Fen + mut Gemeindebrief - Nr. 2/2021 Mai - Juli - Lutherkirche München
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C H E g RKI R t i T H E r ä fk L U u t im g + t a t + e n o f f Schwerpunkt- Gemeindebrief thema: Nr. 2/2021 Mai – Juli Arbeit
EV.-LUTH. KIRCHENGEMEINDE LUTHERKIRCHE Liebe Leserinnen, irche-m uenchen.de Lutherkirche: Bergstraße 3, 81539 München liebe Leser, www.lutherk ie mehr über das Pfarramtsbüro ... wenn S wollen en erfahren Sekretärinnen: Sandra Steinbrink, Mareike Uhlig Gemeindeleb erst die Arbeit, dann das Vergnügen – so halten Neu: Weinbauernstr. 9, 81539 München wir es auch beim Gemeindebrief und beschäf- 69 79 89-60, 69 79 89-89 tigen uns in dieser Ausgabe mit unterschiedli- @ pfarramt.muenchen-lutherkirche@elkb.de chen Aspekten des Arbeitslebens: Beruf und Mo, Di, Fr 10.00–12.00 Uhr Mi 10.00–11.00 Uhr Berufung, Arbeit als Gottes-Dienst, Digitalisie- Do 16.00–19.00 Uhr rung in der Arbeitswelt gehören ebenso zum The- Abweichende Öffnungszeiten in den Ferien menspektrum wie die Historie der Arbeit und ein Blick auf das Arbeiterviertel Giesing. Was macht Pfarrer*innen: Micha Boerschmann (Pfarramtsleitung) eigentlich ein Chefredakteur, wie verbringt ein 0176 57 68 23 83 Gemeindepfarrer seine Zeit, wenn grade mal @ micha.boerschmann@elkb.de nicht Sonntag ist, und wie erleben Schüler*innen ihre Schul-Arbeit in Corona-Zeiten? Auch dazu liefert der Gemeindebrief interessante Rolf Wohlfahrt (Konfirmandenarbeit, Jugendarbeit, Gemeindebrief) und aufschlussreiche Einblicke. 44 99 00 63, @ Rolf.Wohlfahrt@elkb.de Es gibt eine neue Luther-Bibel: Jugendliche sind herzlich eingeladen, Barbara Franke (Altenheimseelsorge) beim Projekt „Jugend-Bibel“ mitzumachen. Der Gemeindebrief be- 0172 1 32 60 80 richtet, was sich dahinter verbirgt und wie man teilnehmen kann. @ Barbara.Franke@elkb.de Ab Mitte Mai können wir alle auf Schatzsuche in Giesing gehen: Beim Diakon: Oliver Wiek (Stadtteilarbeit) Schnitzelparcours, den unsere Jugendlichen erstellt haben, gilt es, 0151 20 20 55 81 den legendären und überaus wertvollen Schatz von Giesing zu finden @ Oliver.Wiek@elkb.de und zu bergen, den Gewinner*innen winken viele tolle Preise! Kantor*in: N.N Sophie Scholl wäre am 9. Mai 100 Jahre alt geworden. Im Juni gibt I M P R E S S U M Der Gemeindebrief, heraus- Hausmeister: Josef Groß 69 79 89 - 62 es zwei Veranstaltungen bei uns in der Lutherkirche, in denen wir an gegeben von der Lutherkir- Sophie Scholl erinnern und zu denen wir herzlich einladen: che, erscheint vierteljährlich Telefonseelsorge 0 800 111 0 111 (evangelisch) 11. Juni: Sophie Scholl - Schauspielerische Lesung mit Musik und kostenlos. 0 800 111 0 222 (katholisch) 13. Juni: „100 Jahre Sophie Scholl“ - Abendgottesdienst der Jugend Redaktion: R. Wohlfahrt (v.i.S.d.P.), Diakonie im Münchner Süden e. V., 69 79 89-61 Es gibt zwei Abschiede: Unsere Kantorin Dorothea Leberfinger ist in Redaktion: Rolf.Wohlfahrt@elkb.de C. Müller-Tief, S. Paul, den Ruhestand gegangen (siehe Seite 48) – die Feier wird natürlich A. Schmid Ökumenische Sozialstation, Häusliche Alten- und Krankenpflege, Giesing-Harlaching GmbH nachgeholt! Und kurz vor der Drucklegung kam ganz überraschend Layout + Titel: S. Paul die Nachricht: Pfarrerin Barbara Franke wechselt die Pfarrstelle, sie 6 92 72 84 paulgrafik@gmx.de Alten- und Service-Zentrum Untergiesing wird im Gottesdienst am 20. Juni, 15.00 Uhr, verabschiedet. Mehr Fotos: M. v. Armansperg, verrät sie selbst im nächsten Gemeindebrief. Beiden wünschen wir M. Boerschmann, S. Paul, 66 11 31 P. Spiel, S. Steinbrink, Gottes Segen! Vertrauensleute des KV: R. Wohlfahrt, epd, Achim Schmid und Henrike Steen Wir freuen uns über Ihr Interesse am Luther-Gemeindebrief und an gemeindebrief.de, Archiv unserem Gemeindeleben! Lutherkirche, pixabay, BANKVERBINDUNGEN wikipedia. Lutherkirche: Illustration: S. Paul IBAN DE32 7015 0000 1000 7899 15 Stadtsparkasse München BIC SSKMDEMMXXX Druck: offprint@dopm.de Rolf Wohlfahrt Diakonie im Münchner Süden e.V.: im Namen des Redaktionsteams Titelbild: Statue Antwerpen, pixabay Evangelische Bank, Kassel IBAN DE04 5206 0410 0002 4230 90 3
Arbeit ist das halbe Leben – oder sogar mehr Gedanken zum Wesen des Menschen Lernt man auf einer Feier jemanden neu kennen, erzählen wir uns fast immer, was wir arbeiten, was unser Beruf ist. Manch- mal stolz, manchmal etwas verschämt entschuldigend und er- klärend. Wir scheinen uns sehr mit unserem Beruf und unserer Arbeit zu identifizieren. Der Mensch setzt der Auch die Bibel beschreibt gleich zu Beginn der Menschheitsge- Natur etwas entgegen, schichte, dass Arbeiten (unabhängig vom Beruf und auch davon, verändert und gestaltet ob es Spaß macht) zentral zum Wesen des Menschen gehört. sie. In dem Moment der Zunächst lebt der Mensch im Paradies, in der unmittelbaren Menschheitsgeschich- Gottesgegenwart. Da gibt es keine Arbeit. Es ist wie im Schla te, als wir aufhörten raffenland. Aber so bleibt es nicht, denn der Mensch entschei- nur Jäger und Sammler det sich für das Einzige, was ihm verboten ist – auch das ist ty- zu sein, sondern auch pisch für uns – und fliegt aus dem Garten Eden mit den Worten: Bauern wurden, war die „Verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du Arbeit erfunden. Seit- dich von Erdboden nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln dem gehen wir zur Ar- soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. beit, und seitdem kom- Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis men wir auch von der du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub Arbeit heim. bist du und zum Staub kehrst du zurück.“ (1. Mose 3,17-19) Ist die Arbeit nun eine Pfarrer Boerschmann bei der Arbeit Die Bibel möchte mit den Mythen der Urgeschichte nicht berich- Strafe? So klingt es ten, wie die Welt entstanden ist. Sie beschreibt, wie die Welt in der Urgeschichte, und so fühlt es sich auch heute noch oft ge- heute ist. Es geht also nicht darum, dass tatsächlich irgendwer nug an. Aber im Grunde ist es einfach nur menschlich. Wir denken zu Beginn der Zeit alles in den Sand gesetzt hat und wir dar- darüber nach, wie wir unsere Zeit verbringen, und überlegen uns, um aus dem Paradies vertrieben sind. Die Urmythen zeichnen ob wir es anders machen könnten oder sollten. Worin wir frei sind ein zeitloses Bild vom Menschen und seiner Welt. So ist der und worin gebunden. Im Angesicht unserer Arbeit erleben wir unser Mensch: Er ist frei, sich gegen Gott zu entscheiden. Er ist sterb- Menschsein. Natürlich gehört zur Arbeit auch der Feierabend, die lich. Er zieht sich Kleidung an und bestellt den Boden. Er plant Freizeit und der Urlaub. Das ist das göttliche Geschenk an uns, und bevorratet sich. Er baut Schiffe und errichtet Gebäude, legt das die Natur noch ganz von alleine beherrscht. Aber wir müssen Wege und Gärten an. Er hat Sprache und Kultur. Er arbeitet. das immer wieder erst „erarbeiten“ und erlauben lassen. Und Gott Und was ist mit Tieren und Pflanzen? „Arbeiten“ die etwa nicht? segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte Auch Tiere und Pflanzen müssen sich doch mühen, um zu über- von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. leben. Ein Vogelnest baut sich nicht von alleine und auch die (1. Mose 2,3) Antilope hüpft dem Löwen nicht von selbst ins Maul. Ganz abge- sehen davon, dass wir Menschen immer wieder Tieren unsere Ich wünsche Ihnen menschliche Arbeit und göttliche Freizeit. Arbeit aufzwingen, wenn wir z.B. Ochsen vor den Pflug span- nen oder auf Pferden reiten. Dennoch ist all das nicht Arbeit im Ihr eigentlichen Sinne, denn Arbeit gehört nur zur Menschenwelt. Pfarrer Micha Boerschmann 4 5
