Das BIH im Wandel 2018 2020 - bihealth.org
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Was ist Translation? » Professor Translation ist, wenn aus Forschung » Professor Christian Drosten Axel R. Pries Translation ist, einen Diagnostiktest Gesundheit wird. für das neue Coronavirus so zu » Professorin entwickeln, dass Labore in aller Welt Geraldine Rauch ihn mit sofortiger Wirkung benutzen. Translation bedeutet für mich, über den » Tellerrand zu gucken. Professor » Christopher Baum Professor Christof von Kalle Translation ist die Übertragung von Information Translation übersetzt in Handlung und von Wissen in Anwendung. Forschungswissen Das ist sehr schön illustriert in der genetischen in Patientennutzen. Verwendung des Begriffs, die Übersetzung » Professor der Erbinformation in Form der RNA in Proteine, Fabian Prasser die ja letztlich die Funktion der Zellen erst Translation ist ein b idirektionaler ermöglichen. Prozess, der zu stetigen Verbesserungen im Gesundheits- system führt. » Professor » Georg Duda Professorin Translation ist die Überführung grundlagen- Claudia Langenberg wissenschaftlicher Forschungsergebnisse Translation is Science that matters in neue präventive, diagnostische oder for patient and p opulation health. therapeutische Verfahren zur Anwendung am Menschen.
04 Inhalt BIH im Wandel 2018 – 2020 05 Inhalt 06 Vorwort 48 Innovations-Enabler 10 Chronik 2018 – 2020 50 BIH Biomedical Innovation Academy 16 Coronaforschung am BIH 52 BIH QUEST 54 BIH Innovations Fokusbereiche 18 20 Single Cell-Ansätze für die p ersonalisierte Medizin 56 Begegnungen 24 Translationale Vaskuläre Biomedizin 58 Private Exzellenzinitiative Johanna Quandt 28 Regenerative Therapien 60 Gender 61 Podcast Translations-Hubs 32 62 64 Veranstaltungen Bauen 34 Digitale Medizin 36 Multi-Omics 38 Organoide und Cell Engineering 41 Klinische Translation 44 Core Facilities 66 Impressum 68 Was ist Translation?
06 Vorwort BIH im Wandel 2018 – 2020 07 Das BIH: Aus Forschung Land Berlin BMBF wird Gesundheit. entsendet entsendet Charité Aufsichtsrat BIH Verwaltungsrat berichtet berät Charité Vorstand berichtet berichtet entsendet bestellt kontrolliert Klinikumsleitung Fakultätsleitung Direktorium berät BIH Wissenschaftlicher Beirat Privilegierte Klinikum Fakultät BIH Partnerschaft Projektförderung deutsch- Vernetzung landweit Professor Christopher Baum Andrea Runow Vorsitzender des BIH Direk Administrative Direktorin Die engere Verzahnung wird sich in neuen Verwaltungsstrukturen die Eigenständigkeit des BIH sicher. Auch in der Verschränkung mit den toriums und Vorstand des BIH widerspiegeln. Als dritte Säule neben K linikum und Fakultät wird das schon etablierten Leitungs- und Aufsichtsgremien der Charité ergeben des Translationsforschungs BIH in viele Prozesse der Charité e ingebunden. Ein eigenes Direktorium, sich Veränderungen: Der Bund erhält einen Sitz im Charité-Aufsichtsrat, bereiches der Charité – ein eigenes Aufsichtsgremium (»Verwaltungsrat«) und ein wissen der Wissenschaftliche Direktor des BIH einen Sitz im Charité-Vorstand. Universitätsmedizin Berlin schaftlicher Beirat (Scientific Advisory Board, SAB) stellen zugleich Liebe Leserin, lieber Leser, seit seiner Gründung im Jahr 2013 ist das Berlin Institute Höchste Zeit also, die wachsende BIH Gemeinschaft Schritt der Translation daraufhin überprüft, welche Um diese Mission noch besser realisieren zu können, of Health im Wandel und im wörtlichen Sinne in Bewe- zu vereinen. Zwei große Bauvorhaben des BIH dienen Hürden er bereithält und wie man diese überwinden hat sich das BIH auch strukturell gewandelt und weiter- gung: Zunächst in Räumen der Humboldt-Universität diesem Zweck: Am Campus Mitte entsteht derzeit kann. Daraus entstand die BIH Mission, mit ihren entwickelt: Mit Beginn des Jahres 2021 ist das Institut in der Luisenstraße untergebracht, zogen die ersten inunmittelbarer Nähe des Bettenhauses der Charité drei Kernelementen: Die Innovations-Enabler schaffen als dritte Säule in die Charité eingegliedert. Als soge- Mitarbeiter*innen des BIH bald um in das Gebäude des das neue ATIZ-Gebäude, in dem BIH und Charité Grup- die Strukturen und das richtige »Mindset« für die nannter Translationsforschungsbereich steht das BIH Bundesforschungsministeriums am Kapelle-Ufer, um pen gemeinsam forschen werden. Am Campus Berlin Translation und unterstützen die BIH Faculty in allen gleichberechtigt neben den beiden Säulen der Kranken- nur wenige Monate später ein ganzes Stockwerk im Buch wird im Frühjahr 2021 das Käthe-Beutler-Haus Phasen der Translation. Die Translations-Hubs stellen versorgung und der medizinischen Fakultät. Damit rückt Spreepalais nahe des Berliner Doms anzumieten. Das bezugsfertig sein. Hier forschen BIH und MDC Gruppen state-of-the-art Technologien bereit, entwickeln das BIH inhaltlich noch näher an die Charité heran, junge Institut wuchs beständig. Zu einer nur kleinen unter einem Dach. diese weiter und vernetzen die Community, die diese ohne seine zweite Gründungsinstitution, das Max-Del- Verwaltung kamen bald die ersten Forschungsgruppen Technologien für die Translation nutzbar macht. brück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz- hinzu, 2014 startete die Biomedical Innovation Academy Doch auch inhaltlich ist das BIH im Wandel: War das Die Fokusbereiche schließlich setzen in den Gebieten Gemeinschaft (MDC), zu verlieren. Als Privilegierter mit ihrem Clinician Scientist Programm, 2017 das BIH Institut zunächst gegründet worden, um ganz allgemein Single Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin, Partner wird das MDC auch weiterhin eng mit Wissen- QUEST Center. BIH Innovations wurde als gemeinsamer die medizinische Translation zu beschleunigen – also Translationale Vaskuläre Biomedizin und Regenerative schaftler*innen des BIH zusammenarbeiten, Forschungs- Technologietransfer von BIH und Charité gegründet, Forschungsergebnisse in die Klinik zu übertragen und Therapien konkrete translationale Forschungs- und themen gemeinsam vorantreiben und neue Technologien mehr und mehr Forscher*innen kamen an Bord. Die umgekehrt, Beobachtungen aus dem klinischen Alltag Entwicklungsprojekte um. und Ansätze einbringen. Als einmaliges Modell in der Forschungsgruppen sind heute über die ganze Stadt im Labor zu erforschen – hat sich die Mission des deutschen Forschungslandschaft dient das BIH als Vor- Berlin an allen Standorten der Charité verstreut. BIH mittlerweile geschärft: Wir haben jeden einzelnen reiter einer bundesfinanzierten Einrichtung innerhalb R
