne seinen eigenen
                                                                       Stil entwickeln. Andreas Krais stand vor der Entscheidung:
                                                                       «Bleibe ich in der Spitzengastronomie oder gehe ich in die
                                                                       Gemeinschaftsgastronomie?» Er entschied sich für das
                                                                       zweite. Nach den Lern- und Wanderjahren blieb er fast
                                                                       sechs Jahre lang an derselben Stelle: als Küchenchef für
                                                                       die Gastronomie der Bank Vontobel in Zürich – ein ebenso
                                                                       grosser wie vielfältiger Betrieb.

                                                                       Frisch – saisional – regional
                                                                       Auch die Küche der Psychiatrie Baselland ist für Krais
                                                                       eine Herausforderung. Hier werden über den Tag verteilt
                                                                       rund 1000 Mahlzeiten produziert. Neben den «normalen»
                                                                       Mahlzeiten gibt es eine Diätküche, die gemäss ärztlichen
     Küchenchef Andreas Krais liebt kreatives Kochen und Anrichten.
                                                                       Anordnungen kocht. Krais will seine Erfahrungen aus der
                                                                       Spitzengastronomie einbringen: «Eine Minestrone kann
Andreas Krais hat bereits eine steile Karriere gemacht. Ge-            man fixfertig einkaufen oder aber – wie wir es tun – mit
boren wurde er in Wehr im Landkreis Waldshut und absol-                frischen Zutaten und gut abgeschmeckt zubereiten.» Krais
vierte im Restaurant «Fuchshöhle» in Bad Säckingen seine               kocht mit seiner 35-köpfigen Küchenbrigade möglichst
Lehre als Koch. «Ich lernte dort bei einem tollen Chef die             frisch, saisonal und regional. Natürlich gebe es in der Ge-
gutbürgerliche Küche kennen», erinnert er sich. Doch der               meinschaftsgastronomie Grenzen: «Die Lasagne machen
junge Berufsmann strebte nach Höherem. Das Fünfster-                   wir selber, 30 oder 40 Kilogramm Ravioli lassen sich hier
nehotel «Badrutt’s Palace» in St. Moritz war seine nächste             jedoch nicht in Handarbeit herstellen, da greifen wir auf
Wirkungsstätte.                                                        Convenience zurück.» Andreas Krais verspricht zudem, die
Aber eigentlich wollte er in einer Sterneküche arbeiten.               klassische Spitalküche mit neuen, leichten und kreativen
Peter Moser, Küchenchef des Restaurants «Les Quatre Sai-               Angeboten zu erweitern. ■
sons» (ein Michelinstern) im Hotel Europe in Basel stellte
ihn ein. Anschliessend arbeitete er im Drei-Michelinsterne- Martin Brodbeck, freier Mitarbeiter
hotel «Traube» in Tonbach (Hochschwarzwald).

Auf dem Weg zur Spitze
Ein weiterer Höhepunkt war seine Berufung ins Restaurant                 Personalfest mit königlichem Buffet
«Cheval Blanc». Im Spitzenrestaurant des Grandhotel «Les
                                                                         Die Mitarbeitenden der Psychiatrie Baselland treffen sich
Trois Rois» in Basel erlebte er die hektische Startphase und
                                                                         am Freitag, 1. September 2017 ab 18 Uhr im Haus B
den Aufbau zur Topadresse unter Küchenchef Peter Knogl                   in Liestal zum grossen Personalfest. Der neue Küchenchef
mit drei Michelin Sternen, bei dem er als Sous Chef arbei-               Andreas Krais und sein Team zaubern kulinarische
tete. «Mich reizte es damals, ebenfalls Küchenchef eines                 Köstlichkeiten am Laufmeter auf den Teller, angefangen mit
Spitzenrestaurants zu werden», erzählt Krais. Knogl bot                  einem Apéro riche der Extraklasse.
ihm den Chefposten im Restaurant Brasserie «Les Trois                    Die Gäste erwartet unter anderem ein Fischbuffet, eine
Rois» an – eine ganz feine Adresse.                                      grosse Auswahl Käse und eine Grillade vom Feinsten aus
Ein knappes Jahr war er dort Küchenchef. «Ein Küchen-                    dem In- und Ausland. Patissier-König Rolf Mürner kreiert
chef hat keinen 8,5-Stunden-Tag», betont Krais. «Ich arbei-              das Dessertbuffet, und zu fortgeschrittener Stunde ist eine
te gerne lange und hart.» Damals aber kam seine Tochter                  weitere warme Verpflegung angesagt. Ins Fest einstimmen
zur Welt. Krais wollte auch Vater sein und nahm sich eine                wird Kabarettist Dominik Muheim. Auf dem Programm
Auszeit. Danach arbeitete er als Küchenchef bei Gamma                    stehen zudem eine Disco mit DJ FIX und eine Bar.
Catering in Basel.                                                                                                                     3
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Zu Gast – Philipp Schoch und Elisabeth Augstburger

    Ein Leben für die Politik
                                                   Der abtretende Baselbieter Landratspräsident Philipp Schoch und seine
                                                   Amtsnachfolgerin Elisabeth Augstburger machen Politik aus Leidenschaft.
                                                   Sie erzählen über ihre Erfahrungen und Erwartungen.

       Elisabeth Augstburger und Philipp Schoch auf dem Balkon von Haus A der Psychiatrie Baselland in Liestal.

                        diagonal: Ihre einjährige Amtszeit als Landratspräsident                        Mit der EVP bekommt eine noch kleinere Partei als die
                        läuft Ende Juni ab. Wären Sie gerne noch geblieben?                             Grünen das Präsidium. Ist das eine Premiere für die EVP?
                        Philipp Schoch: Ja und nein. Das Amt ist sehr schön. Aber                       Nein, die EVP stellte 1938/39 mit Hans Tschopp meines
                        es braucht auch sehr viel Zeit. Es war nicht immer leicht,                      Wissens das erste und bisher einzige Mal den Land-
                        alle Termine als Repräsentant des Kantons und der Sit-                          ratspräsidenten. Er war übrigens der Grossvater von
                        zungen sowie meinen Beruf unter einen Hut zu bringen.                           Landrätin Regina Werthmüller (vormals Grüne, heute
                                                                                                        parteilos, Anm.d.R.).
                        Worauf mussten Sie verzichten?
                        Auf eigene persönliche Bedürfnisse. Zum Beispiel im
                        Wald biken – das lag nicht mehr drin.

                        Als Grüner gehören Sie einer kleinen Partei an. War das
                        ein Nachteil als Präsident?                                                       Philipp Schoch persönlich
                        Nein. Das Parlament ist sehr respektvoll mit mir umge-                            Philipp Schoch (1973) ist ledig und wohnt in Pratteln, wo er
                        gangen und hat mich als Präsident akzeptiert. Ich musste                          aufgewachsen ist. Nach einer Lehre als Möbelschreiner liess
                        aber streng sein, da immer wieder alle möglichen Ideen                            er sich zum Krankenpfleger AKP ausbilden, später folgte
                        an mich herangetragen wurden. Da muss man eine Linie                              eine Zusatzausbildung zum Notfallpflegefachmann. Heute
                        fahren, und das ist mir – glaub ich – gut gelungen.                               leitet er die Notfallstation des Kantonsspitals Baselland in
                                                                                                          Liestal. Von 1996 bis 2003 war Philipp Schoch als Vertreter
                        Muss der Landrat mit Ihnen auch mit einer strengen                                der Grünen Einwohnerrat in Pratteln, für den er 1992 erst-
                        Präsidentin rechnen?                                                              mals kandidierte, damals noch als Vertreter des Landesrings
                        Elisabeth Augstburger: Ich hatte mit Philipp Schoch einen                         der Unabhängigen. 1999 wurde er Mitglied der Grünen
                                                                                                          Baselland, 2002 bis 2012 war er deren Präsident. Seit 2003
                        guten Lehrer. Ich werde den Landrat wertschätzend
                                                                                                          ist er Mitglied des Landrates, den er 2016/2017 präsidierte.
                        und straff führen. Anständig und respektoll miteinander
                                                                                                          Er sitzt in der Umweltschutz- und Energiekommission,
                        umgehen – das ist für ein gut funktionierendes Parla-
4                       ment unerlässlich.
                                                                                                          deren Vorsitz er lange führte.
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Zu Gast – Philipp Schoch und Elisabeth Augstburger

