BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH

 
WEITER LESEN
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
BERTINI-PREIS
2017
    LA SST EUC H N I C HT EI N SCH Ü CH TE R N !
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
DER
                                                      BERTINI-PREIS        Hinschauen, wenn andere wegsehen.
                                                                           Sich einmischen, wenn andere schweigen.
                                                                           Erinnern, wenn andere vergessen.
                                                                           Eingreifen, wenn andere sich wegdrehen.
                                                                           Unbequem sein, wenn andere sich anpassen.

IMPRESSUM   Herausgeber BERTINI-Preis e.V.
            Redaktion Ulrike Esterer, Andreas Kuschnereit, Ulrich Vieluf
            Texte Ann-Britt Petersen, Hans-Juergen Fink, Andreas Kuschnereit, Ulrich Vieluf
            Gestaltung Carsten Thun
            Fotos Carsten Thun, ZDF/ Renate Schäfer
            Druck Druckerei in St. Pauli
            Anschrift Behörde für Schule und Berufsbildung, Hamburger Straße 31, 22083 Hamburg
            andreas.kuschnereit@bsb.hamburg.de
            © Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion
            www.bertini-preis.de
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,                        Am 20. März 2018, dem 95. Geburtstag von
                                                   Ralph Giordano, veranstaltete das Ernst Deutsch
am 27. Januar 2018 erhielten 94 junge Menschen     Theater in Kooperation mit dem BERTINI-
den BERTINI-Preis. Es war die 20. Preisverlei-     PREIS e.V. zum zweiten Mal eine Lesung zu dem
hung. Olaf Scholz, noch als Erster Bürgermeister   Hörbuch »Die Bertinis« (S. 24). Die ausgewähl-
der Freien und Hansestadt Hamburg, hob in sei-     ten Szenen vermittelten dem überwiegend jun-
ner Festrede hervor, BERTINI-Preisträger hätten    gen Publikum, wie sich Diskriminierung, Rassis-
»den Blick auf Hamburg erweitert und ihn teil-     mus und Völkerhass im Dritten Reich angefühlt
weise korrigiert«.                                 haben könnten.
Einen eindrucksvollen Beleg dafür bieten die       Zu Ehren Ralph Giordanos wurde am
fünf mit dem BERTINI-Preis 2017 ausgezeichne-      14. November 2017 der in unmittelbarer Nähe
ten Projekte, über die auf den folgenden Seiten    zum Barmbeker Bahnhof vor den Gebäuden
berichtet wird. Sie widmen sich der Spurensuche,   Fuhlsbüttler Straße 92-106 gelegene Platz als
machen vergangenes Unrecht filmisch, als Thea-     »Piazzetta-Ralph-Giordano« eingeweiht. Der
terstück oder mit szenischen Lesungen öffentlich   1923 in Barmbek geborene Ralph Giordano
und fordern zur Auseinandersetzung mit der         hat bis zum Sommer 1934 nur wenige hundert
Gewalt von Menschen gegen Menschen in der          Meter von diesem Platz entfernt gelebt. Bei der
Geschichte dieser Stadt auf. Sie laden ein zum     feierlichen Einweihung betonte Kultursenator
Dialog über Rassismus, Radikalisierung, Gleich-    Dr. Carsten Brosda: »Es ist uns eine Ehre, mit
berechtigung und Identität von jungen Menschen     der Piazzetta-Ralph-Giordano im Herzen Barm-
und sie rufen unter dem Motto »Wir sind alle       beks einen Ort zu schaffen, der künftig an diesen
Menschen auf derselben Welt« musikalisch per       großen Demokraten und Hamburger erinnern
Videoclip gegen Vorurteile und Ausgrenzung auf.    wird« (S. 27).
Hinter den preisgekrönten Schülerprojekten         Ein Querschnitt dessen, wofür und an wen der
stehen oftmals passionierte Lehrkräfte, die ihre   BERTINI-Preis seit 1999 vergeben worden ist,
Schülerinnen und Schüler inspirieren, motivie-     findet sich auf den Seiten 28 bis 31. Die Bei-
ren und über den Unterricht hinaus unterstüt-      spiele spiegeln das breite Spektrum der Initia-
zen. Vier von ihnen, die insgesamt 19 mit dem      tiven und Projekte wider, mit denen sich junge
BERTINI-Preis ausgezeichnete Projekte betreut      Hamburgerinnen und Hamburger gegen das Ver-
haben, wurden im Rahmen der Jubiläumsveran-        gessen, gegen Gewalt, für ein gleichberechtigtes
staltung für ihr außergewöhnliches Engagement      Miteinander eingesetzt haben.
gewürdigt (S. 20).                                 Das Forum, das der BERTINI-Preis e.V. ihnen
Vor vier Jahren startete der BERTINI-Preis e.V.    dafür bietet, wäre ohne das Engagement sei-
die Aktion »Mut im Netz«. Und zum vierten Mal      ner Förderer nicht denkbar. 29 Förderer sind es
gestalteten Schülerinnen und Schüler des Profil-   heute. Wer mit welchen Beweggründen die all-
kurses »Mediengesellschaft« am Kurt-Körber-        jährliche Verleihung möglich macht, ist auf den
Gymnasium im Juni 2018 einen »BERTINI-Tag«,        Seiten 34 bis 37 nachzulesen.
diesmal unter der Fragestellung: »Die ‚verlore-    Der BERTINI-Preis findet seine Fortset-
ne‘ Generation – lassen wir uns wirklich vom       zung mit der Ausschreibung für das Jahr 2018
Netz manipulieren?«, erstmalig in Kooperation      (S. 38). Wir freuen uns darauf, im Rahmen der
mit der Stadtteilschule Öjendorf (S. 22).          21. Verleihung des BERTINI-Preises am 27. Ja-
Sechs Bewerbungen um den BERTINI-Preis             nuar 2019 im Ernst Deutsch Theater junge Men-
2017, die im Rahmen der langjährigen Koope-        schen auf der Bühne begrüßen zu dürfen, die die
rationspartnerschaft an den bundesweiten Wett-     Botschaft, die der Preis sendet, aufgegriffen und
bewerb »Demokratisch Handeln« weitergeleitet       die Idee, für die er steht, weitergetragen haben:
worden waren, wurden von der Jury zur »Lern-       »Lasst Euch nicht einschüchtern!«
statt Demokratie« eingeladen, die vom 12. bis
15. Juni 2018 in Hamburg stattfand (S. 23).        Ihr Redaktionsteam                                  3
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
DIE PREISTRÄGER
       2017
                           DIE GESCHICHTE VON WALTER JUNGLEIB
                Seite 10   Ein Film über eines der Kinder vom Bullenhuser Damm
                           von Merle Lutz und Stela Vitalosova

                           ERINNERUNG AN DAS SCHICKSAL
                           RUSSISCHER KRIEGSGEFANGENER
                           UND ZWANGSARBEITER IN BERGEDORF
                Seite 12
                           Ein Projekt von elf Schülerinnen und Schülern
                           der Jahrgangsstufen 8 bis 10 der Stadtteilschule
                           Bergedorf

                           HUMANITY RAP
                           Ein Musikvideo von 56 Schülerinnen und Schülern
                           des Gymnasiums Kaiser-Friedrich-Ufer, der Grundschule
                Seite 14
                           Rothestraße, der Stadtteilschule Winterhude und der
                           Nelson-Mandela-Schule für ein gleichberechtigtes
                           Miteinander

                           GIRA – GESPRÄCHSRUNDE FÜR
                           INTERRELIGIÖSEN AUSTAUSCH
                Seite 16
                           Eine Initiative von vier Schülerinnen und Schülern
                           des Helmut-Schmidt-Gymnasiums

                           REICHSAUSSCHUSSKINDER
                Seite 18   Ein Theaterprojekt von 17 Schülerinnen und Schülern
                           des Gymnasiums Klosterschule

4
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
INHALT
03     EDITORIAL
04     INHALT
06     VERLEIHUNG DES BERTINI-PREISES 2017
       94 Schülerinnen und Schüler wurden für ihr
       außergewöhnliches Engagement geehrt.

