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Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. bps-magaz n ® Ausgabe 2/2020 Zusammenhalt ist unsere Stärke 20 mit Sonderseiten zum Jubiläum u JAHRE
® Inhalt 2/2020 Aktuell 2 Selbsthilfe im Wandel – Der BPS mittendrin 4 Der Vorstand informiert: Bericht von der 87. (virtuellen) Vorstandssitzung des BPS 5 Wie leben Selbsthilfegruppen in Corona-Zeiten? Diagnose und Therapie 8 Salvage-Prostatektomie – Welche Patienten können profitieren? 11 Prostate Cancer Outcomes (PCO)-Studie: Ergebnisse vergleichen – Unterschiede verkleinern 22 Vitamin D und Selen bei Prostatakrebs – Pro und Kontra 25 Die onkologische Schwerpunktpraxis – Interview mit Dr. med. Peter Anhut 26 Kraftlosigkeit während der Strahlentherapie – keine Seltenheit 27 Warum habe ich Prostatakrebs? Das denken Patienten Verbandsnachrichten 28 „Fortschritte bei der Behandlung der Prostatakrebs-Patienten“ – Herbsttagung des RV Neue Bundesländer 29 SHG Waltershausen auf Thüringer Gesundheitsmesse 30 SHG Marburg gratuliert Kooperationspartner Klinik Sonnenblick 30 Kooperationsverhandlungen in Corona-Zeiten erfolgreich 31 Neues Ausprobieren in Corona-Zeiten – wie verändern sich Kommunikation und Austausch in der Selbsthilfegruppe 32 Kontakt halten auch in Corona-Zeiten 33 SHG Landsberg: Hans-J. Weth verabschiedet sich 33 Martin Kiok ist verstorben 34 Arbeitskreise berichten: AK „Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen“: Europäische Phase-III-Studie zu Olaparib Für Sie notiert 35 Rezension: „Tipps & Training nach der Prostata-OP“/„Tipps & Training vor der Prostata-OP“ 36 Zusätzliches internetbasiertes Angebot 36 Buchvorstellungen: Rocco Thiede und Deutsche Krebshilfe: „Wir sind für dich da! Krebs und Familie – 11 Reportagen“/Helga Lammel-Müller: „Ihre Rechte bei Diagnose Krebs“ u Jubiläums-Sonderseiten: Männer der ersten Stunde(n) Impressum: ® Herausgeber: Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V., Thomas-Mann-Straße 40, 53111 Bonn Telefon: 0228 33889-500, E-Mail: info@prostatakrebs-bps.de Verantwortlich i.S.d.P.: Werner Seelig, Redaktion: Ute Gräfen; Ernst-Günther Carl, Udo Ehrmann, Manfred Ohler, Werner Seelig; E-Mail: magazin@prostatakrebs-bps.de Druck: C.V. Engelhard, Weidendamm 10, 30167 Hannover Redaktionsschluss: Ausgabe 1/2020: 1. März 2020; Ausgabe 2/2020: 1. Juli 2020; Ausgabe 3/2020: 1. Oktober 2020 Der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. wird unterstützt durch die Stiftung Deutsche Krebshilfe. Er finanziert seine Arbeit darüber hinaus durch Spenden. Titelfoto: fotomek – stock.adobe.com Hinweis: Erfahrungsberichte/Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung des Verfassers wieder. Die Redaktion behält sich vor, sinnwahrende Kürzungen vorzunehmen. Nutzen Sie auch das Informationsangebot im Internet: www.prostatakrebs-bps.de · forum.prostatakrebs-bps.de 2 ǀ BPS-Magazin 2/2020
Editorial Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser, diese Zeilen wurden zu einer Zeit geschrieben, da Magazin einen die Politik gerade die Einschränkungen im Zusam- Aufruf. Die Vor- menhang mit der Corona-Pandemie aufzuheben sitzenden der begann. Es war die Zeit, als der Versuch gestartet Regional- und wurde, so etwas wie Normalität wiederherzustel- Landesverbän- len. Doch wird es je wieder „normal“ sein, werden den wandten wir nicht immer irgendetwas aus der „Corona-Zeit“ sich im Magazin behalten, sollten wir nicht sogar manche Erfahrung 3/2018 in einem bewahren? Offenen Brief Die Redaktion hat einige Erfahrungsberichte aus mit der Frage an den Selbsthilfegruppen zusammengetragen. Darin Sie „Ist der BPS wird berichtet, wie ein neues Zusammengehörig- fit für die Zukunft?“. Lesen Sie, welchen Aufruf der keitsgefühl entstanden ist. Viele Gruppen haben Vorstand an Sie richtet und überlegen Sie bitte, wie nach neuen Wegen gesucht und diese in Video- Sie sich einbringen können. und Telefonschaltungen, in Rundbriefen, in Chat- Gruppen und in den sozialen Medien gefunden Noch ein Wort zur Jahrestagung: Sie, wir alle hof- oder neu entdeckt. Wir waren allein, aber wir wa- fen, dass es möglich sein wird, diese so, wie wir es ren es gemeinsam. Genau das macht unsere Stär- gewohnt sind, durchführen zu dürfen. Dazu stehen ke aus: wir lassen niemanden zurück, wir stehen wir mit dem Maritim-Hotel Magdeburg in Kontakt. füreinander ein, sind füreinander da. Wir sind „EIN Sollte es jedoch Einschränkungen geben, die eine BPS“! Präsenzveranstaltung ausschließen, werden wir die Es kann also doch nur richtig sein, diese neuen, notwendigen Beschlüsse und Abstimmungen in ei- guten Erfahrungen zu bewahren, ganz nach dem nem Verfahren durchführen, das sich an das vielen Motto, das sich der Vorstand für seine Amtszeit ge- bekannte Briefwahlverfahren bei Wahlen anlehnt. wählt hat und das er gerne auf den Verband über- Näheres dazu teilen wir Ihnen rechtzeitig mit. tragen wissen möchte: „Gutes bewahren – Neues versuchen“. Ihr Diesem Motto getreu bittet Sie der Vorstand heu- Werner Seelig te um Mitwirkung. Sie finden auf Seite 3 in diesem – Vorsitzender – Auf ein Wort! Der BPS finanziert seine Arbeit und damit auch dieses Magazin aus Mitteln, die ihm sein Förderer, die Stiftung Deutsche Krebshilfe, und die Gesetzlichen Krankenversicherungen zur Verfügung stellen. Da- rüber hinaus erreichen uns zahlreiche Einzelspenden. Wir versichern, dass der BPS die ihm zur Verfü- gung gestellten Finanzmittel mit größter Sorgfalt und verantwortungsbewusst ausschließlich für Zwecke der Verbandsarbeit gemäß seiner Satzung einsetzt. Bitte unterstützen Sie uns durch Ihre Spende auch weiterhin. Vielen Dank! Spendenkonto bei der Sparkasse Hannover: IBAN: DE62 2505 0180 0007 0206 21, BIC: SPKHDE2HXXX BPS-Magazin 2/2020 ǀ1
® Aktuell Selbsthilfe im Wandel – Der BPS mittendrin Gedanken von Werner Seelig, Vorsitzender des BPS Allein das bloße Wort „Wandel“ wird bei jedem zeln in eben diesen Selbsthilfegruppen. Beide be- Menschen unterschiedliche Emotionen auslösen, dingen sich wie zwei Seiten einer Medaille. Jede steht es doch für Veränderung und taucht sogar im dieser Säulen hat ihre ganz spezifischen Aufgaben Zusammenhang mit dem Leben in unserer Sprache und Anforderungen. Jede dieser Säulen benötigt auf. Da sollen wir, die wir im Herbst unseres Le- aber auch die Unterstützung sachkundiger Perso- bens angekommen sind, uns noch Gedanken ma- nen. chen über Veränderungen. Ja, was sollen wir denn In den Selbsthilfegruppen fehlt oft der Nachfol- ändern? Unsere lieb gewordenen Gewohnheiten, ger, mangelt es vielleicht am nötigen oder richtigen unseren Alltag, unsere Rituale etwa? So gesehen Angebot für Schulung und Weiterbildung. Bürokra- kann das Wort „Wandel“ Ängste auslösen. Aber tie, egal, ob hausgemacht oder von außen aufge- es kann auch mehr. Es kann