Philipp Schoch wurde mit dem Spitzenresultat von 78
von 80 gültigen Stimmen zum Präsidenten gewählt. Wie          Elisabeth Augstburger persönlich
wird das Wahlresultat bei Ihnen aussehen?
                                                              Elisabeth Augstburger (1961) ist verheiratet, Mutter von
Zur Vizepräsidentin schaffte ich es mit 70 Stimmen.
                                                              zwei erwachsenen Töchtern und lebt in Liestal. Nach einer
Es würde mich freuen, wenn es fürs Präsidium fünf bis         Lehre zur Kauffrau folgten verschiedene Weiterbildungen,
zehn Stimmen mehr wären.                                      auch im Ausland. Sie arbeitete einige Zeit mit Kindern in
                                                              Guatemala und war in Liestal als Tagesmutter tätig. Beruf-
Und worauf freuen Sie sich am meisten als Landrats-
                                                              lich arbeitet sie im Auftrag der Stadt Liestal als Leiterin
präsidentin?
                                                              Deutschkurse für fremdsprachige Frauen und engagierte
Auf die vielen Begegnungen, die ich haben werde.              sich an einem Treffpunkt für Migrantinnen und ihre Kin-
Ich lerne Menschen kennen, denen ich sonst nie begeg-         der. Sie ist in zahlreichen gemeinnützigen Organisationen
net wäre.                                                     aktiv, teils in deren Vorstand oder Stiftungsrat, teils als
                                                              Präsidentin. Elisabeth Augstburger sass von 2001 bis 2015
Haben Sie denn die Zeit für dieses Amt angesichts Ihres       für die Evangelische Volkspartei im Einwohnerrat Liestal.
riesigen Engagements in Verbänden und Vereinen?               Seit 2003 ist sie im Landrat, den sie 2017/2018 präsidiert.
Ja, ich habe mich organisiert. Ich habe eine von zwei         Sie war bis 2015 in der Umwelt- und Energiekommission
Teilzeitstellen aufgegeben und bei jenen vier Vereinen,       und ist seither in der Petitionskommission. Auch ist sie
die ich präsidiere, werden die Vizepräsidenten etwas          in grenzüberschreitenden Gremien tätig (Oberrheinrat und
mehr leisten. Ausserdem sind meine Kinder erwachsen           Districtsrat). Im Districtsrat ist sie Präsidentin der Kommis-
und leben nicht mehr zuhause. Hätte ich noch kleine           sion «Gesundheit, Soziales und Forschung».
Kinder, wäre für mich das Landratspräsidium kaum in
Frage gekommen.

Welche persönlichen Lehren ziehen Sie aus dem Präsidium?
Philipp Schoch: Ich würde den einen oder anderen
Schwerpunkt anders setzen, zum Beispiel bei den vielen      ginnen und Kollegen einbeziehen, welche sich dafür
Einladungen, die ich erhalten habe. Ein Ratspäsident        engagieren werden.
aus einem Nachbarkanton besuchte in seinem Amtsjahr
40 Anlässe, bei mir sind es bald 120. Ich würde die Ver-    Grüne und EVP bilden im Landrat eine Fraktion. Wo liegen
anstaltungen heute etwas anders aussuchen.                  politische Gemeinsamkeiten der beiden Parteien?
                                                            In der Umwelt-, Sozial- und Migrationspolitik. Gerade
Ihre Nachfolgerin wäre sicher froh um konkrete Tipps.       bei meinen vielen Vorstössen der letzten 14 Jahre wurde
Ich möchte ihr empfehlen, streng zu sein mit dem Parla-     ich immer wieder von der Grünen Partei unterstützt.
ment und sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen,
wenn es mal turbulent wird. Es gibt Turbulenzen nicht       Philipp Schoch: Ich stand der Fraktionsgemeinschaft zuerst
nur an den Landratsssitzungen, sondern auch hinter          skeptisch gegenüber. Heute muss ich sagen: Es ist eine
den Kulissen.                                               super Zusammenarbeit. Es ist noch nie der Fall gewesen,
                                                            dass wir Grünen und die EVP völlig andere Wege gegan-
Und welche Einladungen sollte Elisabeth Augstburger         gen sind.
lieber nicht annehmen?
Das kann man nicht so pauschal sagen. Das wäre ja auch      Aber es gibt doch politische Unterschiede.
vermessen. Was interessant ist: Man lernt als Landrats-     Elisabeth Augstburger: Ja, die gibt es, zum Beispiel bei wert-
präsident unsere Region nochmals ganz neu kennen.           konservativen Themen, welche den Schutz des Lebens
Man ist eingeladen an Grossveranstaltungen der Messe        betreffen. Als EVP setzen wir uns für diese Werte ein.
Schweiz, bei multinationalen Unternehmen, in Ge-
sangsverbände, kleinste Kulturvereine und viele Organi-     Philipp Schoch: Bei nationalen Themen oder grundsätz-
sationen mehr. Ich war zum Beispiel erstmals in meinem      lichen Fragen gibt es sicher Differenzen. Aber bei
Leben am Banntag Liestal und war begeistert.                handfesten Geschäften in der Region sind wir einer
                                                            Meinung; zum Beispiel, ob es diese oder jene neue
Vom Landratspräsidenten wird in Sachgeschäften Neutra-      Strasse oder ein neues Schulhaus braucht oder wenn
lität erwartet. Ist das nicht manchmal sehr schwierig?      es um die Psychiatrie Baselland geht.
Manchmal schon. Offenbar – so wurde mir gesagt – habe
ich ab und zu die Augen gerollt bei Äusserungen im          Welche Geschäfte in der Gesundheitspolitik bewegen Sie?
Ratsplenum. Zum Beispiel bei Vorlagen oder Vorstössen       Es freut mich, dass die Volksinitiative zum Bruderholz-
zur Bildungs- oder Spitalpoltik. Da ist jeder im Landrat    Spital abgelehnt worden ist. Aber wir müssen noch viel
ein Experte; die Diskussionen waren teils schon sehr zäh.   tun für eine gute regionale Gesundheitsversorgung.
                                                            Dazu gehört die Fusion des Kantonsspitals Baselland mit
Elisabeth Augstburger: Politische Zurückhaltung gehört zu   dem Universitätsspital Basel. Es gibt noch viel Überka-
diesem Amt. Wenn ich ein Anliegen während meines            pazität und Konkurrenz-Situationen, die nicht nur zum
Präsidiumsjahres einbringen will, kann ich meine Kolle-     Besten sind für die Patienten und die Volkswirtschaft.             5
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Zu Gast – Philipp Schoch und Elisabeth Augstburger

                                                                              Welches politische Amt würde Sie noch reizen – National-
                                                                              oder Regierungsrat?

                                                                              Beide Ämter reizen mich. Ich könnte mir vorstellen, auf
                                                                              kantonaler Ebene weiter zu politisieren. Mein Rucksack
                                                                              ist gefüllt und ich bin bekannt.

                                                                              Elisabeth Augstburger: Ich politisiere gerne dort, wo ich
                                                                              lebe, also auf kommunaler und kantonaler Ebene. Ich
                                                                              kandidierte jedoch auch schon für den Nationalrat. Es ist
                                                                              für mich schon heute klar, dass ich nach meiner Zeit
                                                                              im Landrat weiter politisieren werde. Wie und wo, wird
                                                                              sich zeigen.

                                                                              Wir haben vereinbart, dass Sie sich zum Abschluss noch
                                                                              gegenseitig eine Frage stellen.

                                                                              Philipp Schoch: Wir kennen uns nun schon sehr lange und
                                                                              du bist immer gut drauf. Wie machst du das?

