BGM: Körper und Geist - WorkMed Kompetenzzentrum ...
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HR Today Special 2019 Betriebliches Gesundheitsmanagement Die themenspezifische Beilage zum HR Today BGM: Körper und Geist iStockphoto Best Case: Die ZKB setzt auf eine Dialogkultur. Lernende: Mit dem Projekt FWS Apprentice soll die Gesundheit Jugendlicher am Arbeitsplatz gefördert werden. Jubiläum: Hans Rudolf Castell über die Anfänge und die Zukunft des Labels Friendly Work Space.
Nationale Tagung für betriebliches Gesundheitsmanagement 2019 BGM für Körper und Geist: Physische und psychische Gesundheit gemeinsam fördern Mittwoch, 28. August 2019 | Seedamm Plaza, Pfäffikon SZ 9.30 Uhr 10.00 Uhr 14.45 Uhr Mitarbeitende mit physischen oder Wie steht es um die physische und Fördernde Interaktion zwischen psychischen Problemen: Gemeinsam- psychische Gesundheit unserer Brief- Arbeitnehmenden und Arbeitge- keiten und Unterschiede botinnen und Briefboten? benden – drei Beispiele aus einem Niklas Baer, Dr. phil., Leiter Fachstelle Marco Bestetti, lic. phil. hum., KMU Psychiatrische Rehabilitation, MSC Organization Development, Thomas Rohrer, Geschäftsleiter, Psychiatrie Baselland Leiter Zustellzone, Post CH AG Alterszentrum am Buechberg AG 11.30 Uhr World Café, Workshops und Vertiefungsworkshops Im World Café profitieren Sie von einem moderierten Austausch mit anderen Teilnehmenden und in interaktiven Workshops werden ebenso Erfahrungen ausgetauscht, Fragen beantwortet, Diskussionen geführt und gemeinsam Lösungen entwickelt. 15.15 Uhr Politik-Talk: Burnout als Berufskrankheit? Die Politik im Spannungsfeld zwischen Gesundheitsschutz und der Flexibilisierung der Arbeitswelt Im Talk wird diese Frage mit folgenden Personen debattiert: • Yvonne Feri, Nationalrätin und Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SP/AG), Wettingen • Thomas Weibel, Nationalrat und Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (glp/ZH), Horgen • Marina Villa, Moderatorin www.bgm-tagung.ch Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS
Inhalt/Editorial Betriebliches Gesundheitsmanagement Inhalt Einleitung 04 Gesundheitsmanagement Wie weit ist das eigene Unter- nehmen in Sachen betriebliches Gesundheitsmanagement fortgeschritten? Der Link zum Online-Check. 05 Gesundheit fördern Prof. Dr. Thomas Mattig widmet sich in seinem Gastbeitrag der Psychosomatik, die psychische Einflüsse auf körperliche Vorgänge berücksichtigt. Denn nicht allen körperlichen Beschwerden liegen körperliche Ursachen zugrunde. 06 Jubiläum FWS – Fakten Vor zehn Jahren ist das Label Liebe Leserinnen, liebe Leser Friendly Work Space ins Leben gerufen worden. Anfänglich kritisch beäugt, ist es heute als Qualitätsmerkmal etabliert und hat dazu beigetragen, dass betriebliches Gesundheitsmanage- Mens sana in corpore sano – bereits den Römern war bekannt, ment in den Betrieben nicht mehr wegzudenken ist. dass Körper und Geist untrennbar miteinander verbunden sind. Und mittlerweile sind die Zusammenhänge zwischen körper- 08 Jubiläum FWS – Interview Hans Rudolf Castell war bei der licher und geistiger Gesundheit auch in der Neuzeit angekom- Gründung des Labels Friendly Work Space eine der treibenden men. Dennoch werden Körper und Geist bei der praktischen Kräfte. Im Gespräch erzählt er, was für ihn die grössten Umsetzung von betrieblichem Gesundheitsmanagement noch Herausforderungen bei der Etablierung des Labels waren und viel zu oft getrennt betrachtet. wohin die Reise geht. Höchste Zeit also, dies zu ändern und BGM ganzheitlich zu leben. Ein erster Schritt ist eine transparente Kommunikation. Best Case Während über Krebs, Herzinfarkt oder die Hüftoperation offen 10 Zürcher Kantonalbank Seit 15 Jahren ist bei der Zürcher gesprochen wird, herrscht bei psychischen Problemen oft das Kantonalbank Gesundheitsmanagement Bestandteil des grosse Schweigen. Betroffene haben Angst vor Stigmatisierung, Leistungsauftrags. Im Laufe der Jahre haben sich einzelne Kollegen und Vorgesetzte sind verunsichert und haben keine Massnahmen zu einem bunten BGM-Teppich entwickelt. Ahnung, wie sie damit umgehen sollen. 12 FWS Job-Stress-Analysis Ausgebildete Pflegerinnen und Die Balance zwischen Ressourcen und Stressoren wird in der Pfleger sind rar. Deshalb muss den bestehenden Fachkräften neuen Arbeitswelt immer wichtiger. Der dauernde Wandel Sorge getragen werden. Das bewährte Analysetool Friendly erfordert Widerstandskraft, genauso wie der Umgang mit der Work Space Job-Stress-Analysis sorgt für Unterstützung. zunehmenden Komplexität. In diesem Zusammenhang gewinnen Vernetzung und Austausch der unterschiedlichen 14 FWS Apprentice Mit dem Projekt FWS Apprentice soll die psychische Gesundheit von Jugendlichen in Unternehmen BGM-Akteure immer mehr an Bedeutung. praxisnah gefördert werden. Aus diesem Grund widmet sich die diesjährige Nationale 16 Psychische Probleme Während über Krebs gesprochen Tagung für betriebliches Gesundheitsmanagement im wird, herrscht bei psychischen Problemen oft das grosse Seedamm Plaza in Pfäffikon (SZ) dem Thema «BGM für Körper Schweigen. Wie damit umgehen, erklärt Dr. phil. Niklas Baer. und Geist: Physische und psychische Gesundheit gemeinsam fördern». Dort und im vorliegenden Heft finden Sie als BGM- Verantwortliche Inspirationen, wie der ganzheitliche Ansatz Experten künftig noch besser gelingen kann. 17 Unternehmenskultur Systematisches betriebliches Gesund- Ich wünsche Ihnen neue Erkenntnisse, offene Ohren und einen heitsmanagement muss nicht komplex und teuer sein, weiss rundum gesunden Arbeitsalltag. BGM-Berater und Coach Rolf Stocker: Mit Herzblut und Wert- schätzung kann man bereits viel erreichen. Sandra Escher Clauss 18 Flexibilität Zeitlich und örtlich flexibel zu arbeiten, liegt im Verantwortliche Special «Betriebliches Gesundheitsmanage- Trend. Damit diese Flexibilität sich aber positiv auf die Gesund- ment» und Inhaberin von Xandracom GmbH heit auswirkt, braucht es eine dialogorientierte Führungs kultur, klare Abmachungen und Selbstführung. HR Today Special 2019 3
Betriebliches Gesundheitsmanagement Einleitung Stressinterventionen Gesundheitsmanagement: rechnen sich vom Start zum Ziel 2,6 Tage weniger Absenzen 8000 Fr. weniger Produktivitäts- 25% weniger gestresste bei Mitarbeitenden verlust pro Jahr und Mitarbeitende mit höchster Mitarbeitenden nach Intervention Stressbelastung Quelle: SWiNG-Studie, 201 1 Finanziell Re-Assessment nach 3 Jahren Gesundheits- Rekrutierungs- kosten kosten Schlechte Absenzen Leistung bei Präsenz Bericht an Geschäftsleitung Produktivität Anmeldung Assessment Individuelle Folgen von Stress 3 auf Mitarbeitende Workshop vor Assessment Start Self-Assessment Ableitung Massnahmen/Weiterbildung Herz-Kreislauf- Eingeschränkte Probleme Aufnahmefähigkeit Weiterbildung 2 Mitarbeitenden- befragung Rücken- Geringere schmerzen Anpassungsfähigkeit Analyse Gesundheitszahlen Roadmap erstellen Selbsttest mit FWS Check Gereiztheit Geringe und Konflikte Motivation Gesundh hes eit blic s e m tri an Be age Start ment Erhöhter Depressionen 1 Substanzmissbrauch Wie weit fortgeschritten ist Ihr Unternehmen im betrieblichen Gesundheitsmanagement? Machen Sie jetzt den Check auf: www.friendlyworkspace.ch 4 HR Today Special 2019