08 Vorwort BIH Mission BIH im Wandel 2018 – 2020 09 Die translationale Wertschöpfungskette Tr a n s l a t i o n a le Fo r s c h u n g Erste Tests Klinische e Lösung s ans ät ze Studien Technologie ose, T h e r a p i e, Pr äve Neu am Menschen Experimentelle Transfer gn nti on Studien Dia Die Fokusbereiche Neue Ideen / Patient*innen- setzen konkrete transl ationale Forschungs- Projekte und Entwicklungsprojekte um und sind Technologien nutzen Medical Fo k u s- Needs für eine definierte Z eitspanne angelegt. B e re ic h e BIH–Mission Die Translations-Hubs versammeln Themen und Technologien, Disruptive welche die Medizin in den kommenden Translations- Technologien Jahren revolutionieren werden – sie sind l angfristig angelegt, passen sich aber Hubs immer wieder neuen Entwicklungen an. Die Innovations-Enabler Medic al Need Mindset I n n ov a t i o n s- & Support Strukturen schaffen die zugrundeliegenden, per manenten Strukturen für ein translationales Herausforderungen in E n a b le r Umfeld und Mindset aller am Prozess Diagnose, Therapie, Prävention beteiligten Personen. Die translationale Wertschöpfungskette Die Komponenten des BIH einer Universitätsmedizin: Wir sind uns dieser heraus- haben wir ein ganzes Institut übernommen und uns ihre konstante finanzielle Unterstützung und ihre die keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit erfül- gehobenen Position und Verantwortung wohl bewusst mit der Aufnahme des Deutschen Stammzellnetzwerks Bemühungen um die Integration des BIH in die Charité. len. Wir laden Sie daher herzlich ein, weitere Informa- und werden alles daransetzen, aus dieser Chance den GSCN ins BIH deutschlandweit vernetzt. Damit sind Der Stiftung Charité und der Einstein Stiftung für die tionen über das BIH auf bihealth.org nachzulesen oder größtmöglichen Erfolg zu erzielen. wir bestens gerüstet für den nächsten Schritt: Das vielen wissenschaftlichen Impulse und Bereitstellung sich regelmäßig über das BIH zu informieren, indem Sie Berlin Institute of Health wird zukünftig aussichtsreiche von Sondermitteln für außergewöhnliche Projekte. unseren Newsletter abonnieren oder uns auf Twitter Trotz dieser in jeder Hinsicht »bewegten Zeiten«, die translationale Projekte auch außerhalb Berlins fördern Den verschiedenen Vorständen des BIH, der Charité unter @berlinnovation folgen. Wir freuen uns über Ihr angesichts der Corona-Pandemie noch einmal mehr in und so deutschlandweit eine führende Rolle für die und des MDC für ihren persönlichen Einsatz im Vorstand Interesse an unserem Institut. Bewegung geraten sind, haben Wissenschaftler*innen medizinische Translation einnehmen. Hierzu haben wir des BIH, insbesondere Professor Axel Pries, der das am BIH eine Fülle an spannenden und bedeutenden den Excellence Fund als weitere Säule unserer Mission BIH von August 2018 bis September 2020 als kommissa- Mit herzlichen Grüßen Ergebnissen erzielt: Sie haben neue Technologien etab- etabliert. rischer Vorstandsvorsitzender, neben seiner Tätigkeit Ihr BIH Direktorium liert, Zusammenhänge entdeckt, Tests entwickelt und als Dekan der Charité, geleitet hat. Therapien eingeführt. Studienergebnisse wurden veröf- Wir möchten es nicht versäumen, an dieser Stelle den Christopher Baum fentlicht, APPs programmiert und erste Unternehmen vielen Wegbegleitern des BIH zu danken, die das BIH Und so bleibt das BIH auch in Zeiten des Wandels stets Andrea Runow mit Hilfe des BIH gegründet. Wir konnten zahlreiche auch und gerade in Zeiten des Wandels nachhaltig und seinem Motto treu: Aus Forschung wird Gesundheit. neue Professorinnen und Professoren am BIH begrüßen verlässlich unterstützt haben: An erster Stelle dem In dem vorliegenden Band haben wir Ihnen einige Mei- und haben einige Nachwuchsgruppen neu eingerichtet. Bundesforschungsministerium und der Senatskanzlei lensteine der bewegten vergangenen Jahre zusammen- Mit dem BIH Center für Regenerative Therapien (BCRT) für Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin für gestellt. Dies sind natürlich nur einige Schlaglichter,
10 Chronik 2018 – 2020 BIH im Wandel 2018 – 2020 11 Wichtige Ereignisse 13.07. 2018 Start der Informatikplattform »The Virtual Brain« im EU-Flaggschiff »Human Brain Project« Professorin Petra Ritter 1 7 leitet die Informatik 01.02. plattform »The Virtual Brain« innerhalb des Marcus Mall stärkt translationale 01.02. EU-Flaggschiff Pro- Lungenforschung in Berlin gramms »Human Brain »Digitaler Kopf«, Professorin Project«. Professor Marcus Mall tritt die Professur für Sylvia Thun, kommt nach Berlin 2 8 Pädiatrische Pneumolo- Die IT-Spezialistin gie und Immunologie für Medizin Professorin an der Charité an, die Sylvia Thun wird durch die Unterstützung Direktorin für eHealth 18.10. der Einstein Stiftung und Interoperabilitität und in Zusammenarbeit mit dem BIH am BIH. Grundsteinlegung für das ermöglicht wurde. Käthe-Beutler-Haus 3 9 Im Käthe-Beutler-Haus auf dem 18.10. Campus Berlin-Buch werden ab 2020 01.04. 01.04. Forscher*innen des BIH und des ERC Synergy Grant für MDC einziehen, um neue personali- Irina Lehmann wird Roland Eils wird Professor Robert Gütig sierte Therapien für chronische BIH Professorin für Gründungsdirektor Krankheiten zu entwickeln. Robert Gütig untersucht Umweltepigenetik des neuen BIH gemeinsam mit Wissen- 4 10 und Lungenforschung Zentrums Digitale schaftler*innen des und gründet die Gesundheit BIH, der Charité und der Arbeitsgruppe Mole- Humboldt-Universität kulare Epidemiologie. zu Berlin sowie der Universität Genf, wie Spielen zu Lernvorgängen 23.05. im Gehirn beiträgt. 5 11 Offener Zugang zu wissenschaft 01.06. lichen Veröffentlichungen 11.12. Experte für translationale BIH, Charité und MDC haben die Berliner Erklärung für den offenen Bioethik Daniel Strech kommt Digital Clinician Scientist – Zugang zu wissenschaftlichem ans BIH QUEST C enter Innovativer Karriereweg in der Wissen im Mai unterzeichnet. universitären Medizin Daniel Strech tritt die 6 12 neue Professur für Trans- Die Charité startet zusammen mit lationale Bioethik an dem BIH das Programm »Digital der Charité an und über- Clinician Scientist«, eine Erweiterung nimmt eine Arbeits- des erfolgreichen Clinician Scientist gruppe am BIH QUEST Programms mit deutschlandweiter Center. Ausstrahlung.