Gesellschaft durch seine Arbeit zu leisten. Arbeit diente nicht mehr Geschichte der Arbeit nur dem Broterwerb und der Sicherung des Lebensunterhalts, sondern wurde auch identitätsstiftend. Mit der zunehmenden Bedeutung des Bürgertums wurde Arbeit im- von Claudia Müller-Tief mer mehr aufgewertet. Mit dem Beginn des bürgerlichen Zeitalters Arbeit ist oder war für entstanden im 16. Jahrhundert gesellschaftliche Utopien, die der die meisten von uns ein Hoffnung Ausdruck gaben, dass Ausbeutung und Unterdrückung ar- selbstverständlicher Teil beitender Menschen durch Wissenschaft und industrielle Entwicklung des Lebens. In Zeiten von verschwinden würden. In der Aufklärung erklärten einige deutsche Phi- Pandemie-bedingten Ein- losophen Arbeit zur Existenzbedingung und zur sittlichen Pflicht des schränkungen, Geschäfts- Menschen. Die französische Revolution forderte ein Recht auf Arbeit. schließungen, Arbeitslo- Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts allerdings verschlechter- sigkeit, Fortschritten in te die Arbeitssituation vieler Menschen deutlich. Da die teuren Ma- Robotertechnik und Künst- schinen sich rentieren mussten, wurde in vielen Fabriken in 15 Stun- licher Intelligenz stellen den-Schichten gearbeitet. Die Lohnarbeit war erfunden und machte sich ganz neue Fragen zum Arbeit und die Arbeiter gewissermaßen selbst zur Ware. Stellenwert der Arbeit in Dass Ausbeutung der Arbeiter sowie miserable Arbeits- und Lebens- Gemälde: John Lavery, 1917 – Frauen bei der Arbeit unserem Leben. bedingungen letztlich den Arbeitgebern auch schadeten – diese Ein- Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass im Laufe der menschlichen sicht führte wohl zur Einführung von Sozialversicherungen und Begren- Geschichte Arbeit immer wieder aufgrund äußerer Umstände, techni- zungen der Arbeitszeit. Um 1900 wurden die 6-Tage-Woche und ein schen Fortschritts oder gesellschaftlichen Wandels neu organisiert 10-Stunden-Tag gesetzlich festgelegt. Im Zuge der Novemberrevolution und bewertet wurde. wurde der 8-Stunden-Tag eingeführt, und in Deutschland einigte man In den frühen Gesellschaften der Jäger und Sammler gab es noch sich in den 60er Jahren auf eine 5-Tage-Woche und den 8-Stunden-Tag. keine Arbeit im Sinne von Erwerb und Sicherstellung des Lebensun- Laptops und Smartphones machen heutzutage Arbeit zu jeder Tages- terhalts. Erst mit dem Anbau von Nutzpflanzen, vor allem Getreide, zeit und an jedem Ort möglich und weichen damit geregelte Arbeits- vollzog sich in der Jungsteinzeit der Übergang zu einer Gesellschaft zeiten auf. Andererseits scheinen fortschreitende Robotertechnik und von Hirten und Bauern. Die Menschen wurden sesshaft und bildeten künstliche Intelligenz es in naher Zukunft möglich zu machen, deutlich Dorfgemeinschaften, und der Tagesablauf richtete sich nach Feldar- weniger zu arbeiten. Dadurch wird man über den Stellenwert und über beit und Jahreszeiten. Es gab nun Zeiten der Arbeit und Zeiten der Verteilung der Arbeit und sowie über Ideen wie ein bedingungsloses Erholung, und es begann eine erste Spezialisierung. Diese Zeit wird Grundeinkommen neu nachdenken müssen – und auch darüber, was allgemein als Beginn der Arbeit betrachtet. Arbeit für jede*n Einzelne*n von uns bedeutet. Allzu positiv wurde Arbeit in frühen Zeiten nicht bewertet. Aus der Über Arbeit zur Sicherung des Lebensunterhalts wird man wohl neu griechisch-römischen Antike ist überliefert, dass körperliche Arbeit nachdenken müssen. als niedere Tätigkeit galt. Arbeit in Minen, beim Bau und im Hand- werk, in Haushalt und Bordellen wurde überwiegend von Sklav*innen verrichtet. Geistige und politische Arbeit hingegen wurden nicht als Arbeit, sondern als gesellschaftliches Privileg angesehen. Gewisser- maßen waren also arbeitende Menschen in der Antike vom gesell- schaftlichen Leben ausgeschlossen. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte erfuhr die Arbeit eine völlig neue Wertschätzung. Thomas von Aquin schrieb im 13. Jahrhundert: „Jeder Tätige vollendet sich in seinem Tätigsein.“ Mit Martin Luther und der Reformation setzte sich die Auffassung vom Beruf als Be- rufung durch. Jeder Mensch ist von Gott berufen, seinen Beitrag zur Bild: pixaby 6 7
Das Arbeiterviertel Giesing Grünen. Bis 1954 bewirtschaftete der „Hauserbauer“ Georg Knoll sei- nen Hof in Giesing, seine Äcker lagen teilweise noch direkt im Ortsteil. – Ein Stadtteil ändert sich und Neben der Landwirtschaft war das Handwerk lange Zeit die Existenz- bewahrt dennoch seine Wurzeln grundlage. Die Handwerker, die natürlich auch einen guten Absatz- markt in München fanden, produzierten als Familienbetriebe – häufig im Hinterhof ihres bescheidenen Anwesens. Diese Handwerker präg- von Achim Schmid ten auch das äußere Erscheinungsbild Obergiesings: Denn die kleinen Häuser der „Feldmüllersiedlung“ bestimmen bis heute das Stadtbild Wahrscheinlich erinnern Sie sich in dem Geviert zwischen Tegernseer Landstraße und Heilig Kreuz Kir- noch an die Schlagzeilen und die che. Die charakteristische Siedlung verdankt sich der etwas zwielichti- große Empörung, die der – illega- gen Therese Feldmüller. le – Abriss des „Uhrmacherhäu- Als „Oekonomiebesitzerin“, „Privatiersgattin“ und wohl auch als Spe- sel“ in Obergiesing 2017 ausge- kulantin war sie zu einigem Geld gekommen, erwarb einige Wiesen löst hatte. Denn dieses an sich in Obergiesing, die sie wiederum in Parzellen an Tagelöhner und „Ge- unscheinbare Gebäude stand als werbetriebende“, vor allem Handwerker, veräußerte. Die neuen Grund- ein sichtbares Symbol für das besitzer errichteten einstöckige Häuser mit einem ausgebauten Sat- frühere Handwerker- und Arbeiter- teldach für ihre Familien und Handwerksbetriebe im Hinterhof oder viertel, das den Stadtteil bis heu- einem kleinen Garten für die Selbstversorgung. te prägt. Dabei blickt Giesing auf Giesinger Berg mit dem Mühlbach im Vorder- eine lange Geschichte zurück. Da die Grundstücke gleich groß waren und alle Häuschen dieselbe grund um 1850. Qouelle: Wikipedia Denn bereits im 17. Jahrhundert Funktion hatten, entstand die „Feldmüllersiedlung“ als einheitliches kamen Handwerker aus ganz Bayern nach München, weil sie in der Ensemble. Nach Einschätzung des Bayerischen Landesamtes für rasch wachsenden Stadt, die 1506 zur Hauptstadt des damaligen Denkmalpflege ist dieses Sozialviertel ziemlich einmalig in Deutsch- Herzogtums Bayern geworden war, Arbeit und Lohn fanden. land, weil ähnliche Siedlungen meist viel später entstanden sind. Die Bedeutung der denkmalgeschützten „Feldmüllersiedlung“ hat auch Große Bauprojekte wie die Stadtbefestigung oder die 1663 errichte- die Stadt München erkannt, die Münchner Gesellschaft für Stadter- te Theatinerkirche brauchten Steinmetze, Zimmerleute, Maurer und neuerung (MGS) mit der Sanierung betraut und dafür Mittel aus dem Handlanger. Diese auswärtigen Arbeitskräfte schufen so ganz neben- „Herbergenprogramm“ zur Verfügung gestellt. bei sogar eine neue Wohnform: Sie hatten kein Bürgerrecht und durf- ten nicht innerhalb der Stadtmauern wohnen, deshalb bauten sie vor Zum Arbeiterviertel wird Giesing dann im Zeit- allem in der Au und Giesing, wo die Grundstücke durch die Nähe zur alter der Industrialisierung, weil sich im 19. Isar sumpfig und billig waren, gemeinsam „Herbergen“. Das waren Jahrhundert bedeutende Unternehmen ansie- Häuser, in denen die einzelnen Familien jeweils eine Wohnung hatten, delten. In Untergiesing am Auer-Mühlbach ent- so entstanden die ersten Eigentumswohnungen. Eine Erinnerung an steht eine Lederfabrik, die schnell zu einem diese Zeit sind noch einige Häuser am Auer Mühlbach – inzwischen der größten Industriebetriebe Münchens wird eine begehrte Wohnlage. und 300 Arbeiter beschäftigt. Bereits 1836 nimmt die Fabrik die erste „Lederspaltmaschi- Neben den Handwerker- und Hilfsdiensten in der Stadt war für viele ne“ in ganz Europa in Betrieb, das spezielle Giesinger lange Zeit die Landwirtschaft die Lebensgrundlage. Das „Giesinger Lackleder“ wird weltweit eingesetzt wachsende München brauchte Nahrungsmittel, vor allem Gemü- für das Interieur von Kutschen, Eisenbahnwag- se und Obst, aber auch Blumen waren offensichtlich sehr begehrt. gons und – etwas später – auch von Automo- Um die Nachfrage zu decken, entstanden viele Gärtnereien, die ur- bilen. Ebenfalls in Untergiesing gründeten die sprünglich landwirtschaftlichen Flächen mussten dem Gemüseanbau Ingenieure Anton und Karl Ungerer auf dem oder Schrebergärten für den Eigenbedarf weichen. Noch zur Zeit des Gelände des Gutes Birkenleiten die „Maschi- Prinzregenten Luitpold im 19. Jahrhundert gab es 100 Gärtnereien Herbergshäuser in Obergiesing. nenbaugesellschaft München AG“. Und zum in Unter- und Obergiesing, der Giesinger Bahnhof lag vollständig im Foto: Sabine M. Paul 8 9
Ende des Jahrhunderts begannen die Gebrüder Beissbarth mit ihrer Über die Zeiten hat Giesing im Gegen- „Automobilhandels- und Karosseriebaufirma“, die sie 1912 auf ein satz zu den meisten anderen Münchner Grundstück an der Tegernseer Landstraße in Obergiesing verlegten. In Stadtteilen seinen Charakter als ehe- den 1920-er Jahren kamen die Firma Agfa ebenfalls an der Tegernseer maliges Arbeiterquartier bewahrt – es Landstraße und die Friedrich Merk Telefonbau an der Warngauer Stra- gibt immer noch eine enge Bebauung ße hinzu. Die letzten Gärten und Wiesen wichen immer mehr schnell mit vielen großen Mietshäusern und hochgezogenen Mietshäusern mit Wohnungen, die für die Arbeiter er- nur wenigen Einzelhäusern oder Villen, schwinglich waren. es gibt immer noch die ursprünglichen Um ihre nicht einfachen Lebensumstände zu verbessern, wurden die kleinen Läden, Metzgereien und Bäcke- Arbeiter politisch aktiv, schlossen sich in großer Zahl der SPD oder reien und die angestammten Traditions- ihrer radikalen Abspaltung USPD an und setzten sich für mehr Rechte, kneipen. Allerdings schreitet auch in Herbergshäuser in Obergiesing. bessere Löhne und sichere Arbeitsplätze ein. Aus dem beschaulichen Giesing die Gentrifizierung voran. Die Foto: Sabine M. Paul Handwerker-Quartier war das sprichwörtliche „Rote Giesing“ gewor- alten Häuschen der Feldmüllersiedlung den. sind begehrte Wohnobjekte, in denen schon lange keine Handwer- ker mehr wohnen, oder sie werden gleich ganz abgerissen – wie das Die meisten Arbeiter der „roten Hochburg“ standen nach der Katast- „Uhrmacherhäusel“. rophe des Ersten Weltkriegs zur linksgerichteten Räte-Republik. Nach der Ermordung des Ministerpräsidenten Kurt Eisner von der linksge- richteten USDP zogen in einem unendlichen Trauerzug über 100.000 Menschen durch Giesing. Zwangsläufig geriet das rote Giesing ins Visier der rechten Gegenbe- wegung, vor allem der berüchtigten Freikorps, zu denen sich ehema- Beruf oder Berufung lige Weltkriegssoldaten zusammenschlossen. Diese Freikorps gingen von Sabine M. Paul rigoros und grausam gegen die die Räte-Republik vor. Arbeiter wurden wahllos aus den Häusern gezogen, sofort an die Wand gestellt oder im Gefängnis Stadelheim erschossen. Einige Arbeiter konnten dieser Mordwelle entgehen, weil sie sich in den Auer Mühlbach flüchteten Wenn wir Kinder fragen, was sie später einmal werden wollen, be- und an einer anderen Stelle in München wieder auftauchten – halb kommen wir meistens Berufe wie Tierarzt*ärztin, Polizist*in, Fuß- ertrunken, aber immerhin am Leben. ballspieler*in, Pilot*in oder zur Feuerwehr genannt. Prinzessin oder Superheld finde ich sehr rührend, das sind die Traumberufe, die Später wurde ausgerechnet das Rote Giesing zu einem wesentlichen meist Kinder im Kindergartenalter anstreben. Stützpunkt der Nazis. 1934 erwarb die NSDAP das Grundstück der bereits erwähnten Karosseriebaufirma der Brüder Beissbarth, die ab- Warum nicht, denke ich mir, wenn es ein Traumziel ist, dann ist es gewickelt worden war, und kauften noch den Warthof dazu, in dem das erstrebenswert. evangelische Waisenhaus untergebracht war. Natürlich sind diese Wünsche geprägt von den fantastischen Aben- Auf diesem weitläufigen Gelände errichteten sie die „Reichszeugmeis- teuern, die sich im Spiel entwickeln, und vom Umfeld, den Eltern terei“, das größte Dienstgebäude der NSDAP in ganz Deutschland. und den Menschen, die sie beeindrucken. Diese NS-Dienststelle beherbergte das Beschaffungsamt der Nazis, In Laufe der Jahre wächst der Horizont und somit auch die Kennt- war also zuständig für Produktion und Vertrieb aller NS-Utensilien – nis, dass es einiges mehr an Berufen gibt. Vor allem wächst die vom Parteiabzeichen über Uniformen bis hin zu den Hakenkreuzflag- Einsicht, dass Superheld oder Prinzessin nicht als Ausbildung an- gen. Ein mobiler „Reichsautozug“ mit rund 100 speziell ausgerüsteten geboten wird und mit dem Beruf das Geld für den Lebensunterhalt Fahrzeugen sorgte für den technischen Support bei den Großveranstal- verdient wird. tungen der Nazis, wie beispielsweise den Reichsparteitagen. Nach Waren es am Anfang eher Hobbys, die das Wunschberufsbild ge- dem Krieg wurden die NS-Gebäude in Obergiesing zu der McGraw Ka- prägt haben, wird, je näher der Tag der Entscheidung kommt, das serne, dem Sitz der US-Militärregierung und der US-Militärpolizei. 10 11