                                                                              Elisabeth Augstburger: Ich freue mich an vielem, auch an
                                                                              kleinen Dingen. Ausserdem starte ich den Tag jeweils
                                                                              mit etwas Musik und einem Gebet. Das gibt mir Kraft
                                                                              und hilft mir.

               Das Krankenversicherungsgesetzt fordert Wettberb in der        Du bist zwölf Jahre jünger als ich. Aber du weisst sehr
               Gesundheitsversorgung. Was sagen Sie dazu?                     viel, bist sehr kompetent und bist ein Führungstalent. Womit
                                                                              hat das zu tun?
               Elisabeth Augstburger: Ich sehe den Wettbewerb positiv, da
               er unternehmerischen Freiraum bietet. Aber Wettbewerb          Philipp Schoch: Ich bin das jüngste von drei Kindern.
               ist für die Spitäler auch sehr herausfordernd.                 Meine Geschwister sind sieben und zehn Jahre älter. Ich
                                                                              hatte sie immer gefragt, was sie machten, warum sie
               Philipp Schoch: Wettbewerb ist sicher gut, aber er bringt      das täten oder woher dies und das komme. Ich war
               Überkapazität. Das sieht man bei den somatischen Spitä-        immer neugierig und beobachtete alles genau. Ich lasse
               lern. Privatspitäler ziehen Patienten mit tiefen Risiken       mich auch nicht schnell aus der Ruhe bringen. Diese
               an und alle anderen überlassen sie den öffentlich-rechtli-     Eigenschaften halfen mir auch als Landratspräsident.
               chen Spitälern, was sich für diese betriebswirtschaftlich
               negativ auswirkt.                                              Elisabeth Augstburger: Noch ein Satz: Ich habe in diesem
                                                                              Jahr sehr gerne mit Philipp im Präsidium zusammen-
               Wie nehmen Sie in der politischen Landschaft des Basel-        gearbeitet. Wir haben uns so gut ergänzt und konnten
               biets die Psychiatrie Baselland wahr?                          uns immer aufeinander verlassen. ■
               Die Psychiatrie Baselland ist zum Glück nicht so stark
               im politischen Fokus wie die somatischen Spitäler. Das
               wäre nicht gut. Die Psychiatrie ist ein nochmals heikleres
               Gebiet in der Gesundheitsversorgung. Wer hier thera-
               piert und begleitet wird, braucht noch mehr Schutz als
               die anderen Patienten. Ich erlebe die Psychiatrie Basel-
               land als sehr stabile, gut geführte Institution, die sich
               weiterentwickeln muss. Das meine ich auch punkto ihrer
               Infrastruktur.

               Elisabeth Augstburger: Ich nehme die Psychiatrie Basel-
               land als sehr dynamisch und innovativ wahr. Der Betrieb
               ist stabil, die Mitarbeitenden machen einen engagierten
               und guten Job.

               Es ist also gerechtfertigt, das Eigenkapital der Psychiatrie
               Baselland zu erhöhen, wie es der Landrat beschlossen hat?
               Philipp Schoch: Absolut, die Psychiatrie Baselland hatte
               nach der Auslagerung aus der kantonalen Verwaltung
               zu wenig Eigenkapital, und das hat der Landrat jetzt ein
6              Stück weit korrigiert.
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Ausstellung in der Psychiatrie Baselland

Scherenschnitte
und
Steinskulpturen
«Schere Stein Papier» – So heisst der Titel der neuen
Kunstausstellung in der Psychiatrie Baselland. Die «Papier-
Künstlerin» Marianne Vogler aus Oberwil und die Stein-
bildhauerin Sabine Gysin aus Sissach präsentieren kunst-
volle Scherenschnitte und Flechtarbeiten, feingliedrige
Skulpturen und aussergewöhnliche Bilder. Die Ausstellung
ist bis 19. November 2017 täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet:
Psychiatrie Baselland, Haus B, Bienentalstrasse 7, Liestal. ■
                                                                                           Sabine Gysin (l.) und Marianne Vogler inmitten der Installation «Schiffe».

 Aggressionsmanagement

Gewalt und Aggression                                                               ereignissen. Die Trainerinnen und Trainer im Aggressions-
                                                                                    management sind über den Verein «Netzwerk Aggressions-

lässt sich vorbeugen
                                                                                    management im Gesundheits- und Sozialwesen (NAGS)»
                                                                                    national und über die Landesgrenzen hinweg vernetzt und
                                                                                    bilden sich regelmässig weiter.

                     Die pflegerischen und ärztlich-therapeutischen Mitarbei-       Gewalt und Aggressionen verhindern
                     tenden der Psychiatrie Baselland sind während ihrer Arbeit     Ein zentrales Anliegen des Aggressionsmanagements ist es,
                     immer wieder mit Aggressionen und Gewaltsituationen            Aggressionsereignisse und Folgen zu verhindern. Es geht
                     konfrontiert. Der professionelle Umgang mit diesen Phä-        darum, Menschen in Krisen- und Ausnahmesituationen
                     nomenen ist heute in den verschiedensten Bereichen des         professionell zu begleiten. Zwangsmassnahmen sollen –
                     Gesundheits- und Sozialwesens ein wichtiges Thema. In          wenn immer möglich – vermieden werden. Um das zu
                     der Psychiatrie Baselland gibt es seit 2003 ein Aggressions-   erreichen, müssen die Mitarbeitenden in hochangespann-
                     management, das Strategien zur Prävention und Deeska-          ten Situationen sicher agieren können. Dazu braucht es –
                     lation entwickelt hat.                                         abgesehen von geeigneten technischen und strukturellen
                                                                                    Rahmenbedingungen – die Fähigkeit, Konfliktsituationen
                     Gemeinsame Haltung und klares Vorgehen                         und Situationen mit aggressivem Verhalten korrekt einzu-
                     2002 haben zwei Pflegefachpersonen der Psychiatrie Basel-      schätzen, um entsprechend handeln zu können.
                     land den ersten Aggressionsmanagement-Trainerlehrgang          Die Mitarbeitenden der Psychiatrie Baselland verfügen
                     in der Schweiz besucht. Anschliessend wurden alle Teams        über eine hohe Kompetenz im Umgang mit Aggression
                     der Pflegeabteilungen in Aggressionsmanagement geschult.       und Gewalt. Aggressionsmanagement wird täglich in allen
                     Die Mitarbeitenden setzen sich im Rahmen von fünftägi-         Bereichen und in unzähligen präventiven Interaktionen
                     gen Basis- und regelmässigen Refresherkursen intensiv mit      gelebt. Sei es mit einer netten Geste beim Eintritt von Pati-
                     dem Thema auseinander. Dadurch konnte eine gemeinsa-           enten, mit Verständnis für die schwierige Lebenssituation,
                     me Grundhaltung und eine klare Vorgehensweise bei ag-          mit einem Sandwich bei nächtlichem Hunger oder einer
                     gressiven Ereignissen etabliert werden.                        Kontaktaufnahme mit einer wichtigen Bezugsperson. ■
                     In den jährlichen Basiskursen für neue Mitarbeitende geht
                     es vor allem um Prävention, Grundhaltung und Deeskala-         Christian Büchenbacher, Abteilungsleiter,
                     tion, Krisenbewältigung und koordiniertes Vorgehen mit         Trainer Aggressionsmanagement
                     der schmerzarmen Teamtechnik in Eskalationssituationen
                     sowie um Nachbetreuung und Nachsorge von Patientinnen          Franziska Ruch-Schriber, Berufsbildungsverantwortliche BBV,
                     und Patienten sowie der Mitarbeitenden nach Aggressions-       Trainerin Aggressionsmanagement Höfa 1                                              7
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Ex-Oberarzt Andreas Hess hat junge Flüchtlinge aufgenommen

                           Loretta Van Oordt, Andreas Hess (blaues Hemd, Brille) und Ruedi Tobler mit ihren drei jungen Gästen beim gemeinsamen Abendessen.