Ideen, Kreativität, Mut zwungen, bindet Zeit und Kapazität und verleidet zuzupacken freisetzen. Und noch eines kann es, manchmal auch die Lust. Sich in der Selbsthilfe zu nämlich uns motivieren, den Beweis zu erbringen, engagieren, sollte aber mindestens eines bewirken noch lange nicht zum „alten Eisen“ zu gehören. – Freude. Freude, anderen helfen zu können. Freu- Wir suchen Verstärkung! Die Form der Selbsthilfe, wie wir sie einmal ge- de etwas von dem, was man selbst empfangen hat, sucht haben, wird es vielleicht bald nicht mehr ge- wieder zurückgeben zu können. ben. Doch wird das bedeuten, dass es dann den Die Patientenvertreter des BPS im Gemeinsamen BPS nicht mehr gibt? Um diese Frage mit einem Bundesausschuss, in den Leitlinien- und Zertifizie- „Nein“ beantworten zu können, bedarf es einer rungskommissionen, in der Hotline und in vielen Rückschau zu den Anfängen unseres Verbands anderen Gremien auf nationaler oder Länder vor nunmehr 20 Jahren. Seine Gründungsväter ebene sind einen Schritt weitergegangen. Sie ha- wollten eine Patientenorganisation schaffen, die ben sich umfangreiches medizinisches Fachwissen auf Augenhöhe mit den Entscheidern im Gesund- angeeignet. Heute können sie so dem Anspruch heitswesen stark und mutig die Interessen erkrank- gerecht werden, den von Prostatakrebs Betroffe- ter Männer vertritt. Die folgenden Generationen nen eine starke Lobby zu sein. bauten an dieser Straße weiter. Zwei starke Säulen Der BPS sucht ständig engagierte und zupacken- tragen heute den BPS – die Selbsthilfegruppen und de Mitstreiter. Auf der folgenden Seite rufen wir zur die Patientenvertreter. Mitarbeit als Patientenvertreter auf. Wenn Sie sich Die über 200 Selbsthilfegruppen, die in sieben angesprochen fühlen, melden Sie sich bitte. Kon- Regional- und Landesverbänden zusammenge- taktieren Sie uns auch sonst, wenn Sie an anderer schlossen sind, bilden das Rückgrat des Verbands. Stelle mitwirken wollen. Die Patientenvertreter wiederum haben ihre Wur- Wir freuen uns über jede Rückmeldung. 2 ǀ BPS-Magazin 2/2020
® Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. Informieren • Helfen • Einfluss nehmen Als Betroffener sich selbst und anderen helfen Sie haben Ihren Krebs „im Griff “, neue Erfahrungen gesammelt und dabei alte nicht vergessen, Mut ver- loren und wiedergefunden, Lust auf was Neues. Und Sie haben den Willen zum Engagement. Sie wollen wieder etwas tun und gestalten, andere Betroffene unterstützen, Ihre privaten und beruflichen Fähigkeiten einbringen, einfach helfen! Sie können Zeit und Kraft für eine gute Sache einbringen. Der BPS bietet Ihnen die Möglichkeit dazu u.a. als PATIENTENVERTRETER Patientenvertreter nehmen als Betroffene und mit der Erkrankung und den Behandlungsmethoden vertrau- te Person das Mitberatungsrecht in den zahlreichen Organen der Selbstverwaltung wahr. Dies ist möglich z. B. im Gemeinsamen Bundesausschuss, in europäischen Gremien, bei der Erstellung von Behandlungs- und Patientenleitlinien oder der Durchführung von Studien. Dabei unterstützen Sie praxiserprobte Weiter- bildungsprogramme und erfahrene Patientenvertreter, die Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie … wollen Ihr Wissen nicht für sich behalten, sondern auch anderen zugute kommen lassen … suchen einen Weg, den Entscheidern die Sicht der Betroffenen nahezubringen … sind vielleicht sogar naturwissenschaftlich ausgebildet … können sich Dienstreisen vorstellen … haben vielleicht gute Englischkenntnisse und gar internationale Verhandlungserfahrung Gerne stehen wir Ihnen für Fragen zu den beschriebenen Aufgaben unter vorstand@prostatakrebs-bps.de zur Verfügung. Natürlich können Sie auch einen Rückruf vereinbaren. Wenn Ihnen diese Aufgabe zu zeitintensiv erscheint, Sie uns aber trotzdem unterstützen wollen, können Sie dies bei der Bearbeitung zeitlich befristeter Aufgabenstellungen, z.B. bei der Entwicklung von Konzepten, tun. Dabei sammeln Sie erste Erfahrungen mit den Abläufen in einer Selbsthilfeorganisation. Sprechen Sie uns einfach an. Der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS) wurde im Jahr 2000 gegründet und hat seinen Sitz in Bonn. Ihm gehören 211 Selbsthilfegruppen an. Er ist europaweit die größte und weltweit die zweitgrößte Selbsthilfeorganisation für Prostatakrebspatienten. Der BPS vertritt Patienteninteressen im Gemeinsamen Bun- desausschuss, in der Leitlinienkommission, in der Zertifizierungskommission der Zentren und ist Mitglied in der europäischen Prostatakrebs Selbsthilfevereinigung „Europa UOMO“. Der BPS ist gemeinnützig und steht unter der Schirmherrschaft der Stiftung Deutsche Krebshilfe. BPS-Magazin 2/2020 ǀ3
® Der Vorstand informiert Bericht von der 87. (virtuellen) Vorstandssitzung des BPS Von Werner Seelig, Vorsitzender des BPS Die erste virtuell durchgeführte Vorstandssitzung Verband stark macht. am 27. April 2020 ersetzte die für eine Woche Der Vorstand hat in mehreren an die Selbsthil- zuvor geplante Sitzung in Fulda. Corona zwang fegruppen versandten Informationen sowie auf den Vorstand zwar nicht in die Knie, aber zu neuen seiner Internetseite wichtige Hinweise und Verhal- Überlegungen. Eine gestraffte Tagesordnung und tensregeln zum Coronavirus vermittelt. Oberstes eine gute Vorbereitung ermöglichten es uns, die Ziel bleibt dabei, die Gesundheit aller Mitglieder dringendsten Themen zu behandeln und notwen- des BPS und ihrer Angehörigen zu bewahren. dige Beschlüsse zu fassen. Dem Rechnung tragend, hat der Vorstand in Ver- Die wichtigste Erkenntnis für den Vorstand war, handlungen mit dem Maritim-Hotel Magdeburg dass Selbsthilfe auch in Zeiten, da wir alle „Ge- erreichen können, dass die für Juni geplante 25. meinsam allein“ zu Hause sind, funktioniert, nur Jahrestagung und die 20. Ordentliche Mitglieder- eben anders. So berichteten mehrere Regional- versammlung auf den 13. bis 15. Oktober 2020 und Landesverbände, wie sie untereinander neue verlegt wurden. Natürlich steht dahinter die Hoff- Wege der Kommunikation gesucht und gefunden nung auf eine Entspannung der Situation bis dahin. haben. SHG-Leitungen hielten den Kontakt zu den In einer Videobotschaft habe ich alle Mitglieder Mitgliedern aufrecht, ließen keinen allein, schrie- des BPS über diese Terminänderung informiert. ben Gruppenbriefe, organisierten Telefonrunden. Die geladenen Gäste wurden ebenfalls in Kenntnis All dies ist gelebte Selbsthilfe, etwas, was unseren gesetzt. Wir unter- stützen die Corona- Warn- App! 4 ǀ BPS-Magazin 2/2020
