(CREA) Projekt - Kanton Bern
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Projekt für den Bau und den Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) Blaise Duport Bericht im Auftrag der Regierungen der Kantone Bern und Jura Oktober 2007
2 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
«Im Leben wie im Theater gibt es nur eine Realität: die Utopie.» Jean Vilar «Wunderbar ist, dass das Theater ein Ort ist, wo die grossen Fragen der Menschheit, wie das Leben und der Tod, und das praktische Handwerk zusammentreffen. Es ist wie beim Töpfern. In grossen Zivilisationen ist der Töpfer jemand, der versucht, die grossen Fragen der Menschheit bei seinem Töpferhandwerk umzusetzen. Diese doppelte Dimension ist im Theater möglich, ja, sie macht das Theater geradezu aus.» Peter Brook Hinweis: Um die Lektüre des Berichts zu erleichtern, wird im ganzen Text die männliche Form verwendet. Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) 3
Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung .............................................................................................................................................................................................. 6 1. Einleitung ................................................................................................................................................................................................. 8 2. Auftrag ..................................................................................................................................................................................................... 9 2.1. Steuerungsausschuss .................................................................................................................................................................... 9 2.2. Projektgruppe ................................................................................................................................................................................. 9 2.3. Mitwirkende aus den Kantonen ...................................................................................................................................................... 9 2.4. Ernennung eines neuen Projektleiters ........................................................................................................................................... 9 2.5. Angehörte Persönlichkeiten ........................................................................................................................................................... 9 3. Politisches Umfeld für ein Kulturkonzept der jurassischen Region ....................................................................................................... 10 4. Warum ein interjurassisches Zentrum der Bühnenkünste? ................................................................................................................... 12 5. Standortbestimmung im Berner Jura und im Kanton Jura..................................................................................................................... 14 5.1. Delsberg ....................................................................................................................................................................................... 14 5.2. Neuenstadt ................................................................................................................................................................................... 14 5.3. Moutier ......................................................................................................................................................................................... 14 5.4. Pruntrut......................................................................................................................................................................................... 14 5.5. Saignelégier ................................................................................................................................................................................. 14 5.6. St. Immer...................................................................................................................................................................................... 15 5.7. Saint-Ursanne .............................................................................................................................................................................. 15 5.8. Tavannes...................................................................................................................................................................................... 15 6. Warum eine neue kulturelle Einrichtung? .............................................................................................................................................. 16 7. Untersuchung über die Mobilität des Publikums und dessen kulturelles Verhalten gegenüber den Bühnenkünsten ........................... 18 8. Was das CREA sein sollte..................................................................................................................................................................... 19 8.1. Gastauftritte.................................................................................................................................................................................. 19 8.2. Theaterschaffen ........................................................................................................................................................................... 20 8.2.1. Das Beispiel der Koproduktionen von Espace Nuithonie .................................................................................................. 20 8.2.2. Austausch- und Begegnungsort ........................................................................................................................................ 21 8.3. Ausbildung.................................................................................................................................................................................... 21 8.3.1. Unterricht von Theaterfächern........................................................................................................................................... 21 8.3.2. Ausbildung des jungen Publikums .................................................................................................................................... 