Inklusionsforschung zwischen Normativität und Empirie - Abgrenzungen und Brückenschläge - Arbeitstagung 2019 der AG Inklusionsforschung in der ...
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Inklusionsforschung zwischen Normativität und Empirie – Abgrenzungen und Brückenschläge Arbeitstagung 2019 der AG Inklusionsforschung in der DGfE am 28. und 29. Juni 2019 an der Pädagogischen Hochschule Freiburg i. Br.
Die Arbeitsgemeinschaft Inklusionsforschung hat als Ziel, einen Ort zu schaffen, an dem die Bedeutung von Inklusion in Forschung und Lehre über die teildisziplinären Grenzen hinweg diskutiert werden kann. Nach den beiden bisherigen Tagungen der AG „Differenz als Fokus der Inklusionsfor- schung“ an der Universität zu Köln und „Erziehungswissenschaftliche Inklusionsfor- schung. Norm – Behinderung – Gerechtigkeit“ an der Europa-Universität-Flensburg, wird die kommende Tagung am 28./29. Juni 2019 an der Pädagogischen Hochschule Freiburg ausgerichtet. Im Zentrum steht hierbei die Frage nach einer Verhältnisbestimmung von Normativi- tät und Empirie in Bezug auf Gegenstände der Inklusionsforschung. Der Debatte um Inklusion wird oft ein ausgeprägt normativer Blick vorgeworfen. In diesem Zusammenhang gibt es einen Ruf nach empirischen Studien, wobei aus me- thodologischen Debatten bekannt ist, dass auch diese nicht vor der Reproduktion normativer Annahmen gefeit sind. Im Rahmen der Tagung sollen daher sowohl theoretische als auch methodologische Beiträge Raum finden zu der Frage, inwiefern eine Normativität in der Inklusionsde- batte problematisch oder auch sinnvoll ist und wie mit Normativität in empirischen Studien umgegangen werden kann bzw. sollte. Auch bei der Arbeitstagung 2019 in Freiburg werden diskursstarke und interaktive Formate (Forschungswerkstätten, Impulsrunden, Themenforen) eine zentrale Rolle spielen. Wir freuen uns sehr, Sie in Freiburg zu begrüßen. Kontakt: tagung_inklusion@ph-freiburg.de Informationen und Anmeldung zur Tagung: https://www.ph-freiburg.de/ew/tagungaginklusionsforschung2019.html Organisation Lokales Tagungsteam: Bettina Fritzsche (PH Freiburg), Andreas Köpfer (PH Freiburg), Monika Wagner-Willi (PH FHNW) Erweitertes Tagungsteam: Anselm Böhmer (PH Ludwigsburg), Hannah Nitschmann (Universität zu Köln), Charlotte Rott-Fournier & Florian Weitkämper (PH Freiburg)
Programmübersicht Freitag, 28.06.2019 09.00-09.30 Uhr Ankunft und Anmeldung (Raum KG 5, 103) 09.30-09.45 Uhr Begrüßung durch Prof. Dr. Ulrich Druwe, Rektor der Pädagogischen Hochschule Freiburg (Raum KG 5, 103) 09.45-10.45 Uhr Keynote I (Raum KG 5, 103) Normativität und Beobachtung. Flucht/Migration als Gegenstand sozial- und erziehungswissenschaftlicher In-/Exklusionsforschung Marcus Emmerich (Universität Tübingen) Ulrike Hormel (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg) 11.00-12.30 Uhr Themenforen I Forum Forum Symposium Forum Forum "Unterricht und "Zwischen "Zur Funktion "Hochschule" "Zwischen Akteur*innen" Diskurs und von Kritik" Moderation: Diskurs und Moderation: Praxis I" Moderation: Anna Großhauser Praxis II" Juliane Leuders Moderation: Florian Weitkämper Moderation: Hanna Siegismund Anselm Böhmer Raum KG 5, 013 Raum KA 209 Raum KG 5, 103 Raum KG 3, 003 Raum KG 3, 004 Formen der unter- Normativität in Zur Funktion von Positionierungen Die Zuschreibung richtlichen Inklu- Handreichungslite- ‚Kritik‘ durch Wis- im Studierenden- von (In-) Kompe- sion = Qualitäten ratur zur Inklusi- senschaft. Über diskurs zu Inklu- tenz in der früh- der Inklusion? ven Schule – Eine das Verhältnis sion. Ergebnisse kindlichen Bildung Daniel Goldmann Rekonstruktion von rekonstruk- einer diskursana- und Betreuung im gegenstandstheo- tiver Forschung lytischen Studie Kontext von Inklu- retischer Prämis- und normativen Marian Laubner sion sen Ansprüchen an Sylvia Nienhaus Vildan Aytekin, inklusive Schulent- Mareike Brunk & wicklung Ronja Giesen Markus Dederich, Thorsten Merl & Differenzpro- Normativität schu- Kerstin Rabenstein „Homogenität wird Machtsensible duktion und lischer Inklusion dann immer di- qualitativ-empiri- -bearbeitung in – Ein Blick auf Dis- rekt kritisiert und sche Forschungs- inklusionsorien- kurs und Empirie gesagt, ‚nein, wir praxis im normati- tierten Schulen Bettina müssen aber In- ven Wissens- und mit Schulassis- Reiss-Semmler klusion machen‘“. Handlungsfeld tenz – Empirische, Diskurse von Lehr- „inklusive digitale methodische und amtsstudierenden (Schul-) Entwick- methodologische zu Inklusion und lung“ – eine erste Überlegungen zum der Be-Deutung terrainsondierte Umgang mit dop- von Normativität Bestandsaufnah- pelter Normativität Susanne Gottuck me Katrin Ehrenberg Christian Filk & Ann-Kathrin Stoltenhoff
Normen gegen (Hetero-)Norma- Inklusionsver- Visionen. Wie tivität aufbrechen ständnisse von Autismusratgeber – Perspektiven pädagogischen Inklusionsvorstel- von Dozierenden Fachkräften und lungen begrenzen auf Vielfalt in der Expert*innen Yannick Zobel Lehramtslehre schulischer Inklu- Hannah Becker, sion in menschen- Franziska rechtlicher Pers- Schreiter, Tammo pektive Varbelow & Carolin Jürgen Gerdes, Vierneisel Lars Heinemann & Uwe H. Bittling- mayer 12.30-13.30 Uhr Mittagessen 13.30-16.00 Uhr Forschungswerkstätten FoWe 1 FoWe 2 FoWe 3 FoWe 4 FoWe 5 FoWe 6 Moderation: Moderation: Moderation: Moderation: Moderation: Moderation: Monika Katharina Papke Tanja Sturm Andrea Dlugosch Argyro Jürgen Budde Wagner-Willi Panagiotopoulou Raum KG 4, 011 Raum KA 102 Raum KG 3, 004 Raum KG 5, 013 Raum KG 5, 103 Raum KG 3, 003 Inklusive und Inklusive Ord- Machtvolles Reflexive Nor- Zur Norma- „Nein, du bist integrative nungen sys- Schüler/innen- mativität re- tivität päd- noch kein Re- Kindertages- temtheoretisch handeln – Zur konstruktiver agogischer gelschüler…!“ betreuung als beobachten praktischen Sozialforschung Praktiken. – Exkludierte Prozess multi- Jürgen Braun, Bearbeitung am Beispiel Methodologi- Inklusion von professioneller Karola pädagogischer eines Disser- sche und me- neuzugewan- Zusammenar- Cafantaris, Ordnungen im tationsprojekts thodische Über- derten Kindern beit Oliver Hollstein Kontext In- im teilhabezen- legungen zur und Jugendli- Gabriele Müller & Wolfgang klusion durch trierten Feld Rekonstruktion chen an einem Meseth Schüler/innen Sozialer Arbeit von Wertungen Gymnasium in mit und ohne mit Frauen in Tilman Drope, NRW Assistenz. sozialpsychiat- Kerstin Lisa Rosen & Ursula Böing rischen Wohn- Rabenstein & Fenna tom heimen Mark Schäffer Dieck Josephina Schmidt