12 Chronik 2018 – 2020 BIH im Wandel 2018 – 2020 13 Wichtige Ereignisse Aus Forschung 2019 wird Gesundheit 01.01. 02.07. 10.07. 1 7 BIH stärkt translationale Forschung: Neuer BIH Podcast – 01.01. Professor Frank Konietschke baut Aus Forschung wird Gesundheit Verwaltungsvereinbarung zur Statistik-Nachwuchsgruppe am BIH Integration des BIH in die Charité Im neuen BIH Podcast »Aus Forschung Andrea Runow ist neuer Administrativer und der Charité auf wird Gesundheit« beantworten Wissen- unterzeichnet Vorstand (komm.) im BIH schaftler*innen des BIH, der Charité Am 1. Januar 2019 tritt Am Mittwoch, den 10. Juli 2019, haben Zum Beginn des Jahres Frank Konietschke am BIH und des MDC Fragen zur Gesundheit und Bundesforschungsministerin Anja 2019 startet Andrea Runow und an der C harité eine Gesundheitsforschung. Karliczek und der Regierende Bürger- 2 8 als Leiterin des Bereichs Professur für Statistische meister von Berlin Michael Müller Finanzen und Controlling Methoden der Translation die Verwaltungsvereinbarung zwischen und übernimmt kommis und frühe klinische 19.07. Bund und Land Berlin unterzeichnet, sarisch das Amt des Studien an. die die Integration des BIH in die Administrativen Vorstands BIH gratuliert der Berlin University Charité festschreibt. im BIH. Alliance und freut sich auf Zusammenarbeit 3 9 01.02. 27.03. Im erfolgreichen Exzellenzantrag der 01.09. Berlin University Alliance hat das Christine Goffinet erforscht Professor John Ioannidis von BIH QUEST Center bereits am Kapitel die Sprache der Viren der Universität Stanford kommt zur Qualität und Werthaltigkeit der »Datenschutz bringt Vertrauen!« als E instein BIH Visiting F ellow Forschung mitgeschrieben. Seit Februar 2019 ist Christine Fabian Prasser folgt Goffinet BIH Professorin nach Berlin Ruf auf BIH Professur für Virologie am BIH John Ioannidis kommt für Medizininformatik 4 10 und am Institut für Virologie ans BIH, gefördert von am BIH und an der der Charité, wo sie das der Einstein Stiftung Charité. HI-Virus und das Chikun- und der Stiftung Charité, gunya-Virus erforscht, um als Einstein BIH das als ›emerging virus‹ im Zuge der Visiting Fellow am g lobalen E rderwärmung auch in Europa BIH QUEST Center eine 12.09. seinen E inzug hält. Dependance seines Stanforder For- 5 11 schungszentrums METRICS aufzubauen: Israelische Innovationen für das METRIC-Berlin. Berliner Patient*innen. Charité, 01.06. BIH und Israel kooperieren 02.12. Die Charité, das BIH und die Israel Christof von Kalle wird BIH Chair Innovation Authority wollen eng zusam- Wellcome Trust fördert erstmals für Klinisch-Translationale Wissen- menarbeiten, um mit innovativen Translationspartnerschaft in schaften Gesundheitsideen die Patient*innen Deutschland: Standort ist Berlin 6 12 versorgung zu verbessern. mit BIH und Charité! Am 1. Juni 2019 tritt der Krebsexperte Professor Das BIH und die Charité sind die Christof von Kalle die ersten Einrichtungen in Deutschland, Professur auf Lebenszeit die der britische Wellcome Trust für Klinisch-Translatio- im Rahmen einer Translationspartner- nale Wissenschaften am schaft fördert. BIH und der Charité an.
14 Chronik 2018 – 2020 BIH im Wandel 2018 – 2020 15 Wichtige Ereignisse 2020 20.07. 01.08. Forschung und Klinik unter einem Michael Potente verstärkt Dach: Richtfest für das ATIZ-Gebäude Forschung zu Blutgefäßen an 1 7 von BIH und Charité BIH, Charité und MDC Das frühere Gebäude für Operation, Mit der Berufung von 05.02. Intensivmedizin und Notaufnahme BIH Professor Michael wurde bis auf den Rohbau entkernt Potente bauen BIH, »Single Cells go Clinical« – 27.02. und wird nach der umfangreichen Charité und MDC ihren BIH, MDC und Charité gründen Sanierung künftig gemeinsam von BIH gemeinsamen Fokus neuen Forschungsbereich Digitale Zusammenarbeit bei und Charité genutzt. bereich Translationale 2 8 Seltenen Erkrankungen Vaskuläre Biomedizin Die drei Berliner Forschungsein richtungen starten eine Kooperation 20 Universitätskliniken und weitere weiter aus. im Bereich der Einzelzellanalyse. 01.09. Partner haben sich im Projekt CORD- MI (Collaboration on Rare Diseases), welches vom BIH geleitet wird, BIH Professorin Claudia Langenberg 19.03. deutschlandweit zusammengeschlos- für Computational Medicine ver- sen, um die Patient*innenversorgung stärkt datenbasierte Medizin am BIH 3 9 Medizinische Daten sprechen sowie die Forschung im Bereich der Die Expertin für gene zukünftig eine gemeinsame Sprache Seltenen Erkrankungen zu verbessern. tische Epidemiologie 01.10. In der Medizininformatik-Initiative und Fachärztin für Pub- (MII) haben sich alle deutschen lic Health untersucht Professor Christopher Baum wird Universitätskliniken bundesweit die Grundlagen von neuer Vorstandsvorsitzender des BIH zusammengeschlossen, um digitale 31.03. Stoffwechselerkrankun- und folgt auf Professor Axel R. Pries, Infrastrukturen aufzubauen und gen wie Typ-2-Diabetes der das Amt neben seiner Funktion 4 10 sich nun auf eine gemeinsame Sprache BIH und Charite gemeinsam gegen anhand großer Datenmengen inter als Dekan der Charité zwei Jahre lang geeinigt: die international standar das Virus: Digital Clinician Scientist nationaler Patient*innen- und Bevöl kommissarisch innehatte. disierte Sprache SNOMED CT. programmiert Corona-App kerungsstudien. Dr. Alexander Thieme, 01.11. ein Teilnehmer der BIH Biomedical Innovation 26.05. Academy, programmiert Georg Duda wird BIH Chair for 5 11 eine neue App, mit der Engineering Regenerative Therapies Deutschlandweite Standards Anwender*innen ihr Der Experte für Biome- für Corona-Daten persönliches Risiko für 23.09. chanik und Regenera- Das BIH in leitender eine Infektion mit dem Coronavirus tive Medizin wird im Funktion und Akteure SARS-CoV-2 ermitteln und die Prozesse Nationales Centrum für Fokusbereich Regenera- aus allen Sparten im Klinikum beschleunigen können. Tumorerkrankungen in Berlin tive Therapien insbe- des Gesundheitswe- Der Antrag der Charité in enger sondere die Advanced 6 12 sens haben sich Kooperation mit BIH und MDC Therapies weiterent zur cocos-Initiative war erfolgreich: Neben Heidelberg wickeln und ausbauen. (Corona Component und Dresden wird Berlin einer Standards) zusammengeschlossen, von vier weiteren NCT-Standorten. 31.12. um einheitliche Datenformate und Stan- dards für COVID19 und SarsCoV2-bezo- Alle Vorbereitungen sind getroffen: gene Daten zu etablieren. Das BIH wird zum 1. Januar 2021 als Translationsforschungsbereich in die Charité integriert.