22 8.3.3. Die Fondation Cours de Miracles ...................................................................................................................................... 22 8.3.4. Laien- und semiprofessionelle Produktionen .................................................................................................................... 23 8.4. Zusammenarbeit mit anderen Kulturzentren ................................................................................................................................ 23 8.5. Eine Bühne für Musik und Tanz ................................................................................................................................................... 24 8.6. Besonderheit und Einmaligkeit des CREA ................................................................................................................................... 24 8.7. Funktionen und Leistungen des CREA ........................................................................................................................................ 25 9. Welche Säle und Bühnen für das CREA? ............................................................................................................................................. 26 10. Raumprogramm des CREA ................................................................................................................................................................... 27 11. Standort des CREA ............................................................................................................................................................................... 29 12. Machbarkeitsstudie................................................................................................................................................................................ 31 12.1. Allgemeine Überlegungen ............................................................................................................................................................ 31 12.2. Gebäudekosten (BKP 2) .............................................................................................................................................................. 31 12.3. Gesamtinvestition......................................................................................................................................................................... 31 13. Voraussichtliches Budget für den Betrieb des CREA ............................................................................................................................ 33 13.1. Betriebsbudget des CREA ........................................................................................................................................................... 33 13.2. Vergleich mit anderen Theatern ................................................................................................................................................... 34 14. Rechtsform des CREA........................................................................................................................................................................... 35 14.1. Modell Neuenburg ........................................................................................................................................................................ 35 14.2. Modell Freiburg ............................................................................................................................................................................ 35 14.3. Modell La Chaux-de-Fonds .......................................................................................................................................................... 36 14.4. Beantragte Rechtsform für das CREA ......................................................................................................................................... 36 15. Finanzierung des CREA ........................................................................................................................................................................ 37 15.1. Mögliche Baukostenaufteilung ..................................................................................................................................................... 37 15.2. Mögliche Defizitaufteilung ............................................................................................................................................................ 37 16. Einzelheiten und Etappen eines Architekturwettbewerbsprogramms (SIA) .......................................................................................... 38 16.1. Zusammenfassung....................................................................................................................................................................... 38 16.2. Vorstudien .................................................................................................................................................................................... 38 16.3. Organisation des Wettbewerbs .................................................................................................................................................... 38 16.4. Verschiedene Kosten ................................................................................................................................................................... 39 16.5. Herstellung eines Modells ............................................................................................................................................................ 39 16.6. Honorare und Auslagen der Jury ................................................................................................................................................. 39 16.7. Preise, Erwähnungen und Entschädigungen ............................................................................................................................... 39 16.8. Zusammensetzung der Jury......................................................................................................................................................... 39 16.9. Reglement und Programm des Wettbewerbs .............................................................................................................................. 40 17. Strategie Kommunikation und Konsultation........................................................................................................................................... 41 17.1. Etappen und Realisierungsfristen ................................................................................................................................................ 41 18. Schlussfolgerungen ............................................................................................................................................................................... 42 18.1. Danksagung ................................................................................................................................................................................. 43 4 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