Gehalt eher in den Vorder- Hier denke ich an das letzte Gespräch mit unserem Hausmeister, grund gestellt. Leider sage ich hatte es gewagt, ihn fünf Minuten vor Feierabend anzurufen, ich dazu, denn für mich soll- damit er kurz etwas für den nächsten Tag notiert. Pustekuchen, te der Beruf eine Berufung dieser Hausmeister hat mir fünf Minuten lang vorgehalten, dass sein. Verbringen wir doch er jetzt Feierabend hat und ich am nächsten Tag erneut anrufen in unserem Leben gut ein soll. Meine Frage: Warum hat dieser Mensch einen Job, bei dem Viertel der Zeit in der Ar- er es mit Menschen zu tun hat, wenn er sich nicht mit Menschen beit. beschäftigen will? Wäre es nicht wunderbar, Wie viel erfrischender hätte es sein können, mein Anliegen einfach diese Zeit als Prinzessin zu notieren und sich gegenseitig einen schönen Nachmittag zu wün- oder Superheld zu feiern? schen! Es ist vielleicht ein unrealistischer Traum, den ich da träume, Ich weiß, diese Berufe sind aber ich werde ihn nicht aufgeben! sehr rar, ich wüsste gar Mein Appell an alle, die sich überlegen, was sie einmal werden wol- nicht, wo ich mich bewer- len: überlegt Euch, was Euch wirklich Spaß macht, wo Eure Stärken ben kann. Mal im Ernst, es und Interessen liegen, und findet Eure Berufung. Findet das, was sind so viele Menschen in Euch erfüllt und wofür Ihr gerne Eure Zeit investiert. Falls sich her- ihren Berufen gefesselt, ausstellt, es war die falsche Wahl, dann versucht etwas Neues. Das Tätigkeiten, die ausgeübt Gehalt sollte nie der ausschlaggebende Grund für eine Berufswahl werden, weil sie damals sein. dafür eine Lehrstelle beka- men. „Eigentlich wollte ich Soll Arbeit nicht lieber Energie geben, statt sie zu entziehen? Wie- Frisöse werden“, habe ich viel energetischer ist ein Feierabend, wenn der Job erfolgreich erle- noch im Ohr, als wir in der digt ist und der nächste Tag noch bessere Ergebnisse verheißt. Mit Berufsschule nach unseren einem guten Gewissen den Arbeitsplatz verlassen, am nächsten Beweggründen gefragt wur- Morgen beseelt aufstehen und frisch ans Werk gehen. den, „aber mein Onkel hat Wenn ich diesen Gedanken weiterspiele, durch diese positive Auf- mir dann die Lehrstelle zur Fotografin besorgt.“ Mein erster Gedan- bietung an Arbeitskraft werden die Früchte der Arbeit schneller und ke dazu war: Bitte geh und finde die Frisöse, die unbedingt Fotogra- effektiver reifen. Kaum noch jemand wird versuchen, Zeit zu schin- fin werden wollte und tausche mit ihr deinen Ausbildungsplatz. den oder Geschäftigkeit vorzutäuschen. Hier sind natürlich auch Es gibt mit Sicherheit für jede*n den Traumberuf, einer der wirk- die Arbeitgeber gefragt, nicht mehr nur die geleistete Arbeitszeit, lich Berufung ist, doch leider ist der Markt groß und die Panik, leer sondern die Ergebnisse zu entlohnen. Die Stimmung wird mit Si- auszugehen, noch größer, dass immer wieder solche Kompromisse cherheit besser, da die Mitarbeiter die Jobs erledigen, für die sie eingegangen werden. Wobei das für mich kein Kompromiss ist, eher sich berufen fühlen. Ich bin eher bereit, eine ungeliebte Aufgabe zu ein sich dem Schicksal Ergeben. erledigen, wenn die Grundstimmung gut ist und ich nicht das Gefühl habe, ich werde übervorteilt. Wäre es nicht ein Traum, wenn alle Menschen einer Arbeit nachgin- gen, die sie wirklich von tiefsten Herzen erfüllen? Wenn diese Men- Jeder Mensch hat ein Ziel, und wenn es noch so klein ist. Wenn schen nicht dem Feierabend, dem Wochenende oder dem Urlaub dieses Ziel ein Herzenswunsch ist, wie die nächste Reise, ein be- entgegenfiebern, um den lästigen Job, in dem sie fristen, endlich sonderes Fest ausrichten oder einfach nur ein heißbegehrtes Klei- hinter sich zu lassen. dungsstück. Wie viel Enthusiasmus und Energie stecken wir hinein, um uns diesen Traum zu erfüllen. Ohne Mühsal und ohne Jammern, Mir ist meine Zeit zu schade, um die Arbeitszeit aus meiner Le- wir kommen in einen Flow, der uns in Siebenmeilenstiefeln freudig benszeit auszuklammern. Wenn diese Menschen kaum auf die Uhr darauf zurasen lässt. Jedes noch so große Hindernis wird aus dem schauen, das ein oder andere Telefonat noch annehmen, weil es Weg geräumt oder überwunden. Mit der Zeit, vor allem, wenn wir ihnen Freude macht. 12 13
diesen Wunsch noch kommunizieren, erleben wir Zufälle und erhal- ten Unterstützung, die unseren Wunsch auf magische Weise zum Arbeit als Gottes-Dienst? Erfüllen bringen. Ein Industriepfarrer i.R. gibt Auskunft Dieser Gedanke, dieses Gefühl adaptiert auf die Arbeitswelt, holla, da werden Energien freigesetzt, die uns allen ein zufriedeneres und von Dr. theol. Roland Pelikan, ehem. Kirchlicher Dienst in der erfüllteres Leben schenken könnten. Die Arbeitnehmer können sich Arbeitswelt (kda) sicherer in ihrem Bereich bewegen, was weitere Ressourcen gene- rieren könnte. Ist da der Traumberuf von Prinzessin oder Superheld immer noch Warum ich Industriepfarrer wur- so unrealistisch? Nun gut, vielleicht schon, doch Superhelden ha- de? Alles begann mit meiner Ver- ben wir in unserer Gesellschaft, sie können vielleicht nicht ohne antwortung als Jugendleiter einer technische Hilfe fliegen, um Gefährdete von Dächern zu retten. An- Lehrlingsgruppe in der Philippus- dere können helfen, die Gedanken fliegen zu lassen, und Menschen kirche und dem Erlebnis betrieb- aus verzweifelten Situationen retten. Die Prinzessin brauchen wir licher Massenentlassungen im in der Kunst und auf der Bühne, wie ist es mit schönen Geschich- benachbarten Agfa-Werk, die auch ten, die wir immer mehr zu Gemeindeglieder trafen. Ich fragte erzählen verlernen. Ein Su- damals meine Pfarrer: Was hat die perheld ist für mich jemand Kirche den Arbeiter*innen zu sa- der uneigennützig und ohne gen? Schweigen und Ratlosigkeit. Helfersyndrom unterstützt, Ich habe seitdem gelernt: Eine Kir- einfach so. che, die nahe bei den Menschen sein will, tut gut daran, Arbeit als Es ist ein Traum von mir, der einen ganz entscheidenden Teil Foto: privat wohl nicht so schnell, wenn des Lebens wahrzunehmen. Hat doch Jesus selbst Menschen in ih- überhaupt, in Erfüllung ge- rem Beruf wahrgenommen und nötigenfalls aus ihrer Gott entfrem- hen wird. Ein Anfang wäre deten Arbeit herausgerufen: Fischer, Handwerkerinnen, Tagelöhner, schon, wenn sich die Men- Steuerbeamte, Gutsverwalter*innen, militärische Führungskräfte. schen für einen Beruf ent- Da macht er keinen Unterschied: Es kommt für ihn auf ihre Ethik scheiden, der ihrer Berufung in Alltag und Beruf an, auf die Frage der Arbeit als Gottes-Dienst, folgt, oder falls sie merken, wie der Apostel Paulus sagt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit, dass der Job, in dem sie so steht nun fest und lasst euch nicht wieder unter das Joch der feststecken, nicht der richti- Knechtschaft zwingen“ (Galater 5,1). ge ist und sich dann mutig entscheiden, ihn einfach zu Kirche in der Nachfolge Jesu verliert Vertrauen, wenn sie nicht nah wechseln. bei den Menschen ist mit ihren Nöten und Hoffnungen in Arbeit und Beruf. Denn Glauben heißt Vertrauen fassen in die Welt als Gottes Schöpfung: damit Menschen Gottes Schöpfung erfahren als Fülle des Lebens, und nicht als behauptete Knappheit für viele und Reichtum für wenige. Wirtschaften als Teilhabe für jeden Menschen wahrzunehmen bedeutet: Eine neue Ethik zu lernen, wie Geschöpfe zu leben, denn: Wer ist ´die` Wirtschaft? Etwa nur Unternehmer- verbände und selbsternannte Wirtschaftsexperten in Fernseh-Talk- Illustrationen: Sabine M. Paul shows? Wird das Wirtschaften der Menschen nicht vielmehr täglich am Leben erhalten von der Menge der Selbständigen und abhän- 14 15
