Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung - Rahmenkonzept - Rafaelschule
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Volksschulamt Amt für Jugend und Berufsberatung Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung Rahmenkonzept
2 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung Inhalt 1 Einleitung 5 6 erufswahl- und Lebensvorbereitung B mit Akzent auf Aktivierung und 2 Zielgruppen 5 Beschäftigung in Tagesstätten 30 6.1 Akzentspezifisches zur Frage der Zielgruppen 3 Sonderschulung auf der Sekundarstufe I 6 und Anbieter 30 3.1 Daten zur Sonderschulung auf der Sekundarstufe I 6.2 Integrative und sozialpädagogische Lernformen 30 6 3.2 Sekundarstufe im Rahmen 6.3 Standards Unterstützungsakzent 2 31 der Schulpflicht: Anbieter 7 6.4 Akzentspezifische Aspekte der Zusammenarbeit 31 3.3 Sekundarstufe im Rahmen der Sonderschulung 7 Umsetzung 32 15plus: Ausschluss, Anbieter, Angebotsrahmen 7 3.4 Anschlusslösungen zur Sonderschulung auf der 7.1 Einführungskommunikation 32 Sekundarstufe I 9 7.2 Informationsveranstaltungen 32 3.5 Inhalte der Sonderschulung auf der Sekundarstufe I 9 7.3 Informationsbroschüre 32 3.6 Anspruch auf passende Anschlusslösungen und deren Finanzierung 9 8 Anhang 34 8.1 Leistungen in Anschlusseinrichtungen 34 4 erufswahl- und Lebensvorbereitung B 8.2 Exemplarische Literaturangaben und Materialien in der Sonderschulung 11 zum Lernfeld-Konzept 34 4.1 Ausrichtung auf Lebensbereiche der ICF-CY 11 8.3 Europäischer Qualifikationsrahmen (EQR) 36 4.2 Akzente der Berufswahl- und Lebensvorbereitung 13 8.4 Glossar 38 4.3 Lernfelder der Berufswahl- und Lebensvorbereitung13 4.4 Perspektive Berufsausbildung: Kompetenzbereiche und Berufswahlmodell 14 4.5 Lernerfahrungen in nachschulischen Angeboten 15 4.6 Erweiterte methodischdidaktische Formen 17 4.7 Instrumente der Berufswahl- und Lebensvorbereitung17 4.8 Zusammenarbeit rund um die Berufswahl- und Lebensvorbereitung 18 4.9 Finanzierung der Berufswahl- u nd Lebensvorbereitung 24 4.10 Berufswahl- und Lebensvorbereitung: Plattform 25 Impressum 5 erufswahl- und Lebensvorbereitung B mit Akzent auf Berufsausbildung und Arbeit Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen im 1. oder geschützten Arbeitsmarkt 26 in der Sonderschulung, Rahmenkonzept 5.1 Akzentspezifisches zur Frage der Zielgruppen und Anbieter 26 Herausgeberin Bildungsdirektion Kanton Zürich 5.2 Integrative und sozialpädagogische Lernformen 26 Volksschulamt 5.3 Standards Unterstützungsakzent 1 27 5.4 Akzentspezifische Aspekte der Zusammenarbeit 27 Gestaltung und Produktion 5.5 Organisation und Finanzierung von ISS raschle & partner, www.raschlepartner.ch in Berufswahlschulen 28 Bezugsadresse: Volksschulamt, Walchestr. 21, 8090 Zürich Telefon 043 259 22 91, sonderpaedagogisches@vsa.zh.ch 2. angepasste Auflage Juli 2016 © Bildungsdirektion Kanton Zürich
3 Das vorliegende Rahmenkonzept wurde in einem Die Resonanzgruppe bestand aus: breit abgestützten Projekt entwickelt. Jean-Claude Beer, Leiter Strategie und Entwicklung, SVA Zürich; Marlise Fahrni, Präsidentin Sekundar- Beteiligt waren in den Projektgruppen: schulgemeinde Regensdorf/Buchs/Dällikon; Jürg Pascal Bartlomé, SVA Zürich; Mirko Baur, VSA; Forster, Leitung Schulpsychologischer Dienst der Hansruedi Bischofberger, Heilpädagogische Schule Stadt Zürich; Kurt Haefeli, Bereichsleiter Forschung der Stadt Zürich; Claudia Bleuler, Stiftung Vivendra, und Entwicklung, Departement Weiterbildung, For- Dielsdorf; Lukas Bucher, VSKZ; Pia Fontana, VSA; schung und Dienstleistungen, HfH; Judith Hollen- Melanie Fuchs, Städt. Schule für cerebral gelähmte weger, Prorektorat Weiterbildung und Forschung Kinder, Maurerschule, Winterthur; Dani Fuhrimann, PH Zürich; Beatrice Kronenberg, Direktorin Stiftung WSW Werkstattschule, Wetzikon; Marc Gander, Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik AJB; Peter Gerber, VSLZH; Roland Haueter, Stif- (SZH); Brigitte Mühlemann, Leitung Abt. Pädagogi- tung Schloss Regensberg, Regensberg; Markus sches, VSA; Rosmarie Quadranti, Präsidentin Schu- Jasinski, Stiftung Bühl, Wädenswil; Peter Kaegi, le Volketswil; Edith Rutschmann, Verantwortliche VSA; Ursula Kessler Schoch, SVA Zürich; Christoph Berufsbildung, Migros Genossenschaftsbund; Emil Kopps, Oberstufenschule Lengg, Zürich; Ursula Wettstein, Berufsbildungsprojekte GmbH, Zürich; Kunz, Heilpädagogische Schule, Zürich; Jolanda, Katharina Wild, Produktverantwortliche Bildungsan- Lötscher, INSOS Zürich; Rebekka Manso, Schul- gebote, AWA pflege Aeugst am Albis; André Monhart, AJB; Gab- riele Rauser, Stiftung Züriwerk; Elisabeth Schweiger, Heilpädagogische Schule, Uster; Brigitte Steimen, Stiftung Bühl, Wädenswil; Robert Steinegger, VSA; Peter Spori, KGS Regensdorf; Friedwart Storto, SL Regelschulen; Annelies Weiss, Neugestaltung 3. Sek; Madeleine Wolf, VSA;
4 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung
5 1 Einleitung 2 Zielgruppen Schülerinnen und Schüler erleben mit dem Eintritt in Angesprochen sind alle Sekundarschülerinnen die Sekundarstufe I eine zunehmende Ausrichtung und -schüler der integrativen und separativen Son- der Schule auf die Erwachsenen- und Arbeitswelt derschulung in der Verantwortung von Gemeinden sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen oder Sonderschuleinrichtungen, die Erwartungen an ein selbständiges Leben. Es ste- >> individuell angepasst Unterricht, Therapie, hen somit wichtige Entscheide für die Zukunft an, Erziehung und Betreuung brauchen, um ihre welche mit Entwicklungsprozessen verbunden sind. Sonderschulung in der Gemeinschaft mit Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei unter- anderen Jugendlichen abschliessen und nach stützt und befähigt werden, die Suche nach ihrer der Sonderschulung eine adäquate Teilhabe an Neuorientierung, nach einer weiter entwickelten beruflichem und sozialem Leben erreichen zu persönlichen Identität, einer neuen gesellschaft- können, und lichen Rolle und Teilhabe und damit auch nach >> insbesondere darauf angewiesen sind, im Rah- einem passenden Ausbildungs- und Arbeitsplatz men einer zielgruppengerecht ausgestalteten im Leben nach der Schule erfolgreich zu bewältigen. Berufswahl- und Lebensvorbereitung unterstützt zu werden im Übergang in das Leben nach der Für Schülerinnen und Schüler der Sonderschulung Schulzeit. Ihre nachschulischen Perspektiven stellen sich diese Herausforderungen entsprechend sind dabei sehr unterschiedlich. ihrem besonderen Bildungsbedarf einerseits, den gesellschaftlichen Erwartungen und Angeboten andererseits in erhöhtem Masse. Sie sind auf spe- zifische Unterstützung angewiesen. Vorliegendes Rahmenkonzept leistet einen Beitrag dazu, dass der Übergang von der Schule in das Leben danach auch für Jugendliche in der Sonder- schulung gelingt: Zusammen mit den Eltern und allen am Geschehen Beteiligten sowie mit der nöti- gen Zuversicht, Sorgfalt und fachlichen Kompetenz. Es fokussiert entsprechend die Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Son- derschulung.