Anhang I: Studien, Berichte und Anträge zur Kulturpolitik im Kanton Jura und im Berner Jura (1969-2003) ........................................... 44 Anhang II: Liste der kontaktierten Personen............................................................................................................................................... 46 Anhang III: Liste der kulturellen Veranstaltungen, die im Rahmen der Studie der Universität Genf über die Publikumsmobilität untersucht wurden....................................................................................................................................................................................... 47 Anhang IV: Fazit der Genfer Studie über die Publikumsmobilität und die Kulturpraxis im Bereich der Bühnenkünste im Kanton Jura und im Berner Jura ........................................................................................................................................................................... 48 Anhang V: Lageplan des Geländes Le Gros-Pré in Delsberg..................................................................................................................... 49 Anhang VI: Distanzen in der Region Berner Jura – Kanton Jura ................................................................................................................. 50 Anhang VII: Aufteilung des Betriebsdefizits des Théâtre du Passage gemäss Bevölkerungszahlen, bereinigt durch einen Entfernungskoeffizienten ........................................................................................................................................................... 51 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) 5
Zusammenfassung Seit über 30 Jahren befasst sich die Region Berner Jura – Kanton Jura mit ihrer Kulturpo- litik und sucht nach Mitteln, um ihre Künstler aus der Isolation herauszuholen, indem sie ihnen geeignete Infrastrukturen zur Verfügung stellt. Trotz dieser Reflexion und der zahlreichen Berichte, die in dieser Zeit verfasst wurden, bleibt die Region Berner Jura – Kanton Jura die einzige Region der Westschweiz, die ü- ber keine professionelle Infrastruktur für Bühnenkünste verfügt. In der Meinung, dass die- se Situation nicht mehr haltbar ist, hat die interjurassische Kulturkommission ein Vorpro- jekt für ein «(Regionales) Zentrum der Bühnenkünste C(R)EA» 1 verfasst. Die Regierun- gen der Kantone Bern und Jura haben den Verfasser des vorliegenden Berichts beauf- tragt, die bisher unterbreiteten Vorschläge zu prüfen und ein entsprechendes Argumenta- rium zu entwickeln. Die beim Laboratorium für angewandte Soziologie der Universität Genf in Auftrag gege- bene Studie «Enquête sur la mobilité des publics et les pratiques culturelles dans le do- maine des arts de la scène dans le canton du Jura et le Jura bernois» hat bestätigt, dass die Bühnenkünste 2 beim Publikum auf Interesse stossen und seine Mobilität bestimmen. Um die Erwartungen von Publikum und Kunstschaffenden zu erfüllen und sich unter den westschweizerischen Theatern Geltung zu verschaffen, wird die neue Einrichtung ein gu- tes Gleichgewicht zwischen der Qualität als Gastspieltheater, der Hervorhebung der Fülle des kreativen Schaffens im Bereich der Bühnekünste und dem in der jurassischen Region weit entwickelten Ausbildungsbereich finden müssen. Das CREA wird, um seinen identitätsstiftenden und symbolischen Wert als Kulturstätte für die gesamte jurassische Region wahrzunehmen, ein enges Beziehungsnetz mit den be- stehenden Kulturzentren knüpfen sowie eine vermittelnde und einigende Rolle, um die verschiedenen Kulturakteure zusammenzuführen, spielen müssen. Dabei darf es andere, alternative Projekte nicht konkurrenzieren, sondern muss eine Dynamik und einen Wett- bewerb schaffen, was in der Kulturlandschaft der Region Berner Jura – Kanton Jura sehr willkommen wäre. Um seinen kulturellen, sozio-kulturellen und ausbildnerischen Auftrag erfüllen zu können, braucht das CREA einen grossen Saal mit 400 bis 450 Plätzen, einen kleinen Saal oder ein modulierbares Atelierstudio, zwei oder drei Säle für Proben, Ausbildung und Sitzungen sowie die für die Arbeit vor Ort nötigen Unterbringungsinfrastrukturen. Es ist allgemein bekannt, dass die Standortwahl für das CREA politisch heikel sein könn- te. Es mussten deshalb verschiedene Kriterien berücksichtigt werden: – zentrale Lage in der Region Berner Jura – Kanton Jura, da die Kantone nur eine fi- nanzielle Beteiligung in Betracht ziehen, wenn das CREA in einer vernünftigen Dis- tanz zur Kantonsgrenze liegt – bevölkerungsstarke Gemeinde – Qualität der Erschliessung über Strassen und öffentlichen Verkehr – Komplementarität zur Kultur in der Umgebung – Qualität und Bedingungen der Bereitstellung eines Grundstücks/eines Brachlands – Hotelkapazitäten Von den elf Grundstücken in Moutier und den sechs Grundstücken in Delsberg, die unter dem Blickwinkel dieser Kriterien geprüft wurden, erwies sich das Grundstück «Le Gros- Pré» in Delsberg als das günstigste. Die auf 2,95 Mio. Franken geschätzten Grundstücke und Gebäude würden von der Stadt Delsberg kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Machbarkeitsstudie des Architekten Alain-G. Tschumi hat gezeigt, dass es möglich ist, das gesamte Raumprogramm mit einem Kostendach von 28,5 Mio. Franken zu reali- sieren. Nach Abzug der voraussichtlichen Beiträge der Loterie romande, der Sponsoren 1 Der bisher in den Medien verbreitete Name CREA ist provisorisch und bezeichnet in diesem Bericht das künftige Interjurassische Zentrum für Bühnenkünste. 2 Zu den Bühnenkünsten gehören die Sparten Theater, Tanz, Performance und akustische Musik 6 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
