Tätigkeitsbericht des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten - Amtsjahr April 2019 - April 2020 ...
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Tätigkeitsbericht des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten 2. Amtsjahr April 2019 - April 2020
Inhalt Vorwort des Beauftragten............................................................................................................................................................................... 3 Lebenslauf von Prof. Dr. Bernd Fabritius................................................................................................................................................. 4 I. Vertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler ............................................................................................................................... 5 1. Politische Vertretung im Bereich der (Spät-)Aussiedlerzuwanderung...................................................................... 5 2. Vorsitz im Beirat für Spätaussiedlerfragen........................................................................................................................... 10 3. Ansprechpartner für Selbstorganisationen der Vertriebenen und (Spät)Aussiedler...................................... 11 4. Informationsarbeit des Beauftragten ..................................................................................................................................... 13 5. Vertriebenenpolitik .......................................................................................................................................................................... 14 6. Kriegsfolgenrecht .............................................................................................................................................................................. 16 II. Deutsche Minderheiten im Ausland ............................................................................................................................................. 18 1. Deutsche Minderheiten in Staaten der ehemaligen Sowjetunion............................................................................ 21 1.1. Deutsche Minderheit in der Russischen Föderation............................................................................................ 23 1.2. Deutsche Minderheit in der Republik Kasachstan................................................................................................ 24 1.3. Deutsche Minderheit in der Ukraine........................................................................................................................... 26 1.4. Deutsche Minderheit in der Kirgisischen Republik.............................................................................................. 27 1.5. Deutsche Minderheit in der Republik Usbekistan................................................................................................ 28 2. Deutsche Minderheiten in Europa .......................................................................................................................................... 29 2.1. Deutsche Minderheit in Ungarn .................................................................................................................................... 30 2.2. Deutsche Minderheit in Polen ........................................................................................................................................ 31 2.3. Deutsche Minderheit in Rumänien ............................................................................................................................. 34 2.4. Deutsche Minderheit in anderen Staaten Mittelost- und Südosteuropas ................................................ 37 2.5. Deutsche Minderheit in Dänemark ............................................................................................................................. 38 III. Nationale Minderheiten ...................................................................................................................................................................... 40 1. Dänische Minderheit........................................................................................................................................................................ 42 2. Friesische Volksgruppe.................................................................................................................................................................... 45 3. Sorbisches Volk.................................................................................................................................................................................... 47 4. Deutsche Sinti und Roma............................................................................................................................................................... 48 5. Regionalsprache Niederdeutsch................................................................................................................................................. 50 Impressum ........................................................................................................................................................................................................... 54
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 3 Vorwort des Beauftragten Mit diesem Bericht informiere ich Sie über die Tätig- keit im zweiten Jahr meiner Amtszeit als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und natio- nale Minderheiten. Dieses Amt habe ich am 11. April 2018 angetreten. Im zweiten Amtsjahr gab es intensiven Austausch mit allen von mir betreuten Personenkreisen: mit Aussiedlern, Spätaussiedlern und Vertriebenen, den nationalen Minderheiten in Deutschland sowie den deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa, der früheren Sowjetunion und Dänemark. Viele be- gonnene Projekte sind abgeschlossen worden oder ein gutes Stück vorangekommen; andere konnten angestoßen werden. Ich habe einige deutsche Min- derheiten zum ersten Mal besuchen können, so zum Beispiel die Karpatendeutschen in der Slowakei, aber auch die deutsche Minderheit in Usbekistan. Ich habe erstmals an der Domowina-Hauptversammlung der Sorben teilnehmen und das traditionelle Biike- brennen der Friesen persönlich erleben dürfen. Die persönlichen Begegnungen mit den Menschen vor Ort Prof. Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für sind für meine Amtsausübung unverzichtbar. Ich er- Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten halte so nicht nur einen unmittelbaren Eindruck von dem vielfältigen kulturellen Reichtum der Angehöri- gen der deutschen Minderheiten oder der nationalen Benachteiligungen im Rentenrecht ein. In vielen Minderheiten, vielmehr erlebe ich ganz unmittelbar Gesprächen mit politischen Verantwortungsträgern, ihr großes Engagement und kann mich ihrer Sorgen aber auch auf Informationsveranstaltungen für und oder Bedürfnisse vor Ort annehmen. Auch vermittelt mit betroffenen Bürgern habe ich mit konkreten Vor- das einen glaubhaften Eindruck vom Engagement der schlägen für eine gerechte rentenrechtliche Behand- Bundesregierung für die betreuten Personenkreise. lung der Aussiedler und Spätaussiedler geworben. Ich habe dabei den Eindruck gewonnen, dass diese Pro- Die Arbeit in den Beratenden Ausschüssen für die blematik auch im Parlament und in den Ministerien anerkannten nationalen Minderheiten und in den mehr und mehr erkannt wird und habe die begründe- Regierungskommissionen mit den Regierungsver- te Hoffnung, dass sich bald Verbesserungen ergeben. tretern der Länder, in denen deutsche Minderheiten leben, kommt gut voran. Es ist erfreulich zu sehen, An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich den Ehren- wie herausgehoben die Minderheiten, ob nun als amtlichen danken, die sich für die Belange der von anerkannte nationale Minderheiten in der Bundes- mir betreuten Personenkreise in ihrer Freizeit mit republik Deutschland oder als Deutsche Minderheiten großem Engagement einsetzen. im Ausland, von den politischen Verantwortungs- trägern der Mehrheitsgesellschaft in ihrer kulturellen Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Identität als Bereicherung wahrgenommen und durch unterschiedliche Maßnahmen gestärkt werden. Im Bereich der Aussiedler, Spätaussiedler und Ver- triebenen setze ich mich seit Beginn meiner Amtszeit für die Beendigung der personenkreisspezifischen Ihr Prof. Dr. Bernd Fabritius