16 Aktuell: Die Corona-Pandemie 2020 BIH im Wandel 2018 – 2020 17 Coronaforschung Welche Zellen befällt das Coronavirus? Wissenschaftler*innen des BIH, der Charité und am BIH der Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg haben untersucht, welche Zellen in der Lunge und in den Bronchien vom Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert werden können. Demnach wird der Rezeptor für die- ses Coronavirus vermehrt in bestimmten Vorläuferzel- len exprimiert. Mit dem Wissen können Forscher*innen und Ärzt*innen zielgerichtete Therapien entwickeln. Die gefährliche Doppelrolle des Die Ergebnisse haben die Wissenschaftler*innen in der Immunsystems bei COVID-19 Fachzeitschrift »EMBO Journal« veröffentlicht. Die Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 verläuft höchst unterschiedlich: Manche Betroffene merken gar nicht, dass sie infiziert sind, andere wiede- Digital Clinician Scientist rum erkranken so schwer, dass ihr Leben in Gefahr ist. programmiert Corona-App Wissenschaftler*innen um Professor Roland Eils, BIH Chair für Digital Health am BIH und der Charité und BIH Professor Christian Drosten als Im Frühjahr veröffentlichte die Charité eine Corona- Kolleg*innen aus Leipzig und Heidelberg haben heraus- App, mit der Anwender*innen einen Fragebogen gefunden, dass das Immunsystem den Verlauf der herausragender Kommunikator beantworten, ihr persönliches Risiko für eine Infektion Erkrankung entscheidend beeinflusst: Anhand von Christian Drosten, BIH Professor und Direktor des mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 ermitteln und die Einzelzellanalysen entdeckten sie, dass die vom Virus Instituts für Virologie der Charité, hat während der Prozesse im Klinikum durch Einscannen der Antworten befallenen Epithelzellen »das Immunsystem zu Hilfe Corona-Pandemie die Bevölkerung regelmäßig zu allen beschleunigen können. Programmiert wurde die App rufen«. Doch die daraufhin einwandernden Immunzel- Aspekten der Pandemie informiert. Besonders großer von einem Teilnehmer des »Digital Clinician Scientist len schießen gelegentlich über das Ziel hinaus und Beliebtheit erfreute sich der Corona-Update-Podcast, Program« der BIH Biomedical Innovation Academy: richten mit ihrer übersteigerten Reaktion teilweise in dem sich Drosten mit der NDR-Wissenschaftsredak- Dr. Alexander Thieme. größeren Schaden an als das Virus selbst. Ihre Ergeb- teurin Korinna Hennig über aktuelle Entwicklungen nisse haben die Forscher*innen in der Zeitschrift der Pandemie, aber auch neue Forschungserkenntnisse »Nature Biotechnology« beschrieben. zum Virus unterhielt. Hierfür erhielt der Virologe im April den Sonderpreis für herausragende Kommunika- tion der Wissenschaft in der COVID-19-Pandemie Deutschlandweite Standards der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des für Corona-Daten Stifterverbandes. Im Verlauf des Jahres 2020 erhielt Drosten außerdem den Grimme-online-Award, den In ganz Deutschland erforschen Wissenschaftler*innen Deutschen Radiopreis, den Ehrenpreis für herausra- das neue Corona-Virus SARS-CoV-2 und die von ihm gende Kommunikation des Bundesverbandes der hervorgerufene Krankheit COVID-19. Wichtig ist nun, Kommunikatoren und schließlich sogar das Bundesver- dass die Ergebnisse zusammengeführt und gemeinsam dienstkreuz aus den Händen des Bundespräsidenten. genutzt werden können. Daher haben sich Akteur*innen aus allen Sparten des Gesundheitswesens zur »cocos- Initiative« (Corona Component Standards) zusammen- geschlossen. Auch Vertreter*innen aus dem BIH, Eine warme Mahlzeit insbesondere Professorin Sylvia Thun, Leiterin der Core für die Held*innen Unit for Interoperability and eHealth, sowie Professor Christof von Kalle, BIH Chair für Klinische Translation, Dr. Elise Siegert, Sprecherin des BIH Charité Clinician waren in leitender Funktion beteiligt. Ziel der Initiative Scientist Programms und Assistenzärztin in der Abtei- ist es, einheitliche Datenformate und Standards für lung für Rheumatologie und Klinische Immunologie COVID-19 und SARS-CoV2-bezogene Daten zu etablie- der Charité, hat ein Spendenprojekt ins Leben gerufen, ren. Für das nationale Netzwerk gegen COVID-19 wurde mit dem das Personal in den Rettungsstellen und ein Kerndatensatz (German Corona Consensus – GECCO) Intensivs tationen der Charité während der COVID-Pan- zwischen den U niversitätskliniken vereinbart. demie täglich eine kostenlose Mahlzeit erhält. Bereits nach einem Monat kamen so über 50.000 Euro zusammen.
Fokusbereiche Das BIH hat drei Fokusbereiche etabliert, in denen konkrete translationale Forschungs- und Entwicklungsprojekte umgesetzt werden: Single Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin, Translationale Vaskuläre Biomedizin und Regenerative Therapien. Die Fokusbereiche verfolgen verfolgen einen systemme dizinischen Ansatz, sind grundsätzlich dynamisch und werden kontinuierlich an wissenschaftliche, techno logische und translationale Entwicklungen angepasst.
20 Fokusbereiche | Single Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin BIH im Wandel 2018 – 2020 21 Single Cells Go Clinical Das BIH, das Berliner Institut für Medizinische Systembiologie (BIMSB) des MDC und die Charité starten eine gemeinsame Forschungs initiative. Ziel ist es, innovative Einzelzelltechnologien für klinische Fragestellungen zu nutzen. 2018 waren sie der »Durchbruch des Jahres«: Das Wissenschaftsmagazin Science kürte die neuen Techno- logien, mit denen Wissenschaftler*innen einzelne Körperzellen analysieren können, zur wichtigsten Errungenschaft. Erstmals war es möglich, vollständige Organe, Tumoren oder gar ganze Insektenlarven in einzelne Zellen zu zerlegen, ihre Genaktivität zu messen und mithilfe von Hochleistungsrechnern und künstli- cher Intelligenz die Einzelzellanalysen wieder zum ganzen Organ oder Organismus zusammenzusetzen. »Das ist so, als ob wir ein Supermikroskop erfunden hätten, mit dem wir plötzlich in jede Zelle in einem Das Bild zeigt die vier jungen Nachwuchsgruppenleiterinnen Gewebe hineinschauen könnten, in alle Zellen gleichzei- mit den Leitern des Single Cell Programms: Ashley Sanders, Angelika Eggert, Stefanie Grosswendt, Nikolaus Rajewsky, tig, und sehen könnten, was molekular in der Zelle Leif Ludwig und Simon Haas (v. l. n. r.) vor sich geht – zum Beispiel wann und warum sie krank wird«, sagt Professor Nikolaus Rajewsky. Er ist der Direktor des Berliner Instituts für Medizinische System- biologie (BIMSB) am MDC, an dem in verschiedenen Projekten ein entscheidender Beitrag zu der Entwick- lung von Einzelzelltechnologien geleistet wurde. Nikolaus Rajewsky und Professorin Angelika Eggert, Direktorin der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt wicklung und Aktivität von Stammzellen im Zusammen- Onkologie und Hämatologie an der Charité, sind Spre- hang mit dem Erbgut ihrer »Zellkraftwerke«, den cher und Sprecherin des neuen BIH Fokusbereich Mitochondrien, untersuchen. Dr. Simon Haas kommt Single Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin. vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und a nalysiert Krebsstammzellen, um damit gezielt Modernste Technologien für den Ursprung von Blutkrebserkrankungen anzugreifen. den klinischen Einsatz Dr. Stefanie Grosswendt vom Berliner Max-Planck-Insti- tut für molekulare Genetik möchte herausfinden, wel- Den Kern des neuen Forschungsfokus bilden vier che Zelltypen und Vorgänge aus der Embryonalentwick- neue Nachwuchsforschungsgruppen, deren Leiter*in- lung im Krankheitsbild bestimmter Krebsarten eine nen international berufen wurden: Dr. Leif Ludwig, Rolle spielen. Die Kanadierin Dr. Ashley Sanders war der gerade vom Broad Institute in Cambridge, USA, bisher am Europäischen Molekularbiologischen Labor Aus Gewebe isolierte Zellen werden auf Minichips zurückgekehrt ist, will mit seiner Gruppe die Ent in Heidelberg und erforscht, wie neue Mutationen in k geleitet, um einzelne Zellen zu bearbeiten.
