Bern wächst in Bern - ETH Zürich
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Bern wächst in Bern MAS-Programm in Raumplanung 2015/17 Studienprojekt 1: Wohnstadt Bern? Perspektiven für die Raument- wicklung in der Hauptstadtregion Schweiz Schlussbericht Autoren: David Beerli, Geograph Philipp Bergamelli, Architekt Rolf Sonderegger, Geograph Helge Wiedemeyer, Landschaftsarchitekt Alexander Zenk, Jurist Betreuer: Roland Tremp, Coach Juli 2016 Netzwerk Stadt und Landschaft NSL
Danksagung An dieser Stelle möchten wir Prof. Dr. Bernd Scholl, Roland Tremp und Dr. Anita Grams danken, die diese Arbeit begleitet und wichtige Inputs gegeben haben. 2
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ______________________________________________________________ 4 Kurzfassung ______________________________________________________________________ 5 1 Ausgangslage ________________________________________________________________ 7 2 Übersicht ____________________________________________________________________ 7 2.1 Lagebeurteilung ______________________________________________________________ 7 2.2 Potenziale _________________________________________________________________ 10 2.3 Konzentrationsentscheid ______________________________________________________ 11 3 Konzept ____________________________________________________________________ 12 4 Massnahmen ________________________________________________________________ 13 4.1 Grün- und Freiräume _________________________________________________________ 14 4.2 Städtebauliche Vorstellungen __________________________________________________ 15 4.3 Verkehrsinfrastruktur _________________________________________________________ 17 4.4 Zwischenfazit Massnahmen ____________________________________________________ 19 5 Organisationsstruktur ________________________________________________________ 20 6 Finanzierung ________________________________________________________________ 20 6.1 Bereits eingeplante Finanzierungen ______________________________________________ 20 6.2 Zusätzliche Ausgaben zur Konzeptumsetzung _____________________________________ 21 7 Antrag an den Gemeinderat ____________________________________________________ 22 7.1 Antrag zur Bildung eines Begleitgremiums ________________________________________ 22 Anhang ________________________________________________________________________ 24 Nicht weiterverfolgte Ansätze _______________________________________________________ 24 Ausgabenzusammenstellung IAFP 2016 und Velo-Offensive _______________________________ 25 Steckbriefe ______________________________________________________________________ 26 Literatur ________________________________________________________________________ 40 Weiterführende Dokumente _________________________________________________________ 42 3
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Lagebeurteilung Stadt Bern ___________________________________________________ 8 Abb. 2: Konzentrationsentscheid Bern West ____________________________________________ 11 Abb. 3: Grün- und Freiräume ________________________________________________________ 15 Abb. 4: Städtebauliche Vorstellungen _________________________________________________ 16 Abb. 5: Städtebau und Wachstum ____________________________________________________ 17 Abb. 6: Verkehr __________________________________________________________________ 19 Abb. 7: Akteure im Gebiet Ausserholligen / Weyermanshaus _______________________________ 22 Abb. 8: Vorschlag Mitwirkungsprozess ________________________________________________ 23 4