Einleitung Betriebliches Gesundheitsmanagement Physische und psychische Gesundheit gemeinsam fördern Körper und Geist werden in der Psychosomatik als zwei untrennbar miteinander verbundene Aspekte des Menschen betrachtet. Diese Sichtweise findet vermehrt auch Anklang in der Medizin, erkennen doch Ärztinnen und Ärzte bei rund einem Drittel der behandelten Patientinnen und Patienten keine körperlichen Ursachen für körperliche Beschwerden. Die Psychosomatik berücksichtigt die psychischen Einflüsse auf körperliche Vorgänge. Text: Thomas Mattig In der Gesundheitsförderung legte Aaron Antonovsky in beitsplatz. In der Vergangenheit gelang es jedoch noch den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts die Grund- nicht, die Brücke zu anderen Institutionen zu schlagen. lage für die gesamtheitliche Betrachtung von Körper und Weshalb mögliche Synergien noch zu wenig genutzt Geist. Gemäss seinem Kohärenzgefühl bleiben Men- werden konnten. schen gesund, wenn sie ihre Umwelt verstehen, sie be- einflussen können und ihr Handeln als sinnvoll empfin- Kräfte bündeln den. Antonovsky bezog sich in seinen Aussagen auf die Immerhin haben das Bundesamt für Gesundheit, die körperliche Gesundheit, welche von psychischen Fak- Suva sowie Gesundheitsförderung Schweiz in einem Pi- toren abhängt. Die Zusammenhänge zwischen körper- lotprojekt mit der Migros Waadt ihre Kräfte gebündelt: Prof. Dr. Thomas licher und geistiger Gesundheit sind somit in der Ge- Erstmals haben sie gemeinsam innovative Projekte zur Mattig ist seit 2007 sundheitsförderung seit Jahrzehnten bekannt. Heute Stärkung des BGM entwickelt. Jede Partei brachte ihren Direktor von Gesund- werden die Wechselwirkungen zwischen Körper und heitsförderung Psyche in der Theorie sogar noch differenzierter verstan- Schweiz. In dieser Funktion engagiert er den. «Für viele Arbeitnehmenden bedeutet sich für die Gesund- heit der Schweizer Be- Körper und Geist Arbeit mehr Last als Lust, was wiederum für völkerung. Neben sei- Dennoch werden bei der praktischen Umsetzung von die betroffenen Betriebe zu erhöhten ner Tätigkeit bei Ge- sundheitsförderung gesundheitsfördernden Massnahmen Körper und Geist Produktivitätsverlusten führen kann.» Schweiz unterrichtet oft immer noch getrennt betrachtet. Das gilt gerade Prof. Dr. Thomas Mattig, er als Titularprofessor auch für die betriebliche Gesundheitsförderung. Dafür Direktor, Gesundheitsförderung Schweiz an der Medizinischen verantwortlich sind nicht zuletzt strukturelle Gründe aus- Fakultät der Universi- serhalb des Unternehmens: Gesetze und Institutionen tät Genf. Er ist Autor konzentrierten sich jahrzehntelang auf die körperlichen mehrerer Werke und publizierte zuletzt das Aspekte der Gesundheit. Dort lag auch der vorwiegende Buch «Healthy Econo- Handlungsbedarf. Input ein, entsprechend den eigenen Stärken zu Themen my – Neue Denk- Inzwischen hat die Bedeutung der psychosozialen wie Bewegung, Ernährung und Stress. Daraus resultierte formen für eine ge- Dimension jedoch deutlich zugenommen. Aus dem Job- die Plattform well@work. Die darauf angebotenen In- sunde Wirtschaft» im Stress-Index der Schweizer Erwerbsbevölkerung 2018 strumente sensibilisieren Unternehmen und Mitarbeiten- Verlag Neue Zürcher Zeitung. geht hervor, dass der Anteil emotional erschöpfter Per- de für gesundheitsförderliches Verhalten. sonen gegen 30 Prozent tendiert. Für viele Arbeitneh- In den nächsten Jahren wird es darum gehen, die mende bedeutet Arbeit mehr Last als Lust, was wiede- Synergien zwischen den Institutionen systematisch zu rum für die betroffenen Betriebe zu erhöhten Produkti- nutzen. Die im Rahmen der nationalen Strategie zur Be- vitätsverlusten führen kann. Entsprechend hat die kämpfung von nichtübertragbaren Krankheiten neu ge- psychische Gesundheit heute einen höheren Stellenwert gründete Plattform BGM soll zu diesem Zweck einen in den Betrieben. wichtigen Beitrag leisten und den Unternehmen in Zu- Auch Gesundheitsförderung Schweiz engagiert sich kunft erleichtern, die physische und psychische Gesund- seit Jahren stark für die psychische Gesundheit am Ar- heit gemeinsam zu fördern. HR Today Special 2019 5
Betriebliches Gesundheitsmanagement Jubiläum FWS Eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis Als das Label Friendly Work Space vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde, wurde es kritisch beäugt. Mittlerweile ist es als Qualitätsmerkmal etabliert und hat massgeblich dazu beigetragen, dass betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) aus der Unternehmenslandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Text: Sandra Escher Clauss Von 0 auf 82 in zehn Jahren – was wie eine Thema angingen mit Massnahmen, die über Europäischen Netzwerks für betriebliche Ge Schlagzeile auf einem Newsportal tönt, sind die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen, sundheitsförderung, die bereits 1997 ins Le zwei Kennzahlen zum zehnten Geburtstag gab es jedoch kaum.» ben gerufen worden waren», erklärt des Labels Friendly Work Space. Während Rippstein. Wichtig war den Pionieren auch, 2009 der erste Betrieb mit dem Label für Label als Qualitätsmerkmal dass mit dem Label nicht einzelne Massnah systematisches betriebliches Gesundheits Neuland zu betreten hat immer auch Vor men, sondern die Systematik von BGM in management ausgezeichnet wurde, sind es teile. «Wir konnten unsere Idee von einer einer Organisation bewertet wird. «Zentral 2019 bereits 82 Unternehmen aus den un Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis ist, dass BGM als strategische Management terschiedlichsten Branchen. Mittlerweile ar nach unseren Vorstellungen formen und aufgabe verstanden und systematisch und beiten rund 250 000 Schweizerinnen und weiterentwickeln.» Zum Pionierteam ge damit nachhaltig in die Organisationspro Schweizer, oder 11% der Schweizer Er hörten damals neben Gesundheitsförderung zesse integriert und umgesetzt wird.» werbstätigen, in einem ausgezeichneten Be Schweiz und der Migros (siehe Interview Sei trieb. te 8) Vertreter des BAG, des Seco, von ABB, Gesundheit als Wachstumsmotor «Bei der Lancierung des Labels betraten der Post, Alstom, SBB, Swica, der Suva, des Wurde das Label anfangs noch sehr kritisch wir Neuland», blickt René Marcello Ripp Schweizerischen Versicherungsverbandes, beäugt und hinterfragt, ist zehn Jahr später stein, Leiter