Corona-Nothilfe - Deutsch-Indische Zusammenarbeit
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Kostenlos, wir freuen uns über Spenden! Nr. 85 • 3. Quartal 2020 • www.diz-ev.de Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. Corona-Nothilfe Wie unsere Partner überall in Indien den Menschen in der Corona- Foto: IRCDS Krise zur Seite stehen: Soforthilfen für die Ärmsten der Armen, Essensverteilungen und Aufklärung zur Pandemie (ab Seite 4)
2 DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 Liebe Mitglieder der DIZ, liebe Freundinnen und Freunde der Indien-Arbeit, im Editorial des vergangenen Heftes, der troffen werden möge. Diese Hoffnung DIZ aktuell Nr. 84, hatte ich noch der hat sich leider weitestgehend zerschla- Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Indi- gen. Durch tägliche Telefonate mit Part- en nicht so stark von der Pandemie be- nerorganisationen und Familie in Indi- en und durch Verfolgung der Zahlen der Johns Hopkins Universität müssen wir Foto: Caroline Link Impressum zur Kenntnis nehmen, dass Indien keines- Herausgeber: Deutsch-Indische Zusammenarbeit e. V. wegs milder getroffen oder gar vom Virus VR 11141, AG Frankfurt am Main verschont wurde, sondern dass vielmehr Vorstand i. S. d. § 26 BGB: die Zahl der an COVID-19 Erkrankten Dr. Jona A. Dohrmann, Danielle Berg, Dr. Jona A. Dohrmann Dr. Thilo Elsässer, Nikolaus Ell, auf aktuell zweithöchstem Niveau welt- Monika Scherf weit liegt. Odrellstraße 43, 60486 Frankfurt am Main Relativiert wird dies durch die Tatsa- rechtzuerhalten, die gerade in Corona- Tel.: 069 7940 3920 E-Mail: info@diz-ev.de che, dass Indien auch die zweithöchste Zeiten auch mit Aufklärung zum neuarti- www.diz-ev.de Bevölkerungszahl weltweit hinter China gen Virus einhergehen. Redaktion: Dr. Jona Aravind Dohrmann, hat und die Genesungsrate laut indischer Wir freuen uns und sind sehr dank- Sybille Franck (V. i. S. d. P.), Caroline Link Behörden überdurchschnittlich hoch ist. bar, dass IHR euch so SOLIDARISCH mit Grafisches Gesamtkonzept: Stefan Berndt, Belastbare Zahlen dazu sind dort wie den Menschen in den Arbeitsgebieten un- www.fototypo.de. hier mit Vorsicht zu genießen. Was aber serer indischen Partner gezeigt habt. Auf- Layout: Wolfgang Polkowski, www.kgwp.de sehr klar ist: dass Millionen von Menschen grund unseres Spendenaufrufs kamen ca. Titelbild: Besonders bedürftige Familien er- durch den Wegfall von Einkommensmög- 30.000 Euro an Spenden für die Coro- halten von der Organisation IRCDS Reis, lichkeiten betroffen sind und kein wie na-Soforthilfe zusammen. Dafür DAN- Weizen und Öl. auch immer geartetes Kurzarbeitergeld KEN wir EUCH ganz herzlich! Gerade in Alle Rechte vorbehalten von Deutsch- Indische Zusammenarbeit e. V., 2020 sie auffängt, wovon sehr viele Menschen den auch für viele Menschen in Deutsch- in Deutschland gerade profitieren. Daher land schwierigen Zeiten ist das ein nicht Spendenkonten: wird Deutschland verschiedentlich auch selbstverständliches Zeichen der Solidari- Hauptverein: als „Corona-Paradies“ bezeichnet, wo es tät mit den Menschen in Indien. Denn vor Evangelische Bank IBAN: DE84520604100004004108 einen echten Lockdown nicht gegeben dem Virus sind nicht alle gleich! BIC: GENODEF1EK1 hat, die Kontaktbeschränkungen moderat Dank Eurer großzügigen Unterstüt- DIZ Baden-Württemberg e. V.: sind, die Krankenhäuser zu keinem Zeit- zung konnten wir die Spenden durch zu- Evangelische Bank punkt überlastet waren und viele Men- sätzliche Mittel des Bundesministeriums IBAN: DE50 5206 0410 0003 6904 40 schen sogar trotz der Pandemie Urlaub für wirtschaftliche Zusammenarbeit und BIC: GENODEF1EK1 machen konnten. Entwicklung (BMZ) sogar bei zwei Part- DIZ Berlin e. V.: Evangelische Bank Indien stand und steht vor dem Di- nern um das zehnfache hebeln. Aber dazu IBAN: DE88 5206 0410 0004 0042 30 lemma, weiterhin strenge Lockdown- mehr in den nachfolgenden Berichten. Da BIC: GENODEF1EK1 Maßnahmen zu verhängen, durch die ich leider noch keine Entwarnung in Sa- Gyan Shenbakkam – Deutsch-Indische Zu- jedoch viele Menschen in die absolute Ar- chen Corona geben kann, bitte ich alle sammenarbeit e. V. mut fallen und wortwörtlich nichts mehr weiterhin, die DIZ mit Spenden für die Evangelische Bank IBAN: DE88 5206 0410 0008 0066 44 zu essen haben. Oder man verzichtet da- Corona-Hilfe zu unterstützen, damit un- BIC: GENODEF1EK1 rauf mit der Folge, dass sich das Virus epi- sere indischen Partner weiterhin ihrer Der Herausgeber ist für den Inhalt allein demisch ausbreitet und ebenfalls die am aufopferungsvollen Aufgabe im Dienste verantwortlich meisten benachteiligten Menschen mit der Ärmsten nachgehen können. voller Wucht trifft. Umso wichtiger ist Seid weiterhin achtsam, unterschätzt es, dass die DIZ verlässliche Partner in das Virus nicht! Nehmt die Gefahr wei- Indien hat, die sich um die Belange der terhin auch im eigenen Interesse ernst! Ärmsten kümmern und Familien Nah- Wir und unsere indischen Partner tun rungsmittelpakete, Gesichtsmasken und dies auch, Hygiene-Artikel zur Verfügung stellen. Darüber hinaus versuchen die indischen Partner die gesundheitlichen Dienste auf-
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 3 Schauplätze in Indien Betul Phagi Aus dem Dorf Padhar bei In Phagi nahe der Stadt Jaipur war unsere Betul stammt unsere Süd- weltwärts-Freiwillige Tamara Petrovic im Nord-Freiwillige Arshia Chou- Einsatz – bis die Corona-Pandemie sie drie, die mit »The Indigo innerhalb von Stunden aus ihrem Leben Connection« einen englisch- in Indien warf (Seite 10). sprachigen Blog ins Leben gerufen hat (Seite 18). Nagpur Sitz unseres Ankerpartners Ecumenical Sangam, der sich aktuell – wie unsere anderen indischen Partner- organisationen auch – vor allem in der Corona-Sofort- hilfe engagiert (Seiten 4 und 16). Im benachbarten Dorf Delhi Bamhani betreibt der Sangam eine nachhaltige Land- wirtschaft, die vom Land Hessen und nun auch von der Chittoor Phagi Erbacher Stiftung und dem Hand in Hand-Fonds geför- In dieser südindischen dert wird (Seite 17). Stadt erlebten meh- rere unserer welt- wärts-Freiwilligen das pandemiebedingte Ende ihres Freiwil- Betul Nagpur Kolkata Kolkata ligendienstes. Arne Im Dorf Khardah, etwa 50 Kilo- Tanger erwischte es meter entfernt von Kolkata im Bamhani am Ende seines Auf- Bundesstaat Westbengalen, hat enthaltes in Indien. Mumbai Nastasia Filimonow einen welt- Er schildert das zer- wärts-Freiwilligendienst bei mürbende Warten KPCWA absolviert. Was sie dort auf den Rückholflug. erlebte, bis die Corona-Pandemie Konstantin Graf von ihren Einsatz vorzeitig beendete, Pfeil kam bereits kurz schildert sie ab Seite 12. nach seiner Ankunft Chittoor Tiruvallur in Indien in Quaran- täne (Seite 10). Bangalore Tiruvallur Sitz unserer Partnerorganisation Bangalore IRCDS, die Bildungslotsen ausbil- det. Für das vom BMZ geförderte Sitz unserer Partnerorganisation Dream School Founda- Projekt gibt es jetzt weitere tion (DSF), die mit Online-Kursen dafür sorgt, dass die Unterstützung für die Corona- pandemiebedingte Bildungslücke nicht zu groß wird. Und Nothilfe (Seite 16). wenn die Schule hoffentlich bald wieder startet, stattet die DSF Lernende und Schulen mit Seife und Desinfektions- mitteln aus (Seite 7). Lesen Sie außerdem in dieser Ausgabe… …wie es mit dem weltwärts-Programm in Zeiten von Corona weitergeht (Seite 15) und wie sich die Pandemie auf die Arbeit der DIZ ausgewirkt hat (Seite 8). Den neuen DIZ-Postkartenkalender für 2021 präsentieren wir Ihnen auf Seite 19. Und die Termine finden Sie wie gewohnt am Ende des Magazins auf Seite 20.