Kurzfassung MAS-Programm in Raumplanung ETH Zürich 2015/17 Studienprojekt 1: Wohnstadt Bern? Perspektiven für die Raumentwicklung in der Hauptstadtregion Schweiz Gruppe 3 David Beerli, Geograph Philipp Bergamelli, Architekt Rolf Sonderegger, Geograph Helge Wiedemeyer, Landschaftsarchitekt Alexander Zenk, Jurist Bern wächst in Bern Das Ziel des Studienprojekts ist es, Perspektiven für die Raumentwicklung in der Hauptstadtregion der Schweiz aufzuzeigen. Insbesondere soll Wohnraum für die wachsende Stadtbevölkerung geschaffen werden. In einem ersten Schritt haben wir die für Bern wesentlichen Faktoren (Wirtschaft, Wohnen, Verwal- tung, Erholung, Verkehr, Ver- und Entsorgung etc.) untersucht. In dieser Lagebeurteilung hat sich gezeigt, dass Bern von Brücken und Barrieren geprägt wird. Diese stellen einerseits Chancen, ande- rerseits auch Risiken für Bern dar. Wir sind der Meinung, dass eine Entwicklung innerhalb der politi- schen Grenze und des Siedlungskörpers der Stadt Bern möglich ist: Bern wächst in Bern. Im Rahmen des Konzentrationsentscheides hat sich für uns gezeigt, dass das grösste Potenzial für Entwicklungen im Gebiet Ausserholligen und Weyermannshaus vorhanden ist: Aufgrund der grossen und schlecht genutzten Flächen besteht in diesem Gebiet ein grosses Entwicklungspotenzial, die Flä- chen sind in der Hand weniger Eigentümer und mit dem Weyermannshaus-Bad und der Nähe zum Wald bestehen grosse Grün- und Erholungsräume. Unser Konzept soll Prozesse auslösen, Nutzung steuern, Räume vernetzen. Ausgangspunkt der zukünftigen Entwicklung soll das Freibad sein, welches zu einem Landschafts- und Erholungspark geöffnet wird. Durch diese Investition sollen Prozesse ausgelöst werden, welche das Gebiet erheblich aufwerten und auch auf die benachbarten Quartiere durchschlagen. Es soll ein Anreiz geschaffen werden, in diesem Gebiet zu investieren. Gleichzeitig sind die Nutzungen in den betroffenen Quartieren gezielt zu steuern. So kann das Wohnen gefördert und vermehrt eine Durch- mischung von Wohnen und Arbeiten angestrebt werden. Schlussendlich wollen wir die Langsam- und Öffentliche Verkehrs-Verbindungen besser vernetzen. So sollen z.B. durchgängige LV-Verbindungen im Gebiet geschaffen werden, die die verschiedenen Haltestellen und die angrenzenden Stadtquartie- re miteinander vernetzen. Zur Umsetzung unseres Konzepts stellen wir dem Gemeinderat folgenden Antrag: 1. Der Gemeinderat nimmt das Konzept „Bern wächst in Bern“ zur Kenntnis und nimmt es zum An- lass, die Entwicklung im Gebiet Ausserholligen / Weyermannshaus voranzutreiben. 2. Der Gemeinderat stellt für die erste Planungsphase 140‘000 CHF zur Verfügung. 3. Der Gemeinderat beauftragt das Stadtplanungsamt, ein Begleitgremium zur Erarbeitung eines Nutzungskonzepts für das Gebiet Ausserholligen / Weyermannshaus zu bilden. 4. Im Rahmen der Erarbeitung des Nutzungskonzeptes ist insbesondere die Öffnung des Weyer- mannshaus-Bads zu einem Park zu prüfen. Schlagworte Bern;; Innenentwicklung;; Nutzungssteuerung;; Prozessauslösung;; Räumevernetzung;; Freiräume 5
Zitierungsvorschlag Beerli David, Bergamelli Philipp, Sonderegger Rolf, Wiedemeyer Helge, Zenk Alexander (2016): Bern wächst in Bern. Studienprojekt 1 MAS Raumplanung 2015/17, ETH Zürich, Zürich. Zürich, im Juli 2016 6
1 Ausgangslage Für das Studienprojekt 1 im Rahmen des MAS-Programms Raumplanung an der ETH Zürich soll für die Stadt Bern eine langfristige Raumentwicklungsstrategie von mindestens 30 Jahren erarbeitet wer- den, bei der das Thema „Wohnstadt Bern“ einen besonderen Stellenwert einnimmt. Mit dem vorlie- genden Schlussbericht wird das Arbeitsergebnis von Gruppe 3 zusammengefasst und dokumentiert. Im Zeitraum von 2000 bis 2014 ist die Bevölkerungszahl in Bern auf ca. 140'000 Einwohner angestie- gen. Verschiedene Prognosen verdeutlichen, dass sich dieser Trend auch weiterhin fortsetzen wird 1 (ca. 10% bis 2025 laut STATISTIK BERN bzw. ca. 12% im urbanen Kerngebiet bis 2030 laut RGSK 2015), was bis 2045 