    «Eine sehr dankbare Aufgabe»
                                     Andreas Hess war Oberarzt in der Psychiatrie Baselland. Zusammen mit
                                     zwei Nachbarn hat er jugendliche Flüchtlinge aufgenommen. Er erzählt von seinen
                                     Erfahrungen und wie Integration durch Zusammenleben entsteht.

               Es war im Januar 2016. Wir sassen in Designer-Sofas in                    monatlich 340 Franken. Der Sozialdienst garantiert eine
               unseren warmen Räumen und sahen im Fernseher Flücht-                      Rücknahme der Flüchtlinge, falls der Mietvertrag gekün-
               linge unter freiem Himmel in eisiger Kälte übernachten.                   digt wird und sie bis dann keine eigene Wohnlösung ge-
               Familien mit alten Leuten und Kindern. Da beschlossen                     funden haben.
               wir zu handeln, anstatt uns weiterhin nur zu entsetzen.
               Meine Freunde Loretta und Ruedi und ich fassten den Ent-    Klare Regeln für das Zusammenleben
               schluss, Flüchtlinge in unseren Wohnungen aufzunehmen.      Bei der Auswahl unserer Gäste war uns wichtig, dass es
               Wir stellten einen Antrag an die Gesellschaft für das Gute  keine Belastung für die anderen Mieter im Haus gibt und
               und Gemeinnützige (GGG) Basel, die zwischen dem Sozial-     unser Zusammenleben funktionieren sollte. Wir deklarier-
               dienst und den Gastfamilien vermittelt. Im Mai 2016, kurz   ten daher von Anfang an unsere Ansprüche und setzten
               vor dem Ramadan, zogen dann Hamed, Jawid und Belal*,        klare Grenzen. Denn die Gastgeber können ihre Gäste
               alle drei aus Afghanistan, bei uns ein. Hamed und Jawid     weitgehend auslesen. Die GGG organisiert die Möglichkeit,
               waren damals noch UMAS (Unbegleitete Minderjährige          sich gegenseitig kennen zu lernen. Beide Seiten können
               Asylsuchende), Belal war bereits 26.                        überprüfen, ob sie zueinander passen und die gestellten
                                                                           Ansprüche respektiert werden. Für Fragen oder bei even-
               Gute Basler Organisation                                    tuellen Konflikten bietet die GGG mit Dolmetscher und
               Wenn Gastgeber sich zu diesem Schritt entscheiden, wer- Sozialberatung Unterstützung an.
               den ihnen in Basel alle bürokratischen Arbeiten abgenom-
               men. Die Gäste haben einen Hausarzt, alle Versicherun- Interkulturelle Unterschiede und Integration
               gen sind bereits abgeschlossen und es gibt einen beidseitig Unsere Aufgabe blieb es, mit den Neuankömmlingen das
8              kündbaren Mietvertrag. Pro Flüchtling erhält der Gastgeber Zusammenleben zu organisieren. Wir treffen uns jeden
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Ex-Oberarzt Andreas Hess hat junge Flüchtlinge aufgenommen

Mittwochabend zu einem gemeinsamen Nachtessen, das
abwechslungsweise von allen Beteiligten zubereitet wird.
Dazu laden wir Gäste ein, die mit den Afghani in Verbin-
dung stehen: unsere Freunde, ihre Lehrerinnen und Leh-
rer, ihre Sozialarbeiter, Dolmetscher und andere. Dadurch
entstehen neue, interessante Kontakte. Es wird viel gelacht,
Vertrauen entsteht. Und was die drei keinesfalls verpassen,
ist der Spielabend bei einer 82-jährigen Dame, die im Quar-
tier wohnt und für sie zu einer Art Oma geworden ist.
Hamed und Jawid sind bereits zur Schule gegangen, als           Von Träumen
wir sie aufgenommen haben. Sie sprachen damals schon
recht gut Deutsch; Belal konnte Englisch. Darum war eine
                                                                und Traumata
Verständigung mit ihnen ohne Dolmetscher möglich. Dies
vereinfachte es uns, bei interkulturellen Unterschieden,        Dr. med. Brigitte Contin, Direktorin Kinder- und Jugend-
die durchaus bereichernd sind, falls nötig eine Klärung zu      psychiatrie der Psychiatrie Baselland, zur psychiatrischen Be-
finden.                                                         treuung von unbegleiteten Flüchtlingskindern (UMA).

Sicherheit und Vertrauen                                        diagonal: Wie erlebt die Kinder- und Jugendpsychiatrie den
                                                                Umgang mit UMA?
Wir begleiten die Flüchtlinge auch zu ihren Interviews bei
den Migrationsbehörden. Dort wird entschieden, wer wie-         Brigitte Contin: Wir werden insbesondere bei schweren Fällen
der zurück geschickt wird, wobei die Wartezeiten belastend      und in Notfallsituationen einbezogen. Einige UMA, die im
sind. Ich war mit Hamed in Bern. Die fast achtstündige Be-      Baselbiet in spezielle Aufnahmezentren kommen, sind stark
fragung war für mich eine erste Erfahrung mit dem Stress,       belastet.
dem Flüchtlinge auch hier ausgesetzt sind.
Die Mehrheit der Flüchtlinge ist traumatisiert. Man weiss       Was erleben Sie und Ihre Mitarbeitenden?
heute, dass die Traumatisierung in drei Stufen abläuft.         Die Probleme sind vielschichtig. Viele der jungen Flüchtlinge
1. Stufe: Traumatisierungen im Heimatland vor der Flucht.       fühlen sich nicht wohl. Sie bekunden Mühe mit der neuen
2. Stufe: Traumatisierungen durch die Flucht. 3. Stufe: Ver-    Sprache, die Integration fällt ihnen schwer oder sie erkennen,
schärfung und Chronifizierung der Traumatisierungen im          dass ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Sie sind stark
Gastland mangels Sicherheit gebendem Schutz. Aufgrund           traumatisiert oder gar suizidgefährdet. In einer akuten Notfall-
unserer Erfahrung kann ich sagen, dass sich mit der Auf-        situation müssen wir manchmal vor Ort entscheiden, ob es
nahme in eine umsorgende Gastfamilie der Traumatisie-           eines stationären Aufenthalts in der Psychiatrie Baselland oder
rung in Stufe 3 entgegenwirken lässt.                           im Universitätskinderspital beider Basel bedarf.
Eine dauerhafte Traumatisierung kann das Gesundheits-
wesen mit mehreren 100 000 Franken belasten. Junge              Von wem wird die Kinder- und Jugendpsychiatrie
Menschen haben eine hohe Regenerationsfähigkeit. Ih-            aufgeboten?
nen Schutz zu geben, ist die beste Therapie, die wir leisten    Die Betreuer der UMA und der Asylbewerber sind sehr
können. Wenn sie sich erholen und integrieren können,           engagiert. Sie agieren sozusagen als Gatekeeper und beziehen
werden sie mittelfristig zu einem eigenständigen Mitglied       uns situativ mit unseren Diensten ein. Ebenfalls gerufen
der Gesellschaft, das arbeitet und AHV-Beiträge entrichtet.     werden wir von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde,
Wir können uns entscheiden, ob wir uns abschotten oder          Kinderärzten, Asylantenheimen oder vom Zentrum Erlenhof
uns für eine vernünftige, aktive Integration dieser Men-        in Arlesheim.
schen engagieren. Wir haben erfahren, dass dies eine sehr
dankbare Aufgabe und für beide Seiten eine bereichernde         Welche Probleme stellen sich der Kinder- und Jugend-
Situation ist. Unsere Gäste sind nun schon seit über einem      psychiatrie?
Jahr bei uns. Zwei von ihnen haben eine Aufenthaltsbe-          Vielfach ist die Sprache ein Problem und wir benötigen für
willigung erhalten, die dritte ist hängig. Bald wird es Zeit,   unsere Arbeit einen Dolmetscher, dessen Finanzierung mit dem
dass sie auf eigenen Füssen stehen – sie haben alle Voraus-     Kanton bis jetzt noch nicht geklärt werden konnte. Die
setzungen dazu bekommen und sind auf gutem Weg. ■ ■ ■           Situation der UMA ist sehr komplex – therapeutisch, juristisch,
 ■                                                              interkulturell und menschlich.
Dr. med. Andreas Hess
Ehemaliger Oberarzt der Psychiatrie Baselland                   Was wäre für UMA wichtig?
                                                                Viele UMA bräuchten jemanden, der ihnen Halt gibt. Sie
                                                                bräuchten einen sicheren Ort, um zur Ruhe zu kommen und
                                                                das Erlebte verarbeiten zu können. In einer Familie oder bei
                                                                Gasteltern können Kinder neue Wurzeln schlagen. Gleichzeitig
                                                                lernen sie vieles über das Leben und den Alltag im Gastland,
                                                                was ihre Integration vereinfacht.