und des Publikums blieben den Kantonen Bern und Jura Finanzierungsbeiträge von je 11 bis 13,5 Millionen Franken. Das auf jährlich rund 1,43 Mio. Franken geschätzte Betriebsdefizit des CREA würde zu 90 Prozent von den beiden Kantonen und zu 10 Prozent von den Gemeinden getragen (1/3 durch Delsberg, 2/3 durch die anderen Gemeinden, nach einem Schlüssel, der z.B. der Bevölkerungszahl und der Distanz zur Sitzgemeinde Rechnung tragen würde). Sollten die beiden Kantone die Schlussfolgerungen des vorliegenden Berichts überneh- men, würden sie nach einer Konsultation der interessierten Kreise einen Architekturwett- bewerb organisieren. Das Projekt sollte bis Ende 2012/Anfang 2013 realisiert sein. Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) 7
1. Einleitung Die jurassische Kultur- Das Centre culturel jurassien (CCJ) hat zwischen 1969 und 1970 insgesamt fünf Berichte politik ist seit fast 40 veröffentlicht. Seitdem war die jurassische Kulturpolitik permanent Gegenstand von Stu- Jahren permanent Ge- genstand von Studien, dien, Debatten und Vorschlägen (Anhang I). Debatten und Vor- Die politischen Sorgen der vergangenen 30 Jahre und die ungenügende Kommunikation schlägen. und Koordination zwischen den betroffenen Partnern haben leider keinem Projekt zum Durchbruch verholfen. Erst in den letzten Jahren haben mehrere Faktoren zu einer günstigen Entwicklung der Situation geführt: – Im Jahr 2000 präzisierte der Pidoux-Bericht in seinem Szenario C die kulturpolitischen Aufgaben, die dem Staat übertragen sein sollten. Das interjurassische Kulturforum fasst sie wie folgt zusammen: «Der Staat muss sich einerseits um die Verbreitung von künstlerischen Initiativen aus der Region und andererseits um die Aufnahme von Produktionen und Anlässen, die von regionsexternen Kunstschaffenden und Institutionen realisiert werden, kümmern. Er muss für einen nachhaltigen Austausch sorgen, an dem die jurassischen Künstler teil- nehmen können. Er muss die Kapazitäten für Künstler erhöhen, die vor Ort arbeiten wollen, ohne von der Aussenwelt abgeschnitten zu sein. Der Staat hat das Instrument zur Verfügung zu stellen, das für die Umsetzung dieser Politik unabdingbar ist, d.h. das Interjurassische Zentrum für Bühnenkünste.» (Bericht: Réflexions & propositions pour une politique culturelle, November 2003, S. 4). Die IJV fordert mit ihrer – Der Reflexionsprozess wurde aber vor allem mit der Bildung der Interjurassischen Ver- Resolution Nr. 53 vom sammlung (IJV) am 25. März 1994 sowie mit der Annahme des Gesetzes vom 13. Sep- 29. November 2001 die beiden Kantonsregie- tember 2004 über das Sonderstatut des Berner Juras und über die französischsprachi- rungen ausdrücklich ge Minderheit des zweisprachigen Amtsbezirks Biel beschleunigt. So verlangt die IJV- auf, den Bau einer in- Resolution Nr. 53 vom 29. November 2001 von den beiden Kantonsregierungen denn terjurassischen Fest- auch ausdrücklich, die Errichtung einer interjurassischen Fest- und Konzerthalle vorzu- und Konzerthalle vor- zusehen. sehen. - Zwei Jahre später kam der Ruedin-Bericht ebenfalls zum Schluss, dass ein gut ausges- Der Ruedin-Bericht tattetes Theater für diese Region wichtig wäre. Diese Idee wurde vom interjurassischen kommt ebenfalls zum Schluss, dass ein kor- Kulturforum in seinem oben erwähnten Bericht übernommen. rekt ausgestattetes Theater für die Region - Parallel dazu ermöglichten es die Diskussionen zwischen den einzelnen Partnern, ihren wichtig wäre. kulturpolitischen Bedarf zu klären und dessen Kohärenz zu stärken. Dieses Vorgehen und diese Beiträge haben die interjurassische Kulturkommission veran- Die interjurassische Kulturkommission ver- lasst, im März 2006 in Zusammenarbeit mit den Kulturämtern der Kantone Bern und Jura fasst den Vorbericht den Vorbericht «Avant-projet pour un Centre (régional) d’expression artistique (nom provi- «Avant-projet pour un soire) CREA» zu verfassen. Centre (régional) d’expression artistique An ihren Sitzungen vom 21. Februar und vom 27. Juni 2006 nahm die Regierung des Kan- (nom provisoire) tons Jura diesen Vorbericht zur Kenntnis und beauftragte das jurassische Kulturamt, ihr im CREA». Hinblick auf die Ernennung einer Expertengruppe und eines Projektleiters entsprechende Vorschläge zu machen. Ihre Aufgabe wäre es, ein detailliertes Projekt auszuarbeiten. Dar- in müssten insbesondere folgende Punkte behandelt werden: künstlerische und kulturelle Positionierung gegenüber dem bestehenden Angebot, Machbarkeit, Kostendach, Standort, städtebauliche und architektonische Optionen. Am 26. April 2006 nahm der Regierungsrat des Kantons Bern ebenfalls von diesem Vorbe- richt Kenntnis. Er beauftragte die Erziehungsdirektion, in Absprache mit dem Kanton Jura eine Expertengruppe sowie einen Projektleiter zu ernennen. Er äusserte ausserdem den Wunsch, die Studienergebnisse im Verlauf des ersten Quartals 2007 zur Kenntnis nehmen zu können. 8 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
«Für Politiker ist Kultur ein unterhaltsameres, aber auch schwierigeres und explosiveres Geschäft als andere, weil solche Geschäfte immer mit Leidenschaft verbunden sind.» Jacques Rigaud 2. Auftrag Im Juni 2006 ernannten die beiden Kantonsregierungen Thomas Schmutz (Artworx GmbH Basel) zum Projektleiter, der auf der Grundlage von objektiven und realistischen Informationen die im Vorbericht enthaltenen Vorschläge prüfen und gegebenenfalls ein gründlicheres Argumentarium entwickeln sollte. Sie stellten ihm dafür einen Steuerungs- ausschuss sowie eine Projektgruppe zur Seite. 