eine weitere Bevölkerungszunahme von ca. 50'000 Personen im urbanen Kern- gebiet bedeuten würde. Zudem herrscht in der Stadt Bern ein deutlicher Überhang an Beschäftigten zu Einwohnern (ca. 25%, STATISTIK BERN, RGSK 2015). Da ein Grossteil der Arbeitsplätze davon in den öffentlichen Verwal- tungen angesiedelt ist (ca. 37%, STATISTIK BERN), fehlt das Steueraufkommen durch juristische Personen. Erklärtes Ziel der Stadt Bern ist daher, diesen Überhang an Beschäftigten abzubauen und prioritär die Siedlungsentwicklung in Richtung „Wohnen“ zu lenken. Anhand relevanter Schüsselthemen wird im Folgenden untersucht, welche räumlichen Entwicklungs- fragen sich in Bern stellen und welche raumbedeutsamen Potenziale bestehen (Lagebeurteilung). Darauf aufbauend wird ein räumlicher Konzentrationsentscheid für einen konkreten Ort getroffen, für den weitergehend ein Entwicklungskonzept mit Handlungsstrategien entwickelt wird, das unterschied- liche Zeiträume berücksichtigt und für ähnliche Räume in der Stadt Bern adaptiert werden kann. Stadtgeschichtlich ist das Wachstum der Stadt Bern und die Bevölkerungsentwicklung eng mit dem Bau von Brücken verbunden, welche die Aare queren. Später entwickelte sich die Stadt entlang von Verkehrsachsen, wie Eisenbahnlinien und Nationalstrassen. Die politischen Grenzen zu den umlie- genden Gemeinden, die übergeordneten Verkehrsinfrastrukturen und die grossen Landschaftsräume sind sowohl als Brücken als auch als Barrieren für die Stadtentwicklung identifiziert worden (siehe dazu Abb. 1). 2 Übersicht 2.1 Lagebeurteilung Siedlungsinnenentwicklung Eine erste Schätzung der bereits projektierten Wohnbauprojekte in der Stadt Bern zeigt ein Potenzial für 5'000 bis 11'000 zusätzliche Einwohner. Zudem wird heute in den Bauzonen innerhalb der Sied- lungsfläche eine planungsrechtlich bebaubare Fläche von ca. 1’200 ha ausgewiesen. Unsere Ab- schätzung ergab ein weiteres Potenzial von 2’000 bis 4’000 Einwohnern auf 45 ha unbebauter Fläche und 4’000 bis 6’000 Einwohnern auf 40 ha teilweise bebauter Fläche. Als Ausnützungsreferenz haben wir das Entwicklungsgebiet Brünnen hinzugezogen. Somit ergibt sich aktuell ein Gesamtpotenzial in der Stadt Bern für zusätzliche 11’000 bis 21’000 Ein- wohner. Weitere Reserven werden im Bestand (Umnutzungen, Aufzonungen) sowie in den Zonen für öffentliche Nutzungen vermutet. Diese Erkenntnisse zeigen, dass die geforderte Siedlungsentwicklung sehr wohl innerhalb des städtischen Siedlungsgebiets erfolgen kann, unabhängig von wachsenden oder sinkenden Bevölkerungszahlen. Das heisst: Bern wächst in Bern! 1 Laut RKBM umfasst das urbane Kerngebiet der Agglomeration Bern folgende Gemeinden: Stadt Bern, Köniz, Muri, Ostermundigen, Ittigen, Zollikofen. 7
Landschaft Die relative Nähe zu den Alpen und die unmittelbare Nachbarschaft und Erreichbarkeit von Naherho- lungs-, Kultur- und Naturlandschaften sind bedeutende Faktoren für die Lebensqualität in der Stadt Bern. Dazu gehören auch die grossen Waldflächen Bremgartenwald und Könizbergwald. In Richtung Nord/Nordwest wird das Gemeindegebiet neben dem Bremgartenwald, vom Aarelauf und ländlich geprägte Dorfstrukturen abgegrenzt. In Richtung West/Südwest grenzt der Siedlungskörper an aus- gedehnte Landwirtschaftsflächen mit einzelnen Dorfstrukturen wie auch im Norden/Nordwesten. In Richtung Nordost bis Süd befinden sich wichtige Nachbargemeinden, welche Teil des urbanen Kern- gebiets sind. Abb. 1: Lagebeurteilung Stadt Bern VECTORWORKS EDUCATIONAL VERSION LEGENDE Stadtquartiere VI Zollikofen Bremgarten b. Bern Interaktion innerhalb Stadtquartiere Ittigen umgebende Gemeinden Ittigen der Kernagglomeration Kulturland Interaktion Kernstadt umgebende Gemeinden Autobahn ESP Eisenbahn Wald Gemeindegrenze V II Ostermundigen ESP ESP I VI III Kulturland