Betriebliches Gesundheitsma des Instituts für Arbeitsmedizin sowie des klar: Friendly Work Space hat sich zu einer nagement bei Gesundheitsförderung Instituts für Arbeitsforschung und Organisa etablierten Marke entwickelt und BGM ist Schweiz, auf die Anfänge zurück. Natürlich tionsberatung. von einer Randerscheinung zu einem zentra hätten sich die Firmen damals an das Ar Ihnen allen war von Anfang an klar, dass len Thema in der Arbeitswelt geworden. beitsgesetz gehalten und in den Unterneh das Label nicht nur ein Marketinginstru René Marcello Rippstein spricht sogar vom men habe es Sicherheitsverantwortliche ge ment, sondern vor allem auch ein Qualitäts Wirtschaftsmotor BGM. «Gesundheit und geben, oder sogar jemanden, der im Falle merkmal sein und daher von externen Exper Motivation fördern den Unternehmenser von längeren Absenzen eine Art Case Ma tinnen und Experten überprüft werden folg durch erhöhte Leistungsbereitschaft nagement betrieben habe, so Rippstein. muss. und Innovation. Ich bin überzeugt, dass die «Eine richtige Forschungs- und Praxisgrund Seit Anbeginn basiert das Label auf sechs Gesundheit der Mitarbeitenden und der lage zu BGM, Ausbildungen zu Gesund Qualitätskriterien, die in 25 Subkriterien auf wertschätzende Umgang miteinander einen heitsförderung im betrieblichen Umfeld oder geteilt sind. «Die Entwicklung dieser Krite grossen Einfluss auf künftiges Wachstum Unternehmen, welche BGM als strategisches rien orientierte sich an den Richtlinien des haben werden.» 2006 2008 2009 Ausarbeitung von • Das Label Friendly Work • Lancierung des Labels BGM-Kriterien durch Space wird erstmals den Friendly Work Space Arbeitsgruppe Medien präsentiert • Erste Auszeichnung • Erste Ausbildung im Mai der Assessorinnen und Assessoren
Jubiläum FWS Betriebliches Gesundheitsmanagement Eine Untersuchung von 2016 zeigt, dass anderen Firmen und Monitoring zur Wirk mittlerweile 71 Prozent der Schweizer Unter samkeit des BGM. nehmen BGM-Massnahmen umsetzen. «Zur raschen Verbreitung hat bestimmt auch der Die Zukunft heisst Netzwerk gesellschaftliche Wertewandel der vergan Ein wichtiger Punkt für das BGM der Zukunft genen Jahre beigetragen haben», ist Ripp ist das Aufbrechen des Silodenkens. «Die stein überzeugt. So werden vor allem für die Herausforderung für uns liegt darin, für eine jüngeren Mitarbeitenden immaterielle Wer noch bessere Vernetzung zwischen den ein te immer wichtiger. Zeitgemässe Unterneh zelnen Akteuren zu sorgen und einen frucht men haben erkannt, dass sie ein gutes Be baren Nährboden für BGM zu schaffen», triebsklima bieten müssen, um Mitarbeiten konstatiert Rippstein. «Die Komplexität wird de zu gewinnen und zu halten. bestimmt nicht abnehmen, doch in einem «Gesundheit und Motivation gut verzahnten System werden wir diese Systematik und Aussensicht fördern den Unternehmenserfolg meistern.» Mit den gesellschaftlichen Themen haben durch erhöhte Leistungsbereitschaft Aktuell hat der Wirtschaftsbeirat des La sich in den vergangenen Jahren auch die und Innovation.» bels Friendly Work Space dieses weiterentwi BGM-Themen verändert. Standen 2009 Er ckelt (siehe Kasten Seite 9) und Ziel ist es, René Marcello Rippstein, gonomie, Case Management und Ernäh weitere Betriebe für eine Auszeichnung zu Leiter BGM, Gesundheitsförderung rung im Fokus, ist es gemäss Rippstein heute gewinnen. Wo das Label in zehn Jahren ste die Widerstandskraft im Zusammenhang mit Schweiz hen wird, kann der umtriebige Fachmann dem dauernden Wandel, der Umgang mit zurzeit nicht sagen. Klar ist: «Sein Geist und Stress sowie zunehmende Komplexität in je seine Grundlagen werden bis dahin be der Hinsicht. «Insofern muss heute jedes stimmt noch vorhanden sein, denn BGM Unternehmen die Gesundheit seiner Mitar verbessert nicht nur die Art der Zusammen beitenden pflegen und fördern, um langfris arbeit im Unternehmen, sondern die Lebens tig erfolgreich zu bleiben.» Dazu brauche es Wert seit Messbeginn im Jahr 2014 erreicht. qualität generell.» n nicht zwingend ein Label, so Rippstein. «Al «Den Unternehmen ist vielfach bewusst, lerdings hat dieses den Vorteil, dass es zu dass die Mitarbeitenden unter dem Druck sätzlich zur Systematik eine Aussensicht ins und den steigenden Anforderungen leiden, Fakten zu BGM Unternehmen bringt.» doch oft ist es schwierig, Ansatzpunkte für 250 000 Das Thema Balance zwischen Ressour wirkungsvolle Interventionen oder präven Erwerbstätige sind in den 82 Betrie- cen und Stressoren wird nicht nur wichtiger, tive Massnahmen zu identifizieren.» ben beschäftigt, die mit dem Label weil es mit der neuen Arbeitswelt mehr Auf Das Angebot FWS Job-Stress-Analysis ausgezeichnet sind. merksamkeit erhält, sondern auch, weil ge ermöglicht es Unternehmen, aufgrund vali mäss einer Hochrechnung von Gesundheits dierter Skalen Stressfaktoren auf verschie 40 000 förderung Schweiz das ökonomische Poten denen Ebenen der Organisation zu identifi Erwerbstätige wurden seit 2008 mit zial, das sich für die Schweizer Betriebe zieren und sowohl Belastungen, Ressourcen FWS Job-Stress-Analysis zu ihrer durch Reduktion der gesundheitsbedingten und ökonomisches Einsparpotenzial zu erhe psychischen Gesundheit befragt. Produktivitätsverluste ergibt, wenn alle Per ben. Davon ausgehend können Betriebe ge 27,1% sonen mindestens ein ausgeglichenes Ver eignete Massnahmen zur Reduktion und der Erwerbstätigen in der Schweiz hältnis zwischen Ressourcen und Bela Prävention von Stress am Arbeitsplatz pla sind erheblich gestresst. stungen hätten, im Jahr 2018 auf 6,5 Mrd. nen und umsetzen. Zudem eignet sich der CHF geschätzt wird und somit den höchsten dazugehörige Benchmark zum Vergleich mit 2010 2011 2012 Lancierung von • Veröffentlichung Studie Erstes Re-Assessment FWS Job-Stress-Analysis SWING zu Stressmanage- von Unternehmen nach (früher S-Tool), einer Online- ment, Wirkung und Nutzen 3-jähriger Gültigkeit Befragung für einen von BGM des Labels detaillierten Überblick über • Erstmals arbeiten über das Stressgeschehen im 100 000 Erwerbstätige Betrieb in der Schweiz in Label-Betrieben