2.1. Steuerungsausschuss Die Rolle des Steue- Seine Rolle besteht darin, die Entwicklung der Arbeiten zu verfolgen und zu genehmigen rungsausschusses ist, und das Vorankommen des Projekts hinsichtlich Zielvorgaben, Kosten, Terminkalender die Entwicklung der Ar- und Information regelmässig zu überprüfen. Er setzt sich aus folgenden Personen zu- beiten zu verfolgen und sammen: zu genehmigen. – Elisabeth Baume-Schneider, Bildungs-, Kultur- und Sportministerin des Kantons Jura – Jean-René Moeschler, Präsident des Kulturausschusses des Bernjurassischen Rats – Pierre Edouard Hefti, Mitglied der interjurassischen Kulturkommission – Markus Baumer, Kulturbeauftragter der Agglomeration Freiburg, Experte – Stéphane Cancelli, Verwalter der Westschweizer Theaterhochschule (HET-SR), Experte 2.2. Projektgruppe Die Projektgruppe liefert Die Mitglieder der Projektgruppe müssen die zur Realisierung des Projekts erforderlichen die zur Realisierung des Informationen liefern, indem sie sich auf ihre Kenntnisse und Erfahrungen stützen. Fol- Auftrags erforderlichen gende Personen haben dieses Mandat übernommen: Informationen. – Sylvie Kleiber, Architektin und Bühnenbildnerin, Genf – Jean-Baptiste Beuret, Generaldirektor der Clientis Bank Jura-Laufen, Delsberg – David Junod, Verwalter des Théâtre du Passage, Neuenburg – François Marin, Künstlerischer Direktor des Théâtre de Valère, Sitten, und der Compagnie Marin, Lausanne – Germain Meyer, Schauspiellehrer, Regisseur und Konzertveranstalter, Moutier (bis 30. Juli 2007, danach mehrmonatiger Auslandaufenthalt) – Michel Rey, Wirtschaftler, ehemaliger Direktor der Communauté d’étude pour l’aménagement du territoire (CEAT), ETHL, Lausanne – Ruedi Rast, Architekt, ehemaliger technischer Direktor der Expo.02, Bern. Stellvertreterin bei Abwesenheit: Ariane Widmer Pham, Architektin 2.3. Mitwirkende aus den Kantonen Der Projektleiter, der Steuerungsausschuss und die Projektgruppe wurden bei ihrer Ar- beit von Anne-Catherine Sutermeister, Vorsteherin der französischsprachigen Abteilung Kulturförderung des Kantons Bern, und Jean Marc Voisard, Kulturbeauftragter des Kan- tons Jura, beraten und unterstützt. 2.4. Ernennung eines neuen Projektleiters Blaise Duport, Wirtschaft- Nachdem Thomas Schmutz aus gesundheitlichen Gründen sein Amt niederlegen muss- ler und ehemaliges Mit- te, haben die beiden Kantonsregierungen am 21. Dezember 2006 Blaise Duport, Wirt- glied der Neuenburger schaftler und ehemaliges Mitglied der Neuenburger Stadtregierung, zum neuen Projekt- Stadtregierung, wurde zum neuen Projektleiter leiter ernannt; sein Assistent ist René Koelliker, Kunsthistoriker. ernannt; Assistent: René Koelliker, Kunsthistoriker. 2.5. Angehörte Persönlichkeiten Im Hinblick auf diesen Bericht hat sich der Projektleiter mit zahlreichen Persönlichkeiten getroffen (vgl. Liste, Anhang II). Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) 9
«Der strategische Rohstoff des 21. Jahrhunderts wird die Information, die zu einem wesentlichen Teil aus Kultur und Kunst besteht, sein.» Alain Casabona 3. Politisches Umfeld für ein Kulturkonzept der jurassischen Region3 Schon 1988 schrieb Germain Meyer in seinem Bericht «Rapport sur la situation du théâ- tre dans le Jura» (Anhang I): «Es muss klar und deutlich gesagt werden, dass eine Kulturpolitik nicht darin besteht, den Kunstschaffenden ihre Mittel zu nehmen, sondern ihnen welche zu geben, und dass Theater von Berufs- oder Laienschauspielern, das keine Kulturpolitik auch eine Kulturpolitik ist, und zwar eine ganz gefährliche und schädli- in der Schweiz oder im che, weil sie heuchlerisch, feige und unverantwortlich ist. Theater von Berufs- oder Lai- Jura, im Saal oder im enschauspielern, das in der Schweiz oder im Jura, im Saal oder im Freien, mit oder ohne Freien, mit oder ohne Regie stattfindet, ist keine Gnade, die vom Himmel fällt, sondern ein Ganzes von Hand- Regie stattfindet, ist kei- ne Gnade, die vom Him- lungen, Menschen, Mitteln, Orten, das der Gesellschaft, in der wir leben, auf keinen Fall mel fällt, sondern ein entgeht. Man sagt allzu leicht, der Staat solle sich nicht in die Kunst einmischen, damit er Ganzes von Handlungen, den Preis dafür nicht bezahlen muss. Die Kunst muss in unserer Gesellschaft nicht nur Menschen, Mitteln, Or- eine wirtschaftliche, sondern auch eine kritische und sensibilisierende Rolle spielen. Dies ten, das der Gesellschaft, in der wir leben, auf kei- beinhaltet auch Risiken, nicht nur Kosten. Dies gibt ihm aber kein Recht, in die Inhalte nen Fall entgeht. oder die Ausdrucksformen einzugreifen (das ist unsere Verantwortung), sondern lässt ihn seiner Pflicht bewusst werden, die Kulturpolitik genauso zu behandeln wie die Ge- sundheit-, Verkehrs- und Arbeitspolitik.» (S. 34). Im Juni 2000 forderte das interjurassische Kulturforum ein kulturelles Legislaturpro- gramm oder ein Kulturförderungsgesetz mit namentlich folgenden Aspekten: – Ernennung eines vollamtlichen Kulturbeauftragten – Programm zur Realisierung einer Kultureinrichtung – Gesamtbedürfnisse aller Kulturakteure des Juras und des Berner Juras in den Berei- chen Kulturschaffen, Organisation kultureller Veranstaltungen, Ausbildung und Ver- trieb – Mittel zur kulturellen Jugendförderung – gegenseitiger Künstleraustausch mit anderen Regionen oder Ländern – Präsenz des Kantons Jura und des Berner Juras nach aussen (Réflexions & propositions pour une politique culturelle, Forum interjurassien de la cul- ture, Zwischenbericht, S. 3). Zwei Jahre danach beharrte der vom jurassischen Parlament am 26. Juni 2002 überwie- sene Beschluss über die Kulturpolitik des Juras mit folgenden Punkten darauf, dass die- se Kulturpolitik in einer Perspektive der Offenheit geführt werde: – Der Kanton ermöglicht den jurassischen Kulturschaffenden aller Sparten, sich in mög- lichst viele Austauschnetze zu integrieren, und gibt den Jurassiern vermehrt Gelegen- heit zur Teilnahme an kulturellen Ereignissen und Strömungen in ihrer Heimat. – Er nimmt die Förderung jurassischer Künstler ausserhalb des Kantons wahr und Die Kulturpolitik des Ju- ras trägt zur Realisierung nimmt ausserkantonale Künstler, Truppen und Anlässe im Kanton auf. geeigneter Infrastruktu- – Er trägt zur Realisierung geeigneter Kulturinfrastrukturen bei. ren bei. – Er sorgt für stärkere Kontakte zu anderen Kantonen, Regionen und Städten und ins- besondere zum Berner Jura. Das Kulturkonzept für den Kanton Bern vom April 2006 präzisiert in seinen allgemeinen Überlegungen: «Das Grundbedürfnis nach Kultur ist überall vorhanden, wo Menschen leben und arbei- ten. Kultur ist kein Privileg der Bewohnerinnen und Bewohner von städtischen Zentren oder ausgewählter sozialer Schichten. Die obgenannten Primärwirkungen von Kultur begründen die Notwendigkeit von staatlicher Kulturförderung gesellschaftspolitisch. Da- von zu unterscheiden sind wertvolle Zusatzwirkungen von Kultur wie ihre ökonomischen 3 Die Bezeichnung «jurassische Region» ist in diesem Bericht als geografischer Raum zu verstehen, der die drei Amtsbezirke des Berner Juras sowie die drei Bezirke des Kantons Jura umfasst. 10 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