IV Wald Muri N Köniz VECTORWORKS EDUCATIONAL VERSION Datenquelle: RGSK 2015, Eigene Darstellung Technische Infrastruktur Mit der geplanten Erweiterung der ARA Bern wird dem zu erwartenden Bevölkerungswachstum vor- gesorgt und bestehende Kapazitätsengpässe beseitigt (UFERSCHUTZPLAN ABSCHNITT NEU- BRÜCK 2014;; MASTERPLAN ARA BERN 2013). Beim Abwassersystem der Stadt Bern sind somit zukünftig keine grösseren Kapazitätsengpässe zu erwarten. Zusätzliches Potenzial könnte sich durch den zukünftigen Ausbau des Trennsystems ergeben (ARABERN.CH). Im Bereich der Trinkwasserversorgung sind keine Kapazitätsengpässe vorhanden, auch bei einer Bevölkerungszunahme ist die Versorgung gewährleistet - gemäss mündlicher Auskunft durch Herrn Burkhalter vom WVRB AG. Die Energiepolitik der Stadt Bern ist auf die Sicherstellung der Energieversorgung mit Strom und Wärme ausgerichtet (RICHTPLAN ENERGIE 2035;; ENERGIE- UND KLIMASTRATEGIE 2025). Dabei stehen die Verlagerung auf erneuerbare Energieträger, der Ausstieg aus der Kernenergie, der Ausbau des Minergiestandards, ein nachhaltiges Immobilienmanagement für stadteigene Bauten und die Pro- 8
duktion eines Drittels des städtischen Strombedarfs auf Gemeindegebiet im Zentrum des Energie- Engagements. Motorisierter Individualverkehr (MIV) Das Stadtbild Berns ist an seinen westlichen, nördlichen und östlichen Rändern durch die Infrastruk- turbauten von drei Nationalstrassen geprägt. Die Zunahme des MIV auf dem Autobahnnetz stagniert auf hohem Niveau und führt zu Spitzenzeiten zu einer temporären Überlastung (STEK 2015). Dies betrifft vor allem den Pendlerverkehr zwischen Stadt und den umliegenden Gemeinden, der drei Vier- tel des gesamten Verkehrs ausmacht. Das ASTRA rechnet bis 2030 mit einer weiteren Verkehrszu- nahme um 20%. Auf dem innerstädtischen Strassennetz hingegen ist die Verkehrsbelastung rückläu- fig: Massnahmen zur Reduktion des innerstädtischen Verkehrs aus dem STEK 95 scheinen zu greifen (STEK 2015). Schienenverkehr Der Hauptbahnhof Bern ist der zweitgrösste Bahnhof der Schweiz und ist auf nationaler wie regionaler Ebene ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Von hier erschliesst die S-Bahn, welche von der BLS und der RBS betrieben wird, die Hauptstadtregion im 15-Minuten-Takt. SBB- und RBS-Bahnhof Bern sind bereits heute sehr stark ausgelastet (260'000 Fahrgäste/Tag). Der Abschnitt Bern-Wankdorf in Rich- tung Osten verzeichnet die höchste Nachfrage (175’000 Fahrgäste/Tag), während der westliche Bahnzulauf über Ausserholligen weniger aufweist (70'000 Fahrgäste/Tag). Die Wachstumsprognosen bis 2030 erwarten eine Gesamtzunahme von ca. 53% im öffentlichen Verkehr (GESAMTVER- KEHRSMODELL 2015). Öffentlicher Verkehr (Tram, Bus) Der Blick auf die Statistik zum Modalsplit des Verkehrs zeigt, dass Bern bereits heute eine Stadt des öffentlichen Verkehrs ist. Rund 53% der Haushalte sind autofrei. In Bern sichern 5 Tramlinien und ein Netz aus Bus- und Trolleybuslinien von Bernmobil den öffentlichen Verkehr (ÖV) innerhalb der Stadt und in die angrenzenden Vorortgemeinden. Das Liniennetz ist ausgehend vom Hauptbahnhof meist radial aufgebaut. Postautos und weitere Busse der RBS sichern die öffentlichen Verkehrsanbindungen in die Agglomeration. Im ÖV-Netz in Bern wie auch auf den Zufahrtsachsen ist eine sehr hohe und weiterhin zunehmende Nachfrage festzustellen. Für die effizientere Abwicklung des Passagieraufkommens ist die Umstellung von Bus- auf Tramlinien zu prüfen (Projekt Tram Region Bern). Um das Zentrum rund um den HB Bern zu entlasten und Fahrzeiten zu verringern, ist zudem die Prüfung von tangentialen Verbindungen im Liniennetz voranzutreiben. Zur Kapazitätserweiterung ist die Planung einer Durchmesserlinie in Nord-Süd-Richtung zu prüfen (RGSK 2015). Langsamverkehr