16.00-17.30 Uhr Podiumsdiskussion (Raum KG 5, 103) AG Inklusionsforschung – quo vadis? Podiumsgäste: Jürgen Budde (Europa-Universität Flensburg; Initiator/innengruppe der AG Inklusionsforschung) Harm Kuper (Freie Universität Berlin, Vorsitzender Vorstand der DGfE) Vera Moser (Humboldt Universität zu Berlin; DGfE Sektion Sonderpädagogik) Sabine Hornberg (Technische Universität Dortmund; DGfE SIIVE) Kerstin Rabenstein (Universität Göttingen; DGfE Sektion Schulpädagogik) Anja Tervooren (Universität Duisburg-Essen; Allgemeine Pädagogik) Michaela Vogt (Universität Bielefeld; DGfE Sektion Historische Bildungsforschung) Moderation: Uwe H. Bittlingmayer (Pädagogische Hochschule Freiburg) 17.45-18.45 Uhr Postersession / Reflecting Teams (Raum KG 5, 103) Ab 19.30 Uhr Gemeinsames Abendessen im Adelhaus Restaurant Samstag, 29.06.2019 09.00-10.30 Uhr Impulsrunde (Raum KG 5, 103) Drei Kurzimpulse mit anschließender Diskussion im Plenum „Inklusion im Spannungsfeld zwischen Normativität und Empirie“ Anja Hackbarth (Universität Mainz) Wolfgang Meseth (Universität Marburg) Michelle Proyer (Universität Wien) 10.45-12.15 Uhr Themenforen II FoWe FoWe Forum Forum Forum Forum „Raumtheo- „Inklusive „Partizipa- „Methodolo- „Normativi- „Theoreti- retische Per- Berufsbera- tive gische tät im sche spektiven“ tung?“ Forschung“ Fragen“ Fokus“ Fragen“ Moderation: Moderation: Moderation: Moderation: Moderation: Moderation: Monika Lisa Rosen Charlotte Hannah Yannick Zobel Stephanie Wagner-Willi Rott-Fournier Nitschmann Warkentin Raum KG 4, 011 Raum KA 209 Raum KG 5, 013 Raum KA 211 Raum KG 5, 103 Raum KG 3, 003 Frau Kessels Inklusive Be- Rekonstruktiv Systemthe- Normativität, Die Orientie- Burschen. rufsberatung? und partizipativ oretische Normalität rungsfunktion Raumtheoreti- Eine Analy- forschen Analyseoptio- und Normalis- des Norma- sche Perspek- se zu Macht, Sebastian nen vor dem mus. Vorzüge tiven. Zur tiven auf das Empowerment Hempel, Anna Hintergrund begrifflicher bildungsthe- Zusammenspiel und Selbstbe- Nutz & empirischer Differenzierung oretischen von Männlich- stimmung von Matthias Otten Fragestellungen für die Inklusi- Grundlegung keit und dis_ Jugendlichen im Kontext des onsdebatte von Empirie in ability mit sog. „Be- Inklusionsdis- Miklas Schulz der Inklusions- Tobias Buchner hinderung“ am kurses forschung Übergang von Martina Kaack Anke Redecker SEK I in (Aus-) Bildung Simone Engler & Helga Fasching
Implikationen Grenzbeziehun- Inklusion als Theorie schuli- bei Inklusions- gen und Grenz- Feld von bil- scher Inklusion. forschungspro- bearbeitung dungspoliti- Vorstellung ei- zessen als mögliche scher Normati- nes Vorschlags Erich Otto Graf Erweiterung vität Jennifer der Inklusions- Jürgen Budde Lambrecht forschung Bianca Baßler & Kathrin Leipold Erfahrungen Der Capabili- einer ties-Ansatz als inklusiven For- normativ-theo- schungsgruppe retischer Metrik Forschungs- für Inklusion gruppe Kreativ- am Beispiel der werkstatt SGB VIII- Reformdebatte Benedikt Hopmann 12.15-12.45 Uhr Mittagspause / Snack 12.45-13.30 Uhr Keynote II (Raum KG 5, 103) Problemdefinitionen und Konzepte von Diskriminierung in der Bildungsforschung: Spannungen zwischen Menschenrechtsansatz und Wirksamkeitsorientierung Mechtild Gomolla (Helmut Schmidt Universität Hamburg) 13.30-14.00 Uhr Abschlussdiskussion / Ausblick (Raum KG 5, 103) 14.00 Uhr Abschluss / Abreise
Keynotes Marcus Emmerich & Ulrike Hormel Normativität und Beobachtung. Flucht/Migration als Gegenstand sozial- und erziehungswissenschaftlicher In-/Exklusionsforschung Der Vortrag wird Normativität als eine (Selbst-)Beobachtungsweise konturieren, die in sachlicher, sozialer und zeitlicher Hinsicht zwischen Sein und Sollen unterscheidet und daraus Reflexionsoptionen gewinnt. Wissenschaftliche Normativitätsthematisierungen können daher auch Hinweise auf methodisch-methodologische Beobachtungsprobleme geben: Die Schwierigkeiten, ‚Inklusion‘ nicht nur als pädagogische und politische Programmatik, sondern auch als empirischen Gegenstand zu begründen, resultieren womöglich aus dem Umstand, Zukunft (Sollen) zwar beschreiben, aber nicht als Phänomen (Sein) beobachten zu können. Faktisch, so die These, weicht die Inklusionsforschung in der Gegenwart deshalb auf personenbezogene Exklusionsforschung aus. Die erkenntnislogisch begründete (normative!) Forderung, ‚von der Migrant*innenforschung zur Migrationsforschung‘ übergehen zu müssen, markiert ein ähnlich gelagertes Beobachtungsproblem: Um den Gegenstand ‚Migration‘ als gesellschaftlich konstituiertes Phänomen verstehen zu können, muss empirisch von einer Personenbeschreibung im Modus politischer und moralischer Normativität auf die Beobachtung der strukturgenerierenden In-/Exklusions-Praxis gesellschaftlicher Institutionen, Systeme und Organisationen umgestellt werden. Am Beispiel eines eigenen Forschungsprojekts zur Inklusion neu migrierter Schüler*innen in und durch kommunale Bildungssysteme werden die theoretischen und empirischen Implikationen dieser Perspektivverschiebung skizziert und zur Diskussion gestellt. Mechtild Gomolla Problemdefinitionen und Konzepte von Diskriminierung in der Bildungsforschung: Spannungen zwischen Menschenrechtsansatz und Wirksamkeitsorientierung Vor dem Hintergrund rechtlicher Änderungen (u.a. AGG, BRK) werden auch in Deutschland seit einiger Zeit normative schulpolitische Ziele der Inklusion, gerechten Teilhabe und Nicht-Diskriminierung in neue Verfahren der Output- und Wettbewerbssteuerung integriert. Besonders ausgeprägt ist diese Tendenz im schulischen Umgang mit ‚Behinderung‘ sowie im Kontext von Migration und sozialer Ungleichheit. In beiden Diskurszusammenhängen soll eine v.a. empirisch-quantitativ ausgerichtete pädagogische Wirksamkeitsforschung auf methodisch abgesichertem Weg politisches und pädagogisches Handeln orientieren und Wissen generieren, ob und in welchem Maße Interventionen wirken. Der Vortrag untersucht das Verhältnis von Normativität und Empirie innerhalb gegenwärtig vorherrschender Ansätze der Wirksamkeitsforschung aus einer metatheoretischen Perspektive. Aus dem Blickwinkel der Erkenntnispolitik wird die Frage verfolgt, wie Aspekte der Gerechtigkeit und Diskriminierung in gegenwärtig dominanten Ansätzen der pädagogischen Wirksamkeitsforschung inkorporiert, verzerrt oder ausgeschlossen werden und welche Folgen daraus für Bildungsprozesse und -verläufe der Schüler_innen resultieren sowie der Möglichkeiten von Lehrkräften u.a. Akteuren, inklusive Entwicklungen zu gestalten. Auf der Basis von Literatur- und Diskursanalysen wird nachgezeichnet, wie mit der Inkorporierung von Erfordernissen der Inklusion und migrationsbedingten Heterogenität in die Output- und Wettbewerbssteuerung ein Abzug