4 Foto: SGUS DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 Hilfe während der Ausgangssperre: Kartoffeln, Zwiebeln, Kekse, Speiseöl, Reis, Dal und Seife erhalten bedürftige Menschen von unserer Partnerorganisation SGUS in West-Bengalen. »Hunger ist die größte Bedrohung« Corona-Krise: Wie sich unsere Partner in Indien für die Ärmsten der Armen engagieren Von Caroline Link haben kein Einkommen mehr, und stärker Helfen, wo es am nötigsten ist: Das und Sybille Franck als das Virus fürchten viele Menschen in war und ist das Gebot in der Pandemie Indien den Hunger. für unsere indischen Partnerorganisatio- Die weltweite Corona-Pandemie hat auch Schon vor der Pandemie hatten viele nen. Es bedeutet insbesondere die Vertei- das Leben nahezu aller Inderinnen und In- Inderinnen und Inder nicht genug zu essen. lung von Lebensmitteln an die Hungern- der schlagartig verändert: Die Regierung Indien befindet sich im Welthunger-Index den. Im Fokus der Arbeit stehen zudem verhängte eine Ausgangssperre, die Polizei (WHI) in der WHI-Schweregradkategorie finanzielle Soforthilfen für die Ärmsten kontrolliert diese strikt. Tagelöhnerinnen »ernst«. »Kein Hunger«, das zweite glo- der Armen, aber auch Aufklärung zur Pan- und Tagelöhner, die auf Baustellen oder in bale Ziel für nachhaltige Entwicklung, ist demie, die Erläuterung von Hygieneregeln der Landwirtschaft arbeiten, können nicht durch Corona in noch weitere Ferne ge- und nicht zuletzt das Mut machen in einer mehr zu ihren Arbeitsstellen gelangen. Sie rückt – nicht nur in Indien. schier aussichtslosen Situation.
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 5 »Für Tagelöhner, die aufgrund der Co- rona-Krise keine Arbeit mehr finden, ist Hunger jetzt die größte Bedrohung«, sagt Stephen Paul Cruz, Leiter unserer süd- indischen Partnerorganisation IRCDS in Tiruvallur. »Schulen und Kindergärten sind geschlossen, die Kinder erhalten dort kein Mittagessen mehr, aber die Fa- milien haben nicht genug Lebensmittel«, beschreibt er die Situation vieler Men- Foto: IRCDS schen aus den besonders marginalisier- ten Gruppen der Dalits und der Adivasi. Ihnen hilft IRCDS: Freiwillige aus den ver- schiedenen Dörfern, die die Arbeit von Kinder und Jugendliche werden von IRCDS betreut, um ihnen Abwechlsung im bedrohli- chen Alltag der Corona-Pandemie zu geben. IRCDS unterstützen, geben eine Mahlzeit am Tag an Kinder aus, damit diese über- haupt etwas zu essen bekommen. Beson- men Inderinnen und Inder Anspruch auf nable Development (CFSD) in Nagpur. ders bedürftige Familien erhalten zudem staatliche Unterstützung. Die sogenann- Diese Menschen, häufig Dalits und Adi- Reis, Weizen und Öl. te »Ration Card« berechtigt sie jeder- vasi, bekommen daher auch keine staat- »Gleich zu Beginn der Ausgangssper- zeit, nicht nur jetzt in der Corona-Krise, lichen Corona-Hilfen. Eine Lücke, die die re starben hier in der Nachbarschaft zwei staatlich subventionierte Lebensmittel in Nichtregierungsorganisationen nun aus- Menschen an Hunger«, erinnert sich Ruby füllen müssen, die mit Spenden Lebens- Nakka, Leiter des Hope Houses in Vello- mittel einkaufen und diese unter großen re. Das war der Auslöser: »Unser Team »Viele Menschen arbeiten als behördlichen Auflagen verteilen. beschloss, den Bedürftigen Mahlzeiten zu Tagelöhnerinnen und Tagelöhner in Einer ebenfalls besonders gefährde- kochen«, berichtet er. 130 Mahlzeiten am weit entfernten Städten. Manche keh- ten Gruppe widmet sich die Organisati- ren nun ohne Arbeit nach Hause zu- Tag werden gekocht und verteilt, hygie- on GRAVIS: »In Indien gibt es eine große rück, andere können den Familien nisch verpackt, die Köche und Köchin- Zahl älterer Menschen, und viele von ih- kein Geld mehr s chicken.« nen tragen Mundschutz.Tag für Tag berei- nen leben in abgelegenen ländlichen Ge- Biswajit Ghoroi, Leiter von SGUS ten sie seitdem Dal und Reis zu, um vor bieten mit großer Armut und mangeln- allem Kinder vor dem Hungertod zu be- der Gesundheits- und Sozialversorgung. wahren. Darüber hinaus verteilen sie – bestimmten Geschäften zu kaufen. »Viele Sie sind zudem bezüglich der Mortalität wie viele andere unserer Partner – Pa- Menschen haben jedoch keine Berechti- die am stärksten von COVID-19 betrof- kete mit trockenen Lebensmitteln, aber gungskarte erhalten, obwohl sie bitterarm fene Gruppe«, erklärt GRAVIS-Direktor auch Seife. sind«, kritisiert Leena Buddhe, Leite- Dr. Prakash Tyagi. Doch ihr Schutz habe Eigentlich haben die besonders ar- rin der Organisation Centre for Sustai- bei den Maßnahmen der Regierung kei- nerlei Priorität. »Ältere Frauen und älte- re Menschen mit Behinderungen sind in Corona-Soforthilfe Indien einem noch größeren Risiko aus- Wir sind überwältigt von der großen Resonanz auf den Katastrophenfonds der gesetzt, da sie noch schlechter ernährt DIZ für die Corona-Soforthilfe in Indien! Bislang sind bereits rund 30.000 Euro sind und öfter erkrankt waren«, erklärt an Spenden eingegangen, mit denen Sie die in diesem Text beschriebenen Hilfen Tyagi. Daher hat sich GRAVIS entschlos- unterstützt haben. Wir danken allen Spenderinnen und Spendern ganz herzlich! sen, vor allem den älteren Menschen in Da die Corona-Krise noch auf unbestimmte Zeit andauert, wird jedoch wei- den Dörfern der Thar-Wüste in Rajasthan terhin Hilfe benötigt. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn Sie auch künftig zu helfen. die Corona-Soforthilfe unserer Partner unterstützen! Für viele Menschen ist sie überlebenswichtig und derzeit ihre einzige Chance, diese Krise zu überstehen. »In vielen ländlichen Gebieten sind äl- tere Menschen isoliert, sie sind sich der Evangelische Bank eG IBAN: DE84 5206 0410 0004 0041 08 Bedrohung durch das Corona-Virus nicht Stichwort: Corona-Soforthilfe voll bewusst«, so Tyagi. Daher nutzt auch GRAVIS die Hausbesuche zur Verteilung
6 DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 der Lebensmittel für die Aufklärung über in dem Distrikt leben davon, Echthaarpe- nestandards einzuhalten. Eine besonde- Corona. Mittlerweile hat die Organisati- rücken anzufertigen – dieses Geschäft ist re Bedeutung bei der Aufklärung kommt on eine breite Palette an Bildungsmateri- vollkommen zum Erliegen gekommen, da den Trained Birth Attendants zu, da sie alien zu COVID-19 entwickelt, aufberei- die Perücken nach China exportiert wur- aus in ihrem jeweiligen Dorf mit behörd- tet für ihre ältere Zielgruppe. den. Auch diese Familien stehen nun voll- licher Erlaubnis nun von Haus zu Haus Eine Versorgungskette für lebensnot- kommen ohne Einkommen da. gehen und darüber informieren, wie sich wendige Güter für die arme Bevölkerung die Krankheit ausbreitet, woran man sie hat die Organisation Youth for Change erkennt und wie man selbst Masken her- (YFC) installiert. Das ehrgeizige Ziel: Je- »Für die Menschen aus unserem stellen kann. der Haushalt in Rurka Kalan soll mit Des- CLATS-Projekt, die an Tuberkulose Stephen Paul Cruz von IRCDS weist infektionsmitteln, Masken, Medikamenten erkrankt sind oder an Lepra leiden, noch auf eine weitere Gefahr in der Pan- und genügend Lebensmitteln ausgestattet ist das Virus eine g roße Gefahr.