6 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung 3 Sonderschulung auf der Sekundarstufe I Die Sonderschulung auf der Sekundarstufe I richtet 20. Altersjahrs offen 1. Ein Anspruch auf die Son- sich grundsätzlich nach den Rahmenbedingungen, derschulung 15plus besteht dann, wenn die Wei- wie sie der Broschüre «Sonderschulung im Kanton terführung der Sonderschulung über die Dauer der Zürich» zu entnehmen sind. Sie orientiert sich zudem Schulpflicht hinaus für eine geeignete Anschlusslö- am Lehrplan der Regelschule auf der Sekundar- sung erforderlich ist. stufe I. Das ist kein Ausnahmefall: Viele Sonderschülerinnen Die Sekundarstufe I besteht aus der Sonderschulung und -schüler sind für passende Anschlusslösungen im Rahmen der Schulpflicht und der verlängerten angewiesen auf eine verlängerte Sonderschulung. Sonderschulung, der sogenannten Sonderschulung Sonderschulung auf der Sekundarstufe I 15plus. Sekundarstufe Sekundarstufe im im Rahmen der Rahmen der Sonder- Die Sonderschulung auf der Sekundarstufe I beginnt Schulpflicht schulung 15plus in der Regel nach acht Schuljahren (inkl. Kindergar- Für alle Sonderschülerin- Für Sonderschülerinnen ten) und dauert im Rahmen der Schulpflicht drei nen und -schüler und -schüler mit Jahre: In der Separation genau gleich wie in der entsprechendem Bedarf Integration. Beginn in der Regel nach Beginn in der Regel 8 Jahren Volksschule nach 11 Jahren Volks- (inkl. Kindergarten) schule (inkl. Kindergarten) Ist danach für Schülerinnen und Schüler aus der Abschluss in der Regel Abschluss spätestens integrierten und separierten Sonderschulung der nach 11 Jahren Volks- mit Vollendung des Eintritt in ein öffentliches oder privates Brückenan- schule 20. Altersjahres gebot, in eine Mittelschule, in eine Form der Berufs- In der Verantwortung In der Verantwortung von ausbildung oder in eine Arbeitsstelle noch nicht von Sonderschuleinrich- Sonderschuleinrichtungen möglich oder nicht angemessen und somit ihre tungen oder Regelschulen (siehe Kapitel 3.3) Sonderschulung noch nicht abgeschlossen, bietet (siehe Kapitel 3.2) die Sonderschulung 15plus eine verlängerte Son- derschulung mit vertieften Möglichkeiten der Berufs- wahl- und Lebensvorbereitung an. 3.1Daten zur Sonderschulung auf der Sekundarstufe I Die Sonderschulung 15plus erfolgt schulisch integrativ wie separativ ausschliesslich in der 2011 hat die Bildungsstatistik 1778 Schülerinnen Verantwortung von kantonal anerkannten Sonder- und Schüler im Alter von 12 bis 20 Jahren erfasst, schuleinrichtungen und steht (gemäss § 36 Abs. 2 die integrativ oder separativ in der Verantwortung Volksschulgesetz) längstens bis zur Vollendung des einer anerkannten Zürcher Sonderschuleinrichtung geschult wurden 2. Rund 1000 dieser Schülerinnen und Schüler waren im Alter zwischen 12 und 14 1 Jahren, rund 700 waren 15- bis 17-jährig und rund Auch die «Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik» vom 25. Oktober 2007 (Sonderpä- 50 Jugendliche waren 18 bis 20 Jahre alt. dagogik-Konkordat) sieht im Art. 3 ein Recht vor auf angemessene sonderpädagogische Massnahmen bis zum vollendeten 20. Lebens- jahr. Der Kanton Zürich ist am 30. Juni 2014 dem Sonderpädagogik- Eine genauere Analyse zeigt, dass Schülerinnen Konkordat beigetreten. und Schüler im Alter zwischen 15 und 20 Jahren 2 Die BISTA-Kategorien «Sprachheilkindergarten» und «vorüberge- prozentual bei den Schulheimen insbesondere hende Hospitalisierung» sind dabei nicht enthalten. im Bereich der bildungsstatistischen Kategorien
7 «Schulbildungsfähige Geistigbehinderung», «Prak- 3.2 Sekundarstufe im Rahmen tischbildungsfähige Geistigbehinderung» und der Schulpflicht: Anbieter «Mehrfachbehinderung» von Bedeutung sind, bei den Tagessonderschulen insbesondere im Bereich Anbieter der Sonderschulung im Rahmen der Schul- der Kategorien «Hörbehinderung», «Sehbehinde- pflicht sind: rung» und «Mehrfach Sinnesschädigung». Das >> Regelschulen (Integrierte Sonderschulung in der bestätigt und verstärkt sich für den prozentualen Verantwortung der Regelschule ISR) Anteil Schülerinnen und Schüler ab 18 Jahren. Er > > Kantonal anerkannte Sonderschuleinrichtungen fällt allerdings bei den Tagessonderschulen auch im der Typen A, B und C 3 mit entsprechend geneh- Bereich Körperbehinderung relativ hoch aus. migter Leistung im Rahmenkonzept, resp. in der Leistungsvereinbarung mit dem Volksschulamt 2010 hat die Bildungsstatistik 1250 Jugendliche (Integrierte Sonderschulung in der Verantwor- erfasst, die von einer anerkannten Zürcher Son- tung der Sonderschule ISS, Tagessonderschu- derschuleinrichtung der Sekundarstufe I zugeord- lung, Heimsonderschulung). net wurden. In der Erfassung 2011 haben 422 von ihnen die Schulwelt im Kanton Zürich verlassen: Für 115 von ihnen wird der Beginn einer Berufsbil- 3.3 Sekundarstufe im Rahmen der dung angegeben, 16 haben in öffentliche und vier Sonderschulung 15plus: Ausschluss, in private Brückenangebote gewechselt und 287 Anbieter, Angebotsrahmen Jugendliche verschwinden per 2011 aus den Daten ohne weitere Klärung. Explizit ausgeschlossen von der Sonderschulung 15plus sind: Ähnlich präsentiert sich das Bild in der Erfassung >> Jugendliche mit einer sonderschulischen Lauf- 2012. Es kann daher angenommen werden, dass bahn, deren Sonderschulung abgeschlossen ist jährlich rund 400 Jugendliche der anerkannten und die entsprechend die Aufnahmebedingun- Zürcher Sonderschuleinrichtungen die kantonale gen der öffentlichen Brückenangebote oder der Schulwelt verlassen. Allerdings ist für rund drei Mittelschule erfüllen oder eine passende Ausbil- Viertel von ihnen die Nachfolgelösung nicht bekannt. dung oder Tätigkeit in der Arbeitswelt aufneh- Auch eine ausserkantonale Fortsetzung der Son- men können. derschulung ist teilweise denkbar. Ungeklärt sind > > Jugendliche, die bis zur Erfüllung der Schul- ausserdem Austrittsalter und Behinderungskatego- pflicht keinen Bedarf nach sonderschulischen rie der rund 400 Jugendlichen. Massnahmen hatten. Nicht möglich sind im Moment Klärungen zu Anzahl, Austrittsalter, Behinderungskategorie und Kategorie der Nachfolgelösung derjenigen Sekundarschüle- rinnen und -schüler, die in der Verantwortung der Gemeinden sonderschulisch integrativ gefördert werden. 3 Die Richtlinien zum Pensenpool für Tagessonderschulen vom 17. August 2015 unterscheiden folgende Schultypen für folgende Das Volksschulamt strebt in Zusammenarbeit mit Zielgruppen: - Typus A: Lern- und Verhaltensbehinderung, Sprachbehinderung der Bildungsstatistik entsprechende Optimierungen - Typus B: Körperbehinderung, Sinnesbehinderung, Autismus an in der Datenerfassung resp. -auswertung. - Typus C: Geistige Behinderung
