Briefing Notes Gruppe 62 - Informationszentrum Asyl und Migration
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Briefing Notes Gruppe 62 – Informationszentrum Asyl und Migration 07. September 2020 Ägypten Anführer der Muslimbruderschaft verhaftet Den ägyptischen Sicherheitsbehörden zufolge wurde der Anführer der Muslimbruderschaft, Mahmoud Ezzat, in der Woche vom 24.08. bis 28.08.20 während einer Hausdurchsuchung in Kairo verhaftet. Von den Justizbehörden war Ezzat für den Aufbau eines gewaltsamen Flügels innerhalb der Muslimbruderschaft sowie eine Reihe von Anschlägen in Ägypten verantwortlich gemacht worden. Seit sieben Jahren befand er sich auf der Flucht vor den ägyptischen Behörden, die angenommen hatten, Ezzat habe sich ins Ausland abgesetzt. Menschenrechtsaktivist in Abwesenheit zu Gefängnisstrafe verurteilt Am 25.08.20 wurde der Menschenrechtsaktivist und Gründer des Cairo Institute for Human Rights Studies (CIHRS), Bahey Eldin Hassan, in Abwesenheit von einem Kairoer Gericht zu 15 Jahren Haft verurteilt. Dem seit 2014 im Exil lebenden Aktivisten war die Veröffentlichung von Falschnachrichten und Beleidigung der Justizbehörden vorgeworfen worden. In regelmäßigen Treffen mit Vertretern internationaler Organisationen und Regierungen kritisiert Hassan die schlechte Menschenrechtssituation in seinem Heimatland und macht dafür die ägyptische Regierung unter Staatschef Abd al-Fattah al-Sisi verantwortlich. Äthiopien Regionalwahlen im Tigray Am 09.09.20 werden im nördlichen Regionalstaat Tigray Wahlen zum Regionalparlament stattfinden. Der Urnengang ist höchst umstrittenen, da die staatliche Wahlkommission National Electoral Board of Ethiopia (NEBE) die für August 2020 geplanten landesweiten Parlamentswahlen wegen der COVID-19-Pandemie auf zunächst unbestimmte Zeit verschoben hat (vgl. BN v. 06.04.20). Von Regierungsseite hieß es, die Wahlen seien verfassungswidrig und würden nicht anerkannt. Hardliner fordern eine militärische Intervention in Tigray, worauf die Regionalregierung ankündigte, jeden Versuch, die Wahl zu verhindern, als Kriegserklärung zu sehen. Die Tigray stellen nur rund sechs Prozent der Bevölkerung Äthiopiens. Sie nahmen nach der Machtübernahme der Ethiopians People’s Revolutionary Democratic Front (EPRDF) im Jahr 1991 überproportional viele hochrangige Ämter in Regierung, Militär und Wirtschaft ein. Unter dem seit April 2018 amtierenden Premierminister Abiy Ahmed, einem Oromo, wurden jedoch zahlreiche Positionen durch Angehörige anderer Ethnien neubesetzt und mehrere ehemalige Funktionsträger wegen Machtmissbrauch und Korruption inhaftiert. Nicht wenige Tigray beklagen deshalb eine ethnische Verfolgung. Im Tigray gewinnen auch deshalb vor allem sezessionistische Kräfte an Einfluss. 1
Erste Ergebnisse werden am 13.09.20 erwartet, es gilt jedoch als sicher, dass die regierende Tigray People’s Liberation Front (TPLF) weiterhin stärkste Partei bleiben wird, allerdings ist ihr im Tigray ernsthafte Konkurrenz entstanden, vor allem von Parteien, die die vollständige Autonomie fordern. Afghanistan COVID-19-Pandemie Infektionen werden aus allen 34 Provinzen gemeldet. Am stärksten betroffen ist weiterhin Kabul, gefolgt von Herat, Balkh, Kandahar und Nangarhar (Stand: 02.09.20). Verschiedene COVID-19-Modelle zeigen, dass der Höhepunkt der Pandemie in Afghanistan noch nicht überschritten ist. Obwohl in Afghanistan laut Gesundheitsministerium weniger COVID-19-Fälle gemeldet werden, wird ein weiterer Anstieg der Infektionen befürchtet, da in vielen Ländern eine zweite Welle auftritt. Obwohl die landesweiten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus weiterhin offiziell in Kraft sind, werden diese oft nicht beachtet und auch behördlicherseits nicht konsequent durchgesetzt. Gefangenenaustausch Nach Angaben der afghanischen Regierung sollen alle gefangenen Taliban, wie von diesen gefordert, freigelassen worden sein. Eine Ausnahme bilden lediglich jene wenigen Personen, gegen deren Freilassung internationale Proteste vorlagen (vgl. BN v. 17.08.20). Es existieren jedoch Pläne, sieben von diesen Personen nach Doha (Katar) zu überstellen. Im Gegenzug sollen die Taliban sechs von 20 militärischen Spezialkräften freigelassen haben. Da die afghanische Regierung eine wesentliche Forderung der Taliban erfüllt hat, fordert sie nun den zügigen Beginn von Friedensgesprächen. Anschläge, Kampfhandlungen, zivile Opfer Nach Recherchen der New York Times starben vom 28.08.20 bis 03.09.20 bei sicherheitsrelevanten Vorfällen in unterschiedlichen Provinzen 45 Pro-Regierungskräfte und 27 Zivilisten zumeist bei Anschlägen der Taliban. Bolivien Anzeige gegen ehemaligen Präsidenten Morales Die bolivianische Generalstaatsanwaltschaft