Innerhalb der Stadt Bern ist die Verkehrsbelastung durch den MIV seit einigen Jahren rückläufig. Die- se Entwicklung führt zu attraktiveren Strassenverbindungen für den Langsamverkehr. In Bern werden heute 78% aller Wege zu Fuss, mit dem öffentlichen Verkehr oder mit dem Velo zurückgelegt (im Ver- gleich dazu Basel: 80%, Luzern: 66%, St. Gallen: 62%, Winterthur: 62%, Zürich: 74%). Die Attraktivität des Langsamverkehrs soll durch sichere Langsamverkehrsverbindungen und durch Schliessen der bestehenden Netzlücken künftig weiter gesteigert werden (RGSK 2015). Bildung Die Stadt Bern verfügt über 40 Schulareale und rund 150 Schulgebäude für derzeit 7'014 Schüler. Gemäss Schulamt der Stadt Bern wird bis zum Schuljahr 2021/2022 mit 8'233 Schülern gerechnet (+17,4%). Bei einer linearen Fortsetzung des Trends bis 2045 ergäbe sich eine Gesamtschülerzahl für die Stadt Bern von rund 13'350 Schülern. Bei einem durchschnittlichen Schulraumbedarf von ca. 2 2 2,5 m pro Schüler ergibt sich ein zusätzlicher Schulraumflächenbedarf von rund 12'790 m bis 2045. 2 Bei einer Annahme von 64 m pro Schulzimmer (ERZIEHUNGSDIREKTION DES KANTONS BERN) werden somit ca. 200 zusätzliche Schulzimmer benötigt. Das höchste Wachstum bei den Schülerzahlen wird im Stadtteil Mattenhof-Weissenbühl bis zum Jahr 2021/2022 erwartet (+35%);; die geringste Zunahme wird für Bümpliz-Bethlehem erwartet (+3,4%). In Betlehem werden das Schulhaus Stöckacker für 18 Mio CHF gesamtsaniert sowie beim Schulhaus 9
Schwabgut die Volksschule und Turnhalle teilsaniert (Investition: 6,71 Mio CHF). Gleichzeitig soll auch das Schulhaus Steigerhubel im Stadtteil Mattenhof-Weissenbühl saniert werden. Diese Planungen werden vom Gemeinderat allerdings mit geringer Priorisierung aufgeführt. Bei einem Bevölkerungs- wachstum in beiden Stadtteilen können die beiden Schulhäuser Steigerhubel und Stöckacker mit Er- gänzungsbauten und Aufstockungen entsprechend der Nachfrage erweitert werden. 2.2 Potenziale Gestützt auf die bereits dargestellten Kennzahlen und Schlüsselthemen haben wir eine Stärke- Schwächen-Analyse für die Stadt Bern durchgeführt, aus deren Gesamtschau mögliche Potenziale für das definierte Ziel – Bern wächst in Bern - ausgelotet und thematisch zusammengefasst werden: Regional zusammenarbeiten Bern als Kantons- und Bundeshauptstadt trägt erhebliche Zentrumslasten, denen geringe Steuerein- nahmen gegenüberstehen (Kanton/Bund zahlen keine Steuern). Gleiches gilt für den Ausbau des regionalen ÖV-Netzes und die Installation eines regionalen Verkehrsmanagements. Mit einer stärke- ren regionalen Zusammenarbeit könnte das heutige Ungleichgewicht auf finanzieller und infrastruktu- reller Ebene zukünftig besser koordiniert werden. In Zusammenarbeit mit Kanton und den betroffenen Nachbargemeinden sollte zudem eine inhaltliche Anpassung der Vorgaben zu den kantonalen Ent- wicklungsschwerpunkten Arbeit (ESP Arbeit) in Betracht gezogen werden (verstärkter Nutzungsmix aus Wohnen und Arbeiten). Verkehrsysteme optimieren Mit einem Verkehrsmanagementsystem für den MIV könnten die Verkehrsströme innerhalb der Stadt aber auch im regionalen Zusammenhang gezielter gesteuert werden können. Ebenso gilt es die Sys- tematik des öffentlichen Verkehrs zu optimieren: Neben den bestehenden Radialverbindungen sind auch Tangentialverbindungen zu prüfen. Zudem sind die Verbindungen des Langsamverkehrs zu optimieren und mit neuen Routen zu ergänzen. Zudem sind die Angebote wie Veloabstellplätze sowie Bike-Sharing auszubauen. Landschafts- und Grünräume vernetzen Die bestehenden Grünflächen in der Stadt (Trittsteine) sind langfristig zu sichern, gestalterisch aufzu- werten und möglichst zu ergänzen. Zudem sollen die einzelnen Quartiere besser in die angrenzenden grossen Landschaftsräume eingebettet