		AUSGEZEICHNET:
10     DIE GESCHICHTE VON WALTER JUNGLEIB
12     ERINNERUNG AN DAS SCHICKSAL RUSSISCHER KRIEGSGEFANGENER
       UND ZWANGSARBEITER IN BERGEDORF
14     HUMANITY RAP
16     GIRA – GESPRÄCHSRUNDE FÜR INTERRELIGIÖSEN AUSTAUSCH
18     REICHSAUSSCHUSSKINDER
20     VIER LEHRERINNEN UND LEHRER,
       DIE INSPIRIEREN, MOTIVIEREN UND UNTERSTÜTZEN

22     MUT IM NETZ: »BERTINI-TAG« AM KURT-KÖRBER-GYMNASIUM
       Zum vierten Mal veranstalteten Schülerinnen und Schüler
       einen Projekttag zu Gefahren und Risiken im Internet.
23     BEWÄHRTE KOOPERATION:
       DER BERTINI-PREIS UND DEMOKRATISCH HANDELN
       Sechs Bewerbungen um den Bertini-Preis 2017 wurden
       beim Bundeswettbewerb »Demokratisch Handeln« ausgezeichnet.
24		   LESUNG IM ERNST DEUTSCH THEATER
       Lesung »Die Bertinis« für Schülerinnen und Schüler
       am Geburtstag von Ralph Giordano
26     DAS HÖRBUCH »DIE BERTINIS«
       Ralph Giordanos letztes Werk
27		   DIE PIAZZETTA-RALPH-GIORDANO
       Am 14. November 2017 wurde die Piazzetta-Ralph-Giordano feierlich eingeweiht.
28		   BERTINI-PREISTRÄGER MISCHEN SICH EIN
       Insgesamt 119 Gruppen und Einzelpersonen wurden bisher mit dem
       BERTINI-Preis ausgezeichnet: 19 Beispiele für Engagement und Zivilcourage,
       die Spuren hinterlassen haben.
32     DEN BERTINI-PREIS FÖRDERN
34     DIE FÖRDERER
38     AUSBLICK                                                                        5
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
VERLEIHUNG
DES BERTINI-PREISES
                                                                 20 JAHRE BERTINI-PREIS: ISABELLA VÉRTES SCHÜTTER
                                                                 BEGRÜSST DIE ÜBER 600 GÄSTE IM ERNST DEUTSCH THEATER
                                                                 ZUR 20. VERLEIHUNG DES BERTINI-PREISES, BEGLEITET VON DER
                                                                 GEBÄRDENDOLMETSCHERIN

        2017                                           Die Intendantin und Vorsitzende des BERTINI-
                                                       Preis e. V. Isabella Vértes-Schütter begrüßte
                                                       die über 600 Gäste in »ihrem Haus«, dem
                                                       Ernst Deutsch Theater. In ihrer Ansprache er-
     EIN RAP-SONG GEGEN AUSGRENZUNG UND FÜR            innerte sie an Ralph Giordano: »Seine Hal-
     MEHR   MENSCHLICHKEIT,   EIN   INTERRELIGIÖSER    tung hat uns Orientierung gegeben und Mut
     ­GESPRÄCHSKREIS, EIN FILM SOWIE DOKUMENTATIO-     gemacht. Er fehlt uns.« Überdies würdigte die
     NEN UND SZENISCHE LESUNGEN ÜBER DAS SCHICK-       Intendantin den Pädagogen Michael Magun-
     SAL JÜDISCHER KINDER UND DAS UNRECHT AN           na. Er hatte den Preis initiiert, nachdem er
     RUSSISCHEN ZWANGSARBEITERN WÄHREND DER NS-        mit seinen damaligen Schülerinnen und Schü-
     ZEIT: DAS SIND DIE FÜNF INSPIRIERENDEN PROJEKTE   lern den Spuren der Bertinis nachgegangen
     HAMBURGER SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER, DIE VON       war.
     DER JURY FÜR DIE AUSZEICHNUNG MIT DEM BERTINI-
     PREIS AUSGEWÄHLT WURDEN. IM RAHMEN DES            Welchen Stellenwert der BERTINI-Preis für
     INZWISCHEN TRADITIONELLEN FESTAKTES IM ERNST      die Stadt Hamburg in den zwanzig Jahren
     DEUTSCH THEATER ERHIELTEN DIE ENGAGIERTEN         seines Bestehens gewonnen hat, hob auch
     JUGENDLICHEN AM 27. JANUAR 2018 DEN BERTINI-      der im Januar noch amtierende Erste Bür-
     PREIS 2017, DER ZUM 20. MAL VERLIEHEN WURDE.      germeister der Freien und Hansestadt Ham-
6                                                      burg Olaf Scholz in seiner Festrede hervor.
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
Die BERTINI-Preisträger hätten »den Blick
auf Hamburg erweitert und ihn teilweise kor-
rigiert«, sagte er. Denn sie hätten Biografien
und Stadtgeschichte recherchiert und Erinne-
rungen von Zeitzeugen dokumentiert. Sie sei-
en »gegen alte und neue Formen des Rechts-
radikalismus aufgestanden«. Er betonte, dass
gerade an diesem Tag, an dem die Rote Armee
vor 73 Jahren das Konzentrationslager Ausch-
witz befreit habe, die Menschheitsverbrechen
unter den Nationalsozialisten nicht vergessen
werden dürften. »Unsere Verantwortung für
Auschwitz bleibt. Jede Generation muss sich      VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN: HAMBURGS ERSTER BÜRGERMEISTER
ihr stellen.« Und auf die Zukunft bezogen füg-   OLAF SCHOLZ BETONT IN SEINER JUBILÄUMSANSPRACHE, DASS DER BERTINI-
te Scholz hinzu: Man müsse sich damit ausein-    PREIS DEN BLICK AUF HAMBURG ERWEITERT HABE.

andersetzen, wie die NS-Vergangenheit einer      In einem berührenden Film erinnerten die
Einwanderungsgesellschaft vermittelt werden      Schülerinnen Merle Lutz und Stela Vitalosova
könne. Wer zu uns komme und hier bleibe,         an das Schicksal des zwölfjährigen Walter
müsse sich mit der besonderen deutschen          Jungleib, der zu den ermordeten Kindern vom
Geschichte auseinandersetzen. »Das gehört        Bullenhuser Damm gehörte. »Ein Film von
dazu, wenn man dazugehört«, so Scholz.           schlichter, schnörkelloser Klarheit und gerade
                                                 deshalb so beeindruckend«, begründete Insa
Dass viele der jungen Preisträgerinnen und       Gall, Lokalchefin vom Hamburger Abend-
Preisträger, die zum Teil aus Migrationsfami-    blatt, in ihrer Laudatio das Votum der Jury.
lien kommen, dieses Gebot bereits umgesetzt
haben, wurde im zweiten Teil der Veranstal-      Elf Schülerinnen und Schüler der Stadtteil-
tung deutlich, der engagiert und zugewandt       schule Bergedorf waren den Spuren ehemaliger
von NDR-Moderatorin Julia-Niharika Sen           russischer Kriegsgefangener nachgegangen, an
moderiert wurde. In kurzen Einspielfilmen        die mehr als 600 Gedenksteine auf dem Rus-
der NDR-Mitarbeiter Christian Becker und         sischen Ehrenfriedhof in Bergedorf erinnern.
Christian Mangels wurden die Projekte prä-       Die Zwangs­arbeiterinnen und Zwangsarbei-
gnant vorgestellt. Anschließend bat die Mo-      ter mussten im damaligen KZ Neuengam-
deratorin die Preisträgergruppen und ihre        me oder in Bergedorfer ­Betrieben Schwerst-
Laudatoren auf die Bühne.                        arbeit leisten, viele starben entkräftet.                            7
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
01 DAS SCHICKSAL VON WALTER JUNGLEIB                     02 ERINNERUNG AN DAS SCHICKSAL                        03 HUMANITY RAP
       Ein Film über eines der Kinder vom Bullenhuser Damm      RUSSISCHER KRIEGSGEFANGENER IN                     Ein Musikvideo für ein
       von Merle Lutz und Stela Vitalosova                      BERGEDORF Ein Projekt von elf Schülerinnen und     gleich­berechtigtes Mit-
       PATIN: Insa Gall                                         Schülern der Stadtteilschule Bergedorf             ein­ander von Schülerinnen
                                                                PATIN: Isa Lübbers                                 und Schülern aus
                                                                                                                   drei Hamburger Schulen
                                                                                                                   PATIN: Heidi Melis
                         »Das Projektteam wollte das Vergessen auf-
                        halten«, resümierte Laudatorin Isa Lübbers,
                        Pröbstin im Kirchenkreis Hamburg-Ost.
                        Die Jugendlichen sprachen mit Zeitzeu-
                        gen, wandten sich an Betriebe, die damals         von der Hamburger Volksbank die Preisträge-
                        Zwangsarbeiter beschäftigten, und unter-          rinnen und Preisträger, die ihren Beitrag ge-
                        suchten die Rolle der Kirche in jener Zeit.       textet, choreografiert und produziert hatten.
                        Isa Lübbers: »Diese Art der Aneignung von
                        Schicksalen hat etwas in euch verändert. Und      Sind Freundschaften über kulturelle Grenzen
                        ihr habt es nicht für euch behalten, sondern      hinweg möglich? Diese Frage war für vier Ab-
                        anderen in szenischen Lesungen in Erinne-         solventen des Helmut-Schmidt-Gymnasiums
                        rung gebracht.«                                   in Wilhelmsburg Motivation genug, die inter-
                                                                          religiöse Gesprächsrunde GIRA ins Leben zu
                        30 Siebtklässlerinnen und Siebtklässler des       rufen – mit Lehrkräften, Schülerinnen und
                        Gymnasiums Kaiser-Friedrich-Ufer konzi-           Schülern sowie interessierten Freundinnen
                        pierten zusammen mit Kindern einer Inter-         und Freunden, die sich einmal im Monat tref-
                        nationalen Vorbereitungsklasse und einer          fen. Dies sei ein Forum, auf dem »alle alles
                        syrischen Flüchtlingsfamilie ein mitreißendes     sagen dürfen«, hob Laudatorin Dr. Sabine
                        Musikvideo gegen Vorurteile und Ausgren-          Bamberger-Stemmann, Leiterin der Landes-
                        zung. »Musik baut Brücken. Der ,Humanity          zentrale für politische Bildung, hervor. Hier
                        Rap‘ der Kinder und Jugendlichen zwischen         fühle sich niemand beleidigt und niemand
                        sechs und 19 Jahren transportiert diese Bot-      könne einen anderen verletzen. Man disku-
8                       schaft sehr eindrucksvoll«, lobte Heidi Melis     tiere auf Augenhöhe.
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
04 GIRA – GESPRÄCHSRUNDE FÜR                                 05 REICHSAUSSCHUSSKINDER
       INTERRELIGIÖSEN AUSTAUSCH                                    Ein Theaterprojekt von 17 Schülerinnen
       Eine Initiative von ehemaligen Abiturientinnen und           und Schülern des Gymnasiums Klosterschule
       Abiturienten des Helmut-Schmidt-Gymnasiums                   PATE: Ulrich Mumm
       PATIN: Dr. Sabine Bamberger-Stemmann