hat beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Anzeige gegen Ex-Präsident Evo Morales wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erstattet. In einer Erklärung hieß es, Morales sei für den Tod von mehr als 40 Personen verantwortlich, weil er seine Anhänger aufgefordert habe, Straßensperren zu errichten. Dadurch wäre die Versorgung von an Corona erkrankten Patienten mit Sauerstoff verhindert worden. Gegen Morales, der 2019 nach Massenprotesten zurückgetreten war (vgl. BN v. 11.11.19) und derzeit in Argentinien lebt, wird in seinem Heimtland bereits wegen Terrorismus und der Finanzierung terroristischer Aktivitäten ermittelt (vgl. BN v. 13.07.20). China Hongkong: Festnahmen bei Demonstration Bei einer Demonstration für freie Wahlen und gegen das Sicherheitsgesetz am 06.09.20 nahm die Polizei nach eigenen Angaben 289 Personen fest, die meisten wegen illegaler Versammlung. Unter den Festgenommenen befinden sich die Demokratie-Aktivisten Figo Chan und Leung Kwok-hung. Regierungschefin Carrie Lam hatte die für denselben Tag geplante Parlamentswahl offiziell wegen der COVID-19-Pandemie um ein Jahr verschoben. Kritiker werfen der Regierung vor, mögliche Erfolge des demokratischen Lagers verhindern zu wollen. Hongkong: COVID-19-Pandemie Anfang September 2020 begannen auf etwa ein bis zwei Wochen Dauer angelegte Massentests auf COVID-19, an denen auch medizinisches Personal aus Festlandchina beteiligt ist. Hongkongs etwa 7,5 Millionen Einwohner wurden aufgerufen, sich kostenlos testen zu lassen. Vertreter der Demokratiebewegung riefen zu einem Boykott 2
auf. Sie befürchten, mit den Tests sollen in großem Umfang persönliche Daten erhoben und eine Gen-Datenbank der Hongkonger Bevölkerung eingerichtet werden, wofür es allerdings keine Belege gibt. Innere Mongolei: Mongolisch als Unterrichtssprache eingeschränkt Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres Anfang September 2020 wiesen die Schulbehörden in der Autonomen Region Innere Mongolei (IMAR) die Lehrer von Grund- und Mittelschulen an, künftig Han-Chinesisch als Unterrichtssprache zu verwenden. Betroffen sind Schulen, die bislang Mongolisch als Haupt-Unterrichtssprache verwendeten. Im neuen Schuljahr soll demnach das Fach Sprache und Literatur nur noch auf Han-Chinesisch unterrichtet werden, in den folgenden beiden Schuljahren kommen die Fächer Politik bzw. Geschichte hinzu. Die übrigen Fächer können weiter in Mongolisch unterrichtet werden. Die Regelung trifft in der mongolischen Bevölkerung auf Widerstand. Tausende mongolische Schüler folgten Aufrufen, ab dem 01.09.20 den Unterricht zu boykottieren. In Hohhot, Tongliao, Ordos und weiteren Orten kam es zu Protestkundgebungen, die teils zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften führten. Eine unbekannte Zahl an Personen wurde festgenommen. Die Behörden fahnden nach hunderten Organisatoren von und Teilnehmern an Protesten. Bainu, eine beliebte mongolischsprachige soziale Medienplattform, wurde geschlossen. Etwa 17 % (4,2 Millionen) der Bevölkerung der Inneren Mongolei sind Mongolen. Kritiker sehen die Maßnahme als Teil einer zentralchinesischen Politik zur Assimilation der mongolischen Minderheit an die Han-Chinesische Mehrheit. Ähnliche Regelungen wirken bereits in Tibet und Xinjiang. Indien Auswirkungen der COVID-19-Pandemie Nach einer Auswertung des World Food Programme (WFP) vom 26.08.20 hat die COVID-19-Pandemie zum folgenschwersten wirtschaftlichen Einbruch seit vier Jahrzehnten geführt. Die Arbeitslosenquote stieg im Mai 2020 aufgrund der landesweiten Ausgangssperre an. Geschätzt haben über 110 Mio. Menschen ihre Erwerbsmöglichkeit verloren. Der Lohnausfall hat für die Betroffenen schwerwiegende Auswirkungen auf die Nahrungsmittel- und Gesundheitsversorgung. Die Beschäftigungsquote hat sich seit Ende Mai 2020 mit den stufenweisen Lockerungen leicht verbessert. Die Regierung hat Maßnahmen zur wirtschaftlichen Belebung angekündigt. Außerdem haben Naturkatastrophen infolge des Sommermonsuns, insbesondere Überschwemmungen in Assam, Bihar, Uttar Pradesh, Kerala, Karnataka und Maharashtra, Millionen von Menschen hinsichtlich Unterkunft, Zugang zu Nahrungsmitteln und Gesundheitsversorgung schwer getroffen. Seit 01.09.20 ist die vierte Stufe der Lockerungen trotz weiterhin steigender Infektionszahlen in Kraft getreten. Reisebeschränkungen zwischen den Bundesstaaten wurden aufgehoben und der öffentliche Nahverkehr in den Metropolen wieder in Betrieb genommen. Indien liegt seit 07.09.20 bei den positiv getesteten Corona-Fällen weltweit auf Platz zwei nach den USA. Iran AI-Bericht über Folter von Gefangenen Ein neuer Bericht von Amnesty International (AI) vom 02.09.20 