der Aufmerksamkeit von sozialen Exklusions- und Ungleichheitsverhältnissen – insbesondere von Fragen sozialer Macht – als strukturelle Barrieren des Schulerfolgs aber auch als Gegenstand politischer Bildungsprozesse einhergeht, während organisationale, technische und betriebswirtschaftliche Belange in den Vordergrund gerückt werden. Im Schlussteil stelle ich in Anlehnung an Nancy Frasers Theorie der demokratischen Gerechtigkeit ein alternatives Konzept sozialer Effektivität vor. Dabei sollen auch Anknüpfungspunkte für die empirische Erforschung der Wirkung (oder auch Nicht- Wirkung) von Schule identifiziert werden, welche als Wissensgrundlage für transformierende Politiken der Gerechtigkeit dienen können. Symposium Markus Dederich, Thorsten Merl & Kerstin Rabenstein Zur Funktion von ‚Kritik‘ durch Wissenschaft. Über das Verhältnis von rekonstruktiver Forschung und normativen Ansprüchen an inklusive Schulentwicklung Eine rekonstruktive Forschung, die in Bezug auf das, was in Schulen im Zeichen der Reformagenda Inklusion implementiert wird, neue theoretische Perspektiven generieren möchte, steht einer Gegenstandsbestimmung skeptisch gegenüber, die sich sehr nah an pädagogisch präskriptiven Inklusionskonzepten orientiert (vgl. Rabenstein 2016: 240; Merl 2019: 49ff). Dies deshalb, weil eine solche Gegenstandsbestimmung den Forschungsfokus vor allem dahingehend eingrenzt, das Ge- oder Misslingen einer Praxis empirisch zu analysieren (Meseth 2011: 178). Es wird also eher evaluiert und nicht neue theoretische Perspektiven generiert. Das Anliegen der Theoriegenerierung bzw. des Verstehens des Reformprozesses erscheint wiederum aus der Perspektive einer rekonstruktiven Inklusionsforschung, die sich an normativen Bestimmungen des Gegenstandes orientiert und infolgedessen auch der Kritik nicht enthält, unzureichend (Dederich i.E.): Zwar werde so methodisch abgesichert neues Wissen generiert, nicht aber der gesellschaftliche bzw. pädagogische Prozess der Schulentwicklung auch kritisch begleitet; es fehle schlicht der Maßstab. Die Ergebnisse – so die Kritik – einer ja immer auch anwendungsbezogenen pädagogischen Forschung liefen ins Leere, wenn kein Beitrag zur Verbesserung pädagogischer Praxis angestrebt würde. Das Themenforum geht dem Verhältnis von Kritik und Wissenschaft mit zwei Impulsvorträgen nach. Es will Raum zur Diskussion möglicher Positionsbestimmungen und Begründungen bezüglich der Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen einer ‚kritischen‘ Wissenschaft im Feld der Reformagenda Inklusion bieten. In einem ersten Beitrag wird Markus Dederich die These entwickeln, dass die rekonstruktive Inklusionsforschung, will sie sich kritisch zu ihrem Forschungsgegenstand verhalten, eine zumindest minimal-normative Theorie der Inklusion bzw. der ‚Inklusivität’ pädagogischer Prozesse benötigt. Hierbei ist der Gedanke zentral, dass begründete Kriterien der Kritik nicht dem beobachteten Feld entnommen werden können. In einem zweiten Beitrag werden Thorsten Merl und Kerstin Rabenstein in diskurstheoretischer Perspektive vorliegende empirisch-rekonstruktive Studien zu Inklusion daraufhin befragen, wie jeweils der Forschungsgegenstand mithilfe welcher Problematisierungen konstruiert wird und wie welche Maßstäbe für Kritik im Forschungsprozess gewonnen und wie legitimiert werden. Der Beitrag diskutiert, wie
kritische Positionen in der Forschung entstehen und mit welchen Effekten diese kritischen Positionen verbunden sind. Literatur Dederich, M. (i.E.): Rekonstruktion und Kritik. Eine Rückfrage an die rekonstruktive Inklusionsforschung. In: Wagner-Willi, M; Budde, J.; Dlugosch, A.; Herzmann, P.; Rosen, L.; Panagiotopoulou, A.; Sturm, T. (Hg.): Inklusionsforschung im Spannungsfeld von Erziehungswissenschaft und Bildungspolitik. Leverkusen: Budrich. Merl, T. (2019): un/genügend fähig. Zur Herstellung von Differenz im Unterricht inklusiver Schulklassen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Meseth, W. (2011): Erziehungswissenschaft – Systemtheorie – Empirische Forschung. Methodologische Überlegungen zur empirischen Rekonstruktion pädagogischer Ordnungen. In:Zeitschrift für Qualitative Forschung, Jg. 12, H. 2, S. 177-197. Rabenstein, K. (2016): Methodologische Fragen einer qualitativen Erforschung inklusiven Unterrichts.Herausforderungen einer empirisch fundierten didaktischen Theoriebildung. In: Musenberg, O.; Riegert, J. (Hg.): Didaktik und Differenz. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 233-244. Forschungswerkstätten Ursula Böing Machtvolles Schüler/innenhandeln - Zur praktischen Bearbeitung pädagogischer Ordnungen im Kontext Inklusion durch Schüler/innen mit und ohne Assistenz. Rekonstruktionen aus der Studie – ‚Assistenz aus Schüler/innenperspektive‘ (ASP) In der geplanten Forschungswerkstatt werden ausgewählte Sequenzen aus der qualitativ- praxeologisch angelegten Studie „Assistenz aus Schüler/innenperspektive – Orientierungen von Kindern und Jugendlichen in schulisch-unterrichtlichen Handlungssituationen mit Assistenz in ausgewählten Schulen“ (ASP; Böing & Köpfer) vorgestellt, diskutiert und interpretiert. Assistenz gilt als paraprofessionelle Rolle, die im Kontext eines als ‚Inklusion‘ bezeichneten Schulentwicklungsprozesses verstärkt als Differenzierungsmaßnahme für Kinder und Jugendliche mit zugewiesenem Förderbedarf an Allgemeinen Schulen vorgehalten wird (vgl. u.a. Laubner et al. 2017). Die Studie untersucht Praktiken von Kindern und Jugendlichen in schulisch- unterrichtlichen Situationen mit Assistenz und fragt danach, wie diese in ihrer Rolle als Schüler/innen im Handlungsfeld Schule und in „diskursiver Verstrickung“ (vgl. Machold 2013) mit den darin eingelagerten formalen Regulierungen, Steuerungen und machtbesetzten Ordnungen Differenzen herstellen und bearbeiten. Konkret können im Rahmen der Forschungswerkstatt entlang des Materials folgende Fragen fokussiert werden: • Wie bearbeiten die Kinder und Jugendlichen pädagogische Ordnungen im Kontext der formalen Differenzierungsmaßnahme „Assistenz“? • Wie konstruieren Kinder und Jugendliche in diesem Kontext Raum? Wie wird unter diesen Bedingungen in den Praktiken der Kinder und Jugendlichen Behinderung hervorgebracht? Methodologisch basiert die Studie auf der Dokumentarischen Methode, die im Anschluss an die Praxeologische Wissenssoziologie von Karl Mannheim das Soziale als interaktiv