Pate Ulrich Mumm von der BürgerStiftung                Sabine Hansen und Klaus Möller haben ins-
Hamburg ehrte schließlich das Theaterprojekt           gesamt 19 Projekte begleitet, die später mit
»Reichsausschusskinder«, in dessen Rahmen              dem BERTINI-Preis ausgezeichnet wurden.
17 Schülerinnen und Schüler des Gymnasi-               Spontan präsentierten die Siebt-klässlerinnen
ums Klosterschule die Morde an behinderten             und Siebtklässler des Gymnasiums Kaiser-
Kindern durch NS-Ärzte in den Fokus genom-             Friedrich-Ufer auf Wunsch des Publikums den
men hatten. Ulrich Mumm führte aus: »Die               mitreißenden Refrain ihres »Humanity Raps«
Jugendlichen haben sich intensiv mit den his-          auf Deutsch und Arabisch – ein überzeugen-
torischen Tatsachen, den Abläufen und einzel-          des Symbol des Miteinanders und konkret
nen Personen beschäftigt.« In eindringlichen           gelebter Völkerverständigung.
Szenen habe der Theaterkurs die Zuschauer
erreicht und erschüttert. »Dieses großartige           Den musikalischen Rahmen der 20. Preis-
Projekt enthält auch einen ethischen Impuls            verleihung gestaltete die fünfköpfige Band
für uns und wirft aktuelle Fragen auf. Auch            »BIAS JAM« mit Marissa Cihan (Vocals),
deswegen ist es so überzeugend.«                       Birk Reimann (Bass & Backing-Vocals),
Geehrt wurden bei diesem 20-jährigen Jubilä-           Daniel Kröger (Keyboards & Backing-Vo-
um auch vier Lehrkräfte, die BERTINI-Preis-            cals), Felix Oppermann (Guitar) und Jacob
träger bei der Durchführung ihrer Projekte             Wagener (Drums).
unterstützt hatten: Olaf Bublay, Cläre Bordes,                                                                  9
BERTINI-PREIS 2017 LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN! - epub @ SUB HH
DIE KINDER VOM BULLENHUSER DAMM –
             DIE GESCHICHTE VON WALTER JUNGLEIB
             Die beiden Schülerinnen Merle Lutz (15) vom Gymnasium Klosterschule und Stela Vitalosova (16)
           vom Gymnasium Süderelbe produzierten während der Sommerferien einen Kurzfilm über das Leben von
             Walter Jungleib. Er war eines von 20 Kindern, die 1945 kurz vor Kriegende im Schulgebäude am
                     Bullenhuser Damm von den Nazis ermordet wurden.
                    IN EUREM VIERMINÜTIGEN FILM ERZÄHLT IHR DIE        Frankreich, Italien, Holland und ein Junge
                    GESCHICHTE EINES JUNGEN, DER MIT 19 WEITEREN       aus der Slowakei. Das war Walter Jungleib.
                    KINDERN 1945 AM BULLENHUSER DAMM VON DEN           Ich stamme selber aus der Slowakei, deshalb
                    NAZIS ERMORDET WURDE. WIE SEID IHR AUF DIESES      hat mich das Schicksal des Jungen besonders
                    THEMA GESTOSSEN?                                   interessiert. Ein weiterer Grund war, dass sei-
                    Merle: Ich interessiere mich sehr für Geschich-    ne Schwester, die die Deportation und den
                    te und hatte in einer Ausstellung in unserer       Krieg überlebt hat, heute in Israel lebt und
                    Schule, dem Gymnasium Klosterschule, schon         erst vor zwei Jahren erfahren hat, dass ihr
                    etwas über die Ermordung der Kinder am Bul-        Bruder in der Schule am Bullenhuser Damm
                    lenhuser Damm erfahren. Um die medizini-           ermordet worden ist. Das ging uns sehr nahe.
                    schen Versuche an ihnen zu vertuschen, hatten
                    die Nazis sie 1945 im Schulgebäude am Bul-         WELCHE INFORMATIONEN HABT IHR ÜBER WALTER
                    lenhuser Damm erhängt. Über dieses Thema           JUNGLEIB ZUSAMMENGETRAGEN?
                    wollte ich mehr wissen. In den Ferien nahm ich     Merle: Walter Jungleib lebte mit seiner zwei
                    an einem Workshop zu einem Geschichtswett-         Jahre älteren Schwester Grete und seinen El-
                    bewerb von Hamburg Memory teil. Dort lernte        tern in der Slowakei. Er wuchs im jüdischen
                    ich in der Filmgruppe Stela kennen. Sie interes-   Glauben auf. Als er zehn Jahre alt war, muss-
                    sierte sich auch für die Geschichte der Kinder     ten er und seine Familie vor den Nazis flie-
                    vom Bullenhuser Damm und wir beschlossen,          hen. Aber sie entkamen ihnen nicht. Sie wur-
                    gemeinsam einen Film darüber zu drehen.            den erst in ein Durchgangslager und dann ins
                                                                       KZ Auschwitz deportiert. Dort trennte man
                                                                       die Familie. Der Junge kam in das KZ Neu-
                                                                       engamme und wurde dort einer Gruppe von
                                                                       20 Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren
                                                                       zugeteilt. An diesen Kindern machte ein Arzt
                                                                       medizinische Versuche, von denen die Kinder
                                                                       krank wurden.

                                                                       DEN ERSTEN TEIL DER GESCHICHTE ERZÄHLT IHR IN
                                                                       EUREM FILM IN DER ICH-FORM, WARUM?
                                                                       Stela: Alles, was Walter Jungleib erlebt hat, er-
                                                                       zählen wir aus seiner Sicht. Wir wollten unsere
 GEMEINSAM ERINNERN: MERLE UND STELA DREHTEN EINEN FILM ÜBER WALTER    Zuschauer so direkt ansprechen. Der Bericht
 JUNGLEIB, EINES DER ERMORDETETN KINDER VOM BULLENHUSER DAMM.          in der Ich-Perspektive endet mit der Beschrei-
                    UND WARUM HABT IHR EUCH FÜR DEN ZWÖLFJÄHRI-        bung, dass alle Kinder kurz vor Kriegsende in
                    GEN WALTER JUNGLEIB ENTSCHIEDEN?                   den Keller des Schulgebäudes am Bullenhuser
                    Stela: Bei der Recherche auf der Internetsei-      Damm gebracht wurden. Dann wird ein Text
                    te der »Vereinigung Kinder vom Bullenhuser         eingeblendet, der darüber informiert, dass
                    Damm« sind die Namen der 20 ermordeten             die Kinder dort in der Nacht vom 20. auf den
10                  Kinder aufgeführt. Sie kamen aus Polen,            21. April 1945 ermordet wurden. Wie es dann
weiterging, berichten wir im zweiten Teil des     aufgenommen und dann zum Ton die passen-
Films in der Erzähler-Perspektive, dort fas-      den Bilder gestellt. Am kompliziertesten war
sen wir verschiedene Fakten zusammen. Die         das Aufnehmen und sich dabei voll zu kon-
Mutter und die Schwester von Walter hatten        zentrieren. Etwas länger hat auch das Schnei-
den Holocaust überlebt und suchten nach           den gedauert. Wir hatten vorher noch nie ei-
dem Krieg nach Walter. Weil sie nichts über       nen Film produziert, sondern das erst in dem
ihn finden konnten, dachten sie, er sei auf       Ferien-Workshop gelernt und angewendet.
einem Todesmarsch ums Leben gekommen.             Innerhalb einer Woche war er dann fertig. Wir
Doch Bella Reichenbaum, deren Ehemann             haben ihn bei dem Wettbewerb von Hamburg
ebenfalls einen Bruder in dem Schulgebäude        Memory eingereicht, wo wir in der Kategorie
am Bullenhuser Damm verloren hatte, fand          Film auch einen Preis gewonnen haben.
einen Hinweis auf Walter und nahm mit sei-
ner Schwester Kontakt auf. So erfuhr Grete,       WAS IST EURE WICHTIGSTE BOTSCHAFT?
was mit Walter tatsächlich geschehen war.         Merle: Das Thema hat uns selbst sehr ange-
                                                  sprochen, und ich finde es wichtig, dass es
                                                  nicht in Vergessenheit gerät. Es ist so grau-
                                                  sam, was den Kindern passiert ist. Und dass
                                                  sie so jung sterben mussten, nur weil sie aus
                                                  dem Ausland stammten und eine andere Re-
                                                  ligion hatten. Wir wollten zeigen, was damals
                                                  passiert ist, damit mehr Menschen davon er-
                                                  fahren.