Betriebliches Gesundheitsmanagement Jubiläum FWS Was waren aus Ihrer Sicht in den vergan- genen zehn Jahren die grössten Heraus- forderungen bei der Etablierung des Labels Friendly Work Space? Hans Rudolf Castell: Wir sind damals auf der grünen Wiese gestartet mit der Idee, ge wissermassen von der Praxis für die Praxis Grundlagen und Richtlinien für ein systema tisches betriebliches Gesundheitsmanage ment zu erstellen. Das bedeutete nicht nur harte Knochenarbeit, sondern wir mussten uns immer wieder überlegen, wie wir das inhaltlich und organisatorisch stemmen konnten, denn es gab ja keine Vorbilder. Nach den ersten Assessments im Mai 2009 folgten die Assessments im Halbjahrestakt. Eine weitere Herausforderung stellten dann die ersten Re-Assessments nach drei Jahren dar; hierzu mussten wiederum die Prozesse und die Grundlagen erstellt werden, zudem mussten die Re-Assessments parallel zu den Erst-Assessments durchgeführt werden, wo für die Organisation noch einmal angepasst werden musste. Friendly Work Space basiert auf Ihrer Idee, ist also quasi Ihr Baby. Ist dessen Entwicklung so verlaufen, wie Sie es sich gewünscht haben? Ja, grundsätzlich schon. Das Label ist mittler weile etabliert und schweizweit zu einem «Das Label ist und bleibt wichtigen Instrument für ein strukturiertes BGM geworden. Inzwischen strahlt es sogar ein Qualitätsmerkmal» ins Ausland ab – damit hätte ich nicht unbe dingt gerechnet. Das Label hat die Schweizer Unterneh- Hans Rudolf Castell war vor zehn Jahren eine treibende Kraft menslandschaft also beeinflusst? hinter dem Label Friendly Work Space. Bis vor Kurzem sass der Absolut! So hat es die Unternehmenslei ehemalige Leiter HR Management Migros Gruppe im Wirt- tungen dafür sensibilisiert, dass es sich lohnt, sich um den Erhalt oder gar um die Verbes schaftsbeirat des Labels und engagierte sich dafür, dass serung der Gesundheit der Menschen in den dieses auch in Zukunft attraktiv bleibt. Firmen zu kümmern. Es hat aufgezeigt, dass Interview: Sandra Escher Clauss BGM mehr ist als Gratisäpfel oder Sportan 2014 2016 • Erste Veröffentlichung des • Gruppenlösung für Job-Stress-Index Grossbetriebe und Konzerne • Erste grosse Überarbeitung und Anpassung der Label-Kriterien • Benchmark für Label-Betrieb • Lancierung des kostenlosen Online-Tests FWS Check
Jubiläum FWS Betriebliches Gesundheitsmanagement gebote über Mittag. Mittlerweile gibt es zehn Jahren ins Leben gerufen haben, fand Sie haben erwähnt, dass das Bewusst- kaum mehr ein Unternehmen, welches das das Berufsleben noch primär an einem fixen sein für BGM bei den meisten Firmen Thema BGM komplett ignoriert. Arbeitsplatz im Unternehmen statt. mittlerweile vorhanden ist. Braucht es Heute wird zunehmend an mehreren überhaupt noch ein Label wie Friendly Wohin steuert das betriebliche Gesund- Orten und auch zu unterschiedlichen Zeiten Work Space? heitsmanagement in Zukunft? gearbeitet – diesen Entwicklungen muss ein Das Label und seine Grundlagen sind und Es muss unbedingt auch in der neuen Arbeits modernes BGM nun ebenfalls gerecht bleiben sehr nützliche Instrumente, um in welt verankert werden. Als wir das Label vor werden. einem Unternehmen strukturiert, erfolgreich und nachhaltig BGM betreiben zu können. Es bleibt nach wie vor ein Qualitätsmerkmal Friendly Work Space ist fit für die Zukunft und auch dessen Signalwirkung nach aussen ist nicht zu unterschätzen. So bildet das La Zusammen mit dem Wirtschaftsbeirat hat 4. Evaluation: Der neue Leitfaden «BGM bel zum Beispiel für jüngere Arbeitneh Gesundheitsförderung Schweiz in den mit Wirkungsprüfung voranbringen» mende ein wichtiges Kriterium bei der Wahl letzten Jahren das Label Friendly Work unterstützt Unternehmen dabei, die des Arbeitgebers. Wer strukturiert BGM be Space weiterentwickelt. Das sind die sechs Wirksamkeit mithilfe eines Kenn treiben möchte, kommt wohl nicht um das wichtigsten Neuerungen: zahlen-Cockpits zu prüfen und so wir Label Friendly Work Space herum. kungsvolle Massnahmen auszuwäh Aber es ist klar, dass sich auch das Label 1. Vereinfachung: Der Prozess für Erst- len. Friendly Work Space nicht auf seinen Lor Assessments wurde zeitlich verkürzt beeren ausruhen darf. Es muss weiterhin und der Prozess für Re-Assessments un 5. Kommunikation/Employer Branding: attraktiv gehalten werden, gleichzeitig müs terscheidet neu zwischen Fixkriterien Alle Label-Firmen haben exklusiven Zu sen künftig auftauchende neue Bedürfnisse und Wahlkriterien, wodurch der Auf gang zu einer Branding-Box mit Unter in dieses integriert werden. Dabei sind so wand für die Unternehmen deutlich lagen zur Kommunikation gegenüber wohl die Bedürfnisse der bestehenden La reduziert wird. Die Benutzerfreundlich Mitarbeitenden und Stellensuchenden. bel-Firmen als auch diejenigen von Firmen, keit des Assessment-Tools wurde eben Zudem können Unternehmen, die die sich neu für das Label interessieren, ein falls erhöht. schon mehrere Assessments erfolg zubeziehen. Aus diesem Grund wird das La reich bestanden haben, ihr langfris bel zusammen mit verschiedenen Pilotbe 2. Vergleich: Betriebe können sich mit tiges Engagement für ein systema trieben permanent weiterentwickelt. dem Benchmark der anderen Label- tisches BGM mit einem Nachhaltig Trägerinnen und -Träger vergleichen. keitshinweis als Zusatz zum Logo Was zeichnet ein nützliches und prakti- Diese Referenz hilft speziell bei Ma hervorheben. kables BGM heute und in Zukunft aus? nagementpräsentationen oder zum Es muss trotz aller Komplexität einfach zu Vergleich des eigenen kontinuierlichen 6. Leistung: Zusätzlich zu den Leistungs implementieren und vor allem nahe an der Verbesserungsprozesses. erweiterungen wird die Leistung des Praxis sein. Die Massnahmen müssen mög Angebots für Label-Betriebe weiter er lichst sichtbare Effekte erzielen und das Ma 3. Aktualisierung: Die Wegleitung wurde höht. Neu ist eine detaillierte Präsenta nagement des Unternehmens muss voll und mit aktuellen BGM-Themen vertieft tion mit Kernaussagen zum Label-As ganz hinter einem strukturierten BGM ste und die Bewertungsmatrix wurde klarer sessment im Preis inbegriffen. Das hen. Kurz: Betriebliches Gesundheitsma und verständlicher formuliert. Zum Bei heisst, die Assessoren präsentieren die nagement sollte auf allen Ebenen in einem spiel ist sie besser abgrenzbar zu den Ergebnisse vor der Geschäftsleitung. Unternehmen aktiv betrieben und gelebt gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitssi Mehr zum Label erfahren Sie auf werden, dann sind mit der Zeit auch die Wir cherheit und zum Gesundheitsschutz. friendlyworkspace.ch kungen sichtbar, sodass sich der getroffene Aufwand auch lohnt. n 2017 2018 2019 • Wirkungsmodell BGM Akkreditierungssystem • 10-jähriges Jubiläum für externe Beratende • Fokussiertes • 250 000 Erwerbstätige Re-Assessment arbeiten in mit 8 Fixkriterien und Label-Betrieben 17 Wahlkriterien
