Betreutes Wohnen in der Schweiz - Grundlagen eines Modells - Nursing Science & Care GmbH
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Betreutes Wohnen in der Schweiz Grundlagen eines Modells Prof. Dr. Lorenz Imhof Prof. Dr. Romy Mahrer Imhof
IMPRESSUM Auftraggeber CURAVIVA Schweiz, senesuisse, Pro Senectute Schweiz, Spitex Schweiz Projektverantwortlicher Dr. Markus Leser Schlussbericht Prof. Dr. Lorenz Imhof, Prof. Dr. Romy Mahrer Imhof Kontaktadresse Nursing Science & Care GmbH, Obertor 8, 8400 Winterthur, lorenz.imhof@ns-c.ch, www.ns-c.ch, Tel. 052 213 65 65 Gestaltung, Grafiken sqn grafik, Uetikon am See, Simone Kuhn, www.sqn.ch Lektorat Dore Wilken, dwilken@gmx.de Fotos CURAVIVA Schweiz, istockphoto, Adobe Stock Zitation des Berichts Imhof L., Mahrer-Imhof R. (2020). Betreutes Wohnen in der Schweiz: Grundlagen eines Modells. Mitglieder der Projektgruppe Christina Affentranger Weber Leiterin Fachbereich Menschen mit Behinderung, CURAVIVA Schweiz, Bern Prof. Dr. Lorenz Imhof Nursing Science & Care GmbH, Winterthur Sonya Kuchen Leiterin Fachstellen, Pro Senectute Schweiz, Zürich Dr. Markus Leser Leiter Fachbereich Alter, CURAVIVA Schweiz, Bern Ursula Ledermann Bulti Leiterin Bildung, Spitex Schweiz, Bern Christian Streit Geschäftsführer, senesuisse, Bern Interviewte ExpertInnen Christina Brunnschweiler CEO Verein Spitex Zürich Limmat, Zürich Prof. Dr. Carlo Knöpfel Dozent, Institut Sozialplanung, Organisationaler Wandel und Stadtentwicklung, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Muttenz Maja Nagel Dettling Organisationsberaterin, Mitglied Stiftungsrat Paul Schiller Stiftung, Stäfa Heike Schulz Direktorin der Bethesda Alterszentren AG, Küsnacht Dr. Matthias Wächter Hochschule Luzern, Co-Leiter Forschungsprogramm Öffentliches Gesundheitsmanagement, Luzern Juni 2020
INHALT IMPRESSUM 3 ZUSAMMENFASSUNG 5 Klientenprofile Menschen im Alter 6 Klientenprofile Menschen mit Behinderung 8 1 AUSGANGSLAGE 10 1.1 Fragestellungen 11 1.2 Methodisches Vorgehen 11 2 LITERATURREVIEW 14 2.1 Barrierefreie Wohnung 15 2.2 Die Unterstützungsangebote 15 2.3 Nutzerinnen und Nutzer des Betreuten Wohnens 17 2.4 Ziele der Bewohnenden und Erwartungen an das Betreute Wohnen 18 2.5 Limitierung des Betreuten Wohnens 18 2.6 Zusammenfassung 18 3 THESEN ZUM BETREUTEN WOHNEN 20 3.1 Population 20 3.2 Zweck und Ziele des Betreuten Wohnens 21 3.3 Unterstützungsleistungen 22 3.4 Strukturen 23 3.5 Qualität 23 4 EIN KLIENTEN-ZENTRIERTES MODELL VON BETREUTEM WOHNEN 24 4.1 Vulnerabilität und Self-Care-Fähigkeit 24 4.2 Unterstützungshandlungen zwischen Entlastung und Prävention 26 5 BETREUTES WOHNEN: EIN MODELL MIT VIER STUFEN 28 5.1 Die vier Stufen 29 5.2 Qualitätskriterien 32 6 REFERENZEN 34 7 ANHANG: DELPHI-THESEN 38
ZUSAMMENFASSUNG W ird der Alltag im Alter beschwerlich oder Auf der Stufe D wird lediglich Entlastung im Haushalt droht die Gestaltung der Alltagroutine gar angeboten. zu scheitern, bieten ambulante (Spitex) und stationäre Angebote (Heime) ihre Unterstützung an. Auf Stufe C wird der Erhalt und die Förderung eige- In den letzten Jahren wird zunehmend auch Betreutes ner Fähigkeiten ins Zentrum gestellt. Eine Fachperson Wohnen, als dritte Form der Langzeitpflege, genannt. steht als Ansprechpartner zur Verfügung. Doch der Begriff des Betreuten Wohnens, blieb unklar. Gesetzliche Regelungen fehlen, grosse regionale Unter- Auf Stufe B werden alle Aspekte pflegerisch-betreue- schiede im Angebotsumfang und in der Trägerschaft rischer Aufgaben übernommen. Vorhandene Ressour- von Institutionen behindern die Diskussion. cen der Person und ihrer Angehörigen sowie relevante Gesundheitsfaktoren und -risiken werden systematisch CURAVIVA, senesuisse, Pro Senectute Schweiz und erfasst. Dafür stehen Fachpersonen rund um die Uhr die Spitex Schweiz haben deshalb in einem gemein- zur Verfügung. samen Projekt den Begriff des «Betreuten Wohnens» untersucht. Erkenntnisse aus der Fachliteratur wur- Betreutes Wohnen auf der Stufe A ermöglicht das Ver- den zusammengefasst, Interviews mit Expertinnen und bleiben in der Wohnung bis zum Lebensende. Experten geführt und eine Umfrage bei Personen der Langzeitpflege und der Politik in einer Arbeitsgruppe Das Unterstützungsteam wird durch spezialisierte ausgewertet. Fachpersonen für Palliativpflege, für Demenz, für psy- chische Krankheiten oder Suchterkrankung ergänzt. Über das Wohnangebot im Betreuten Wohnen ist man Auf den Stufen A und B wird der Effekt auf die Selbst- sich einig. Es umfasst vorwiegend barrierefreie 1-, 2- pflege-Fähigkeiten und die Lebensqualität der Bewoh- und 2 ½-Zimmer mit eigener Küche, Bad/WC. Neu wird nerinnen und Bewohner systematisch evaluiert. In al- pflegerisch-betreuerische Unterstützung im Betreuten len Stufen gilt als Qualitätskriterium inwieweit Würde, Wohnen in vier Stufen definiert. das Gefühl der Selbstständigkeit und Autonomie im Betreuten Wohnen erhalten werden können.