           SPUREN NACHGEHEN: MERLE UND STELA
              RECHERCHIEREN IN DER GEDENKSTÄTTE
                         AM BULLENHUSER DAMM

HATTET IHR KONTAKT ZU IHR?
Merle: Nicht direkt, aber sie hat unseren Film
gesehen. Weil wir ja die Erlaubnis für die von
uns verwendeten Bilder einholen mussten,
hatten wir uns an die Vereinigung »Kinder
vom Bullenhuser Damm e.V.« gewandt, denn          WELCHE ERKENNTNISSE HABT IHR FÜR EUCH
von dort stammen viele Fotos in unserem Film.     AUS DIESEM PROJEKT MITGENOMMEN?
Weil es so ein sensibles Thema ist, wollten sie   Merle: Es ist schon erstaunlich, was man in-
den Film gern Walters Schwester Grete Ham-        nerhalb einer Woche alles schaffen kann. Als
burg, die heute mit ihrer Familie in Tel Aviv     der Film fertig war, war das ein gutes Gefühl.
lebt, zeigen. Wir bekamen dann die Rückmel-       Stela: Es hat uns gezeigt, wie wichtig es ist,
dung, dass sie sehr gerührt und mit dem Film      sich mit Geschichte auseinanderzusetzen.
einverstanden war. Und der Verein war auch        Und sich zu engagieren, besonders wenn Din-
überzeugt von unserer Arbeit und schlug un-       ge noch ungeklärt sind.
ser Projekt für den BERTINI-Preis vor.            Weitere Infos zum Thema:
                                                  WWW.KINDER-VOM-BULLENHUSER-DAMM.DE
WAS WAR DAS SCHWIERIGSTE                          Film:
BEIM ERSTELLEN DES FILMS?                         WWW.HAMBURG-MEMORY.DE/FILM/2017-06/DIE-
Stela: Wir haben erst den Text geschrieben,       GESCHICHTE-VON-WALTER-JUNGLEIB/
ihn anschließend mit einem Audiorekorder                                                           11
ERINNERN AN DIE SCHICKSALE
     RUSSISCHER ZWANGSARBEITER IN
      BERGEDORF  11                           Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Bergedorf gingen der
                                       Frage nach, wie Zwangsarbeiter während der NS-Zeit behandelt wurden.
                                        Sie erstellten eine Dokumentation und brachten das Thema in die Öffentlichkeit.

             ZWISCHEN 1939 UND 1945 LIESSEN DIE NATIONALSO-   bewerb des Bundespräsidenten und der Ham-
             ZIALISTEN ALLEIN IM RAUM HAMBURG ETWA EINE       burger Körber-Stiftung mit dem Thema »Gott
             HALBE MILLION KRIEGSGEFANGENE UND ZWANGS-        und die Welt. Religion macht Geschichte«. Er
             ARBEITER UNTER UNMENSCHLICHEN BEDINGUN-          gab den Jugendlichen den Impuls, ihre eigene
             GEN ARBEITEN. MENSCHEN AUS RUSSLAND, POLEN       Forschungsfrage zu entwickeln.
             ODER FRANKREICH WAREN GRÖSSTENTEILS IM KZ        Unter der Fragestellung: »Waren alle Zwangs-
             NEUENGAMME INTERNIERT UND MUSSTEN HIER WIE       arbeiter und Kriegsgefangenen während des
             AUCH IN KLEINEN UND GROSSEN BETRIEBEN AU-        ­2.  Weltkriegs in Bergedorf von Gott und der
             SSERHALB SCHWER ARBEITEN. VIELE KAMEN DABEI       Welt verlassen?« suchten sie nach historischen
             UMS LEBEN, STARBEN INFOLGE VON ENTKRÄFTUNG        Quellen und Zeitzeugen. Mit Unterstützung
             UND UNTERERNÄHRUNG ODER WEIL SIE VON DEN          ihrer Tutorin, der ehemaligen Lehrerin Gerda
             NAZIS ERMORDET WURDEN. AUF DEM RUSSISCHEN         Schmidt, und weiteren Helfern wie der Biblio-
             EHRENFRIEDHOF IN BERGEDORF ERINNERN HEUTE         thekarin der Schulbibliothek Katrin Jürgens
             652 GEDENKSTEINE AN RUSSISCHE SOLDATEN UND        trugen sie Informationen aus Büchern und
             KRIEGSGEFANGENE.                                  Zeitungsberichten zusammen und befragten
                                                               Zeitzeugen. Sie informierten sich in der KZ-
             Elf Schülerinnen und Schüler der Jahrgangs-       Gedenkstätte Neuengamme, insbesondere in
             stufen 8 bis 10 an der Stadtteilschule Berge-     Gesprächen mit Pastor Hanno Billerbeck von
             dorf befassten sich in einer Geschichtswerk-      der Gedenkstätte, und sie sprachen mit Pasto-
             statt intensiv mit den Schicksalen russischer     rin Doris Spinger aus der Kirchengemeinde St.
             Zwangsarbeiter. »Wir hatten schon an dem          Johannis in Neuengamme. Zudem konnten sie
             Projekt ‚Kriegskinder‘ des Volksbundes Deut-      in der Gedenkstätte Neuengamme Sterbeur-
                                                               kunden von Zwangsarbeitern einsehen. »Mit
                                                               den Biografien von drei Zwangsarbeitern ha-
                                                               ben wir uns intensiver beschäftigt«, erläutert
                                                               Lucy Keil (16).

                                                              Um Näheres über die Situation der Zwangs-
                                                              arbeiter zu erfahren, kontaktierten die Schü-
                                                              lerinnen und Schüler die heute noch existie-
                                                              rende Firma Bentin, für die nachweislich 40
                                                              Zwangsarbeiter gearbeitet hatten, darunter
                                                              auch die beiden an Unterernährung verstor-
      NACHFORSCHEN: MARLA MILLER GANZ LINKS MIT WEITEREN      benen Männer. »Doch das Gespräch mit dem
      SCHÜLERINNEN UND SCHÜLERN ZU SEHEN.                     Geschäftsführer war nicht so ergiebig«, er-
             sche Kriegsgräberfürsorge e.V. teilgenommen      zählt Lucy. Die Firma ist inzwischen verkauft
             und dafür Kontakte zu Zeitzeugen geknüpft«,      worden, einen Kontakt zu dem früheren Be-
             berichtet Hannes Jungclaus (13). Eine weite-     sitzer Emil Bentin wollte der Geschäftsführer
             re Motivation für die Spurensuche war der für    nicht herstellen. Die Schülerinnen und Schü-
12           2016/17 ausgeschriebene 25. Geschichtswett-      ler fühlten sich abgewimmelt. »Inzwischen
ist ein Brief von Julia Bentin, der Tochter des    laut Totenschein an Herz-Kreislauf-Versagen.
     früheren Besitzers, eingetroffen, die unsere       Die beiden anderen, die für das Betonwerk
     Recherche kritisiert, sich aber mit uns tref-      Bentin in Lohbrügge gearbeitet hatten, star-
     fen will«, sagt Lucy. Die Schülerinnen und         ben an Unterernährung.
     Schüler trafen andere Zeitzeugen, etwa An-
     gehörige aus kleineren Familienbetrieben, die      In ihrer Dokumentation kommen die Schüle-
     Zwangsarbeiter beschäftigt hatten. »Meist          rinnen und Schüler u dem Ergebnis, dass die
     hatten sie dort bessere Arbeitsbedingungen,        Zwangsarbeiter sich »von Gott und der Welt
     wurden besser mit Essen versorgt, manche so-       verlassen« fühlen mussten. Nachdem sie ihre
     gar wie ein Familienmitglied aufgenommen«,         Ergebnisse beim Wettbewerb eingereicht hat-
     berichtet Lara Jahncke (15). Aber auch dort        ten und Hamburger Landessieger geworden
     wurde ihre Arbeitskraft ausgenutzt.                waren, war ihre Arbeit noch nicht beendet.
                                                        »Wir wollten das Unrecht an den Zwangsar-
     Ihre Ergebnisse bündelten die 13- bis 16-jäh-      beitern auch in die Öffentlichkeit bringen und
     rigen Schülerinnen und Schüler in einer            möglichst viele Menschen darauf aufmerk-
     Dokumentation, in der die Situation von            sam machen«, sagt Marla Miller (16).

DOKUMENTE AUSWERTEN: ALYSSA UND HANNES SICHTEN          ÖFFENTLICH MACHEN: LUCY KEIL IST ES WICHTIG,
DIE DIGITALISIERTEN STERBEURKUNDEN                      ÜBER VERGANGENES UNRECHT AUFZUKLÄREN