« demie hin, die ebenfalls eine sehr verletz- sein. »Wir haben bereits mehrere Tausend Karen D’Souza, Leiterin des liche Gruppe betrifft: »Viele Kinder brau- Masken unter den Dorfbewohnerinnen Ecumenical Sangam chen psychologische Unterstützung. Sie und -bewohnern sowie Gesundheitshel- sind verängstigt, weil ihr Leben bedroht ferinnen und -helfern in Rurka Kalan ver- ist, wenn die Eltern die Arbeit verlieren teilt«, sagt YFC-Direktor Gurmangal Dass. Mit einer sehr vulnerablen Gruppe und es nichts mehr zu essen gibt«. Da- 400 bis 500 Atemmasken produzieren die arbeitet unser Ankerpartner in Nagpur: her versucht IRCDS, den Kindern und 40 ehrenamtlichen Näherinnen derzeit »Für die Menschen aus unserem CLATS- Jugendlichen auch Gespräche anzubieten täglich. Davon sollen auch die umliegen- Projekt, die an Tuberkulose erkrankt sind und ihnen so zu ermöglichen, ihre Sor- den Dörfer profitieren. oder an Lepra leiden, ist das Virus eine gen zu teilen. Auch die Organisation Sarbik Gram große Gefahr«, erklärt Karen D’Souza, Die Organisation bietet den Kindern Unnayan Sangha (SGUS) in West-Ben- Leiterin des Ecumenical Sangam. Daher zudem trotz der angespannten Situati- galen verteilt neben Lebensmitteln auch müssen auch deren Familien besonde- on Abwechslung im Alltag: Wenigstens Masken. »Viele Menschen aus der Gegend re Vorsicht walten lassen. Naresh Kolhe, für ein oder zwei Stunden am Tag sollen arbeiten als Tagelöhnerinnen und Tagelöh- Saarika Jangle und die anderen Mitarbei- sie der Enge zu Hause entfliehen können, ner in weit entfernten Städten. Manche tenden aus dem Gesundheitsteam klären Geschichten hören, Origami falten lernen, kehren nun ohne Arbeit nach Hause zu- insbesondere die Menschen in den Slums Schmuck herstellen oder gemeinsam sin- rück, andere können den Familien kein über Corona und die nötigen Verhaltens- gen – alles natürlich mit dem notwendigen Geld mehr schicken«, berichtet Biswajit weisen auf. Aber in den Slums ist es sehr Sicherheitsabstand, der bei diesen Frei- Ghoroi, Leiter von SGUS.Viele Menschen schwer, die Abstandsregeln und Hygie- zeitaktivitäten spielerisch praktiziert wird. Viele Partnerorganisationen engagieren sich in der Corona-Nothilfe und verteilen Lebensmittel an Bedürftige. Foto: IRCDS
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 7 Online-Unterricht gegen die Corona-Bildungslücke Die Dream School Foundation bietet Online-Kurse an – Förderung durch die Stiftung Entwicklungszusammenarbeit des Landes Baden-Württemberg cl/sf. Pandemiebedingt keine Schule mehr Pandemie hilft. In einer Soforthilfe-Akti- Mitarbeitende der DSF schulen alle – das hat die jungen Menschen weltweit on hatte sie zahlreiche bedürftige Fami- Lehrerinnen und Lehrer dieser Schulen, wohl nur kurze Zeit erfreut. In Indien sind lien ihrer Schülerinnen und Schüler un- damit sie ihre Klassen über das richtige mehr als 285 Millionen junge Lernende terstützt. Diese bekamen eine einmalige Verhalten in den meist übervollen Klas- von den Schul- und Universitätsschließun- Spende in Höhe von 2.500 Rupien (rund senzimmern und auch zu Hause in den gen betroffen. Und Online-Lernen schei- 33 Euro) pro Familie. Alle Studierenden Slums der Stadt Bangalore informieren tert gerade in einkommensschwachen in Indien müssen ein Bankkonto mit ei- können. Denn Abstandsgebote sind dort Familien oft daran, dass die Schülerinnen ner Debitkartenmöglichkeit haben – ein viel schwieriger umzusetzen als andern- und Schüler keinen Zugang zu E-Learning- Segen in dieser Situation, denn so konnte orts. »Parallel dazu erstellen wir Flyer, die Ressourcen haben. das Geld für die Soforthilfe direkt trans- in den verschiedenen Muttersprachen der Damit die pandemiebedingte Bildungs- feriert werden. Kumar befürchtet jedoch, Kinder die richtigen Verhaltensweisen er- lücke nicht zu groß wird, hat unsere Part- dass die Probleme der Schülerinnen und klären«, berichtet Kumar. Diese Informati- nerorganisation Dream School Founda- Schüler und ihrer Familien unter anderem onen sollen die Schülerinnen und Schüler tion (DSF) Online-Unterricht für die aufgrund von steigender Arbeitslosigkeit an ihre Familien und die Nachbarschaften von ihr unterstützten Schülerinnen und nicht so schnell enden werden. weitergeben. Schüler initiiert. Doch um diese Angebo- Doch Maitreyee Kumar denkt auch Für dieses weiterführende Projekt te nutzen zu können, benötigen die Schü- schon an die Zeit nach dem Home- konnte die DIZ Baden-Württemberg lerinnen und Schüler Zugang zu einem schooling, wenn es hoffentlich im Herbst 9.900 Euro von der Stiftung Entwicklungs- Smartphone, Tablet oder Laptop – und oder Winter für alle Kinder und Jugend- zusammenarbeit generieren, die Landes- auch eine gute Verbindung zum Internet. lichen wieder zurück in die Schulen geht. mittel für einen Corona-Soforthilfe-Fonds »Zwar verfügen inzwischen fast 60 Pro- Wenn es soweit ist, sollen Schülerinnen zur Verfügung stellt. Wir freuen uns sehr, zent von ihnen über ein Endgerät, das teil- und Schüler von zwölf staatlichen Schu- die wichtige Arbeit der Dream School weise auch gemeinsam genutzt wird«, so len, mit denen die DSF eng zusammenar- Foundation damit unterstützen zu können! Maitreyee Kumar, Leiterin der DSF. »Aber beitet, mit Seife, Desinfektionsmitteln und es gibt immer noch einige, die die Online- zwei wiederverwendbaren Masken ausge- Lernangebote mangels Ressourcen nicht stattet sein. »Ehemalige Schülerinnen von nutzen können.« uns nähen nicht nur die Masken, sondern Mit einer Spendenkampagne will die auch kleine Umhängebeutel, so dass die DSF gebrauchte Smartphones, Tablets Kinder alles stets bei sich tragen können«, Mit finanzieller Unterstützung des Staatsministeriums Baden-Württemberg über die oder Laptops sammeln. Noch immer feh- erklärt Maitreyee Kumar. Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden- len jedoch Endgeräte. Darüber hinaus sollen die zwölf Württemberg (SEZ). Der Online-Unterricht ist bereits der Schulen mit Stati- zweite Schritt, mit dem die DSF in der onen zur Hände- desinfektion aus- gestattet werden, Spenden so dass auch das Bitte helfen Sie durch eine Spende gesamte Perso- an die DIZ BaWü mit, dass alle Kin- nal Zugang dazu der Zugang zu Lernressourcen ha- hat. Denn Hygiene Foto: Maitreyee Kumar ben und ihr Recht auf Bildung – auch fällt schwer, wenn verankert im nachhaltigen Entwick- fließendes Was- lungsziel Nr. 4 – Wirklichkeit wird. ser keine Selbst- verständlichkeit zu Evangelische Bank eG Hause und Seife IBAN: DE50 5206 0410 0003 6904 40 ein teures Luxus- Das Näh-Team der DSF – Schülerinnen sowie Ehemalige – näht Stichwort: Corona-Soforthilfe gut ist. Masken für 1.500 Kinder und Jugendliche.