beispielhaften Klientenprofilen ZUSAMMENFASSUNG D Unterstützung, Sicherheit und Die Merkmale des betreuten Wohnens A-D Entlastung im Haushalt Stufengerechte Angebote für die verschiedenen Betreuungsbedürfnisse anhand von vier Entlastung bei Alltagsaufgaben Klientenprofile Menschen im Alter beispielhaften WirdKlientenprofilen der Alltag im Alter beschwerlich oder droht die Gestaltung der Alltagsroutine Teilnahme am gesellschaftliche Peter Müller, 77 kämpft gar zu scheitern, kann das Betreute Wohnen Unterstützung mit Knieproblemen bieten Notrufknopf (24-Stunden-Errei D Unterstützung, Sicherheit und Autonomie C Unterstützung, Sicherheit und sowie zusätzlich zur vorherige Entlastung im Haushalt Georg Rivier, 84 Peter Müller, Entlastung 77 bei Alltagsaufgaben Therapien Sehkraft lässt nach, und Prävention kämpft mit Knieproblemen Diätangebote Ehefrau benötigt Unterstützung Teilnahme am gesellschaftlichen Leben Georg Rivier, 84 Peter Müller, 77 Ansprechperson bei persönlich kämpft mit Knieproblemen Notrufknopf (24-Stunden-Erreichbarkeit) Sehkraft lässt nach, Typischer Klient für Betreutes Wohnen auf Stufe D Ehefrau Typische Klienten für Betreutes Wohnen auf Stufe C benötigt Unterstützung Herr Müller ist 77 Jahre alt. Seit dem Tod seiner Frau Herr und Frau Rivier leben seit 35 Jahren in ihrem eige- vor zwei Jahren wohnt er alleine in der 3 ½-Zimmer- nen Haus in der Nähe von Neuenburg. Frau Rivier, 78 C wohnung im dritten Stock einer Genossenschaftsüber- Unterstützung, bauung. Herr Müller erhielt regelmässig Besuch vonSicherheit Jahre alt, leidet seit zwei Jahren an einer Herzschwä- che.und Sie Autonomie B ist auf Unterstützung der Spitex angewiesen. Unterstützung, Sicherheit und sowie zusätzlich seiner Tochter, die im Nachbardorf wohnte. Da er kein zur vorherigen Stufe: Herr Rivier, 84 Jahre alt, macht die Einkäufe und hilft sowie zusätzlich zur vorherige Auto besitzt, war sie ihm bei Einkäufen behilflich und seiner Ehefrau im Alltag. Jede Woche unterrichtet er Therapien und Prävention unterstützte ihn bei Behördengängen. Zweimal pro als ehemaliger Lehrer ehrenamtlich regelmässige Kontrollen fremdsprachige Diätangebote Monat nahm er an einem Jassabend mit Kollegen von Kinder. Er ist bei guter Gesundheit, nur seine Sehfähig- einer Fach Georg Rivier, 84 Ansprechperson bei persönlichen Anliegen 24-Stunden-Präsenz früher lässt Sehkraft teil.nach, Herr Müller lebt schon seit 45 Jahren im Isabella Agustoni, keit hat 68 sich altersbedingt verschlechtert. Herr Rivier selben Ort, hat sich Ehefrau benötigt Unterstützung immer um die Belange des Dorfes leidet an fühltMultiple sich Sklerose beim Autofahren vor allem abends unsicher. gekümmert und kennt daher viele im Dorf persönlich. Er möchte deshalb seinen Führerschein abgeben. Das Bei schlechtem Wetter plagt ihn der Schmerz im rech- Haus von Familie Rivier ist abgelegen und nur mit B ten Knie. «Das kommt von 30 Jahren Arbeit auf dem dem Auto erreichbar. Das Ehepaar diskutierte bereits Bau»,sagt er. Vor zwei Monaten Unterstützung, Wohnen um. Als Grund nennt Herr Sicherheit zog er ins Betreute und Pflege verschiedene A Lösungen, wie den Fahrdienst mehr zu Unterstützung, Sicherheit und sowie zusätzlich zur vorherigen Stufe:die Lebensmittel liefern zu lassen. Sie Müller das Trep- nutzen und sich pensteigen, das mit seinem schmerzenden Knie be- sind aber unsicher, ob der grosse sowie zusätzlich Garten weiterhin zur vorherige von schwerlicher wurde. Dann zog seine regelmässige Tochter auch Kontrollen noch ihnen gepflegt werden kann. Beide fürchten, Kontakte nach Zürich. «Mir wurde klar, dass 24-Stunden-Präsenz ich die 3 ½-Zim- einer zu Fachperson verlieren, wenn sie ihre Freunde Spezialisierte Angebote nicht mehr mit bei Dem Isabella Agustoni, 68 merwohnung aufgeben muss. Die Wohnung war ja auch dem Palliativpflege, Rivier vermutetpsych. Leiden, S leidet an Multiple Sklerose HeidiAuto Keller,besuchen 88 können. Frau zu- zu gross für mich alleine.» Er schätzt es, dass er jetzt andem, dasserkrankt Demenz die Herzschwäche sie in Zukunft noch mehr in einer 2-Zimmerwohnung im dritten Stock mit Lift im Alltag einschränken könnte. Herr und Frau Rivier wohnt. Vom Angebot, sich bei der Wohnungsreinigung entschieden deshalb, den Vertrag für eine Wohnung im alle zwei Wochen unterstützen zu lassen, macht Herr Betreuten Wohnen zu unterschreiben und das Haus zu A Müller gerne Gebrauch. Die Wohnung liegt im Dorf- Unterstützung, Sicherheit Über kern. «Ich treffe mich jetzt häufiger zum Mittagessen verkaufen. Die neue Wohnung hat eine gute Anbindung alle Stufen und Pflege gibt es eine Qualitätssicherung durch regelmässige Eva an den öffentlichen Verkehr und bietet alle Unterstüt- sowie B und zusätzlich zurA vorherigen eine Abklärung Stufe:des Betreuungsbedarfs durch eine Fachperson. mit anderen pensionierten Kollegen. Nächsten Monat zungsleistungen an, die das Ehepaar Rivier heute be- gibt’s auch hier im Haus einen Jassabend. Sollte ich in nötigt. Frau Rivier meint zum Entscheid: «Da keines Spezialisierte Angebote bei Zukunft mehr Probleme mit meinem Knie haben, or- Demenz, Diabetes, unserer Kinder das Haus übernehmen wird, ist dies die Heidi Keller, ganisiert das88Betreute Wohnen fürPalliativpflege, psych. Leiden, mich zusätzliche Sucht auch aus finanzieller Sicht. Mein Mann beste Lösung, an Demenz erkrankt Unterstützung. Man wird ja nicht jünger», sagt Herr kann zudem seine ehrenamtliche Tätigkeit auch ohne Müller mit einem Lächeln. Auto weiterhin ausüben.» Über alle Stufen gibt es eine Qualitätssicherung durch regelmässige Evaluation sowie in den Stufen C, B und A eine Abklärung des Betreuungsbedarfs durch eine Fachperson.
Teilnahme am gesellschaftlichen Leben Georg Rivier, 84 Ansprechperson bei persönliche Peter Müller, 77 Sehkraft lässt nach, kämpft mit Knieproblemen Notrufknopf (24-Stunden-Erreichbarkeit) Ehefrau benötigt Unterstützung ZUSAMMENFASSUNG C Unterstützung, Sicherheit und Autonomie B Unterstützung, Sicherheit und P sowie zusätzlich zur vorherigen Stufe: sowie zusätzlich zur vorherigen Therapien und Prävention regelmässige Kontrollen Diätangebote 24-Stunden-Präsenz einer Fachp Georg Rivier, 84 Ansprechperson bei persönlichen Anliegen Isabella Agustoni, 68 Sehkraft lässt nach, leidet an Multiple Sklerose Ehefrau benötigt Unterstützung B Unterstützung, Sicherheit und Pflege A Unterstützung, Sicherheit und P sowie zusätzlich zur vorherigen Stufe: sowie zusätzlich zur vorherigen regelmässige Isabella Agustoni, 68 Kontrollen Heidi Keller, 88 24-Stunden-Präsenz einer Fachperson Spezialisierte Angebote bei Dem leidet an Multiple Sklerose an Demenz erkrankt Isabella Agustoni, 68 Heidi Keller, 88 Palliativpflege, psych. Leiden, Su leidet an Multiple Sklerose an Demenz erkrankt Typische Klientin für Betreutes Wohnen auf Stufe B Typische Klientin für Betreutes Wohnen auf Stufe A Frau Agustoni ist heute 68 Jahre alt. Sie erkrankte vor Frau Keller, 88 Jahre alt, lebte gemeinsam mit ihrem 15 Jahren an Multiple Sklerose, eine Nervenkrankheit, Ehemann während sechs