erzeugt, d.h. als sprachlich und körperlich-räumlich, performativ hervorgebracht betrachtet (vgl. Bohnsack 2014; Sturm 2015). Methodisch wurden in Anlehnung an Nentwig-Gesemann (2017) fotobasierte Schulführungen durchgeführt und durch videogestützte Gruppendiskussionen (vgl. Loos et al. 2001) ergänzt. Abschließend werden die Erkenntnisse entlang möglicher normativer Implikationen eingeordnet und reflektiert. Literatur Bohnsack, R. (2014): Rekonstruktive Sozialforschung. Eine Einführung in qualitative Methode (9. Aufl.). Opladen u.a.: Verlag Barbara Budrich. Laubner, M.; Lindmeier, B.; & Lübeck, A. (2017) (Hrsg.): Schulbegleitung – ein Arbeitsbuch für Theorie und inklusive Praxis. Weinheim: Beltz, 11-27 Loos, P. & Schäffer, B. (2001): Das Gruppendiskussionsverfahren. Theoretische Grundlagen und empirische Anwendung. Opladen: Leske + Budrich. Machold, C. (2013): Kinder und Differenz. Eine ethnografische Studie im elementarpädagogischen Kontext. Wiesbaden: Springer VS Nentwig-Gesemann, I.; Walther, B.; Thedinga, M. (2017): Kita-Qualität aus Kindersicht. Eine Studie des DESI-Instituts im Auftrag der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Abschlussbericht. Online unter: https://www.qualitaet-vor-ort.org/wp- content/uploads/2017/10/171026_Quaki_Abschlussbericht_WEB.pdf. Entnahme: 20.01.2019 Sturm, T. (2015): Rekonstruktiv-praxeologische Schul- und Unterrichtsforschung im Kontext von Inklusion. Inklusion online 9, Nr. 4. Jürgen Braun, Karola Cafantaris, Oliver Hollstein & Wolfgang Meseth Inklusive Ordnungen systemtheoretisch beobachten Im Unterschied zu geläufigen pädagogischen und bildungspolitischen Vorverständnissen des Inklusionsbegriffs, die zumeist eng mit normativen Kategorien wie „Partizipation“, „Teilhabe“ oder „Integration“ verbunden sind, bezeichnet ein systemtheoretisches Verständnis von Inklusion keinen Mechanismus, durch den Menschen gleichsam topographisch in „Räume“, „Bereiche“ oder „Gruppen“ eingeschlossen werden (sollen), sondern zunächst – je nach Systemebene – die operative Relevanzsetzung von Personen in einem Kommunikationszusammenhang (vgl. Nassehi 2011, S. 171ff.). Auf der Ebene der Gesellschaft wird die normative Erwartung auf Vollinklusion in das Erziehungssystem entlang der Idee der Bildsamkeit formuliert (vgl. Tenorth 2013). Auf der Ebene der Organisation vollzieht sich Inklusion qua institutioneller Entscheidung über Mitgliedschaft, die sich in Deutschland traditionell durch Differenzierung (mehrgliedriges Schulsystem) realisiert. Schließlich bezieht sich Inklusion auf der Ebene der Interaktion auf die in einem sozialen System sich immer wieder neu vollziehende, ereignishafte kommunikative Adressierung (vgl. Kade 2004). Die jeweiligen Adressierungen im Klassenzimmer lassen sich hinsichtlich unterschiedlicher Abstraktionsgrade unterscheiden, die sich entlang der Begriffe „Person“ und „Rolle“ sowie unterschiedlicher Formen der Selbstthematisierung von „Wir-Gruppen“ differenzieren lassen. Damit legt die Verwendungsweise von Inklusion noch nicht fest, in welchen sprunghaften und selektiven Modi sich die Adressierungen von je unterschiedlichen Schüler*innen in Unterrichtsinteraktionen ereignen. Im Rahmen der Forschungswerkstatt möchten wir am Beispiel von empirischem Material aus dem laufenden Forschungsprojekt „Von der Förderschule zur inklusiven Regelschule“ die Leistungsfähigkeit einer solchen systemtheoretischen re-description zur Diskussion stellen.1 Anhand von Beobachtungsprotokollen, transkribierten Audioaufzeichnungen und videographierten Unterrichtsszenen geht das Projekt der Frage nach, wie sich im sozialen
System Schulunterricht inklusive Ordnungen durch unterschiedliche Adressierungen herausbilden und verfestigen (vgl. Meseth/Proske/Radtke 2011). Gegenstand der sequenzanalytischen und mikroethnographischen Analysen des empirischen Materials sind die normativen Erwartungen, die in der Form von Rollenordnungen und höher aggregierten Selbstthematisierungen durch eine reflexive Rückwendung der Kommunikation auf sich selbst festgelegt und somit empirisch greifbar werden (Wir/Sie- Unterscheidungen, inhaltlich-thematische Zielsetzungen, Etablierung von Verhaltenserwartungen und zeitliche Verfügungen). Durch diesen systemtheoretischen Zugriff soll das Verhältnis von Inklusionsforschung und Normativität aus zwei Perspektiven thematisiert werden. Zum einen soll der erziehungswissenschaftliche Mehrwert einer systemtheoretisch distanzierten Forschungsperspektive auf das normativ geladene Feld der „Inklusion“ ausgelotet werden. Zum anderen geht es darum, den Wiedereintritt jener Normativität in das Forschungsdesign (Reifizierungsproblem) in den Blick zu nehmen, der im Vollzug der eigenen Forschung unbeobachtbar bleiben muss. Literatur Kade, Jochen (2004): Erziehung als pädagogische Kommunikation. In: Lenzen, D. (Hrsg.): Irritationen des Erziehungssystems. Pädagogische Resonanzen auf die Systemtheorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 199-232. Meseth, Wolfgang/ Proske, Matthias/ Radtke, Frank-Olaf (2011): „Was leistet eine kommunikationstheoretische Modellierung des Gegenstandes Unterricht‘?“. In: Meseth, W./Proske, M./Radtke, F.-O. (Hrsg.): Unterrichtstheorien in Forschung und Lehre. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 223-40. Nassehi, Armin (2011): Gesellschaft der Gegenwarten. Studien zur Theorie der modernen Gesellschaft II. Berlin: Suhrkamp. Tenorth, Heinz-Elmar (2013): Inklusion – Prämissen und Problemzonen eines kontroversen Themas. In: Baumert, J./Masuhr, V./Möller, J./ Riecke-Baulecke, T./Tenorth, H.-E./Werning, R. (Hg.): Inklusion. Forschungsergebnisse und Perspektiven. München: Oldenbourg, S. 6–14. 