* Namen geändert                                                                                                                   9
Diagonal - Psychiatrie Baselland
Genesungsbegleiter in der Psychiatrie Baselland

     Ehemals psychisch Kranke
     erzählen von ihren Erfahrungen
                                     Ein Film und eine Podiumsdiskussion haben gezeigt: Psychisch kranke
                                     Menschen finden in Genesungsbegleitern hilfreiche Ansprechpartner, die Ähnliches
                                     erlebt haben. Es gibt sie auch in der Psychiatrie Baselland.

                                                                                                               Diskutieren über die Erfahrungen
                                                                                                               psychisch belasteter Menschen
                                                                                                               im Alltag (v.l.): Elena Seidel, Niklas
                                                                                                               Baer, Hans Schmied, Andreas
                                                                                                               Ineichen, Chris Zeltner und Rachel
                                                                                                               Affolter.

                 Zahlreiche Gäste hat Elena Seidel, Direktorin Pflege der       Menschen, die ihre Krankheit bewältigt haben und ihre
                 Psychiatrie Baselland, zu einer Filmvorführung mit Po-         Erfahrungen aus der Betroffenen-Perspektive den Patien-
                 diumsdiskussion in der Psychiatrie Baselland begrüssen         ten weitergeben. Auch die Psychiatrie Baselland beschäftigt
                 dürfen. In ihrer Einführung erklärte sie, wie wichtig die      Genesungsbegleiter, auch Peers genannt. Gewisse Patien-
                 Pflegefachpersonen seien und welche Anforderungen an           tinnen und Patienten öffnen sich eher, wenn sie wissen,
                 sie gestellt würden. Kern einer professionellen Pflege sei     dass die Person gegenüber ähnliches durchmachen musste.
                 es, Patienten dabei zu unterstützen, wieder einen Sinn im      Die Genesungsbegleiter hätten für seine eigene Behand-
                 Leben zu sehen und ein Ziel zu haben, sowie dazu bei-          lung eine wichtige Rolle gespielt, sagte Hans Schmied, ei-
                 zutragen, dass sie sich in den schwierigsten Lebenslagen       ner der Darsteller im Film. Er habe lange keinen Ausweg
                 verstanden und als «normale» Menschen fühlen können.           gesehen. Aber dank des Peers sei es mit ihm wieder bergauf
                                                                                gegangen: «Der Genesungsbegleiter war für mich wie eine
                 Die Krankheit unter Kontrolle                                  ‹Rakete›. Er begegnete mir auf Augenhöhe.»
                 Die Psychiatrie Baselland zeigte aus Anlass des internati-     Für den Behandlungserfolg sei es zudem wichtig, dass die
                 onalen Tages der Pflege den Film «Gleich und anders –          Patienten eine klare Diagnose bekämen, sagte Dr. phil.
                 Wenn die Psyche uns fordert». Er erzählt die Geschichten       Niklas Baer, Leiter der Fachstelle Psychiatrische Rehabili-
                 von ehemals psychisch Kranken; 14 Menschen, 14 ver-            tation der Psychiatrie Baselland. Dadurch bekomme ihre
                 schiedene Leidensgeschichten. Der Streifen lockte rund 80      Erkrankung einen Namen.
                 Besucherinnen und Besucher in den Mehrzweckraum der
                                                                       Ein Leben mit Einschränkungen
                 Psychiatrie Baselland in Liestal. Darunter auch eine im Film
                 porträtierte Person.                                  Der Film macht deutlich, dass ein Leben mit psychischer
                                                                       Krankheit oft ein Leben mit Einschränkungen bedeutet.
                 Die Dokumentation zeigt, wie die Protagonisten durch ihre
                                                                       Vieles wird für die Betroffenen auch nach der Genesung
                 Krankheit beeinträchtigt sind; aber auch, wie sie es schaff-
                 ten, damit umzugehen. Alle berichteten unter anderem  nie mehr so, wie es war. Sie fühlen sich im Beruf «degra-
                 über ihre Beschäftigungssituation und ihre Erfahrungendiert» und sinnieren darüber, wie ein «gesundes Leben»
                 mit Ämtern und sozialen Beziehungen.                  sein könnte. Dabei tritt ein Dilemma zutage: Einerseits wol-
                                                                       len sie etwas leisten und dafür anerkannt werden. Auf der
                 Genesungsbegleiter in der Psychiatrie Baselland       anderen Seite empfinden sie die Einschränkungen, die sie
                 Nach dem Film setzte eine Podiumsdiskussion ein, die durch ihre Krankheit erlitten haben, punkto Verantwor-
                 zu einer regen Debatte anregte. Ein Thema waren die tung und Arbeitsdruck als erleichternd. Diese Einschrän-
10               Genesungsbegleiter. Das sind ehemals psychisch kranke kungen sind hilfreich, um stabil und gesund zu bleiben. ■
Psychiatrie und Kantonsspital Baselland

Marie-Theres Beeler neue
katholische Seelsorgerin
In einem würdevollen Gottesdienst ist Marie-Theres Beeler in der Kirche des
Kantonsspitals Baselland in Liestal ins Amt der katholischen Seelsorgerin der
Psychiatrie Baselland und des Kantonsspitals Baselland eingesetzt worden. Die
Regionalverantwortliche der Bistumsregion St. Urs für die Kantone Baselland,
Basel-Stadt und Aargau, Gabriele Tietze Roos, überreichte Marie-Theres Beeler
die bischöfliche Missio Canonica, das heisst den kirchlichen Seelsorgeauftrag.
Sie wünschte ihr den «Beistand des heiligen Geistes» und gab dem Seelsorge-
Team den Segen mit auf den Weg.
Ihre Kolleginnen und Kollegen nahmen Marie-Theres Beeler mit freundlichen
Worten und symbolischen Geschenken in ihrem Kreis auf. Zuvor sagte der
katholische Seelsorger Christoph Schneider: «Wir freuen uns sehr, dass du da
bist und viel Farbe in unser Team bringst.» Anwesend an der Amtseinsetzung
waren ebenfalls Landratspräsident Philipp Schoch, Hans-Peter Ulmann, CEO
der Psychiatrie Baselland, sowie die Amtsvorgängerin der neuen katholischen
Seelsorgerin, Elisabeth Hischier. ■
                                                                                       Marie-Theres Beeler bei ihrer Predigt in der Kirche des Kantonsspitals in Liestal.

 Zur Pensionierung von Louis Elmiger

                    Engagiert für psychisch
                    kranke Menschen
Nach 42 Jahren als Sozialarbeiter und Pflegefachmann in der
Psychiatrie Baselland ist Louis Elmiger per Ende April 2017 pensioniert
worden. Er war 27 Jahre lang Bereichsleiter Pflege.