4 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 Lebenslauf von Prof. Dr. Bernd Fabritius ■ Bernd Fabritius wurde am 14. Mai 1965 im sieben- wahr. 2017 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der bürgischen Agnetheln (rum. Agnita) geboren West-Universität Temeswar verliehen. und siedelte im Jahre 1984 gemeinsam mit Eltern und Geschwistern in die Bundesrepublik Deutsch- ■ Von 2007 bis März 2014 war Bernd Fabritius land über. Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. und Präsident der ■ Von 1985 bis 1988 studierte Fabritius Sozialverwal- weltweiten Föderation der Siebenbürger S achsen. tung an der Bayerischen Beamtenfachhochschule Seit 2010 Vizepräsident des Bundes der Vertriebe- (Dipl.-Verwaltungswirt FH), von 1989 bis 1991 nen, wurde er im Jahre 2014 zu dessen Präsident Politikwissenschaften an der Hochschule für Politik gewählt. in München und von 1991 bis 1995 Rechtswissen- schaft an der Ludwig-Maximilians-Universität ■ Seit 2010 ist Bernd Fabritius stellvertretender Lan- München. Nach Referendariat in München und den desvorsitzender der Union der Vertriebenen und USA (Federal Court of California) legte er 1997 das Aussiedler der CSU und Mitglied des Bundesvor- zweite Staatsexamen ab und wurde Rechtsanwalt. stands der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung 2003 wurde er in einem Kooperationsverfahren von CDU und CSU. Von 2013 bis 2017 gehörte er der Universitäten Tübingen und Hermannstadt dem Deutschen Bundestag, der Parlamentarischen (Sibiu) im Europäischen Verwaltungsprozessrecht Versammlung des Europarates sowie der Interparla- promoviert. Seither lehrte er öffentliches und mentarischen Union an. europäisches Prozessrecht an der Europäischen ROGER-Universität sowie der juristischen Fakul- ■ Am 11. April 2018 wurde er vom Bundeskabinett tät der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt zum Beauftragten der Bundesregierung für Aus- und nahm zahlreiche Lehraufträge an der Fach- siedlerfragen und nationale Minderheiten berufen. hochschule der Sächsischen Verwaltung in Meißen Bundesbeauftragter Prof. Dr. Bernd Fabritius mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender beim Neujahrsempfang 2020 in Schloss Bellevue
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 5 I. Vertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler 1. Politische Vertretung im Bereich der Fabritius: „Im Jahr 2019 hat die Bundesrepublik 7.155 (Spät-)Aussiedlerzuwanderung Landsleute als Spätaussiedler und Familienangehörige in Deutschland begrüßt. Die Zuzugszahlen steigen in Seit den 1950er Jahren sind mehr als 4,5 Millionen den letzten Jahren wieder leicht an – dies ist erfreulich. (Spät-)Aussiedler gemäß den Bestimmungen des Die Bundesregierung wird hiermit ihrer besonderen Bundesvertriebenengesetzes in der Bundesrepublik Verpflichtung gegenüber den Deutschen aus Russland, Deutschland aufgenommen worden - davon ca. 2,1 den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion und Mio. aus den osteuropäischen Staaten und ca. 2,4 Mio. in Mittel- und Osteuropa gerecht. Das Tor wird auch in aus der ehemaligen Sowjetunion bzw. ihren Nach- Zukunft offenbleiben. Ich freue mich auf jeden, der in folgestaaten. Die Aufnahme und Wiederbeheimatung seiner historischen Heimat Deutschland ankommt.“ der Spätaussiedler ist Teil der besonderen Verantwor- tung Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg und Der Beauftragte für Aussiedlerfragen und nationale seinen Folgen. Diese Verantwortung umfasst auch Minderheiten der Bundesregierung nimmt die poli- die Solidarität mit den Deutschen in den Ländern tische Vertretung im Bereich des Aussiedlerzuzugs Mittel- und Osteuropas und den Nachfolgestaaten der wahr. Hierzu gehört die Initiierung, Begleitung und ehemaligen Sowjetunion. Nach einer Hochphase von Koordinierung der Aussiedlerpolitik der Bundesregie- Zuzügen nach dem Zusammenbruch des Eisernen rung. Er hat die gesetzlichen Regelungen des Ver- Vorhangs, in der pro Jahr Hunderttausende Aussiedler fahrens zur Aufnahme von Spätaussiedlern und ihrer in Deutschland aufgenommen wurden, lassen sich Angehörigen in der Praxis kontinuierlich im Blick. derzeit jährlich nur noch wenige Tausend als Spätaus- Sollten neue gesetzliche Regelungen nötig sein, setzt siedler registrieren. sich der Beauftragte für die Entwicklung entsprechen- der Vorschläge ein und wirbt im politischen Raum für deren Verabschiedung. AUFNAHME VON SPÄTAUSSIEDLERN 2019 Soziale Gerechtigkeit Januar 529 Nach wie vor gilt in diesem wichtigen Tätigkeitsfeld das Hauptaugenmerk des Beauftragten seit Beginn sei- Februar 562 ner Amtszeit der Abschaffung der personenkreisspezi- fischen Benachteiligung im Fremdrentenrecht, um die März 404 bestehende soziale Ungerechtigkeit bei Aussiedlern und Spätaussiedlern zu beheben. In den 1990er Jahren April 516 hatten gesetzliche Änderungen zu Kürzungen von Mai 573 Renten und Rentenansprüchen bei Spätaussiedlern ge- führt. Begründet wurde dies u. a. durch unterschied- Juni 569 liche Rentenhöhen in Ost- und Westdeutschland. Deren Anpassung ist seither zwar erfolgt, die unter- Juli 850 schiedliche Bewertung der Aussiedlerrenten wurde jedoch beibehalten. Die drohende Altersarmut sowie August 618 das Gefühl der Ungleichbehandlung rufen daher im September 718 Personenkreis erheblichen Unmut hervor. Oktober 785 So hat der Beauftragte u.a. in mehreren Pressemit- teilungen darauf aufmerksam gemacht, dass das November 553 aktuelle Rentenpaket der Bundesregierung mitsamt der Grundrente zwar zu begrüßen sei, aber dessen un- Dezember 478 geachtet immer noch den Bereich der Aussiedler und Gesamt 7.155 Spätaussiedler unberücksichtigt lässt und sie weiterhin einer höheren Gefährdung durch Altersarmut aussetzt.