werden. Dazu müssen die Trittsteine untereinander und inner- halb des Siedlungskörpers besser miteinander vernetzt werden. Siedlung qualitativ nach innen entwickeln Für eine qualitative Innenentwicklung benötigt es das Wissen und ein Monitoring über vorhandene Reserven sowie über das Alter und die bauliche Dichte des bestehenden Gebäudeparks. Nur so kön- nen gezielte Sanierungs-, Umnutzungs- und Aufzonungsmassnahmen ausgelöst und gesteuert wer- den. In diesem Kontext sind auch besondere Standorte - wie die Altstadt als Weltkulturerbe oder die topografischen Gegebenheiten entlang der Aare - als Potenzial für Entwicklung ins Auge zu fassen. Die Aktivierung von Brachflächen entlang von Lärmquellen (Lärmschutz, bauliche Massnahmen, tech- nischer Fortschritt, Anordnung der Gebäude etc.) sowie die Entwicklung eines angemessenen Nut- zungsmix aus Wohnen und Arbeiten bei bisher unternutzten Schulstandorten zählen wir als Potenzial für qualitative Innenentwicklung. Identität stärken Die bestehende Identität der Quartiere ist zu erhalten und zu stärken. Es sind die Schnittstellen zwi- schen den einzelnen Quartieren zu verbessern, so dass qualitative Übergänge und Verbindungen zwischen den Stadtteilen geschaffen werden. Potenzielle Pioniernutzungen sind als mögliche Pro- zessauslöser in eine Flächenumnutzung zu integrieren. Gleiches gilt für namhafte Unternehmen, die als potenzielle Partner einer Public-Private-Partnership in die zukünftige Stadtentwicklung einbezogen werden können (z.B. Bundes- und Kantonsbehörden, Spitäler, Bildungseinrichtungen, Burgergemein- de). 10
Nur wenige Gebiete vereinen den Grossteil der identifizierten Potenziale. Da die finanziellen Ressour- cen in Bern knapp bemessen und die prognostizierten Wachstumszahlen nicht verlässlich sind, soll im Folgenden eine räumliche Strategie für eine qualitative Siedlungsentwicklung nach innen entwickelt werden, die unabhängig von Prognosen und Annahmen funktioniert, im Idealfall auf ähnliche Areale angewendet werden kann und somit robust und nachhaltig ist. 2.3 Konzentrationsentscheid In der Schnittstelle der Quartiere Bümpliz-Bethlehem und Mattenhof-Weissenbühl liegt das Gebiet Ausserholligen / Weyermannshaus. Stark vom Autobahnviadukt geprägt, besticht der Ort durch seine sehr gute Verkehrsanbindung und durch die gute Fussläufigkeit zu den grossen, angrenzenden Wald- arealen. Für den motorisierten Individualverkehr bestehen nördlich und südlich Autobahnanschlüsse sowie über kantonale Verkehrsstrassen Verbindungen in Richtung Altstadt und nach Westen. Im Zentrum des Gebiets am Europaplatz halten zahlreiche S-Bahn-, Bus- und Tramlinien. Zudem liegt in unmittelbarer Nähe die S-Bahnhaltestelle Stöckacker. Für den Langsamverkehr (LV) ist das Gebiet gut in Richtung Innenstadt und Länggasse aber auch in Richtung Bümpliz und Bethlehem erschlos- sen. Die Verbindung für den LV zwischen Europaplatz und Freibad Weyermannshaus erfolgt durch eine Unterführung. Eine Langsamverkehrspasserelle vom Europaplatz in Richtung Weyermannshaus ist seit längerem geplant. Sie wurde bislang aber nicht umgesetzt. Abb. 2: Konzentrationsentscheid Bern West VECTORWORKS EDUCATIONAL VERSION BREMGARTENWALD Schnittstelle LÄNGGASSE-FELSENAU Quartierplanungen Bethlehemacker BETHLEHEM Bremgarten Friedhof Bhf Weyermannshaus Weyermannshaus West Inselspital Tscharnergut Ost Brünnen Untermatt Quartierplanung Bhf Stadtteil III Bhf Bümpliz Nord Mühledorf Loryplatz Monbijou Fellergut Bhf Europaplatz Bhf Schwabgut Stöckacker Quartierplanung HH Bhf Holligen Schloss Holligen Stadtteil VI Michelgut MATTENHOF Höhe Eigerplatz Winterhalden BÜMPLIZ Kirchdorf Bhf KÖNIZBERGWALD Bümplitz Süd Sulgenbach Kleefeld LEGENDE WEISSENBÜHL best. Regionalzentrum Bahnhof BLS, SBB Bhf Eisenbahn N Bhf Gemeindegrenze best. Quartierzentrum Haltestelle Bernmobil HH aktuelle Autobahn Wohnbauprojekte Potential zu Aufwertung KÖNIZ Quartierzentrum VECTORWORKS EDUCATIONAL VERSION Datenquelle: RGSK 2015, Eigene Darstellung Im Hinblick auf die Förderung von Wohnen im Stadtgebiet Bern, scheint die Konzentration auf das Gebiet besonders interessant, da sich hier infolge des heterogenen Gebäudeparks zwischen Einfami- lienhaustypen bis zu grossmassstäblichen Wohnsiedlungen eine mögliche dynamische Wohnbauent- 11