dokumentiert die Anwendung schwerwiegender Folter an politischen Gefangenen infolge der Proteste vom November 2019. Insgesamt 7.000 Männer, Frauen und Kinder seien während der drastischen Niederschlagung der landesweiten Proteste in kürzester Zeit festgenommen worden. Kritisiert wurden im Bericht ferner gewaltsame Festnahmen, das Verschwindenlassen von Opfern sowie die Unterbindung jeglicher Kontakte zur Außenwelt und die systematische Verweigerung von Rechtsbeiständen für die Opfer während der Verhöre. Journalist zu Haftstrafe verurteilt Der Wirtschaftsjournalist und Preisträger Mohammad Mosaed wurde zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er ist für seine Enthüllungen von Korruption in Iran bekannt. Berichten nach soll ein weiterer Grund der Verurteilung seine Kritik an den Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie gewesen sein. Zuletzt wurde Mosaed im Juli 2020 mit dem diesjährigen Preis des in den USA ansässigen Komitees zum Schutz von Journalisten 3
(Committee to Protect Journalists) ausgezeichnet. Im Mai 2020 wurde er für seine Berichterstattung in Zeiten von COVID-19 mit dem Freedom of Speech-Award der Deutschen Welle geehrt. Mord an einem 14-jährigen Teenager wird mit einer 9-jährigen Haftstrafe gesühnt Am 28.08.20 wurde seitens der örtlichen Justizbehörde der Provinz Gilan im Norden Irans mitgeteilt, dass der Vater der 14-jährigen Romina, die einen 15 Jahre älteren Mann heiraten wollte, wegen der Tötung seiner Tochter zu einer 9-jährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Weil ihr Vater der Hochzeit nicht zustimmen wollte, war die Jugendliche von zu Hause weggelaufen. Der Vater hatte die Tochter am 21.05.20 mit einer Sichel geköpft, nachdem sie der Familie von Sicherheitskräften wieder zurückgebracht wurde. Das Strafgericht stufte die Tat als Ehrenmord ein, was nach dem iranischen Strafrecht einen Strafrahmen von bis zu zehn Jahren zur Folge hat. Der Mord erregte in der iranischen Gesellschaft großes Aufsehen und führte zu einer Gesetzesänderung, die nach einem Jahrzehnt seitens des Wächterrats am 08.06.20 als mit der Verfassung vereinbar eingestuft wurde und als Kinderschutzgesetz derartige Ehrenmorde verhindern soll. Wenngleich seitens verschiedener iranischer Sozialverbände und Anwälte an diesem Gesetz Kritik geübt wurde, da es nach deren Ansicht nicht weit genug geht, wird das Gesetz von den gleichen Kritikern als politisch mutiger Schritt zur Verhinderung von Ehrenmorden, Gewalt gegen Kinder, Prostitution und wirtschaftlicher Ausbeutung gewertet. Der Volltext des Gesetzes ist noch nicht veröffentlich. Jemen STC zieht sich aus Machtteilungsabkommen zurück, Kämpfe halten an Der Southern Transitional Council (STC) gab am 25.08.20 bekannt, sich aus einem im Juli 2020 vereinbarten Machtteilungsabkommen (vgl. BN v. 03.08.20) mit der jemenitischen Regierung zurückgezogen zu haben. Das Abkommen wurde nach monatelangen Kämpfen zwischen den beiden Parteien geschlossen, die nominell im Kampf gegen die Houthi-Rebellen auf derselben Seite stehen. Der STC gab u.a. den Zusammenbruch öffentlicher Dienstleistungen und Angriffe der jemenitischen Regierung auf STC-Kräfte im Gouvernement Abyan als Grund für den Rückzug an. Menschenrechtsgruppen fordern die Freilassung inhaftierter Zivilisten Mehrere Menschenrechtsgruppen forderten am 02.09.20 die Freilassung willkürlich inhaftierter und entführter Personen. Hunderte Menschen seien aufgrund von politischen Ansichten, politischem Aktivismus, der Berufstätigkeit oder Religionszugehörigkeit in offiziellen und inoffiziellen Haftanstalten verschiedener Kriegsparteien im ganzen Land inhaftiert. Es wurde zudem auf die mangelnde medizinische Versorgung und die potenzielle Bedrohung durch COVID-19 in den Haftanstalten hingewiesen. Kolumbien Einsatz von US-Spezialeinheit genehmigt Präsident Iván Duque hat laut Medienberichten am 27.08.20 die Wiederaufnahme des innenpolitisch umstrittenen Einsatzes der US-Spezialeinheit Security-Force-Assistance-Brigade autorisiert. Die Aktivitäten dieser Brigade waren im Juli 2020 wegen Bedenken hinsichtlich der effektiven parlamentarischen Kontrolle gerichtlich ausgesetzt worden. Die US-Spezialeinheit soll aus rund 50 Militärangehörigen bestehen und im Rahmen von Ausbildungs- und Beratungstätigkeiten den kolumbianischen Staat bei Operationen gegen den Drogenhandel unterstützen. Kritiker befürchten, dass bei Einsätzen im Grenzgebiet zu Venezuela bewaffnete Eskalationen mit dem Nachbarland nicht ausgeschlossen werden können. Mitte August 2020 erst hatte Präsident Duque angekündigt, im Rahmen der Umsetzung eines Colombia crece (dt.: Kolumbien wächst) genannten neuen Programms enger mit den USA zusammenzuarbeiten (vgl. BN v. 31.08.20). 4