des um Selbstbehauptung, Macht, Erfolg, Sicherheit Kämpfenden gig Beschäftigten? Von Billiglöhner*innen und 1-Euro-Jobbern? Von annehmenden kann, das kann nur dort begriffen werden, wo die Müttern und Vätern, von Schüler*innen, Student*innen, ja von il- Menschwerdung der Liebe Gottes ernst genommen wird.“ (Bonhoef- legal Beschäftigten und Hartz-IV-Bezieher*innen, auch als Konsu- fer, Ethik 244). ment*innen? Vertrauen der Menschen in die Wirtschaft wurde und wird jedoch verzockt an Spekulationsmärkten und in Steueroasen. Wie sollen da Menschen Vertrauen fassen in Wirtschaft als Teil Buchtipp: Konrad Müller | Johannes Rehm (Hrsg.): Arbeit als ihres eigenen Lebens, wenn sie sich als Spielball von Kapitalent- Gottesdienst? Wertschöpfung in der christlichen Verkündigung. scheidungen und als fremdbestimmt durch die Herrschaft einiger Festschrift für Roland Pelikan, Leipzig 2021. Weniger über den Großteil der Menschheit erleben? Eine neue Ethik von Arbeit als Gottes-Dienst zu lernen bedeutet Als Sozialpfarrer war er der Anwalt der klei- dagegen, Menschen in Arbeit und Beschäftigung als Geschöpfe Got- tes wahrzunehmen und mit ihnen solidarisches Handeln einzuüben. nen Leute – Dr. Roland Pelikan geht in den Das kann man/frau lernen in der Arbeitswelt als Betriebsrätin, als Ruhestand abhängig Beschäftigte*r und Selbständige*r, im Management und von Achim Schmid als Arbeitslose*r. Eine neue Ethik von Arbeit als Gottes-Dienst zu lernen, heißt: Wo auch immer ´Gute Arbeit` in Gottes Namen Der Münchner Sozialpfarrer Roland Pelikan ist nicht nur ein Ge- auskömmlich für alle und lebensförderlich zu ermöglichen! Nicht meindemitglied der Lutherkirche, sondern steht auch immer wieder anonyme Mächte und Gewalten, die uns fremdbestimmen wollen, auf der Kanzel und organisiert Veranstaltungen. Bei einem Gottes- sondern gemeinsame Arbeit als Gottes-Dienst ermutigt und lehrt dienst in der Münchner Matthäuskirche ist er jetzt in den Ruhestand Menschen, zusammen zu arbeiten und zu feiern, gemeinsam zu verabschiedet worden. Der promovierte Theologe hat seit 1998 in leiden und für Gerechtigkeit zu kämpfen. Darin erfahren sie sich der Münchner Zweigstelle der evangelischen Kirchlichen Dienste in als Zeug*innen der Geschöpflichkeit, dass sich alles Wirtschaften der Arbeitswelt (kda) Brücken zwischen Kirche und Wirtschaft, Un- dem Zusammenwirken und der Teilhabe aller am Guten des Lebens ternehmern und Beschäftigten gebaut und ist den Arbeitnehmern als Gottes Kommen und unsere Zukunft verdankt: „So seid ihr nun zur Seite gestanden. Pelikan sei ein sprachmächtiger Prediger, ein nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger*innen mit den einfühlsamer Seelsorger und stets ein bundesweit wissenschaftlich Heiligen und Gottes Hausgenoss*innen“ (Epheser 2,19). ausgewiesener Sozialethiker, sagte kda-Leiter Johannes Rehm. Als Denn wer verkörpert ´die Politik`? Merkel oder Lindner? Parteien Industrie- und Sozialpfarrer sei Pelikan stets ein „Anwalt der soge- oder Lobbyisten? Es bedarf daher einer neuen Ethik als Mitarbei- nannten kleinen Leute, weil diese bei Gott einen großen Namen ter*innen Gottes, damit alle Menschen als Staatsbürger*innen haben“, so Johannes Rehm. Verantwortung und Mut zur Mitgestaltung lernen, für eine Bildung Wie Pelikan in seiner Abschiedspredigt hervorhob, habe eine Kir- für alle, für ein Gesundheitswesen, das sich an Bedürfnissen von che, die nichts zu der Arbeit der Menschen sage, auch der Welt Menschen und nicht an Kapitalinteressen orientiert, für ein men- nichts mitzuteilen. In „Gottes Raum“ könne es kein menschliches schenwürdiges Leben und Arbeiten in Verantwortung für Gottes Eigentum auf Dauer geben. Deshalb sei immer wieder das kritische Schöpfung. Gespräch zwischen Kirche und Wirtschaft nötig. Deutschland, Anno Domini, im Jahr des Herrn Jesus Christus 2021: Roland Pelikan war jedoch nicht nur ein engagierter Sozialpfarrer, Da ist vieles nicht in Ordnung! Die gegenwärtige Glaubwürdigkeits- sondern auch ein ausgewiesener Sozialethiker. Zum Abschied be- krise der Gesellschaft bietet jedoch die Chance für eine Kirche nahe kam er deshalb eine eigene Festschrift mit 27 Beiträgen von Kolle- bei den Menschen in Arbeit und Beruf, um mit ihnen Glauben als gen und Kolleginnen und Sozialethikern aus ganz Deutschland, dar- Vertrauen in die Gegenwart des Geistes Jesu Christi einzuüben als unter auch der bayerische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende gemeinsamer Zukunft, und mit Dietrich Bonhoeffer zu lernen, dass Heinrich Bedford-Strohm. Auch die Lutherkirche wünscht Roland „die Liebe Gottes zur Welt auch das politische Handeln umfasst, Pelikan für den neuen Lebensabschnitt alles Gute und hofft sehr, dass die Weltgestalt der christlichen Liebe darum auch die Gestalt dass er uns auch im Ruhestand mit Rat und Tat verbunden bleibt. 16 17
Als Journalist die Kirche in der über soziale Randgruppen wie Obdachlose oder über behinderte Öffentlichkeit halten und kranke Menschen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Ein Interview mit Achim Schmid, Chefredakteur beim Vorabendserie „Unser Walter“ im ZDF. Diese TV-Serie der evangeli- Evangelischen Pressedienst (epd) schen Produktionsfirma eikon hatte zum ersten Mal einen Jungen mit Down-Syndrom als Hauptfigur. Die Mitglieder der Gemeindebrief-Re- GB: Und was treibt dabei ein Chefredakteur? daktion schreiben nicht nur über Ar- AS: Als Chefredakteur habe ich die presserechtliche Verantwortung. beit, sondern arbeiten selbst in den Wenn was schiefläuft, muss ich den Kopf hinhalten, das gilt vor al- unterschiedlichsten Berufen – Achim lem für juristische Auseinandersetzungen. Im Alltagsgeschäft muss Schmid beispielsweise als Chefredak- ich schauen, dass der Laden läuft, dass die wichtigen Termine teur. In unserem Interview berichtet er wahrgenommen werden und die Redaktion regelmäßig besetzt ist, über diese Tätigkeit. und das 365 Tage im Jahr. Als Redaktion sprechen wir