6 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 Teilerfolg erzielt – Nachbesserungen dringend nötig Auch nach Grundrentenpaket der Bundesregierung: Altersarmut bei deutschen Spätaussiedlern Koalitionsbeschluss vom 10.11.2019 Lösung der vom Beauftragten der Bundesregierung Nach dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten vor- soll eine Grundrente in der Rentenversicherung ein- geschlagenen Korrekturen in der rentenrechtlichen geführt werden, um die Lebensleistung von Menschen Eingliederung deutscher Aussiedler und Spätaussiedler anzuerkennen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder vor. Ohne entsprechende Korrekturen würden alle erzogen und Angehörige gepflegt haben. Die Grund- Betroffenen, die nicht unter den Anwendungsbereich rente soll auch einen Beitrag zum Schutz von Altersar- der neuen Grundrente fallen, nach wie vor von der mut leisten. Dabei soll auch die besondere Lebenslage angemessenen Berücksichtigung der eigenen Lebens- im Osten berücksichtigt werden. leistung in der Alterssicherung ausgeschlossen bleiben. Änderung mit Wirkung vom 1.1.2021, Der Bundesbeauftragte setzt sich weiter dafür ein, dass für alle bisherigen und neuen Rentner alle deutschen Aussiedler und Spätaussiedler in Pläne Auch die Lebensleistung der deutschen Aussiedler und der Regierung für mehr Renten- und Generationenge- Spätaussiedler wird berücksichtigt. rechtigkeit einbezogen werden. Seine Vorschläge zur Lösung der Altersarmut und zur Wiederherstellung Die Grundrente soll für Bestandsrentner und für Neu- der Generationengerechtigkeit bei diesem Personen- rentner zum 1.1.2021 eingeführt werden. Rentner, die kreis sind Folgende: 33 bzw. 35 Beitragsjahre (Grundrentenzeiten) geleistet haben und deren Beitragsleistung (einschließlich der im Rentenkonto nach dem Fremdrentengesetz - FRG - 1. Abmilderung der Kürzung der berücksichtigten Werte für Zeiten im Herkunftsgebiet) FRG-Entgeltpunkte aus Bezugswerten unter 80% aber über 30% des Durch- schnittseinkommens liegt (durchschnittlicher Entgelt- punktewert zwischen 0,3 und 0,8) sollen künftig für 1.a) Aktuelle Situation diese Zeiten einen Zuschlag als Grundrente erhalten. Die Höherbewertung beträgt das Doppelte des persönlichen Die Altersarmut der Spätaussiedler hat im Wesentli- EP-Durchschnittswertes, begrenzt auf maximal 0,8 EP chen ihre Ursachen in den Änderungen des Fremdren- für 33 bzw. 35 Jahre. Die Grundrentenzeiten setzen sich tengesetzes (FRG) der 1990er Jahre. Insbesondere die zusammen aus Pflichtbeitragszeiten für versicherte zum 6. Mai 1996 eingeführte Deckelung der Anzahl Beschäftigung und Tätigkeit, Pflichtbeitragszeiten auf der Entgeltpunkte (EP) aus FRG-Zeiten auf 25 EP bzw. Grund von Kindererziehung, Pflege und aufgrund der 40 EP (§ 22b FRG) sowie die Einführung des Faktors 0,6 Antragspflichtversicherung für Selbstständige, renten- (§ 22 Abs. 4 FRG) bei einem Rentenbeginn ab 1. Okto- rechtliche Zeiten wegen des Bezuges von Leistungen bei ber 1996 durch das Wachstums- und Beschäftigungs- Krankheit und Rehabilitation, Berücksichtigungszeiten förderungsgesetz vom 25. September 1996 führt zu ar- wegen Kindererziehung und Pflege sowie Ersatzzeiten mutsbegründenden Altersrenten bei Spätaussiedlern. (wie anerkannte Zeiten nach dem Fremdrentengesetz Auf dieser Grundlage beträgt der maximal für einen etc.). Durch diese Regelungen ist sichergestellt, dass die FRG-Berechtigten erreichbare Brutto-Rentenanteil in meisten Aussiedler und Spätaussiedler, deren Alters- Westdeutschland 826,25 € (25 EP x 33,05 € = aktueller sicherung durch die drastischen personenkreisspezi- Rentenwert ab 1. Juli 2019) bzw. in Ostdeutschland fischen Kürzungen der 90er Jahre (40%-Kürzung der 797,25 € (25 EP x 31,89 € = aktueller Rentenwert ab 1. FRG-Werte, Deckelung auf 25/40 EP) besonders häufig Juli 2019). Bei Ehegatten und in einer eheähnlichen von Altersarmut bedroht sind, von den Regelungen der Gemeinschaft lebenden Berechtigten liegt der Wert neuen Grundrente miterfasst werden. in Westdeutschland bei 1.322,00 € und in Ostdeutsch- land bei 1.275,60 €. Für die Kranken- und Pflegever- Nachbesserungen aus Gründen der Generationen- sicherung fallen noch Abzüge in Höhe von rund 10% gerechtigkeit auch für Aussiedler und Spätaussied- an, so dass sich die Zahlbeträge weiter um rund 10% ler dringend angezeigt reduzieren. Der aktuelle Koalitionsbeschluss sieht noch keine
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 7 Damit liegen diese aus den Herkunftsgebieten der Aus- führen, weil in den meisten Fällen dann keine Grund- und Spätaussiedler maximal erreichbaren Rentenhöhen sicherung und kein Wohngeldzuschuss mehr erforder- faktisch weit unter der anerkannten Armutsgrenze. lich wären. Die Betroffenen würden zwar weiterhin im Bereich der Armutsgrenze leben, hätten aber nicht Obwohl sie überwiegend ihr gesamtes Leben berufs- das Gefühl, dem Staat zur Last zu fallen oder durch tätig waren und dichte Erwerbsbiografien aufweisen, das Vertreibungs- und Aussiedlungsschicksal um die sind die Betroffenen im Alter auf ergänzende staat- selbst durch harte Arbeit erworbene Alterssicherung liche Transferleistungen, wie Grundsicherung und gebracht worden zu sein. Wohngeld und zusätzlich auf die Unterstützung durch die eigenen – somit doppelt belasteten - Kinder ange- wiesen. Dies führt zur Verbitterung im Personenkreis 2. Verteilung der Belastungen bei Rentenbezug und widerspricht der Generationengerechtigkeit sowie aus dem Ausland dem Eingliederungsgedanken des FRG. Der Faktor 0,7 bzw. später 0,6 wurde mit Blick auf die 2.a) Aktuelle Situation damals sehr niedrigen DDR-Renten nach der Wieder- vereinigung für FRG-Renten zur Vermeidung von Einer zusätzlichen Belastung sind die Spätaussiedler sozialen Ungleichheiten eingeführt. Mittlerweile hat ausgesetzt, die Rentenleistungen aus den Herkunfts- das Rentenniveau jedoch in den Neuen Bundesländern gebieten beziehen. Dies ist derzeit infolge von Sozial- einen Wert von über 95,81% des Westniveaus erreicht. versicherungsabkommen sowie auf der Grundlage Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt und geboten, der Anwendung europäischer Normen möglich, bei der Deckelung der Entgeltpunkte - sofern diese insbesondere in Polen, Rumänien, Ungarn, Tsche- überhaupt beibehalten wird – zumindest eine höhere chien, der Slowakei, Kroatien, Serbien, Slowenien, den Grenze einzuführen, zumal es sich bei dem betroffe- Baltischen Staaten, den Nachfolgestaaten Jugoslawiens nen Personenkreis um deutsche Staatsangehörige han- (soweit nicht EU-Mitglied) und in Bulgarien. In einigen delt, die durch ihre vorteilhaften demographischen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion bieten Eigenschaften zum Steuer- und Beitragsaufkommen innerstaatliche Rechtsvorschriften grundsätzlich die erheblich beigetragen haben bzw. beitragen. Möglichkeit der Beantragung von Rentenleistungen und deren Überführung ins Ausland, so in der Russi- schen Föderation und in Aserbaidschan. 1.b) Lösungsansatz Die Möglichkeit der Beantragung einer ausländischen Die Deckelung der Entgeltpunkte in § 22 b FRG sollte Rente ist zwar ausdrücklich positiv zu bewerten, weil sie angesichts der immer deutlicher werdenden system- die Rentenversicherungsträger durch Anrechnungsmög- bedingten Altersarmut der FRG-Berechtigten aufgeho- lichkeiten (§ 31 FRG) entlastet, die Nachteile werden der- ben werden, zumindest aber sollte die Grenze anre- zeit aber einseitig auf die FRG-Berechtigten abgewälzt. chenbarer Entgeltpunkte auf 30 EP bei Einzelpersonen bzw. 50 EP bei Ehepaaren und in einer eheähnlichen Die Nachteile für Betroffene sind vielfältig: Das aus- Gemeinschaft lebenden Berechtigten angehoben wer- ländische Rentenantragsverfahren gestaltet sich kom- den. Dies würde für die Betroffenen eine monatliche pliziert, alle mit der Umsetzung verbundenen Kosten Bruttorente in Höhe von 991,50 € in Westdeutschland und sonstigen Belastungen (Wechselkursschwankun- und 956,70 € in Ostdeutschland ermöglichen. Bei Ehe- gen / Lebensbescheinigung / Kontogebühren bei der gatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben- Annahme einer Auslandsüberweisung / zusätzliche den Berechtigten würden die Bruttorenten zusammen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge / unregel- 1.652,50 € (West) bzw. 1.594,50 € (Ost) erreichen. Dies mäßige Zahlungseingänge) werden dem FRG-Berech- würde auch zum systemübergreifenden Bürokratieab- tigten zugewiesen, obwohl der einzige „Nutznießer“ bau, zur Entlastung der Sozialgerichte von Verfahren dieser Leistungsmöglichkeit der Rentenversicherungs- und Kosten sowie zu einer Entlastung der Kommunen träger bzw. der Grundsicherungsträger ist.