Giovanni Cancemi – stock.adobe.com Wie leben Selbsthilfegruppen in Corona-Zeiten? (Red. ws) Unter dieser Überschrift bat die Redak- Michael Trotz (SHG Riesa und Elbland) be- tion des BPS-Magazins die Selbsthilfegruppen um antwortet die Frage „Worauf freuen Sie sich am Berichte. Die Reaktion darauf war überwältigend. meisten, wenn wieder alles möglich ist?“ kurz mit Ich sage im Namen der Redaktion herzlichen zwei Worten „persönliche Gruppentreffen“. Hans- Dank für die vielen Rückmeldungen und vor allem Werner Biehn (SHG Marburg) meint zur selben aber für die zahllosen Ideen, wie auch in Zeiten der Frage: „Unsere Gruppenmitglieder freuen sich am Kontaktbeschränkungen Selbsthilfe gelebt werden meisten auf Gespräch und Bewegung.“ Rüdiger kann und gelebt wird. Beins (SHG Celle) verbindet beides unter Einhal- Eines geht aus allen Nachrichten hervor: Der tung von Sicherheitsabstand und Maske: „Damit Wunsch nach persönlichem Umgang und Wie- wir alle uns nicht aus den Augen verlieren, plane » dersehen ist groß. Ungeachtet dessen wird die Notwendigkeit des Schutzes der eigenen und der Gesundheit anderer größte Aufmerksamkeit ge- Was haben Sie und Ihre Mitglieder am meisten widmet. Das Wissen um unsere eigene Krankheit vermisst? Worauf freuen Sie sich, wenn wieder hat uns sensibilisiert und einsichtig werden lassen. alles möglich ist? Kurz zusammengefasst: Selbsthilfe findet statt, nur eben anders. Nachstehend versuche ich, ei- nige Wortmeldungen wiederzugeben. Dabei bitte ich anstelle eines regulären Treffens im Juli einen ich um Verständnis, wenn nicht jeder zitiert werden gemeinsamen Dienstag-Abendspaziergang durch » konnte. die Celler Altstadt“ (Lesen Sie den gesamten Bei- trag ab Seite 31). Peter Beindorf (SHG Weyhe und Umgebung) bedauert das Fehlen der persönlichen Wie haben Sie Kontakt gehalten? Telefonisch Nähe. Auch Lothar Strauch (SHG Borken und Um- oder übers Internet? Haben Sie Einzelgesprä- gebung) schreibt uns, dass die Mitglieder seiner che geführt oder sich gar in der Gruppe virtuell SHG vor allem die monatlichen Zusammenkünfte getroffen? Gab es überhaupt Interesse an der und das Gespräch unter Kollegen vermissen. Joa- virtuellen Kontaktpflege? chim Böckmann (SHG Ammerland) ergänzt: „(…) und ganz besonders: Gemeinsame fröhliche und Klaus Kronewitz (SHG Berlin-Nord) formuliert mutmachende Unternehmungen in der SHG sind so: „Selbstverständlich ist der persönliche Kontakt wichtig“. durch nichts zu ersetzen und sicher freuen wir uns Diese und ähnliche Äußerungen finden sich in al- darauf alle am meisten. (…) In diesem Sinne wün- len Antworten. Es ist doch ein Zeichen der Verbun- sche ich allen, dass wir uns möglichst schnell und denheit der Mitglieder in den Selbsthilfegruppen, gesund wiedersehen!“. dass sie den persönlichen Kontakt sehr vermissen. BPS-Magazin 2/2020 ǀ5
® Dass dieser durch Telefon, Video oder WhatsApp Medien „an den Mann“ zu bringen. Ludwig Zehn- nur bedingt ersetzt werden kann, geht schon allein le (SHG Ortenaukreis) hat für sich einen anderen aus der Tatsache hervor, dass nicht jeder über all Weg gefunden: „Gruppenmitgliedern, welche im diese Kommunikationsmittel verfügt. Also ist Krea- Umkreis von 15 km wohnen, wurden die Zeitschrif- tivität gefragt. ten (BPS-Magazin, Befund Krebs) mit dem Fahrrad » zugestellt.“ Nicht nur, dass er dabei die Portokasse der Gruppe schont, er tut auch gleich noch etwas für sich (und seine Gattin). Dann fügt er noch an: Wie aufgeschlossen sind Ihre Mitglieder ge- „Nach Rückkehr der Radtour die ersten Anrufe: genüber neuen Techniken? Ist die erforderliche Ludwig, du warst heute bei mir, warum hast du technische Ausrüstung überhaupt vorhanden? nicht geklingelt? Immer die gleiche Antwort: Wir dürfen nicht, wenn alles vorbei ist, dann holen wir » So versendet Josef Wolpert (SHG Herrenberg) alles nach.“ anstelle der Einladungen zu den monatlichen Gruppentreffen jetzt Schreiben „mit (…) die Grup- pe betreffenden Informationen und auch einigen Was liegt den Mitgliedern in diesen schweren aufbauenden, mutmachenden Worten.“ Kurt Im- Zeiten besonders am Herzen? hof (SHG Deggendorf), der auch „PC-Kurse für Oldies“ anbietet, kann nun über diesen Weg fast Axel Schneider (SHG Rhein-Main Offenbach) alle Mitglieder seiner SHG per Mail erreichen. berichtet von der Einrichtung eines „virtuellen Kon- Vielleicht fehlt manch einem von uns einfach nur ferenzraums“: „Wir haben so unser letztes Treffen jemand, der die Hand ausstreckt. virtuell – zwar nur mit acht Teilnehmern, aber im- Wo das Internet fehlt, hilft immer noch das gute merhin – durchführen können und dabei das Sys- alte (Festnetz-)Telefon. Mit ihm lässt sich leicht tem auch ausprobieren und optimieren können.“ Kontakt halten oder auch auf- Dieses Medium bietet eine große Chance für (fast) bauen. Dies hat z. B. Georg persönliche Kontakte. Für große Grup- Meyermann (SHG Braun- pen ist es nur bedingt schweig) erfahren, der „die geeignet. Dies Erkenntnis, dass wir die hat Christian Kontakt-Adressen syste- Geltl (LV Bayern) om matischer pflegen müs- gleich einkalku- dobe.c sen (…)“ aus dieser Zeit liert und drei ein- mitnimmt. Allen SHG- zelne Gesprächs- stock.a Leitenden sei dieser Ge- runden mit den sichtspunkt besonders bayerischen SHG- wier – ans Herz gelegt, natür- Leitern organisiert. a n S ch lich unter Beachtung H e i n z-Wo l f g a n g Christi der gültigen Daten- Jürgensen (RV Nie- schutzbestimmungen. dersachsen/Bremen) Manfred von Mack- weist auf die vom Regi- rodt (SHG Schönebeck) hat onalverband eingerich- seinen Gruppenmitgliedern aktiv „Hilfe ange- tete Online-Plattform boten, Rufnummern für eventuelle Hilfe und Unter- für Pro- statakrebs-Betrof fene stützung angegeben.“ hin, die als bundeswei- tes Gesprächsangebot Aber auch der Postweg wurde vielfach genutzt, allen Interessierten zur Verfügung steht. Einzelhei- um beispielsweise das BPS-Magazin und andere ten dazu finden Sie im Kasten auf Seite 36. 6 ǀ BPS-Magazin 2/2020
Die Redaktion hat auch gefragt, ob es in den formation für urologische Patienten ausgearbeitet zurückliegenden Monaten „Erstkontakte“ gab. Ich (…), die als wertvoller Patientenwegweiser gedient selbst kann für meine SHG Hochfranken-Fichtelge- hat.“ Dieser Wegweiser wird auch in Zeiten nach birge berichten, dass ich seit dem letzten Gruppen- Corona seinen Bestand haben. treffen im Februar vier Anrufe erhielt, in denen sich Schwieriger war schon die Frage der Redaktion die Männer nach unserem nächsten Treffen erkun- „Gibt es etwas, das Sie aus der Krise positiv mit- digten. Soweit vorhanden, haben wir uns vorerst nehmen?“ zu beantworten. Was soll schon Positi- auf Mail- und telefonischen Kontakt verständigt. ves an einer Krise sein? Es heißt aber „Jede Krise » bietet eine Chance“. Wolfgang Slania (SHG Mari- endorf/Berlin) drückt es so aus: „Jetzt noch inten- Gab es Erstkontakt und/oder Gespräche mit siver über Vieles nachdenken.“ Zu einer ähnlichen Neu-Betroffenen? Erkenntnis ist Dieter W. Schmidt (SHG Raum Böb- lingen) gekommen. Er schreibt an die Redaktion, Klaus Kronewitz (SHG Berlin-Nord) berichtet: „dass der eine oder andere darüber nachdenkt, „Inzwischen konnten wir drei neue Mitglieder ge- ob unser Lebensstil und unsere Anspruchshaltung winnen.