Folgen oder ihre Auswirkungen auf Tourismus und Standortattraktivität. Auch diese Zu- satzeffekte von Kultur sind natürlich sehr willkommen. Da eine Gesellschaft mehr von kulturellen als von wirtschaftlichen Werten zusammengehalten wird, könnten sie allein allerdings staatliche Kulturförderung nicht adäquat legitimieren.» (S. 12). In Bezug auf die interjurassische Zusammenarbeit besagt das bernische Kulturkonzept: Der Kanton Bern hat sich zum Ziel gesetzt, den «Mit der Anerkennung der Resolution 55 der Interjurassischen Versammlung (IJV) im interjurassischen Kultur- Dezember 2001 hat der Kanton Bern sich zum Ziel gesetzt, den interjurassischen Kultur- dialog und das Kulturle- dialog und das Kulturleben im Berner Jura verstärkt zu fördern. (…) Generell unterstützt ben im Berner Jura ver- der Kanton Bern diese Entwicklung einer abgestimmten interjurassischen Kulturpolitik. stärkt zu fördern. Die verstärkte Zusammenarbeit von zwei Gebieten mit relativ bescheidener Ausdeh- nung, die bereits heute viele gemeinsame Aktivitäten aufweisen, kann nur zu einem Mehrwert für die Kulturschaffenden und -vermittelnden, die kulturellen Institutionen und die kulturinteressierte Bevölkerung führen.» (S. 52). Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) 11
«Das Theater ist einer der letzten geselligen Orte, wo Menschen im Dunkeln anderen Menschen gegenübersitzen. Es ist einer der letzten vergänglichen Orte.» René Gonzalez 4. Warum ein interjurassisches Zentrum der Bühnenkünste? Der Bau eines Zentrums, das der Bühnenkunst gewidmet ist, kann kein Ziel an sich sein, da es sich um ein Instrument handelt, das nur Sinn macht, wenn es im Dienste einer Kul- turpolitik steht. Somit muss zunächst die Kulturpolitik bestimmt und in ihren gesellschaftli- chen, politischen, historischen und wirtschaftlichen Kontext gestellt werden, bevor gesagt werden kann, wie dieses Zentrum, sein Raumprogramm und seine künstlerische Ausrich- tung aussehen werden. In diesem Zusammenhang kann die jurassische Region ohne weiteres die Grundsätze Es ist im Interesse der übernehmen, die von den Freiburger Behörden in ihrem Bericht Freiburg, Ziel 2006 ausge- öffentlichen Hand, in führt wurden. die Kulturförderung ihrer Region zu inves- «Im 21. Jahrhundert muss das Ziel einer kohärenten Kulturpolitik darin bestehen, die lokale tieren, da davon nicht und regionale Kultur und die diese speisenden Kreativitätsreserven zu schützen und zu nur die wirtschaftliche stärken, zu konsolidieren und zu entwickeln. Daraus lässt sich schliessen, dass es heute und touristische Ent- wicklung, sondern mehr denn je im Interesse der öffentlichen Hand ist, in die Kulturförderung ihrer Region zu auch das stets gefähr- investieren, da davon nicht nur die wirtschaftliche und touristische Entwicklung, sondern dete Gleichgewicht auch das stets gefährdete Gleichgewicht zwischen Politik, Wirtschaft und Kultur in starkem zwischen Politik, Wirt- Mass abhängen. Nur wenn aus der regionalen Kultur eine kohärente und selbstbewusste schaft und Kultur in starkem Mass abhän- Kraft wird, lässt sich ihre vitale Funktion innerhalb der menschlichen Gesellschaft erneu- gen. ern. Vieltausende von Gemeinschaften wie die unsrige, die Region Freiburg, die fest in ihrem Gebiet verwurzelt sind, die sich auf ein dichtes Binnennetz sozialer Beziehungen stützen und untereinander durch ein gemeinsames Verständnis der Bedeutung der kultu- rellen Vielfalt verbunden sind: das ist die ehrgeizige soziale Perspektive, die wir der Vor- herrschaft der globalisierten Verkaufsnetze der Internet-Ära entgegensetzen können. Wer die kulturelle Vielfalt schwächt oder aufhebt, gefährdet unser ganzes kapitalistisches Sys- tem, weil die Erschöpfung der kulturellen Ressourcen negative Auswirkungen auf alle wirt- schaftlichen Aktivitäten hat. Um den Zugang zur globalisierten Wirtschaft zu gewährleisten, muss man folglich zuerst den Zugang zur Vielfalt der lokalen Kulturen garantieren, die prioritär zu erneuern und zu fördern sind.» Schlussfolgerungen: «Eine Politik, die sich der Beziehungen zwischen Kultur und Wirtschaft bewusst ist, … – schafft die Voraussetzungen für das künstlerische Schaffen, vor allem für jenes, das am kostenintensivsten ist, und – setzt sich anschliessend dafür ein, dass dieses künstlerische Schaffen von der gesam- ten Bevölkerung zur Kenntnis genommen, verstanden und geschätzt wird, Im Pidoux-Bericht ist – unterstützt und entwickelt die kulturellen Tätigkeiten, da diese für die regionale Wirt- die Kulturpolitik v.a. schafts- und Tourismusförderung unerlässlich sind.» auf die Unterstützung des Künstlermilieus (Bericht Freiburg, Ziel 2006, S. 14 f.). ausgerichtet, um des- sen Kapazitäten zu Der Pidoux-Bericht (Anhang I) legt in seinem Szenarium C die Grundsätze und Umrisse erhöhen, vor Ort zu einer möglichen jurassischen Kulturpolitik, die sich am Austausch nach aussen orientiert, arbeiten, ohne vom fest: «Intern gesehen ist diese Politik vor allem auf die Unterstützung des Künstlermilieus Aussengeschehen ausgerichtet, um dessen Kapazitäten zu erhöhen, vor Ort zu arbeiten, ohne vom Aussen- abgetrennt zu sein. geschehen abgetrennt zu sein. Sie bezweckt die Förderung der Kunstschaffenden und Sparten, die «exportiert» werden, und zwar in einer noch zu findenden Kombination zwi- Die Hauptpriorität be- stünde darin, die Vor- schen denjenigen, die bereits eine gewisse Anerkennung geniessen, und denjenigen, die aussetzungen zu sich noch zu etablieren suchen, zwischen einer innovativen Kultur, die weniger direkt an schaffen, um Produkti- die regionalen Besonderheiten gebunden ist, und einer Kultur, die sich mit der Thematik onen und Veranstal- der jurassischen Wesensmerkmale auseinandersetzt. Extern gesehen bestünde die tungen zu gewinnen, die im Jura bisher sel- Hauptpriorität darin, die Voraussetzungen zu schaffen, um Produktionen und Veranstal- ten zu sehen waren. tungen zu gewinnen, die im Jura bisher selten zu sehen waren. Hauptpunkt in diesem Zu- Hauptpunkt in diesem sammenhang ist der Bau eines Theatersaals. Anstatt auf Grossveranstaltungen zu setzen, Zusammenhang ist der würde diese Art der Politik — um mit der internen Kulturförderungspolitik kompatibel zu Bau eines Theater- saals. sein — darauf abzielen, nachhaltige Austauschmöglichkeiten zu schaffen, in die sich die jurassischen Kunstschaffenden integrieren könnten.» (S. 22). 12 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