8 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 Die Betroffenen empfinden dies als ungerecht, weil Kindererziehung ist ein wesentlicher Beitrag zum sie die Nachteile und den Brutto-Netto-Unterschieds- Fortbestand des Rentensystems, weil Kinder die künf- betrag als Verlust tragen müssen, der Rentenversiche- tigen Beitragszahler sind. Kinder von Spätaussied- rungsträger aber durch die Zahlung aus dem Ausland lern leben in Deutschland und erbringen die gleiche die deutsche FRG-Rente in der festgestellten Brutto- Beitragsleistung, wie in Deutschland aufgewachsene höhe zum Ruhen bringt (§ 31 FRG) und damit enorme Kinder. Daher ist die Erziehungsleistung der Eltern Einsparungen erzielt. im Rentensystem auch gleich zu bewerten. Eine Un- gleichbehandlung ist ungerecht. 2.b) Lösungsansatz Ist der Vater, nicht aber die Mutter Spätaussiedler, muss bei gemeinsamer Erziehung von Kindern die Um den FRG-Berechtigten einen Aufwandsausgleich Zuordnung von Kindererziehungszeiten zum Vater zu schaffen und auch einen Anreiz dafür zu geben, die durch die Abgabe einer übereinstimmenden Erklä- Antragsverfahren in den Herkunftsgebieten durchzu- rung innerhalb eines Jahres nach Zuzug erfolgen. führen, bzw. nicht im Rahmen EU-rechtlich zulässiger Ansonsten gehen diese Kindererziehung- und Kinder Gestaltung (Art. 50 EU-VO 883/2004) darauf zu ver- berücksichtigungszeiten verloren, weil die Mutter zichten, wird ihnen ein Teil der ausländischen Rente nicht zum anspruchsberechtigen Personenkreis des belassen und zwar dann, wenn die deutsche FRG-Rente FRG gehört. gemäß § 22 Abs. 4 FRG um 30 bzw. 40 % gekürzt wird. Der FRG-Berechtigte darf so einen entsprechenden An- Diese Erklärungsfrist von einem Jahr nach Zuzug teil der Leistung aus dem Herkunftsgebiet als Ausgleich nach Deutschland ist zu kurz bemessen, weil die behalten. Zugleich spart der Rentenversicherungsträger wenigsten Spätaussiedler im ersten Jahr des Zuzuges durch real entstehende Anrechnungsmöglichkeiten mit diesem Sachverhalt konfrontiert werden und es gemäß § 31 FRG laufend Ausgaben in Höhe von 70 bzw. deswegen versäumen, die Erklärung rechtzeitig ab 60 Prozent der Leistung aus dem Herkunftsgebiet - ein zugeben. Vorteil, der ihm ohne diese Regelung bisher entgeht. Da die FRG-Rente nur zu 60% gezahlt wird, soll die aus- ländische Rente auch nur zu 60% angerechnet werden. 3.b) Lösungsansatz: Diese Regelung dürfte durch das deutliche Übersteigen des generierten Anrechnungsbetrages gegenüber dem Die Vervielfältigung der Entgeltpunkte für Kinder- eingeräumten Selbstbehalt bei dem Rententräger im erziehungszeiten im Herkunftsgebiet mit dem Faktor Ergebnis zu einem erheblichen Überschuss führen. 0,6 wird ersatzlos gestrichen. § 28 b FRG wird dahingehend ergänzt, dass in den 3. Beseitigung der Benachteiligungen bei Fällen, in denen ein Elternteil nicht zum anspruchs- Anerkennung von Kindererziehungszeiten berechtigten Personenkreis des FRG gehört, bei vor der Vertreibung im Herkunftsgebiet gemeinsamer Erziehung durch Vater und Mutter für eine Zuordnung der Erziehungszeiten im Herkunfts- gebiet zum Vater eine übereinstimmende Erklärung 3.a) Aktuelle Situation nicht erforderlich ist, sondern die Anerkennung der Kindererziehungszeiten bei dem FRG-berechtigten Nach aktuellem Recht wird die Kindererziehungszeit Spätaussiedler erfolgt. im Herkunftsgebiet vor der Vertreibung bei Berech- nung der Rente lediglich mit 60% des im Bundesgebiet geltenden Wertes anerkannt. Das führt zu einer nicht begründbaren Benachteiligung für Eltern aus dem Personenkreis der Spätaussiedler, die ihre Kinder noch im Herkunftsgebiet erzogen haben.
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 9 4. Sozialversicherungsabkommen/ Dennoch werden insbesondere Spätaussiedler aus Rechtshilfeabkommen Russland seitens der Grundsicherungsträger dazu aufgefordert, Renten beim Russischen Rentenfond zu beantragen. Seit dem 1.1.2015 sind Rentenzahlungen 4.a) Aktuelle Situation auf Konten der Berechtigten in Deutschland nur noch möglich, wenn bereits vorher entsprechende Renten In Folge von Sozialversicherungsabkommen (SVA) und gezahlt wurden. Bei neu entstehenden Rentenansprü- in Anwendung von europäischen Vorschriften erfol- chen ist hingegen nur noch eine Zahlung der Rente auf gen tatsächliche Rentenzahlungen aus dem Ausland ein russisches Konto möglich. an Aussiedler und Spätaussieder und führen damit zum Ruhen des FRG-Anspruches in der tatsächlich ausgezahlten Höhe und zu erheblichen Einsparungen 4.b) Lösungsansatz auf Seite der Rentenversicherungsträger. Mit den meisten Nachfolgestaaten der Sowjetunion Es wäre für die FRG-Berechtigten und für die Ren- bestehen derzeit keine SVA und auch kaum Rechts- tenversicherungsträger von Vorteil, mit den Her- hilfeabkommen. Der Rechtsverkehr ist daher äußerst kunftsstaaten nachhaltige und rechtsverbindliche umständlich und für die Betroffenen mit hohem fi- Regelungen zu vereinbaren, um die Zahlungen aus den nanziellem und bürokratischem Aufwand verbunden. Herkunftsgebieten der Spätaussieder zu ermöglichen. Beauftragter Fabritius mit (v.l.n.r.) dem LmDR-Vorsitzenden Johann Thießen, Dr. Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, der Bundesvorsitzenden der Siebenbürger Sachsen, Herta Daniel, sowie Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Banater Schwaben bei einer Informationsveranstaltung zur Rentengerechtigkeit im Oktober 2019 in Nürnberg
10 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 Auf vielen Informationsveranstaltungen hat Bundes- Bekenntnis zur christlichen Selbstverortung. beauftragter Fabritius das Gespräch mit politischen Neben der sozialen Gerechtigkeit liegt dem Aussied- Entscheidungsträgern, aber auch mit Betroffenen lerbeauftragten insbesondere die gesellschaftliche gesucht, die unter den personenkreisspezifischen Wiederbeheimatung der Spätaussiedler am Herzen. Benachteiligungen im Rentenrecht leiden. So u.a. bei Das Amtsverständnis ist überkonfessionell, der Be- einer Konferenz zur sozialen Gerechtigkeit für Spät- auftragte unterstützt gleichwohl die eigene religiöse aussiedler mit Vertretern der Landsmannschaften in Selbstverortung eines Großteils der Spätaussieder im Nürnberg im Oktober 2019 sowie bei Veranstaltun- Christentum. gen in München, in Kaufbeuren und in Neu-Ulm im Februar 2020. So besuchte der Beauftragte beispielsweise auch im Jahr 2020 die Jahrestagung der Konferenz für Aus- siedlerseelsorge in der EKD und würdigte die beson- dere Rolle, die eine Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft im Aussiedlungsgebiet, aber auch bei der Wiederbeheimatung nach einer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland spielt. Wie der Beauf- tragte in seinem Grußwort darlegte, ist der christliche Glaube für viele Aussiedler und Spätaussiedler unver- zichtbar. Oftmals bieten Gemeinden wesentliche Unterstüt- zung bei der Wiederbeheimatung der nach Deutsch- land zugezogenen Aussiedler und Spätaussiedler. Gegenseitige Unterstützung und Verankerung im Glauben halfen bei der Ankunft in einem neuen, eventuell ungewohnten Umfeld. Beauftragter Fabriti- us bat die Kirchen ausdrücklich um Fortsetzung und, wo immer möglich, auch um Ausbau ihres Engage- ments und dankte für das bisher Geleistete. Gefasste Beschlüsse zur Abwicklung gezielter Aussiedlerseel- sorge bat Fabritius zu revidieren. 2. Vorsitz im Beirat für Spätaussiedlerfragen Zur politischen Vertretung in aussiedlerpolitischen Angelegenheiten zählt auch der Vorsitz des Beauftrag- Broschüre „Die bleibende Verantwortung für ten im Beirat für Spätaussiedlerfragen. Dieser wurde deutsche Aussiedler und Spätaussiedler“ im Jahr 2005 beim Bundesinnenministerium einge- richtet, umfasst 16 Mitglieder aus Staat, Kirche und Ge- sellschaft und erfüllt die Aufgabe, die Bundesregierung Um das Problem der personenkreisspezifischen Be- sachverständig zu beraten. Der Beirat tagt mindestens nachteiligung im Rentenrecht einem weiteren Kreis einmal jährlich. Zu den im Beirat diskutierten Themen bekannt zu machen sowie zur Erläuterung der Hinter- gehören beispielsweise Probleme im Aufnahmever- gründe, hat Beauftragter Fabritius im September 2019 fahren für Spätaussiedler, die womöglich eine Ände- die Informationsbroschüre „Die bleibende Verant- rung des Bundesvertriebenengesetzes erfordern, oder wortung für deutsche Aussiedler und Spätaussiedler“ Fragen der gesellschaftlichen und sozialen Wiederbe- veröffentlicht. heimatung der Spätaussiedler und ihrer Familien.