“ Joachim Böckmann (SHG Ammerland) schreibt uns: „(…) wir hatten viele Erstkontakte mit Betroffenen, vier sind inzwischen Vereinsmitglieder geworden.“ Günter Kupke (SHG Rhein-Neckar) berichtet von drei Betroffenen, die sich an ihn ge- wandt hatten. Auch Kurt Imhof (SHG Deggendorf) samael334 – stock.adobe.com hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Nun aber meldeten sich während Corona drei neue Mitglie- der an. Es dürfte wohl die Vereinsamung und die Wertschätzung gegenüber dem Miteinander sein, welche die Neuankömmlinge zu uns geführt ha- ben.“ Ich bin sicher, da ist viel Wahres dran. Gerade in Zeiten wie diesen könnte die Selbsthilfe eine ande- re, eine größere Wahrnehmung erfahren. Wir tun zukunftsfähig sind!“ Doch, lieber Dieter, sollten also gut daran, diesen „Schwung“ in die Nach- nicht alle nachdenken und ihre ganz persönliche Corona-Zeit mitzunehmen und unsere Öffentlich- Lehren ziehen? keitsarbeit neu auszurichten. Ein Baustein wird die Ich habe versucht, möglichst viele zu Wort kom- Neugestaltung des Internetauftritts des BPS sein, men zu lassen, indem ich aus ihren Rückmeldungen die sich in der Endphase befindet. zitiere. Auch wenn nicht jeder hier seinen Namen » lesen kann, ich habe alle Mails gelesen und mich sehr über die Vielfalt der Antworten gefreut. Und über noch etwas habe ich mich gefreut, nämlich, Gibt es etwas, das Sie aus der Krise positiv mit- dass die BPoSt ein Medium ist, das gelesen wird. nehmen? Im Vorstand werden wir uns mit weiteren Details Einen wichtigen Aspekt hat Alfons Swaczyna befassen und sie auch in die Arbeit einbeziehen. (SHG Regensburg) aufgegriffen, der sich mit Prof. Kann solch ein Text ohne ein Fazit abgeschlossen Burger Gedanken darüber gemacht hat, wie in werden? Ganz klar, nein. der Zeit der Kontaktbeschränkungen vermieden Fazit: Soll noch mal einer sagen „Selbsthilfe fin- werden kann, dass Patienten Untersuchungen und det in Zeiten von Corona nicht statt“, dem wider- Therapien vernachlässigen. Beide haben eine „In- sprechen wir aber entschieden. BPS-Magazin 2/2020 ǀ7
® Diagnose und Therapie Salvage-Prostatektomie – Welche Patienten können profitieren? Von Hans Heinzer, Uwe Michl, Tobias Maurer, Alexander Haese, Georg Salomon, Lars Budäus, Hendrik Isbarn, Hartwig Huland, Imke Thederan, Thomas Steuber, Markus Graefen und Derya Tilki, Martini-Klinik am UKE, Hamburg Das Prostatakarzinom ist weiterhin die häufigste gefähr einem Drittel der Patienten liegt aber nur Krebsart des Mannes. Neben der radikalen ope- ein Rezidiv in der Prostata vor. Bei diesen Patienten rativen Entfernung gehören die verschiedenen For- ist die Salvage-Prostatektomie eine zweite, poten- men der Bestrahlung zu den kurativen Standardbe- tielle heilende Therapiechance. Die Wirksamkeit handlungen des Prostatakarzinoms. Abhängig vom der Salvage-Prostatektomie ist in Studien noch klinischen Stadium bei der Bestrahlung kommt es nicht ausreichend bewiesen. Die vorhandenen trotz stetig verbesserter Bestrahlungstechniken bei Daten zeigen aber, dass ungefähr die Hälfte der 15 bis 60 % der Patienten zu einem asymptoma- Patienten fünf Jahre nach Salvage-Prostatektomie tischen Wiederanstieg des PSA-Wertes (biochemi- kein nachweisbares PSA mehr haben. Weniger als sches Rezidiv). Nach den Kriterien der American 10 % der Patienten sind an ihrem Prostatakarzinom Society for Therapeutic Radiology and Oncology verstorben. Trotz dieser möglichen Therapieoption (ASTRO) liegt ein biochemisches Rezidiv vor, wenn zeigen Untersuchungen, dass die Mehrzahl der Pa- das PSA kontinuierlich ansteigt und in mehreren tienten mit einer antihormonellen Therapie behan- Messungen 2 ng/ml über dem tiefsten PSA-Wert delt wird. Ursächlich ist dabei auch der Umstand, nach durchgeführter Strahlentherapie (Nadir) liegt. dass bisher kein standardisierter Behandlungsal- Ursache des biochemischen Rezidivs ist am häu- gorithmus existiert. Oft waren sowohl für die be- figsten eine beginnende Metastasierung. Bei un- handelnden Urologen als auch für die Patienten Hans Heinzer Uwe Michl Tobias Maurer Alexander Haese Georg Salomon Lars Budäus Hendrik Isbarn Hartwig Huland Imke Thederan Thomas Steuber Markus Graefen Derya Tilki © alle Fotos: Martini-Klinik am UKE, Hamburg 8 ǀ BPS-Magazin 2/2020
die früheren operationsassoziierten Komplikatio- Die europäischen Leitlinien sind dagegen durch- nen eher abschreckend. Durch verbesserte Ope- aus umfangreicher. Auch hier gibt es eine klare rationstechniken und bessere Patientenauswahl Empfehlung, dass eine Salvage-Prostatektomie konnten diese inzwischen deutlich reduziert wer- nach histologischer Sicherung eines Lokalrezidives den. Gegenüber einer primären radikalen Prosta- nur in erfahrenen Zentren durchgeführt werden tektomie ist die Salvage-Prostatektomie mit einer sollte. Allerdings geben die europäischen Leitlinien höheren Rate an späteren Anastomosenstrikturen, Kriterien an die Hand, welche Patienten von einer Blasenobstruktionen, Urinfisteln, Abzessen und Salvage-Prostatektomie wahrscheinlich profitieren Rektumverletzungen vergesellschaftet. Diese Kom- werden und können so bei einer sinnvollen Patien- plikationen sind aber mit der Zeit deutlich weniger tenselektion helfen. Die Kriterien beruhen auf einer geworden. Hinsichtlich der funktionellen Ergebnis- Auswertung der bisher veröffentlichten Daten, die se muss im Vergleich zu einer primären Operation aber, wie bereits gesagt, nicht auf hoch-qualitati- mit einer erhöhten Rate an Inkontinenz gerechnet ven Studien beruhen. Demnach profitieren insbe- werden. Eine erektile Dysfunktion tritt allerdings sondere Patienten mit einem organbeschränkten bei nahezu allen Patienten auf. Tumor (≤T2b), einem Gleason-Grad ≤7 und ei- Inzwischen hat die Salvage-Prostatektomie auch nem präoperativen PSA-Wert von
® Gruppe der Patienten, die die Kriterien nicht erfüll- option wahrscheinlich Patienten, die dafür prinzipi- ten, nur bei 11,6 % der Fall. ell in Frage kommen, zu selten angeboten wird. Die Kontinenzrate lag bei allen Patienten bei Die europäischen und deutschen Leitlinien emp- 74 % und war somit auch bei unseren Patienten fehlen, das Lokalrezidiv durch eine Prostatabiop- akzeptabel, aber schlechter als nach einer primä- sie zu sichern und Metastasen auszuschließen. ren radikalen Prostatektomie. Bei keinem Patienten Dabei spielt das PSMA-PET/CT trotz noch unge- war ein Erhalt der erektilen Funktion möglich. Ins- klärter Kostenübernahme durch die Krankenkasse gesamt hatten 12,7 % der Patienten Komplikatio- eine zunehmend wichtige Rolle. Vorläufige Daten nen, die einer weiteren Therapie bedurften. aus Studien zeigen, dass Patienten mit einem or- Auch unsere Untersuchung hat Limitationen be- ganbeschränkten Tumor (≤T2b), einem Gleason- züglich des Studiendesigns und kann deshalb nur Grad ≤7 und einem präoperativen PSA-Wert von Hinweise geben. Demnach konnten auch wir zei-