8 DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 Foto: Jona A. Dohrmann Auch die entwicklungspolitische Bildungsarbeit der DIZ wurde pandemiebedingt auf virtuelle Formate umgestellt – so wie der Vortrag von Rainer Hörig Ende August zum Thema Nachhaltigkeit in Indien. Die DIZ in der Corona-Krise Rückholung von Freiwilligen aus Indien – Große Spendenbereitschaft für den Katastrophenfonds Von Sybille Franck Gebieten, sehr viel besser aufgehoben sieren, weil Indien inzwischen eine strik- als in Deutschland, das zu der Zeit schon te Ausgangssperre angeordnet hatte. Als im März die Corona-Krise in Deutsch- Kontaktsperren angeordnet hatte. Nicht wenige Freiwillige mussten zudem land begann, sah es zunächst so aus, als Kaum hatte das DIZ-Team die ersten eine Odyssee über mehrere indische und bliebe Indien verschont. Viele dachten Rückflüge gebucht, mussten wir sie teil- deutsche Flughäfen in Kauf nehmen, weil optimistisch, dass die Pandemie sich ein- weise umgehend stornieren, da plötzlich es keine direkten Verbindungen mehr gab. dämmen ließe, dass sie sich unmöglich auf der gesamte Flugverkehr zwischen Indien Besonders hart traf es die Freiwilligen, die der ganzen Welt verbreiten könne. Ent- und Deutschland eingestellt wurde. Einige aufgrund der gebotenen Eile nicht mehr sprechend fassungslos reagierten Part- Tage verbrachte das gesamte DIZ-Team die Chance bekamen, sich von den Mitar- ner, Freiwillige, aber auch Eltern, als es von morgens bis abends in Warteschlei- beitenden oder den Zielgruppen in ihren plötzlich seitens des Bundesministeriums fen von Fluggesellschaften, in Telefonaten Organisationen zu verabschieden. für wirtschaftliche Zusammenarbeit und mit Partnerorganisationen und Freiwil- Für die Freiwilligen eine erschüttern- Entwicklung (BMZ) hieß, dass alle welt- ligen, und nicht zuletzt auch in Gesprä- de Erfahrung, wie wir in der Nachbe- wärts-Freiwilligen von jetzt auf gleich nach chen mit den Konsulaten, um alle noch treuung erfuhren: Helena Bartsch und Deutschland zurückkehren müssten. Zu rechtzeitig zurück nach Hause holen zu Melina Schmidt, die bei der DIZ die Frei- diesem Zeitpunkt gab es kaum Infektio- können. willigen betreuen, boten allen Rückkeh- nen in Indien. Viele dachten, sie seien in Für einige Partner war allein die An- renden Gesprächsrunden über mehre- Indien, gerade in abgelegenen ländlichen reise zum Flughafen schwierig zu organi- re Wochen hinweg an, um die Erlebnisse
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 9 zu verarbeiten. Die Freiwilligen sprachen delte sich mit Beginn der Pandemie radi- nicht allein zu lassen. So berieten wir uns aber nicht nur über ihre abrupte Abreise kal (siehe Bericht ab Seite 4). Und sofort mit unseren Partnern Ecumenical Sangam, und die Auswirkungen der Corona-Kri- war dem DIZ-Team klar, dass wir unsere IRCDS und Dream School Foundation se in Indien, sondern auch über andere Partner bei ihren Bemühungen unterstüt- und stellten gemeinsam mit ihnen För- Themen, die sie bewegten. Die Gesprä- zen wollten, Menschen mit Lebensmitteln deranträge beim BMZ und bei der Stif- che fanden natürlich als Videokonferen- zu versorgen und die Ausbreitung des Vi- tung Entwicklungszusammenarbeit, die al- zen statt – ein Werkzeug, das in unserem rus einzudämmen. Bereits seit vielen Jah- lesamt in voller Höhe bewilligt wurden Arbeitsalltag nun ganz selbstverständlich ren hat die DIZ einen Katastrophenfonds, (siehe Seite 7 und 16). Einzug gehalten hat. den wir wegen des verheerenden Tsuna- 23 weltwärts-Freiwillige mussten ihren Dienst mis im Jahr 2004 ins Leben gerufen hat- ten. Nun etablierten wir ihn also wieder: 1 weltwärts-Freiwillige reiste nachträglich im Schweizer Rückholprogramm aus Wir telefonierten mit den Partnern und vorzeitig beenden veröffentlichten nach und nach, wie sie der Krise begegnen, was sie tun, um ih- Auch die dritte Säule der DIZ, die ent- Ganz anders hingegen geht es – noch ren Zielgruppen gerade in dieser schwe- wicklungspolitische Bildungsarbeit, muss- immer – den indischen Süd-Nord-Frei- ren Zeit zur Seite zu stehen, wie sie Men- ten wir umstellen – und versuchen, das willigen, die ihren weltwärts-Freiwilligen- schen vor dem Hungertod bewahren. Es Beste daraus zu machen: Statt zu Präsenz- dienst in Deutschland leisten. Sie wur- waren aufwühlende und bewegende Ge- veranstaltungen treffen wir uns nun virtu- den nicht mit Beginn der Pandemie spräche, die wir mit den Mitarbeitenden ell zu Vorträgen und Diskussionsrunden. nach Indien zurückgeschickt – ganz im vor Ort führten. So schade es ist, auf das persönliche Ge- Gegenteil: Einige von ihnen mussten ih- Wir sind überwältigt von der großen spräch zu verzichten, so schön ist es, nun ren Aufenthalt unfreiwillig verlängern. Spendenbereitschaft! Rund 30.000 Euro indische Referentinnen und Referenten Denn noch immer ist es innerhalb In- habt Ihr / haben Sie gegeben, um den be- direkt zuschalten zu können und die neu- diens vielerorts nicht möglich, von ei- troffenen Menschen in Indiens Slums und en Veranstaltungsformate viel mehr dazu ner Stadt in die nächste zu reisen, viele Dörfern zu helfen! Nicht nur wir, son- zu nutzen, indische Stimmen zu Wort kämen vom Flughafen also gar nicht bis dern vor allem unsere indischen Partner kommen zu lassen. Im September wer- zu ihren Familien. Auch sie mussten Zu- den wir noch die Gelegenheit haben, mit kunftspläne verwerfen und sich neu ori- entieren. Zudem treibt sie die Sorge um 5 weltwärts-Freiwillige im Rückholprogramm der Bundesrepublik Deutschland Vertreterinnen und Vertretern des Ecu- menical Sangam in Nagpur und der Dre- ihre Familien in Indien um. Auch für die am School Foundation in Bangalore zu indischen Freiwilligen keine einfache Si- sprechen und Informationen direkt aus tuation, die wir ebenfalls mit regelmä- sind dankbar für diese großzügige Unter- erster Hand zu bekommen. Sollte Coro- ßigen Videokonferenzen versuchten auf- stützung, mit Hilfe derer unzähligen Fami- na irgendwann Geschichte sein, möchten zufangen. Erschwerend kam hinzu, dass lien über die erste Not hinweggeholfen wir uns dies unbedingt erhalten und das die Freiwilligen aus ihren Einsatzstellen werden konnte. Regelmäßig telefonieren in der Krise erworbene Wissen weiter- ins Homeoffice geschickt wurden und wir noch immer mit unseren Partnern. hin nutzen. sie keinen persönlichen Kontakt mehr Sie berichten uns von ihrer täglichen Ar- So begleitet uns die Corona-Pandemie zu den Kolleginnen und Kollegen hatten. beit, aber vor allem auch von den großen weiterhin in unserem Alltag. Wir warten Doch nicht nur im weltwärts-Freiwilli- Sorgen der Menschen. ab, wie es mit dem weltwärts-Programm gendienst gab es gravierende Veränderun- Erfreulicherweise sahen auch Geldge- weitergeht (siehe Bericht auf Seite 15) gen für unsere tägliche Arbeit. Vor allem ber die Notwendigkeit, Partner im Glo- und wir tun, was wir können, um unsere die Arbeit unserer indischen Partner wan- balen Süden in dieser weltweiten Krise Partner bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Herzlichen Dank Wir danken allen Spenderinnen und Spendern für die großzügige Unterstützung für den Katastrophenfonds!