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 11 Im November 2019 fand unter Leitung des Beauftragten verabschiedet, die Thematik der Aussiedlerbenachtei- Fabritius die zweite Sitzung in der vierjährigen Amtspe- ligung bei der Alterssicherung aus Gründen der Gene- riode des Beirats für Spätaussiedlerfragen statt. rationengerechtigkeit im aktuellen Grundrentenpaket zu lösen. In diesem Zusammenhang stellte der Be- auftragte den Mitgliedern des Beirats seine Broschüre „Die bleibende Verantwortung für deutsche Aussiedler und Spätaussiedler“ vor. 3. Ansprechpartner für Selbstorganisationen der Vertriebenen und (Spät-)Aussiedler Schließlich ist der Beauftragte Ansprechpartner für sämtliche Selbstorganisationen der Vertriebenen und (Spät-)Aussiedler. Insbesondere steht er mit dem Bund der Vertriebenen (BdV), den Landsmannschaften und deren jeweiligen Orts-, Kreis- und Landesgruppen sowie ihren Jugend- und Studentenvertretungen in Sitzung des Beirats für Spätaussiedlerfragen beim Bundesminis engem Austausch. terium des Innern, für Bau und Heimat Der Beauftragte versteht sich als Bindeglied zwischen Themen der Sitzung waren u.a. die aktuellen Ent- Politik und den Organisationen, welche die Belange wicklungen in Spätaussiedleraufnahmeverfahren der Aus- und Spätaussiedler vertreten. Durch einen und der Sachstand der Urkundenproblematik bei engen Kontakt, der sich auch in regelmäßigen Arbeits- Eintragungen von standesamtlichen Vorgängen an- treffen widerspiegelt, konnten die Betroffenen ihre erkannter Spätaussiedler in Personenstandsregister. Anliegen dem Beauftragten vortragen und wurden in Auf Anregung des Spätaussiedlerbeirates hatte das die Entwicklung der Grundsätze der Aussiedler- und Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat Minderheitenpolitik einbezogen. die zuständigen Innenministerien der Länder und Senatsverwaltungen für die besondere Situation der Spätaussiedler bei der Urkundenbeschaffung sensibi- lisiert. Ergänzend wurde durch einen Namensartikel des Bundesbeauftragten in der Fachzeitschrift für das Standesamtswesen1 über die zu treffende Auslegungs- entscheidung informiert. Ein weiterer Schwerpunkt der Beratungen stellte der derzeitige Stand der Bemühungen um die Beseitigung der personenkreisspezifischen Benachteiligungen im Rentenrecht dar. Auf Antrag des Jugendvertreters der Deutschen Jugend in Europa (DJO), Edwin Andreas Drotleff, wurde nach detaillierten Beratungen ein- stimmig eine Aufforderung an die Bundesregierung 1 Fabritius, Bernd, Zur Bewertung von Personen- standsurkunden deutscher Aussiedler und Spät- aussiedler, in: Das Standesamt. STAZ 10/2019, S. 308-309. Bundesbeauftragter Fabritius mit Staatsministerin Carolina Trautner (Bayern)
12 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 Bei vielen Gelegenheiten hat sich der Beauftragte mit Innern, für Bau und Heimat zahlreiche Vertreter der den Vertretern der mitgliederstärksten Spätaussied- russlanddeutschen Gemeinschaft zu einem Dialog- lerverbänden und Landsmannschaften ausgetauscht forum empfangen. Beauftragter Fabritius dankte bzw. gemeinsame Termine mit ihnen durchgeführt. aus diesem Anlass den geladenen Vertretern für den So begleitete er beispielsweise die Spitzen der Verbän- Beitrag der Russlanddeutschen zum deutschen Ge- de im März 2020 zu einem gemeinsamen Gespräch meinwesen und betonte erneut die Einstandspflicht mit der neu ernannten bayrischen Staatsministerin der Bundesregierung für das erlittene Unrecht der für Familie, Arbeit und Soziales, Carolina Trautner. Deutschen aus und in der ehemaligen Sowjetunion. Auch an einer durch ihre Breitenwirkung bedeutsa- men Dialogveranstaltung der Abteilung Heimat des Auch im Jahr 2019 nahm der Bundesbeauftragte an Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, der traditionellen Gedenkfeier der Landsmannschaft zu der die Spitzen aller Landsmannschaften und der Deutschen aus Russland im Grenzdurchgangs Gliederungen des BdV, insbesondere Jugendvertreter lager Friedland teil. Fabritius erinnerte daran, dass das eingeladen wurden, nahm der Beauftragte im Januar Schicksal der Deutschen aus Russland Teil der gesamt- 2020 teil. deutschen und der gesamteuropäischen Geschichte sei. Anlässlich des Jahrestags des sogenannten Stalin- Traditionell besonders bedeutsam sind die Bezie- Erlasses aus dem Jahr 1941 sprach Bundesbeauftragter hungen des Beauftragten zur Landsmannschaft der Fabritius im Rahmen der Gedenkfeier „Gemeinsam Deutschen aus Russland e. V (LmDR), der die Inte- gedenken“ der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung ressen von 2,4 Mio. Deutschen aus der ehemaligen in der Weihnachtskirche in Berlin-Spandau. Im Okto- Sowjetunion vertritt. So hat Beauftragter Fabritius ber 2019 besuchte der Beauftragte das Kulturfestival den Bundesvorstand der LmDR im Juni 2019 im des J ugend- und Studentenrings der Deutschen aus Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat Russland. zu einem konstruktiven und freundschaftlichen Ge- spräch empfangen. Im Rahmen des vertrauensvollen Im November 2019 empfing Fabritius den kurz zuvor und freundschaftlichen Gesprächs wurden unter neu gewählten Bundesvorsitzenden des Verbandes anderem die Intensivierung der Jugendarbeit, die der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., Rainer Stärkung der Verbandsstrukturen sowie Maßnahmen Lehni. Fabritius und Lehni besprachen u.a., wie die der Informations- und Aufklärungsarbeit besprochen. grenzüberschreitende verständigungspolitische Arbeit intensiviert und der Jugendverband der Siebenbürger Im Juni 2019 wurden im Bundesministerium des Sachsen (SJD) strukturell gestärkt werden könnte. Auch Beauftragter Fabritius mit dem Bundesvorstand der Landsmann- Beauftragter Fabritius bei der Gedenkveranstaltung der OMV in der schaft der Deutschen aus Russland sowie Mitarbeitern des Bundes- Weihnachtskirche Berlin-Spandau ministerium des Innern, für Bau und Heimat