     Zwangsarbeitern aus Polen, Frankreich, Bel-        Und so trugen die Schülerinnen und Schüler
     gien und der Sowjetunion während der NS-           am 8. Mai 2017, dem Gedenktag anläss-
     Zeit, insbesondere in Bergedorf, dargestellt       lich des Endes des 2. Weltkrieges, Texte über
     wird. Sie gingen der Frage nach, wie sich die      Zwangsarbeiter auf dem Ohlsdorfer Friedhof
     Kirche in der NS-Zeit verhielt, und stellten       vor und führten russische Austauschschülerin-
     fest, dass es nur sehr wenige Pastoren gab, die    nen und -schüler über den Russischen Solda-
     sich gegen die Nazis stellten. Einer dieser Pas-   tenfriedhof in Bergedorf. Sie erarbeiteten sze-
     toren war Fritz Schade aus Hamburg-Och-            nische Lesungen, in denen sie Zwangsarbeiter
     senwerder. »Er half den Zwangsarbeitern, wo        und deren »Chefs« zu Wort kommen ließen.
     er nur konnte«, berichtet Hannes. Die Schü-        »Wir wollten damit zur Diskussion darüber
     lerinnen und Schüler hatten mit seinem Sohn        anregen, wo Schuld anfängt und aufhört«,
     gesprochen. In einem weiteren Kapitel stellen      erklärt Emilia Waterstradt (15). Die Schü-
     die Jugendlichen die Biografien der drei russi-    lerinnen und Schüler trugen ihre Lesungen
     schen Zwangsarbeiter vor, deren Namen sie          während der »Woche des Gedenkens« in Ber-
     auf den Sterbeurkunden und auf den Grab-           gedorf im November 2017 an verschiedenen
     steinen des Russischen Ehrenfriedhofs gefun-       Orten vor. Und sie erinnerten am Volkstrau-
     den hatten. Sie alle starben jung und nach         ertag auf dem Russischen Soldatenfriedhof
     nur kurzer Zeit in der Gefangenschaft. Einer       mit szenischen Lesungen aus den Biografien
     von ihnen hatte im KZ gearbeitet und starb         an die Zwangsarbeiter.                            13
RAPPEN
                           FÜR MEHR MENSCHLICHKEIT
                 Die Klasse 7b des Gymnasiums Kaiser-Friedrich-Ufer nahm gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern einer
                 Internationalen Vorbereitungsklasse und weiteren Freunden ein Musikvideo auf. Botschaft ist die klangvoll in
                 Szene gesetzte Aufforderung, Vorurteile und Ausgrenzung zu überwinden.
                           »WIR WOLLTEN MAL WAS MIT EINER MESSAGE MA-          Thema lag es auf der Hand, die Schülerinnen
                           CHEN UND ALLES AUFSCHREIBEN, WAS BESSER SEIN        und Schüler der damaligen Internationalen
                           SOLL IN DER WELT«, SAGT JONAS (12). DER SCHÜ-       Vorbereitungsklasse, die inzwischen Regel-
                           LER DES GYMNASIUMS KAISER-FRIEDRICH-UFER IN         klassen besuchen, mit einzubeziehen.
                           EIMSBÜTTEL IST EINER VON 30 SCHÜLERINNEN UND        Zu den Kindern und Jugendlichen aus Flücht-
                           SCHÜLERN AUS DER KLASSE 7B, DIE GEMEINSAM           lings- und Einwandererfamilien, die aus so
                           MIT SCHÜLERINNEN UND SCHÜLERN EINER INTER-          verschiedenen Ländern wie Afghanistan, Sy-
                           NATIONALEN VORBEREITUNGSKLASSE (IVK) EIN            rien, Bosnien, Kroatien, Estland, China oder
                           MUSIKVIDEO MIT EIGENEM SONG KONZIPIERT UND          Vietnam stammen, hatten einige Schülerin-
                           AUFGENOMMEN HABEN. IN IHREM SONG RUFEN SIE          nen und Schüler schon einen guten Kontakt.
                           ZU MEHR MENSCHLICHKEIT AUF UND WENDEN SICH          So war es nicht schwer, sie zum Mitmachen
                           GEGEN VORURTEILE UND AUSGRENZUNG. Und so            zu motivieren. »Wir fanden das sehr passend
                           sind in dem Video ebenso fröhlich wie nach-         zu zeigen, dass wir ja auch mit verschiedenen
                           denklich rappende Kinder und Jugendliche zu         Kulturen zusammenleben«, sagt Milli (13).
                           sehen. Sie stammen aus verschiedenen Kul-           Da die IVK-Kinder und -Jugendlichen noch
                           turen, aber sie haben eine gemeinsame Bot-          dabei waren, Deutsch zu lernen, fanden die
                           schaft. »Hey, ganz egal, wer du bist oder was       Schülerinnen und Schüler auch für diejenigen,
                           dir gefällt: Eigentlich ist nur wichtig, dass man   die die Sprache noch nicht so gut beherrsch-
                           zueinander hält«, lautet ein Vers ihres Liedes.     ten, eine Lösung: »Wer noch Schwierigkeiten
                           Er soll deutlich machen, »dass wir alle gut         bei der Aussprache hatte, konnte auch ein-
                           miteinander leben können und dass alle Men-         fach nur mittanzen«, erklärt Milli. Und auch
                           schen gleichberechtigt sind«, erklärt Jonas.        besondere Fähigkeiten wurden gewürdigt:
     RAPPEN FÜR MEHR                                                           »Ein Junge hatte den Beatbox ziemlich gut
     MENSCHLICHKEIT:                                                           drauf, der hat den Grundrhythmus gemacht«,
       MUSIKPÄDAGOGIN                                                          berichtet Bennet.
        URSULA RICHTER                                                         Bevor es an die Aufnahme des Videos ging,
     BEI EINER PROBE MIT                                                       mussten erst einmal Inhalte und Melodie er-
 IHREN SCHÜLERINNEN                                                            dacht werden. Um den Songtext zu schreiben,
         UND SCHÜLERN.                                                         sammelten die Schülerinnen und Schüler der
                                                                               »Textgruppe« alles, was sie aktuell gerade
                                                                               beschäftigte und erschütterte. Das waren im
                                                                               vergangenen Jahr etwa die von US- Präsident
                                                                               Donald Trump ausgerufene Abschottungs-
                           Auf die Idee zu ihrem »Humanity Rap« ka-            politik für sein Land, die rechten Sprüche von
                           men die Siebtklässler anlässlich der 125-Jahr-      AfD-Politikern, die Ausgrenzung von Flücht-
                           Feier ihrer Schule. »Wir hatten schon einmal        lingen und Obdachlosen. Nach dem Brain-
                           ein Video gedreht, da ging es um das Leit-          storming und ersten Textzeilen entstanden
                           bild unserer Schule. Jetzt wollten wir etwas        dann Strophen mit Passagen wie: »Magst du
                           zu Menschenrechten und Gerechtigkeit ma-            Döner oder Eis, bist du schwarz oder weiß? –
14                         chen«, berichtet Bennet (12). Bei diesem            Hast du überm Kopf ein Dach? Oder liegst du
draußen wach?« – »Darfst du deine Meinung          Da werden etwa zwei Kinder von einer Fuß-
sagen? Oder wirst du dann geschlagen?«             ball spielenden Gruppe auf dem Schulhof
Egal, in welcher Situation sich die Menschen       ausgeschlossen. Im Text heißt es dann: »Schau
befinden, im Refrain kommen die Schülerin-         nicht weg, schau dir an, wie man was verän-
nen und Schüler zu dem Schluss: »Hey, ganz         dern kann! Gerade hier, auch bei dir, steht der
egal, wer du bist oder was dir gefällt: Wir sind   Flüchtling vor der Tür.« – »Sag nicht nein, sei
alle Menschen auf derselben Welt.«                 kein Schwein, lass ihn einfach zu dir rein! Ist
Während die Texte entstanden, entwickelte          dein Haus auch zu klein, lass ihn in dein Herz
die »Melodiegruppe« die Akkorde dazu. Ei-          hinein!« Und dann dürfen die beiden Kinder
nige Schülerinnen und Schüler spielen selbst       auf dem Schulhof schließlich mitspielen. Auch
In­
  strumente und so wurden für den Song             auf die unterschiedliche Herkunft der Kinder
auch Klavier, Saxofon, Gitarre und Trompe-         und Jugendlichen geht das Video ein. Weil vie-
te aufgenommen. »Die Tonaufnahmen haben            le arabisch sprechende Kinder bei dem Song
wir in einem kleinen privaten Tonstudio eines      mitgemacht haben, entschied die Klasse spon-
ehemaligen Schülers unserer Schule gemacht«,       tan, den Refrain zum Schluss auch einmal auf
berichtet Matilda H. (13). Und weil sie für ihr    Arabisch zu wiederholen. »Wir hatten ein
Musikvideo auch passende Kulissen brauchten,       syrisches Mädchen dabei, das uns die richti-
überlegten sich die Schülerinnen und Schüler,      ge Aussprache der arabischen Wörter beige-
an welchen Orten in Hamburg die einzelnen          bracht hat«, erzählt Milli.

MUSIKALISCH ÜBERZEUGEN: 56 SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER ÜBEN FÜR DEN HUMANITY RAP.

Szenen am besten gedreht werden konnten.           Weil die Schülerinnen und Schüler mit ihrem
»Eine Szene haben wir vor der Elbphilharmo-        Song möglichst viele Menschen erreichen
nie gedreht, weil es ein internationaler Platz     wollten, stellten sie ihren »Humanity Rap«
ist, wo sich viele Leute begegnen und viele        auf YouTube. Mit großem Erfolg: »Bislang
Touristen sind«, erläutert Matilda L. (12). An-    haben schon über 2800 Nutzer das Video
dere Szenen entstanden am Altonaer Balkon,         angeklickt«, berichtet Jonas begeistert. Rie-
auf dem Schulhof oder vor einem syrischen          sig war auch die Freude, als die Schülerin-
Restaurant im Stadtteil. »Es sollten Orte sein,    nen und Schüler erfuhren, dass ihr Projekt
wo man Gemeinschaft zeigen kann«, erklärt          mit dem BERTINI-Preis ausgezeichnet wird.
Milli. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich    »Wir haben intensiv diskutiert, wofür wir das
alle Aufgaben vorher gut überlegt, etwa auch       Preisgeld ausgeben wollen«, sagt Jonas. Die
angefragt, ob sie an Plätzen wie der Elbphil-      Klasse beschloss schließlich, einen Teil des
harmonie drehen dürfen. »Sie haben alles völ-      Preisgeldes für bedürftige Kinder zu spenden.
lig selbständig geplant und umgesetzt«, betont     »Wir haben gemerkt: Obwohl wir noch nicht
Klassenlehrerin Ursula Richter.                    wählen dürfen, können wir dennoch etwas
In einigen Video-Sequenzen wird über Aus-          bewirken«, ist Matilda L. überzeugt.
grenzung und deren Überwindung nicht nur           Video unter:
gesungen, sondern sie wird auch dargestellt:       WWW.YOUTUBE.COMWATCH?V=JPWZKT5CFAI                15
KENNENLERNEN
     4
            AUF AUGENHÖHE
        Absolventen des Helmut-Schmidt-Gymnasiums in Wilhelmsburg organisieren monatliche
     Gesprächsrunden für den interreligiösen, politischen und kulturellen Austausch. Sie fördern damit
        Toleranz und Weltoffenheit von Lernenden und Lehrenden an ihrer ehemaligen Schule.