Jahren im Betreuten Wohnen. die ihre Bewegungsmöglichkeiten stark einschränkt. Vor zwei Jahren ist er verstorben. Sie hatten immer gu- A Im Laufe der Zeit war sie zunehmend auf Pflege Über alle Unterstützung, Sicherheitten durch Stufen und gibt Kontakt B und A einegegenseitig die Spitex und Unterstützung im Haushalt angewiesen. eszu Pflege eine Abklärungimdes Qualitätssicherung Nachbarn. durch «Da hilft man sich Betreuungsbedarfs Alltag», regelmässige auch beschreibt sie dasdurch mal Eval eine Fachperson. gute Verhält- sowie Vor vier Jahren entschied sie sich zusätzlich für einen Umzug zurins vorherigen nis. SeitStufe: sechs Monaten bereiten ihr das Gedächtnis und Betreute Wohnen, weil sie manchmal nachts Hilfe be- Alltagshandlungen, wie Kochen, Gespräche zu führen, Spezialisierte Angebote nötigte und in ihrer Gemeinde damals die Spitex keine bei Demenz, Diabetes, oder das Bedienen des Fernsehers zunehmend Mühe. Heidi Palliativpflege, psych. Keller, 88 in der Nacht garantieren konnte. Heute Unterstützung Leiden, Die Sucht Tochter hörte von ihrer Mutter auch schon neben- an Demenz benötigterkrankt Frau Agustoni Hilfe beim Aufstehen, beim bei, dass sie in der Nacht gestürzt sei. Die Fachperson sich Waschen und Kleiden und beim Gehen. Wieder- berichtet, dass sie trotz Aufforderung und grossem kehrende Schübe der Krankheit machen immer wieder Freizeitangebot die Wohnung kaum noch verlässt. Oft eine Unterstützung beim Essen nötig, erzeugen Prob- verbringt sie den Tag alleine in ihrer Wohnung, wirkt Über alle Stufen lemegibt mit es deneine Qualitätssicherung Ausscheidungen durchdie und verlangen regelmässige An- Evaluationverwirrt zunehmend sowie und in den Stufen findet C, ihre Woh- wiederholt B und A eine Abklärung des Betreuungsbedarfs durch eine Fachperson. passung der Medikamente. Tagsüber benötigt sie einen nung nicht mehr. Eine Pflegefachperson des 24-Stun- Rollstuhl. Auf die Frage, warum sie vor vier Jahren den-Teams plant gemeinsam mit Frau Keller und ihrer nicht in ein Pflegeheim umgezogen sei, antwortet Frau Tochter die notwendigen Unterstützungsmassnahmen. Agustoni: «In meinem Alter? Betreutes Wohnen bietet Die Tochter befürchtet, dass die Sicherheit ihrer Mutter hier viel. Ist die Krankheit stabil, läuft alles gut. Ich im Betreuten Wohnen wegen der raschen Veränderung kann an vielen Anlässen hier im Hause teilnehmen. der Gesundheitssituation, nicht mehr garantiert ist. Die Wenn die Krankheit wieder aufflammt, bin ich auf Pfle- Pflegefachperson kann sie beruhigen. Das Team kann ge auch in der Nacht angewiesen. Die wird mir hier ga- mit der Situation umgehen. Betreutes Wohnen verfügt rantiert.» Die 24-Stunden-Präsenz einer Pflegefachper- über spezialisierte Pflegefachpersonen für die Pflege son und die Möglichkeit, ihre Wohnung ohne grossen von Menschen mit Demenz. Häufige Kontrollbesuche, Aufwand dem Krankheitsverlauf anzupassen, erlauben auch nachts, die Begleitung im Haus, ins Restaurant ihr das notwendige Training, um ihr Leben so selbstän- und zu Freizeitanlässen werden geplant. Basierend auf dig wie möglich zu gestalten. «Deshalb fühle ich mich der pflegerischen Beurteilung schlägt die Fachperson hier sicher und geniesse mein Leben soweit das eben vor, diagnostische und therapeutische Massnahmen geht.» So trifft sie sich heute mit ihrer Nachbarin zu mit dem Hausarzt zu besprechen. Diese Planung er- einem Vortrag über Reisen in Lateinamerika. Einer von laubt gleichzeitig ein hohes Mass an Sicherheit und vielen sozialen Anlässen im Haus, die sie wenn immer an Lebensqualität. Für die Tochter entspricht das dem möglich gerne nutzt. Wunsch der Mutter: «Bereits bei der Wahl des Betreu- ten Wohnens haben meine Eltern diese Institution ge- wählt, weil sie einen erneuten Umzug im hohen Alter oder die Einweisung in ein Spital am Lebensende ver- meiden wollten.»
deshalb einen Rollstuhl. Bis vor drei Jahren wohnte Herr He wohnung in der Nähe seines Arbeitsorts. Er schätzte den ku Tätigkeit als Vermögensberater in einer Bank, den er auch m bewältigen konnte. Als er zum Teamleiter befördert wurde, Paul Hefti, 34 gekommen, ins Betreute Wohnen zu ziehen. Die geräumige gehbehindert bereitet ihm Freude. Hier kann er sich ungehindert mit dem nicht ständig befürchten, irgendwo anzustossen. Besonders Über die beiden Damen, die er liebevoll «meine Putzfeen» n ZUSAMMENFASSUNG Woche seine Wohnung reinigen. Und über die grosse Ausw Restaurant, die er sich in die Wohnung liefern lässt, wenn e «Mit meiner Zöliakie war Take-Away-Essen bisher eine reine auf die Inhaltsangaben verlassen – und es schmeckt fast so Klientenprofile Menschen mit Behinderung im Jahr verreist Herr Hefti mit seinen Freunden. Dann nutzt Klientenprofile Menschen mit Behinderung taxi, um samt Koffer zum Flughafen zu gelangen. «Ich habe Wird der Alltag für Menschen mit Behinderungen beschwerlich oder droht die Gestaltung der selber tun und organisieren kann. Jetzt will ich meine Zeit a Wird der Alltag Alltagsroutine fürscheitern, gar zu Menschen mit kann dasBehinderungen Betreute Wohnenbeschwerlich Unterstützungoder bietendroht die Gestaltung cherweise alles nur einen Telefonanruf entfernt. Sollte ich in der Alltagsroutine gar zu scheitern, kann das Betreute Wohnen Unterstützung bieten benötigen, wird das noch wichtiger.» Herr Hefti – ein typischer Klient für Betreutes Wohnen auf Stufe D Herr Hefti ist 34 Jahre alt. Seitdem er vor elf Jahren unglücklich mit dem Snowboard in Eliane Bucher & Max Rothenberger – ein typisches K der Halfpipe stürzte, kann er seine Beine nur noch eingeschränkt bewegen, zudem Eliane Bucher,28, und28Max Rothenberger, 30, haben sich wä bereiten ihm feinmotorische Bewegungen der rechten Hand Mühe. Im Alltag nutzt er kennengelernt. Elaine Bucher, Eines Tages fing Herr Rothenberger an, der h deshalb einen Rollstuhl. Bis vor drei Jahren wohnte Herr Hefti in einer kleinen 2-Zimmer- Max im Rothenberger, Restaurant 30 Blumen vorbeizubringen seines Lehrbetriebs wohnung in der Nähe seines Arbeitsorts. Er schätzte den kurzen Arbeitsweg zu seiner praktische Ausbildung im Gartenbau. «Blumen schenkt er m Paul Hefti, 34 Down-Syndrom, Tätigkeit als Vermögensberater in einer Bank, den er auch mit dem Rollstuhl problemlos liebe ich ihn genauso sehr wie damals», lacht Frau Bucher. D gehbehindert bewältigen konnte. Als er zum Teamleiter befördert wurde, war für ihn der Zeitpunkt wohnten Diabetes früher in zwei unterschiedlichen Institutionen für Paul Hefti, 34 gekommen, ins Betreute Wohnen zu ziehen. Die geräumigeElaine Wohnung mit28 Bucher, grossem BalkonBald war aber klar, dass sie ihr Leben zusammen verbringen gehbehindert bereitet ihm Freude. Hier kann er sich ungehindert mit dem MaxRollstuhl Rothenberger, bewegen30 und muss Typischer Klient für Betreutes Wohnen auf Stufe D Typisches nicht ständig befürchten, irgendwo anzustossen. BesondersDown-Syndrom, Klientenpaar auf beideStufe sehr an,C um trotz Down-Syndrom all das zu lernen, wa froh ist er über zwei Dinge:Leben in den eigenen vier Wänden können und wissen mus