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 13 Beauftragter Fabritius mit den Vertretern der Vertriebenenverbän- Beauftragter Fabritius mit (v.l.n.r.) Staatsministerin Kerstin Schrey- de und Landsmannschaften sowie dem Parlamentarischen Staats- er, Landesbeauftragten Heiko Hendriks, Ministerpräsident Armin sekretär Stephan Mayer, MdB Laschet, Bundesvorsitzender Herta Daniel sowie dem Veranstalter der Haferlandwoche, Michael Schmidt eine bessere Vernetzung der Aussiedler- und Spätaus- Zu Pfingsten 2019 nahm Bundesbeauftragter Fabritius siedlerverbände war Thema des freundschaftlichen in Kooperation mit der Landsmannschaft der Deut- und konstruktiven Gesprächs. Im Oktober 2019 nahm schen aus Russland und dem Jugend- und Studenten- der Beauftragte an der Festveranstaltung aus Anlass ring der Deutschen aus Russland an der bestbesuchten des 70. Jahrestags der Gründung des Verbands der Veranstaltung für Russlanddeutsche, der „Jarmarka“ Siebenbürger Sachsen im Bayerischen Landtag teil und in Bad Salzuflen, teil. Er sprach seine Anerkennung für beteiligte sich an der Podiumsdiskussion „Wo sind wir die Lebensleistung der Spätaussiedler aus der ehema- daheim?“. Auch den Heimattag der Siebenbürger Sach- ligen Sowjetunion aus und machte auf ihre besondere sen in Dinkelsbühl besuchte Beauftragter Fabritius. Eignung als Brücke zwischen alter und neuer Heimat aufmerksam. Fabritius: „Russlanddeutsche sind in Ebenso nahm Fabritius am Kirchweihfest der Banater Deutschland zu Hause und herzlich willkommen!“ Schwaben in Crailsheim teil und gratulierte den Teil- nehmern zu ihrem aktiven Einsatz für die Pflege von Auch mit der Arbeitsgruppe der Vertriebenen, Aus- Kultur, Brauchtum und Traditionen. siedler und deutschen Minderheiten der Unionsfrak- tion im Deutschen Bundestag steht der Bundesbeauf- tragte in engem Austausch und berichtet regelmäßig 4. Informationsarbeit des Beauftragten in deren Sitzungen über aktuelle politische Themen aus seinem Tätigkeitsbereich. Mit Vertretern der Der Beauftragte ist für die Informationsarbeit zu anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag befindet Aussiedlerthemen in Deutschland verantwortlich. sich der Beauftragte im stetigen Austausch. Er macht auf wichtige Ereignisse und neue Gesetze aufmerksam und äußert sich zu zentralen aussiedler- politischen Fragen. Zudem organisiert der Beauftragte Veranstaltungen mit aussiedlerpolitischen Schwer- punkten. Des Weiteren wirkt er an der gesellschaft- lichen Debatte durch Reden und Vorträge mit.
14 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 5. Vertriebenenpolitik Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeit des Beauf tragten bilden die Abstimmung der Vertriebenen- politik der Bundesregierung und die Vertretung der Anliegen der Selbstorganisationen der deutschen Heimatvertriebenen. Prägend sind ein enger Kontakt und eine unmittelbare Abstimmung mit den Vertrie- benenverbänden in Deutschland. Schätzungsweise 14 Millionen Deutsche wurden kriegs- bzw. kriegs- folgenbedingt Opfer von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung. In Deutschland haben sich die Heimatvertriebenen nach dem Krieg in Landsmann- schaften und landsmannschaftlichen Organisationen zusammengeschlossen, um somit ein Sprachrohr in die deutsche Politik zu haben und die Erinnerung an die verlorene Heimat, das Brauchtum und die Identi- Beauftragter Fabritius mit dem Peitinger Gemeinderat-Fraktions- tät zu wahren. Ihre Kultur geben sie fortwährend an vorsitzenden Peter Ostenrieder, dem Landtagsabgeordneten Harald Kühn, Bürgermeister Michael Asam, Landrätin Andrea J ochner-Weiß ihre Kinder und Enkelkinder weiter, die sich weiter- sowie Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft hin zur angestammten Heimat bekennen (sogenannte Bekenntnisgeneration). Die Landsmannschaften sind heute zudem wichtige Brückenbauer zu den außerhalb Im September 2019 würdigte Beauftragter Fabritius im Deutschlands verbliebenen deutschen Minderheiten. Rahmen der Fachtagung der Unionsfraktion mit dem Thema „Pioniergeist der Vertriebenen und Aussiedler – Zukunftsfrage für unser Land“ in Hamburg die Leis- tungen der deutschen Heimatvertriebenen, die dank ihres Selbstverständnisses rasch ihren Beitrag zum beginnenden deutschen Wirtschaftswunder leisteten. Anlässlich des Festaktes zum 60-jährigen Bestehen des Bundes der Vertriebenen in Bayern im Novem- ber 2019 blickte der Bundesbeauftragte zurück: „Heute wissen wir, dass die wirtschaftliche Ein- gliederung und die gesellschaftliche Beheimatung dieser heimatlos gewordenen Menschen ein Erfolg waren. Das war sowohl der inneren Einstellung der Heimatvertriebenen als auch der Hilfsbereitschaft und Solidarität des aufnehmenden Landes Bayern geschuldet.“ Im Rahmen des Sudetendeutschen Tags in Regens- Beauftragter Fabritius u.a. mit Valerij Dill, ehemaliger Vize-Pre- burg sprach Beauftragter Fabritius anlässlich der mierminister Kirgistans und Vorsitzender des Volksrates der Deut- Verleihung des Europäischen Karlspreises an die schen in Kirgistan; Johann Thießen, Vorsitzender der Landsmann- Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, schaft der Deutschen aus Russland; Waldemar Weiz, Vorsitzender Charlotte Knobloch. Im Juli 2019 nahm der Beauf- des Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus Russland sowie Alexander Bem, Veranstalter des „Jarmarka“ tragte an der bayrischen Landesdelegiertenkon- ferenz der Sudetendeutschen Landsmannschaft
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 15 in Grafing teil. Fabritius sprach hier vor allem die Schwerpunkte Kulturpolitik, Verständigungspolitik und Jugendarbeit an. Auch besuchte Beauftragter Fa- britius die Marktgemeinde Peiting, die in besonderer Weise durch die Aufnahme Sudetendeutscher nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt wurde und legte gemeinsam mit Bürgermeister Michael Asam, dem Vorsitzenden der CSU-Fraktion im Gemeinderat, Pe- ter Ostenrieder, dem Abgeordneten des Bayrischen Landtags, Harald Kühn, der Landrätin des Landkreises Weilheim-Schongau, Andrea Jochner-Weiß sowie Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft einen Gedenkkranz der Bundesregierung an der in Peiting gelegenen Gedenkkapelle am Kalvarienberg nieder. Der Bundesbeauftragte besuchte im Oktober 2019 die Festveranstaltung aus Anlass des 70-jährigen Bestehens der Landesgruppe NRW der Landsmann- schaft Ostpreußen in Düsseldorf. Fabritius würdigte in seiner Festansprache die vielen Opfer in Ost preußen. Von 2,5 Millionen Ostpreußen starben 220.000 im Krieg und weitere 