         SIE REDEN ÜBER DIE RADIKALISIERUNG VON           um sich dem IS anzuschließen, es waren auch
         JUGENDLICHEN, ÜBER DIE GLEICHBERECHTIGUNG
         ­                                                Jugendliche aus dem Stadtteil Wilhelmsburg
         VON MÄNNERN UND FRAUEN, ÜBER RASSISMUS,          dabei«, berichtet Besa. Das bestürzte sie
         FREUNDSCHAFT ODER IDENTITÄT. EINMAL IM MONAT     und ihre Mitschülerinnen. »Wir wollten nicht
         GEHT ES BEI DEN »GESPRÄCHSRUNDEN FÜR INTER-      einfach zusehen, wie Jugendliche verführt
         RELIGIÖSEN AUSTAUSCH«, KURZ: GIRA, UM RELIGI-    werden zu einer Radikalität, die nichts mit
         ÖSE, POLITISCHE ODER KULTURELLE THEMEN. DANN     unserer Religion zu tun hat«, sagt Nurhayat,
         SIND INTERESSIERTE SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER,     die Muslima ist. Zu dem Bedürfnis, etwas da-
         DEREN FREUNDE SOWIE INTERESSIERTE LEHRKRÄFTE     gegen tun zu müssen, kam der Wunsch von
         DES HELMUT-SCHMIDT-GYMNASIUMS EINGELADEN,
         GEMEINSAM MIT DEM GIRA-TEAM ZU DISKUTIEREN.
         »Es geht dabei um das Kennenlernen von
         unterschiedlichen Weltanschauungen und
         Meinungen zu aktuellen Themen«, erklärt
         Nurhayat Tüncer. Die 21-Jährige ist Absol-
         ventin des Helmut-Schmidt-Gymnasiums
         und studiert derzeit Architektur. Sie gehört
         zum GIRA-Team ebenso wie ihre ehemaligen
         Mitschülerinnen Besa Bekteshi und Beyza
         Yilmaz, beide Studentinnen der Sonderpäd-
         agogik, und der ehemalige Mitschüler Ahmet
         Kuyucu, der Produktionstechnik und Ma-
         nagement studiert. »Unser Ziel ist es, mit den   Schulleiter Volker Clasing, ein Angebot von    DAS GESPRÄCH
         Gesprächen Akzeptanz und Toleranz unter-         Schülern für Schüler zu entwickeln, um die     SUCHEN:
         einander zu fördern«, sagt Nurhayat, »denn       Jugendlichen besser bei dem zu erreichen,      IN DER GESPRÄCHS­
         nur wer sich kennenlernt und etwas über den      was sie umtreibt. Über die Religionslehrerin   RUNDE FÜR
         anderen weiß, kann ihm ohne Vorurteile be-       Beatrix Teucher und den Politiklehrer Meh-     INTERRELIGIÖSEN
         gegnen.« Jugendliche wie Erwachsene sollen       met Ali Nacarli wurde diese Idee an die Vier   AUSTAUSCH
         »für die Vielfalt der verschiedenen Ansichten    herangetragen. Das gab den Anstoß. »Wir ha-    BEGEGNEN SICH DIE
         sensibilisiert werden, aber auch Gemeinsam-      ben konkret überlegt, was wir machen kön-      TEILNEHMERINNEN
         keiten erkennen und Misstrauen ausräumen«,       nen, und entschieden uns für die Form der      UND TEILNEHMER
         ergänzt Besa Bekteshi (21).                      Gesprächsrunde«, berichtet Besa. Die ers-      RESPEKTVOLL AUF
                                                          te GIRA-Veranstaltung fand 2016 statt, als     AUGENHÖHE.
         Die Idee für den Gedanken- und Meinungs-         die vier Schülerinnen und Schüler ihr Abitur
         austausch entwickelte sich unter den jungen      schon in der Tasche hatten. Ihr Vorhaben war
         Leuten schon während ihrer Schulzeit am          ihnen aber so wichtig, dass sie ihrer Schule
         Helmut-Schmidt-Gymnasium. »2014 gab es           treu blieben und seither regelmäßig monatli-
16       so viele Jugendliche, die nach Syrien gingen,    che GIRA-Treffen anbieten.
Die Runden finden im Bildungszentrum »Tor         So fragte eine Lehrerin beispielsweise, war-
zur Welt« statt. Bei Kaffee und Kuchen wer-       um muslimische Frauen Kopftuch tragen, und
den an einem Nachmittag im Monat zwei             muslimische Teilnehmerinnen berichteten von
Stunden lang Informationen und Ansichten          ihren eigenen Beweggründen.
ausgetauscht und diskutiert. »Wir sind sehr       Auch die Themenvielfalt ist dem GIRA-Team
glücklich, dass uns die Leiterin Theda von        wichtig. »Weil viele muslimische Schüler an
Kalben die Räume des dortigen Inselcafés          der Schule sind, wollten wir auch etwas zu
dafür zur Verfügung stellt«, sagt Nurhayat.       den weniger stark vertretenen Religionen,
Um die Veranstaltungen vorzubereiten, trifft      dem Christentum und dem Judentum, an-
sich das Team ein bis zwei Wochen vorher und      bieten«, erklärt Nurhayat. So haben sie als
plant das nächste Thema. »Dabei handelt es        sogenannte »Specials« zusätzliche Veran-
sich um aktuelle Fragestellungen, die das ge-     staltungen etwa zu Weihnachten, zum jüdi-
sellschaftliche Miteinander in religiöser, kul-   schen Pessach-Fest und zum Fastenbrechen
tureller oder politischer Hinsicht betreffen«,    am Ende des Fastenmonats Ramadan orga-
erklärt Nurhayat. Eingebunden in die Vorbe-       nisiert. »Bei den Treffen zum Advent und zu
reitung ist auch der Islam- und Politikwissen-    Weihnachten erzählten die Teilnehmer von
schaftler Nadim Gleitsmann, der als Experte       ihren persönlichen Feiern, und es war schön
bei vielen Themen eine kurze Einführung ge-       zu erfahren, wie die religiösen Feiertage tat-
ben kann. »Zum Ablauf unserer Veranstaltun-       sächlich gelebt werden«, erzählt Nurhayat.
gen gehören neben dem Input auch Gruppen-         Die Runden seien immer wieder aufschluss-
                                                  reich, »man hat oft einen ‚Aha-Effekt‘, weil
                                                  man immer wieder von Dingen erfährt, die
                                                  man vorher so nicht kannte«, berichtet Besa.
                                                  Und auch Nurhayat sind die Gesprächsrun-
                                                  den ans Herz gewachsen. »Die Themen gehen
                                                  uns nah, weil sie uns selbst angehen, und es
                                                  macht auch einfach Spaß«, betont sie. Für die
                                                  Schülerinnen und Schüler, da sind sich beide
                                                  einig, seien diese Runden ebenfalls ertrag-
                                                  reich. »Sie können sich politisch informieren,
                                                  sich mit aktuellen Themen auseinanderset-
                                                  zen und sie lernen, es auch mal auszuhalten,
                                                  wenn es andere Meinungen gibt«, erläutert
arbeit oder Rollenspiele und abschließende        die angehende Pädagogin Besa.
Diskussionsrunden. Jeder soll sich eingeladen     Der Erfolg spricht für sich. Die Veranstaltun-
fühlen, etwas beizutragen, die Begegnungen        gen sind gut besucht. »Es kommen mindes-
sollen auf Augenhöhe stattfinden«, erläutert      tens 15 Besucher, wir hatten auch schon 40
Nurhayat.                                         Teilnehmer«, berichtet Nurhayat. Auch für
Das kommt vor allem bei den Schülerinnen          die Fortsetzung der Veranstaltungen ist ge-
und Schülern gut an. »Sie finden es gut, dass     sorgt, wenn die Studierenden berufstätig wer-
sie in den Runden gleichberechtigt mit den        den und vielleicht weniger Zeit für das Enga-
Lehrkräften sind«, stellt Besa fest. Sie und      gement haben sollten. Seit vergangenem Jahr
ihre Team-Kollegen fungieren bei den Ge-          ist das GIRA-Projekt an das Profil Religion
sprächen als Moderatoren und schaffen eine        und PGW (Politik/Gesellschaft/Wirtschaft)
Atmosphäre, bei der »angstfrei, ohne Vorur-       angebunden, Schülerinnen und Schüler des
teile und mit Respekt vor den anderen Fragen      Profils können sich bei GIRA engagieren.
gestellt werden können, die man sich sonst        Doch solange sie es zeitlich noch schaffen,
vielleicht nicht zu fragen traut«, sagt Besa.     wollen die vier Studentinnen und Studenten
Und die zu direkten Erkenntnissen führen.         weitermachen.                                    17
THEATERSTÜCK