Und schon ist es soweit, lieber Louis, du hast deinen wohl-   Zuletzt warst du Pflegerischer Leiter des Zentrums für Krisenintervention und
verdienten Ruhestand angetreten. Dabei bist du doch ge-       des Zentrums für Abhängigkeitserkrankungen. Lieber Louis, du hast einige Re-
rade erst zu deinem ersten Schultag in der Schule für psy-    organisationen und Neuausrichtungen unserer Institution durchlebt und dich
chiatrische Krankenpflege Laubiberg in Liestal angetreten,    in unzähligen Projekten engagiert. Dein Einsatz war leidenschaftlich. Angetrie-
am 5. Mai 1975. Es war nicht deine erste Ausbildung. An-      ben von deinen Überzeugungen hast du immer wieder Spielräume zwischen
gefangen hast du dein Berufsleben als Industrieschweisser.    den mitunter harten Realitäten und den von dir gewünschten Vorstellungen
Aber mit dem 5. Mai 1975 begann eine neue Zeit für dich.      gesucht und sichtbar gemacht; du hast unermüdlich kleine Inseln gesucht und
Ein langes Engagement für psychisch kranke Menschen,          damit vielen Menschen Hoffnung gemacht; du bist Mitarbeitenden in schwieri-
gemeinsam mit langjährigen Weggefährten in der Psychia-       gen Situationen beigestanden. Und du hast Grenzen abgeschritten und jenseits
trie Baselland, unter ihnen Heini Wernli, Katharina Hauri,    dieser Grenzen den Blick auf unsere Klinik geworfen; dabei hast du dich nie
Renatus Schaub, Jolanda Wenger, Michi Wagner, Regina          gescheut, mit deinen Positionen anzuecken.
Dubach, Pascal Gilleron, Hedy Villiger, Helga Hänggi, Paul    Ich und alle anderen, die nahe mit Dir haben zusammenarbeiten dürfen, konn-
Bächtold und vielen anderen.                                  ten erleben, wie die Psychiatrie Baselland und das Gesundheitswesen in den
Nach deinem erfolgreichen Ausbildungsabschluss hast du        letzten Jahren zu einer für dich manchmal fremden Welt geworden sind. Trotz-
ab Mai 1978 als diplomierter Psychiatriepfleger auf Akut-     dem hast du deine Verbundenheit, Loyalität und Nähe zu unserer Institution
und Rehabilitationsabteilungen gearbeitet. Dann, von 1986     immer gezeigt. Wir haben dich als kreativen und humorvollen Menschen erlebt,
bis 1989, als Suchtberater, nachdem du dich in sozialer Ar-   der sich spannende Gedanken zur Entwicklung unserer Klinik gemacht hat.
beit weitergebildt hattest. 1990 hast du die Funktion als     Lieber Louis, wir danken dir für alles von Herzen. ■
«Oberpfleger» angetreten, in der du bis zu deiner Pensio-     ■
nierung Ende April 2017 tätig gewesen bist – in der mitt-     Elena Seidel
lerweile neuen Funktionsbezeichnung «Zentrumsleiter».         Direktorin Pflege                                                                                     11
Fachfrau oder Fachmann Gesundheit – ein beliebter Beruf

                                                                     Franziska Ruch arbeitet im Team Bildung und
                                                                     Fachentwicklung und ist unter anderem als Berufs-
                                                                     bildungsverantwortliche zuständig für die Fach-
                                                                     frauen und Fachmänner Gesundheit sowie Assi-
                                                                     stentinnen Gesundheit und Soziales. Sie arbeitet im
                                                                     Jobsharing mit Sabrina Anceschi und Alexandra
                                                                     Bley (beide nicht auf dem Bild).

                                                                     Hunderte von
                                                                     Bewerbungen
                                                                                Die Psychiatrie Baselland bildet jedes Jahr ein
                                                                                Dutzend Fachfrauen und -männer Gesundheit sowie
                                                                                Assistenten Gesundheit und Soziales aus. Die
                                                                                Berufe sind beliebt. Dafür bewerben sich jährlich
                                                                                200 bis 300 Schulabsolventinnen und -absolventen.

                 Der nationale Versorgungsbericht für die Gesundheitsbe-        den Aufgaben gehören auch medizinal-technische Ver-
                 rufe 2016 bestätigt eine seit Jahren zu beobachtende Ent-      richtungen, administrative Arbeiten und ein intensiver
                 wicklung: Der Personalbedarf in den Pflege- und Betreu-        Austausch im Pflegeteam sowie mit Ärzten, Therapeuten,
                 ungsberufen steigt. In der Psychiatrie sind schweizweit bis    Sozialarbeitern und weiteren Fachkräften. Neben den fach-
                 2025 zusätzlich zehn Prozent Fachkräfte auf Sekundarstufe      lichen Fertigkeiten lernen die Auszubildenden auch eine
                 II nötig; vor allem Fachfrauen und -männer Gesundheit          gehörige Portion Sozial- und Selbstkompetenz. Im ersten
                 (FaGe) mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) und         und zweiten Lehrjahr besuchen sie zwei Tage, im dritten
                 Assistentinnen Gesundheit und Soziales (AGS) mit dem           Lehrjahr einen Tag pro Woche die Berufsschule Gesundheit
                 eidgenössischen Berufsattest (EBA).                            Baselland in Münchenstein. Hinzu kommen vier Wochen
                                                                                Praktikum im Kantonsspital Baselland.
                 Ein Dutzend Auszubildende pro Jahr
                 Wer sich in diesen Berufen ausbilden lässt, wird von den       Weiterführende Ausbildung gefördert
                 Arbeitgebern – bei Eignung – mit offenen Armen empfan-         Die Ausbildung zum Assistenten oder zur Assistentin Ge-
                 gen. Entsprechend sind diese Berufe sehr beliebt und die       sundheit und Soziales dauert zwei Jahre und kann den
                 Nachfrage nach Lehrstellen gross. «Wir kriegen jedes Jahr      Weg zu einer zweijährigen Anschlusslehre zur FaGe öffnen.
                 200 bis 300 Bewerbungen für diese Ausbildungen», sagt          Die Psychiatrie Baselland fördert die weiterführende Aus-
                 Franziska Ruch, eine von drei Berufsbildungsverantworli-       bildung zur diplomierten Pflegefachperson Höhere Fach-
                 chen der Psychiatrie Baselland für FaGe und AGS. Jährlich      schule (HF) oder Fachhochschule (FH). Auch bei diesem
                 bildet das Unternehmen etwa zehn Fachfrauen und -män-          Beruf ist der künftige Bedarf grösser als die Zahl der aktuell
                 ner Gesundheit EFZ und zwei Assistentinnen Gesundheit          ausgebildeten Anwärterinnen und Anwärter. FaGe haben
                 und Soziales EBA aus.                                          die Möglichkeit, die Diplomausbildung in zwei Jahren zu
                                                                                absolvieren.
                 Vielfältig und verantwortungsvoll                              Gesundheitsberufe seien ausgeprägte Frauenberufe, hält
                 Die FaGe-Ausbildung dauert drei Jahre. Die jungen Frauen       der nationale Versorgungsbericht fest. Das gilt auch für die
                 und Männer absolvieren die Lehre auf mehreren Stationen        Fachfrauen und Fachmänner Gesundheit und die Assis-
                 und werden von diplomierten Pflegefachpersonen oder            tentinnen Gesundheit und Soziales. Die männlichen Ab-
                 Fachfrauen und -männer Gesundheit betreut. Die Arbeit          solventen scheinen allerdings aufzuholen: «Wir hatten in
                 ist abwechslungsreich. Sie begleiten nicht nur Menschen        den letzten Jahren immer etwa ein Viertel Männer», sagt
12               aus unterschiedlichen Kulturen in psychischen Krisen. Zu       Franziska Ruch. ■
Fachangestellte Gesundheit im Gespräch

                    «Wir haben mehr Zeit
                    für die Patienten»
                                                           Benjamin Hasic (18) steht im ersten, Jil Soder (19) im dritten
                                                           Lehrjahr als Fachmann und Fachfrau Gesundheit in der Privatklinik
                                                           der Psychiatrie Baselland. Die Arbeit mit den Patientinnen und
                                                           Patienten gehört zu den wichtigsten Gründen ihrer Berufswahl.