Libanon Regierungsbildung Am 31.08.20 einigten sich die parlamentarischen politischen Kräfte auf einen neuen Premierminister, den bisherigen Botschafter in Deutschland, Mustapha Adib. Adib war in den letzten Jahren wiederholt auf wichtigen Posten eingesetzt und gilt als Mann des Establishments der libanesischen Politik, sodass die öffentliche Meinung weitgehend davon auszugehen scheint, dass hier keine echte Neuerung zu erwarten ist. In seiner Antrittsrede versprach er eine effiziente Regierungsführung unter einer Regierung von Experten. Noch am selben Tag wurde von vielen Kommentatoren darauf hingewiesen, dass sich dieses Statement substanziell nicht von der Antrittsrede seines Vorgängers Diab unterscheide. Die bisherige Regierung hatte nach achtmonatigen Verhandlungen ein Kabinett mit 30 Ministerien (zum Vergleich: Es gibt 128 Sitze im Parlament). Eine Verkleinerung ist allgemein eine Forderung in der Öffentlichkeit. Treffen zwischen Haniya und Nasrallah Die sich ändernden geopolitischen Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten haben zu erheblicher Besorgnis unter Palästinenserorganisationen geführt. Die beiden radikalislamischen Gruppen Hamas, die den Gazastreifen dominiert, und Hisbollah, die in erheblichem Maße Politik und Staatsapparat des Libanon kontrolliert und de facto eine eigene Armee im Libanon hat, sind davon besonders betroffen. Dies führte am 06.09.20 zu einem ersten Treffen der Anführer beider Gruppen im Südlibanon. Über konkrete Vereinbarungen wurde nichts bekannt. Bei dieser Gelegenheit wurde die Einheit der Gruppen hervorgehoben und von Seiten Haniyas betont, dass die Hamas inzwischen über Waffen verfüge, die Tel Aviv erreichen könnten. Besuch Macrons im Libanon Am 04.09.20 besuchte der französische Präsident Macron zum zweiten Mal seit der Explosion im Hafen von Beirut am 04.08.20 den Libanon. Bereits im Vorfeld hatte die französische Botschaft eine Reihe an Forderungen an die libanesische Politik veröffentlicht, die zu erfüllen seien, damit Ende Oktober 2020 eine von Frankreich geleitete Geberkonferenz einberufen werden könne. Diese Forderungen umfassten die Aufstellung eines Plans zur Reaktion auf die COVID-19-Pandemie sowie die völlige und transparente Zusammenarbeit mit der UN und den Hilfsorganisationen, bei der die Versorgung der Bevölkerung oberste Priorität habe und die Lieferungen nachvollziehbar verteilt werden müssten. Weitere Forderungen umfassten die Kooperation mit dem Internationalen Währungsfond (IWF) und die Umsetzung von Reformen, die dieser schon lange anmahnt, Gesetzgebung zur Kapitalverkehrskontrolle sowie Forderungen im Energiesektor.Die Liste ist außergewöhnlich umfangreich. Bei seinem Besuch in Beirut formulierte Macron deutlich, dass er von Mustapha Adib die Bildung eines neuen Kabinetts innerhalb von etwa zwei Wochen erwarte. Mali Verhandlungen über eine Übergangsperiode Am 05.09.20 begannen in Bamako und in den Regionalhauptstädten des ganzen Landes Gespräche über den Übergang zu einer zivilen Regierung. Hunderte von Vertretern der Militärjunta, der politischen Parteien und der Zivilgesellschaft nehmen daran teil. Weitere Gespräche sollen demnächst stattfinden. Keita fliegt ins Ausland Der gestürzte Präsident Keita flog am 05.09.20 zu einer medizinischen Behandlung in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Sein Gesundheitszustand ist unklar. Er wurde in Bamako ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem er von der Militärjunta, die ihn abgesetzt hatte, aus der Haft entlassen worden war. Bewaffnete Auseinandersetzungen Am 05.09.20 wurden in der Region Tessalit im Norden zwei französische Soldaten getötet und einer verletzt, als eine Bombe explodierte und ihr Fahrzeug traf. Am 03.09.20 wurden mindestens zehn malische Soldaten bei dem Angriff einer bewaffneten Gruppe in Guire, nahe der Grenze zu Mauretanien, getötet. Es ist der größte Angriff auf das Militär seit dem Putsch am 18.08.20. 5
Französische Streitkräfte töteten am 02.09.20, etwa 50 km von der Stadt Gao im Nordosten entfernt, einen Zivilisten und verwundeten zwei weitere. Nach Angaben der französischen Armee handelte es sich um einen Unfall. Die Soldaten versuchten einen Bus, der sich einem Militärkonvoi näherte, durch Warnschüsse zum Abbremsen zu bewegen. Montenegro Regierungswechsel möglich Laut aktuellen Medienberichten hat bei den am 30.08.20 abgehaltenen Parlamentswahlen die Opposition einen knappen Sieg errungen. Die regierende Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Staats- und Parteichef Milo Djukanovic habe trotz rund 35 % der Stimmen (entspricht 30 gewonnenen Sitzen) und der 10 erzielten Sitze ihrer traditionellen Koalitionspartner die