wicklung eher anstossen lässt, als in städtebaulich dichten Quartieren wie Länggasse, Lorraine- Breitenrain oder Mattenhof-Weissenbühl. Trotz der kantonalen Vorgabe des ESP mit dem Schwerpunkt Arbeit ist das Gebiet bis heute flächen- mässig stark unternutzt, weist keine hohen Gebäudequalitäten auf und ist zudem von Verkehrsinfra- strukturen räumlich stark zerschnitten und lärmbelastet. Die meisten Grundstücke befinden sich in der Hand weniger institutioneller oder öffentlicher Eigentümer. Das bietet eine grosse Chance für eine qualitative Innenentwicklung mit einer höheren Dichte und einer ausgewogeneren Nutzungsdurchmi- schung von Arbeiten, Gewerbe und Wohnen. Der Neubau des DEZA am Europaplatz zeigt, dass in den Gebiet Potenzial besteht, um weitere Ver- waltungseinheiten von Bund und Kanton anzusiedeln. Im Schul- und Bildungsbereich ist die Konzent- ration der verschiedenen Fachhochschulstandorten in einem neuen Campus angedacht. Erste Vor- planungen im Gebiet sind offenbar im Gange. Mit neuen Verwaltungseinheiten und Schul- und Bil- dungszentren könnten an anderen Orten in der Stadt Bern zusätzliche Flächen für das Wohnen frei werden. Das Gebiet weist zudem ein hohes Potenzial bezüglich der Aufwertung der Grünräume auf. Gemäss regionalem Landschaftskonzept könnte eine Grünverbindung vom Könizbergwald zum Bremgarten- wald geschaffen werden. Das Freibad Weyermannshaus als beliebtes städtisches Naherholungsge- biet stellt dabei einen wichtigen Identifikationspunkt für die Bevölkerung dar. Im Sommer ist das Areal als Freibad zwar kostenlos, jedoch nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Im Winter ist das Freibadge- lände als Naherholungsfläche nutzbar, wobei die Wasserfläche gesperrt ist. Die Erschliessung des Freibads für den Langsamverkehr kann als unbefriedigend bezeichnet werden, insbesondere die Ver- bindung durch die Unterführung in Richtung Europaplatz. Zusammenfassend lassen sich folgende Potenziale für das Gebiet Ausserholligen / Weyermannshaus festhalten: – grosse Flächen, welche sich in der Hand weniger Eigentümer befinden – qualitätsvolle Innenentwicklung und Nutzungsdurchmischung sind möglich – sehr gute Verkehrserschliessung des Gebiets (MIV, ÖV) – bestehende, aber unbefriedigende Langsamverkehrsverbindung – Freibad Weyermannshaus als bestehender, grosszügiger Erholungs- und Grünraum – Nähe zur äusseren Landschaft 3 Konzept Um eine Entwicklung anzustossen, welche - unabhängig von Bevölkerungsprognosen oder institutio- nellen und privatwirtschaftlichen Interessen – einen wertvollen Beitrag zur qualitativen Innenentwick- lung von Bern leistet, sieht unser Konzept in bündiger Form folgende drei Schritte vor: – Prozesse auslösen – Nutzung steuern – Räume vernetzen Mit unserem Konzept wird im bis jetzt für das Wohnen kaum genutzten Gebiet Ausserholligen / Wey- ermannshaus eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung innerhalb der Grenzen Berns und innerhalb des Siedlungskörpers möglich. Obwohl die Frage nach neuen Wohnbauten für die Stadt Bern zentral ist, haben wir bei der Analyse des Untersuchungsgebiets festgestellt, dass die Stärken in Ausserholli- gen / Weyermannshaus vor allem im Bereich der bestehenden Grün- und Freiflächen und den an- grenzenden Wäldern liegt. Wir sind der Meinung, dass mit einer Vernetzung und Stärkung der beste- henden Grün- und Freiräume ein Entwicklungsprozess im gesamten Gebiet ausgelöst werden kann. 12