diagonal: Was fasziniert Sie an Ihrer Ausbildung?          Haben Sie Mühe, am Feierabend abzuschalten?
Jil Soder (JSO): Mich faszinieren vor allem der häufige    JSO: Im Normallfall ist es für mich kein Problem. Jedoch
Kontakt mit unseren Patientinnen und Patienten, Ärz-       gelingt es mir in seltenen Fällen nicht. Wenn zum
tinnen und Ärzten und Psychologinnen und Psycholo-         Beispiel eine Patientin oder ein Patient Suizid begangen
gen, die vielen verschiedenen Krankheitsbilder der Pati-   hat. Da kommt man noch tagelang ins Grübeln.
enten sowie die Techniken der heutigen Medizin.
                                                           BHA: Nein, ich kann gut abschalten.
Benjamin Hasic (BHA): Bei mir ist es genauso. Ergänzend
dazu gefällt mir die abwechslungsreiche und vielsei-       Was tun Sie nach Abschluss der Ausbildung?
tige Arbeit in der Klinik. Dies macht unsere Ausbildung    JSO: Ich habe mich hier in der Privatklinik für eine
so lehrreich.                                              Festanstellung beworben und eine Zusage erhalten. Da-
                                                           rüber freue ich mich sehr.
Warum lernen Sie diesen Beruf ausgerechnet in der
Psychiatrie?                                               Sind Sie mit der Psychiatrie Baselland als Ausbildungs-
BHA: Nachdem ich in der Psychiatrie Baselland ge-          betrieb zufrieden?
schnuppert hatte, wusste ich, dass ich meine Lehre hier    JSO: Ja, man wird grosszügig unterstützt. Zudem bietet
machen will. Die Privatklinik ist überschaubar. Unsere     die Psychiatrie Baselland tolle Kurse und Weiterbildungs-
Patienten haben eine längere Aufenthaltsdauer als          möglichkeiten an.
solche in Spitälern. Dies ermöglicht uns, eine stabile
Bindung zu ihnen aufzubauen.                               BHA: Ja, sehr. Die Ausbildung fand ich bis jetzt sehr
                                                           interessant und lehrreich. ■
JSO: Im Gegensatz zu einem somatischen Spital haben
wir in der Psychiatrie Baselland mehr Zeit für unsere
Patienten. Dies macht die Arbeit viel interessanter und
wir können uns besser in den Patienten einfühlen. Das
stärkt wiederum das gegenseitige Vertrauen.

Wieviel Verantwortung tragen Sie?
JSO: Im Grunde tragen wir dieselbe Verantwortung wie
die anderen Mitarbeitenden auf der Abteilung. Doch
für Fehler können wir nicht haftbar gemacht werden, da
unsere Vorgesetzten für uns zuständig sind. Aber wenn
wir zum Beispiel die Schweige- oder Sorgfaltspflicht
nicht einhalten, dann haften wir.

Hat es schon unangenehme Situationen gegeben?
BHA: Bis jetzt hatte ich noch keine nennenswerten un-
angenehmen Situationen.

JSO: Ja, manchmal. Es gibt Patienten, die sich nicht mit
                                                                  Benjamin Hasic und Jil Soder – zwei Auszubildende
dem Personal anfreunden wollen. Doch auch dafür
                                                                  zum Fachmann und zur Fachfrau Gesundheit.
werden wir ausgebildet. Zudem lernt man mit der Zeit,
damit umzugehen.                                                                                                               13
Ambulatorium der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Laufen

                         Traumatherapie wird ausgebaut
     Zunehmend wird im Laufental nach psychiatrischer Betreuung von unbegleiteten
     minderjährigen Flüchtlingen nachgefragt. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie
     der Psychiatrie Baselland hat darum ihr Angebot an Traumatherapien ausgebaut.

                                                                                         Bei unseren Abklärungen und Therapien arbeiten wir mit
                                                                                         den ortsansässigen Pädiatern, schulpsychologischen Diens-
                                                                                         ten, Kindertherapeuten, Schulen, Familienberatungen und
                                                                                         anderen Institutionen gut zusammen. Hilfreich und nötig für
                                                                                         unser Engagement sind Kenntnisse über die Schulsysteme
                                                                                         Baselland und Solothurn sowie eine intensive Vernetzung.

                                                                                         Hilfe bei Zwangserkrankungen und Traumata
                                                                                         Bisher konnten wir neben den üblichen Behandlungen wie
                                                                                         Verhaltenstherapie oder systemische Therapie ein Angebot
                                                                                         für Kinder und Jugendliche mit Zwangserkrankungen auf-
                                                                                         bauen. Die zunehmende Nachfrage im Laufental für unbe-
                                                                                         gleitete minderjährige Flüchtlinge und Flüchtlingsfamilien
                                                                                         (UMA) führten zum Ausbau unseres Angebotes für Trau-
                                                                                         matherapie.

                                                                                           Ärztinnen und Psychologinnen
                                                                                           Wir sind im Ambulatorium Laufen ein Team von selbständig
                                                                                           arbeitenden Ärztinnen und Psychologinnen. Der Arbeitsort
                                                                                           Laufen bedeutet für die meisten nur einen Teil ihres Ar-
         Oberärztin Dr. Ruth Meier vor einer symbolträchtigen Weltkarte. Diese ist
                                                                                           beitspensums. Wir sind aber dennoch alle mit viel Einsatz
         wichtig in der Behandlung von Flüchtlingen und Einwandererkindern.                und Fantasie in Laufen im Einsatz: Aktuell besetzen wir 140
                                                                                           Stellenprozente mit Psychologinnen und 90 Stellenprozente
                                                                                           mit Ärztinnen. Da wir kein Sekretariat haben, sind wir oft
                                                                                           auch erste Ansprechpersonen für die Patienten und deren
                                                                                           Eltern und übernehmen auch viele organisatorische und
                             Das Ambulatorium der Kinder- und Jugendpsychiatrie Im
                                                                                           planerische Tätigkeiten, die sonst durch das Sekretariat er-
                             Grossen Grien 6, unweit des Bahnhofes Laufen, ist von
                                                                                           ledigt würden. ■
                             Dr. med. Brigitte Contin aufgebaut worden, der heutigen
                             Direktorin Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dieses Angebot
                                                                                           Dr. med. Ruth Meier
                             gibt es schon seit mehr als 20 Jahren und es hat sich bestens
                                                                                           Oberärztin Kinder- und Jugendpsychiatrie
                             bewährt. In den Anfängen des Ambulatoriums gab es vier-
                             zehntägliche Nachmittags-Konsultationen, damals im Heil-
                             pädagogischen Ambulatorium. Mit der Zeit wurden die Be-
                             handlungen auf einen ganzen Tag erweitert, bis schliesslich     Anmeldung und Öffnungszeiten
                             mit Hilfe von Psychologinnen der eigentliche Dienst etabliert
                                                                                             Das Ambulatorium Laufen der Kinder- und Jugend-
                             und zu einem täglichen Angebot ausgebaut werden konnte.
                                                                                             psychiatrie ist am Montag, Dienstag, Donnerstag und Frei-
                                                                                             tag jeweils von 8 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 17.30 Uhr
                             Niederschwellig und nahe am Patienten                           geöffnet, am Mittwoch von 13.30 bis 17.00 Uhr. Es ist
                             Die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Laufen sichert ortsnah     während den Bürozeiten über das Sekretariat der Kinder-
                             und niederschwellig die psychiatrische und psychothera-         und Jugendpsychiatrie auf dem Bruderholz telefonisch
                             peutische Versorgung für die jüngere Bevölkerung des Lau-       erreichbar: 061 553 59 50. Die Anmeldungen laufen über
                             fentals und Teilen des solothurnischen Bezirks Thierstein.      das Sekretariat Bruderholz. Es gibt die Möglichkeit einer
                             Wir bieten Abklärungen bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/         Voranmeldung für Schulen, Fachstellen, Kinderärzte und
                             Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Autismus und anderen             andere. Aus patientenrechtlichen Gründen müssen die
                             Problemen, Gesprächs- und Spieltherapien, Elternberatung,       Anmeldungen (ausser im Notfall) von den Patienten oder
                             Familientherapien und -begleitungen, Kriseninterventionen       deren Eltern bestätigt werden.
14                           und Begutachtungen.
Körperbezogene Therapien in der Privatklinik

Der Weg über den
Körper zur Psyche
                   Körperbezogene Therapien der Privatklinik der Psychiatrie
                   Baselland nutzen erfahrungsorientiert die Körper-
                   wahrnehmung und verbinden diese mit dem psychischen
                   Erleben. Diesem therapeutischen Verständnis liegt
                   zugrunde, dass psychisches Befinden und körperliches
                   Erleben untrennbar miteinander verbunden sind.