absolute Mehrheit verloren. Die oppositionelle Koalition mit Namen „Für die Zukunft Montenegros“, angeführt von der Demokratischen Front (DF), die rund 33 % der Stimmen erhielt, hätte dagegen im Bündnis mit den prowestlichen „Demokraten“ und der Bürgerbewegung „Black on White“ zusammen 41 der 81 Sitze im Parlament und somit eine Mehrheit der Mandate errungen. Erstmals nach dreißig Jahren könne es daher zu einem demokratischen Regierungswechsel und der Ablösung der DPS-Regierung kommen. Die Wahlbeteiligung habe nach Angaben der staatlichen Wahlbehörde bei knapp 77 % gelegen. Aus EU-Sicht sei von Bedeutung, dass wesentliche Kräfte der Opposition den Willen zum EU-Beitritt sowie die Nato-Mitgliedschaft nicht in Frage stellen würden. Der langjährige Oppositionspolitiker des Bündnisses „Für die Zukunft Montenegros“, Nebojsa Medojevic, habe gegenüber dem ARD-Studio Wien als Gründe für den nun möglichen Machtwechsel die hohe Korruption, mutmaßliche Verbindungen Djukanovics zur organisierten Kriminalität sowie die einseitige Abhängigkeit der Wirtschaft des Landes vom Tourismus genannt. Laut Medienberichten sei der Stimmungsumschwung im Land u.a. auch der offenen Parteinahme der Serbisch-Orthodoxen Kirche (SOK) im Wahlkampf geschuldet; deren Anhänger gingen seit mehreren Monaten immer wieder gegen das im Dezember 2019 verabschiedete Gesetz zur Religionsfreiheit auf die Straße (vgl. BN v. 13.01.20 und v. 10.02.20). Das Wahlergebnis sei darüber hinaus sowohl Ausdruck einer allmählichen Erosion einer klientelistischen und korrupten Ordnung im Staats- und Machtapparat als auch des Willens des bürgerlichen Montenegros nach Veränderung. Niger Extralegale Tötungen Dutzender Zivilisten durch Soldaten Am 04.09.20 berichtete Abdoulaye Seydou, Präsident der Nichtregierungsorganisation (NGO) Pan-African Network for Peace, Democracy and Development, dass Untersuchungen der Nationalen Menschenrechtskommission ergeben hätten, dass Soldaten der nigrischen Armee im März/April 2020 im Kampf gegen die Islamisten in der westlichen Region Tillaberi unbewaffnete Zivilisten hingerichtet haben. Es seien mindestens 71 Leichen in sechs Massengräbern gefunden worden. Die Nationale Menschenrechtskommission, der auch die genannte NGO angehört, leitete die Untersuchungen ein, nachdem u.a. Amnesty International (AI) berichtet hatte, dass 102 Zivilisten in der Region Tillaberi nach einer dort zwischen dem 27.03. und 02.04.20 erfolgten Armeeoperation vermisst werden. Nigeria COVID-19-Pandemie Am 05.09.20 nahmen die Flughäfen Abuja und Lagos den regulären internationalen Flugverkehr wieder auf. Fluggesellschaften aus Ländern in die keine nigerianischen Fluggesellschaften fliegen dürfen, haben jedoch keine Genehmigung erhalten, ab diesem Datum wieder Flüge nach und aus Nigeria durchzuführen. Hiervon betroffen ist in Deutschland die Lufthansa. Nigeria hatte am 23.03.20 den internationalen Flugverkehr für nicht essentielle Flüge als Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie eingestellt. Mit Wirkung vom 04.09.20 wurde die Dauer der bisher landesweit geltenden nächtlichen Ausgangssperre von zehn Uhr abends bis vier Uhr morgens auf nunmehr Mitternacht bis vier Uhr morgens verkürzt. 6
Nordmazedonien Zoran Zaev kehrt an die Macht zurück Laut Medienberichten billigte das Parlament anderthalb Monate nach den Parlamentswahlen mit knapper Mehrheit das neue Regierungsbündnis zwischen den Sozialdemokraten (SDSM) und der größten Partei der albanischen Minderheit DUI. Damit habe der frühere Premierminister und Sozialdemokrat Zoran Zaev erneut das Amt des Regierungschefs übernommen. Am 30.08.20 hätten 62 Abgeordnete im 120-köpfigen Parlament für die neue Regierungskoalition gestimmt. Zaev habe eine „Periode der Ordnung, Gerechtigkeit und Disziplin“ angekündigt. Er wolle sich darauf konzentrieren, die Wirtschaft wiederzubeleben und die COVID-19-Pandemie sowie die Korruption zu bekämpfen. Desweiteren kündigte er eine Milliarde Euro neuer ausländischer Investitionen, die Erhöhung des Mindestlohns und der Renten um 40 % und eine weitere Justizreform an. Pakistan Auswirkungen der COVID-19-Pandemie In einer Pressemitteilung vom 19.07.20 gab die Nichtregierungsorganisation Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) die Ergebnisse ihrer durchgeführten Befragung zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie bekannt. 