10 Foto: Konstantin Graf von Pfeil DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 Ein Quarantänestempel bindet Konstantin Graf von Pfeil ans Haus. Von Ausgangssperren und Rückholflügen Wie die weltwärts-Freiwilligen der DIZ die Corona-Pandemie in Indien und das unfreiwillige Ende ihres Einsatzes erlebt haben Zwischen Wut und Dankbarkeit selber entscheiden? Andererseits emp- alle Menschen. Ich denke an die, die nicht Tamara Petrovic, Freiwillige bei der Society for fand ich Dankbarkeit dafür, dass ich zu- in Sicherheit sind. Wie geht es meinen Indian Institute of Rural Management (SIIRM) rückgeholt wurde, denn übertrieben war Freunden in Indien?« in Phagi das nicht. Meine Partnerorganisation hat wegen Zermürbendes Warten »Ich erinnere mich noch an den Dezem- der Corona-Pandemie die Bildungsstät- auf den Rückholflug ber 2019. Meine Mitfreiwillige und ich hö- te geschlossen. Lokale Ausnahmezustände Arne Tanger, Freiwilliger bei der Society for ren in den Nachrichten zum ersten Mal wurden ausgerufen. Auch in Deutschland Community Action Network-India (SCAN-In- von Corona in China und den Warn- hatte ich weniger Freiheiten als zuvor. dia) in Chittoor schildern am Flughafen. Wir waren uns Doch wir werden das überleben! Wir einig: Übertrieben. Dieses ›Übertriebe- müssen nicht um unser Leben fürchten, »Mitte März freue ich mich nach fast ne‹ warf mich einige Wochen später in- sondern können in einer warmen Woh- sechs Monaten auf die beiden letzten Wo- nerhalb von Stunden aus meinem Leben nung mit genügend Nahrung und vielen chen in meiner Einsatzstelle als Freiwilli- in Indien. Meine Gefühle? Chaos! Da war digitalen Vernetzungsmöglichkeiten die ger der DIZ im südindischen Bundesstaat einerseits Wut. Wieso darf ich das nicht Quarantäne genießen. Das können nicht Andhra Pradesch. Noch gibt es in Indien
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 11 kaum Corona-Fälle und für mich ist die leer. Unheimlich, als hätte man nur für uns weltwärts-Freiwilligen wegen der Pande- Lage in Europa weit weg. Die DIZ bucht geöffnet. Nach einer Kontrolle durch Mit- mie nach Deutschland zurückgeholt wer- mir einen Rückflug für den kommenden arbeiter in weißen Overalls und mit Mas- den. Ich hatte noch etwa eine Woche, um Montag, Anordnung von weltwärts. Nur ken darf ich hinein. Am frühen Morgen mich zu verabschieden. Da zu diesem ein paar Tage später ist mein Flug annul- Zeitpunkt auch die Schulen geschlossen liert, alle internationalen Flüge in Indien wurden, musste ich mich direkt von den untersagt und eine Ausgangssperre ist zur Kindern verabschieden. Als Abschluss ge- strengen Pflicht geworden. stalteten wir noch eine Deutschstunde. Nach Tagen gibt es eine Zusage vom Dann wurde bekannt, das Indien ab Foto: Justus Gstettenbauer deutschen Konsulat für einen Rückholflug. dem 22. März alle internationalen Flüge Im Lockdown und den strengen Strafan- streicht. Ich war jedoch bis zum 26. März drohungen der Polizei erscheint die An- in häuslicher Quarantäne und somit in In- reise zum rund 185 Kilometer entfernten dien ›gefangen‹. Deshalb trug ich mich in Flughafen in Bangalore aber als unmöglich. die Liste des Auswärtigen Amtes für die Mein Gastvater vollbringt die Herkules- aufgabe und organisiert nur dank persön- Arne Tanger licher Kontakte die nötige Sondergeneh- migung von der Polizei. Ein Fahrer fährt dürfen wir dann müde aber froh in eine uns in der Mittagshitze über leere High- Maschine von Air India steigen. An Board ways für eine horrende Summe bis zum keine Sicherheitseinweisungen und etwas Treffpunkt des Konsulats, einem Hotel in kaltes Essen. Die vermummte Crew sagt, der Großstadt Bangalore. sie solle keinen Kontakt zu den Passagie- An einem Checkpoint auf dem Weg ren haben. Einige Stunden später laufe ich sehen wir vielleicht 300 Menschen am nach der Landung durch das erstaunlich Foto: privat Straßenrand warten. Sie sind gestrandet. belebte Terminal in Frankfurt am Main. Später auf seiner nächtlichen Rückfahrt Niemand interessiert sich für uns. Noch weigert sich die Polizei, die Papiere mei- ungläubig löse ich ein Ticket und mache nes Gastvaters auch nur zu sichten. Sie mich auf den Heimweg.« Tamara Petrovic müssen aufwändig über Umwege zurück- kehren. In dem großen noblen Hotel fin- Häusliche Quarantäne Rückholflüge ein. Die Tage in Quarantäne det jetzt nur noch ein minimaler Not- statt Freiwilligendienst verliefen sehr eintönig, mangels Beschäf- betrieb statt. Die wenigen europäischen Konstantin Graf von Pfeil, Freiwilliger bei der tigung habe ich viele Netflix-Filme gese- Gäste verteilen sich weitläufig und mit Health Education Adoption Rehabilitation De- hen. Am Abend des 24. März gab die in- Decken hat sich das Konsulat einen Teil velopment Society (HEARDS) in Chittoor dische Regierung bekannt, dass sich ganz des Foyers abgetrennt. Indien ab dem nächsten Tag im Lockdown Am Morgen finde ich einen Brief vor »Kaum war ich in Indien bei meiner Part- befindet. Meine Quarantäne wurde ver- meiner Tür. Die Polizei isoliert das Ge- nerorganisation HEARDS angekommen, längert, doch Ende März bekam ich die bäude. Wer rausgeht kommt in staatliche wurde ich auch schon vom lokalen Health Nachricht der deutschen Botschaft, dass Quarantäne. Der Termin des Fluges ver- Department gebeten, mich nur noch in ich am 3.April ab Chennai nach Deutsch- zögert sich auch – organisatorische Pro- unmittelbarer Umgebung des Hauses auf- land fliegen könne. bleme. Es dauert drei Tage, in denen mir zuhalten. Diese Anordnung beeinträchtig- Meine indischen Kontaktpersonen mein Warten im Einzelzimmer auf das te meine ersten Tage nur geringfügig, da besorgten mir einen Vehikelpass, um die Gemüt schlägt. sich die von HEARDS betriebene Schu- Grenze zwischen Andhra Pradesh und Ta- Dann, am 31. März, geht es kurz nach le gleich neben der Wohnung befand. So mil Nadu passieren zu können. Die Fahrt Mitternacht endlich los. Ich kann gerade konnte ich dem Unterricht trotzdem bei- nach Chennai und die Ausreise verliefen noch so mit meinem restlichen Geld die wohnen. mit vielen Kontrollen, Fiebermessungen Übernachtungen zahlen. Doch nach einigen Tagen kam das und Maskentragen ohne große Probleme. In sieben Bussen und mit viel Poli- Health Department vorbei und ordne- So bin ich dann, ohne viel von Indien ge- zei werden die etwa 250 Reisenden zum te eine häusliche Quarantäne an. Mittler- sehen zu haben, wieder in Deutschland Flughafen gefahren. Das Terminal ist völlig weile war bereits beschlossen, dass alle angekommen.«