Prostate Cancer Outcomes (PCO)-Studie Ergebnisse vergleichen – Unterschiede verkleinern Von Dr. Christoph Kowalski, Deutsche Krebsgesellschaft, Ernst-Günther Carl und Günter Feick, Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. Dieser Beitrag informiert über Ziel, Entwicklung tegraler Bestandteil und erste Ergebnisse der PCO-Studie. Studienziel die nationale PCO- ist das Messen, Berichten und Vergleichen der Be- Studie ist, engagierte handlungsergebnisse des lokal begrenzten Prosta- sich Movember. Sie Dr. Christoph Kowalski, takrebses. Auf dem Weg zum Studienziel war die sollten zunächst Be- © L. Vecoli erste Aufgabe die Definition von Indikatoren zur handlungsergebnisse • Messung der klinischen Behandlungsqualität des lokal begrenzten • Messung der patientenberichteten Prostatakrebses mit Gesundheit, Lebensqualität Hilfe des ICHOM- • Festlegung der Messzeitpunkte. Standard-Sets mes- Mit der Absicht, dass diese Messgrößen interna- sen und berichten. In tional akzeptiert und in jedem Land nutzbar sein der Folge sollen die müssen, machten sich 29 Beteiligte aus neun Län- gemessenen Ergeb- dern an die Arbeit. Unterstützt wurde die Gruppe nisse teilnehmender vom International Consortium for Health Outco- Kliniken verglichen mes Measurement (Boston), finanziert durch die werden, um die Qua- gemeinnützige Stiftung Movember (Melbourne) litätsunterschiede zu Ernst-Günther Carl und koordiniert von Prof. Dr. Hartwig Huland erkennen. Die Thera- (Hamburg). piemethoden mit den Sie definierten klinische Qualitätsindikatoren wie besten Ergebnissen Alter, Vorerkrankungen, PSA-Wert, TNM-Klassifi- sollen allen Medizi- kation, Gleason-Wert, Schnittrandstatus, etc. Als nern bekannt gege- von Patienten zu berichtende Informationen wur- ben und von diesen den u. a. festgelegt – Kontinenz, Sexualität, Hor- angewendet werden monelle Symptomatik, etc. Sie werden mit Hilfe des können. Dieses Kon- Patientenfragebogens Extended Prostate Cancer zept überzeugte den Index Composite-26 (EPIC-26) erfasst. Als Mess- BPS, die Deutsche zeitpunkte wurden festgelegt: 1. nach Diagnose, K r e b s g e s e ll s ch a f t vor Behandlung, 2. zwölf Monate nach Behand- (DKG), OnkoZert lung. Alle Festlegungen wurden innerhalb eines und die DKG-zer- Günter Feick Jahres erarbeitet und als sogenannter ICHOM- tifizierten Prostata- Standard-Set für den lokal begrenzten Prostata- krebszentren, was in folgenden Kommentaren zum krebs veröffentlicht (www.ichom.org/portfolio/ Ausdruck kommt: Dr. Johannes Bruns, DKG: „Kli- localized-prostate-cancer/). nische Daten mit Informationen zu verbinden, wie Auch für die Konzipierung und Finanzierung es dem Patienten eigentlich geht, ist das, was die der internationalen Prostate Cancer Outcomes Wissenschaft benötigt. Genau das tun wir mit der – Compare & Reduce Variation Study, deren in- PCO-Studie.“, Dr. Martin Burmester, Hannover: BPS-Magazin 2/2020 ǀ 11
® „Wir halten eine Teilnahme an der Studie für sehr handlung ihre Lebensqualität, ihren Gesundheits- wichtig, weil weltweit ganz viele Männer an ihrem zustand wiederum im EPIC-26 erneut mitgeteilt. Prostatakrebs therapiert werden, ob es durch Ope- Diese prä- und posttherapeutischen patientenbe- ration oder Strahlentherapie ist – wir aber im Grun- richteten Informationen, zusammen mit vor und de gar nicht wissen, wie gut eigentlich die Ergeb- nach Therapie erfassten klinischen Indikatoren, nisse im Vergleich sind.“ oder Ernst-Günther Carl, einschließlich Risikoadjustierungen, ermöglichen BPS: „Es ist die erste Studie, die in dieser Tiefe so einen fairen Vergleich der von den Zentren erziel- deutlich patientenbezogene Daten erhebt, wie wir ten Behandlungsergebnisse – national und inter- sie bisher nie hatten.“. national. Mit diesem Verständnis kooperieren seit 2016 die Die Erhebung, Prüfung und Verarbeitung der DKG, die DKG-zertifizierten Prostatakrebszentren, Daten für den nationalen und die Berichte für den OnkoZert, Movember und der BPS bei der Durch- internationalen Vergleich werden von OnkoZert führung der nationalen PCO-Studie. Damit haben und der DKG verantwortet. sie zugleich die Beteiligung an der internationalen Die Monash Universität in Melbourne organisiert Studie gewährleistet, die mittlerweile den Namen den internationalen Vergleich und hat vor kurzem True NTH Global Registry – Prostate Cancer Out- den ersten Bericht für die Periode Januar 2016 bis comes trägt. Die hervorragende, in diesem Umfang Dezember 2018 kommuniziert. Diese Daten sind nicht zu erwartende Beteiligung von 98 DKG-zerti- noch nicht risikoadjustiert. Unterschiede im Stadi- fizierten Prostatakrebszentren ist Ausdruck der wis- um der Krebserkrankung, Vorerkrankungen, Alter senschaftlichen Bedeutung, welche sie der PCO- der Patienten, etc. wurden noch nicht berücksich- Studie beimessen. Sie sind inspiriert vom Willen, tigt. Aus diesem Bericht wurden folgende Messbe- Behandlungsergebnisse zu messen, zu berichten, reiche ausgewählt: zu vergleichen und damit mögliche Optimierungen für ihre Patienten realisieren zu können. Zentrenbeteiligung an der Studie Bereits 22.819 Patienten haben die DKG-zerti- An der PCO-Studie nehmen (Juli 2016 bis Juni fizierten Prostatakrebszentren in Deutschland bis 2020) aktuell 98 DKG-zertifizierte Prostatakrebs- Study „Prostate Cancer Outcomes - Compare & Reduce Variation“ Juni 2020 in die PCO-Studie aufgenommen. Das Newsletter June 30 , 2020 th zentren teil (s. Abb. 1). beinhaltet die Dokumentati- on der klinischen Messwer- Number of study centres on a monthly basis te positiver ➢ Erstdiagnosen Four years of PCO Study 160 und zum selben Zeitpunkt 150 147 (+1) ➢ No. of study centres June 140 die Antworten der Patien- ➢ No. of study patients June 133 (+1) D 130 e 2➢ New study centres 120 v n ten zu ihrer e l d➢ Lebensqualität New certificates 110 100 98 (+5) o q➢ 18,427 Patients transferred to im Fragebogen EPIC-26. M u a Monash 90 p m a y r➢ Letter to radiotherapists 80 Zwölf Monate e n t e ➢ nach Therapie Interface for proprietary survey 70 n (changes against t r systems 60 previous quarter) müssen dem➢ sogenannten s DCR and QI Report Monash 50 prätherapeutischen➢ Daten- DKG Report of Results 40 30 35 (-4) satz die Angaben zu den 20 10 Behandlungsergebnissen 0 folgen. Sie F o r werden mit den- 2 DKG Certified Centres * Centres registered ** Study Centres Centres in preparation ** selben Methoden e s 0 2 0 und Mit- * DKG certified centres including PCO centres in preparation without DKG certificate yet i teln erhoben g h wie die Infor- ** Centres “in preparation” do not meet the admission requirements yet. In total we have 1 new centre in preparation. No centre changed from “in preparation” to “study centre” (1-0=1). “Centres registered” represents the sum of study centres and centres in mationent vor der Therapie. preparation. 10.648 der bisher 22.819 Abb. 1. Teilnahme DKG-zertifizierter Prostatakrebszentren an PCO-Studie von Juli 2016 Studienpatienten haben bis Juni 2020 aktuell 98 Zentren, international: 600 Zentren in 13 Ländern, © DKG/ zwölf Monate nach ihrer Be- OnkoZert 12 ǀ BPS-Magazin 2/2020