     REICHSAUSSCHUSSKINDER
                    SYSTEMATISCHE KINDERMORDE IN ZWEI HAMBURGER KLINIKEN
      17 Schülerinnen und Schüler des                 was darüber hört«, sagt Soraya Dräger (16).
       Theaterkurses am Gymnasium Klosterschule       Als Grundlage ihres Stücks »Reichsausschuss-
      befassten sich mit der Euthanasie von Kindern   kinder« nutzten die Schülerinnen und Schüler
       während der NS-Zeit. Sie forschten zu dem      das Skript von Michael Batz. »Wir haben uns
           Thema und inszenierten ein                 an seine Dramaturgie gehalten«, sagt Paul.
              eindrucksvolles Theaterstück            Zudem trafen sie sich mit dem Journalisten
                                                      Andreas Babel, Autor des Buchs »Kindermor-
       AUF DER BÜHNE STEHT EIN MÄDCHEN IM WEISSEN     de im Krankenhaus«. Es handelt von den Tö-
       NACHTHEMD. ES WIEGT SICH HIN UND HER, WÄH-     tungen im Kinderkrankenhaus Rothenburgs-
       REND AUS DEM OFF VERSCHIEDENE STIMMEN NACH-    ort. Der Autor unterstützte die Schülergruppe
       EINANDER NÜCHTERNE MITTEILUNGEN VORTRAGEN:     bei der Recherche über das Euthanasie-Pro-
       »TELEGRAMM: SOHN BERND, VERSTORBEN. ERBIT-     gramm der Nationalsozialisten.
       TEN GEBURTSURKUNDE. ANSTALT LANGENHORN.«       1939 begann das NS-Regime mit der syste-
       – »TELEGRAMM: HELLA, VERSTORBEN. ERBITTEN      matischen Ermordung von geistig und kör-
       RÜCKSPRACHE WEGEN BEERDIGUNG, ANSTALT LAN-     perlich behinderten Menschen, die als »un-
       GENHORN.« – »TELEGRAMM: HELGA, LEIDER VER-     wertes Leben« angesehen wurden. Neben
       STORBEN.« – »TELEGRAMM: INGA, VERSTORBEN.«     den Erwachsenen waren auch Tausende von
       IMMER MEHR NAMEN, IMMER KÜRZER WERDENDE        Kindern betroffen. Es wurde ein Reichsaus-
       TEXTE, MIT DENEN ELTERN ÜBER DEN TOD IHRES     schuss gebildet, der »erb- und anlagebeding-
       KINDES INFORMIERT WERDEN. ES IST DER BEKLEM-   te schwere Leiden« wissenschaftlich erfassen
       MENDE AUFTAKT EINES THEATERSTÜCKS, DAS EIN     sollte. »Doch das war ein Scheinausschuss«,
       GRAUSAMES THEMA ZUM INHALT HAT: DIE SYSTE-     weiß Paul. Denn es ging nicht darum, kran-
       MATISCHEN MORDE AN BEHINDERTEN KINDERN         ke Kinder zu beobachten und zu heilen,
       WÄHREND DER NS-ZEIT. DER THEATERKURS DES 10.   sondern herauszufiltern, wer getötet werden
       JAHRGANGS AM GYMNASIUM KLOSTERSCHULE HAT       sollte. »Die Ärzte meldeten Patientendaten
       DAZU EIN DOKUMENTARISCHES STÜCK INSZENIERT     und Gutachter entschieden, ohne die Kinder
       UND AUF DIE BÜHNE GEBRACHT.                    gesehen zu haben, wer eine besondere Be-
       Die Anregung kam von Schüler Paul Veit         handlung erhalten sollte«, ergänzt Paul. Die
       (16). »Ich hatte zum Gedenktag der Holo-       Behandlung für die sogenannten Reichsaus-
       caust-Opfer im Rathaus die szenische Lesung    schusskinder bestand aus dem Spritzen einer
       ‚Reichsausschusskinder‘ von Michael Batz       tödlichen Dosis Luminal. »Eine sehr schmerz-
       gesehen. Darin ging es um die Morde an be-     hafte Prozedur, nach der viele Kinder nicht
       hinderten Kindern im Kinderkrankenhaus         sofort starben, sondern sich noch bis zu 48
       Langenhorn«, berichtet Paul. Ein Thema, das    Stunden quälten«, erklärt Paul.
       ihn sehr beschäftigte: »Die Euthanasie bei     Die Kinder wurden zwischen 1940 und 1945
       Erwachsenen war mir bekannt, aber über         in sogenannten »Kinderfachabteilungen« in
       die Kinder-Euthanasie wusste ich wenig«,       ganz Deutschland getötet. In Hamburg ge-
       so der Schüler. Er schlug vor, das Thema im    schah das in den Kinderkrankenhäusern in
       Theaterkurs aufzugreifen. Theaterlehrerin      Langenhorn unter dem Mediziner Friedrich
       Berit Juppenplatz und die Mitschülerinnen      Knigge und in Rothenburgsort unter dem Kin-
       und Mitschüler waren sofort einverstanden.     derarzt Wilhelm Bayer. Auch eine Reihe von
       »Auch mich hat es angesprochen, ich fand es    Assistenzärztinnen und Krankenschwestern
18     unfassbar, dass es das gab und man kaum et-    waren daran beteiligt.
AUF DIE BÜHNE BRINGEN: DIE SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER
 DES GYMNASIUMS KLOSTERSCHULE BEREITETEN DAS THEMA
  "EUTHANASIE AN KINDERN" MIT THEATRALEN MITTELN AUF.

   In ihrem Stück schauen die Schülerinnen und          spieler den Schmerz der Angehörigen heraus,
   Schüler auf die Täter und lassen sie spre-           denen verheimlicht worden war, dass ihre
   chen. Kein Bühnenbild, kaum Requisiten,              Kinder nicht an einer Krankheit oder Ope-
   die Darsteller sparsam kostümiert, mit Arzt-         ration gestorben, sondern ermordet worden
   kitteln, Schwesterntrachten und die Verwal-          waren.
   tungsbeamten in Anzügen – nichts sollte den
   Zuschauer ablenken: »Wir wollten, dass sie           Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten in
   das ganze Ausmaß der Aussagen erfassen«,             ihrem Stück zum großen Teil mit Originalzi-
   erläutert Soraya. So verteidigen sich in einer       taten, um möglichst authentisch zu sein. »Wir
   Szene die Ärzte, die nach dem Krieg von der          hatten uns auch um Akteneinsicht im Staats-
   Staatsanwaltschaft wegen Mordes angeklagt,           archiv bemüht, aber es hat fast drei Monate
   aber nicht verurteilt wurden. »Dr. Knigge hat        gedauert, bis wir endlich die Erlaubnis er-
   nachweislich 22 Kinder getötet, wahrschein-          hielten – das war ein Monat vor unserer ers-
   lich sogar mehr. Dr. Bayer brachte etwa 200          ten Aufführung«, sagt Paul. Texte ließen sich
   Kinder um. Die Ärzte waren überzeugt, dass           dann nicht mehr ins Stück einarbeiten, »aber
   sie nichts Falsches getan haben. Dr. Bayer,          das Lesen der Akten half einigen, ihre Rollen
   der nach dem Krieg als Kinderarzt in Ham-            noch besser zu verkörpern«, berichtet Sora-
   burg weiterarbeitete, fand sogar, er habe            ya. Auch wenn die Charaktere unterschied-
   seine Aufgabe korrekt erfüllt, das Beseitigen        lich dargestellt wurden, so waren sie doch alle
   unwerten Lebens war für ihn kein Mord«, be-          mitschuldig. »Es war unser Ziel zu zeigen,
   richtet Paul.                                        dass nicht nur Einzelne, sondern fast alle mit-
   In weiteren Szenen treten die Kranken-               gemacht haben«, sagt Soraya. Deshalb bau-
   schwestern auf. Nur ganz wenige haben nicht          ten die Schülerinnen und Schüler auch keinen
   mitgemacht. Die meisten beteuerten, dass             Helden in ihr Stück ein, also jemanden, der
   sie nur ihre Arbeit getan hätten, als sie die        sich widersetzte und mit dem man sich als
   Kinder festhielten, damit die Ärzte die Sprit-       Zuschauer hätte identifizieren können. »Wir
   zen geben konnten. Ihnen wurde gesagt, es            wollten zum ehrlichen Nachdenken darüber
   sei rechtlich in Ordnung, was sie täten. Eben-       anregen, was man selber getan hätte«, er-
   so den Assistenzärztinnen, die die tödlichen         klärt Soraya.
   Spritzen gaben. Einige waren »komplett               Diese Konzentration auf das Wesentliche
   überzeugt von ihrem Handeln, andere äußer-           macht das Stück so eindringlich und aussage-
   ten Skrupel. Aber alle haben versucht, sich          kräftig. Das empfanden auch die Zuschauer
   aus ihrer Schuld herauszureden. Auch von ih-         bei der Aufführung in der Klosterschule. »Sie
   nen wurde keine verurteilt. Einige Ärztinnen         waren sehr bewegt, einige hatten rote Au-
   machten nach dem Krieg noch Karriere«, be-           gen«, sagt Soraya. Und viele fanden es sehr
   richtet Paul. In der Szene mit den Eltern der        gut, dass die Schülerinnen und Schüler dieses
   getöteten Kinder stellen die jungen Schau-           Thema aufgegriffen haben.                         19
VIER LEHRKRÄFTE, DIE INSPIRIEREN,
            MOTIVIEREN UND UNTERSTÜTZEN
        HINTER DEN PREISGEKRÖNTEN SCHÜLERPROJEKTEN
        STECKEN OFT PASSIONIERTE LEHRKRÄFTE. SIE IN­
        SPIRIEREN, MOTIVIEREN UND UNTERSTÜTZEN IHRE
        SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER AUCH AUSSERHALB
        DES UNTERRICHTS. ANLÄSSLICH DER 20. VERLEI-
        HUNG DES BERTINI-PREISES WURDEN VIER LEHR-
        KRÄFTE FÜR IHR AUSSERGEWÖHNLICHES ENGAGE-
        MENT GEWÜRDIGT.