12 Foto: Nastasia Filimonow DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 Der Schneiderkurs von KPCWA eröffent Frauen neue finanzielle und berufliche Perspektiven. Damit Frauen die gleichen Chancen haben Ein weltwärts-Freiwilligendienst im Bereich Projektkoordination bei der DIZ-Partnerorganisation KPCWA in Westbengalen Von Nastasia Filimonow lem an Frauen und Kinder richten. In mei- neue berufliche und finanzielle Perspek- nem Freiwilligendienst habe ich KPCWA tiven eröffnen. Da die ländliche Bevölke- Schmale Wege schlängeln sich von einem bei der Projektkoordination und Adminis- rung häufig kein oder nur wenig Englisch Teich zum nächsten, umgeben von tiefgrü- tration unterstützt. Zu meinen Hauptauf- beherrscht, habe ich beim Ausfüllen der nen Bäumen wie in einem Dschungel so- gaben zählten die Schneider- und Stick Anmeldeformulare für die Kurse gehol- wie herumlaufenden Kühen, Ziegen, Hüh- kurse unter der Paschim Banga Society fen. Anschließend wurden die Teilnehme- nern und Hunden. Inmitten dieser Idylle for Skill Development (PBSSD) der Re- rinnen im PBSSD-Onlineportal registriert, befindet sich die Nichtregierungsorgani- gierung von Westbengalen. Frauen in In- indem ihre persönlichen Daten eingetra- sation Khardah Public Cultural & Welfa- dien haben heute zwar theoretisch die- gen und ihre Fingerabdrücke genommen re Association (KPCWA), die Einsatzstel- selben Chancen auf Bildung wie Männer, wurden. le meines weltwärts-Freiwilligendienstes. aber viele Frauen der ländlichen Umge- Die Trainingsprogramme fanden von Das Dorf Khardah liegt fast 50 Kilome- bung heiraten nach dem Schul- oder Uni- Montag bis Samstag in einem Seminar- ter entfernt von Kolkata im Bundesstaat versitätsabschluss und gehen dann aus- raum unseres Büros statt. Zu Beginn und Westbengalen. schließlich häuslichen Tätigkeiten nach. am Ende jeder Sitzung habe ich die Anwe- Die Arbeit von KPCWA leistet einen Die Trainingsprogramme haben das senheit der Teilnehmerinnen durch einen Beitrag für die ländliche Bevölkerung, die Ziel, die Fähigkeiten der Teilnehmerinnen Scan ihrer Fingerabdrücke geprüft. Häufig durch Minderheitsgruppen wie Muslime weiterzuentwickeln. Die Frauen können war ich auch in dem Kurs anwesend und gekennzeichnet ist. Die Organisation bie- sich zum Beispiel zuhause als Schneiderin habe Fotos zur Dokumentation gemacht. tet vielfältige Projekte an, die sich vor al- selbstständig machen, wodurch sich ihnen Mein Freiwilligendienst war sehr ab-
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 13 Foto: Mosharof Hossain Foto: Marika Schönherr International Mother Language Day: Nastasia (l.) und ihre Mitfreiwil- Nastasia Filimonow mit Teilnehmerinnen des Schneiderkurses. lige Marika Schönherr halten eine Rede über ihre Muttersprache. wechslungsreich, da KPCWA ein breites beitskolleginnen und -kollegen waren Angebot an Projekten hat und ich in un- sehr hilfsbereit und wir haben viel au- KPCWA terschiedliche Bereiche reinschnuppern ßerhalb der Arbeitszeiten unternommen. Die im Jahr 1990 gegründete Organisa- durfte. Ein weiteres Projekt ist das Kin- Marika und ich hatten jeweils ein eigenes tion Khardah Public Cultural & Welfare derheim für Jungen, die tagsüber auf der Zimmer in dem Gebäude der Organisa- Association (KPCWA) hat ihren Sitz in Straße sind oder betteln. Die Kinder be- tion, wo auch weitere Arbeitskolleginnen der Nähe von Kolkata im Bundesstaat Westbengalen. Sie verfolgt das Ziel, die kommen neben Verpflegung und regel- und -kollegen untergebracht waren. Die Lebensumstände der ärmeren und un- mäßigen medizinischen Untersuchungen Köchinnen von KPCWA versorgen uns terprivilegierteren ländlichen Bevölke- auch die Möglichkeit, sich kreativ oder mit drei Mahlzeiten am Tag und stellen si- rung zu verbessern. Die Projekte von sportlich auszutoben. Bei einem Malwett- cher, dass wir immer eine Tasse Tee haben. KPCWA richten sich überwiegend an bewerb durfte ich am Ende die Preise an Dank dieser Wohnsituation habe ich viel Frauen und Kinder. Zu den Schwer- die Gewinner und Trostpreise an alle Kin- über die Lebensweise, das Essen und die punkten der Organisation zählen Skill der verteilen. Sprache in Westbengalen gelernt. Development, die Stärkung von Frauen Eines der größten Ereignisse während Wegen des sich ausbreitenden Coro- z.B. durch Leadership Development- Programme und die Gesundheitsför- meines Freiwilligendienstes war die Fei- navirus wurde das Büro von KPCWA ab derung. So betreibt KPCWA unter an- er zum International Mother Language dem 23. März geschlossen; der Schnei- derem ein Kinderheim für Jungen und Day am 21. Februar 2020. Dieser Tag ist derkurs wurde schon einige Tage früher ein Yoga-Zentrum für Kinder. Ein wei- in Westbengalen von großer Bedeutung stillgelegt. Meine Organisation gab mir teres Projekt ist die Unterstützung und emotionalem Wert, da er auf die ben- die Anweisung, das Haus sicherheitshal- von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern galische Sprachbewegung zurückgeht, die ber nicht mehr alleine zu verlassen. CO- durch Schulungen zu Unternehmens- sich für die Anerkennung von Bengalisch VID-19 stellte den Alltag in Indien, wie ich führung und Bio-Landwirtschaft. als offizielle Staatssprache im heutigen ihn kannte, auf den Kopf www.kpcwa.org/ Bangladesch einsetzte. Die Veranstaltung Wie alle weltwärts-Freiwilligen muss- von KPCWA zelebrierte die bengalische te ich meinen Freiwil- Sprache mit Musik und Tanz und zeich- ligendienst wegen der nete zahlreiche Personen für ihr sozia- Pandemie leider vor- les Engagement aus. Meine Mitfreiwillige zeitig beenden und Marika und ich hatten die Aufgabe, den nach Deutschland Ehrengästen auf der Bühne Blumen und zurückkehren. Doch eine Brosche zu überreichen. Außerdem die vier Monate, die Foto: Nastasia Filimonow haben wir eine kleine Rede über unse- ich in Indien verbrin- re Muttersprache Deutsch gehalten und gen konnte, haben wurden von der Lokalzeitung interviewt. mir einen einzigarti- Abgesehen von dem abwechslungsrei- gen Einblick in diese chen Arbeitsalltag war die familiäre Atmo- spannende Kultur er- sphäre bei KPCWA eine Besonderheit möglicht! meines Freiwilligendienstes. Meine Ar- Gebäude von KPCWA.