Eine Kulturpolitik, die diesen Namen verdient, muss auch den Erwartungen in den Berei- Eine Kulturpolitik, die chen kreatives Schaffen, Bühnenkunstausbildung und Kulturaustausch entsprechen, na- diesen Namen ver- dient, muss auch den mentlich durch Artists-in-Residence-Angebote, die vom interjurassischen Forum sehr ge- Erwartungen in den wünscht werden: Bereichen kreatives Schaffen, Bühnen- «Orte des künstlerischen Schaffens, die für eine bestimmte Dauer in- und ausländische kunstausbildung und Künstler für einen Gastaufenthalt, ein Praktikum oder eine besondere Studie aufnehmen Kulturaustausch ent- können (Unterkunft, Arbeitsort, Vertriebsort, Ausstellungen, Konzerte, Schauspiel, Tanz sprechen, namentlich usw.), könnten für die Künstler, für die Region und vor allem für die Begegnung und den durch Artists-in- Residence-Angebote. Austausch mit anderen Regionen oder Ländern von Interesse sein (Studie von Georges Pélégry: Croix-Blanche in Undervelier; Association Artists in Residence).» (Réflexions & propositions pour une politique culturelle, Interjurassisches Kulturforum, S. 11). Aufgrund ihrer Berufung, im Rahmen der projektbezogenen Ausbildung gemischte Auffüh- rungen (Berufsleute und Laien) zu schaffen, bieten die jurassischen Berufs- und Laien- schauspieler dem Publikum jedes Jahr neue Produktionen an. Die jüngsten gemischten Produktionen waren: Moby Dick (Theater), Die Zauberflöte (Oper), La pierre et les songes (Tanz). Bei allen drei kam es zu einer äusserst erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Berufsleuten und Laien, Schauspielern, Tänzern, Musikern, Solisten, Technikern. Auf die- se Weise konnte auch ein neues Publikum angesprochen werden, vor allem junge Leute, Amateurkünstler und/oder einfache «Konsumenten». Diese Praxis führt nicht nur zu höhe- ren Anforderungen bei den gegenseitigen Beziehungen und Produktionen, sondern schafft auch qualitativ hochstehende Laienproduktionen und ein neues Publikum. Und es ist ge- nau diese Nähe zu den einzelnen Milieus, die die jurassischen Behörden im ländlichen Jura hervorheben und entwickeln wollen. Sie unterscheidet sich zwar ein bisschen von den Eine neue Kulturein- städtischen Produktionen, hat aber den Vorteil, ein breiteres und somit weniger elitäres richtung, die auch die Publikum anzusprechen. Nachbarregionen und die Touristen zu inte- Die jurassische Region ist heute die einzige Region der Westschweiz, die über keinen ressieren vermag, wird professionellen Bühnensaal mit einem entsprechenden Betriebsbudget verfügt, wodurch zur Dynamik der Regi- Gastspiele, eigene Produktionen oder Co-Produktionen von Gastkünstlern nicht möglich on sowie zu ihrer Öff- nung nach aussen sind. Eine neue Kultureinrichtung für die rund 120 000 Einwohner der sechs bernjurassi- beitragen und den schen und jurassischen Bezirke, die aber auch die Nachbarregionen und die Touristen zu Publikumsfluss stimu- interessieren vermag, wird zur Dynamik der Region sowie zu ihrer Öffnung nach aussen lieren. beitragen und den Publikumsfluss stimulieren. Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) 13
«Die Kunst ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen.» Jean Cocteau 5. Standortbestimmung im Berner Jura und im Kanton Jura Die gesamte jurassische Region kennt eine lange und reiche Tradition im Bereich der Die gesamte jurassi- Bühnenkünste, der Festivals und musikalischen Darbietungen, der Open-Air- sche Region kennt eine lange und reiche Veranstaltungen und des Strassentheaters. Dank zahlreicher Kulturschaffender, Kultur- Tradition im Bereich zentren, Theatervereinen, der Association jurassienne d’animation culturelle (AJAC), des der Bühnenkünste, der Festival du Jura, des Stand’été, der Musique des Lumières und des Vereins Le Temps des Festivals und musikali- cerises, die das kulturelle Gefüge ausmachen, verfügt die Bevölkerung über zahlreiche schen Darbietungen, der Open-Air- und vielfältige Kulturveranstaltungen von hoher Qualität. Jeder Amtsbezirk hat ein Regio- Veranstaltungen und nales Kulturzentrum, doch keines besitzt die erforderliche professionelle Infrastruktur, um des Strassentheaters. grössere Produktionen aufnehmen zu können: Dank zahlreicher Be- teiligter, die das kultu- relle Gefüge ausma- 5.1. Delsberg chen, verfügt die Be- völkerung über zahl- Das Centre culturel régional in Delsberg verfügt über die Salle Saint-Georges (400 Plätze), reiche und vielfältige die Turnhalle Château (400 Plätze), den Saal des Café du Soleil (100-150 Plätze), den Kulturveranstaltungen Saal des Centre Réformé (200 Plätze), die Halle des Expositions (800 Plätze), von denen von hoher Qualität. keine ausgerüstet ist, sowie den Proberaum des Zeughauses. NB: Ein Projekt zum Umbau der Salle Saint-Georges, die dann 222 Stufenplätze zählen würde, wird zurzeit geprüft, doch die Grösse der Bühne wird bei 10x10 m bleiben. Diese Infrastruktur stünde sowohl dem Kulturzentrum als auch den anderen Ortsvereinen zur Verfügung. Die Stadtregierung hat kürzlich die Verschiebung dieser Investition auf 2012 angekündigt. 5.2. Neuenstadt Das Café-théâtre de la Tour de Rive führt in der ehemaligen reformierten Kirche (rund 100 Stufenplätze) jedes Jahr zahlreiche Konzert-, Theater-, Comedy- und Erzählveranstaltun- gen durch. 5.3. Moutier Das Centre culturel de la Prévôté wurde 1975 als Verein gegründet; drei Personen küm- mern sich um den Betrieb: eine Leiterin (60 %), eine Leitungsassistentin (10 %) und eine Verwalterin (40 %). Das Programm deckt ein breites Spektrum ab (Theater, Musik, Tanz, Literatur, Zirkus, Strassentheater, Ausstellungen) und bemüht sich, das kulturelle Potenzial der Region aufzuzeigen und Neues anzubieten. Die Vorstellungen finden hauptsächlich im Saal Chantemerle statt (150-190 Plätze). Der vom Kulturzentrum nur selten genutzte Saal L’Ancien Stand verfügt über 220 Plätze, ist leider weder isoliert noch beheizbar und wird nur im Sommer genutzt. Hier werden auch die Veranstaltungen von Stand’été und Espace Stand stattfinden. 5.4. Pruntrut Das Centre culturel régional in Pruntrut führt rund 15 Events in der Salle de l’Inter (350 Plätze), die technisch nicht ausgerüstet ist, in Les Hospitalières (80 Plätze), die über eine Grundausrüstung verfügt, sowie in der Jesuitenkirche durch. Verwaltung und Leitung wer- den durch zwei Personen (80 % und 60 %) wahrgenommen. Der Verein Espace multicultu- rel führt regelmässig das Interculturel, Café de l’Inter durch, wo auch die vom Verein En- Public organisierten Jeudis de la chanson stattfinden. NB: Zurzeit wird die Renovation der Salle de l’Inter geprüft; dieser Saal wird jedoch eine Mehrzweckhalle mit einer Bühne von nur 6 x 4,7 m bleiben. 5.5. Saignelégier Das Café du Soleil verfügt über einen Saal mit rund 120 Plätzen und führt rund 50 Veran- staltungen (Konzerte, Lesungen, Gesprächsrunden, Theater) sowie Zeichen- und Literatur- Workshops durch. Ein beträchtlicher Teil der Kosten wird durch das Bistrot gedeckt. 14 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