22 Fokusbereiche | Single Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin BIH im Wandel 2018 – 2020 23 » Das ist so, als ob wir ein Supermikroskop erfunden Nikolaus Rajewsky ätten, mit dem wir plötzlich in jede Zelle in einem h Gewebe hineinschauen könnten, in alle Zellen gleich zeitig, und sehen könnten, was molekular in der Zelle vor sich geht – zum Beispiel wann und warum sie krank wird. « » Je genauer wir die zelluläre Zusammensetzung eines Tumors Angelika Eggert kennen, desto gezielter können wir ihn bekämpfen. « Vergrößerte Ansicht eines Minichips: Für die weitere Verarbeitung werden einzelne Zellen in winzige Tröpfchen eingeschlossen einzelnen Zellen e ntstehen und so deren unterschied Grosswendt. Simon Haas und Leif Ludwig werden mit Der Beginn eines »Cell Hospitals« an der Charité und die translationale Forschung des liche Ausprägung innerhalb eines Organs oder Tumors den Direktoren der beiden Medizinischen Kliniken BIH zusammenkommen«, sagt Nikolaus Rajewsky. bedingen. mit den Schwerpunkten Hämatologie, Onkologie und »Ich freue mich sehr und bin auch ein bisschen stolz, »Nicht nur, um die Mechanismen zu verstehen, warum Tumorimmunologie zusammenarbeiten, Professor dass wir diese tollen jungen Leute nach Berlin holen Zellen krank werden, sondern auch, um diese Zellen Die Nachwuchsgruppen werden am BIMSB und damit Lars Bullinger am Campus Virchow Klinikum sowie konnten«, sagt Nikolaus Rajewsky. Gleichzeitig ist so frühzeitig zu entdecken, dass man sie wieder auf in unmittelbarer Nähe zum Campus Mitte der Charité Professor Ulrich Keller am Campus Benjamin Franklin aber auch das Angebot, das das BIH Programm Einzel- den Pfad des Gesunden zurückbringen kann, bevor die angesiedelt sein. Im BIMSB haben sie Zugang zu neu- (CBF). zelltechnologien den jungen Forscher*innen macht, Krankheiten so dramatisch werden, dass man sie nur esten Einzelzellmethoden und systembiologischer ein besonders attraktives. Während man als Forscherin sehr schwierig oder invasiv und teuer behandeln kann. Expertise. Gleichzeitig wird jede Nachwuchsgruppe »Ich glaube, dass insbesondere die Krebsforschung oder Forscher den molekularen Details auf den Grund Ich bin mir sicher, dass wir natürlich nicht für alle, eng mit einer Klinikerin oder einem Kliniker der Charité von den neuen Single-Cell-Technologien profitieren gehen kann, fragen die assoziierten Kliniker*innen nach aber immerhin für einige Krankheiten signifikante zusammenarbeiten, damit Einzelzelltechnologien für wird«, sagt Angelika Eggert. »Denn Tumoren bestehen der klinischen Relevanz der Ergebnisse und ermög Fortschritte machen werden.« • konkrete medizinische Fragestellungen und den klini- keineswegs aus lauter gleichartigen Zellen, sondern lichen den Forschenden Einblicke in Fälle, die mithilfe schen Einsatz etabliert werden können: Ashley Sanders sind oft ein sehr heterogenes Gemisch aus unterschied- von Einzelzelltechnologien aufgeklärt werden können. wird mit Professorin Britta Siegmund, der Direktorin lich differenzierten Krebszellen, Bindegewebs-, Blut der Medizinischen Klinik für Gastroenterologie, gefäß- und Immunzellen. Je genauer wir die zelluläre »Deswegen betrachte ich diese Initiative als den Infektiologie und Rheumatologie, zusammenarbeiten. Zusammensetzung eines Tumors kennen, desto gezielter Beginn eines »Cell Hospitals«, in dem die Grundlagen- Angelika Eggert ist klinische Partnerin von Stefanie können wir ihn bekämpfen.« forschung des MDC/BIMSB, die klinische Forschung
24 Fokusbereiche | Translationale Vaskuläre Biomedizin BIH im Wandel 2018 – 2020 25 Blutgefäße verstehen Herz-Kreislauferkrankungen sind nach wie vor weltweit die h äufigste Todesursache. Welche Rolle die Blutgefäße dabei spielen, erforschen Wissenschaftler*innen im Fokusbereich Translationale Vaskuläre Biomedizin. »Eine Gefäßerkrankung in einem Organ erhöht somit auch das Risiko für eine Erkrankung in einem anderen. Allen gemeinsam sind Probleme an den kleinen Blutgefäßen. Wir wollen nicht nur die Gründe hierfür herausfinden, sondern auch, wie wir das zweite Ereignis verhindern können.« Gerade hat BeLOVE den 2.000. Patienten rekrutiert. Wachstum und Funktion von Blutgefäßen verstehen Als Sprecher des Fokusbereichs Translationale Vas kuläre Biomedizin hat Gerhardt dessen Aufbau geleitet und freut sich nun über die Berufung seines Kollegen Michael Potente (links) und Holger Gerhardt erforschen, welche Rolle Michael Potente, der seit August 2020 den Fokusbereich Blutgefäße bei der Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen spielen. verstärkt. Der BIH Professor Potente interessiert sich vor allem für den Einfluss des Stoffwechsels (Metabo- lismus) auf Blutgefäße. »Wir möchten verstehen, wie Stoffwechselprozesse das Wachstum, den Umbau und »Da insbesondere veränderte Gefäßfunktionen vielen die Funktion von Blutgefäßen kontrollieren«, sagt Erkrankungen zugrunde liegen, hat sich das BIH schon Michael Potente, der zuvor am Max-Planck-Institut für vor einiger Zeit dazu entschlossen, gemeinsam mit Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim forschte. mitdem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin So führen zum Beispiel Sauerstoff- und Nährstoffmangel in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und der Charité – dazu, dass sich in Tumoren neue Blutgefäße bilden. Universitätsmedizin Berlin, den Fokusbereich Trans Ähnliche Prozesse spielen auch bei Augenerkrankungen lationale Vaskuläre Biomedizin einzurichten, um in wie der feuchten Makuladegeneration eine zentrale diesem Bereich entscheidende Fortschritte und trans- Rolle, die unbehandelt zur Erblindung führt. »Hier kann lationale Erfolge zu erzielen«, sagt BIH Professor bereits erfolgreich therapeutisch eingegriffen werden, Holger Gerhardt, der am MDC die Arbeitsgruppe Inte indem man Hemmstoffe einsetzt, die das in diesem Fall grative Vaskuläre Biologie leitet. Bereits vor zwei krankhaft überschießende Wachstum der Blutgefäße Jahren hat das BIH die auf zehn Jahre angelegte BeLOVE- unterdrücken«, erläutert Potente. Studie initiiert, in der insgesamt 10.000 Patient*innen mit verschiedenen Herz-Kreislauf-Krankheiten – von Bei anderen Erkrankungen dagegen, wie der chronisch Schlaganfällen über Herzinfarkte bis hin zu Nierenschä- ischämischen Herzerkrankung oder bei der Schaufens- den – aufgenommen und über einen langen Zeitraum terkrankheit in den Beinen, führen verstopfte Gefäße beobachtet wurden. »Wir wissen, dass Herzinfarkt zwar ebenfalls zum Sauerstoff- und Nährstoffmangel patienten ein höheres Risiko haben, einen Schlaganfall im Gewebe, aber leider, anders als bei Tumoren, häufig Der Knochen ist besonders gut durchblutet (oben). zu erleiden und umgekehrt«, sagt Holger Gerhardt. nicht zur ausreichenden Bildung neuer Blutgefäße. k Kleinste Verzweigungen sprießen aus den größeren Blutgefäßen hervor (unten).