Diabetes Herr Hefti ist 34 Jahre alt. ÜberSeitdem die beidener vor elf Damen, die Jahren un- er liebevoll Eliane «meine Putzfeen» Bucher,28, nennt und und die einmal Max in der es dannRothenberger, soweit: Die beiden30, haben zogen zusammen ins Betreute W Woche seine glücklich mit dem Snowboard in Wohnung reinigen. stürzte, der Halfpipe Und über die grossesich Auswahl an Speisenihrer während im hauseigenen Ausbildung kommt jemand kennengelernt. vorbei, um ihnen Eines beim Bezahlen der Rechnu Restaurant, die er sich in die Wohnung liefern lässt, wenn er nicht selber kochen mag. Wocheneinkaufs oder bei schwierigen Haushaltsarbeiten w kann er seine Beine nur«Mitnochmeinereingeschränkt bewegen, bisher eine Zöliakie war Take-Away-Essen Tages reine fing Herr Lotterie. NunRothenberger kann ich mich an, der hübschen Service- helfen. Herr Rothenberger wird zudem beim Überwachen s auf die Inhaltsangaben zudem bereiten ihm feinmotorische verlassen – undder Bewegungen es schmeckt lernenden fast so gut wie im bei Mama.» Zweimal Restaurant der Woche Lehrbetriebs seines beim Rasieren undBlumen Schneiden seiner Finger- und im Jahr verreist Herr Hefti mit seinen Freunden. Dann nutzt er das hauseigene Rollstuhl- geschieht meistens am Freitag. So kann ich am Wochenend rechten Hand Mühe. Im Alltag nutzt er deshalb einen vorbeizubringen. Er selber machte dort eine praktische taxi, um samt Koffer zum Flughafen zu gelangen. «Ich habe mir bewiesen, dass ich vieles Mann ausgehen», schmunzelt Frau Bucher. Vor dem Ausgan Rollstuhl. Bis vor drei Jahren selber tunwohnte Herr Hefti und organisieren in ei- kann. Jetzt will ich meineAusbildung Zeit anders nutzen.im Hier Gartenbau. ist glückli- «Blumen schenkt er mir Physiotherapie an. Während Frau Bucher in der Therapie ist cherweise alles ner kleinen 2-Zimmerwohnung nur einen in der Nähe Telefonanruf seines Ar- entfernt. Sollte ich inheute auch Zukunft noch. mehr Betreuung Deshalb liebe jeweils mit ich ihn genauso drei Nachbarn sehr im Café im Erdges einen Espresso benötigen, wird das noch wichtiger.» zum traditionellen Sonntagsgrill mitbringt. Herr Rothenberg beitsorts. Er schätzte den kurzen Arbeitsweg zu seiner wie damals», lacht Frau Bucher. Die beiden jungen ihre neuen Freiheiten und hoffen, künftig noch eigenständig Tätigkeit als Vermögensberater in einer Bank, den er Leute wohnten früher in nicht zweimehr unterschiedlichen weiterwissen, könnenInsti- wir uns jederzeit telefonis auch mit dem Rollstuhl problemlos bewältigen konnte. tutionen für Menschen mit Behinderung. Dort finden wir für all Bald unserewar aber Fragen die richtigen Antworte Als er zum Teamleiter befördert wurde, war für ihn der Zeitpunkt gekommen, ins C klar, dass sie ihr Leben zusammen verbringen wollen. Eliane Bucher & Max Rothenberger – ein typisches Klientenpaar auf Stufe Eliane Bucher,28, und Max Rothenberger, 30, haben Sie Betreute Wohnen zu ziehen. strengten sich während ihrersich beide sehr an, um trotz Down-Syn- Ausbildung Die geräumige Wohnung mit grossem Balkon bereitet kennengelernt. Eines Tages fing Herr Rothenberger drom all das zu lernen, was man für ein selbständiges an, der hübschen Servicelernenden ihm Freude. Hier kannimerRestaurant seines Lehrbetriebs Blumen vorbeizubringen. Er selber machte dort eine sich ungehindert mit dem Leben in den eigenen vier Wänden können und wissen praktische Ausbildung im Gartenbau. «Blumen schenkt er mir auch heute noch. Deshalb Rollstuhl bewegen undliebe muss nicht ständig befürch- muss.DieVor ich ihn genauso sehr wie damals», lacht Frau Bucher. einem beiden jungenhalben Leute Jahr war es dann soweit: Die wohnten früher in zwei ten, irgendwo anzustossen. Besonders froh ist er über unterschiedlichen Institutionen für Menschen mit Behinderung. beiden zogen zusammen ins Betreute Wohnen. Einmal Elaine Bucher, 28 Bald war aber klar, dass sie ihr Leben zusammen verbringen wollen. Sie strengten sich zwei Dinge: Über Max Rothenberger, 30 die beiden Damen, die er liebevoll pro Woche kommt jemand vorbei, um ihnen beim Be- beide sehr an, um trotz Down-Syndrom all das zu lernen, was man für ein selbständiges Down-Syndrom, «meine Putzfeen» Diabetes nennt und die einmal in der Woche Leben in den eigenen vier Wänden können und wissen zahlen muss. Vordereinem Rechnungen, halben Jahr warbeim Planen des Wochenein- es dann soweit: Die seine Wohnung reinigen. Und über die grosse Auswahl beiden zogen zusammen ins Betreute Wohnen. Einmal pro Woche kaufs oder bei schwierigen Haushaltsarbeiten wie dem kommt jemand vorbei, um ihnen beim Bezahlen der Rechnungen, beim Planen des an Speisen im hauseigenen Restaurant, die er sich in Wocheneinkaufs oder bei schwierigen Haushaltsarbeiten Fensterputzen zu helfen. wie dem Fensterputzen zu Herr Rothenberger wird zu- die Wohnung liefern lässt, wenn er nicht selber kochen helfen. Herr Rothenberger wird zudem beim dem beim Überwachen seines Diabetes und einmal in Überwachen seines Diabetes und einmal in der Woche beim Rasieren und Schneiden seiner Finger- und Zehennägel unterstützt. «Das mag. «Mit meiner Zöliakie war Take-Away-Essen bisher der Woche beim Rasieren und Schneiden seiner Finger- geschieht meistens am Freitag. So kann ich am Wochenende mit einem noch schöneren eine reine Lotterie. NunMann kann ausgehen», schmunzelt Frau Bucher. Vor dem und ich mich auf die Inhalts- AusgangZehennägel steht samstagsunterstützt. aber die «Das geschieht meistens Physiotherapie an. Während angaben verlassen – und es schmeckt fast so gut wie bei Frau Bucher in der Therapie ist, trinkt Herr Rothenberger am Freitag. So kann ich am Wochenende mit einem jeweils mit drei Nachbarn einen Espresso im Café im Erdgeschoss und bespricht, wer was Mama.» Zweimal im Jahr verreist Herr Hefti mit seinen noch schöneren zum traditionellen Sonntagsgrill mitbringt. Herr Rothenberger und Frau BucherMann ausgehen», schmunzelt Frau geniessen Freunden. Dann nutzt er das ihre hauseigene neuen Rollstuhltaxi, Freiheiten und Bucher. zu hoffen, künftig noch eigenständiger Vor dem«Wenn werden. Ausgangwir steht samstags aber die Phy- nicht mehr weiterwissen, können wir uns jederzeit telefonisch bei der Zentrale melden. um samt Koffer zum Flughafen zu gelangen. «Ich habe siotherapie an. Während Frau Bucher in der Therapie Dort finden wir für all unsere Fragen die richtigen Antworten.» mir bewiesen, dass ich vieles selber tun und organisie- ist, trinkt Herr Rothenberger jeweils mit drei Nachbarn ren kann. Jetzt will ich meine Zeit anders nutzen. Hier einen Espresso im Café im Erdgeschoss und bespricht, ist glücklicherweise alles nur einen Telefonanruf ent- wer was zum traditionellen Sonntagsgrill mitbringt. fernt. Sollte ich in Zukunft mehr Betreuung benötigen, Herr Rothenberger und Frau Bucher geniessen ihre wird das noch wichtiger.» neuen Freiheiten und hoffen, künftig noch eigenstän- diger zu werden. «Wenn wir nicht mehr weiterwissen, können wir uns jederzeit telefonisch bei der Zentrale melden. Dort finden wir für all unsere Fragen die rich- tigen Antworten.»