94 % der Befragten waren der Ansicht, dass besonders die Löhne negativ beeinflusst worden seien. Mehr als die Hälfte befürchte, dass religiöse Minderheiten bei der Verteilung von Hilfsgütern oder beim Zugang zur Gesundheitsversorgung diskriminiert würden, und rund 70 % waren der Ansicht, dass Frauen zunehmend anfällig für häusliche Gewalt geworden seien. Die Provinz Sindh ist weiterhin am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffen, gefolgt von Punjab und Khyber-Pakhtunkhwa. Zusätzlich führten die in weiten Landesteilen durch den Sommermonsun ausgelösten starken Regenfälle zu Überschwemmungen, wodurch die ohnehin angespannte sozioökonomische Lage weiter verschärft wurde und auch Todesopfer zu beklagen waren. Nach Angaben der Organisation Edhi Foundation gab es in der Metropole Karachi Fälle von Cholera, Dengue-Fieber und Typhus. Humanitäre Hilfen werden geleistet. Verfolgung von Ahmadis Laut einer Pressemitteilung der Ahmadiyya-Gemeinde in Deutschland wurde am 12.08.20 ein Ahmadi in Peshawar, Hauptstadt der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, getötet, nachdem gegen ihn und seine Familie zuvor eine Hetzkampagne gestartet worden war. Des Weiteren wird von zwei Übergriffen auf Ahmadis in der Provinz Punjab berichtet. Ein im Juli 2020 veröffentlichter Bericht der internationalen Ahmadiyya-Gemeinschaft beleuchtet nicht nur die Verfolgungssituation der Ahmadis in Pakistan, sondern geht auch auf deren globale Verfolgung aufgrund von islamistischem Extremismus ein. Fernsehjournalistin in Balochistan getötet Am 06.09.20 wurde eine Moderatorin des pakistanischen Staatsfernsehens mutmaßlich von ihrem Ehemann in der Provinz Balochistan getötet. Pakistan ist eines der gefährlichsten Länder für Journalisten. Laut dem von Reporter ohne Grenzen (RSF) geführten Index zur Pressefreiheit belegt Pakistan 2020 Platz 145 von 180 Ländern. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) sind seit 1992 mindestens 61 pakistanische Journalisten getötet worden. In dem vom World Economic Forum jährlich herausgegebenen Report zur Geschlechtergleichheit nimmt Pakistan in allen Kategorien einen der letzten Plätze ein. Zuvor war im November 2019 eine Journalistin in Lahore, Punjab, kurz vor dem geplanten Erscheinungstermin der ersten Ausgabe ihrer eigenen Zeitung ebenfalls mutmaßlich von ihrem Ehemann getötet worden. Ruanda Kritiker Präsident Kagames festgenommen Die ruandische Staatsanwaltschaft gab am 31.08.20 die Festnahme des als Kritiker von Präsident Paul Kagame geltenden Paul Rusesabagina bekannt. Ihm werden u.a. Terrorismus, Mord und Brandstiftung vorgeworfen. Die Festnahme sei internationaler Zusammenarbeit zu verdanken. Familienangehörige werfen ruandischen Stellen 7
jedoch vor, Rusesabagina aus Dubai entführt zu haben, wo er sich Tage zuvor aufhielt. Er soll Mitbegründer der Oppositionspartei Mouvement Rwandais pour le Changement Democratique (MRCD) und Gründer der oppositionellen Parti Démocratique au Rwanda (PDR-Ihumure) sein. Als Führer des bewaffneten MRCD-Flügels Front de Liberation Nationale (FLN) soll er Angriffe aus der benachbarten DR Kongo auf Ruanda zu verantworten haben. Der frühere Hotelmanager wurde bekannt, weil er 1994 in einem von ihm geleiteten Hotel mehr als 1.200 Menschen vor dem Völkermord gerettet haben soll. Russische Föderation Gefängnisstrafen gegen Zeugen Jehovas Ein Gericht in der sibirischen Stadt Kemerowo verurteilte am 02.09.20 die Zeugen Jehovas Sergej Britwin und Wadim Lewtschuk zu je vier Jahren Gefängnis. Das Gericht befand sie der Mitgliedschaft in einer extremistischen Organisation schuldig. Das Oberste Gericht hatte die Organisation der Zeugen Jehovas im April 2017 als extremistisch eingestuft und verboten. Serbien/ Kosovo Unterzeichnung der Vereinbarung über wirtschaftliche Beziehungen Am 04.09.20 unterzeichneten der Präsident Serbiens, Aleksandar Vučić, und der Premierminister Kosovos, Avdullah Hoti, in Washington jeweils separat eine politische Absichtserklärung über die Normalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen ihren beiden Ländern. Die rechtlich nicht bindende Vereinbarung war durch die US- amerikanische Regierung vermittelt worden. Inhalt ist insbesondere das Engagement beider Seiten, Projekte beim grenzüberschreitenden Verkehr umzusetzen, der „Mini-Schengen-Zone“ im Westbalkan beizutreten sowie bei der Nutzung des Gazivode/Ujmani-Stausees für Strom- und Wasserversorgung zusammenzuarbeiten. Vereinbart wurde u.a. auch, dass Serbien ein Jahr lang davon Abstand nimmt, bei anderen Ländern für die Rücknahme der Anerkennung Kosovos zu werben, während Kosovo im selben Zeitraum auf Aufnahmegesuche bei internationalen Organisationen verzichtet. Die Opposition in Kosovo kritisierte die Vereinbarung mit Blick auf die nicht erreichte Anerkennung Kosovos durch Serbien sowie die Pläne betreffend den Gazivode/Ujmani-Stausee. Am 07.09.20 treffen sich Vučić und Hoti erneut zu Verhandlungen, dieses Mal in Brüssel auf Einladung der EU. Hier sollen politische Fragen im Zentrum stehen. Simbabwe Oppositionelle