26 Fokusbereiche | Translationale Vaskuläre Biomedizin BIH im Wandel 2018 – 2020 27 »Hier würde man sich wünschen, dass sich neue, funk- tionstüchtige Gefäße bilden und die Versorgung wieder- » Wenn man […] gezielt das herstellen. Das kommt aber wegen der zugrunde liegen- den Gefäßveränderungen nicht oder nur unzureichend in Gang«, erklärt Michael Potente. »Wenn man hier gezielt das Wachstum von neuen Blutgefäßen fördern achstum von neuen Blutgefäßen W könnte, wäre das therapeutisch sehr wertvoll.« Leider fördern könnte, wäre das therapeutisch sehr wertvoll. « haben bisherige Versuche in diese Richtung keinen wegweisenden Erfolge erzielt. Unterschiedliches Endothel Michael Potente in verschiedenen Organen Potente und seine Mitarbeiter*innen wollen deshalb scher Anwendung voranzutreiben.« Ab März 2021 wer- die Unterschiede von Blutgefäßen in einzelnen Organen den die beiden Wissenschaftler gemeinsam mit weiteren untersuchen – speziell, wie das organspezifische Milieu Kolleginnen und Kollegen die »endotheliale Dysfunk- die Funktion der Blutgefäße beeinflusst. Im Zentrum tion«, wie die Fehlfunktion der kleinen Blutgefäße steht dabei das Endothel. Endothelzellen kleiden nicht im Fachjargon heißt, im dann fertiggestellten Neubau nur alle Blutgefäße von innen aus, sondern sind auch des Käthe-Beutler-Hauses auf dem Campus Berlin Buch dafür verantwortlich, dass diese auswachsen. »Interes- erforschen. »Unsere Vision ist eine vaskuläre Hoch- santerweise sehen Endothelzellen in den einzelnen schulambulanz«, blickt Holger Gerhardt in die Zukunft. Organen ganz unterschiedlich aus.«, berichtet Potente. »Im Gehirn zum Beispiel sind sie besonders eng mitein- Die Ästhetik der Blutgefäße ander verbunden und bilden die Blut-Hirn-Schranke, in der Leber ist das Endothel durchlässig und ermöglicht Als Facharzt für Kardiologie möchte Michael Potente so die Filterfunktion des Organs.« Diese organspezi seine Erfahrung an der Schnittstelle zwischen Grund- fischen Funktionen sind bei vielen Krankheiten gestört. lagenforschung und medizinischer Patient*innen Bei Diabetiker*innen, bei denen der Blutzuckerspiegel versorgung einbringen und den Fokusbereich Transla- ständig über dem Normwert liegt, verändern sich die tionale Vaskuläre Biomedizin so verstärken. »Mich Endothelzellen mit der Zeit und können spezifische fasziniert die Ästhetik der Blutgefäße, aber auch Eigenschaften verlieren, was zu den häufigen Gefäßpro- die Prinzipien ihrer Bildung und natürlich die Möglich- blemen bei diesem weitverbreiteten Leiden beiträgt. keit, Erkenntnisse aus der grundlagenorientierten Forschung eines Tages diagnostisch oder therapeutisch Um herauszufinden, welche zellulären und molekularen anwendbar zu machen.« Ganz im Sinne der Mission Mechanismen diesen Unterschieden zugrunde liegen, des BIH: »Aus Forschung wird Gesundheit«. • hat Michael Potente im Jahr 2017 einen ERC Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrates in Höhe von zwei Millionen Euro erhalten. In dieser Zeit kam er auch regelmäßig als BIH Visiting Professor nach Berlin. Diese für die Berufung wichtige Zusammenarbeit in den ver- gangenen Jahren hat die Stiftung Charité mit ihrer Priva- ten Exzellenzinitiative Johanna Quandt gefördert. Ein- geladen hatte ihn Holger Gerhardt. »Ich kenne nur sehr wenige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie Michael Potente, die mit solcher Begeisterung, Neugier Deubiquitinase USP10 regulates Notch und klugem Gespür für die wichtigsten Fragen inno signaling in the endothelium. vative Forschung auf höchstem Niveau betreiben. Seine Science. 2019 Arbeiten decken stets neue Zusammenhänge auf und Lim R, Sugino T, Nolte H, Andrade J, Zimmermann B, haben nachhaltigen Einfluss auf unser Verständnis der Shi C, Doddaballapur A, Ong YT, Wilhelm K, Fasse JWD, faszinierenden Biologie der Blutgefäße«, ist Gerhardt Ernst A, Kaulich M, Husnjak K, Boettger T, Guenther S, Braun T, Krüger M, Benedito R, Dikic I, Potente M. Die Verästelungen feinster Blutgefäße lassen sich besonders gut in der Netzhaut (Retina) begeistert. »Ich freue mich außerordentlich darauf, mit 364(6436):188-193. contributed equally des Auges (oben) oder an durchsichtigen Fischembryonen (unten) untersuchen. ihm gemeinsam diese Erkenntnisse in Richtung klini-
28 Fokusbereiche | Regenerative Therapien BIH im Wandel 2018 – 2020 29 Wenn Immunsystem und Transplantat Frieden schließen Petra Reinke vom BIH Center für Regenerative Therapien (BCRT) K. Stokowska kann sich noch genau an ihre letzten hat eine Methode entwickelt, die das größte Problem der Gedanken erinnern, bevor die Narkose einsetzte. »Ich machte mir Sorgen, ob meine Mutter ihren Eingriff Transplantation, die Abstoßung des neuen Organs durch den gut verkraften würde«, erinnert sich Stokowska. Körper, zum Teil revolutionieren könnte. Der Journalist Christian Denn ihre Mutter war einige Minuten zuvor ebenfalls Heinrich hat Petra Reinke und ihre Patientin am Campus in Narkose versetzt und in den OP-Saal geschoben worden: Die Ärzte entnahmen der Mutter, der Spende- Virchow-Klinikum der Charité getroffen. rin, eine Niere, die sie der Tochter, der Empfängerin, einsetzten. Als Stokowska wenige Stunden später aufwachte und erleichtert hörte, dass die Transplantation gut ver Seit 20 Jahren betreute Petra Reinke K. Stokowska wegen laufen war und es auch ihrer Mutter gut ging, begann einer Niereninsuffizienz. für sie ein neues Leben mit einer Lebensqualität, die die meisten anderen Organtransplantierten bislang selten erreicht haben. Heute, fünfeinhalb Jahre nach der Operation, sitzt recht weitreichend, deshalb sind Infektionserkran K. Stokowska, 41 Jahre, blonde Haare, freundliches kungen mit Viren, Bakterien und Pilzen wahrscheinli- Gesicht mit wachen Augen, wieder in der Klinik. cher; sogar Stoffwechsel- und Tumorerkrankungen Im Zimmer von Professorin Petra Reinke, Nephrologin können auftreten. Die Patient*innen müssen daher und Transplantationsmedizinerin sowie Leiterin des extrem vorsichtig sein – ein unbeschwertes Leben ist Forschungsfeldes Immunologie am BIH Center für oft unmöglich. Ein Dilemma, mit dem jede*r Organ- Regenerative Therapien (BCRT), das zum BIH gehört. transplantierte leben muss. Die Ärztin betreut Stokowska mittlerweile seit mehr als 15 Jahren. Dass es so gut laufen würde, hatte Wie aggressiv das Immunsystem auf ein implantiertes sie gehofft, aber es war keinesfalls sicher. Denn die Organ reagiert, wird durch zwei verschiedene Typen Behandlung von Stokowska war, wenn man so will, von Immunzellen beeinflusst, beide stammen von der auch ein Experiment. Linie der T-Zellen ab. Da sind zum einen die zerstöre rischen Effektor-T-Zellen, die für die Abstoßung des Die neuartige