1 Das Schulbegleitprojekt untersucht eine ehemalige Förderschule mit dem Schwerpunkt Blindheit und Seheinschränkung, die nun im Zuge einer sogenannten „umgedrehten Inklusion“ blinde, seheingeschränkte und sehende Schüler*innen gemeinsam unterrichtet. Tobias Buchner Frau Kessels Burschen. Raumtheoretische Perspektiven auf das Zusammenspiel von Männlichkeit und dis_ability Im Forschungsprojekt ‚Inclusive Spaces 3: Differenz, Raum und Schule‘ wird über ein methodenplurales Vorgehen das Zusammenspiel von Differenz(en) und Raum in als inklusiv intendierten, schulischen Bildungssettings untersucht. Der heuristische Rahmen der Studie setzt sich aus raumsoziologischen, macht- und differenztheoretischen Überlegungen sowie einer fähigkeitskritischen Perspektive auf die Produktion von dis_ability zusammen. Das Projekt ist als Längsschnittstudie angelegt. So finden vom Schuljahr 2017/2018 – 2020/2021 in jährlichen Abständen Erhebungen an fünf Neuen Mittelschulen in Wien (Sekundarstufe I) statt. Im Zuge der ersten Welle von Feldforschung wurden 60 problemzentrierte Interviews mit Schüler*innen und 21 problemzentrierte Interviews mit Lehrer*innen geführt. Alle an den Interviews teilnehmenden Schüler*innen fertigten zudem eine soziale Landkarte ihrer Schule an. Auf Basis teilnehmender Beobachtungen
an Unterrichtsstunden sowie Pausen wurden 234 ethnographische Stundenprotokolle und 122 Feldnotizen angefertigt. Das empirische Material, das bei der angedachten Forschungswerkstatt präsentiert und gemeinsam analysiert werden soll, wurde im Rahmen der Untersuchung einer Integrationsklasse der 5. Schulstufe an einer Neuen Mittelschule produziert. Diese Klasse wurde von verschiedenen Professionist*innen an der Schule als leistungsschwach und ‚schwer zu führen‘ beschrieben. Vor allem den Jungen der Klasse wurde ein störendes Verhalten attestiert, was von den Lehrkräften mit einer Eingrenzung der Pausenräume und weiteren Disziplinierungspraktiken beantwortet wurde. Über diese sollen die Jugendlichen laut der Klassenlehrerin jene Fähigkeiten erlernen, die sie am Ende der Sekundarstufe I ‚jobready‘ machen: höflich grüßen, aufmerksam sein, aufzeigen, still sitzen, etc. Auffallend ist zudem, dass die Klasse durch eine strikte Zweiteilung der Schüler*innenschaft in mit und ohne Sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) geprägt ist, die sich unter anderem in einer getrennten Unterrichtung in den Hauptfächern manifestiert. Letztere Gruppe, also jene, die mit der Zuschreibung SPF versehen ist, besteht ausschließlich aus Jungen und wurde von verschiedenen Akteur*innen als ‚Frau Kessels Burschen‘ adressiert. Diese unterrichtet die Schüler mit SPF in den getrennten Lehreinheiten. Dabei ließ sich neben den bereits erwähnten Disziplinierungspraktiken auch das beobachten, was als Beschäftigungspraktiken bezeichnet werden könnte: Praktiken, über die verringerte Fähigkeitserwartungen transportiert und gleichzeitig eine schulisch sinnvolle Beschäftigung der Schüler ermöglicht werden soll. Als Teil einer ethnographischen Fallstudie werden die während der getrennten Lehreinheiten von den Schülern mit SPF aufgeführten Praktiken, die zwischen Widerspenstigkeit und marginalisierter Männlichkeit oszillieren, in den Blick genommen. In der Forschungswerkstatt sollen dazu Sequenzen aus Unterrichtsprotokollen sowie Interviews mit den Jugendlichen präsentiert werden. Anhand der gemeinsamen Analyse der Daten soll diskutiert werden, welche Raumkonstruktionen über die Praktiken der Schüler (re-)produziert werden bzw. aufgrund welcher Raumkonfigurationen diese überhaupt erst vollzogen werden können. Zudem soll untersucht werden, welche Fähigkeiten von den Schülern gegenüber den schulischen Fähigkeitserwartungen als relevant gesetzt werden. Tilman Drope, Kerstin Rabenstein & Mark Schäffer Zur Normativität pädagogischer Praktiken. Methodologische und methodische Überlegungen zur Rekonstruktion von Wertungen Die qualitative Forschung beansprucht (in Teilen), statt aus einer an die ‚Praxis‘ herangetragenen Normativität, die Normativität der Praxis empirisch zu untersuchen. Die Diskussion, wie theoretisch begründet wird, die Normativität pädagogischer Praxis zu rekonstruieren, ist immer mal wieder geführt worden, aber in Bezug auf den Gegenstand Inklusion hat sie sich intensiviert. In dem Forschungsforum soll für die Untersuchung von Subjektivierung in Praktiken der Frage nach den Möglichkeiten (und Grenzen) der Rekonstruktion der Normativität in den Bezugnahmen von Subjekten aufeinander (und auf Dinge) nachgegangen werden und das Vorgehen an Datenmaterial ausprobiert und diskutiert werden. Die Subjektivierungsforschung hat im Kontext der Forschung zu Differenzaktualisierungen in einem Unterricht im Anspruch an Inklusion in den letzten Jahren an Relevanz zugenommen. In den mittlerweile entwickelten theoretisch ähnlich begründeten Operationalisierungen für die Erforschung von Subjektivierungsprozessen z.B. als Positionierungen in diskursiven Praktiken (Wrana 2015) bzw. Re-Adressierungen in pädagogischen Praktiken (Reh/Ricken 2012) ist die Frage nach den in Praktiken
vorgenommenen Wertungen stets wichtig. Aber es wird nicht weiter diskutiert, wie Wertungen (Wrana 2015) bzw. ‚Valuation‘ (Reh/Ricken 2012) begründet rekonstruiert werden. Wir schlagen vor, die emotional-affektive Dimension von Praktiken stärker in die Beobachtung aufzunehmen. Dabei nehmen wir Bezug auf z.B. Schatzkis Herausstellen eines teleo-affektiven Moments in Praktiken (Schatzki 2016, 33f.), um Subjektivierungsprozesse im Zusammenhang mit dem Herausbilden bestimmter „Zwecke, Zielorientierungen und entsprechende[r] affektive[r] Lagen“ im Vollzug von Praktiken zu verstehen (Ricken 2019, 37). An ethnographischem Datenmaterial aus einer laufenden Beobachtung zur Konstitution von Schulklassen als Schulklassen in einer sich inklusiv verstehenden Gesamtschule wollen wir den Zugang forschungspraktisch ausprobieren und diskutieren. In diesem 2018 begonnenen ethnographischen Projekt untersuchen wir von Beginn des fünften Schuljahres den Prozess der Klassenbildung und darin Praktiken der Subjektivierung als Mitglieder einer (bestimmten) Schulklasse bzw. Differenzordnung. Literatur Reh, S./Ricken, N. (2012): Das Konzept der Adressierung. Zur Methodologie einer qualitativempirischen Erforschung von Subjektivation. In Miethe, I./Müller, H.-R. (Hg.): Qualitative Bildungsforschung und Bildungstheorie. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich, 35-56. Ricken, N. (2019): Aspekte einer Praxeologik. Beiträge zu einem Gespräch. In Berdelmann, K./Fritzsche, B./Rabenstein, K./Scholz, J. (Hg.): Transformationen von Schule, Unterricht und Profession. Wiesbaden: Springer VS, 29-48. Schatzki, R. T. (2016): Praxistheorie als flache Ontologie. In Schäfer, H. (Hg.): Praxistheorie. Ein soziologisches Forschungsprogramm. Bielefeld: transcript, 29-44. Wrana, D. (2015): Zur Analyse von Positionierungen in diskursiven Praktiken. Methodologische Reflexionen anhand von zwei Studien. In Fegter, S./Kessl, F./Langer, A./Ott, M./Rothe, D./Wrana, D. (Hg.): Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung. Wiesbaden: Springer VS, 123-142. Simone Engler & Helga Fasching Inklusive Berufsberatung? Eine Analyse zu Macht, Empowerment und Selbstbestimmung von Jugendlichen mit sog. „Behinderung“ am Übergang von SEK I in (Aus-)Bildung Der Übergang von SEK I (Pflichtschule) in (Aus-)Bildung oder Beschäftigung, stellt für Jugendliche mit sog. „Behinderung“ im Vergleich zu nichtbehindert markierten Jugendlichen, eine intensiviere Herausforderung dar. Insbesondere intersektional wirkmächtige Differenzkategorien (sozio-kultureller Status, Geschlecht, Herkunft, Körper) erweitern soziale Ungleichheit und bilden Grenzen zu inklusiven Le(h)rnräumen und Entwicklungsmöglichkeiten für Individuen. Innerhalb des pädagogischen Diskurses wird partizipative Kooperation als Schlüssel einer inklusiven Bildung betrachtet. Voraussetzung dafür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteur*innen und Machtreflexionen. Inklusionsbezogene Forschung: Das vom österreichischen Wissenschaftsfond (FWF) geförderte Forschungsprojekt „Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen“ (Projektnummer: P-29291; Laufzeit: 01.10.2016–30.09.2021; Leitung: Helga Fasching; http://kooperation-fuer-inklusion.univie.ac.at/), ist auf eine längsschnittliche Betrachtung partizipativer Kooperation im Übergangsplanungsprozess bei Jugendlichen mit sog. „Behinderung“ ausgerichtet und der explorativen Grundlagenforschung zuzuordnen. Es fragt nach Kooperationserfahrungen Jugendlicher und deren Eltern/Familien mit verschiedenen professionellen Unterstützer*innen.
Methodologisch-methodischer Zugang: Methodologisch wird nach der konstruktivistischen Grounded Theory (Charmaz 2014) vorgegangen, methodisch werden „Intensive interviews“ (Charmaz 2014) und Reflecting-Teams (Andersen 1992, 2011) genutzt. Eine intersektionale Perspektive (Winker/Degele 2007, 2009) fokussiert die einreichende Dissertantin. Forschungswerkstatt: Interviewmaterial + mögliche Analysefragen: Welche subjektiven Erfahrungen in Bezug auf Äußerungen und Umsetzungen von Berufs-/Lebenswünschen benennt die jugendliche Person mit sog. „Behinderung“ am Übergang? Wie lassen sich diese Erfahrungen und Normative reflexiv intersektional deuten? Literatur zum methodologischen und methodischen Rahmen Andersen, T. (1992): Reflections on reflecting with families. In: McNamee, S./Gergen, K. J. (eds.): Therapy as Social Construction. London: Sage, 55-68. Andersen, T. (2011): The Reflektierende Team: Dialoge und Dialoge über Dialoge. Dortmund: Verlag modernes lernen. Charmaz, K. (2014): Constructing Grounded Theory. 2nd Edition. Thousand Oaks: Sage. Degele, N. /Winker, G. (2007): Intersektionalität als Mehrebenenanalyse. URL: https://www.soziologie.uni-freiburg.de/personen/degele/dokumente- publikationen/intersektionalitaet-mehrebenen.pdf (09.01.2019) Winker, G./Degele, N. (2009): Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: transcript Verlag. Gabriele Müller Dissertationsprojekt – Arbeitstitel: „Inklusive und integrative Kindertagesbetreuung als Prozess multiprofessioneller Zusammenarbeit“ Projektskizze: Auf dem Hintergrund zunehmend diversifizierender Anforderungen an das Handlungsfeld der Kindertageseinrichtungen im Zuge gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse, stehen Forderungen nach organisationsstrukturellen und konzeptionellen Weiterentwicklungen im Zentrum fachpolitischer Diskurse. Das Leitbild inklusiver Bildung als Teilhabeversprechen für alle, verbunden mit dem Anspruch nach mehr Chancengerechtigkeit, steht dabei derzeit im Zentrum (vgl. z.B. Cloos 2015). Hierbei werden „multiprofessionelle Teams als qualitäts- und zukunftsorientierte Antwort auf die Veränderungen und Herausforderungen institutioneller Bildung, Betreuung und Erziehung (Autorengruppe Fachkräftebarometer 2017, S. 72)“ bewertet. In der Bewältigung von Inklusion als komplexe Herausforderung wird multiprofessionelles Arbeiten zudem als Standard definiert (vgl. z.B. Heimlich und Üffing 2018; Prengel 2014). Bisher liegen jedoch wenig empirische Erkenntnisse darüber vor, wie Multiprofessionalität unter dem Anspruch inklusiven Handelns in Kindertageseinrichtungen hergestellt wird. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, ein vertieftes Verständnis über die Ressourcen und Potentiale von Multiprofessionalität für eine inklusive Arbeit mit Kindern und ihren Familien zu gewinnen. Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht die Untersuchung sprachlicher Performanz über Erfahrungen aus der Praxis aus der Perspektive der Fachkräfte. Forschungsfragen: Welches Verständnis von Zusammenarbeit wird unter der Prämisse von Inklusion im Team sprachlich hergestellt? Welche Rolle nehmen hierbei organisationsstrukturelle Bedingungen, institutionalisierte Normen und habituelle Orientierungen ein? Der Forschungsfrage nähere ich mich mit einer praxeologisch-rekonstruktiven Perspektive (vgl. Bohnsack 2018). Ich arbeite mit der Methode der Gruppendiskussion und interessiere mich insbesondere für die kommunikative Bewältigung gemeinsamer