Oft machen wir die Erfahrung, dass sich das psychische
Leiden unserer Patientinnen und Patienten auch auf kör-
perlicher Ebene ausdrückt; etwa in Form von Zittern,
Herzrasen, Schweissausbruch und Atemnot beim Auftre-
ten einer Panikattacke. Neben den psychotherapeutischen
Einzel- und Gruppengesprächen bieten wir den Patienten                                             Spezialistinnen für körperbezogene Therapien:
auch körperbezogene Therapien an wie beispielsweise die                                            Zagorka Pavles (l.) und Larissa Geissberger.
Konzentrative Bewegungstherapie.

Körper weist auf inneres Erleben hin                         Psychosomatik-Kurs
In den Angeboten körperbezogener Therapien werden
                                                             Larissa Geissberger und Zagorka Pavles bieten am 1. und
mithilfe der konzentrativen Ausrichtung auf Atmung, Hal-
                                                             2. September sowie am 1. und 2. Dezember 2017 in
tung, Bewegung oder bestimmte Körperregionen konkrete        der Psychiatrie Baselland in Liestal eine Fortbildung zum
Bezüge zum körperlichen Erleben geschaffen. Durch dieses     Thema «Psychisches Leiden und körperliches Befinden»
methodische Vorgehen versuchen die Therapeutinnen und        an. Der Kurs wird unterstützt von Prof. Dr. med. Joachim
Therapeuten, über den körperlichen Ausdruck der Symp-        Küchenhoff, Direktor Erwachsenenpsychiatrie.
tomatik einen Zugang zum inneren Erleben des Patienten       Mehr Infos unter www.pbl.ch/kurse.
herzustellen. Dabei wird angenommen, dass sich im Um-
gang mit dem eigenen Körper, zum Beispiel im Bewegungs-
verhalten oder bei der Wahrnehmung des Körpers, die ei-    sie im Leben so «zurückschrecken» lässt und wie sie sich
genen Verhaltensmuster und das Selbstbild widerspiegeln.   mit therapeutischer Unterstützung mehr «nach vorne wa-
Die körperbezogenen Therapien ermöglichen es, das Zu-      gen dürfte» (in den Aktionsbereich).
sammenspiel von Körpererleben und psychischem Befin-
den wahrzunehmen und zu reflektieren. Dadurch kann         Entspannung und Sport gegen Angstzustände
die Verbindung wiederhergestellt werden, die im Zuge der   Das Lernen von Entspannungsverfahren (progressive Mus-
Erkrankung verloren gegangen ist. Die dabei entstandenen   kelentspannung) und die Teilnahme am Sportprogramm
Erfahrungen können wiederum im psychotherapeutischen       förderten darüber hinaus das Selbstwirksamkeitserleben
Gespräch aufgegriffen und mit der aktuellen Problematik    der Patientin. Sie gaben ihr die notwendigen Hilfsmittel an
oder der Lebensgeschichte in Bezug gesetzt werden.         die Hand, um auch zukünftig mit Angst und Anspannungs-
                                                           zuständen umgehen zu können.
Erster Zugang über den Körper                              Durch den Einsatz der körperbezogenen Angebote – Kon-
Ein Beispiel aus der Praxis: Frau B. wurde uns aufgrund    zentrative Bewegungstherapie, Körperwahrnehmungs-
einer Depression und einer ausgeprägten Angstsymptoma-     gruppe, Tanzgruppe, Progressive Muskelentspannung und
tik zugewiesen. Mit Hilfe der körperbezogenen Therapie     Sporttherapie – war es möglich, die Verbindung zwischen
konnten wir einen ersten Zugang zum Erleben der Patien-    dem psychischen Zustand von Frau B. und der körperli-
tin schaffen, was im psychotherapeutischen Gespräch noch   chen Symptomatik herzustellen und diese in den therapeu-
nicht möglich war. Frau B. begann zuerst im Einzelsetting, tischen Gesprächen mit der Patientin bewusst zu machen.
später in der Körperwahrnehmungsgruppe und der Kon-        ■
zentrativen Bewegungstherapie, sich der eigenen, nach
hinten geneigten Körperhaltung (im Nichtaktionsbereich) Larissa Geissberger, Psychologin
bewusst zu werden. Gleichzeitig konnte sie verstehen, was Zagorka Pavles, Physiotherapeutin FH                                                     15
Job-Coaching der Psychiatrie Baselland

                       Ursula Rück an ihrem Arbeitsplatz im Zentrum Ergolz in Ormalingen. Links Job-Coach Rosmarie
                       Gschmaiss von der Psychiatrie Baselland, rechts Zentrums-Geschäftsführer Raymond Caduff.

     Zurück in der Arbeitswelt
                                                                 Trotz psychischer Beeinträchtigungen hat es Ursula Rück
                                                                 zurück in die Arbeitswelt geschafft. Das Job-Coaching
                                                                 der Psychiatrie Baselland hat ihr dabei geholfen. Was es auch
                                                                 braucht, sind engagierte Arbeitgeber.

                 Ursula Rück ist eine humorvolle Frau. Immer wieder muss                   Ursula Rück mit dem Job-Coaching der Psychiatrie Basel-
                 die 50-jährige gelernte Kauffrau und Pflegefachperson mit                 land in Kontakt. «Seit das Job-Coaching und das RAV im
                 höherem Abschluss während des Gespräches lachen. Nie-                     gleichen Gebäude im Schildareal in Liestal untergebracht
                 mand käme auf die Idee, dass die aufgestellte Baselbieterin               sind, arbeiten wir vermehrt zusammen», sagt Job-Coach
                 eine schwierige Zeit durchlebt hat. Viele Jahre arbeitete                 Rosmarie Gschmaiss von der Psychiatrie Baselland.
                 sie am Universitätsspital Basel als Pflegefachfrau, bis sich              Von nun an sah Ursula Rück wieder hoffnungsvoller in die
                 bei ihr irgendwann körperliche und psychische Probleme                    Zukunft, die bisher erfolglose Stellensuche hatte sie sehr
                 verstärkt bemerkbar machten, die sie schliesslich zu einer                belastet und verunsichert. «Das Job-Coaching half mir,
                 beruflichen Pause zwangen.                                                Druck wegzunehmen, und vermittelte mir ein gutes Ge-
                                                                                           fühl, dass ich wieder eine Stelle finde.»
                 Umschulung zur Kauffrau
                 Mit Hilfe der IV konnte sich Ursula Rück zur Kauffrau um-                 Dank Hartnäckigkeit zum Erfolg
                 schulen lassen und in der Praxisfirma Viva in Füllinsdorf                 Sie komplettierte mit Unterstützung von Rosmarie
                 erste kaufmännische Berufserfahrung sammeln. Ziel dieses                  Gschmaiss ihr Bewerbungsdossier und entwickelte eine
                 Unternehmens ist laut Homepage die «dauerhafte berufli-                   Bewerbungsstrategie. Ein Schnuppertag im Marketing der
                 che Wiedereingliederung, welche durch professionelle Be-                  Klinik Schützen in Rheinfelden erwies sich zwar als wenig
                 gleitung während des Einsatzes angestrebt wird». Über das                 erfolgreich, lieferte für das Profiling jedoch wichtige Hin-
16               Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Liestal kam                    weise. «Wir analysierten die Situation und blieben mit der
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