Therapie, die Reinke entwickelt und bis Organs verantwortlich sind. Deren »Gegenspieler« – zum Einschluss von Frau Stokowska erst einmal ange- die so genannten regulatorischen T-Zellen – hemmen wandt hatte, soll endlich das Urproblem lösen, mit dem die Effektor-T-Zellen und dienen dazu, starke oder alle Transplantierten zu kämpfen haben: Die Kontrolle überschießende Effektor-T-Zell-Antworten »in Schach der Immunantwort auf das Spenderorgan. Ist die zu halten«. Immunreaktion gegen das Transplantat zu stark, wird das neue Organ abgestoßen und zerstört. Um dies Bei einer Transplantatabstoßung überwiegen die zu verhindern, erhalten alle Transplantierten einen zerstörerischen Effektor-T-Zellen bei weitem, sie wer- Cocktail an Medikamenten, der das Immunsystem aus- den durch das fremde Gewebe gewissermaßen auf Eine der ersten Patientinnen, die mit der neuen Methode behandelt wurden, ist K. Stokowska. reichend unterdrückt. Diese Unterdrückung ist jedoch gestachelt. Diesem ungesunden Ungleichgewicht k
30 Fokusbereiche | Regenerative Therapien BIH im Wandel 2018 – 2020 31 » Wir sind heute in der Lage, die regulatorischen T-Zellen aus dem Blut von Patient*innen zu isolieren und sie über spezielle Techniken anzureichern und zu vermehren. « Petra Reinke versucht Petra Reinke mit modernen molekularbiologi- Trotzdem brauchte Stokowska damals nur schen Methoden entgegenzuwirken: »Wir sind heute ein paar Sekunden zu überlegen. in der Lage, die regulatorischen T-Zellen aus dem Blut von Patienten zu isolieren und über spezielle Techniken »Dann habe ich gesagt: Ja, ich mache es!«, erinnert sich anzureichern und zu vermehren«, erklärt Reinke. K. Stokowska. »Und ich habe nicht schlecht gestaunt«, Und das in beträchtlichem Ausmaß: Aus zwei Millionen sagt Reinke. »Denn E ntscheidungen hatten bei ihr zuvor Zellen werden über gut zwei Wochen bis zu zwei Milliar- eher lange gedauert. Und das ist noch diplomatisch »Ich kannte Frau Reinke schon lange und wusste, dass ich ihr zu 100 Prozent den Zellen, also das 1.000-fache. Sieben Tage nach formuliert«, sagt Reinke, die Stokowska seit Beginn vertrauen kann«, erinnert sich K. Stokowska. der Transplantation injiziert man die regulatorischen ihrer Nierenerkrankung vor über 20 Jahren betreut. T-Zellen – jetzt in großer Menge – wieder der Patientin Nach der Diagnose »Niereninsuffizienz« versuchte die oder dem Patienten. damals 19-jährige Stokowska zunächst ohne Dialyse duell für jede*n Patient*in im Labor zu vermehren. Statt eines Cocktails aus drei auszukommen. Doch nach acht Jahren und viel gutem Deshalb führt sie mit Biotech-Firmen Gespräche, um Aus umfangreichen Labor- und Tierversuchen ist Zureden von Petra Reinke entschloss sie sich schließlich gewissermaßen neutrale Varianten dieser Zellen im verschiedenen immununterdrücken bekannt, dass die regulatorischen T-Zellen ins transplan- zur Dialyse. Drei Mal pro Woche blieb sie über Nacht Labor zu züchten, die man allen Patient*innen geben den Medikamenten braucht der tierte Organ wandern und dort dauerhaft die zerstö in einer Dialysepraxis, während eine Maschine ihr Blut kann. Und natürlich ist es auch denkbar, bei der Trans- rerischen Effektor-T-Zellen davon abhalten, das neue reinigte. Nach neun weiteren Jahren, Stokowska war plantation anderer Organe regulatorische T-Zellen Patient oder die Patientin nur noch Organ abzustoßen. Das gleiche geschieht offenbar auch beim Menschen. Die erfreuliche Folge: Statt drei ver- inzwischen 36 Jahre alt, entschied sie sich schließlich für die Transplantation – und für die experimentelle einzusetzen. Hier ist Reinke im Dialog mit Kolleg*innen anderer Disziplinen, etwa Hepatolog*innen, die die einen einzigen Wirkstoff am Tag schiedenen immununterdrückenden Medikamenten Behandlung mit ihren eigenen regulatorischen T-Zellen. Methode bei Lebertransplantationen anwenden wollen. einzunehmen. braucht die Patientin oder der Patient nur noch einen »Ich kannte Frau Reinke schon lange und wusste, dass einzigen Wirkstoff am Tag einzunehmen. Das hält nicht ich ihr zu 100 Prozent vertrauen kann«, erinnert sich Obwohl die Beobachtung im Rahmen der Studie im nur das Immunsystem vergleichsweise robus, es ver K. Stokowska. fünften Jahr endet, wird Reinke Stokowska auch danach hindert auch weitestgehend die möglichen Nebenwir- weiter begleiten und verfolgen, wie es ihr geht. Alles kungen der Immunsuppressiva, darunter Bluthochdruck, Mittlerweile hat Petra Reinke bei insgesamt elf Patien- sieht danach aus, dass ihre Patientin auch weiterhin Osteoporose, Sehstörungen und Hautveränderungen. tinnen die neue Behandlungsmethode angewandt. so fit sein wird. K. Stokowskas Mutter, die ihr die Niere Regulatory T cells for minimising immune suppression Doch bleibt das Immunsystem auch auf Dauer ruhig? Fast durchweg sind die Ergebnisse beeindruckend: gespendet hat, geht es bis heute ebenfalls gut. Sie in kidney transplantation: phase I/IIa clinical trial. Und birgt die Zelltherapie Risiken? Trotz einer deutlich geringeren Menge eingenommener ist inzwischen sogar Großmutter geworden: Vor drei BMJ. 2020 Oct 21 Immunsuppressiva gibt es keine Abstoßungsreaktion. Jahren, zwei Jahre nach der Transplantation, hat Roemhild A, Otto NM, Moll G, Abou-El-Enein M, Kaiser D, Als K. Stokowskas Transplantation im Jahr 2015 an Reinke ist davon überzeugt, dass diese Behandlung K. Stokowska nach einer unauffällig verlaufenen Bold G, Schachtner T, Choi M, Oellinger R, Landwehr-Kenzel gesetzt war, ließ sich darüber noch nichts sicher sagen. die Transplantationsmedizin revolutionieren könnte. Schwangerschaft eine Tochter geboren. Auch dieses S, Juerchott K, Sawitzki B, Giesler C, Sefrin A, Beier C, Stokowska sollte die Behandlung im Rahmen einer Sie hat bereits erste Schritte in die Wege geleitet, Glück hat sie womöglich ein Stück weit der neuen Wagner DL, Schlickeiser S, Streitz M, Schmueck-Henneresse M, Amini L, Stervbo U, Babel N, Volk HD, Reinke P. klinischen Phase 1-Studie erhalten: Hier geht es vor damit die Methode breit angewandt werden kann. Therapie mit ihren eigenen regulatorischen T-Zellen 371:m3734. doi: 10.1136/bmj.m3734. allem um die Sicherheit einer neuen Therapie. Derzeit ist es noch sehr aufwändig, die Zellen indivi zu verdanken. •
Translations- Hubs Die Translations-Hubs des BIH repräsentieren Themen und Technologien, die die Medizin in den kommenden Jahren über die Disziplinen hinweg revolutionieren werden: Digitale Medizin, Multi-Omics, Organoide und Cell Engineering sowie Klinische Translation. Mithilfe der Hubs vernetzen sich E xpert*innen und bauen eine Forschungs-Community auf, sie entwickeln innovative Technologien und stellen exzellente wissenschaftliche Services in den Core Facilities bereit.