einen Schlaganfall erlitt, mussten sich ihre Eltern schweren H Pflegeheim zu ziehen. Für Frau Foppa kam es nie in Frage mi Ingrid Foppa, 48 ist etwas für alte Leute!», erklärte sie. Ihr war es aber wichtig kognitiv beeinträchtigt bleiben, damit sie sich gegenseitig regelmässig besuchen kön Betreuten Wohnen ist ideal gelegen und entspricht ihren Be Frau Foppa beim Aufstehen, bei der Morgentoilette und beim sie sich auf den Weg zu ihrer Arbeit in einer geschützten We ZUSAMMENFASSUNG der Holzabteilung gefällt ihr. Das Haushalten macht ihr da me sie es sehr, dass sie auf externe Hilfe zählen kann. Auch beim wechseln wird sie begleitet und unterstützt. Wenn sie aben sie sich oft eine ihrer Lieblingsserien an – manchmal mit ihre Stock, mit der sie auch fast immer zu Abend isst. Bei schönem Foppa oft in den Garten, wo sie den Hühnern und Kaninchen vermisst sie ihre Eltern, und manchmal hat sie auch Angst, vo gewittert oder wenn sich ein epileptischer Anfall ankündigt. jemand im Hause ist und zu ihr kommt, sobald sie auf den ro lenk drückt. Frau Foppa – eine typische Klientin für Betreutes Wohnen auf Stufe B Herr Berger – ein typischer Klient für Betreutes W Für Markus Berger, 53 Jahre alt, ist das Betreute Wohnen ein Ingrid Foppa,48, lebte bis vor Kurzem auf dem Bauernhof ihrer Eltern ganz in der Nähe Leben war geprägt von vielen Höhen und Tiefen. Eine mehr des Dorfzentrums. Als sie eine junge Frau war, bauten ihre Eltern für sie das Stöckli um, serkrankung hat ihre Spuren in Körper und Gehirn hinterlass so dass sie trotz ihrer kognitiven Beeinträchtigung ihr eigenes Reich hatte. Ihre Mutter alleine, oft aber auch in Institutionen. «Beides war schwierig war immer für sie da, und auch ihr Vater hatte stets ein wachsames Auge auf sie. Seine Markus Berger, 53 vergesse ich mich. Das passiert im Betreuten Wohnen nicht. Gesundheit Ingrid Foppa, 48machte ihm aber die letzten Jahre immer mehr zu schaffen. Als ihre Mutter lebt seit 30mirJahren ertragen, dass Tag undmit Nachteiner andere komische Käuze au einen Schlaganfall erlitt, mussten sich ihre Eltern schweren Herzens entscheiden, in ein kognitiv beeinträchtigt meine Ruhe und meine Ordnung, und das ist gut so.» Herr B Abhängigkeitserkrankung Pflegeheim zu ziehen. Für Frau Foppa kam es nie in Frage mitzugehen. «Das Pflegeheim Ingrid Foppa, 48 ist etwas für alte Leute!», erklärte sie. Ihr war es aber wichtig,Markus Berger, in der Nähe 53 Eltern zu Unterstützung bei der Haushaltsführung und der körperliche ihrer kognitiv beeinträchtigt lebt seit 30 Jahren mit einer im medizinische Pflege. Er ist froh, dass immer jemand vom 24- Typische Klientin fürbleiben, damit sie Betreutes sich gegenseitig Wohnen regelmässig auf Stufe B besuchenTypischer können. Ihr neues Klient Zuhause Abhängigkeitserkrankung für Betreutes Wohnen seine Atemnot wiederauf Stufe einmal arg istAund er mit dem Sauerst Betreuten Wohnen ist ideal gelegen und entspricht ihren Bedürfnissen. Morgens wird Ingrid Foppa,48, lebte bis vor Kurzem auf dem Bauern- Für Markus Berger, 53 mt. Er alt, Jahre verbringt ist viel Zeit das mit MalenWoh- Betreute oder beim Schreiben von Frau Foppa beim Aufstehen, bei der Morgentoilette und beim Frühstück begleitet, bevor findet er, wenn er sich in den Park vor dem Haus setzt und d hof ihrer Eltern ganzsiein sichder Nähe auf den Weg zudes Dorfzentrums. ihrer Arbeit in einer geschütztennen einemacht. Werkstatt neueDieErfahrung. Arbeit in Sein stellte er –Leben warÜberzeugungsarbeit nach etwas geprägt von durch eine Betre der Holzabteilung gefällt ihr. Das Haushalten macht ihr da mehr Mühe. Deshalb schätzt Als sie eine junge Frau war, bauten ihre Eltern für sie vielen Höhen und Tiefen.zurEine mehrumals Verfügung, die30-jährige Herbstkonzerte Ab- im Haus optisch zu um sie es sehr, dass sie auf externe Hilfe zählen kann. Auch beim Duschen und beim Kleider- kleine Vernissage statt, an der Herr Berger teilnahm. Oft blei das Stöckli um, so dass siewird wechseln trotz ihrer kognitiven sie begleitet und unterstützt.Be-Wenn sie abends hängigkeitserkrankung nach Hause kommt, guckthat ihre Spuren in Körper und gerne ein einsamer Wolf. Aber mein Hirn spielt mir Streiche sie sich oft Reich einträchtigung ihr eigenes eine ihrerhatte. Lieblingsserien Ihre an – manchmal mitGehirn Mutter ihrer neuen Freundin vom 2.Früher lebte er bisweilen alleine, hinterlassen. Deshalb ist es gut, dass immer wieder jemand zu mir kommt Stock, mit der sie auch fast immer zu Abend isst. Bei schönem Wetter setzt sich Frau war immer für sie da, und auch ihr Vater hatte stets oft aber auch in uche ermöglichen Institutionen. «Beidesbeiwar Bedarf angemessene Interventionen. schwierig. Foppa oft in den Garten, wo sie den Hühnern und Kaninchen zuschaut. Manchmal Betreute Wohnen auch die psychiatrische Gesundheitsverso ein wachsames Augevermisst auf sie. Seine sie ihre Gesundheit Eltern, und manchmalmach- Wenn hat sie auch Angst, ichwenn vor allem alleine bin, vergesse es nachts ich mich. alle Medikamente in der Das passiert Arztpraxis oder in der Apotheke im gewittert oder wenn sich ein epileptischer Anfall ankündigt. Sie weiss aber, dass immer te ihm aber die letzten Jahre immer mehr zu schaffen. im Betreuten Wohnen nicht. Hier don muss muss er den Wegich es nicht er- zur städtischen Abgabestelle nicht me jemand im Hause ist und zu ihr kommt, sobald sie auf den roten Knopf an ihrem Handge- Als ihre Mutter einen Schlaganfall lenk drückt. erlitt, mussten sich tragen, dass mir Tag und immer Nachtbeschwerlicher andere komische für ihn wurde. Käuze ihre Eltern schweren Herzens entscheiden, in ein Pfle- auf die Pelle rücken. Ich habe meine Ruhe und mei- geheim zu ziehen. Für Frau Foppa kam es nie in Frage ist etwas für alte Leute!», A ne Ordnung, und das ist gut so.» Herr Berger benötigt Herr Berger – ein typischer Klient für Betreutes Wohnen auf Stufe mitzugehen. «Das Pflegeheim neben Unterstützung bei der Haushaltsführung und Für Markus Berger, 53 Jahre alt, ist das Betreute Wohnen eine neue Erfahrung. Sein erklärte sie. Ihr war es aber Leben war wichtig, geprägt vonin derHöhen vielen Nähe undihrer deralskörperlichen Tiefen. Eine mehr Hygiene auch tägliche medizinische 30-jährige Abhängigkeit- Eltern zu bleiben, damitserkrankung sie sich hat ihre Spuren in Körper gegenseitig und Gehirn hinterlassen. regelmäs- Pflege.Früher Er istlebte er bisweilen froh, dass immer jemand vom 24-Stunden- alleine, oft aber auch in Institutionen. «Beides war schwierig. Wenn ich alleine bin, sig besuchen können.vergesse Ihr neues ich mich. Das passiert im Betreuten Wohnen nicht. Hier muss ich es nichtseine Atemnot wieder einmal arg ist Zuhause im Betreuten Team da ist, wenn ertragen, Wohnen ist ideal gelegen und dassentspricht mir Tag und Nacht ihren andere komische Käuzeund Bedürf- auf die er Pelle mit rücken. Ich habe dem Sauerstoff nicht alleine zurechtkommt. meine Ruhe und meine Ordnung, und das ist gut so.» Herr Berger benötigt neben nissen. Morgens wird Frau Foppa beim Aufstehen, bei Er verbringt viel Zeit mit Malen oder beim Schreiben Markus Berger, 53 Unterstützung bei der Haushaltsführung und der körperlichen Hygiene auch tägliche der30Morgentoilette lebt seit Jahren mit einer und beim Frühstück medizinische Pflege. Er istbegleitet, bevor froh, dass immer jemand vomvon Gedichten. 