Betriebliches Gesundheitsmanagement Best Case Fotos: zVg Zürcher Kantonalbank Die ZKB setzt auf Dialogkultur Gesundheitsmanagement ist bei der Zürcher Kantonalbank seit 15 Jahren Bestandteil des Leistungsauftrags. Im Laufe der Jahre haben sich einzelne Massnahmen zu einem bunten BGM-Teppich entwickelt. Dies dank Systematik und einer dialog- orientierten Kultur. Text: Sandra Escher Clauss Lange Zeit galt die Arbeits- und Berufswelt nagement, das seit rund 15 Jahren Bestand- der Banken als statisch und sehr hierar- teil des Leistungsauftrags der ZKB ist. Da- chisch. Mittlerweile ist der Wandel aber auch mals begann die Bank mit einzelnen Mass- in der Branche angekommen – die Bedürf- nahmen im Bereich Gesundheitsförderung. nisse der Generationen Y und Z, der Fach- «Wir haben im Laufe der Jahre sukzessive kräftemangel sowie die Digitalisierung sor- ein systematisches BGM aufgebaut», so gen dafür, dass Strukturen aufgebrochen Greutmann. und Beratungs- und Führungsverständnisse «Das Thema Gesundheit ist bei der ZKB überarbeitet werden müssen. keine Worthülse, sondern gelebte Kultur», betont Zahra Darvishi, Leiterin Initiativen & Positiver Blick auf BGM HR Strategie. «Das habe ich selber erlebt, als Mitarbeitende arbeiten nicht mehr an einem «Wir haben im Laufe der Jahre ich diesen Januar von einem anderen Unter- fixen Arbeitsplatz, sondern sind mobil unter- sukzessive ein systematisches nehmen zur ZKB gewechselt habe.» Ge- wegs und arbeiten von zu Hause aus, beim BGM aufgebaut.» sundheit beginne bei der Glasflasche, die Kunden oder irgendwo im Firmengebäude, jeder Mitarbeitende beim Arbeitsantritt er- Kunden können sich auch digital beraten Ann-Kathrin Greutmann, halte, gehe über die finanzielle Beteiligung lassen und der Führungsgrundsatz lautet Verantwortliche Diversity & am medizinischen Check-up und die Unter- nicht mehr Command and Control, sondern Inclusion/BGM stützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Coaching und Vertrauen. Auch das Füh- Familie bis hin zum Umgang mit Stress oder rungsgremium der Zürcher Kantonalbank zum digitalen Arbeitsplatz und zur Flexibili- erkannte dies vor einigen Jahren und schuf sierung der Arbeit. Und ganz wichtig: «Ge- per 2016 als sicht- und spürbarste Massnah- sundheit, Umgang mit Stress und die vielen me kurzerhand den Zielvereinbarungspro- Veränderungen werden bei uns nicht als zess ab. Ein Entscheid mit Signalwirkung – Sorgenthema angeschaut, sondern als et- nicht nur bankintern, sondern für die ge- was Positives.» samte Branche. «Für uns war es ein weiterer Schritt zur Vertiefung unserer dialog Ein gewachsenes System orientieren Kultur», blickt A nn-Kathrin Bereits vor vielen Jahren hat die ZKB auch ein Greutmann, Verantwortliche Diversity & In- niederschwelliges Beratungsangebot bei Be- clusion/BGM, zurück. Auf dieser Kultur des lastungssituationen aufgebaut, das bis heu- Dialogs basiert auch das Gesundheitsma- te Bestand hat. Dort finden Mitarbeitende 10 HR Today Special 2019
Best Case Betriebliches Gesundheitsmanagement bei Erkrankung oder in Situationen, in denen tete. Erkenntnisreich sei für sie zudem gewe- Letztere thematisieren vor allem auch die der Schuh drückt, Unterstützung und Beglei- sen, herauszufinden, wie das Verhältnis von Themen Diversität, Generationenmanage- tung. Kosten und Nutzen der BGM-Massnahmen ment und psychische Gesundheit. «Wir stel- Und selbstverständlich wurden im Laufe noch besser evaluiert und wie die Prozesse len einen erhöhten Informationsbedarf in der Jahre auch Kennzahlen eingeführt, die effizienter und schlanker gestaltet werden diesen Bereichen fest und möchten diesem die Auswirkungen der verschiedenen BGM- können. «Zudem war auch der Austausch nachkommen», so Darvishi. «Wichtig aber Massnahmen sichtbar machen sollten. Diese mit anderen Organisationen bereichernd sei, dass die ZKB als Arbeitgeberin gerade gingen aber von Anfang an weiter und um- und hilfreich.» bei psychischen Erkrankungen und Burn-out fassen nicht nur das Absenzen-Management Präventionsarbeit leiste. Wir bieten beispiels- oder das Case Management, sondern Digitalisierung fördert weise Schulungen im Bereich Eigenverant- schliessen auch die Mitarbeitendenzufrie- persönlichen Dialog wortung, Abgrenzung und vertrauensba- denheit, das Commitment zur Bank oder die Aktuell und in Zukunft ist das BGM stark sierte Führung an und ermutigen die Mitar- Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit ein. geprägt vom Thema Arbeitsplatz der Zu- beitenden dazu, bei vermuteten psychischen Seit 2014 besitzt die Zürcher Kantonal- kunft. «Die Digitalisierung hat nicht nur ei- Problemen Hilfe zu holen oder sich jeman- bank zudem das Label Friendly Work Space nen Einfluss darauf, wo und mit welchen dem anzuvertrauen.» von Gesundheitsförderung Schweiz. Um das Hilfsmitteln wir arbeiten, sondern lässt auch Auch wenn das BGM der ZKB auf einem Label hat sich die Bank damals beworben, die zwischenmenschliche Kommunikation sehr hohen Stand ist, kann Stillstand nicht mit dem Zweck die Ist-Situation zu analysie- noch wichtiger werden», ist Zahra Darvishi das Motto sein. Darvishi arbeitet mit ihrem ren und zu erkennen, wo sie im Branchen- überzeugt. «So stellen wir zum Beispiel fest, Team daran, den bunten Blumenstrauss an vergleich steht. «Aus dem Prozess resultierte dass sich die meisten Mitarbeitenden wieder BGM-Massnahmen an die rasanten Verän- für uns eine Art BGM-Landkarte, auf der wir vermehrt direkt und persönlich austauschen, derungen in der Gesellschaft anzupassen für alle sichtbar machen konnten, wie die anstatt via E-Mail.» Gefördert wird dies un- und die ZKB-Belegschaft dabei zu unterstüt- einzelnen Massnahmen und Initiativen zu- ter anderem durch eine moderne und zeit- zen, dass sie mit dem Wandel Schritt halten sammenhängen», erklärt Ann-Kathrin gemässe Arbeitsplatz- und Raumgestaltung und diesen als möglichst positiven Normal- Greutmann, die den Prozess damals beglei- sowie durch Sensibilisierungskampagnen. zustand annehmen kann. n «Vorgesetzte nehmen ihre Vorbildrolle wahr» Wie definiert die ZKB ihr betriebliches Arbeitsplatz als gesund empfinden? Dazu Gesundheitsmanagement? benötigen wir in einer digitalen Zukunft ne- Zahra Darvishi: Das Thema Gesundheit ist ben der Unternehmenskultur auch die ent- in der Bank tief verankert. Gesundheit wird sprechende Führungskultur. im Betrieb gelebt und die Vorgesetzten neh- men ihre Vorbildrolle wahr. Dazu tragen Mit der Flexibilisierung der Arbeit und auch die Kultur und der zwischenmensch- den veränderten Kundenbedürfnissen liche Umgang bei. Bei der ZKB ist das be- verschwimmen die Grenzen zwischen triebliche Gesundheitsmanagement nichts Arbeits- und Privatleben immer stärker. Aufgesetztes, sondern eine aus Überzeu- Wie trägt die ZKB dieser Entwicklung gung gelebte Vereinbarung zwischen Bank Rechnung? und Mitarbeitenden. Ich glaube, durch unsere Führungskultur, mit unseren Investitionen in die Sensibilisierung Welche Schwerpunkte setzen Sie im der Führungskräfte und den Webtrainings BGM der Zukunft? holen wir unsere Mitarbeitenden in allen Le- Wir fokussieren uns auf jene Themen, die die bensphasen ab. Die Fragen sind, wie wir in Mitarbeitenden unterstützen, auch in Zu- Zukunft Arbeit und Leistung definieren, wie kunft gesund zu bleiben. Menschen machen wir uns in der digitalen Welt verhalten und Unternehmenskultur und wir machen Men- «Menschen machen wie wir als Unternehmen darauf einen Ein- schen stark! Wir möchten nicht das klas- Unternehmenskultur und wir fluss haben werden. Zum Beispiel legen wir sische BGM verfolgen, sondern die Gesund- viel Wert darauf, dass die Mitarbeitenden in machen Menschen stark.» heitsressourcen der Mitarbeitenden fördern den Ferien abschalten. Sie dürfen nur in aus- und weiterhin das Gesundheitsmanagement Zahra Darvishi, Leiterin serordentlichen Fällen betrieblicher Notwen- Initiativen & HR Strategie genau definieren und analysieren: Was brau- digkeit und zeitlicher Dringlichkeit kontak- chen wir, damit die Mitarbeitenden ihren tiert werden. n HR Today Special 2019 11