8 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung Anbieter der Sonderschulung 15plus sind aus- Für alle Angebote der Sonderschulung 15plus gel- schliesslich kantonal anerkannte Sonderschuleinrich- ten folgende Rahmenbedingungen: tungen mit entsprechend genehmigter Leistung im Rahmenkonzept resp. in der Leistungsvereinbarung Mindestlektionen und 32 Lektionen/ mit dem Volksschulamt. Sonderschulung 15plus ist Maximalarbeitsstunden für Schulwoche damit möglich in Form von Integrierter Sonderschu- Schülerinnen und Schüler in 42 Stunden/ Einrichtungen vom Typ A: Schulwoche lung in der Verantwortung der Sonderschule (ISS), als separative Tagessonderschulung oder als sepa- Mindestlektionenzahl und 28 Lektionen/ Maximalarbeitsstunden für Schulwoche rative Heimsonderschulung. Sonderschulung 15plus Schülerinnen und Schüler in Form von Integrierter Sonderschulung in der Ver- Einrichtungen vom Typ B und C: 42 Stunden/ Schulwoche antwortung der Regelschule (ISR) ist nicht möglich. Mindestangebot Tagesstruktur 36 Stunden/ Tagessonderschulen A, B, C: Schulwoche Die Sonderschulung 15plus ist kein Ersatz für Ange- (inkl. Unterricht und botsentwicklungen auf der Sekundarstufe II zur durch die Schule Integration von Jugendlichen mit besonderem Bil- organisiertem dungsbedarf im Rahmen der gegebenen Aufträge Schulweg-Transport) der Sekundarstufe II. Sie ist auch kein Ersatz für Mindestangebot Tagesstruktur 45 Stunden/ eine berufliche Grundbildung oder für eine Ausbil- Sonderschulheime A, B, C: Schulwoche dung auf dem Niveau einer PrA INSOS oder einer (inkl. Unterricht und IV-Anlehre. Stattdessen bereitet die Sonderschu- durch die Schule organisiertem lung 15plus Jugendliche mit entsprechenden Mög- Schulweg-Transport) lichkeiten auf diese Angebote bzw. Perspektiven vor.
9 3.4Anschlusslösungen zur Sonder- 3.5 Inhalte der Sonderschulung auf schulung auf der Sekundarstufe I der Sekundarstufe I Die passenden Anschlusslösungen von Sonderschü- Zentrale Aufgabe der Sonderschulung – und damit lerinnen und Sonderschülern sind sehr unterschied- auch der Sonderschulung auf der Sekundarstufe I – lich. Eine Möglichkeit ist auch eine weiterführende ist es, für jeden Schüler/jede Schülerin ein individuell Schulung an einer Mittelschule. Die entsprechende passendes Lern- und Förderangebot zu definieren, Vorbereitung gehört dann zu den Pflichten der für umzusetzen, zu überprüfen und nach Bedarf zu die Sonderschulung verantwortlichen Schule. optimieren. Im Hinblick auf Arbeit und Beschäftigung denkbar Das interdisziplinäre Verfahren dazu ist das mindes- sind insbesondere: tens jährlich stattfindende Schulische Standortge- >> Berufliche Grundbildungen mit: spräch (SSG). Dabei wird in der Sekundarstufe im - Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) Hinblick auf eine mögliche Anschlusslösung nach mit oder ohne Berufsmaturität der Schulzeit ein mögliches Zukunftsszenario ent- - Eidgenössischem Berufsattest (EBA) mit worfen, das leitend ist für oder ohne Stützmassnahmen, mit oder ohne >> die Fokussierung von individuell bedeutsamen Verlängerung der Bildungsdauer, im ersten Schwerpunkten der Förderung, entsprechenden oder im geschützten Arbeitsmarkt Grobzielen (auf dem Niveau von Förderungs >> Berufliche Grundbildungen mit EBA und situationen) und für die Festlegung des entspre- verstärkter Unterstützung wie im Programm chenden Settings im Allgemeinen sowie für EBAplus, im ersten oder im geschützten >> die Fokussierung der Unterstützung am Über- Arbeitsmarkt gang in das nachschulische Leben im Besonde- >> Praktische Ausbildungen nach INSOS (PrA) ren. oder IV-Anlehren im ersten oder im geschützten Arbeitsmarkt >> Arbeitsstellen im ersten oder im geschützten 3.6 Anspruch auf passende Arbeitsmarkt Anschlusslösungen und deren >> Aktivierung und Beschäftigung in einer Finanzierung Tagesstätte >> Öffentliche oder private Brückenangebote Das Übereinkommen der UNO über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember Zu all diesen Perspektiven können verschiedene 2006 anerkennt im Art. 27 das gleiche Recht von Formen des mehr oder weniger unterstützten Woh- Menschen mit Behinderungen auf Arbeit. Dies nens kommen. beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird. Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Ver- wirklichung des Rechts auf Arbeit – unter anderem mit wirksamem Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellen-
10 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung vermittlung sowie Berufsausbildung und Weiter- erleichtern, am gesellschaftlichen Leben teilzuneh- bildung und mit angemessenen Vorkehrungen men und insbesondere selbstständig soziale Kon- am Arbeitsplatz. Laut Art. 24 anerkennen die Ver- takte zu pflegen, sich aus- und fortzubilden und tragsstaaten das Recht von Menschen mit Behin- eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Eine Benachteili- derungen auf Bildung und gewährleisten dazu ein gung in der Inanspruchnahme von Aus- und Weiter- integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und bildung liegt dabei nach BehiG insbesondere dann lebenslanges Lernen – unter anderem mit ange- vor, wenn die Verwendung behindertenspezifischer messenen Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Hilfsmittel oder der Beizug notwendiger persön- Einzelnen, der notwendigen Unterstützung und licher Assistenz erschwert werden und wenn die gleichberechtigtem Zugang zu allgemeiner Hoch- Dauer und Ausgestaltung des Bildungsangebots schulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbil- sowie Prüfungen den spezifischen Bedürfnissen dung und lebenslangem Lernen. Mit dem Art. 19 von Menschen mit Behinderung nicht angepasst anerkennen die Vertragsstaaten das gleiche Recht sind (Art. 2 BehiG). aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Tatsächlich bestehen Barrieren. Beispielsweise Gemeinschaft zu leben und treffen wirksame und kann die Finanzierung von passenden beruflichen geeignete Massnahmen zum vollen Genuss die- Anschlusslösungen problematisch werden, wenn ses Rechts und zur Erleichterung der vollen Einbe- kein Anspruch auf IV-Leistungen besteht oder die ziehung in die Gemeinschaft und die Teilhabe an IV-Leistungen zur Finanzierung nicht (mehr) aus- der Gemeinschaft – unter anderem mit Zugang zu reichen. Letzteres ist Thema bei bestimmten Aus- gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause bildungsheimen im Kanton Zürich und wird daher und in Einrichtungen, einschliesslich der notwendi- auch im Zusammenhang mit der laufenden Totalre- gen persönlichen Assistenz. vision des Gesetzes über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge bearbeitet. Offen hingegen ist Die Schweiz hat am 15. April 2014 die UNO Behin- die Suche nach alternativen Finanzierungslösungen dertenrechtskonvention ratifiziert. Bereits das Bun- für Angebote wie EBAplus und für die PrA INSOS, desgesetz über die Beseitigung von Benachteili- wenn kein Anspruch auf IV-Leistungen besteht. Das gungen von Menschen mit Behinderungen vom 13. Volksschulamt strebt diesbezüglich Klärungen an Dezember 2002 (BehiG) setzt im Übrigen Rahmen- in Zusammenarbeit mit dem Amt für Jugend und bedingungen, die es Menschen mit Behinderungen Berufsberatung und dem Kantonalen Sozialamt.