34 Translations-Hubs | Digitale Medizin BIH im Wandel 2018 – 2020 35 Digitale Zusammenarbeit Von einer tödlichen zu einer behandelbaren Krankheit bei Seltenen Erkrankungen Ein internationales Team unter der Leitung von BIH und Einstein Professor Marcus Mall, Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immuno- logie und Intensivmedizin und des Mukoviszidose- Zentrums an der Charité, hat eine klinische Studie mit 403 Mukoviszidose-Patientinnen und -Patienten an über 100 Studienzentren in Nordamerika, Europa und 20 Universitätskliniken und weitere Partner*innen haben sich im Projekt CORD- Australien durchgeführt. MI (Collaboration on Rare Diseases) deutschlandweit zusammengeschlossen, Dr. Josef Schepers Professor Marcus Mall Darin erwies sich die Kombination dreier Wirkstoffe als um die Patient*innenversorgung und die Forschung im Bereich der Seltenen hochwirksam: Die neue Therapie verbesserte bei vielen Erkrankungen zu verbessern. CORD-MI wird vom Bundesministerium für Bildung Proband*innen spürbar die Lungenfunktion und Lebens- qualität. Die Medikamente zielen nicht auf die Symp- und Forschung (BMBF) mit knapp sechs Millionen Euro für zwei Jahre gefördert. tome der Mukoviszidose ab, sondern auf die zugrunde- Ziel ist es, bundesweit anfallende Daten zu Seltenen Erkrankungen aus Dia liegende Fehlfunktion. Damit könnten sie, frühzeitig bei Kindern eingesetzt, möglicherweise verhindern, dass gnostik, Behandlung und Forschung datenschutzkonform nutzbar zu machen. die≈Erbkrankheit überhaupt ausbricht. Seltene Erkrankungen sind iagnosen, die in ganz Deutschland vielleicht nur D wert standortübergreifender innovativer Datenanaly- Zusammenarbeit – auch europaweit gar nicht so selten: Etwa hundertmal vorkommen, kann die digitale Vernetzung sen aufzeigen zu können«, sagt Professor Dr. Helge vier Millionen Menschen äußerst hilfreich sein.« Hebestreit, beteiligter Kliniker vom Universitätsklinikum Nicht nur in Deutschland sind Daten zu Seltenen in Deutschland sind insge Würzburg. »Wir wollen den Mehrwert der Medizinin Erkrankungen schlecht verfügbar. Seltene Erkrankungen samt betroffen, doch Die Waisen der Medizin formatik aber auch für Menschen mit besonders selte- sind darum ein Paradebeispiel für einen Forschungs von jeder einzelnen der sichtbar machen nen Seltenen Erkrankungen aufzeigen. Darum haben bereich, der stark davon profitieren wird, dass sich geschätzt 8.000 verschie- wir auch Erkrankungen im Fokus, an denen in Deutsch- Betroffene, Forscher*innen und Ärzt*innen auf europä denen Krankheiten treten »In komplexen Systemen kann man nur verbessern, was land möglicherweise nur zehn Menschen leiden«, ischer und internationaler Ebene vernetzen. So fördert meist nur wenige Fälle man messen kann. Und hier stockt es bei den »Waisen- so Professor Dr. Reinhard Berner vom Universitäts die Europäische Kommission zum Beispiel die Einrich- auf. Das hat zur Folge, kindern der Medizin« schon, weil sie mit den üblichen klinikum Dresden. tung Europäischer Referenznetze für komplexe und dass es oft Jahre dauert, bis die Betroffenen die richtige ICD-Diagnose-Codes nicht richtig gezählt werden Seltene Erkrankungen (ERNs) aus dem EU-Forschungs- Diagnose erhalten. Darüber hinaus fehlen häufig wirk- können«, klagt Schepers. »Es ist dringend notwendig, Einheitliche Dokumentation und Innovationsprogramm Horizon 2020. »Wir werden same Therapien, da die Forschung aufgrund der gerin- dass die Seltenen Erkrankungen mit Orpha-Kennnum- notwendig uns mit CORD-MI natürlich darum bemühen, die Inter- gen Fallzahlen nur beschränkt möglich ist. mern in der normalen klinischen Versorgung diffe operabilität der Patient*innendaten auch europaweit renziert dokumentiert werden, damit die Daten stand- »In fast allen deutschen Universitätskliniken werden sicherzustellen. Denn bei vielen Seltenen Erkrankungen Viele Universitätskliniken haben in den vergangenen ortübergreifend und datenschutzkonform genutzt im Rahmen der Medizininformatik-Initiative Dateninteg- können die Zusammenhänge und die Krankheitsver- Jahren auf der Basis des Nationalen Aktionsplans für werden können. Die angemessene Dokumentation und rationszentren aufgebaut, die Konzepte dafür entwi- läufe nur verstanden werden, wenn wir uns über Grenzen Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) Zentren die digitale Vernetzung der Zentren für Seltene Erkran- ckeln, wie Daten dokumentiert und gemeinsam daten- hinweg zusammentun. Was wenige nicht schaffen, für Seltene Erkrankungen gegründet, in denen Betrof- kungen sollen dabei helfen, die sogenannten Orphan schutzkonform genutzt werden können. Diese Chance schaffen viele gemeinsam«, ist Josef Schepers über- fene Hilfe finden. Doch manch Seltene Erkrankung ist Diseases sichtbar zu machen und damit die Diagnose- sollte auch für Menschen mit Seltenen Erkrankungen zeugt. • so selten, dass auch hier nur ganz wenige Fälle auftre- stellung für die Betroffenen zu beschleunigen, adäquate ergriffen werden«, umreißt Professorin Sylvia Thun, ten. Umso wichtiger ist es, die wenigen vorhandenen Therapien zu entwickeln und die Forschung an Seltenen die Leiterin der Core Unit E-Health & Interoperabilität, Daten effizient zu nutzen. Genau da setzt CORD-MI Erkrankungen zu fördern«, so Schepers weiter. die anstehende Aufgabe. Hierzu wollen die Beteiligten an: »Wir kümmern uns darum, dass die Strukturen der die FAIR-Prinzipien für wissenschaftliche Daten ein Medizininformatik-Initiative und andere Digitalisie- Der Studienteil von CORD-MI konzentriert sich auf eine führen: FAIR steht für Findable (auffindbar), Accessible rungsfortschritte auch den Zentren für Seltene Erkran- Auswahl von Seltenen Erkrankungen, darunter die Muko- (zugänglich), Interoperable (kompatibel) und Reusable Elexacaftor – Tezacaftor – Ivacaftor for Cystic Fibrosis with a Single Phe508del Allele. kungen an den Universitätskliniken zugutekommen«, viszidose. »Unter den Seltenen Erkrankungen ist die (wiederverwendbar). Damit trägt CORD-MI auch zu dem N Engl J Med. 2019 Nov sagt Dr. Josef Schepers, stellvertretender Leiter der Mukoviszidose relativ häufig. Entsprechend groß ist das Vorhaben der Medizininformatik-Initiative bei, inno Middleton PG, Mall MA, Dřevínek LC, et al. Core-Unit E-Health und Interoperabilität im BIH und Datenmaterial, das bereits über einen langen Zeitraum vative und datenschutzkonforme Ansätze zur Verknüp- 381:1809–19. doi: 10.1056/NEJMoa1908639 Koordinator von CORD-MI. »Gerade bei medizinischen erfasst wurde. Eine perfekte Grundlage also, den Mehr- fung und Auswertung von Daten zu entwickeln.
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