24-Stunden-Team Inspiration da ist, wenn findet er, wenn er sich in seine Atemnot wieder einmal sie sich auf den Weg zu ihrer Arbeit in einer geschütz- Abhängigkeitserkrankung arg ist und er mit dem Sauerstoff nicht alleine zurechtkom- den Park vor dem Haus setzt und dem Treiben zusieht. mt. Er verbringt viel Zeit mit Malen oder beim Schreiben von Gedichten. Inspiration ten Werkstatt macht.findet Dieer,Arbeit in der Holzabteilung wenn er sich in den Park vor dem Haus setzt und Kürzlich dem Treiben stellte zusieht.er – nach etwas Überzeugungsarbeit Kürzlich gefällt ihr. Das Haushalten macht ihr da mehr Mühe. stellte er – nach etwas Überzeugungsarbeit durch eine durch eine Betreuungsperson – einige Bilder zur Ver- Betreuungsperson – einige Bilder zur Verfügung, um die Herbstkonzerte im Haus optisch zu umrahmen. Es fand sogar eine Deshalb schätzt sie es sehr, dass sie auf externe Hilfe fügung, um die Herbstkonzerte im Haus optisch zu um- kleine Vernissage statt, an der Herr Berger teilnahm. Oft bleibt er aber für sich. «Ich bin zählen kann. Auch beim Duschen und beim Kleider- gerne ein einsamer Wolf. Aber mein Hirn spielt mir Streiche rahmen. Es mal – mal mehr, fand sogar eine kleine Vernissage statt, an weniger. Deshalb ist es gut, dass immer wechseln wird sie begleitet und unterstützt. Wenn sie wieder jemand zu mir kommt.» Regelmässige Kontrollbes- der Herr Berger teilnahm. Oft bleibt er aber für sich. uche ermöglichen bei Bedarf angemessene Interventionen. Daneben gewährleistet das abends nach Hause kommt, guckt sie sich oft eine ihrer «Ich bin gerne ein einsamer Wolf. Aber mein Hirn Betreute Wohnen auch die psychiatrische Gesundheitsversorgung. Herr Berger bezieht Lieblingsserien an – alle manchmal Medikamente mitin ihrer neuenoder der Arztpraxis Freun- in der Apothekespielt im Haus. mir AuchStreiche – mal mehr, mal weniger. Deshalb für sein Metha- don muss er den Weg zur din vom 2. Stock, mit der sie auch fast immer zu Abend städtischen Abgabestelle nicht mehr auf sich nehmen, der ist es gut, dass immer wieder jemand zu mir kommt.» immer beschwerlicher für ihn wurde. isst. Bei schönem Wetter setzt sich Frau Foppa oft in Regelmässige Kontrollbesuche ermöglichen bei Bedarf den Garten, wo sie den Hühnern und Kaninchen zu- angemessene Interventionen. Daneben gewährleistet schaut. Manchmal vermisst sie ihre Eltern, und manch- das Betreute Wohnen auch die psychiatrische Gesund- mal hat sie auch Angst, vor allem wenn es nachts gewit- heitsversorgung. Herr Berger bezieht alle Medikamente tert oder wenn sich ein epileptischer Anfall ankündigt. in der Arztpraxis oder in der Apotheke im Haus. Auch Sie weiss aber, dass immer jemand im Hause ist und für sein Methadon muss er den Weg zur städtischen zu ihr kommt, sobald sie auf den roten Knopf an ihrem Abgabestelle nicht mehr auf sich nehmen, der immer Handgelenk drückt. beschwerlicher für ihn wurde.
1 AUSGANGSLAGE M it der Pensionierung beginnt aus sozialpoliti- ab, sie sind zunehmend auf Unterstützung im Alltag scher Sicht das Alter. Heute gehören 18.2 % der angewiesen 4. Diese Gruppe ist seit 2010 um 61 390 Per- Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz sonen auf 5.1 % der Bevölkerung angestiegen1. zu dieser Altersgruppe 65+, rund 220 671 mehr als noch im Jahr 2010 1. Die Gruppe der älteren Menschen über Das vierte Lebensalter, mit einer Zunahme der Fragili- 65 Jahre ist nicht homogen. Unterteilt wird sie in zwei sierung, wird wegen der benötigten Ressourcen für die Abschnitte: Personen im dritten Lebensalter meist zwi- Unterstützung im Alltag als Belastung für die Sozial- schen 65–80 Jahren und im vierten Lebensalter über werke angesehen 5. Begriffe wie «Überalterung» markie- 80 Jahre 2,3. ren die veränderte Diskussion über das Alter und über die gesellschaftliche Verantwortung gegenüber jenen, Personen im dritten Lebensalter werden als aktive und die auf Unterstützung angewiesen sind. Die betreueri- leistungsfähige Seniorinnen und Senioren gesehen. schen Unterstützungsleistungen werden dabei häufig Sie werden als neue zahlungsfähige Kunden in einem der Selbstsorge und der Selbstverantwortlichkeit zu- wachsenden «Altersmarkt» umworben. Anders ist die gewiesen. Der gesellschaftliche Auftrag zur Sorge wird Sicht auf das vierte Lebensalter, in welchem vier von privatisiert 6. fünf Menschen eine Zunahme der Vulnerabilität und gleichzeitig eine Fragilisierung erleben, d. h., ihre Mög- Gemäss Bundesverfassung Artikel 112c sind die Kan- lichkeiten, auf Veränderungen zu reagieren, nehmen tone verpflichtet, für die Hilfe und Pflege von Betagten
1 AUSGANGSLAGE und Menschen mit Behinderung zu Hause zu sorgen 7. Die Debatte um Betreutes Wohnen ist zudem geprägt Traditionell geschieht dies im ambulanten Bereich durch die Verwendung immer neuer, ungenügend er- durch die Spitex und die Pro Senectute und im statio- klärter Begriffe wie Wohnen mit Services, Wohnen mit nären Bereich durch die Alters-, Pflege- und Behinder- Dienstleistungen, Wohnen plus. Zuweilen kann nicht tenheime. Im Jahr 2017 nutzten 295 054 Personen am- verhindert werden, dass in Diskussionen Äpfel mit Bir- bulante Pflegeleistungen der Spitex, 122 317 Personen nen verglichen werden. Auch im Zusammenhang mit erhielten hauswirtschaftliche oder sozialbetreuerische der Ausgestaltung von Finanzierungsmodellen wird Hilfe 8 und 153 046 Personen erhielten Unterstützung deshalb eine Definition von Betreutem Wohnen drin- als Bewohnende einer stationären Pflegeeinrichtung 9. gend benötigt15. In den letzten Jahren markierte die Umwandlung von Altersheimen in Pflegeheime einen Rückzug der öffent- Das vorliegende Projekt setzte hier an. Es untersucht, lichen Hand aus der Verantwortung für die Betreuung. was hinter dem Begriff des «Betreuten Wohnens» als Niederschwellige Wohn- und Betreuungsmöglichkei- integrierter Teil einer umfassenden Langzeitversorgung ten fielen weg und die Organisation von Betreuung und älterer Menschen steht. Es stellt die Ziele und den Hilfe wurde reprivatisiert. Fokus Betreuten Wohnens aus der Sicht der Klientin- nen und Klienten dar und benennt ausserdem Struk- Gleichzeitig hat sich die Diskussion um neue Wohn- turen, Inhalte und Beurteilungskriterien, die als Merk- formen wie das Betreute Wohnen intensiviert; eine male für das Betreute Wohnen in Zukunft wichtig Wohnform, die zuweilen auch als moderner Ersatz für sind. CURAVIVA Schweiz, senesuisse, Pro Senectute die wegfallenden Altersheime interpretiert wird11. Das Schweiz und Spitex Schweiz initiierten dieses Projekt, Betreute Wohnen wird daher als intermediäre Form um folgende Fragestellungen zu bearbeiten. zwischen dem klassischen Heimbereich und der ambu- lanten Spitex bezeichnet12. Damit wird dem Betreuten Wohnen ein Auftrag nach pflegerischen und betreue- 1.1 Fragestellungen rischen Unterstützungsleistungen zugewiesen13,14. Be- – Welche Modelle und Konzepte zum Betreuten treutes Wohnen ist damit Teil der Langzeitpflege. Wohnen werden in der Literatur verwendet? – Welches sind die strukturellen, inhaltlichen Aufgrund fehlender Definition ebenso wie fehlender und fachlichen Voraussetzungen, die als Mini- gesetzlicher Regelungen in der Schweiz liegen keine malstandards eingehalten werden müssen, genauen Zahlen zum Betreuten Wohnen vor. Schätzun- damit von Betreutem Wohnen gesprochen gen zufolge bieten in der Schweiz rund 843 Einrich- werden kann? tungen Alterswohnungen für zirka 16 000 Menschen an12. In der Realität dürften es aber bedeutend mehr sein. Basierend auf Angaben aus zehn Kantonen wird 1.2 Methodisches Vorgehen geschätzt, dass für 6.3 % der Personen über 80 Jahre ein Zur Beantwortung der Fragen wurden drei Prozesse Platz im Betreuten Wohnen zur Verfügung steht. kombiniert: erstens eine Literaturrecherche zu Model- len und Konzepten des Betreuten Wohnens; zweitens Die Diskussion zum Betreuten Wohnen wird oft aus Delphi-Befragungen zu Qualität und Standards von Be- der Perspektive von Organisationen und den Tätig- treutem Wohnen und drittens die Synthesediskussion keitsfeldern der involvierten Berufsgruppen geführt. in einer Arbeitsgruppe, unterstützt durch Expertenmei- Dabei werden unterschiedliche theoretische Konzepte nungen (Interviews). verwendet, die eng mit politischen und finanziellen Fragestellungen verbunden sind und bestehende Zu- sammenarbeitsformen in der Praxis repräsentieren.