Erfahrungen und die Möglichkeit der Aktualisierung von atheoretischen oder impliziten kollektiven Wissensbeständen und Strukturen. Karl Mannheim hat dies als „konjunktive Erfahrungsräume“ bezeichnet. (vgl. Mannheim 2003). In der Analyse arbeite ich mit der Dokumentarischen Methode, mit der durch die Rekonstruktion der Diskursorganisation die Entstehung und Entwicklung eines Themas ebenso erfasst werden kann wie deren kollektive Rahmung (vgl. Loos und Schäffer 2001). Informationen zum vorgesehenen Datenmaterial: Für die Forschungswerkstatt möchte ich gerne einen Ausschnitt aus einer Gruppendiskussion mit einem Teil eines Teams aus einem inklusiven Kinderhaus einbringen. Die ausgewählte Passage mit dem Thema „Inklusive Kita als Beitrag zu einer besseren Welt“ ist durch eine hohe interaktive Dichte mit selbstläufigen Gesprächsphasen gekennzeichnet. Für die Forschungswerkstatt möchte ich das erste Oberthema der Passage „Keine etikettierenden Strukturen“ einbringen (knapp 4 Minuten) und mit der Gruppe auf Basis der Dokumentarischen Methode interpretieren. Literatur Loos, Peter; Schäffer, Burkhard (2001): Das Gruppendiskussionsverfahren. Theoretische Grundlagen und empirische Anwendung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften Mannheim, Karl (2003): Strukturen des Denkens. Herausgegeben von David Kettler, Volker Meja und Nico Stehr. [Nachdr.]. Frankfurt am Main: Suhrkamp.Prengel 2014 Heimlich, Ulrich; Üffing, Claudia (2018): Leitfaden für inklusive Kindertageseinrichtungen. Bestandsaufnahme und Entwicklung: Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF Exp ertisen, Band 51. München Cloos, Peter (2015): Diversität und Inklusion in der aktuellen kindheitspädagogischen Professions-und Professionalisierungsforschung. In: Christin Haude (Hg.): Diversity Education in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte. 1. Aufl. Weinheim: Beltz Juventa, S. 47–71 Autorengruppe Fachkräftebarometer (2017): Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2017. Hg. v. Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte. DJI. München Bohnsack, Ralf (2018): Die Dokumentarische Methode und ihre praxeologischen und praxistheoretischen Grundlagen. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung & Sozialisation; Vol. 38 Issue 1, p103-111. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung & Sozialisation 38 (1), S. 103–111. Lisa Rosen & Fenna tom Dieck „Nein, du bist noch kein Regelschüler...!“ – Exkludierte Inklusion von neuzugewanderten Kindern und Jugendlichen an einem Gymnasium in NRW Kritik an der separierenden Beschulung von neuzugewanderten Kinder und Jugendlichen ist bereits im Zuge der sogenannten Gastarbeiter*innenmigration in den 1960- und 70-er Jahren aus Sicht der Interkulturellen Pädagogik geäußert worden (Neumann 1981, Radtke 1996) und wird aktuell erneuert (Karakayali et al. 2016; Schroeder & Seukwa 2017). Im Zusammenhang mit der Realisierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wird – wie auch im internationalen Diskurs – aufgezeigt, dass „introductory classes are obviously not in agreement with the ideal of inclusive education“ (Hilt 2017: 586) und darüber hinaus problematisiert, dass „the education offered in introductory classes is based on a construction of newly arrived students as deviant from the mainstream“ (ebd.: 599). Als ein Beispiel für eine solche Konstruktion gilt in Deutschland das Label „Seiteneinsteiger“, das für neuzugewanderte Schüler*innen in Deutschland bereits in den 1980-er Jahren etabliert wurde (vgl. Mecheril & Shure 2015: 113) und
auch im Kontext des aktuellen bildungspolitischen Diskurses neben Bezeichnungen wie „Deutsch-als-Zweitsprache-Schüler*innen“, „Vorbereitungsklassen-Schüler*innen“ und häufiger auch dem Sammelbegriff „Flüchtlinge“ für die Gesamtgruppe neuzugewanderter Schüler*innen wieder an Prominenz gewonnen hat. Durch derartige Bezeichnungen werden vermeintliche Gruppen von Schüler*innen „mit“ und „ohne besondere Bedarfe“ und somit machtvolle Verhältnisse von Normalität und Abweichung konstruiert werden (vgl. dies.: 109). An den ethnographischen Forschungsstand zu Differenzkonstruktionen und Othering- Prozessen entlang von Sprache(n) und Mehrsprachigkeit (Khakpour 2016, Panagiotopoulou, Rosen & Karduck 2018; Panagiotopoulou, Rosen & Strzykala 2018; Panagiotopoulou & Rosen 2018) in separierenden Beschulungsformen für neuzugewanderte Kinder und Jugendliche anknüpfend möchten wir in der Forschungswerkstatt den Blick auf Beobachtungsprotokolle richten, die in einer sogenannter teilintegrativen Beschulungsform an einem Gymnasium in NRW (Köln) im vergangenen Schuljahr über einen Zeitraum von vier Monaten (April-Juli 2018) im Rahmen einer sog. Sprachfördermaßnahme erhoben worden sind. Bei dieser Beschulungsform werden neuzugewanderte Schüler*innen teilweise in Regelklassen und teilweise in separierten Klassen im Rahmen spezifischer Sprachförderung jahrgangsübergreifend unterrichtet. Die insgesamt neun Feldaufenthalte sind von Fenna tom Dieck durchgeführt worden sind, die bereits ihre Masterarbeit in einem vergleichbaren Untersuchungsfeld in Niedersachsen absolviert hat (tom Dieck 2017) und im Rahmen ihres Dissertationsvorhabens eine international vergleichende Ethnographie in Italien und in Deutschland durchführt. Literatur Hilt, L. (2017). Education without a shared language: dynamics of inclusion and exclusion in Norwegian introductory classes for newly arrived minority language students. International Journal of Inclusive Education, 21(6), 585-601. Karakayali, J. et al. (2016). Mit Segregation zur Inklusion? URL: https://www.bim.huberlin.de/media/Expertise_Willkommensklassen.pdf Khakpour, N. (2016). Zugehörigkeitskonstruktionen im Kontext von Schulbesuch und Seiteneinstieg. In C. Benholz, M. Frank & C. Niederhaus (Hg.), Neu zugewanderte Schüler*innen und Schüler (pp. 151–170). Münster: Waxmann. Mecheril, P., & Shure, S. (2015). Natio-ethnokulturelle Zugehörigkeitsordnungen – über die Unterscheidungspraxis „Seiteneinsteiger“. In K. Bräu & C. Schlickum (Hg.), Soziale Konstruktionen in Schule und Unterricht (pp. 109–121). Opladen: Budrich. Neumann, U. (1981). Sozialisation ausländischer Kinder in der Grundschule. Lernen in Deutschland, 6, 34-39. Panagiotopoulou, A., & Rosen, L. (2018). Denied inclusion of migration-related multilingualism: an ethnographic approach to a preparatory class for newly arrived children in Germany. Language and Education, 32(5), 394-409. Panagiotopoulou, A., Rosen, L., & Karduck, St. (2018). Exklusion durch institutionalisierte Barrieren. In R. Ceylan, M. Ottersbach & P. Wiedemann (Hg.), Neue Mobilitäts- und Migrationsprozesse und sozialräumliche Segregation (115-131). Wiesbaden: Springer VS. Panagiotopoulou, A., Rosen, L., & Stryzkala, J. (2018). Inklusion von neuzugewanderten Schüler*innen durch mehrsprachige Lehrkräfte aus zugewanderten Familien? Deutschförderung unter den Bedingungen von (Flucht-)Migration. In: İ. Dirim & A. Wegner (Hg.), Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ (210-227). Leverkusen & Berlin: Verlag Barbara Budrich,.