        »Ein Gespräch mit einem Zeitzeugen bringt
        so viel wie fünf Stunden Geschichtsunter-
        richt«, berichtet Klaus Möller. Dem pensio-
        nierten Englisch- und Geschichtslehrer vom
        Heisenberg-Gymnasium in Harburg ist es ein
        Anliegen, über die NS-Verbrechen im Stadt-
        teil zu informieren. Dafür engagiert er sich
        in der Initiative »Gedenken in Harburg«, die
        jährlich die Harburger Gedenktage organi-
        siert. Die dort auftretenden Zeitzeugen lud
        Möller auch in seinen Unterricht ein.           schen verbunden«, sagt Klaus Möller. Und sie     GEWÜRDIGT:
        Bei einigen seiner Schülerinnen und Schüler     brachten deren Schicksale in die Öffentlich-     DREI PENSIONIERTE
        entfachten diese Begegnungen nachhaltiges       keit. »Ich freue mich, dass diese Anstrengun-    LEHRKRÄFTE UND
        Interesse. So bei seinem Schüler Frederic       gen mit dem BERTINI-Preis gewürdigt wer-         EINE SCHULLEITERIN
        Wünsche. Er traf eine Widerstandskämpferin      den, und das in einem so festlichen Rahmen       UNTERSTÜTZEN
        der »Weißen Rose«, Marie-Luise Schultze-        wie im Ernst Deutsch Theater.«                   UND FÖRDERN
        Jahn, und schrieb über sie. Dafür erhielt er                                                     SEIT JAHREN IHRE
        den BERTINI­    -Preis 1999. Weitere Projekte   Mit Zeitzeugen arbeitete auch die pensio-        SCHÜLERINNEN
        zur Aufarbeitung der NS-Zeit folgten. Neun      nierte Pädagogin Cläre Bordes an der Stadt-      UND SCHÜLER BEI
        Mal erhielten Schülerinnen und Schüler          teilschule Stellingen. Zwei Mal erhielten ihre   PROJEKTEN, DIE MIT
        des Heisenberg-Gymnasiums den BERTINI-          Schülerinnen und Schüler einen Anerken-          DEM BERTINI-PREIS
        Preis.                                          nungspreis. Das Engagement für Bosnien           AUSGEZEICHNET
                                                        führte schließlich zu weiteren BERTINI-Prei-     WURDEN.
        Die Ideen für Projekte kamen von den Ju-        sen. Das begann, als die Medien-, Kunst- und
        gendlichen, berichtet er. Gespräche mit Zeit-   Deutschlehrerin 2002 eine 5. Klasse mit dem
        zeugen eröffneten Zugänge zu Themen wie         aus Bosnien stammenden Samir übernahm.
        Zwangsarbeit in der NS-Zeit, das NS-Eu-         Der damals Elfjährige brachte nach den Fe-
        thanasie-Programm oder die Verfolgung der       rien bei seinen Großeltern in Bosnien einen
        Swing-Jugend. Sie erstellten Dokumentati-       selbst gedrehtenVideofilm mit. Der Film zeigte
        onen, hielten Vorträge und sammelten Geld       – sieben Jahre nach Ende des Bosnien-Krieges
20      für Stolpersteine. »Sie fühlten sich den Men-   – noch so viel Armut und Kriegszerstörung,
dass Klassenkameraden und Lehrerin ein            die »herausfordernden Auftrittsmöglichkeiten
Hilfeprojekt organisierten, das 2004 den          wie bei den Theaterfestivals im Ernst Deutsch
BERTINI-Preis erhielt. Ein weiterer BERTINI-      Theater.« Mit vielen seiner Ehemaligen steht
Preis folgte 2011 für einen Austausch mit ei-     der Lehrer noch in Kontakt, fünf von ihnen
ner Schule in Sarajewo, bei dem Jugendliche       wurden professionelle Schauspieler. »Dass ich
der Stadtteilschule Stellingen und der Ida-       nun selbst für meine Arbeit gewürdigt wurde,
Ehre-Schule Zeitzeugen in Bosnien über den        hat mich gefreut, auch für alle, die hinter uns
Krieg und dessen Folgen befragt hatten.           standen – etwa die Kollegen und eine großar-
Für Cläre Bordes war das Lernen in Projek-        tige Schulleitung«, betont Bublay.
ten immer wichtig. »Jugendliche werden sich
ihrer Stärken bewusst, setzen sich für die Ge-    Mit Theaterprojekten waren auch die von
sellschaft ein, entwickeln demokratisches Be-     Sabine Hansen, Schulleiterin des Alexander-
wusstsein und den Willen zum Mitgestalten«,       von-Humboldt-Gymnasiums, betreuten Schü-
sagt sie. Die eigene Würdigung sei auch eine      lergruppen erfolgreich. Vier Mal wurden sie
weitere Auszeichnung für die Schülerinnen         mit dem BERTINI-Preis ausgezeichnet. Der
und Schüler, »denn sie haben die Projekte ja      erste Preis ging 2004 an die Theatergruppe
zum Erfolg gebracht«.                             des Stücks »Hitlerjunge Salomon«, das die
                                                  Jugendlichen nach der Begegnung mit dem
Auf die Behandlung der Zeitgeschichte setzte      Zeitzeugen Salomon Perel aufgeführt hat-
auch der pensionierte Theater-, Politik- und      ten. »Zukunft positiv« (BERTINI-Preis 2008)
Sportlehrer Olaf Bublay. Während seiner Zeit      thematisiert das Leben mit Aids. In »NET-
am Wirtschaftsgymnasium und der Beruf­            FLAT.« (BERTINI-Preis 2012) geht es um
lichen Schule H20 in Steilshoop führte er das     Cybermobbing und von Genmanipulation
Fach Theater an der Schule ein. Für die vie-      und Wunschkindern handelt das Stück »Blut-
len zugewanderten Schülerinnen und Schüler        druck« (BERTINI-Preis 2014).
war das nicht nur eine Chance, ihr Deutsch        Die Themen hatten die Schülerinnen und
zu verbessern. »Das Theater ermöglicht den        Schüler meist selbst gefunden. Dabei erlebte
Jugendlichen, Missstände zu fokussieren           Sabine Hansen, dass die Jugendlichen ihr Zö-
und schauspielerisch öffentlich zu machen«,       gern angesichts der anspruchsvollen Themen
fasst Olaf Bublay seine Erfahrungen zusam-        überwinden konnten. »Sie zu unterstützen
men. Viele von ihm geleitete Theaterprojekte      war unsere wichtigste Aufgabe, denn den
wurden ausgezeichnet, vier davon mit dem          meisten fehlte die Erfahrung, ihr Vorhaben
BERTINI-Preis. In ihren Stücken griffen die       schaffen zu können.«
Jugendlichen Themen aus ihrem eigenen kul-        Bei ihren Projekten legt die Pädagogin Wert
turell vielfältigen Lebensumfeld auf.             auf Teamarbeit. »Kollegen und Schüler aus
So ging es in dem Stück »Der edelste Teil«        Bereichen wie Musik, Kunst oder Multime-
(BERTINI-Preis 2000) um Rassismus und den         diaarbeit bereichern die Projekte und ge-
Umgang mit Flüchtlingen. Das Stück »Hast          ben den Jugendlichen eine Vorstellung von
du Bock zu tanzen?« (BERTINI-Preis 2004)          Teamarbeit.« Durch die Arbeit wachse man
thematisiert sexuelle Gewalt gegen Frauen.        zusammen, jeder könne seine Begabungen
DieVorlage für »Sein im Nichtsein« (BERTINI-      einbringen. Motiviert durch das Ziel der
Preis 2007) lieferte die Fluchtgeschichte eines   Aufführung wurden Durststrecken überwun-
Schülers. Und in »Die war nicht so« (BERTINI-     den. Am Ende stand »die Freude und der
Preis 2012) befassten sich die Schülerinnen       Stolz über das gemeinsame Werk«, resümiert
und Schüler mit Gewalt in der Partnerschaft       Sabine Hansen. Die ihr zugedachte Ehrung
und den sogenannten Ehrenmorden. Das The-         nahm sie mit Freude für alle, die an den Pro-
aterspiel fördere selbstbewusstes Auftreten,      jekten mitgewirkt haben, entgegen.
stellt Bublay heraus. Die Jugendlichen seien
sehr motiviert gewesen, nicht zuletzt durch                                                         21
Sie können auch lesen