YOUR CONTRIBUTION Abb. 2. Internationaler Vergleich The registry has received contributions from 32,510 patients at 139 participating sites (PSs) across 18 local data centres (LDCs). Recruitment numbers outlined in Figure a der Studienteilnehmerzahlen. represent contribution to TrueNTH Global Registry from 01 Jan 2016 to 31 Dec 2018. Deutschland: 30 % aller Studi- Figure a: Your LDC’s contribution to TrueNTH Global Registry enteilnehmer = höchste Teilneh- Percentage of contribution to TrueNTH Global Registry 30% merzahl eines Landes – Quelle: TrueNTH Global Registry Quality Indicator Report 20% 10% 0% Local data centres Your LDC Other LDCs LDC Site: DEU01 Diagnosis Period: 01 Jan 2016 - 31 Dec 2018 Patientenbeteiligung an der Studie Patienten mit lokal positiv nieder. Nahezu alle 9 Report Date: 05 May 2020 Mit 9.648 in die Studie eingebrachten Patienten begrenztem hohen/sehr hohen Tumorrisiko ge- 13.(Stand IN MEN31.DIAGNOSED Dez. 2018) waren WITHdie VERY HIGH RISK mäß DKG-zertifizierten HIGH/ National LOCALISED Comprehensive Cancer Network PROSTATE Zentren die aktivste Studiengruppe im internatio- (NCCN)-Klassifikation wurden binnen zwölf Mo- CANCER, ACTIVE TREATMENT WAS RECEIVED WITHIN 12 MONTHS OF nalen Vergleich. Das ist ein großer Erfolg und un- naten aktiv behandelt (s. Abb. 3). DIAGNOSIS terstreicht das Engagement der Zentren (s. Abb.2). Niedrigrisiko-Prostatakrebs und This indicator reports on men who were diagnosed with high/ very high risk disease† and received Dokumentationsqualität und Umsetzung der Aktive Überwachung radical treatment within 12 months of diagnostic biopsy. Figure 13 indicates where your LDC sits in Leitlinienempfehlungen relation to other LDCs in terms of the percent of men diagnosed with Imhigh/ internationalen very high risk Vergleich disease andwurden in Deutschland received In allenactive treatment within 12 months DKG-zertifizierten Zentrenof diagnosis, and trend over ist die Doku- time including Männer 95% confidence mit Niedrigrisiko-Prostatakrebs weniger oft intervals (CIs). mentationsqualität sehr gut: beispielsweise der Tu- mit einer Strategie der Aktiven Überwachung behan- morstatus Numerator (n)wird Men diagnosed with high/ very high riskdelt. vollständig erfasst. Das ist wichtig Zumcancer prostate Teil werden who had diese active Patienten durch nieder- für die Berechnung vieler Qualitätsindikatoren und treatment within 12 months of diagnosis gelassene Ärzte betreut und deren Zahlen finden sich damit für den fairen Zentrenvergleich. in den Berichten der Zentren nicht wieder. Aus ande- Die Umsetzung Denominator (N) derMenLeitlinienempfehlungen ist riskren diagnosed with high/ very high Erhebungen prostate cancer wissen wir, dass die Aktive Überwa- in DKG-zertifizierten Zentren ebenfalls vorbild- chung in Deutschland von Patienten generell nicht so Figure 13: Percentage (%) of men diagnosed with high/ very high risk prostate cancer who received lich und schlägt sich im internationalen Vergleich active treatment within 12 months of the diagnosis, and trend oft wie in anderen Ländern gewählt wird (s. Abb. 4). TREATMENT Dots 100% Your LDC very high risk and received active % of men diagnosed with high/ treatment within 12 months of Other LDCs 80% Lines Aspirational target % 60% Pooled median % cases met Abb. 3. Internationaler diagnosis the reported indicator Vergleich aktiver Behand- 40% Pooled average % cases met lungen für Patienten mit the reported indicator lokal hohem/sehr hohem Lower and upper Risiko binnen 12 Mona- 20% 95% confidence limit ten. Deutschland: 100 % Lower and upper der Patienten, Internati- Your LDC: 2597/2638 (98%) 99.8% confidence limit 0% onal: Median 80 % der 0 1000 2000 Patienten – Quelle: Tru- Number of cases eNTH Global Registry Quality Indicator Report 100% Your LDC BPS-Magazin 2/2020 ǀ 13 h/ very high n diagnosed 2 months of d received treatment 75% Population gnosis 50%
This indicator reports on men who had low risk disease and were on active surveillance. These men met the NCCN low risk criteria for active surveillance† . However, we recognised that there may have been other factors involved in the treatment decision such as family history and patient preference. Figure 8 indicates where your LDC sits in relation to other LDCs in terms of the percent of men with low risk disease who are on®active surveillance, and trend over time including 95% confidence intervals (CIs). Numerator (n) Men with low risk prostate cancer and were on active surveillance Denominator (N) Men with low risk prostate cancer Figure 8: Percentage (%) of men with low risk disease who were on active surveillance and trend Abb. 4. Internationaler Vergleich Dots 100% der Behandlungen von Niedrigrisiko % of men who had low risk and were Your LDC Other LDCs Patienten mit Aktiver Überwachung 80% Lines behandelt. Deutschland: 14 % mit on active surveillance TREATMENT Aspirational target % Aktiver Überwachung behandelt, In- 60% Pooled median % cases met ternational: Median 54 % mit Aktiver the reported indicator Überwachung behandelt – Quelle: Pooled average % cases met 40% the reported indicator TrueNTH Global Registry Quality In- Lower and upper dicator Report 20% 95% confidence limit Lower and upper Your LDC: 221/1614 (14%) 99.8% confidence limit 0% 0 400 800 1200 1600 Number of cases Inkontinenz 100% nach Radikaler Prostatektomie, MedizinerYour nochLDC ungewohnt ist, arbeitet die Studien- low risk and were on active surveillance % of men who had externer 75% Strahlentherapie, Brachytherapie leitung an einer verbesserten Ergebnisdarstellung Population Die Ergebnisse 50% an der Studie beteiligter DKG-zer- und Nutzung des Fragebogens. Mit Hilfe eines bei tifizierter der Deutschen ɪ Your LDC's Krebshilfe zur Finanzierung bean- 25% Zentren in Deutschland bewegen sich im 95% CI internationalen 0% Mittelfeld. Das ist ein gutes Ergeb- tragten Projektes Population 95% CI sollen Berechnungen relevanter nis. Durch Kommunikation mit Year ofZentren, diagnosis die noch Ergebnisunterschiede und ihre graphischen Aufbe- bessereJan-Jun Ergebnisse 2016 2016erzielen Jul-Dec konnten, Jan-Jun 2017 eröffnen Jul-Dec 2017 sich Jan-Jun 2018 reitungen Jul-Dec 2018 weiterentwickelt werden. Für Patienten, Optimierungsmöglichkeiten. LDC: n 0 9 0 15 0 34 0 41 0 66 die ihre Lebensqualität erfassen und im Gespräch 0 56 Die Monash Universität hat Behandlungsergeb- N %Total (n/N) 25 36% 102 15% 338 10% 324 13% 480 14% mit ihren Ärzten schildern und besprechen möchten, 345 16% nisse Population: B der anderen zwölf 0 0an der 0 0 Studie 0 0 beteiligten 0 0 0 0 ist der Fragebogen EPIC-26 ebenfalls geeignet. 