11 4 Berufswahl- und Lebensvorbereitung in der Sonderschulung Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung ist ein vidueller Situation und nachschulischer Perspektive zentrales Anliegen der Sonderschulung auf der auch erst mit Eintritt oder im Verlauf der Sonderschu- Sekundarstufe I. Sie hat zum Ziel, für und mit allen lung 15plus beginnen. Ein solch verzögerter Beginn Schülerinnen und Schülern individuell passend die der Berufswahlvorbereitung ist insbesondere in der Kompetenzen für das Leben nach der Schulzeit zu separativen Sonderschulung durch Sonderschulein- stärken. Je nach passender Anschlusslösung (siehe richtungen der Typen B und C häufig angemessen. Kapitel 3.4) geht es entsprechend unterschiedlich um den Aufbau einer Orientierung und der notwen- digen Kompetenzen, damit: 4.1 Ausrichtung auf Lebensbereiche >> Der Übergang erfolgreich bewältigt werden kann; der ICF-CY >> Der Start in ein möglichst selbständiges und sinn- erfülltes Leben nach der Schulzeit gelingt und Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung ist auch in >> Die gesellschaftliche Teilhabe als Erwachsene/ der Sonderschulung eingebettet in eine umfassende Erwachsener gewährleistet ist. Förderung und richtet diese umgekehrt und zuneh- mend aus auf das Leben nach der Schulzeit. Damit Berufswahlvorbereitung im üblichen Sinne ist ein prägt die Berufswahl- und Lebensvorbereitung zuse- möglicher Teil der Berufswahl- und Lebensvorberei- hends die ganze Förderung in der Sekundarstufe I. tung in der Sonderschulung und adressiert sich an jene Schülerinnen und Schüler, für die eine Form der Sie richtet sich dabei aus auf die Lebensbereiche, in Berufsausbildung mit der individuell notwendigen denen die Jugendlichen nach Schulaustritt partizi- Unterstützung und Assistenz durch Um- und Mitwelt pieren können sollen. Die Internationale Klassifikation eine passende Perspektive ist. der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen (ICF-CY) der WHO Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung in der Son- enthält mit den Domänen für die Komponente der derschulung fokussiert die letzten zwei bis vier Jahre Aktivitäten und Partizipation eine Liste, die alle ent- vor Schulaustritt. Sie beginnt in der Regel mit dem sprechenden Lebensbereiche umfasst: Eintritt in die Sekundarstufe I, kann aber je nach indi- Lebensbereiche Der Lebensbereich umfasst gemäss ICF-CY Lernen und Bewusste sinnliche Wahrnehmungen (ICF-CY Codebereich: d110-d129) Wissensanwendung Elementares Lernen (ICF-CY Codebereich: d130-d159) Wissensanwendung (ICF-CY Codebereich: d160-d179) Allgemeine Aufgaben und Eine Einzelaufgabe übernehmen (ICF-CY Codebereich: d210) Anforderungen Mehrfachaufgaben übernehmen (ICF-CY Codebereich: d220) Die tägliche Routine durchführen (ICF-CY Codebereich: d230) Mit Stress und anderen psychischen Anforderungen umgehen (ICF-CY Codebereich: d240) Sein Verhalten steuern (ICF-CY Codebereich: d250) Allgemeine Aufgaben und Anforderungen, anders bezeichnet (ICF-CY Codebereich: d298) Allgemeine Aufgaben und Anforderungen, nicht näher bezeichnet (ICF-CY Codebereich: d299)
12 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung Lebensbereiche Der Lebensbereich umfasst gemäss ICF-CY Kommunikation Kommunizieren als Empfänger (ICF-CY Codebereich: d310-d329) Kommunizieren als Sender (ICF-CY Codebereich: d330-d349) Konversation und Gebrauch von Kommunikationsgeräten und -techniken (ICF-CY Codebereich: d350-d369) Mobilität Die Körperposition ändern und aufrecht erhalten (ICF-CY Codebereich: d410-d429) Gegenstände tragen, bewegen und handhaben (ICF-CY Codebereich: d430-d449) Gehen und sich fortbewegen (ICF-CY Codebereich: d450-d469) Sich mit Transportmitteln fortbewegen (ICF-CY Codebereich: d470-d489) Selbstversorgung Sich waschen (ICF-CY Codebereich: d510) Seine Körperteile pflegen (ICF-CY Codebereich: d520) Die Toilette benutzen (ICF-CY Codebereich: d530) Sich kleiden (ICF-CY Codebereich: d540) Essen (ICF-CY Codebereich: d550) Trinken (ICF-CY Codebereich: d560) Auf seine Gesundheit achten (ICF-CY Codebereich: d570) Auf eigene Sicherheit achten (ICF-CY Codebereich: d571) Selbstversorgung, anders bezeichnet (ICF-CY Codebereich: d598) Selbstversorung, nicht näher bezeichnet (ICF-CY Codebereich: d599) Häusliches Leben Beschaffung von Lebensnotwendigkeiten (ICF-CY Codebereich: d610-d629) Haushaltsaufgaben (ICF-CY Codebereich: d630-d649) Haushaltsgegenstände pflegen und anderen helfen (ICF-CY Codebereich: d650-d669) Interpersonelle Inter Allgemeine interpersonelle Interaktionen (ICF-CY Codebereich: d710-d729) aktionen und Beziehun- Besondere interpersonelle Beziehungen (ICF-CY Codebereich: d730-d779) gen Bedeutende Lebens Erziehung/Bildung (ICF-CY Codebereich: d810-d839) bereiche Arbeit und Beschäftigung (ICF-CY Codebereich: d840-d859) Wirtschaftliches Leben (ICF-CY Codebereich: d860-d879) Gemeinschafts-, soziales Gemeinschaftsleben (ICF-CY Codebereich: d910) und staatsbürgerliches Erholung und Freizeit (ICF-CY Codebereich: d920) Leben Religion und Spiritualität (ICF-CY Codebereich: d930) Menschenrechte (ICF-CY Codebereich: d940) Politisches Leben und Staatsbürgerschaft (ICF-CY Codebereich: d950) Leben in der Gemeinschaft, soziales und staatsbürgerliches Leben, anders bezeichnet (ICF-CY Codebereich: d998) Leben in der Gemeinschaft, soziales und staatsbürgerliches Leben, nicht näher bezeichnet (ICF-CY Codebereich: d999)