thematische Gemeindebrief: Seit vielen Jahren schreibst Du nicht nur regelmäßig Schwerpunkte ab, zum Jubiläum 1.700 Jahre Judentum in Deutsch- für den Gemeindebrief, sondern bist auch beruflich als Journalist un- land haben wir eine umfangreiche Serie auf die Beine gestellt, zum terwegs, nämlich als Chefredakteur des Evangelischen Pressdiens- 100. Geburtstag von Sophie Scholl werden wir mehrere Texte an- tes. Was muss man sich denn darunter vorstellen? bieten, einen auch zum früheren Lutherpfarrer Karl Alt. Da war der Achim Schmid: Der Evangelische Pressedienst ist eine Nachrich- Luther-Gemeindebrief schneller als wir. Zu meinen Aufgaben gehört tenagentur, wir berichten täglich vor allem aus dem kirchlichen, so- auch die Vertretung des epd nach außen, gegenüber der Kirche, zialen und kulturellen Bereich. Unsere Zentrale ist in München, in Behörden, Parteien etc. Ich habe die Budgetverantwortung, muss allen sechs bayerischen Kirchenkreisen gibt es eine Kollegin oder also schauen, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen, und einen Kollegen, die zu diesen Themen recherchieren, auf Presse- bin als Abteilungsleiter in die „Leitungskonferenz“ des Evangeli- konferenzen gehen oder Interviews machen. Diese Pressetexte, schen Presseverbands (EPV) eingebunden. Der EPV ist das zentrale also Meldungen, Berichte, Reportagen und auch Fotos schicken wir evangelische Medienhaus in Bayern und umfasst zum Beispiel die an Tageszeitungen und Fernseh- und Rundfunkanstalten und hof- Wochenzeitung „Sonntagsblatt“, einen Verlag, Agenturen für Fern- fen, dass sie möglichst oft unter dem Kürzel „epd“ übernommen seh- und Radio, eine Online-Redaktion und die Abteilung „Vernetzte und nachgedruckt werden oder in Radio-Nachrichten auftauchen. Kirche“, die vor allem die Gemeinden bei ihren Online-Angeboten unterstützt. Und so oft wie möglich versuche ich auch, journalis- GB: Was ist daran „evangelisch“? tisch zu arbeiten. AS: Im weiteren Sinne und mit journalistischer Freiheit berichten wir GB: Was gefällt Dir bei diesem Job am besten? aus dem „Leben und Handeln“ der Kirche, ihren Themen und Wert- vorstellungen, wie zum Beispiel dem christlichen Menschenbild. Mit AS: Das sind in erster Linie die interessanten und wie ich finde auch journalistischen Mitteln versuchen wir, die Kirche und ihre Anlie- wichtigen Themen – von Sterbehilfe über Pflege bis hin zur Situation gen in der öffentlichen Diskussion zu halten. Das wird zunehmend von geflüchteten Menschen. Weil sich die Probleme ganz schnell schwieriger, weil die Relevanz der Kirche insgesamt zurückgeht. ändern können, siehe Corona, führt das zu einer großen Vielfalt, ich bin nie auf ausgetretenen Pfaden. Bei Veranstaltungen, wie zum Nach der Katastrophe der NS-Zeit, in der sich ja auch die evan- Beispiel Tagungen der Evangelischen Akademie Tutzing, zu denen gelische Kirche nicht sehr rühmlich verhalten hat, war die Kirche ich beruflich muss, lerne ich auch persönlich immer wieder dazu der Auffassung, dass eine solche Nachrichtenagentur nötig ist, die und komme mit Leuten in Kontakt, die ich sonst nie kennengelernt ohne materielles Interesse möglichst objektiv Politik und Gesell- hätte. Spannend finde ich auch, aus dem „System Kirche“ in die schaft begleitet – auch in einer kritischen Distanz. Dabei ist unser breite Öffentlichkeit zu berichten. Das wird immer wichtiger, weil die – zugebenermaßen ziemlich pathetischer – Leitgedanke, dass die Leute immer weniger über kirchliche Vorgänge Bescheid wissen. evangelische Publizistik „eine Stimme der Sprachlosen“ sein müs- Diese Doppelfunktion führt oft zu Misstrauen auf beiden Seiten, für se, also für die Gruppen, die keine Lobby haben und nicht beach- einen Journalisten ist es aber nicht das Schlechteste, zwischen al- tet werden. Deshalb berichten wir zum Beispiel schwerpunktmäßig 18 19
len Stühlen zu sitzen. Es macht mir nach vielen Jahren immer noch Freude, selbst Artikel zu schreiben, es ist ein gutes Gefühl, wenn am Ende was halbwegs Brauchbares auf dem Papier steht. Aus dem süßen Leben GB: Und was nervt? AS: Das ist die Bürokratie, wobei ich natürlich weiß, dass Verwal- eines Gemeindepfarrers tung nötig ist, sonst würde gar nichts gehen. Die wachsende Be- von Rolf Wohlfahrt schleunigung in unserer Branche macht mir zu schaffen, durch die rund um die Uhr immer aktuellen Online-Ausgaben der Zeitungen bleibt kaum Zeit, eine Geschichte „rund“ zu machen, sich wirklich in die Materie einzuarbeiten und die verschiedenen Facetten he- Es ist toll, Gemeindepfarrer zu sein! Das ist richtig schön, in so rauszuarbeiten. Es ist beispielsweise inzwischen die Regel, dass einer Kirchengemeinde! Waren Sie schon mal auf dem WC? Da gibt spätestens eine Stunde nach Beginn einer Pressekonferenz die es diese Seife: Milch und Honig. Luther – das Land, wo Milch und erste Meldung darüber veröffentlicht sein muss. Man schreibt also Honig fließt! Ein Paradies! Es ist wirklich toll, Gemeindepfarrer in schneller, als man denken kann. Zunehmend problematisch finde Luther zu sein! ich auch die Rolle der „Sozialen Medien“, die irgendwelche Infor- Früher wollte ich Lehrer werden. Super, so ein Halbtagsjob. Und mationen puschen, bevor sie überhaupt verifiziert und eingeordnet dann noch die ganzen Ferien! Aber Pfarrer, das ist noch besser, sind. Der Journalismus insgesamt wird greller, oberflächlicher und dachte ich mir: Sonntags eine Stunde arbeiten, und dann nach dem plakativer. Um in der wachsenden Konkurrenz noch Beachtung zu Gottesdienst ist Schicht im Schacht. finden, muss man jeden Tag eine neue Sau durchs mediale Dorf Die Realität ist eine andere. Mit einer Wochenstunde komme ich treiben. Belastend finde ich auch die Situation unserer „Kunden“, tatsächlich nicht ganz hin. wie etwa der Tageszeitungen, die zunehmend unter den Corona-Ein- schränkungen leiden, weil Anzeigen wegbrechen. Mein Tag geht immer recht früh los. Morgens um 15.00 Uhr strecke ich den großen Zeh unter der Bettdecke hervor, um die Tagestem- GB: Würdest Du trotzdem Abiturient*innenen raten, auch heute noch peratur zu überprüfen. Meistens einigermaßen annehmbar, auch im einen journalistischen Beruf anzustreben? Winter, dank der Heizung. Obwohl ich noch nicht ganz ausgeschla- AS: Im Prinzip schon. Allerdings sollte man sich das genau über- fen bin, springe ich mutig und voller Energie vom Bett direkt un- legen und eine große Frustrationstoleranz mitbringen. Denn ein ter die Dusche, dann ein schnelles Frühstück mit Tee und Joghurt, Selbstläufer ist dieser Beruf schon lange nicht mehr. Bei mir war es natürlich ohne Früchte – zum Kauen bin ich einfach noch nicht fit noch ein ganz geregelter Weg: Studium – Volontariat – ordentlich be- genug. Danach geht‘s gleich aus dem Haus, ein bisschen Konfis zahlte Anstellung als Redakteur. Die festen Stellen sind inzwischen schikanieren, 10 Gebote abfragen und so. Was ein