0 0 Länder n N noch nicht risikoadjustiert. Informationen 116 169 141 313 595 1206 626 1173 595 1272 Die ausgezeichnete Patientenbeteiligung und das 565 1128 %Total (n/N) hervorragende Engagement der PCO-Studienzen- 69% 45% 49% 53% 47% 50% zum Alter der Patienten und zur Schwere der Er- krankungen wurden noch nicht berücksichtigt. tren sind Qualitäten und Verdienste in sich. Anteil Damit sind adäquate Vergleiche mit Studienzen- daran hat auch der glückliche und mehr noch der tren anderer Länder sind zum jetzigen Zeitpunkt- hart erarbeitete Fakt – das DKG-Zertifizierungssys- noch nicht disease ismöglich. Den DKG-zertifizierten 6 AND clinical stagetem. 10ng/mL AND Gleason score Zent- Personen from highest im PSA, DKG-Zertifizierungssystem und † NOTE: Low risk defined as men who had a PSA ≤ ≤ T1 - T2a (taken highest Gleason score and highest clinical stage prior to treatment recorded in registry). Men without a clinical T recorded in their medical ren hat die nationale Studienleitung jedoch bereits record are deemed at low risk if their PSA was 10 and they had Gleason score 6 . ≤ ≤ in der PCO-Studienleitung, PD Dr. Simone Wessel- zusätzliche Auswertungen verfügbar gemacht, in mann, Dr. Christoph Kowalski, sowie im Deutschen 19 denen die unterschiedliche Zusammensetzung ih- Datenkoordinierungszentrum OnkoZert GmbH, rer Patientenkollektive berücksichtigt wird. Sebastian Dieng, Alisa Oesterle tragen entschei- dend zur Bewältigung der Herausforderung der Wie geht es weiter? PCO-Studie bei. Die Ergebnisse der gemeinsamen Gemäß Studienkonzept beginnt nach der Ver- Anstrengungen der Studienzentren und der Studi- gleichsphase die Phase der Verringerung der enleitung werden von den internationalen Studien- Unterschiede in den Behandlungsergebnissen. partnern anerkennend und lobend kommentiert. Folglich bemüht sich die nationale Studienleitung Der BPS hatte das Privileg an der Definierung der nun, die teilnehmenden Studienzentren für die ri- Messgrößen für die Behandlungsqualität mitzuar- sikoadjustierten Behandlungsergebnisse und dar- beiten, und er vertritt die Patienteninteressen auch aus resultierende Ergebnisvergleiche zu sensibili- durch seine Beteiligung an der PCO-Studie. sieren. Mit diesen Informationen können Zentren Auf Fragen und Anregungen zur PCO-Studie gewünschte Ergebnisoptimierungen planen. freuen wir uns. Schreiben Sie einfach eine E-Mail Da die Verwendung der deutschsprachigen Fas- an kowalski@krebsgesellschaft.de oder info@pro- sung des Patientenfragebogens EPIC-26 für manche statakrebs-bps.de. 14 ǀ BPS-Magazin 2/2020
20 Jahre BPS – Männer der ersten Stunde(n) N achdem wir im vorigen Magazin der Gründung des BPS, seines Gründungsvorsitzenden und ei- niger Meilensteine in der 20-jährigen Geschichte des Verbands gedachten, wollen wir heute die Erinnerung an einige Männer der ersten Stunde(n) wachrufen. So unterschiedlich diese Männer sind, so verschieden sind die Erinnerungen an sie und das, was sie uns hinterließen. Nicht alle waren wie Oskar Blum und Uwe Peters Gründungsmitglieder des BPS. Aber alle haben sie Spuren im BPS hinterlassen. Ihren Weg in ihrem Sinne fortzusetzen, ist die beste Würdigung ihrer Taten, ist das Denkmal, das wir ihnen im Geiste errichten. Wie alles begann ... Über Wolfgang Jacob, Gründungsmitglied und Leiter der Selbsthilfegruppe Wiesbaden und Umgebung (Red. ws) Gemeinsam mit dem Bürgerkolleg der tausch und Beratungsangebote zu diesem Thema Wiesbaden-Stiftung stellte der Wiesbadener Kurier gab. (…) Aber das Interesse war groß, auch in den seinen Lesern engagierte Ehrenamtler vor. In der Reihen der Mitpatienten in der Reha-Einrichtung“. Ausgabe vom 23. Juni 2020 erschien ein Inter- view, das Barbara Yurtöven mit Wolfgang Jacob geführt hat. „,Ich bin immer noch ein Wiesbadener Bub in meinem Herzen’, sagte Wolfgang Jacob, engagier- ter Ehrenamtlicher der Prostata-Selbsthilfegruppe Wiesbaden und Umgebung, auch wenn er vor 18 Jahren mit seiner Frau nach Idstein gezogen ist“. So beginnt der Artikel, um dann auf Erkrankung und die daraus folgenden Konsequenzen einzuge- hen. „Vor 22 Jahren hatte ihn die Diagnose Prosta- takrebs aus heiterem Himmel getroffen. Das war damals noch für viele ein unbeschriebenes Blatt, kann er sich noch gut erinnern.“ Dann folgten Operation und Frühpensionierung mit 54 Jahren. Der damalige Verwaltungsbeamte im Strafvollzug dazu: „,Eine Zwangspensionierung, die nicht hät- te sein müssen’, so sieht es Jacob heute“, zitiert ihn die Zeitung, um dann weiter die Situation von vor 22 Jahren zu beschreiben. „Als Betroffener hatte er damals festgestellt, dass es wenig Aus- Wolfgang Jacob, © privat 2/2020 Sonderseiten 15 1
Deshalb gründete Wolfgang Jacob 1998 dann die auch dann noch hinhören, wenn Männer bereits Prostata-Selbsthilfegruppe Wiesbaden und Umge- „zugemacht“ hätten. bung. Die Zeitung weiß ferner zu berichten, dass Wolfgang Jacob erhielt für sein Engagement die Wolfgang Jacob „später auch Mitgründer des Lan- Wiesbadener Bürgermedaillen in Silber und Gold desverbands Hessen sowie des Bundesverbands (darüber berichteten wir im Heft 1/2020 bereits Prostatakrebs Selbsthilfe“ war. ausführlich). Wichtig ist ihm jedoch die „Unterstüt- Aus 22 Jahren in der Leitung seiner Selbsthilfe- zung der Betroffenen: „Deren Dankeschön bedeu- gruppe zieht er die Erkenntnis, „Um Ängste zu neh- tet mir mehr als jede Auszeichnung“. So beschreibt men, ist ein Gespräch unter vier Augen oder vier ein stets für andere im Einsatz Befindlicher auch Ohren durch nichts zu ersetzen“. Er rät aber auch nach über 20 Jahren seine Motivation. Deshalb Männern, „zur Besprechung eines Befunds immer erinnern wir heute an ihn als Mann der ersten ihre Frau mitzunehmen“. Schließlich würde diese Stunde. Oskar Blum – Versuch eines Porträts über einen, der den BPS mitgründete Von Christian Geltl, Vorsitzender des Landesverbands Bayern Nennt man Oskar einen Mann der ersten Stunde, sundheitsministerin erhielt er 2018 die Bayerische so macht ihn das stolz. Zu Recht. Doch der Reihe Staatsmedaille für Verdienste um Gesundheit und nach: Pflege. Oskar Blum erkrankte 1997 an Prostatakrebs. Wer Oskar näher kennt, der weiß von seinem Über seine Erfahrung und den Umgang mit der schier unerschöpflichen Quell an neuen Ideen. Krankheit berichtete er in einem Interview der So „schwatzte“ er dem Oberbürgermeister einen Landshuter Zeitung vom 12. Mai 2020. Oskars Schaukasten in Bahnhofsnähe ab, und seit der Zeit erster Gedanke war, wer kann mir helfen, mit finden dort die auf Busse wartenden Reisenden wem kann ich darüber reden. Mit Hilfe seines Arz- Informationen zur Prostatakrebs Selbsthilfegruppe tes fand er andere Betroffene und gründete eine Landshut. Selbsthilfegruppe in Landshut. Seine Motivation dafür beschrieb er in dem Interview damit, dass ihm klargeworden sei, es brauche einen vertrau- lichen Rahmen für Gespräche. Die Zeitung zitiert Oskar mit den Worten „Das ist auch für die Frauen der Betroffenen wichtig“. Als Mann der ersten Stunde erwies sich Oskar Blum auch am 15. September 2000, an dem Tag, als der BPS aus der Taufe gehoben wurde. Er trat mit seiner Selbsthilfegruppe dem BPS bei. Im vo- rigen Jahr dankte ihm „sein“ BPS für die langjäh- rige Tätigkeit als SHG-Leiter und zeichnete Oskar mit dem Großen Verbandsabzeichen des BPS in Oskar Blum und seine Frau Christa im Juni 2019 bei der Gold aus. Aus den Händen der bayerischen Ge- Verleihung des Großen Verbandsabzeichens in Gold 2 16 Sonderseiten 2/2020