1 AUSGANGSLAGE 1) Die Literaturreview synthetisierte 32 Artikel 2) Fünf Expertinnen und Experten aus Heimen und zum Thema Betreutes Wohnen. Wissenschaftliche Ar- Spitex, Hochschulen und Interessengruppen wurden tikel bis hin zu politischen Berichten und Statements interviewt. Zur Vorbereitung eines Workshops wurden bildeten die Grundlage dieser Synthese. Die Aussagen Grundsätze, basierend auf der Literaturreview und den wurden analysiert und kategorisiert bezüglich Defini- Expertenmeinungen, formuliert. tion und Modell von Betreutem Wohnen, Charakteris- An einem Workshop in Bern im Mai 2018, an tiken der Bewohnenden, Leistungen und deren Verfüg- dem 26 Personen teilnahmen, wurden diese präsen- barkeit, Anforderungen an den Wohnraum, finanzielle tiert und als Grundlage für einen Delphi-Prozess a mit Regelungen und rechtliche Aspekte. zwei Runden zur Diskussion gestellt. Die Personen Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus zwei De- stammten aus den folgenden Bereichen (Mehrfach- legierten von CURAVIVA und je einer Delegierten nennungen möglich): Betreutes Wohnen (n=1), Heime oder einem Delegierten von senesuisse, Pro Senectute (n=7), Spitex (n=3), Betreuung (n=5), Behörden (n=2), Schweiz und Spitex Schweiz, diskutierte erste konzep- Verbände (9) und Andere (4). In Gruppendiskussionen tionelle Überlegungen basierend auf dieser Literaturre- wurden 13 Thesen entwickelt, welche Kernaussagen zu view. den Zielen von Betreutem Wohnen, den notwendigen Strukturen, den Unterstützungsprozessen und der Aus- a Die Delphi-Methode ist ein mehrstufiges Befragungsverfahren mit Rückkoppelung, um Gruppenmeinungen zu erfassen16,17. Sie nutzt eine wiederholte Befragung von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachbereichen, um vorhandene Meinungen zu verdichten und breit unterstützte Aussagen zum Thema zu erhalten.
1 AUSGANGSLAGE richtung auf bestimmte Klientengruppen enthielten. In einem Ratingprozess beurteilten die Anwesenden die Bedeutung dieser Aussagen für die Entwicklung eines Models des «Betreuten Wohnens». Das Rating bestätig- te neun Thesen mit einer Zustimmung von mehr als 70 %. Diese Thesen wurden der Arbeitsgruppe zur wei- teren Diskussion mitgegeben. Die Arbeitsgruppe formulierte weitere 16 The- sen zur Präzisierung der Aussagen. Diese wurden an die 26 Teilnehmenden des Workshops und an zusätz- liche Personen aus dem Heimbereich (+ 1), dem Betreu- ten Wohnen (+ 2) und der Spitex (+ 1) verschickt. Mit einer Responserate von 53 % wurden 13 der 16 Thesen unterstützt und schriftlich kommentiert. Nach dieser zweiten Delphi-Runde konnten 22 Thesen mit einer Zustimmungsrate von mehr als 70 % der teilnehmen- den Personen für die weitere Entwicklung des Models verwendet werden (Anhang Delphi-Thesen zu Betreu- tem Wohnen). 3) Erkenntnisse aus der Literatur und die Thesen der Delphi-Runden wurden in der Arbeitsgruppe wei- ter diskutiert, um verwendete Begriffe zu klären und damit eine gemeinsame Sprache zu finden. An mehreren Sitzungen synthetisierte die Ar- beitsgruppe die vorhandenen Unterlagen, Literaturre- view, Experteninterviews und die Thesen der Delphi- Runde zu einem verbindlichen Rahmen für die weitere Modellentwicklung. Das Modell wurde in einer abschliessenden Ver- nehmlassung der Arbeitsgruppenmitglieder beurteilt.
2 LITERATURREVIEW E in Blick zur Situation in der Schweiz zeigt, dass Tagesstrukturen, Kurzzeitaufenthalte in Pflegeheimen) lediglich in sieben Kantonen (VD, VS, LU, TG, schätzt, dass durchschnittlich rund 60 % der Institutio- AI, AR, BS) gesetzliche Regelungen für Betreutes nen des Betreuten Wohnens für ältere Menschen durch Wohnen bestehen, diese in zwei Kantonen (GR, JU) aus- eine gemeinnützige Trägerschaft betrieben werden, mit gearbeitet, aber noch nicht in Kraft sind und in einem einem hohen Anteil von 93 % in Basel-Stadt und 100 % weiteren Kanton (AG) ausgearbeitet werden. Die West- im Kanton Zug12. Wie viele Institutionen durch die schweiz hat deutlich mehr Regelungen, die in Kraft Spitex betrieben werden, wird in der Statistik nicht sind18. Gesamtzahlen zum Angebot in der Schweiz ausgewiesen. Nach Expertenmeinung ist dies z. B. im existieren nicht. Daten aus zehn Kantonen zeigen gros- Kanton Genf bei einem grossen Teil der Institutionen se regionale Unterschiede im Angebot von Betreutem der Fall. Von Pflegeheimen betrieben werden 15 % der Wohnen. So stehen Alterswohnungen für 13 % der über betreuten Wohnungen. Der Kanton Graubünden zeigt 80-Jährigen im Kanton Basel-Stadt, für 6 % im Kanton dabei mit 78 % den höchsten Wert. 14 % werden durch Neuenburg, aber für nur rund 2 % in den Kantonen Gla- die Gemeinden betrieben, wobei im Kanton Uri 50 % rus und Jura zur Verfügung12. aller Betreutes-Wohnen-Plätze durch die Gemeinden betrieben werden. Rund 11 % der Institutionen wer- Auch bei der Trägerschaft von Betreutem Wohnen sind den durch eine privatrechtliche Trägerschaft betrieben, regionale Unterschiede zu beobachten. Die OBSAN- wobei der Kanton Genf den höchsten Anteil von 35 % Studie zu intermediären Strukturen (Betreutes Wohnen, zeigt12.