Betriebliches Gesundheitsmanagement Best Case Friendly Work Space Job-Stress-Analysis Neues Spezialmodul Langzeitpflege Ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger fehlen vor allem in der Langzeitpflege an allen Ecken und Enden und die Situation wird sich in Zukunft weiter verschärfen. Aus diesem Grund müssen die Betriebe dem bestehenden Personal Sorge tragen und attraktiv für neue Mitarbeitende sein. Ein Spezialmodul des bewährten Analysetools Friendly Work Space (FWS) Job-Stress- Analysis sorgt für Unterstützung. Text: Sandra Escher Clauss Die Personalsituation in der Pflege ist alar- analysieren können. Rund zwei Drittel der mierend. Vor allem in der Langzeitpflege Themen des Spezialmoduls wurden aus dem herrscht akuter Personalnotstand. Umso bereits bestehenden Instrument FWS Job- wichtiger ist es, insbesondere inländisch aus- Stress-Analysis übernommen (z. B. Zeit- gebildetes Fachpersonal in den Alters- und druck, arbeitsorganisatorische Probleme, Pflegeheimen und Spitex-Betrieben zu be- soziale Stressoren, Wertschätzung, unter- halten und diesem eine gute und gesund- stützendes Vorgesetztenverhalten etc.). Gut heitsfördernde Arbeitsumgebung zu bieten. ein Drittel der Themen wurde neu ergänzt. Dass dies aktuell nur partiell der Fall ist, zei- Dazu zählen: personelle Ressourcen, Dienst- gen die Zahlen des Schweizerischen Ge- planung, Qualität der Pflege und Betreuung, sundheitsobservatoriums (Obsan). Der Be- Rationierung der Pflege, emotionale Bin- richt dokumentiert, dass fast die Hälfte der «FWS Job-Stress-Analysis zielt dung zum Beruf und Empfehlung des ausgebildeten Pflegfachpersonen aus ihrem Arbeitgebers. verstärkt auf Belastungsfaktoren ab und Beruf aussteigen. Von diesen wechselt die Hälfte den Beruf und ein Drittel beendet die gibt dem Personal die Möglichkeit, sich Pilotbetrieb Stiftung Alterswohn- Erwerbstätigkeit sogar. nebst dem Fragebogen auch in sitz Urtenen-Schönbühl Gemäss einem Artikel in der Zeitschrift Workshops unter Ausschluss der Zwischen Herbst 2018 und Frühsommer Pflegerecht berichten 92 Prozent der Alters- Geschäftsleitung zu äussern.» 2019 wurde das Spezialmodul als Pilotpro- und Pflegeheime über eine schwierige oder jekt in neun Betrieben der Langzeitpflege Urs Hänni, Geschäftsführer sehr schwierige Rekrutierungssituation; ein- Büro für arbeits- und sozialpolitische getestet. Einer davon war die Stiftung Alters- zig die Spitex ist davon bisher weniger be- Studien wohnsitz Urtenen-Schönbühl. Als Geschäfts- troffen. Und die Nachfrage nach ausgebil- führer Urs Hänni vom Büro für arbeits- und detem Pflegepersonal wird weiter steigen. sozialpolitische Studien angefragt wurde, ob Die Obsan-Prognosen gehen bis 2025 von er mit seinem Team beim Pilotprojekt mitma- einem zusätzlichen Bedarf von insgesamt chen wolle, zögerte er nicht lange. «Das 40 000 Personen in Pflege und Betreuung ganze Team war Feuer und Flamme, da wir aus. Davon werden Institutionen der Lang- Nachwuchskräfte zu sein, lohnt es sich für grundsätzlich immer an Optimierungs- und zeitpflege voraussichtlich rund 28 000 Per- die Betriebe, die Ausgestaltung der Ar- Vergleichsmöglichkeiten interessiert sind.» sonen beanspruchen. beitsumgebung zu analysieren. Bis anhin, so Hänni, habe man intern zwar Mit FWS Job-Stress-Analysis verfügt Ge- standardisierte Personalumfragen durchge- Schlüsselfaktor Arbeitsumgebung sundheitsförderung Schweiz seit einigen führt, doch bei diesen habe jeweils der Vor diesem Hintergrund lancierte der Bund Jahren über ein wissenschaftlich fundiertes Benchmark sowie die externe Begleitung bei 2010 einen Masterplan Bildung Pflegebe- Befragungsinstrument und so lag es auf der den Workshops zur Erarbeitung eines Mass- rufe. Im Rahmen dessen wurden 2016 die Hand, darauf basierend ein Spezialmodul nahmenplans gefehlt. «Zudem zielt FWS zentralen Handlungsfelder «Personalgewin- Langzeitpflege zu entwickeln. Dieses stellt Job-Stress-Analysis verstärkt auf Belastungs- nung» und «Personalerhalt» definiert und Betrieben der Langzeitpflege ein Instrument faktoren ab und gibt dem Personal die Mög- das Bundesamt für Gesundheit wurde damit zur Verfügung, mit Hilfe dessen sie spezi- lichkeit, sich nebst dem Fragebogen auch in beauftragt, Massnahmen im Bereich Perso- fische Ressourcen und Belastungen sowie Workshops unter Ausschluss der Geschäfts- nalerhalt auszuarbeiten. Klar ist: Um zu ver- Faktoren der Gesundheit und Motivation in leitung zu äussern.» hindern, dass Fachleute im Bereich Langzeit- einer Mitarbeitendenbefragung erheben Anschliessend an die strukturierte Befra- pflege aus dem Betrieb oder sogar dem Be- und die Betriebsergebnisse auf der Basis gung und die Mitarbeitendenworkshops rufsumfeld aussteigen, und um attraktiv für eines branchenspezifischen Benchmarks fand für das Kader und die Geschäftsleitung 12 HR Today Special 2019
Best Case Betriebliches Gesundheitsmanagement iStockphoto Vor allem in der Langzeitpflege herrscht akuter Personalnotstand. Umso wichtiger ist es, ausgebildetes Fachpersonal in den Alters- und Pflegeheimen und Spitex-Betrieben zu behalten. ein extern begleiteter Workshop statt, in schen den Disziplinen stärken.» Urs Hänni schlossen, was für die Mitarbeitenden und dem schliesslich verschiedene Massnahmen kann bereits jetzt sagen, dass sich das Mit- die Leitung äusserst motivierend wirkt.» beschlossen wurden, die sowohl für die Be- machen beim Pilotprojekt sehr gelohnt hat Auch die Befragungen der anderen Pilot- legschaft als auch für den Betrieb weiterfüh- und er empfiehlt Branchenkollegen, das Tool betriebe durch das vom Bundesamt für Ge- rend sind. «Da wir sehr gute Resultate erzielt künftig auch zu nutzen. «Die interne Orga- sundheit und von Gesundheitsförderung haben, mussten wir keine grundlegenden nisation ist relativ einfach. Wir haben ein Schweiz beauftragte Büro BASS mit ausge- Massnahmen planen; allerdings haben sich Zeitfenster definiert, in dem die Mitarbeiten- wählten Betriebsverantwortlichen und Mit- gewisse Stossrichtungen herauskristalli- den die Fragebogen online ausfüllen konn- arbeitenden zeigen, dass das Instrument siert.» Zu diesen zählen: die Kommunikation ten, und die Daten für die Durchführung der grundsätzlich als nützlich und auf