aus Haft entlassen Am 02.09.20 gewährte das High Court in Harare in zwei getrennten Verfahren dem Oppositionspolitiker Jacob Ngarivhume und dem Journalisten Hopewell Chin’ono die Freilassung aus der Untersuchungshaft auf Kaution. Die Kaution für Ngarivhume beträgt rund 510 Euro, die von Chin’ono rund 100 Euro. Beide müssen ihre Reisepässe abgeben, sich drei Mal in der Woche bei der Polizei melden und dürfen nicht twittern. Ngarivhume und Chin’ono wurden am 20.07.20 in Harare verhaftet. Sie werden beschuldigt die Bevölkerung zur Beteiligung an öffentlicher Gewalt bei Demonstrationen aufgewiegelt zu haben, die am 31.07.20 hätten stattfinden sollen (vgl. BN v. 27.07.20). Somalia Kämpfe in Mudug Am 04.09.20 brachen Kämpfe zwischen al-Shabaab und Dorfbewohnern des Dorfes Shabeelow, Region Mudug, aus. Auf beiden Seiten wurden mehrere Menschen getötet. Die Milizengruppe versuchte die Dorfbewohner dazu zu zwingen, ihre Waffen und ihr Vieh zu übergeben. 8
Luftangriff Bei einem Luftangriff der US AFRICOM wurden am 24.08.20 in der Nähe des Dorfes Dar as-Salam in der Region Lower Shabelle sechs Mitglieder von al-Shabaab getötet. Drei weitere wurden verletzt. Zwischen Januar und August 2020 hat US AFRICOM 46 Luftangriffe in Somalia durchgeführt. Sudan Friedensvertrag unterzeichnet Die sudanesische Übergangsregierung und die Revolutionäre Front, ein Zusammenschluss von fünf Rebellengruppen, haben am 31.08.20 ein Friedensabkommen unterzeichnet. Damit soll der 17 Jahre dauernde Bürgerkrieg in den Regionen Darfur, Südkordofan und Blauer Nil endgültig beendet werden. Die Vertragsunterzeichnung erfolgte in Juba, wo seit dem vergangenen Jahr unter südsudanesischer Vermittlung verhandelt wurde. Das Juba Peace Agreement sieht u.a. eine Beteiligung der Rebellen an der Macht, die Rückkehr der Vertriebenen und die juristische Aufarbeitung von Verbrechen während des Konflikts vor, der nach UN-Angaben 300.000 Todesopfer gefordert und 2,5 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen hat. Unmittelbar zuvor unterzeichneten die Beteiligten auch mehrere begleitende Protokolle, in denen Regelungen über die Auflösung der Rebellengruppen und deren Eingliederung in die reguläre Armee, eine größere Autonomie für die die südlichen Gliedstaaten Südkordofan und Blauer Nil, Eigentumsrechte an Grund und Boden, die Verteilung der natürlichen Ressourcen und Reparationen und Kompensationen getroffen wurden. Ob der nun beschlossene Frieden hält, ist insbesondere in Darfur fraglich. Zuletzt hatte die Zahl bewaffneter Überfälle von Milizen auf Dorfbewohner dort stark zugenommen, Zehntausende Menschen flüchteten. Auch haben noch nicht alle Rebellengruppen das Abkommen unterzeichnet, so z.B. der von Abdul Wahid al-Nur geführte Flügel der größten Darfur-Rebellenbewegung Sudan Liberation Movement (SLM). Syrien Israelische Luftangriffe Die syrische Armee hat nach eigenen Angaben am 03.09.20 einen israelischen Raketenangriff gegen eine Luftwaffenbasis abgewehrt. Ein israelisches Kampfflugzeug habe dabei mehrere Raketen abgefeuert, wovon die meisten von der syrischen Luftabwehr abgefangen worden seien. Nach Berichten der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte habe sich der Angriff gegen eine Luftwaffenbasis der Regierung in der zentralsyrischen Provinz Homs gerichtet. Israel sei wahrscheinlich dafür verantwortlich. Nach Angaben der Beobachtungsstelle habe Israel bereits zuvor in der Woche mehrere Luftangriffe in Syrien ausgeführt. So habe die israelische Armee am 31.08.20 u.a. mehrere Militärstützpunkte im Süden von Damaskus angegriffen, wobei elf Menschen getötet worden seien. Bei ihnen handle es sich um einen Zivilisten, drei Regierungssoldaten sowie sieben Mitglieder pro-iranischer Milizen. COVID-19-Pandemie Der stellvertretende UN-Generalsekretär für humanitäre Angelegenheiten warnte am 27.08.20 davor, dass die offiziellen Infektionszahlen der Regierung weit unter der tatsächlichen Fallzahl liegen könnten. Steigende Aufnahmezahlen in den syrischen Gesundheitseinrichtungen, Sterbebenachrichtigungen und Begräbnisse würden dafür sprechen, dass die offiziellen Zahlen von 2.500 Infektionen und 100 Todesfällen in Folge des Virus nicht der Wahrheit entsprechen könnten. Deutschland und Belgien, die derzeit im UN-Sicherheitsrat den Vorsitz für humanitäre Angelegenheiten in Syrien innehaben, stellten in einer gemeinsamen Erklärung fest, dass die Ausbreitung von COVID-19 in dem Land exponentiell ansteigen würde. 9