Mit Hilfe unterschiedlicher Massnahmen und der Initiierung weiterer Nutzungen sollen neu gestaltete Erholungs- und Freizeiträume geschaffen werden, welche die Attraktivität des Gebietes erheblich stei- gern und damit für Wohnen interessant machen. Durch die Schaffung dieser Aussenräume sollen Prozesse ausgelöst werden, welche weit über den eigentlichen Nutzen als Grün- und Freiraum hin- ausgehen. Folglich könnte das Interesse von Investoren und Grundeigentümern an Entwicklungen im Gebiet, insbesondere für Wohnen, gesteigert werden. Das Gebiet wird sich vom unternutzten Industrie- und Gewerbequartier hin zu einem attraktiven Wohn- und Arbeitsquartier wandeln. Damit kann zusätzli- ches Wohnangebot innerhalb der politischen Grenze und des Siedlungskörpers der Stadt Bern ge- schaffen werden. Die Entwicklung von Arbeitsnutzungen im Gebiet Ausserholligen / Weyermannshaus kommt zudem den kantonalen Vorgaben hinsichtlich des ESP Arbeit entgegen. Wichtig ist, dass die Nutzungen im Gebiet gezielt gesteuert werden, um eine qualitativ hochstehende Entwicklung zu ge- währleisten. Durch die Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen ist die Nutzung des Ge- biets zu steuern und die Siedlungsentwicklung nach innen zu fördern. Von gleicher Bedeutung neben der Prozessauslösung und der gezielten Nutzungsteuerung sehen wir schliesslich die bessere Vernetzung der Räume, besonders der öffentliche Verkehr und der Langsam- verkehr (Fuss, Velo), nicht zuletzt mit dem Ziel die beiden Stadtquartiere Mattenhof-Weissenbühl so- wie Bümpliz-Bethlehem stärker zu verbinden. Ergänzt bzw. baut man die LV-Verbindungen aus, so wird das Gebiet für Wohnen attraktiver, was wiederum das Interesse der Investoren und Grundeigentümer fördert, in diesem Gebiet neue bauliche und freiräumliche Entwicklungen anzustossen. Zusammenfassend kann man sagen, dass unser Konzept attraktive Rahmenbedingungen für das Wohnen in einer bis jetzt nicht sonderlich attraktiven Gegend schafft, um auf diese Weise das Gebiert Ausserholligen / Weyermannshaus für Investoren und Grundeigentümer zum attraktiven Entwick- lungsgebiet macht und so letztendlich das Ziel der qualitativen Innenverdichtung umgesetzt wird. Da- mit könnten Angebote für zusätzliche Einwohner der Stadt Bern geschaffen werden, innerhalb der politischen Grenzen und innerhalb des Siedlungskörpers der Stadt Bern. 4 Massnahmen Basierend auf unserem Konzept schlagen wir eine Auswahl von Massnahmen vor, welche zu mehr Einwohner und Beschäftigte im Gebiet fördert und damit einhergehend den raumplanerischen Auftrag einer qualitätvollen Innenentwicklung in Bern zum Ziel hat. Die Auswahl verschiedener Massnahmen kann als bunter Blumenstrauss an Möglichkeiten betrachtet werden. Dabei stehen einige Vorschläge im Vordergrund, andere ergänzen das Gesamtbild für das Gebiet Ausserholligen / Weyermannshaus. Als Massnahmen mit besonders hoher Priorität sehen wir die Handlungsoptionen für die Grün- und Freiräume und für den Langsamverkehr, um eine attraktive Entwicklung anzustossen und eine Attraktivierung des unternutzten Gebiets nach sich zu ziehen. Gleichzeitig beabsichtigen die von uns vorgeschlagenen Massnahmen eine stärkere Verknüpfung der bisher vom Autobahnviadukt getrennten Stadtquartiere. Ferner kann eine einfachere respektive schnellere Durchwegung des Gebiets die negativen Auswirkungen der Infrastrukturanlagen minimie- ren. Um die Kosten überschaubar zu halten, sollen alle Massnahmen im Sinne einer Akupunktur an strategisch relevanten Stellen ansetzen. Diese wichtigsten Massnahmen werden in den folgenden drei Kapiteln vorgestellt. 13
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