die rich- im gesamten Betrieb sowie das gegenseitige Workshops geplant.» tigen Themen fokussiert wahrgenommen Verständnis im Betrieb. Etwas aufwendiger war es, genügend wird. Mitarbeitende zum Ausfüllen zu animieren, Unkompliziertes und um ein möglichst aussagekräftiges Bild zu Bald schon für alle Betriebe praktikables Tool erhalten. «Da wir Leute haben, die keinen verfügbar Die aus den Workshops resultierenden klei- Mailzugang haben oder eine Sprache spre- Bis Herbst 2019 fliessen nun alle Rückmel- neren Massnahmenpakete werden zurzeit chen, in der der Fragebogen nicht verfügbar dungen sowie die statistischen Analysen der umgesetzt oder getestet. «Für die täglichen war, erreichten wir nicht lückenlos die gefor- Daten der Pilotbetriebe in die Überarbeitung Rapporte werden wir ein sogenanntes derten Gruppengrössen von zehn Teilneh- und Weiterentwicklung des Spezialmoduls Huddle-Board einführen, das sind disziplin menden; das führte dazu, dass es für ein Langzeitpflege ein. Im Winter 2019/2020 übergreifende Stehsitzungen für das gegen- kleines Team zur Gewährleistung der Ano- sollen die technischen Anpassungen vorge- seitige Update.» Zudem, so Hänni, seien sie nymität keine Gruppen-Auswertung gab.» nommen und der neu berechnete branchen- daran, für die Mitarbeitenden mit niedrig- Dank der kompetenten externen Begleitung spezifische Benchmark integriert werden. prozentigen Anstellungen Tools zur effizi- seien sie besonders in den Workshops den- Vorgesehen ist auch eine Ergänzung der enteren und effektiveren Informationsbe- noch zu aussagekräftigen Resultaten ge- pflegespezifischen Skalen und Arbeitsinstru- schaffung bei Arbeitsbeginn zu implemen- kommen und der Vergleich mit dem Bench- mente in den Sprachen Französisch und Ita- tieren und die Möglichkeit für gezielte mark sei sehr aufschlussreich gewesen. lienisch. Ziel ist es, dass das Spezialmodul ab Jobrotationen zu schaffen. «Letztere sollen «Dank der bereits sehr hohen Standards in Frühling 2020 in der ganzen Schweiz für alle Verständnis für die anderen Bereiche we- unserer Personalpolitik haben wir erwar- interessierten Betriebe der Langzeitpflege cken, aber auch die Kommunikation zwi- tungsgemäss überdurchschnittlich abge- zugänglich sein wird. n HR Today Special 2019 13
BetrieblichesWAS Gesundheitsmanagement Best Case GESUNDHEIT? MEINEN WIR MIT PSYCHISCHER Lernende • können Ziele setzen und dranbleiben. • können Ziele ggf. anpassen. I G K EIT FÄ H • können psychische und GS UN körperliche Prozesse SI L ND Lernende NN abstimmen. HA • verstehen die Arbeits- HA Potenzial ausschöpfen, F TIG K EIT ERLE welt um sich herum. Belastungen bewältigen, produktiv arbeiten, • haben die Mittel, um mit den Anforderungen der etwas zur Gemeinschaft Arbeitswelt umzugehen. beitragen (WHO) • erleben die Arbeitswelt Lernende als sinnvoll. BE • sind zufrieden, bewerten N W HL das eigene Berufsleben O BE F IN positiv. DEN • fühlen sich körperlich/ psychisch gut und aktiv. Zielgruppengerechtes BGM für Lernende Mit dem Projekt Friendly Work Space (FWS) Apprentice arbeitet Gesundheitsförderung Schweiz an der Erstellung eines Angebots, das die psychische Gesundheit von Jugendlichen im Setting Betrieb praxisnah fördert. Text: Sandra Escher Clauss 14 HR Today Special 2019
Best Case Betriebliches Gesundheitsmanagement Um es vorwegzunehmen: in Sachen Sys achtliche Anpassungsleistung. Es findet eine tematik und Ziele unterscheidet sich betrieb- grosse körperliche Veränderung statt, die liches Gesundheitsmanagement (BGM) für Jugendlichen entwickeln ihre eigene Identi- Lernende nicht von BGM für andere Alters- tät, ihre eigenen Wertvorstellungen und su- gruppen. Im Bereich der Massnahmen je- chen ihren Platz in der Erwachsenenwelt. doch sehr wohl. «Jedes Alter hat seine eige- Berufsbildungsverantwortliche in den Unter- nen Entwicklungsthemen, -aufgaben und nehmen begleiten die jungen Menschen in -anforderungen, daher sind massgeschnei- dieser anspruchsvollen Phase und nehmen derte und zielgruppengerechte Umset- darum eine wichtige Rolle ein», hält Roos zungen zentral für den Erfolg», betont Peter fest. «Sie haben mit ihrem Handeln grossen Roos, geschäftsführender Partner des Berner Einfluss auf die Lernenden sowie auf die Ge- Büros für Arbeitspsychologie und Organisa- «Jedes Alter hat seine eigenen staltung der Rahmenbedingungen», führt tionsberatung und als solcher an der Kon- Entwicklungsthemen, -aufgaben und Roos weiter aus. Darum ist es wichtig, dass zeption des Angebotes FWS Apprentice von -anforderungen, daher sind die Berufsbildungsverantwortlichen dazu die Gesundheitsförderung Schweiz mitbeteiligt. nötigen Spielräume und Kompetenzen ha- massgeschneiderte und zielgruppen Das spezifisch auf Jugendliche zugeschnitte- ben. Weiter sollte die Berufsbildung gut ver- ne BGM-Angebot hat zum Ziel, die psy- gerechte Umsetzungen zentral für ankert sein und einen angemessenen Stel- chische Gesundheit von Jugendlichen an- den Erfolg.» lenwert im Unternehmen haben. hand von drei Teilangeboten – App, Website Peter Roos, geschäftsführender Partner Damit sie gesundheitsförderlich handeln und Kurse – im Setting Betrieb zu fördern des Berner Büros für Arbeitspsychologie und können, brauchen Berufsbildungsverant- (siehe Box). Organisationsberatung wortliche auch gute Rahmenbedingungen. Dass hier ein Bedarf vorhanden ist, zei- Aus diesem Grund beinhaltet das Programm gen die Zahlen zur psychischen Gesundheit auch spezifische Kurse für Berufsbildende, von Jugendlichen: Verantwortliche für das Lernendenwesen • 10 bis 20% der Jugendlichen haben eine sowie die Führungsebene inklusive der psychische Erkrankung. BGM-Verantwortlichen. n • Der Median für die Diagnose von psychi- Anspruchsvolle Zeit für Lernende schen Erkrankungen liegt bei 14 Jahren. Jugendliche stecken in der Adoleszenz in ei- • Im Vergleich zu anderen Altersgruppen ner spannenden, aber auch sehr anspruchs- Weitere Informationen zu FWS Apprentice sowie sind 15- bis 24-jährige Erwerbstätige über- zu den Good-Practice-Beispielen finden Sie unter vollen Lebensphase. Der Übergang von der www.fws-apprentice.ch durchschnittlich häufig gestresst. Schule in die Berufswelt erfordert eine be- Quelle: www.fws-apprentice.ch App dert eine positive Kultur unter gleichaltri- derheiten des Jugendalters», «Führung von Analog zu anderen sozialen Netzwerken gen Kolleginnen und Kollegen und stärkt Lernenden», «Aufgaben und Stress» und können die Lernenden ihr Profil eingeben, die Ressourcen der Lernenden (Peer-Kultur). «Motivation und Leistung». Zudem werden sich orts- und zeitunabhängig innerhalb ei- Auch der Zielgruppe der Berufsbildungsver- konkrete Hilfsmittel wie Checklisten und ner Organisation mit ihren Kolleginnen und antwortlichen wird eine Applikation ver- Good-Practice-Beispiele zur Verfügung ge- Kollegen