Türkei Anwältin stirbt nach Hungerstreik Die wegen Terrorvorwürfen verurteilte türkische Anwältin Ebru Timtik ist nach Angaben ihrer Anwaltskanzlei nach 238 Tagen im Hungerstreik am 27.08.20 in einer Klinik in Istanbul an Herzversagen gestorben. Timtik gehörte nach Angaben von Unterstützern zu insgesamt 18 Anwälten, die wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Ein Gericht in Istanbul hatte Timtik 2019 zu mehr als 13 Jahren Haft wegen Verbindungen zur linksextremen DHKP-C verurteilt, die in der Türkei als Terrororganisation gilt. Im Oktober 2019 wurde das Urteil gegen sie und ihre Mitangeklagten bestätigt. Am 02.01.20 trat sie in einen Hungerstreik, um damit ein aus ihrer Sicht faires Gerichtsverfahren zu erzwingen. Anwalt aus Haft entlassen Der Oberste Gerichtshof der Türkei ordnete am 03.09.20 die Freilassung des im Gefängnis in den Hungerstreik getretenen Anwalts Aytac Ünsal wegen der Lebensgefahr an, die seine weitere Inhaftierung darstelle. Er befindet sich seit 213 Tagen im Hungerstreik, den er nahezu zeitgleich mit der am 27.08.20 verstorbenen Anwältin Ebru Timtik begonnen hatte. Zusammen mit ihr war er im vergangenen Jahr wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation zu mehr als zehn Jahren Haft verurteilt worden. Vorübergehende Sendesperre für Nachrichtensender Nach Angaben der türkischen Regulierungsbehörde für den Rundfunk (RTÜK) muss der Nachrichtensender Tele1 wegen kritischer Äußerungen über den türkischen Präsidenten Erdoğan und die Religionsbehörde Diyanet vom 03.09.20 an für fünf Tage sein Programm unterbrechen. Begründet wurde dies mit einem Verstoß gegen den Grundsatz, dass Sendungen keinen Hass und Feindseligkeiten schüren dürften. Anlass dafür seien zwei Fernsehsendungen, in denen ein islamischer Gelehrter dem türkischen Präsidenten und der Religionsbehörde vorwarf, Moscheen zu politisieren und eine Theokratie zu etablieren. Woraufhin die Religionsbehörde mit einer Beschwerde reagiert habe. Die Sendesperre wurde gerichtlich bestätigt. COVID-19-Schutzmaßnahmen Nachdem der türkische Gesundheitsminister am 03.09.20 erklärte, dass sich die Türkei auf dem zweiten Höhepunkt der ersten Coronavirus-Welle befinde, hat das Innenministerium neue Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie verkündet. Demnach dürfen ab 04.09.20 Hochzeiten nur noch auf kleine Feierlichkeiten beschränkt werden, Verlobungsfeiern und andere Festivitäten werden vorerst verboten. Tunesien Parlament wählt neue Regierung ins Amt Die von dem seit Juli 2020 amtierenden Premierminister, Hichem Mechichi, zusammengestellte Regierung wurde am 02.09.20 vom tunesischen Parlament mit 134 der 217 Stimmen ins Amt gewählt. Für die neue Regierung hat Mechichi vor allem Beamte, Hochschullehrer und Führungskräfte aus der Privatwirtschaft ausgewählt. Mechichis Vorgänger, Elyes Fakhfak, war am 15.07.20 aufgrund einer fehlenden Parlamentsmehrheit zurückgetreten (vgl. BN v. 20.07.20 und 27.07.20). Mutmaßliche Islamisten nach Messerangriff auf Polizisten getötet Die tunesischen Sicherheitsbehörden haben drei mutmaßlich militante Islamisten erschossen, nachdem diese zwei Polizisten in Sousse mit einem Messer angegriffen hatten. Bei dem Messerangriff wurde ein Polizist getötet und der andere schwer verletzt. Zu dem Vorfall bekannt sich bislang niemand. In den vergangenen Jahren kam es zu mehreren Angriffen, die vom IS für sich reklamiert worden waren. 10
Venezuela Amnestie für 110 politische Gefangene Die Maduro-Regierung kündigte am 31.08.20 eine Amnestie für 110 inhaftierte Oppositionelle an, ein innerhalb der letzten 20 Jahre ungewöhnlicher Schritt. Unter den Begnadigten befinden sich allerdings keine wesentlichen Akteure der Guaidó-nahen Opposition. Begnadigt wurden überwiegend Oppositionelle, deren Gruppen dem Boykott der Parlamentswahlen im Dezember 2020 kritisch gegenüberstehen oder eine Kooperation mit der PSUV nicht (mehr) ausschließen. Kommentatoren verschiedener internationaler Medien sind der Auffassung, dass dieser Schachzug vor allem dazu dient, die Opposition weiter zu spalten und einige Gruppen zur Teilnahme an der Parlamentswahl zu bewegen, um diese so zu legitimieren. Weißrussland Anhaltende Proteste gegen Präsident Lukaschenko Am 06.09.20, den fünften Sonntag in Folge, fanden erneut Protestkundgebungen gegen Präsident Lukaschenko statt. Dabei kamen landesweit mehr als 100.000 Menschen zusammen. In Minsk waren es mehrere zehntausend Menschen. Sicherheitskräfte gingen erneut gewaltsam gegen Protestierende vor und nahmen in Minsk mindestens 20 von ihnen fest. Am 05.09.20 versammelten sich jeweils Studierende und Frauen zu solchen Kundgebungen. Nachrichtenagenturen zufolge wurden Dutzende Studierende dabei festgenommen. Die führende Oppositionspolitikerin Olga Kowalkowa flüchtete inzwischen unter Druck der Behörden nach Polen. Gruppe 62 - Informationszentrum Asyl und Migration Briefing Notes BN-Redaktion@bamf.bund.de 11
Sie können auch lesen