13 Die Lebensbereiche sind schulspezifisch abgebildet >> wenn sich eine erste Akzentsetzung auf Ausbil- im Schulischen Standortgespräch (SSG). Das Volks- dung und Arbeit im 1. oder geschützten Arbeits- schulamt prüft dessen Weiterentwicklung für die markt in der Überprüfung im SSG klar als nicht Sekundarstufe I im Rahmen der aktuell laufenden adäquat herausstellt. SSG-Evaluation. SSG auf der Sekundarstufe I haben offenbar einen erweiterten Fokus und denken über Die Unterscheidung von zwei Unterstützungsakzen- die Partizipation an Bildungs- und Entwicklungspro- ten ist mit verschiedenen strukturellen Lösungen zessen und am Leben in der Volksschule hinaus. umsetzbar, eine äussere Differenzierung in zwei Angeboten ist keineswegs zwingend. Die Akzent- setzungen können also auch in derselben Klasse 4.2 Akzente der Berufswahl- und erfolgen. Lebensvorbereitung Die konkrete Ausgestaltung der Berufswahl- und 4.3Lernfelder der Berufswahl- und Lebensvorbereitung in der Sonderschulung ist so Lebensvorbereitung vielfältig wie ihre Schülerinnen und Schüler, deren Gesamtsituation und die je fokussierten Lebensziele. Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung der Sonder- Dabei hat der Lebensbereich «Arbeit und Beschäf- schulung arbeitet mit Lernfeldern: Mit kompetenzba- tigung» in unserer Kultur und im Hinblick auf sierten, didaktisch aufgearbeiteten Handlungsfeldern, Anschlusslösungen nach der Sonderschulung eine die darauf verweisen, was Lernende nach der Bear- besondere Bedeutung. Die Berufswahl- und Lebens- beitung des Lernfelds im Handlungsfeld tatsächlich vorbereitung in der Sonderschulung unterscheidet können sollen. daher zwei Unterstützungsakzente: >> Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung mit Adäquate Lernfelder müssen akzent-, schul- und Akzent auf Ausbildung und Arbeit im 1. oder letztlich schülerspezifisch gestaltet werden auf der geschützten Arbeitsmarkt (siehe Kapitel 5); Basis des Bildungsauftrags der Sonderschulung >> Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung mit und den Lebensbereichen der ICF-CY. Die Lernfelder Akzent auf Aktivierung und Beschäftigung in sind entsprechend nicht eingeschränkt auf berufs- Tagesstätten (siehe Kapitel 6). spezifische Handlungsfelder oder auf Handlungsfel- der im Lebensbereich «Arbeit und Beschäftigung», Die beiden Unterstützungsakzente fokussieren ins- auch wenn dieser eine besondere Bedeutung hat in gesamt (und nicht in jeder Komponente) unterschied- der Berufswahl- und Lebensvorbereitung. Sie kön- liche Sets von konkreten Lebenssituationen, die die nen für die Sonderschulung nicht allgemein vorge- Jugendlichen nach Schulaustritt erfolgreich bewäl- geben werden. tigen können sollen: Insbesondere im Hinblick auf Arbeit und Beschäftigung. Die Lernfelder richten sich aus auf resp. werden konstruiert aus konkreten Lebenssituationen und Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung erfolgt die involvierten beruflichen und lebensweltbezoge- dann mit Akzent auf Aktivierung und Beschäftigung nen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen in in Tagesstätten, bestimmten Lebensbereichen. Gefordert und geför- >> wenn sich alle Beteiligten im SSG diesbezüglich dert werden durch diese Konkretisierung immer Ver- einig sind oder bünde von einzelnen Fähigkeiten aus verschiedenen
14 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung Lebensbereichen. Angezielt werden so situierte «Competencies», über die sich zugleich und ganz- Beispiel Lebensbereich heitlich Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz entfalten «Häusliches Leben» kann. Daraus abgeleitetes Lernfeld: Für den Lebensun- terhalt notwendige Einkäufe selbständig planen Die Konstruktion resp. Fokussierung der Lernfelder, und ausführen. ihre Bearbeitung in dafür gestalteten Lernsituationen und deren Verknüpfung zu Lehrgängen ist durch die Betrifft Fähigkeiten aus verschiedenen Lebensbe- Ausrichtung auf konkrete Lebenssituationen unter- reichen der ICF-CY: schiedlich geprägt in den beiden Unterstützungsak- >> d860 Elementare wirtschaftliche Transaktio- zenten. nen (aus «Wirtschaftliches Leben») >> d620 Waren und Dienstleistungen des täg- Auch akzentspezifisch ist aber keine allgemeine lichen Lebens beschaffen (aus «Häusliches Definition der Lernfelder möglich durch Zielformulie- Leben») rungen (resp. Beschreibungen der involvierten Teil- >> d450 Gehen (aus «Mobilität») kompetenzen), Inhalte und Zeitrichtwerte. Letztlich >> d730 Mit Fremden umgehen (aus «Interperso- muss für jede Schülerin, für jeden Schüler geprüft nelle Interaktionen und Beziehungen) werden, welche konkreten Lebenssituationen mit >> d172 Rechnen (aus «Lernen und Wissensan- dem Schulaustritt im Vordergrund stehen, welche wendung») Kompetenzen seitens der/des Jugendlichen dafür Daraus abgeleitete Lernsituation: Alltägliche Ein- aufgebaut werden können und welche Unterstüt- käufe in einem wohnortsnahen Geschäft tätigen. zung, Dienstleistung oder Assistenz erforderlich sind seitens der Umwelt zur Sicherung der Partizipation. Dafür notwendige Teilkompetenzen: Banknoten sowie Münzen und ihren Wert kennen, eine Ein- Es braucht also für die Berufswahl- und Lebensvor- kaufliste machen, den Weg zum Geschäft selb- bereitung individuelle Bildungspläne für den Über- ständig zurück legen können, sich im Geschäft gang in und das Leben nach der Volksschulzeit. Die orientieren oder jemanden um Hilfe bitten können, Lernfelder werden damit letztlich individuell definiert etc. und entsprechend konkretisiert in passenden (Fol- gen von) binnendifferenziert und/oder individualisiert Exemplarische Literaturangaben und Materialien aufbereiteten Lernsituationen. zum Lernfeld-Konzept finden sich im Anhang (siehe Kapitel 8.1). Hier ein Beispiel eines noch nicht individualisiert definierten und konkretisierten Lernfelds, wie es in der Berufswahl- und Lebensvorbereitung mit Akzent 4.4 Perspektive Berufsausbildung: auf Ausbildung und Arbeit im 1. oder geschützten Kompetenzbereiche und Berufswahl- Arbeitsmarkt relevant sein kann: modell Bei Schülerinnen und Schülern, für die eine Form der Berufsausbildung in Frage kommt, kann sich das Festlegen der Lernfelder und deren Konkretisierung in Lernsituationen auch orientieren an:
15 >> Den Kompetenzbereichen für die Ausbildungs- >> Dem angepassten Berufswahlmodell von und Berufswahl gemäss Lehrplan 21: «Per Egloff und Jungo gemäss Schlussbericht zur sönlichkeitsprofil», «Bildungswege, Berufs- und Berufsfindung und Berufswahlvorbereitung von Arbeitswelt», «Entscheiden und Umgang mit Jugendlichen mit Behinderungen oder Beein- Schwierigkeiten», «Planen und Umsetzen», trächtigungen der Interkantonalen Hochschule «Dokumentieren und Sich-Präsentieren». für Heilpädagogik (HfH) 4: Sich selber kennenlernen Die Berufswahl (Egloff&Jungo Schritt 1) - kennenlernen (Egloff&Jungo Schritt 2) - erkunden (Egloff&Jungo Schritt 4) Sich mit der Berufswelt vergleichen (Egloff&Jungo Schritt 3) und entscheiden (Egloff&Jungo Schritt 4) Privates Professionelles Umfeld Netzwerk Realisieren (Egloff&Jungo Schritt 5) Die Berufswahlvorbereitung im engeren Sinn berück- 4.5Lernerfahrungen in nach sichtigt entsprechend: schulischen Angeboten >> Dass die Schülerinnen und Schüler zwar ähnliche Phasen durchlaufen im Berufswahlprozess wie Konstruktion und Sequenzierung von Lernsituationen Regelschülerinnen und Regelschüler; bedeutet auch Planung, Durchführung und Evaluation >> Dass ihnen der berufswahlspezifische Zugang von Lehrhandlungen, welche die Problembearbeitung zu den eigenen Interessen und Fähigkeiten aber der Lernenden unterstützen. Handlungsorientierte am ehesten gelingt, indem sie sich praktisch in Formen stehen im Vordergrund. Dabei ist authenti- verschiedenen Arbeits- und Berufsfeldern erleben sches praktisches Lernen in passenden nachschu- und erproben können; lischen Angeboten zentral in der Berufswahl- und >> Dass dadurch der Prozess zirkulär verläuft und Lebensvorbereitung der Sonderschulung. Wichtig sich die Inhalte und Aktivitäten der ersten vier sind die entsprechende Zusammenarbeit mit inter- Phasen durchmischen und nen und externen Betrieben im 1. und im geschütz- >> dass dabei eine intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten und eine aktive Netzwerkarbeit in der 4 Vgl.: Hoffmann, Claudia; Schellenberg, Claudia (2012): Berufsfindung Arbeitswelt sehr viel Gewicht haben muss. und Berufswahlvorbereitung bei Jugendlichen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen. Schlussbericht, Oktober 2012, S. 75f.
16 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung ten Arbeitsmarkt sowie mit Angeboten für Aktivierung Wesentlich für die Berufswahl- und Lebensvorberei- und Beschäftigung in Tagesstätten und verschie- tung in der Sonderschulung sind, in Anlehnung an dene Wohnformen. Eine adäquate Realisierung setzt die «Fünf Schritte zur Berufsbildung» von Egloff und entsprechende Netzwerke der Schulen, Interesse Jungo (2009), die nachfolgenden Lernerfahrungen in und Möglichkeiten ihrer Partnerorganisationen sowie den einzelnen Phasen: beidseits die entsprechenden Kompetenzen voraus. Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4 Phase 5 Ich lerne die Berufswelt Ich vergleiche mich Ich erkunde Berufe und Ich verwirkliche meine Ich lerne mich selber kennen kennen mit der Berufswelt entscheide mich Entscheidung Informationsbesuche Praxistage in Berufs- und Lebensfeldern Regelmässige Arbeitseinsätze Schnupperlehren Im Einzelnen: Lernerfahrung Ziel Phase Dauer Mögliche Formen Informations Die Jugendlichen bekommen 2 Maximal nach Absprache mit den Institutionen: einen Berufseinblick am Ort und 1 Tag pro › Informationsveranstaltungen besuche wissen über die Berufe und deren Betrieb › Betriebsbesichtigungen Anforderungen Bescheid. › Führungen durch die Werkstätten › Parcours › Orientierungsbesuche oder Gelegenheit, einfache Tätigkeiten auszuführen › Individuelle Führungen › Erstgespräch zum Kennenlernen Praxistage Die Jugendlichen lernen den 2 bis 4 Maximal Die Jugendlichen verbringen unbegleitet Praxistage in Betrieben mit Ausbil- Betrieb mit der Arbeit/der 3 Tage pro dungs- oder Arbeitsplätzen oder Beschäftigung. Sie erleben einen strukturier- Beschäftigung und das Berufs- Woche ten Arbeitstag mit Mitwirkungsmöglichkeiten und bekommen ein Feedback. feld/ das Beschäftigungsfeld Bei Bedarf werden die Jugendlichen zu Beginn oder so lange wie nötig von kennen. einer Person aus der Sonderschule begleitet. Regelmässige Die Jugendlichen können durch 3 bis 5 Maximal 2 bis Die Jugendlichen leisten regelmässige Arbeitseinsätze unbegleitet oder das Verrichten von Arbeiten über 3 Tage pro begleitet in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes oder in Betrieben der Arbeits- längere Zeit fachliche und über- Woche Institutionen für Menschen mit Behinderung. fachliche Kompetenzen aufbauen einsätze und trainieren. Schnupper- Die Jugendlichen finden eine 5 Mindestens 2 Eine Schnupperlehre von 1 bis 3 Wochen mit Auswertungsgespräch, eventuell passende Lehrstelle, Arbeitsstelle mal 1 Woche mit berufsspezifischer Abklärung als Teil des Aufnahmeverfahrens. Schnup- lehren, oder einen Beschäftigungsplatz bis 3 Wochen pern mit Auswertungsgespräch begleitet oder unbegleitet in Angeboten des und nach Bedarf einen Wohnplatz. Wohnens, der Beschäftigung, der Arbeit. Schnuppern Die Jugendlichen nehmen verschiedene Kontakte mindestens folgende Punkte geklärt: Beginn und und Lernangebote im nachschulischen Bereich Ende der Teilintegration, Begleitung durch die Schule, wahr, abhängig von der jeweiligen Phase der Berufs- Betreuung und Begleitung am Einsatzort, Anreise/ findung. Lernerfahrungen erfolgen gezielt und in Zu- Rückreise, Zeitpunkt und Form der Zielüberprüfung, sammenarbeit von Schule und nachschulischem Bezugspersonen und leitenden Personen und ihre Angebot. Regelmässige Arbeitseinsätze pro Schul- Kontaktdaten, Informationsfluss, Relevantes zur woche können insbesondere in der Sonderschulung Sicherheit (wie Medikation, Notfallnummern, Versi- 15plus erforderlich sein für eine adäquate Berufs- cherungen), Finanzielles. Die Erfahrungen werden wahl- und Lebensvorbereitung. Solche Teilintegra konsequent ausgewertet. tionen werden stets schriftlich vereinbart zwischen Die Gesamtzeit des Prozesses nimmt je nach Jugend- der Jugendlichen oder dem Jugendlichem, den lichen zwischen 1 bis 4 Jahre in Anspruch. Diese Eltern, der Schule und dem beteiligten Einsatzort. Teilintegrationen dürfen insgesamt einen maximalen Dabei werden gemeinsam Ziele für die Teilintegra- Anteil von 3 Tagen pro Woche oder 117 Tage pro tion formuliert. Weiter werden in der Vereinbarung Schuljahr nicht überschreiten.