Spaß! Später rar und unsicher, weil sich die Bedingungen ganz schnell ändern zum 90. Geburtstag, schnell gratulieren und eine Leberkässemmel können, wenn z.B. Zeitungen fusionieren. Auf der anderen Seite gibt abgreifen. Abends noch ‚ne kurze Sitzung, irgendwas gibt’s immer es neue Möglichkeiten in den Neuen Medien und dadurch, dass die zu reden. Ja, da wird‘s wenigstens nicht langweilig, und man ist Grenzen zwischen Journalismus und Marketing immer fließender nicht so allein. Und meistens gibt’s noch ’n Gläschen Wasser um- werden. Aber auch der „seriöse“ sonst – Es ist einfach schön, Gemeindepfarrer zu sein! Für mich Qualitätsjournalismus wird sicher- regelrecht perfekt! lich weiterhin eine Zukunft haben, Perfekt? Eine Umfrage aus den USA hat mich allerdings nachdenk- denn angesichts der Informati- lich gemacht. Sie hat schon vor Jahren ergeben, was von einem onsflut auf den unterschiedlichs- perfekten Pfarrer wirklich erwartet wird. Das Ergebnis der computer- ten Kanälen und Plattformen wird gestützten Auswertung: die Einordnung dieser Informatio- nen immer wichtiger. Der ideale Pfarrer predigt genau 12 Minuten lang. Er arbeitet von 8.00–24.00 Uhr und ist seine eigene Sekretärin. Er verdient 80 Dol- GB: Herzlichen Dank für das Ge- lar pro Woche, ist gut gekleidet, kauft und liest nur gute Bücher und spräch! Fotos: Sabine M. Paul 20 21
spendet wöchentlich 100 Dollar für wohltätige Zwecke. Konfis bei der Arbeit Er ist 28 Jahre alt und hat 30 Jahre Predigterfahrung. Er ist sanft, Vom Schulunterricht in Corona-Zeiten gutaussehend und großzügig. Er engagiert sich bis zum Letzten für andere, ohne jemandem zu von Rolf Wohlfahrt nahe zu treten. Er nimmt eindeutig Stellung in sozialen Fragen, engagiert sich aber Konfis sind fleißig. Immer! Aber das Lernen und Arbeiten während nie politisch. der Corona-Pandemie verlangt ihnen so einiges ab, dass sie ab und an auch mal an ihre Grenzen stoßen, Zeit und Kraft nicht ausrei- Mit der Jugend arbeitet er hingebungsvoll und verbringt seine ganze chen, sie die Akkus nicht auftanken können und in all dem ihre Moti- Zeit mit den Senior*innen der Kirchengemeinde. vation verlieren. Sie haben manchmal Stundenpläne und Aufgaben Dreimal täglich hält er Gottesdienst, ist immer in seinem Büro anzu- wie Manager zu bewältigen – und dann werden sie auch noch viel treffen – und er hat immer Zeit. schlechter bezahlt als ebendiese. Im Ernst: Das ist für die jungen Leute alles andere als leicht! Freizeit als Ausgleich? Dafür ist kaum Zeit. Und: Alles, was Spaß macht, ist doch sowieso verboten. Sport: Das alles habe ich noch nie ernsthaft probiert, aber vermutlich dürf- wie denn auf Distanz? Musikunterricht: Fehlanzeige. Freund*innen te es ziemlich einfach sein, alle diese Erwartungen zu erfüllen. Zeit treffen: darf man auch nicht! Das alles ist echt schwer, nach allem, genug hätte ich… was ich lese und höre: für junge Menschen besonders schwer! Einige Fragen bewegen mich dennoch: Warum eigentlich sollte der Damit wir einen kleinen Eindruck bekommen, wie die Schul-Arbeit perfekte Pfarrer keine Pfarrerin sein??? Und wieso muss immer al- unter erschwerten Bedingungen aussieht, haben die Konfis einige les gleich perfekt sein? Und die Frage aller Fragen ist die Frage nach Statements für uns aufgeschrieben. Fazit: Anstrengend ist es, das dem Sinn des Lebens: Welchen Sinn hätte ein Arbeitsleben, das Leben als Schüler*in, gewiss. Doch beeindruckend finde ich vor schon vor dem Nachmittag beginnt? allem auch das: den Kopf hängen lassen, das kommt für unsere Wenn Sie Antworten auf diese Fragen haben, rufen Sie mich gerne Jugendlichen gar nicht in Frage! an. Wenn’s geht, aber bitte nicht vor 15.00 Uhr. Sie wollen mich doch nicht wecken, oder? Meine Schul-Arbeit in Corona-Zeiten: als wenn ich zur Schule „Ich arbeite oft sehr lange, länger, auft räge, für die sie selbst gehe. Die Lehrer geben uns Arbeits studiert, ich brauche meis- 45 Minuten brauchen, sie haben es wir Hausaufgaben auf und tens doppelt so lange. Dann haben che n Angst davor, dass die müssen lernen. Ich habe ein biss alle Schulaufgaben, und Schule wieder anfängt, dann kommen müs sen auch Referate halten, ich muss noch mehr lernen. Wir habe ich ein paar Konzen- was online sehr doof ist. Außerdem schneller ab.“ trationsprobleme und lenke mich Foto: Rolf Wohlfahrt 22 23
„Jeden Tag habe ich genug zu tun. Ich bin beschäftigt mit allen Fächern und Videokonferenzen. Manchmal fehlt mir die Motivation weiterzuma- , da es mir chen, aber wenn ich mir ein Ziel setze, dann schaffe ich es auch.“ da s Arb eit en zu ha use sehr anstrengend „Ich fin de aufzustehen. lt, mi ch zu mo tiv ieren bzw. in der Früh schwe r fäl l auf die Fe- sch on ok , ich fre u mich jetzt erst einma Aber es ist brauche in „Mir geht’s mit der Schule ganz gut. Die Lehrer wissen bei uns auch, wie de r Sc hu le ha b ich au ch recht viel zu tun, ich rien. In viel wir schaffen, und geben uns weniger Hausaufgaben auf als sonst. 15.00 Uhr.“ Ebenfalls sind die Arbeitsaufträge in den Stunden gut zu schaffen.“ der Regel von 9.00 bis „Wir haben keinen Präsenz- „Das Homeschooling ist sehr anstrengend. Ich wäre lieber wieder oder Wechselunterricht, son lineschooling. Arbeitsaufträ dern On- normal in der Schule anstatt den ganzen Tag vor dem Laptop zu ge bekommen wir über Me fen uns bei Teams. Da ist es bis und tref- sitzen. Zum Glück haben wir jetzt wenigstens wochenweise „Wech- nicht immer leicht, den Üb behalten. Einige Lehrer ma erblick zu selunterricht“ und ich bin nächste Woche dran. Darauf freue ich chen auch Lernvideos, um terrichtsstoff zu erklären. Sch uns den Un- mich sogar schon etwas, auch wenn man den ganzen Tag die Mas- ade ist es, meine Klasse nic zu können. Ich finde die Sch ht sehen ke tragen muss.“ ule während Corona sehr ans trengend.“ als „In Zeiten von Corona wird Freizeit „Die Arbeit im Homeschooling ist anstrengender und zeitaufwändiger durch Lernzeit ersetzt. em ist es kompliz ierter sich einen Teil des D.h., die Zeit die man vor Corona die im Präsenz-Unterricht. Außerd mit Freunden verbracht hat, wird eintei- Stoffes selbst beizubringen. Andererseits kann man sich den Stoff nun von Lehrern missbraucht, um den Stoff, welchen sie sich vor len und so entspannter rangeh en unter andere m ohne den Notend ruck.“ Corona nicht richtig eingeteilt hatt en, nun in ungeheurem Maß nach- zuholen. Ich spreche hierbei von 8-9 Stunden Tagen. Das steht in keinem Verhältnis und ist als Teenager, in einer so wichti- gen sozialen Phase nicht hinnehm „Das Arbeiten in Coronazeiten ist schwer. Egal ob man Arbeiten geht, bar. Besonders die Tatsache, dass Lehrkräfte pro Schulstunde (45 min eine Ausbildung macht, zur FOS geht oder studiert, alles ist anders. ) bis zu 2 normale Stunden auf- geben (was bei einer Doppelstund e 4 Stunden macht!), und wir 6-10 Stunden haben, macht uns armen Jugendlichen das Leben unnötig schwer. Zudem werden 70% aller Arbeitsaufträge nicht einmal ange- t Studium von zu Hause aus. Das hör schaut, sondern nur auf Abgabe kon Jetzt gibt es Schule, Arbeit, FOS und st dir al- trolliert. aber so ist es nicht. Du mus sich erst mal gar nicht schlimm an, Ich würde mir wünschen, dass Leh rer ein festes Limit an Hausaufga- mac hst. Ja, und dann kommt nämlich ben pro Tag haben, welches regelmä les selber einteilen, wann du was auf ßig kontrolliert wird.