Als sich die bayerischen Selbsthilfegruppen 2017 sprächspartner und Unterstützung. Er konnte seine in Landshut zur Gründung ihres Landesverbands Ziele verwirklichen und anderen Hilfe geben. Er trafen, hatte sich Oskar eine Plakataktion für die fühlt sich heute noch dem BPS so verbunden wie vielen Litfaßsäulen der Stadt finanzieren lassen. vor 20 Jahren. Überhaupt, wen Oskar um etwas bittet, der schätzt Nun hat Oskar in mir einen Nachfolger gefun- sich glücklich, ihm diesen Wunsch erfüllen zu dür- den, dem er seine SHG anvertraute. Von Ruhe- fen. Diese Fähigkeit setzte er auch stets dann ein, stand kann bei Oskar allerdings noch nicht die wenn es um das Projekt „Hygienebehälter in Her- Rede sein. Nach wie vor kümmert er sich zusam- rentoiletten“ ging. men mit seiner Gattin Christa um die Auslagen Im BPS fand Oskar Blum die Heimat, die er für der Informationsmaterialien im Klinikum und un- seine Selbsthilfegruppe gesucht hat. Er fand Ge- terstützt auch sonst nach Kräften. Uwe Peters und Wil de Jongh – Männer der ersten Stunde Von Ralf-Rainer Damm, Internetredakteur und Mitglied der BPS-Beratungshotline Am 1. Juni dieses Jahres wurde die Internetpräsenz Heute, zwanzig Jahre später, ist es fast nicht mehr KISP (ursprünglich „Kontakt- und Informations- möglich, sich die damalige Situation vorzustellen: stelle zum Prostatakrebs, heute KISP – Hilfe bei Wer von der Diagnose „Sie haben Prostatakrebs!“ Prostatakrebs) 20 Jahre alt. Ich möchte hier an den überrascht wurde, war auf sich allein gestellt oder Gründer dieser ersten deutschsprachigen Internet- auf Gedeih und Verderb auf seinen Arzt angewie- seite zu Prostatakrebs von Patienten für Patienten sen, dessen Qualität und dessen Kenntnisse über erinnern, Uwe Peters, der mit Fug und Recht als ein diese Erkrankung er nicht einschätzen konnte. Von Mann der allerersten Stunde bezeichnet werden Uwe Peters konnte man über seine Internetseite kann und der am 1. Juni 2000 die KISP gründete. Dieser Tag lag für mich noch in der einigerma- ßen sorgenlosen prädiagnostischen Zeit, als ich die Krankheit „Prostatakrebs“ nur vom Hörensagen kannte. Das änderte sich aber am 16. November desselben Jahres, als ich von meinem damaligen Urologen erfuhr, dass die Prostata-Biopsie „Ja, lei- der, leider“ positiv ausgefallen war. Nachdem ich die Schockstarre überwunden hatte, begann ich, im Internet zu recherchieren. Ich weiß nicht mehr, welche Suchwörter ich eingab – Google war da gerade drei Jahre alt – aber es dauerte nicht lange, bis ich auf die Seite „www.prostatakrebse. de“ eines gewissen Uwe Peters stieß, auf der er über seine eigene Prostatakrebs-Historie berichtete und erste laienverständliche Abhandlungen zum Prosta- takrebs veröffentlichte – bis zum Ende seines Lebens sollten es ziemlich genau 100 Artikel werden. Uwe Peters, © Stern 2/2020 Sonderseiten 17 3
erstmals lernen, dass die von den damaligen Ärz- es damals schon gab, und war dann im KISP- und ten fast routinemäßig verbreitete schlichte Formel später im BPS-Forum sehr aktiv. „Prostata raus – Krebs raus!“ durchaus nicht im- Uwe Peters gehörte zu den acht Begründern des mer zutrifft. Uwe drückte diese Erkenntnis um eini- BPS, schaffte es aber, sich mit allen BPS-Kollegen ges drastischer aus als ich jetzt, so wie er auch in zu überwerfen und dann bis kurz vor seinem Tod späteren Artikeln kein Blatt vor den Mund nahm den BPS zu befehden, der etwa im Mai oder Juni und gerne einmal die Ärzteschaft heftig anging, 2001 seine eigene Internetpräsenz und sein eige- was ihm unter dieser verständlicherweise wenig nes Diskussionsforum in Betrieb nahm. Damit gab Freundschaft einbrachte. es nun zwei deutschsprachige Patientenforen zum Im Dezember des Jahres 2000 richtete ihm Prostatakrebs, in denen dieselben Leute dieselben sein Webmaster auf der KISP-Präsenz eine nach Fragen stellten, die in beiden Foren von den den- heutigen Maßstäben sehr schlichte, aber funktio- selben anderen Leuten beantwortet wurden – eine nierende Forums-Software ein, und damit brach ziemlich blöde Situation. für Prostatakrebspatienten im deutschsprachigen Uwe Peters verstarb am 24. November 2003 im Raum ein neues Zeitalter an. Es lief allerdings Alter von gerade 62 Jahren an metastasiertem Pro- statakrebs. Wenige Tage vor seinem Tod hatte er sich noch mit dem da- maligen Vorsitzenden des BPS und dessen Gründer, dem inzwi- schen ebenfalls verstor- benen Wolfgang Petter, (links) Wil de Jongh; (rechts) Wil de Jongh-Medaille des BPS so gemächlich an, dass Uwe Peters schon daran und dessen damaligem Stellvertreter, dem ebenso dachte, das Forum wieder zu schließen – mangels verstorbenen Christian Ligensa, ausgesöhnt, was Interesse. Erst eine Handvoll Betroffener waren für alle drei eine Erleichterung war und eigentlich Forumsteilnehmer geworden, das Medium war für viel früher hätte geschehen sollen und können. die allermeisten noch zu neu und noch nicht viele Nach Uwe Peters´ Tod wurde beschlossen, die hatten einen PC und Internetzugang. beiden parallel bestehenden Foren zu vereinen, Einer der ersten Forumsnutzer war der unverges- und seit dem 1. Mai 2004 gibt es das „Gemeinsa- sene Wil de Jongh aus den Niederlanden, der uns me Forum zum Prostatakrebs von BPS und KISP“, allen mit seiner eigenen Diagnose und Behand- das mit Abstand meistfrequentierte Diskussions- lung um einige Jahre voraus war und der diese zentrum zum Prostatakrebs im deutschsprachigen Zeit genutzt hatte, sich ein unvergleichliches und Raum, hervorgegangen aus dem von Uwe Peters im deutschsprachigen Raum konkurrenzloses Wis- im Jahr 2000 ins Leben gerufenem Forum. sen über Prostatakrebs anzueignen. Er war bis Wil de Jongh verstarb wenig später am 31. dato in amerikanischen Foren tätig gewesen, die März 2004 im Alter von 73 Jahren an metasta- 4 18 Sonderseiten 2/2020
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