17 4.6 Erweiterte methodisch- und Lebensvorbereitung ist die Förderplanung, die didaktische Formen hier als Zukunftsplanung auf individuelle Bildungs- pläne für den Übergang in und das Leben nach der Neben dem Lernen in nachschulischen Angeboten Volksschulzeit zielt. Die Förderplanung basiert auf sind sozialpädagogische Lernformen im Unterricht einer genauen Analyse der Entwicklungs-, Lern- und typisch für die Berufswahl- und Lebensvorbereitung Leistungsvoraussetzungen mit geeigneten Erfas- in der Sonderschulung. Sie ermöglichen den Erwerb sungs- und Abklärungsmethoden und -mitteln sowie von Kompetenzen insbesondere in den Lebensbe- auf dem Austausch im SSG unter adäquatem Einbe- reichen «Häusliches Leben», «Gemeinschafts-, sozi- zug des oder der Jugendlichen, der Eltern, der betei- ales und staatsbürgerliches Leben», «Mobilität» und ligten internen und externen Fachpersonen sowie der «Selbstversorgung». Beispiele dafür sind: Behörde. Der Einbezug der Berufsberatung resp. der >> Schulungsangebote rund um das Wohnen IV-Beratung ist wichtig. Für die Förderdiagnostik und >> Übungsprogramme im Umgang mit Einrichtungen -planung können auch Skalen, Kompetenzlisten und der Gesellschaft (Verkehr, Einkaufen etc.) -inventare aus dem Lernfeld-Konzept genutzt wer- den (siehe exemplarisch unter Kapitel 8.1). Im SSG Insgesamt bedingt eine adäquate Berufswahl- und wichtig ist unter anderem die Reflexion der erforder- Lebensvorbereitung erweiterte methodisch-didakti- lichen Unterstützung, Dienstleistung oder Assistenz sche Formen. Weitere Beispiele dafür sind: in den fokussierten Lebensbereichen. Arbeitsmarktnahe Projekte und Arbeitsformen Bleiben im SSG Unklarheiten bestehen oder besteht wie: Dissens über den Bedarf des oder der Jugendlichen, >> Pausenkiosk betrieben durch Schülerinnen und erfolgt eine schulpsychologische Abklärung. Dabei Schüler kann das SAV zur Anwendung kommen. Mit der >> Schülerfirmen Einführung des SAV beim zuständigen Schulpsy- >> Beteiligung an Schul-, Wochen- und saisonalen chologischen Dienst wird es zwingend eingesetzt Märkten wie ein Weihnachtsmarkt bei Unklarheit oder Dissens über den Eintritt in die Spezifische, individuelle Trainingseinheiten im Sonderschulung 15plus 5. Weiter entwickelt könnte Hinblick auf die berufliche Integration wie: das Standardisierte Abklärungsverfahren (SAV) bei- >> Arbeitstraining tragen zur Klärung des individuellen Bedarfs in der >> (Fein-)motorisches Training beruflichen Grundbildung, in weiteren Ausbildungen Einzel- und Gruppenprojekte, fokussiert auf wie der PrA INSOS oder auch in einer Arbeitsstelle Lernfelder der Berufswahl- und Lebensvorbe- oder einer Tagesstätte. reitung Lager und Projektwochen, fokussiert auf Lern- 5 Die Prüfung eines Eintritts in die Sonderschulung 15plus entspricht felder der Berufswahl- und Lebensvorbereitung einer Überprüfung der Sonderschulung auf der Grundlage von §28 der Verordnung über die sonderpädagogischen Massnahmen vom 11. Juli 2007 (VSM). Gemäss Verfügung der Bildungsdirektion zur Einführung vom SAV vom 12. April 2013 wird das SAV in Form des 4.7Instrumente der Berufswahl- und elektronischen Tools SAV-ZH in der schulpsychologischen Abklärung Lebensvorbereitung und Empfehlung bei Fragen der Sonderschulung und komplexen Fragestellungen in Bezug auf sonderpädagogische Massnahmen der Regelschule angewendet. Selbstverständlich ist eine schulpsycholo- Förderplanung, Schulisches Standortgespräch gische Abklärung nicht notwendig, wenn Unklarheiten oder Dissens der Beteiligten mit einem durch die Schulpsychologie moderierten (SSG), Standardisiertes Abklärungsverfahren Gespräch ausgeräumt werden können. Gemeint sind also anhal- (SAV): Zentrales Element auch für die Berufswahl- tende Unklarheiten und anhaltender Dissens.
18 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung Stellwerk, weitere webbasierte Testsysteme: äussert er sich auch über Ziele, Verlauf und erwor- Wenn immer individuell möglich und sinnvoll wird bene Kompetenzen in den individuell festgelegten auch in der Sonderschulung mit (Teilen von) Stellwerk Lernfeldern der Berufswahl- und Lebensvorberei- 8 und/oder 9, dem webbasierten, förderorientierten, tung. Das Ausweisen der erworbenen Kompeten- adaptiven Testsystem gearbeitet. Informationen dazu zen ist wichtig für die abnehmenden Betriebe und finden sich im Kapitel 7 der Planungshilfe zur Neu- Settings. Insbesondere mit dem Schulaustritt ist dies gestaltung 3. Sek. Neben Stellwerk 8 und/oder 9 eine Aufgabe der zuständigen Schule. Dabei werden können bei individueller Passung auch weitere web- behinderungsbedingt notwendige Anpassungen und basierte Testsysteme wie Lernpass zum Einsatz kom- Vorkehrungen zum Partizipieren in den Lebensbe- men. Weitere Informationen zu den Testsystemen reichen, wie zum Beispiel alternative und unterstüt- unter: www.stellwerk-check.ch, www.lernpass.ch. zende Formen der Kommunikation oder persönliche Assistenzleistungen, ausreichend dokumentiert. Die Lehr- und Arbeitsmittel: Jugendliche in der Son- Sonderschulung kann sich für das Ausweisen der derschulung finden den Zugang zu den eigenen erworbenen Kompetenzen orientieren am Europä- Interessen und Fähigkeiten in der Berufswahl- und ischen Qualifikationsrahmen (EQR). Der 2008 von Lebensvorbereitung am ehesten, indem sie sich den europäischen Institutionen verabschiedete EQR praktisch in verschiedenen nachschulischen Ange- stellt einen einheitlichen Rahmen zur Verfügung, um boten erleben und erproben können. Lehr- und das zu beschreiben, was Lernende wissen, verste- Arbeitsmittel können diesen Prozess unterstützen, hen und in der Lage sind zu tun. Mehr dazu findet stehen aber nicht für die ganze Bandbreite an nach- sich im Anhang unter Kapitel 8.2. schulischen Perspektiven und individuellen Möglich- keiten zur Verfügung. Insbesondere fehlt Material für Jugendliche, die keine Ausbildung machen können 4.8 Zusammenarbeit rund um die Be- oder für die eine Praktische Ausbildung nach INSOS rufswahl- und Lebensvorbereitung (PrA) oder eine IV-Anlehre passen. Wie üblich in der Sonderschulung müssen die gängigen Lehr- und Die Berufswahl- und Lebensvorbereitung prägt die Arbeitsmittel den individuellen Bedürfnissen ange- Zusammenarbeit in der und für die Sonderschulung passt und durch Eigenkreationen ergänzt werden. auf der Sekundarstufe I. Neben den Schülerinnen Berufswahlspezifisch geben dabei das Berufswahl- und Schülern, den Eltern, allen internen und externen tagebuch (Egloff/Jungo), der Wegweiser Berufswahl sonderpädagogischen und therapeutischen Fach- (Schmid/Barmettler) oder auch die Comicserie Six- personen, dem zuständigen Schulpsychologischen pack eine Orientierung. Dienst und der zuweisenden Gemeinde spielen auch die Berufsberatung, das Berufsinformationszentrum Portfolio und Projekt in Arbeitserfahrungen: (biz), die Berufsberatung der Invalidenversicherung Arbeitserfahrungen werden, falls individuell möglich (IV-Berufsberatung) und die verschiedenen Anbie- und sinnvoll, vertieft und dokumentiert mit einem ter nachschulischer Möglichkeiten eine wichtige individuellen Portfolio. Eine Projektarbeit kann dazu- Rolle. Allenfalls beteiligt sind auch berufliche Inte- gehören. Das Arbeiten mit Portfolio und Projekt grationscoaches, spezialisierte Beratungsanbieter orientiert sich an den Kapiteln 8 und 11 der Pla- wie die Pro Infirmis oder die zuständige Kindes- und nungshilfe zur Neugestaltung 3. Sek. Erwachsenenschutzbehörde (KESB). Lern- und Austrittsbericht: Wird zusätzlich oder Aufgrund der Bedeutung dieser Netzwerkarbeit wird anstelle eines Zeugnisses ein Lernbericht erstellt, im SSG für jede Schülerin, jeden Schüler eine dafür