5.6. St. Immer Dem Centre Culturel et de Loisirs - Relais culturel d’Erguël stehen zwei Bühnensäle mit 120 bzw. 650 Plätzen zur Verfügung. Der Leiter (60 %) und seine Sekretärin (60 %) orga- nisieren rund 45 Events pro Jahr. Espace Noir ist eine Genossenschaft, die eine Taverne, ein Kino (35 Plätze), eine Buchhandlung, eine Kunstgalerie, ein Kleintheater mit 80 Plätzen (für Konzerte zeitgenössischer Musik, Vorträge und manchmal kleine Theaterstücke) be- treibt. 5.7. Saint-Ursanne Der Verein Ursinia koordiniert die kulturellen Tätigkeiten des Clos-du-Doubs. Er bietet im Espace culturel des Fours à chaux verschiedene Bühnenkunstproduktionen an, insbeson- dere Theater, Unterhaltungsmusik und Klassische Musik. Manchmal beteiligt er sich in Koproduktion an Uraufführungen. Zwei weitere Vereine aus Saint-Ursanne führen dort Ausstellungen durch: ARCOS im Kreuzgang der Stiftskirche von Saint-Ursanne und Arts Vivants in Les Fours à chaux. 5.8. Tavannes Das Royal wurde 1999 gegründet und verfügt über einen Saal mit 100 bis 120 Plätzen. Die beiden Freiwilligen (die sehr bescheiden entschädigt werden) stellen pro Semester zwei Programme in den Bereichen Theater, Musik und Gaumenfreuden mit insgesamt 40 bis 60 Events auf die Beine. Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA) 15
«Kultur ist keine Insel, sondern eine Brücke.» Michel Caspary 6. Warum eine neue kulturelle Einrichtung? Diese Frage wird vom interjurassischen Kulturforum unmissverständlich beantwortet: Der Bau dieser neuen Einrichtung ist gerecht- «Angesichts dieser Fülle könnte ein zusätzliches Gebäude tatsächlich als überflüssig er- fertigt, weil das kreati- scheinen, auch wenn seine interjurassische Dimension ihm unmittelbar eine andere Aus- ve Schaffen abwan- strahlung geben würde. Dies ist jedoch nicht ausschlaggebend. Der Bau dieser neuen dert, weil das Know- how und die Sensibili- Einrichtung ist gerechtfertigt, weil das kreative Schaffen abwandert, weil das Know-how tät verkümmern, weil und die Sensibilität verkümmern, weil Künstler und Kulturförderer in ihrem Schaffen blo- Künstler und Kulturför- ckiert werden, da es ihnen unmöglich ist, sich ohne das dafür erforderliche Instrumentari- derer in ihrem Schaf- um weiter zu entwickeln. Was der gesamte Jura braucht, ist nicht ein zusätzlicher Bühnen- fen blockiert werden, da es ihnen unmöglich saal, sondern ein Zentrum der Bühnenkünste, eine Einrichtung, die es derzeit nicht gibt. ist, sich ohne das dafür Und genau das verhindert jeglichen Übergang zu einem Stadium der Qualität und der erforderliche Instru- Sichtbarkeit, das einer von beiden Kantonsregierungen erarbeiteten Kulturpolitik würdig mentarium weiter zu ist.» (Forum, S. 14-15). entwickeln. Obwohl es im Berner Jura und im Kanton Jura zahlreiche Bühnensäle gibt, so verfügt doch keiner von ihnen über eine grosse Bühne, und keiner ist in der Lage, problemlos rund 400 Personen zu fassen. Ausserdem kommt es oft vor, dass die Organisatoren die Säle jedes Mal von neuem technisch ausrüsten müssen. Da die jurassische Da die jurassische Region über kein professionell ausgestattetes Theater verfügt, gilt sie Region über kein pro- oft als künstlerische Randzone. Dies führt beim Publikum zu einer gewissen Frustration, da fessionell ausgestatte- sich die Menschen für bestimmte Aufführungen nach La Chaux-de-Fonds, Basel, Belfort, tes Theater verfügt, gilt sie oft als künstleri- Biel oder Neuenburg begeben müssen. sche Randzone. Dass in einer Region mit 120 000 Einwohnern eine solch professionell ausgestattete Ein- richtung fehlt, ist heute nicht mehr akzeptabel. Ein Vergleich mit den kulturellen Infrastruk- Dass in einer Region turen in anderen vergleichbaren Städten und Regionen der Westschweiz zeigt, dass der mit 120 000 Einwoh- nern eine solch pro- Aufholbedarf in der jurassischen Region enorm ist. Die Liste der kulturellen Einrichtungen fessionell ausgestatte- in der Westschweiz spricht für sich: te Einrichtung fehlt, ist – Neuenburger Jura: L’Heure bleue, Théâtre Populaire Romand, ABC, Casino, La Grange heute nicht mehr ak- zeptabel. – Stadt Neuenburg: Théâtre du Passage, Maison du concert, Théâtre du Pommier – Biel: Theater Palace, Stadttheater, Théâtre de Poche, Espace culturel Rennweg 26 – Freiburg: Espace Nuithonie, Théâtre des Osses, Spirale, Bilboquet, Ancienne Gare, Théâtre des Grands-Places (im Bau) – Romont: Bicubic – Greyerz: Co2, La Tour de Trême, Stadthalle Bulle – Nord vaudois: Théâtre Benno Besson, Théâtre de l’Echandole – Gros de Vaud: Théâtre du Jorat – Waadtländer Riviera: Théâtre de l’Octogone, Auditorium Stravinsky, Miles Davis Hall, Théâtre Oriental, Théâtre de la Grenette – La Côte: Théâtre de Beausobre, Usine à gaz, Théâtre de Terre-Sainte – Wallis: Théâtre de l’Alambic, Théâtre und Petit-théâtre de Valère, Les Halles, Cave de Courten, Ferme Asile Alle diese Orte haben als Eigenschaft, dass sie professionelle Vorstellungen aufnehmen und Angebote, Produktionen und Co-Produktionen schaffen, diversifizieren und erneuern und so ein Publikum anziehen und binden können. Was die Agglomeration Freiburg betrifft, so hat ihr das Entstehen des Espace Nuithonie erlaubt, ein neues Publikum anzuziehen und die Besucherfrequenz der anderen Orte zu Die kulturellen Akteure steigern, obwohl sich diese anfänglich um die drohende Konkurrenz sorgten. der jurassischen Regi- Die kulturellen Akteure der jurassischen Region hingegen verfügen über keine Struktur, die on verfügen über keine es ihnen erlaubt, Kontakte untereinander und Kontakte nach aussen zu knüpfen. Dasselbe Struktur, die es ihnen erlaubt, Kontakte un- gilt für die Schauspiellehrer und Theaterleiter, die im Jura bekanntlich seit langem eine tereinander und nach regelrechte Pionierarbeit leisten. aussen zu knüpfen. Das CREA und sein künftiger Auftrag, im Rahmen eines Kooperationsaustausches (Basel- Landschaft, Basel-Stadt, Frankophone Gemeinschaft Belgiens, Franche-Comté, Aostatal) ausländische Berufs- und Laienkünstler aufzunehmen, werden es ermöglichen, einen kriti- 16 Projekt für den Bau und Betrieb eines interjurassischen Zentrums der Bühnenkünste (CREA)
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