2 LITERATURREVIEW Wenn die Institutionen für Betreutes Wohnen ange- 2.2 Die Unterstützungsangebote schaut werden, so fällt auf, dass 25 % der Alterswoh- Die Diskussion in der Schweiz, ob und welche Unter- nungen neben einer barrierefreien Wohnsituation kei- stützungsangebote gemacht werden sollen, damit von ne zusätzlichen Leistungen anbieten12. Auf der anderen Betreutem Wohnen gesprochen werden kann, zeigt Seite des Spektrums stehen 50 % der Institutionen, grosse Parallelen zu den Diskussionen in anderen Län- die mit acht oder mehr verschiedenen Leistungen die dern. In den USA war bereits in den 90er Jahren des Bewohnenden unterstützen. Trotz unterschiedlicher letzten Jahrhunderts ein Boom des Betreuten Wohnens Begriffe wie «Wohnen mit Service», «begleitetes Woh- (assisted living) zu beobachten. Dieser entfachte eine nen», «Alterswohnungen» oder «intermediäre Struktu- heftige Diskussion, welche Eigenschaften erfüllt sein ren» werden zwei Elemente immer als Bestandteil für müssen, um als Betreutes Wohnen anerkannt zu wer- Betreutes Wohnen beschrieben: den23,24. 1) die barrierefreie Wohnung und 2) ein vorhandenes Unterstützungs- und Wird angenommen, dass Betreutes Wohnen ein Ange- Pflegeangebot18. bot der Langzeitpflege sein soll, unterscheiden sich Al- terswohnungen ohne Unterstützungsleistungen deut- lich von Anbietern, welche barrierefreies Wohnen und 2.1 Barrierefreie Wohnung Unterstützungsleistungen kombinieren. Diese Unter- Betreutes Wohnen ist an spezifische Bedingungen be- scheidung genügt aber nicht, da es auch bei letzteren treffend die Gestaltung des Wohnraums und der Um- selbst Unterschiede gibt. gebung gebunden. Dazu gehören eine eigene Küche und ein Bad/WC, welche zur privaten Wohneinheit In den Diskussionen werden die Unterstützungsleis- gehören. Angeboten werden vorwiegend 1-, 2- und tungen in Leistungen der Pflege und jene der Betreuung 2 ½-Zimmer-Wohnungen19. Die Wohnung muss bar- unterteilt25,26. Diese durch das Finanzierungssystem rierearm oder barrierefrei sein. Vereinzelt werden ent- verursachte Trennung produziert nicht nur einen un- sprechende Normen genannt, wie etwa die SIA-Norm klaren Begriff «Betreuung», sondern auch eine praxis- 500, die Fachstelle hindernisfreie Architektur oder die fremde Definition der Pflege27. PROCAP-Empfehlungen20. Das Angebot schliesst Ge- meinschaftsräume oder Gemeinschaftsgärten mit ein, So wird Pflegebedürftigkeit auf die Tätigkeiten in Zu- welche soziale Teilhabe ermöglichen. Vereinzelt wird sammenhang mit Essen, Aufstehen, An- und Auszie- auf die Bedeutung einer guten Wohnumgebung, der hen, zur Toilette gehen sowie Baden/Duschen reduziert. Nachbarschaftskontakte, Einkaufsmöglichkeiten, An- Die Bewertung ist relevant z. B. für die Gewährung der bindung an den öffentlichen Verkehr, Verkehrssicher- Hilflosenentschädigung oder für Statistiken der natio- heit, öffentliche Sicherheit oder Ruhe im Quartier hin- nalen Gesundheitsbefragung. Der Bundesrat selbst hält gewiesen21. aber fest, dass Damit entsprechen die Anforderungen an den Wohn- «… Pflege eine umfassende vielschichtige und raum nicht spezifischen, nur für ältere Menschen mehrdimensionale Tätigkeit ist, die darauf abzielt, wichtigen Kriterien. Vielmehr erfüllen sie auch die An- Patienten und Patientinnen, deren Autonomie in ih- forderungen, die das Wohnen für junge Menschen mit ren alltäglichen Lebensverrichtungen eingeschränkt Beeinträchtigungen oder für Familien mit Kindern ver- ist, darin zu unterstützen, dass sie ihr Alltagsleben einfachen. Daher wird postuliert, dass gutes Wohnen wieder aufnehmen, weiterführen, angepasst fort- mehr sein sollte als Barrierefreiheit. Es schliesst sinn- setzen oder neu aufbauen können»28. hafte Alltagsaktivitäten, soziale Kontakte und das Vor- handensein finanzieller Mittel ein22.
2 LITERATURREVIEW Diese Definition wird sinngemäss auch in der Diskussi- 2.2.2 Leistungen zur Entlastung on um eine Transformation der Versorgungsstrukturen Die zweite Gruppe an Unterstützungsleistungen be- aufgegriffen29. Die Pflege auf KVG-Leistungen zu redu- trifft die Entlastung der Bewohnerinnen und Bewoh- zieren, widerspricht dieser Definition des Bundesrats. ner und der Angehörigen in Alltagsaktivitäten. Einzel- Da der Begriff der Betreuung immer wieder als Sam- ne Aktivitäten werden ganz oder teilweise abgegeben, melbegriff für sogenannt «nichtpflegerische» Leistun- weil sie für die Bewohner und Bewohnerinnen selbst gen dient30, bleibt der damit verbundene Begriff der Be- oder deren Angehörige zu anstrengend sind. Am häu- treuung ebenfalls unklar. figsten handelt es sich um drei Tätigkeiten im Bereich der Haushilfe: die Wäsche waschen (50 % der Institu- Die Unterstützungsleistungen lassen sich inhaltlich in tionen), die Reinigung der Wohnung (51 % der Institu- vier Kategorien einteilen. Es handelt sich um 1) Leis- tionen) und Leistungen der Gastronomie, Einkaufen, tungen zur Erhöhung der Sicherheit in Notsituationen, Mahlzeitendienst oder die Mahlzeit im vor Ort vorhan- 2) Leistungen zur Entlastung der Betroffenen und der denen Restaurant (64 % der Institutionen). Angehörigen, 3) Leistungen der pflegerischen Grund- versorgung (Pflege/Betreuung, Tagesstrukturen), 4) Leis- 2.2.3 Leistungen der Pflege und Betreuung tungen im Bereich Aktivitäten und Veranstaltungen. In der dritten Kategorie, Leistungen einer pflegerischen Grundversorgung mit Pflege und Betreuung, zeigen 2.2.1 Leistungen zur Sicherheit sich grosse Unterschiede in Umfang und Qualität. In Sicherheit ist eines der zentralen Anliegen, das sowohl den meisten kantonalen Reglementen wird Pflege/Be- in den kantonalen Reglementen als auch in den Publi- treuung explizit als mögliche Leistung erwähnt. In 23 kationen genannt wird. Bei Leistungen der Sicherheit Kantonen und in 58 % der Institutionen werden diese wird von einer potentiellen Gefährdung ausgegangen. Leistungen angeboten12. Dazu gehört in dieser Altersgruppe sicherlich der Es existieren Vorschriften, wenn die Spitex oder Heime Sturz, angesichts der rund 80 000 Stürze älterer Per- diese Aufgaben in Alterswohnungen übernehmen. So sonen, bei denen jedes Jahr rund 1200 Menschen ums brauchen im Kanton Thurgau jene Heime, die in Alters- Leben kommen31. wohnungen Pflege- und Betreuungsaufgaben überneh- men, eine Spitex-Bewilligung und im Kanton St. Gallen Die meist genannte Unterstützungsleistung bezieht ist eine Kooperation mit der Spitex oder einem Pflege- sich auf die Sicherheit, jemanden alarmieren zu kön- heim Vorschrift. nen. Elektronische Notrufsysteme werden heute in al- len Kantonen und in 70 % der Institutionen genutzt12. Die Beschreibung der Unterstützungsleistungen in der Im Jahr 2013 hatten 2 % der 75–79-Jährigen und 9 % Kategorie Pflege/Betreuung bleibt meistens auf die Be- der über 80-Jährigen ein Notrufsystem21. Geschätzt griffe beschränkt und wird nicht weiter ausgeführt. wird, dass heute rund 50 000 solcher Geräte im Einsatz In der internationalen Literatur finden sich gesetz- sind32. Die Personen, die auf den Notruf reagieren, vari- liche Grundlagen, welche Unterstützungsleistungen ieren je nach Anbindung des Betreuten-Wohn-Angebo- Betreutes Wohnen in speziellen Situationen z. B. zur tes. Es kommt zum Weiterleiten an eine externe Stelle Alltagsgestaltung im Zusammenhang mit Demenz, zur oder Notdienstzentrale, zur Spitex oder zu anwesenden Palliativpflege, zum Umgang mit Depression oder bei Pflegefachpersonen, wenn das Betreute Wohnen einem schwerer Herzinsuffizienz anzubieten hat 23,33. Diese Heim angegliedert ist. Die Notrufsysteme werden in spezialisierten Unterstützungsangebote, die einen Um- 51 % der Institutionen auf Wunsch der Bewohnenden zug in eine stationäre Pflegeinstitution verhindern sol- durch Kontrollbesuche und aktives Überprüfen eines len, gehören in der Schweiz nur in einem beschränkten Lebenszeichens ergänzt. Mass zum Angebot. Pflege und Betreuung werden nicht definiert und nur in einzelnen Fällen, wie etwa im Kan-
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