“ bst Sachen auf später oder gleich die Faulheit ins Spiel, du verschie t meh r mit dem schulischen Gebiet nich morgen. Genau so kommt man in gan ze selb - t mit deiner Pflicht. Dieses dem Stoff mit und bei der Arbeit nich tren gen d.“ en wird auf Dauer echt ans ständig Machen und selber Beibring den Aufgaben e ich pe rs ön lic h schon besser mit „Mittlerweile ko mm gemein ganz zu re ch t. Im all ein e Arbeiten bin ich all von der Schule zu viel. nnoch mag waren leider etwas fgaben zurecht. De gut, nur die Arbeiten it de n Au alles wieder gut!“ „Ich komm e gu t m rschieb es von Ta g zu Tag.“ z-Unterricht ist aber t so se hr . Ic h ve Jetzt mit dem Präsen ich es nich 24 25
Digitalisierung in der Arbeit – persönliche Betrachtungen ten. Aus der Befreiungserfahrung von dem Frondienst in Ägypten ziehen Moses und die Juden und Jüdinnen zeitliche und inhaltliche Grenzen für die Arbeit: arbeitsfreier Sabbat und keine Ausbeutung. von Eckhard von Münchow Martin Luther erkennt, dass jede Arbeit im Dienst am Nächsten als Gottesdienst verstanden werden kann und hebt damit Rangunter- Vor 35 Jahren bin ich als Ingenieur in schiede zwischen Berufen auf. Die Würde des Menschen steht über die Arbeitswelt eingestiegen. Seit fünf- der Arbeit, darin finden die Anweisungen des Arbeitgebers ihre Gren- zehn Jahren erlebe ich durch die Di- zen. Arbeitnehmer müssen beteiligt werden und so wird ein partner- gitalisierung deutliche Veränderungen schaftliches Verhältnis in Freiheit und Mitverantwortung ermöglicht. bei meinen Tätigkeiten: Gerne möchte ich Arbeit erleben als Sinnstiftung, Entfalten der Per- - Die Kontakte sind überwiegend sönlichkeit, Raum für Kreativität, sich selbst als kommunikatives virtuell. Nur wenige Kolleg*innen tref- Wesen erfahren, aber auch Vereinbarkeit von Familie und Beruf. fe ich persönlich. 90% der Kontak- te erfolgen über Telefongespräche, Inwieweit diese positiven Erwartungen an Arbeit verwirklicht werden E-Mail oder Kurznachrichten – immer können, entscheidet sich – auch bei zunehmender Digitalisierung neue Ansprechpartner*innen durch – häufig durch die Art der Führung. Ich denke daran, wie der Leiter die zunehmende Projekttätigkeit. eines Nachbarbereichs nach einem Burnout in einem sehr persönli- - Die Erreichbarkeit und Reaktion chen Vortrag drei Aspekte hervorgehoben hat: werden mit der elektronischen Kom- - klare Strukturen, damit ich weiß, wie und wofür ich arbeite munikation viel schneller. Anfragen und Klärungen sind einfacher und In- - motivierende Vision – wofür steht die Organisation, was wollen wir formationen können viel leichter ge- erreichen? teilt werden. - persönliche Empathie – ich möchte als Mensch anerkannt werden, - Alle Informationen werden elektronisch gespeichert. 2007 nicht als Funktion habe ich meine Papierablage aufgegeben. Mein Büro ist mein Lap- (Übrigens sind dies Gesichtspunkte, die ich auch von meiner Füh- top. Jetzt bin ich etwas hilflos, wenn ich Informationspapiere be- rungskraft einfordern kann.) komme – lohnt sich das Einscannen? Für Ihre Arbeit wünsche ich Ihnen diese drei Aspekte mit den Wor- Durch diese Veränderungen werden Arbeitsort und -zeit für viele Tä- ten des Apostel Paulus (1. Korinther, Kapitel 13, Vers 13): Nun aber tigkeiten wesentlich flexibler, was viele Menschen jetzt in der Pan- bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. demie persönlich erleben. Außerdem glaube ich durch den schnelle- ren Austausch, wirkungsvoller zu arbeiten, gerade auch bei meiner aktuellen Aufgabe: Ich engagiere mich bei der Stay Stiftung für Sozi- alunternehmen in Afrika. Jetzt kann und muss ich diese Flexibilität allerdings selbst gestalten – und Grenzen neu definieren oder ver- einbaren. Bei zu viel Engagement droht Selbstüberforderung. Eine christliche Sicht Im biblischen Sinne kann ich Arbeit als Auftrag des Schöpfergottes zur Gestaltung der Welt verstehen. Dabei kann Arbeit von Anstren- gung und Mühe geprägt sein, aber auch Segen und Erfüllung bedeu- 26 27
GOTTESDIENSTE GOTTESDIENSTE und ANDACHTEN in den Mai Altenheimen und im Alten- 20. Juni, 15.00 Uhr und Service-Zentrum 2. Mai, 10.00 Uhr Festgottesdienst zur Konfirmation / Gottesdienst / Pfarrer Rolf Wohlfahrt Gottesdienst mit Verabschiedung von Alten- und Service-Zentrum Senioren-Appartements Pfarrerin Franke 9. Mai, 10.00 Uhr Untergiesing, Reichenhaller Straße 7 Corona-Auflage - bitte mit Anmeldung Festgottesdienst zur Konfirmation / Kolumbusstraße 33 Reden über Gott und die Welt im Pfarramt Pfarrer Rolf Wohlfahrt montags, 16.00 Uhr im Seminarraum monatlich donnerstags um 15.00 Uhr 27. Juni, 10.00 Uhr 1. Stock am 17.5., 14.6., 12.7. Donnerstag, 13. Mai, 10.00 Uhr – Münchenstift-Haus St. Martin Gottesdienst / Christi Himmelfahrt Wohnstift am Entenbach, St.-Martin-Straße 34 Pfarrer Rolf Wohlfahrt Gottesdienst / Entenbachstraße 29 Besuche nach Wunsch. Pfarrerin Barbara Franke Juli montags, 17.00 Uhr im Vortragssaal am St.-Alfons-Heim 17.5., 14.6., 12.7. 11.30 Uhr Kleinkindgottesdienst / 4. Juli, 10.00 Uhr Am Bergsteig 12 Pfarrerin Barbara Franke und Team Gottesdienst / Seniorenresidenz Besuche nach Wunsch. Pfarrer Micha Boerschmann »Am Wettersteinplatz«, 16. Mai, 18.00 Uhr Altenheim St. Franziskus St.-Johannes-Kapelle Abendgottesdienst / 11. Juli, 18.00 Uhr Hans-Mielich-Straße 4 dienstags, 16.00 Uhr am 18.5., 15.6., Pfarrer Micha Boerschmann Abendgottesdienst / Besuche nach Wunsch. 13.7. Pfarrer Micha Boerschmann 23. Mai – Pfingstsonntag, 10.00 Uhr Gottesdienst / 18. Juli, 10.00 Uhr Pfarrer Micha Boerschmann Festgottesdienst zur Konfirmation / Pfarrer Rolf Wohlfahrt Montag, 24. Mai – Pfingstmontag, 10.00 Uhr 25. Juli, 10.00 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der Familiengottesdienst / Emmaus- und der Philippusgemeinde Pfarrer Rolf Wohlfahrt in der Philippuskirche, Chiemgaustr. 7 August 30. Mai, 10.00 Uhr - Trinitatis 1. August, 10.00 Uhr Gottesdienst / Gottesdienst / Pfarrer i. R. Dr. Roland Pelikan Pfarrer Rolf Wohlfahrt Herzliche Einladung Juni zum Gottesdienst 8. August, 18.00 Uhr 6. Juni, 10.00 Uhr Abendgottesdienst / Gottesdienst / Pfarrer Rolf Wohlfahrt Pfarrer Micha Boerschmann Fot0: Archiv Lutherkirche mit Verabschiedung von 13. Juni, 18.00 Uhr „100 Jahre Sophie Scholl“ – Pfarrerin Franke Abendgottesdienst / Pfarrer Rolf Wohlfahrt und Jugend-Team am 20. Juni, 15.00 Uhr Anmeldung bitte im Pfarramt 28 29
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