14 DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 Ideen zum virtuellen Freiwilligendienst weltwärts-Partnerworkshop findet online statt – 38 Teilnehmende treffen sich per Videokonferenz sf. Die Zukunft des Freiwilligendienstes der deutsche Frei- stand im Mittelpunkt des ersten Teils des willige willkommen 16. weltwärts-Partnerworkshops, den die heißen zu können. DIZ für ihre indischen Partner anbietet. Die S ituation Normalerweise reisen dazu DIZ-Mitar- der indischen beitende ebenso wie Vertreterinnen und Wa n d e r a r b e i t e r Vertreter aus den verschiedenen indi- innen und Wander schen Regionen nach Nagpur, um sich arbeiter war zu Be- für vier Tage zu treffen, sich auszutau- ginn der strik ten Foto: IIYW Ausgangssperre in Indien auch Thema in den deutschen Medi en. Da d iverse Part- Shilpa Mirashi, Direktorin der Partnerorganisation IIYW, zele- brierte feierlich das traditionelle Entzünden der Kerze, um den nerorganisationen in Partnerworkshop zu eröffnen. der Nothilfe für die- schen und zu diskutieren. Doch die Co- se Menschen aktiv sind oder Kinder, die Der zweite Teil des virtuellen Work- rona-Pandemie hat auch diese Pläne zu- wegen der Schulschließungen keine Mit- shops richtete sich an die noch neuen nichte gemacht – und stattdessen findet tagsmahlzeit mehr bekommen und hun- Partnerorganisationen, die bislang nur ei- der diesjährige Partnerworkshop nun vir- gern, oder Tagelöhner und -löhnerinnen, nen oder gar keinen Freiwilligen empfan- tuell in mehreren Etappen statt. die keiner Arbeit mehr nachgehen durf- gen konnten. Das nächste virtuelle Tref- Wie also kann es nun in Pandemie- ten, unterstützen, tauschten sich die Or- fen ist auch bereits geplant – in einem Zeiten weitergehen mit dem weltwärts- ganisationen auch darüber aus, wie sie die aber sind sich die Teilnehmenden einig: So Programm? Die indischen Partner ent- Pandemiesituation erlebt haben. Ein gro- wickelten im Workshop dazu zahlreiche ßes Dankeschön richtet sich an die Spen- sinnvoll und praktisch es ist, sich virtu- Ideen, wie Freiwillige schon vor einer derinnen und Spender – darunter zahlrei- ell zu treffen – die Gastfreundschaft des möglichen Ausreise von Deutschland aus che ehemalige weltwärts-Freiwillige –, die Rainbow Gästehauses kann nicht ersetzt ihren Freiwilligendienst starten können: die Nothilfe großzügig unterstützten! werden! Soziale Medien sind eine Kernkompetenz der jungen Generation, hier könnten die Freiwilligen auch aus der Ferne unterstüt- zen, sie könnten Kurzvideos über ihre Heimat drehen oder auch indischen Kin- dern und Jugendlichen Musik oder Kunst virtuell nahebringen. Auch für Freiwillige übliche Aktivitäten, etwa Berichte oder Fallstudien zu schreiben, wären auf die Entfernung hin denkbar. Da die Zahl der Neuinfektionen in Indien immer weiter steigt und mit dem Höhepunkt der Er- krankungen erst im November gerechnet wird, geht im Kreis der Partnerorganisa- Die Teilnehmenden diskutierten online über die aktuelle Situation in der Corona-Pandemie und die Auswirkungen auf den weltwärts-Freiwilligendienst. tionen niemand davon aus, sehr bald wie-
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 15 weltwärts – quo vadis? Von Jona Aravind Dohrmann arbeit und Entwicklung (BMZ) eine Über- gangsweise nur unter Vorlage eines sol- gangsregelung bis in den Sommer 2021 chen Konzepts möglich sein werden. Viele von uns können sich noch Jahre spä- geschaffen hat, die es den Entsendeorga- Wie die für das weltwärts-Programm ter an markante Daten erinnern. Zu »nine nisationen erlaubt, weiterhin einen Groß- zuständige Referatsleiterin Annette eleven« weiß wohl jeder und jede, wo er teil der Kosten für die Geschäftsstellen Chammas zum Ausdruck brachte, hat nie- oder sie damals waren. Unser diesjähri- (Gehalt, laufende Kosten etc.) zu zahlen. mand im BMZ ein Interesse daran, das ges »nine eleven« lautet »three eleven«. Dieses Entgegenkommen schätzen wir Programm zu beenden. Das gibt uns die Am Vormittag des 11. März sind noch zwei sehr, ermöglicht es uns doch, die seit über Hoffnung, nach dieser für alle schwierigen weltwärts-Freiwillige voller Vorfreude nach zwölf Jahren gewachsene Struktur mit un- Zeit die weiterhin vorhandenen »Syste- Erledigung umfangreicher Visa-Formalitä- ten endlich nach Indien ausgereist. Am Abend desselben Tages erhielt ich am spä- ten Abend einen Anruf meiner Kollegin, in dem es darum ging, dass eine weitere Frei- willige, für die ein Abendflug nach Indien gebucht war, nicht mehr ausreisen durfte, weil die Indische Botschaft die Corona-In- fektionszahlen in Deutschland als besorg- niserregend einstufte und Indien abschot- tete (siehe auch Bericht auf Seite 8). Zum heutigen Zeitpunkt sind seit sechs Monaten weder Entsendungen nach Indien noch Aufnahmen von Freiwilligen aus Indien erfolgt. Die Folgen des Still- Foto: CMM stands waren vielfältig. Viele weltwärts-In- teressierte (nicht nur der DIZ und der DIZ Baden-Württemberg) fragen sich, wann Entsendungen wieder möglich sein Hoffentlich bald wieder möglich: Freiwilligendienst in Indien. Das Foto zeigt Chiara Wize- werden. Im Herbst soll der kommerzi- mann bei unserem Partner CMM. elle Flugverkehr zwischen Deutschland und Indien wieder aufgenommen wer- seren ca. 30 indischen Partnern aufrecht- me« wieder hochfahren zu können. Vor- den. Aber Indien ist weiterhin als Risi- zuerhalten. In jedem Fall nehmen wir sichtig optimistisch hoffen wir – gemein- kogebiet eingestuft und wird es voraus- schon jetzt Bewerbungen für den welt- sam mit unseren Partnerorganisationen sichtlich noch einige Zeit bleiben. Damit wärts-Freiwilligendienst im kommenden – auf erste Entsendungen im späten Früh- sind Entsendungen natürlich derzeit aus- Jahr entgegen! jahr 2021.Vielleicht sind Aufnahmen indi- geschlossen. scher Freiwilliger nach Deutschland auch Da sich die DIZ-Geschäftsstelle (und schon früher wieder möglich. In jedem die der DIZ Baden-Württemberg) zum Fall nehmen wir schon jetzt Bewerbun- großen Teil aus Fördermitteln aus dem gen für den weltwärts-Freiwilligendienst weltwärts-Programm finanziert, stellte sich Momentan können wir uns nur virtu- im kommenden Jahr entgegen! die für uns existentielle Frage nach dem ell über die einschlägigen Plattformen se- Sowohl die indischen Partner als auch Fortbestand der Geschäftsstelle, wie wir hen, arbeiten aber auch auf diese Weise wir gehen fest von der Wiederaufnahme sie kennen. an der Weiterentwicklung des weltwärts- des weltwärts-Programms aus und arbei- Ein unmittelbares Aus konnte dadurch Programms. Dazu gehört auch die For- ten hart für diesen Tag, an dem die oder abgewendet werden, dass das Bundesmi- mulierung eines Hygiene-Konzepts, da wir der erste Freiwillige wieder einen Flieger nisterium für wirtschaftliche Zusammen- davon ausgehen, dass Entsendungen über- nach Indien oder Deutschland besteigt.