240.000 durch Flucht Beauftragter Fabritius mit dem AGDM-Sprecher Bernard Gaida und und Vertreibung. Gleichzeitig wies er darauf hin, Beauftragten a.D., Hartmut Koschyk dass heute wieder etwa 20.000 Deutsche, vorwiegend aus den anderen Ländern der ehemaligen Sowjet- schichte vermittelt. Anlässlich der Eröffnung der Aus- union, im Gebiet um Königsberg (russ. Kaliningrad) stellung „Die Gerufenen“ in Traunreut erinnerte der leben. Beauftragte im Oktober 2019 an die Erfolgsgeschichte der deutschen Siedler in Mittel- und Osteuropa vor den Des Weiteren besuchte der Bundesbeauftragte den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert. Tag der Heimat der Landesgruppe Niedersachsen des B undes der Vertriebenen im September 2019 in Einem bis heute dem breiten Publikum weitgehend Hannover unter dem Motto „Vertriebene für Men- unbekannten Aspekt der deutschen Geschichte wid- schenrechte und Verständigung“. Auch am Tag der mete sich der Beauftragte in seiner Rede zur Tagung Heimat der Unionsfraktion im Landtag von Nord- „Vertriebene in der DDR“ in Leipzig im November 2019. rhein-Westfalen sowie am Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen Leverkusen im Oktober 2019 wirkte Beauftragter Fabritius mit. Die Kultur der (Spät-)Aussiedler wird auch in den dafür zuständigen und gemäß § 96 BVFG im Verantwor- tungsbereich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderten Institutionen erforscht, gepflegt und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So besuchte der Beauftragte das Isergebirgsmuseum in Kaufbeuren im Februar 2020, das seinen Besuchern sudetendeutsche Kultur und Ge-
16 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 Beauftragter Fabritius bei seiner Gedenkansprache vor dem Ostdeutschen Kreuz auf dem Friedhof Leverkusen-Manfort 6. Kriegsfolgenrecht Im Bereich der Vertriebenenpolitik gehört die soge- nannte kriegsfolgenrechtliche Anerkennungsleistung für ehemalige deutsche Zwangsarbeiter (ADZ) zu den wichtigsten vertriebenenpolitischen Impulsen: Einen Betrag von 2.500 € erhalten Deutsche, die als Zivilper- sonen durch eine ausländische Macht zu Zwangsarbeit gezwungen wurden, als symbolische Anerkennung ihres Schicksals. Insgesamt wurden annähernd 47.000 Anträge auf ADZ verzeichnet, deren Bearbeitung vor- aussichtlich im Juni 2020 abgeschlossen wird. Beauf- tragter Fabritius hierzu: „Die Anerkennungszahlung für deutsche zivile Zwangsarbeiter ist eine historische Leistung. Ich freue mich, dass das BVA hier mit großem historisch-kriegsfolgenrechtlichen Sachverstand und vor allem mit Empathie für die Vielzahl unterschied- licher Einzelschicksale tätig ist. Beauftragter Fabritius während des Interviews für die Dokumen tation „Verschleppt“
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 17 ENTSCHEIDUNGEN IM ANTR AGSVERFAHREN Bis Ende Mai 2020 wurden 46.190 (d.h. rd. 98,5 % aller Anträge) abschließend bearbeitet: 38.361 Anerkennungsbescheide 6.649 Ablehnungsbescheide 1.180 Verfahrenseinstellungen 46.868 Anträge insgesamt Die Anerkennungsleistung, die die ehemaligen zivilen Zwangsarbeiter erhalten, entschädigt sie nicht annä- hernd für die menschenunwürdige Behandlung, zu der sie allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit ge- zwungen waren; doch hat die Bundesregierung mit der ADZ-Richtlinie das Unrecht und leiderfüllte Schicksal der zivilen deutschen Zwangsarbeiter anerkannt.“ Beauftragter Fabritius machte auch als Interview- partner für die Dokumentation „Verschleppt – das Schicksal der deutschen Zwangsarbeiter“ (Sende termin November 2019) für den Bayrischen Rund- funk auf das immer noch in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft unbekannte Thema auf merksam.
18 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 II. Deutsche Minderheiten im Ausland Beauftragter Fabritius mit den Teilnehmern der AGDM-Jahrestagung 2019 und dem Parlamentarischen Staatssekretär Stephan Mayer, MdB Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedler- und ihren Vertretern. Eine besondere Rolle nimmt fragen und nationale Minderheiten ist auch für jene die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten Menschen zuständig, die als Angehörige deutscher (AGDM) ein. Sie ist eine 1991 in Budapest gegründete Minderheiten in den Herkunftsländern der Aussied- informelle Arbeitsgemeinschaft, die alle Organisatio- ler und Spätaussiedler verblieben sind. Es leben noch nen vereint, die in der FUEN, dem Dachverband der mehr als 1 Million Deutsche in den Staaten Mittel- und autochthonen Minderheiten in Europa, zusammen- Osteuropas sowie in den Nachfolgestaaten der Sowjet- geschlossen sind und sich als Verbände deutscher union. Minderheiten betrachten. Sie wird vom Bundesminis- Eine der wichtigsten Aufgaben des Beauftragten ist terium des Innern, für Bau und Heimat gefördert. es, als Repräsentant der Bundesregierung in allen Fragen betreffend die jeweilige deutsche M inderheit So nahm Bundesbeauftragter Fabritius auch im tätig zu werden. Dazu gehört zum Beispiel der Ko-Vor- Jahr 2019 an der Jahrestagung der AGDM teil, die im sitz bei den bestehenden zwischenstaatlichen Regie November 2019 in Berlin abgehalten wurde. Vertreter rungskommissionen für die Angelegenheiten der der deutschen Minderheiten aus 19 Ländern kamen zu jeweiligen deutschen Minderheit sowie die Koordi Beratungen und Gesprächen mit wichtigen politischen nierung der Hilfenpolitik. Von großer Bedeutung ist Entscheidern in der Bundesrepublik Deutschland zu- eine enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen sammen. Selbstorganisationen der deutschen Minderheiten Beauftragter Fabritius gratuliert AGDM-Sprecher Bernard Gaida zu Beauftragter Fabritius mit den Jugendvertretern der AGDM sowie seiner Wiederwahl AGDM-Sprecher Bernard Gaida
TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 19 Aussiedlerbeauftragten aus den Bundesländern zu- sammen. Hierbei regte der Beauftragte an, die zahl- reich vorhandenen Anknüpfungspunkte zu partner- schaftlicher Zusammenarbeit mit den in Deutschland lebenden Vertriebenen, Aussiedlern und Spätaussied- lern sowie den in Deutschland anerkannten nationa- len Minderheiten noch besser zu nutzen. Am Abend des ersten Tages der Tagung eröffnete der Bundesbeauftragte in der Botschaft der Republik Kroatien die Ausstellung „Deutsche in Zagreb und Umgebung durch die Jahrhunderte“, die von MP Goran Beus Richemberg, Mitglied des kroatischen Parlaments und Vorsitzenden des Unterausschusses für Minder- Beauftragter Fabritius mit Staatsministerin Michelle Müntefering heitenrechte der Parlamentarischen Versammlung des und AGDM-Sprecher Bernard Gaida im Auswärtigen Amt in Berlin Europarates, kuratiert wurde. In seinen einleitenden Ausführungen betonte Beus Richemberg die beson- Zu Beginn der Tagung gratulierte Fabritius dem neu- dere Rolle der deutschen Minderheit für die Ent- gewählten Sprecher der AGDM, Bernard Gaida, zur wicklung der Region. Grußworte überbrachten auch Wiederwahl. Erfreut zeigte sich der Beauftragte über der Geschäftsträger der Botschaft, Ivan Bojanić, der die rege Teilnahme der vielen jugendlichen Vertreter Vorsitzende der Deutschen Gemeinschaft in Kroatien, an der Jahrestagung: „Schließlich sind Sie diejeni- Vladimir Ham, sowie Dr. Harald Roth als Direktor des gen, welche die deutschen Minderheiten in Zukunft mitausrichtenden Deutschen Kulturforums Östliches vertreten und ihnen nicht nur ein Gesicht geben, Europa in Potsdam. sondern auch eine gute Zukunft und ein Mitsprache- recht in Ihren Heimatländern sichern sollen.“ Mit den Mit der Vorsitzenden des Ausschusses für Inneres und Jugendvertretern kam Fabritius bereits am Vortag Heimat des Deutschen Bundestags, Andrea Lindholz, der AGDM-Jahrestagung zu einer Sonderkonferenz MdB, sowie Mitgliedern der Arbeitsgruppe der Vertrie- zusammen, in der er die Bedeutung einer möglichst benen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der Uni- frühzeitigen Einbeziehung der Jugend in Verantwor- onsfraktion im Deutschen Bundestag unter Vorsitz von tungsstrukturen der Selbstorganisationen betonte Eckhard Pols, MdB, führten die Vertreter der AGDM ge- und den Teilnehmern Mut machte, sich noch aktiver meinsam mit dem Bundesbeauftragten Gespräche über in ihre Gemeinschaften einzubringen. Im weiteren eine vertiefte Vernetzung im politischen Berlin. Die Ab- Verlauf der Tagung kamen die Teilnehmer auch mit geordneten Lindholz und Pols zeigten sich offen für die Beauftragter Fabritius mit den jugendlichen Teilnehmern des Sommercamps sowie u.a. mit DFDR-Geschäftsführer Benjamin Josza
20 TÄT IGKEI TSBER ICHT | APR IL 2019 - 2020 Anliegen der AGDM und eine regelmäßige Fortsetzung der Gespräche. Zum Abschluss der Jahrestagung kamen die AGDM-Vertreter und Fabritius im Auswärtigen Amt mit der Staatsministerin für Internationale Kulturpoli- tik, Michelle Müntefering, MdB, sowie den Vertretern der Mittlerorganisationen der Deutschen Auswärti- gen Kultur- und Bildungspolitik zu einem intensiven und konstruktiven Austausch über die Förderung der deutschen Kultur in den Staaten Mittel- und Osteuro- pas sowie der früheren Sowjetunion und Dänemark zusammen. Beauftragter Fabritius beim Informellen Rat der EU-Minister für Diaspo Des Weiteren sprach Beauftragter Fabritius anläss- rafragen in Bukarest. lich der Eröffnung der AGDM-Wanderausstellung „In zwei Welten. Deutsche Minderheiten stellen sich vor“ für Diasporafragen, der im Rahmen des rumänischen im Mai 2019 im Bayrischen Landtag: „Die deutschen Vorsitzes im Europäischen Rat in Bukarest stattgefun- Minderheiten können auf vielfältige Weise Brücken den hat. In seinem Impuls-Statement betonte Fabritius zwischen Deutschland und ihren Herkunftsländern einerseits die Notwendigkeit einer Integration der bauen. In Zeiten zunehmenden Nationalismus und Zuwanderungsgruppen, die durch innereuropäische Spannungen zwischen Ost und West ist es von un- Migration und im Rahmen europäischer Freizügig- schätzbarem Wert, selbstbewusste Brückenbauer zu keit in einem anderen Land der Europäischen Union haben.“ wohnten, andererseits die Wahrung deren eigener kultureller Identität als Anknüpfungsmerkmal an die Unter der Schirmherrschaft des Beauftragten der eigene Heimat und Kultur, die man gerade in einem Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale freien und offenen Europa pflegen müsse. Traditio- Minderheiten fand im Juli 2019 das Jugendcamp 2019 nelle Herkunftsstaaten müssten zudem vor einem in Schomlenburg in Siebenbürgen/Rumänien statt. sogenannten Braindrain geschützt werden. Das könne Jugendliche aus den Verbänden der deutschen Minder- durch überzeugende Rückkehrprogramme, die gute heiten aus elf Ländern trafen sich für zwei Wochen, Angebote für eigene Staatsangehörige beinhalten um sich kennenzulernen, sich zu vernetzen und die müssten, erfolgen. Das sei kein Angriff auf die beste- deutsche Sprache bei der Erörterung unterschiedlicher hende Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa, sondern Themenkreise zu pflegen. berechtigte Wahrnehmung nationaler Interessen. Jede andere Herangehensweise perpetuiere und verstärke In seinem Grußwort zur Eröffnung dieses sechsten zudem bestehende Unterschiede in Europa. deutschsprachigen internationalen Sommercamps für Jugendliche deutscher Minderheiten, das vom Befragt nach der deutschen „Diasporapolitik“ schil- Goethe-Institut in Rumänien und dem Institut für derte Fabritius zuerst das Engagement Deutschlands Auslandsbeziehungen gemeinsam mit dem Demokra- zur Unterstützung der deutschen Minderheiten in tischen Forum der Deutschen in Rumänien und dem den Staaten Mittel- und Osteuropas, der ehemaligen dortigen Jugendverband ADJ veranstaltet wird, dankte Sowjetunion sowie in Dänemark, und betonte die der Beauftragte den Organisatoren für dieses wich- historische Verantwortung Deutschlands auch für tige Angebot an Jugendliche, denen er viel Freude im das Schicksal dieser Minderheiten nach dem Zwei- Sommercamp und Selbstbewusstsein beim Leben und ten Weltkrieg. Deutsche Gemeinschaften in anderen Weiterentwickeln der eigenen kulturellen Identität Weltregionen seien aktuell Adressaten der Auswär- wünschte. tigen Kultur- und Bildungspolitik, eine Anpassung des politischen Ansatzes zur vertieften Einbeziehung Im Frühjahr 2019 vertrat Beauftragter Fabritius die und Betreuung dieser Auslandsdeutschen habe er mit Bundesregierung im Informellen Rat der EU-Minister Nachdruck in Berlin vorgeschlagen. Alle Beteiligten
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