19 verantwortliche fallführende Fachperson der Schule das entsprechende Faltblatt und der Ratgeber von oder Sonderschuleinrichtung festgelegt. Im Rahmen Procap: www.procap.ch. einer Integrierten Sonderschulung in der Verant- wortung der Regelschule (ISR) kann Beratung und Zur Errichtung einer Form der Beistandschaft ab Unterstützung (B+U) durch eine spezialisierte Son- Volljährigkeit des oder der betroffenen Jugendli- derschuleinrichtung oder Fachstelle wichtig sein, die chen erfolgt möglichst ein halbes Jahr vor dem 18. spezifische Erfahrungen hat in der Berufswahl- und Geburtstag ein entsprechender schriftlicher Antrag Lebensvorbereitung. an die zuständige Kindes- und Erwachsenen- schutzbehörde (KESB). Das bedingt eine Ausein- In der konkreten Ausgestaltung wird die Zusammen- andersetzung mit den verschiedenen Formen und arbeit geprägt durch die individuelle Situation des Konsequenzen der Beistandschaft nach dem 17. oder der Jugendlichen und durch die spezifischen Geburtstag. Lösungen der zuständigen Schule – aber auch durch den jeweiligen Unterstützungsakzent. In Sachen Beistandschaft und IV-Anmeldung sind in erster Linie die betroffenen Eltern und Jugendlichen 4.8.1 IV-Anmeldung, Beistandschaft gefordert. Im Fall einer ISR ist die zuständige Berufs- Bei Vorliegen einer Invalidität bietet die Invalidenversi- beraterin oder der zuständige Berufsberater für den cherung (IV) Berufs- und Eingliederungsberatung an Einbezug der IV-Berufsberatung besorgt. Er oder sie und finanziert die behinderungsbedingten Mehrkos- macht die Eltern auf das Anmeldeverfahren der IV ten einer erstmaligen beruflichen Ausbildung gemäss aufmerksam. Diese Rolle und auch die erforderliche Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (Art. Information hinsichtlich einer Beistandschaft über- 16 IVG). Allfälliger Anspruch auf Taggelder besteht nimmt im Fall einer separativen Sonderschulung oder dabei frühestens ab dem 18. Altersjahr. einer ISS die Sonderschuleinrichtung. Zur Unterstüt- zung und Begleitung der Eltern können spezialisierte Frühestens in jenem Monat, der auf die Vollendung Beratungsangebote Dritter wie etwa von Pro Infirmis des 18. Altersjahres folgt, besteht möglicherweise wichtig sein. Anspruch auf eine IV-Rente. 4.8.2 Zusammenarbeit Berufsberatung– Für die Inanspruchnahme von Leistungen der IV ist, Sekundarstufe wenn möglich anfangs des vorletzten Schuljahrs und Das vor einigen Jahren entwickelte und vom Bil- spätestens vor Ablauf desselben, eine Anmeldung dungsrat in Kraft gesetzte «Rahmenkonzept Zusam- bei der IV-Stelle erforderlich. Dies geschieht mit dem menarbeit Berufsberatung – Sekundarstufe» regelt hierfür erforderlichen Formular und wenn möglich mit dem Berufswahlfahrplan detailliert die einzel- unterstützt durch einen aussagekräftigen medizini- nen Schritte im Berufswahlprozess in der 2. und 3. schen Bericht. Nähere Informationen hierzu finden Klasse der Sekundarstufe. Der Berufswahlfahrplan sich im Merkblatt «IV Anmeldung vor Austritt aus dient auch in der Sonderschulung als Orientierungs- der Sekundarstufe I» unter www.ajb.zh.ch und bei hilfe (siehe www.berufswahlfahrplan.zh.ch). der Sozialversicherungsanstalt Zürich (SVA Zürich): www.svazurich.ch. Dabei orientiert sich die Sonderschulung an der fol- genden, angepassten und ergänzten Beschreibung. Einen guten Überblick über die vorgestellten und Der jeweils konkret realisierte Fahrplan ist abhängig weitere Leistungen der Sozialversicherungen bieten vom individuellen Beginn, den individuellen Zielen
20 Berufswahl- und Lebensvorbereitung von Jugendlichen in der Sonderschulung < 2. Sekundarstufe > Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli 11 Schulisches 8 Zwischenstand Berufswahl I 2 Planungssitzung Standortgespräch 3 Klassenorientierung im biz 4 Elternorientierung im biz 5 Berufs- und Betriebsbesichtigungen und Schnupperbesuche 6 Info-Veranstaltungen 7 Individuelle Schnupperlehren 9 Schulhaussprechstunden 10 Einzelberatung im biz 1 Infothek 11 12 Berufs- Stellwerk- Mittel- messe Test, schul- Schulisches prüfungen Standort- gespräch und Inhalten und der individuell erforderlichen Dauer 2 Planungssitzung der Berufswahl- und Lebensvorbereitung. Auf Anfang der 2. Sek legen die zuständige Berufs- beraterin oder der zuständige Berufsberater und die Berufswahlfahrplan 2. Sekundarstufe Lehrperson der zu betreuenden Klasse ihre Form 1 Infothek der Zusammenarbeit fest. Für Sonderschülerinnen Jedes Berufsinformationszentrum (biz) führt eine und Sonderschüler spricht sich die Klassenlehrper- dem kantonalen Standard entsprechende Infothek son 6 vorgängig im SSG ab. Je nach Schülerin resp. mit adressatengerecht aufbereiteten Dokumentatio Schüler ist entweder die Berufsberatung oder die nen und Medien zur Berufs- und Ausbildungswahl. IV-Berufsberatung für die Berufsabklärungen der Es gibt im Moment noch keine berufswahlspezi- Jugendlichen zuständig. Die Zuständigkeit wird im fischen Informationsmaterialien für Personen mit SSG vorbesprochen und im Rahmen der Planungs- Leistungseinschränkungen und Behinderungen. Ent- sitzung festgelegt. Geklärt werden im SSG auch, sprechende Unterlagen und Verzeichnisse (allenfalls wer die Fallverantwortung gemäss Kapitel 4.8 eine spezielle Broschüre für die Zielgruppe Sonder- übernimmt und ob der Berufswahlfahrplan bei einer schülerin/Sonderschüler) werden in Absprache mit Sonderschülerin, einem Sonderschüler allenfalls erst dem Branchenverband INSOS zusammengestellt zu einem späteren Zeitpunkt weiter verfolgt wird. und in Zukunft ins Präsentationskonzept der Info- theken aufgenommen. 6 Sowohl in der Regelschule wie auch in Sonderschuleinrichtungen.
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