austauschen und virtuelle Grup- gleichbar mit derer für die Lernenden ange- stellt. pen bilden. Zudem können sie sich anhand boten, damit sie sich untereinander austau- schen und Informationen suchen und von hinterlegten Links zu unterschiedlichen Weiterbildung Themen informieren sowie Selbsttests (z. B. beziehen können. Basierend auf den vier Hauptthemen der zu Stress, Persönlichkeit, Sucht usw.) ausfül- Website wurde eine Weiterbildung entwi- len und erhalten eine unmittelbare Rück- Website ckelt, die sich an Berufsbildungsverantwort- meldung mit Zusatzinformationen. Die Website für die Zielgruppe Berufsbil- liche und Interessierte richtet. Die Teilneh- In der Sorgenecke erhalten sie Ratschläge dungsverantwortliche, BGM-Fachpersonen menden erhalten einen Wissensinput, kön- von Fachpersonen. Berufsbildungsverant- und weitere Interessierte ist in Deutsch, nen ihr Wissen anhand von Fallbeispielen wortliche und BGM-Fachpersonen können Französisch und Italienisch aufrufbar. Sie verknüpfen und sich über ihre Erfahrungen an die Jugendlichen in unterschiedlichen wurde anhand von Rückmeldungen von Be- austauschen. Ziel ist es, dass sie Informatio- Lehrjahren Informationen und Neuigkeiten rufsbildungsverantwortlichen und weiteren nen zu den einzelnen Themen erhalten und verschicken, etwa zum Lehrbetrieb, zur Aus- Experten gemeinsam mit Partnern entwi- diese auch in den Praxisalltag in der Zusam- bildung oder allgemeine Mitteilungen. Wei- ckelt. Ziel der Website ist es, Wissen über menarbeit mit den Jugendlichen einbauen ter gibt es ein virtuelles Mentoring-System gesundheitsrelevante Themen mit Schwer- können. (Götti-/Gottisystem), in dem erfahrene Ler- punkt psychische Gesundheit zu vermitteln, nende unerfahrene unterstützen. Dies för- die Lernende betreffen. Diese sind «Beson- HR Today Special 2019 15
Betriebliches Gesundheitsmanagement Best Case Psychische Probleme Das grosse Schweigen Gesundheitliche Probleme, seien sie physischer oder psychischer Natur, schränken die Arbeitsleistung der Betrof- fenen ein und bescheren dem Unternehmen Fehltage. Der grosse Unterschied liegt allerdings darin, wie mit den Diagnosen umgegangen wird. Während über Krebs, Herzinfarkt oder Hüftoperationen gesprochen wird, herrscht bei psychischen Problemen oft das grosse Schweigen. Text: Sandra Escher Clauss Absenzen aufgrund von physischen oder licher, als dass sich mit grosser Wahrschein Als wichtigsten Punkt im Umgang mit psy psychischen Problemen sind in Unterneh lichkeit in jedem Unternehmen Menschen chischen Erkrankungen nennt der Fachmann men gang und gäbe. Und sie haben nicht mit psychischen Problemen befinden. Ge das Ansprechen des Problems. «Und zwar, nur finanzielle Auswirkungen auf die Unter mäss verschiedenen Untersuchungen ist in bevor man sich ärgert und schon das ganze nehmen, sondern beeinflussen auch die Or nerhalb eines Jahres jede vierte Person da Team entnervt ist.» Dabei sollte der betrof ganisation und deren Kultur. von betroffen. fenen Person nicht nur Hilfe angeboten, son Dr. Niklas Baer beschäftigt sich seit 25 dern auch die Erwartungen ihr gegenüber Jahren mit den Auswirkungen von psychi klar kommuniziert werden. «Zudem sollte «Während Krebs, Rückenprobleme schen Problemen auf die Arbeitsfähigkeit. nicht auf Einsicht der psychisch erkrankten Einerseits als Forscher und Berater, anderer oder Unfallverletzungen Mitgefühl Person gewartet, sondern eine Behandlung seits ist er als Leiter der Fachstelle Psychia auslösen, steht bei psychischen eingefordert werden.» Essentiell sei es zu trische Rehabilitation der Psychiatrie Basel Problemen bald die Schuldfrage dem, den Kontakt zum behandelnden Arzt land auch direkt involviert, wenn von einer im Raum.» zu suchen und dessen Unterstützung zu for psychischen Erkrankung betroffene Men dern. Auch die Kommunikation mit dem Niklas Baer, Dr. phil., Leiter Fachstelle schen wieder in den Arbeitsalltag einsteigen. für Psychiatrische Rehabilitation, Team ist wichtig – vor allem auch auf der Dieser Wiedereinstieg gestaltet sich mei Psychiatrie Baselland Ebene der Unternehmenskultur. «Die Frage stens weniger einfach als ein Wiedereinstieg dabei ist nicht, ob ein Mitarbeitender ein nach einer physischen Erkrankung oder psychisches Problem hat, sondern wie das einem Unfall. Der Grund liegt gemäss Niklas Und ganz wichtig: Es ist nicht etwa so, Team oder das gesamte Unternehmen damit Baer darin, dass psychische Probleme bei dass die Zahl der psychischen Erkrankungen umgeht», betont Baer. Gerade hier bestehe Kollegen, Mitarbeitenden oder Vorgesetzten in den vergangenen Jahren zugenommen noch ein grosser Nachholbedarf. n starke emotionale Dynamiken auslösen. hat, gestiegen ist allerdings die Zahl der des «Das Umfeld ist verunsichert und hat oft kei wegen krankgeschriebenen Personen. ne Ahnung, wie es mit jemandem umgehen «Dies, weil sich mehr Betroffene Hilfe holen BGM-Tagung 2019 soll, der psychische Probleme hat.» Da die und trotz allem eine gewisse Enttabuisierung psychische Erkrankung nicht sichtbar sei, sei stattgefunden hat», konstatiert Baer. So ist Mitarbeitende mit physischen oder psychischen Problemen: sie auch nicht greifbar. «Dies führt zu einer zum Beispiel die Diagnose Burn-out vieler Gemeinsamkeiten und Unterschiede ablehnenden Haltung und oft auch dazu, orts akzeptiert und auch eine Depression als Key-Note-Referat von Niklas Baer. dass nicht darüber gesprochen wird.» Folge von Mobbing gehört eher zu den ent Datum: 28. August 2019, 9.30 bis 10 Uhr tabuisierten Krankheiten, im Gegensatz zu Ort: Seedamm Plaza, Pfäffikon (SZ) Jede vierte Person ist betroffen einer Borderline-Erkrankung oder einer Schi Weitere Infos: www.bgm-tagung.ch Darüber sprechen möchten gemäss dem zophrenie. Mitarbeitende mit physischen oder Fachmann auch die Betroffenen nicht, denn psychischen Problemen: Die Rolle sie haben Angst vor Diskriminierung. «Wäh Probleme ansprechen der Betriebskultur rend Krebs, Rückenprobleme oder Unfallver Aufgrund seiner Forschungstätigkeit ist Baer Vertiefungsworkshop mit Niklas Baer letzungen Mitgefühl auslösen, steht bei psy überzeugt, dass die meisten Chefs auch Mit und Noémi Swoboda, Projektleiterin Training & Support BGM chischen Problemen bald die Schuldfrage im arbeitende mit psychischen Problemen dabei Datum: 28. August 2019, 11.15 bis 12.15 Raum und die betroffenen Personen be unterstützen wollen, im Betrieb zu bleiben Uhrund 13.30 bis 14.30 Uhr fürchten, stigmatisiert zu werden.» oder nach einer Absenz wieder in diesen in Ort: Seedamm Plaza, Pfäffikon (SZ) Das grosse Schweigen rund um psy tegriert zu werden. Viele wüssten einfach Weitere Infos: www.bgm-tagung.ch chische Erkrankungen ist umso unverständ nicht, wie sie das am besten tun können. 16 HR Today Special 2019
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