16 DIZ aktuell • Nr. 85 • 3. Quartal 2020 Foto: Amit Kalaskar Mitarbeitende des Sangam verteilten Desinfektionsmittel und Masken an die Panchayats in 80 Dörfern. Massive Aufstockung BMZ stellt in der Corona-Pandemie zusätzliche Mittel für Projekte des Ecumenical Sangam und von IRCDS zur Verfügung Von Jona Aravind Dohrmann Zum Glück sind Mobiltelefone in Indi- Diese Engpässe haben wir auch mit en – auch in den Dörfern – mittlerweile dem BMZ besprochen. Relativ unbüro- Schon sehr früh zu Beginn der Corona- recht weit verbreitet. Dies machten sich kratisch konnten wir aufgrund der von Krise war klar, dass die laufenden vom die Gesundheits – und Sozialteams bei- den indischen Partnern zur Verfügung BMZ (Bundesministerium für wirtschaft- der Organisationen zunutze, und berieten gestellten Informationen und geäußerten liche Zusammenarbeit und Entwicklung) die Zielgruppen durch engmaschige Tele- Bedarfe Aufstockungsanträge an das Ent- geförderten Projekte nicht wie geplant fonate mit den Menschen, mit denen sie wicklungshilfeministerium stellen, die be- weiterlaufen könnten. eben noch persönlich bei Dorfbesuchen reits Ende Juni 2020 bewilligt wurden. Die Neben der Verzögerung des Projekt- in Kontakt gestanden hatten. Aufstockung durfte rund die Hälfte des ablaufs aufgrund der sehr strengen Aus- Darüber hinaus nahmen sowohl der bisher bewilligten Projektvolumens betra- gangsbeschränkungen in Indien waren die Sangam als auch IRCDS wahr, dass vielen Mitarbeitenden des Ecumenical Sangam Menschen der Zugang zu Information über (Nagpur, Zentralindien) und IRCDS (Ti- das neuartige Virus sowie die entsprechen- ruvallur, Südindien) gezwungen, ihre Arbeit den Schutz- und Hygieneartikel fehlten. im Bereich der Lepra – und Tuberkulose- Zusätzlich mangelte es vielen Menschen aufklärung (Ecumenical Sangam) sowie der schlicht an ausreichend Geld, um die not- Bildungsförderung (IRCDS) anzupassen. wendigsten Nahrungsmittel zu besorgen. gen. Ausnahmsweise betrug der Finanzie- Zwei große Projekte profitieren rungsanteil des BMZ für die Corona-Auf- stockung 90 Prozent (sonst 75 Prozent). Bei dem Bildungsprojekt von IRCDS (siehe DIZ aktuell Nr. 84, Seite 12 f.) beträgt Damit konnten Ihre Spenden, die zuguns- die Aufstockung des Projektvolumens 21.009 Euro, wovon das BMZ 90 Prozent, ten des Sangam und von IRCDS einge- also 18.908 Euro, übernimmt. Die verbleibenden 2.101 Euro konnten wir durch Ihre Spenden abdecken. setzt wurden, um das Zehnfache aufge- stockt werden! Das zeigt nochmals ganz Beim Lepra- und Tuberkulose-Aufklärungsprojekt des Sangam (siehe DIZ aktuell Nr. 83, Seite 7 ff.) beträgt die Aufstockung des Projektvolumens gar 96.207 Euro, deutlich, wie wichtig jede auch noch so wovon das BMZ ebenfalls 90 Prozent oder 86.586 Euro übernimmt. Dank Ihrer kleine Spende für die Arbeit unserer in- Spenden können wir gut die verbleibenden 9.621 Euro schultern. dischen Partner ist, wenn wir diese durch unsere Anträge aufstocken können!
— Das Magazin der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit e. V. — 17 Foto: Awadhut Kukadkar Corona beeinträchtigt Projekt zur nachhaltigen Landwirtschaft Förderung durch Land Hessen, Erbacher Stiftung und Hand in Hand-Fonds Die Bewässerungssysteme sind auf den Feldern angelegt, bald gedeihen hier Koriander und Tomaten. sf. Eigentlich sollten momentan zahlrei- che Schulungen des Ecumenical Sangam für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern len Äckern installiert, so dass die jungen stattfinden, um sie über den ökologi- Pflanzen schonend bewässert und mit or- schen Landbau und die Umstellung dar- ganischem Dünger versorgt werden. auf zu informieren. Doch auch den Vor- Andere Vorhaben, etwa die Erweite- haben des Projektes zur nachhaltigen rung des Kuhstalls für mehr Kühe oder Landwirtschaft hat die Corona-Pande- den geplanten Ausbau der Kompostie- mie einen Strich durch die Rechnung ge- rungsanlage, musste das Team ebenfalls Foto: Amit Kalaskar macht: Über viele Monate hinweg verbot verschieben. All diese Pläne können hof- die strikte Ausgangssperre jegliche Be- fentlich bald umgesetzt werden. Ermög- suche bei den Bäuerinnen und Bauern, licht werden sie durch die Zuschüsse Veranstaltungen mit mehr als fünf Per- von drei Institutionen: Das Land Hessen sonen waren bis Ende August nicht er- unterstützt das Projekt zur nachhalti- laubt. Der September bringt vorsichtige Awadhut Kukadkar hält telefonisch Kontakt gen Landwirtschaft ebenso wie die Er- zu den Landwirtinnen und Landwirten, da bacher Stiftung. Außerdem wird es von pandemiebedingt keine Fortbildungen statt- finden dürfen. der Deutschen Umwelthilfe e.V. und der Das Projekt zur nachhaltigen Landwirt- Rapunzel Naturkost GmbH aus Mitteln schaft wird gefördert von: Lockerungen mit sich, so dass auch das des Hand in Hand-Fonds gefördert. Team um Awadhut Kukadkar nun opti- Nicht zuletzt sind es aber Ihre und mistisch in die Zukunft blickt, bald weite- Eure Spenden, die es uns überhaupt er- re Programme anbieten zu dürfen. Doch lauben, Anträge bei Geldgebern zu stel- liegt dies nicht in der Hand des Ecume- len, denn dies funktioniert nur, wenn der nical Sangam, sondern die politische Ent- Eigenanteil gewährleistet ist. scheidung darüber wird vom Infektions- geschehen in Indien bestimmt. Der Ausbau der nachhaltigen Land- Die Felder auf der Farm in Bamhani wirtschaft benötigt weiterhin Ihre bewirtschaftet Awadhut Kukadkar selbst- Unterstützung! Bitte fördern Sie verständlich weiter; Tomaten, Koriander, das gemeinsame Engagement der Bohnen und vieles andere wächst und ge- DIZ und des Ecumenical Sangam deiht dort nun. Glücklicherweise fiel der für die Kleinbäuerinnen und Klein- diesjährige Monsun einigermaßen reichhal- bauern durch Ihre Spende! tig aus, so dass die Familien in den Dör- Evangelische Bank eG IBAN: DE84 5206 0410 0004 0041 08 fern wenigstens eine Sorge weniger haben. Stichwort: Nachhaltige Landwirt- Auch die Tröpfchenbewässerung haben die schaft Mitarbeitenden auf der Farm nun auf al-
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