Radtke, F.-O. (1996). Seiteneinsteiger – Über eine fragwürdige Ikone der Schulpolitik. In G. Auernheimer & P. Gstettner (Hg.), Pädagogik in multikulturellen Gesellschaften (pp. 49–63). Peter Lang. Schroeder, J., & Seukwa, L. (2017). Access to Education in Germany. In A. Korntheuer, P. Pritchard & D. Maehler (Ed.), Structural Context of Refugee Integration in Canada and Germany. Köln: Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. tom Dieck, F. (2017). Processes of Inclusion and Exclusion in the Social Space of Schools from the Perspective of Newly Arrvied Students (Unpublished master’s thesis). Osnabrück. Josephina Schmidt Reflexive Normativität rekonstruktiver Sozialforschung am Beispiel eines Dissertationsprojekts im teilhabezentrierten Feld Sozialer Arbeit mit Frauen in sozialpsychiatrischen Wohnheimen Werden herrschende Normen und das Verständnis von Normativität verstanden als „als konstitutive Elemente bürgerlich kapitalistischer, patriarchaler Herrschaft“ (Maihofer 2013: 169) ist es die Aufgabe rekonstruktiver Sozialwissenschaft nicht nur die Verständigung zwischen Subjekten über Normen zu untersuchen, sondern auch gesellschaftliche Bedingungen dieser Verständigung zu reflektieren, die durch Forschungspraxis selbst hergestellte Differenzkonstruktion bzw. die durch privilegierte Forscher*innen vorgenommene Unterdrückung der Stimmen der Repräsentierten offenzulegen (vgl. do Mar Castro/Dhawan 2015: 200) und die geteilten Erfahrungen von an Forschung beteiligten Subjekten in Solidarität anzuerkennen (vgl. Hark et al 2015: 99). Normen und Normativität spielen im der rekonstruktiven Sozialforschung zuzuordnenden Dissertationsprojekt „Frauen in sozialpsychiatrischen Wohnheimen“, welches sich mit der Frage beschäftigt, wie Frauen dort zu langjährigen Fällen werden, für die ein Leben außerhalb der Einrichtung derzeit von allen Beteiligten nicht vorstellbar ist, sowohl bezogen auf den Forschungsgegenstand als auch auf methodologischer Ebene eine große Rolle. Während in der Sozialpsychiatrie Teilhabe bzw. Inklusion von Psychiatrieerfahrenen spätestens seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention eine rechtliche und professionelle Norm ist, welche die eingeschränkte Teilhabe von Menschen in ihren (besonders stationären) Institutionen in den Fokus nehmen lässt (z.B. Daum et al 2017; Bliemetsrieder et al 2018) drängt sich methodologisch die Frage nach der Normativität hinter der Konstruktion und dem Blick auf die Verschränkung der die Gesellschaft strukturierenden Kategorien „Geschlecht“ und „Behinderung“ des intersektionalen Forschungszugangs auf (Schildmann/Schramme 2017, Peter/Waldschmidt 2017). In der Forschungswerkstatt werden Sequenzen zum Thema „Frausein in der Psychiatrie“ aus biografischen Interviews mit langjährig in sozialpsychiatrischen Wohnheimen lebenden Frauen anhand der Methode der Objektiven Hermeneutik (Oevermann 2002) mit folgenden Fragestellungen konfrontiert: • Wie kann mit der Objektiven Hermeneutik eine Intersektionalitätsforschung in Form einer Mehrebenen-Analyse (gesamtgesellschaftliche strukturelle Herrschaftsverhältnisse, symbolische Repräsentationen, individuelle Identitätskonstruktionen (Winker/Degele 2009)) in Bezug auf die Praxis der Fallherstellung vorgenommen werden bzw. wie kann diese Analyse mit dem Bedingungsverhältnis von Allgemeinem und Besonderem (z.B. Kraimer 2000; Garz 2015) zusammengedacht werden? • Wie notwendig bzw. problematisch ist die Positionierung einer auf Frauen bezogenen emanzipatorischen Forschung, vor dem Hintergrund, dass Frauen mit psychischer Erkrankung in mehrfacher Hinsicht eine besonders vulnerable Gruppe
sind (z.B. BMFSFJ 2014; Krumm et al 2018: 70) bzw. wie kann die dem Dissertationsprojekt zugrundeliegende Normativität expliziert werden, um mit dieser Selbstkritik dem Forschungsgegenstand eine empirisch angemessene dialektische Analyse unterziehen zu können? • Welche normativen Grundlagen hat die marginalisierte sozialwissenschaftliche Perspektive (z.B. Salize 2017) in vorwiegend bio-medizinisch geprägten Forschungsdiskursen in der Psychiatrie und welche Herausforderungen sind damit verbunden? Literatur Bliemetsrieder, Sandro; Maar, Katja; Schmidt, Josephina; Tsirikiotis, Athanasios (Hg.) (2018): Partizipation in sozialpsychiatrischen Handlungsfeldern. Reflexionen und Forschungsbericht. Verfügbar unter: https://hses.bsz- bw.de/frontdoor/index/index/docId/612. BMFSFJ - Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014): Gewalterfahrungen von in Einrichtungen lebenden Frauen mit Behinderungen – Ausmaß, Risikofaktoren, Prävention. Daum, Marcel; Höptner, Anja; Speck, Andreas; Steinhart, Ingmar (2017): Teilhabe für chronisch psychisch kranke Menschen in Deutschland oder Die Sozialpsychiatrie und die Soziale Gerechtigkeit. In: Psychiatrische Praxis 2017(2), S. 108-110. Do Mar Castro Varela, María; Dhawan, Nikita (2015): Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. 2., komplett überarbeitete und erweiterte Auflage. Bielefeld: Transcipt Verlag. Garz, Detlef (2015): Theorie der Lebenspraxis. Einführung in das Werk Ulrich Oevermanns. Wiesbaden: Springer VS. Hark, Sabine; Jaeggi, Rahel; Kerner, Ina; Meißner, Hanna; Saar, Martin (2015): Das umkämpfte Allgemeine und das neue Gemeinsame. Solidarität ohne Identität. In: Feministische Studien 33 (1), S. 99–103. Krumm, Silvia; Checchia, Carmen; Kilian, Reinhold; Becker, Thomas (2018): Viktimisierung im Erwachsenenalter von Personen mit Psychiatrieerfahrung. Eine Übersichtsarbeit zu Prävalenzen, Risikofaktoren und Offenlegung. In: Psychiatrische Praxis (45), S. 66–77. Maihofer, Andrea (2013) Überlegungen zu einem materialistisch-(de)konstruktivistischen Verständnis von Normativität. In: Jaeggi, Rahel; Loick, Daniel (Hg.): Nach Marx. Philosophie, Kritik, Praxis. Suhrkamp-Verlag: Berlin, S. 164-191. Oevermann, Ulrich (2002): Klinische Soziologie auf der Basis der Methodologie der objektiven Hermeneutik –Manifest der objektiv hermeneutischen Sozialforschung. Salize, Hans Joachim (2017): Welche Aufgaben hat sozialpsychiatrische Forschung im galoppierenden sozialstrukturellen Wandel? In: Sozialpsychiatrische Informationen (2), 3–7. Schildmann, Ulrike; Schramme, Sabrina (2017): Behinderung: Verortung einer sozialen Kategorie in der Geschlechterforschung und Intersektionalitätsforschung. In: Beate Kortendiek, Birgit Riegraf und Katja Sabisch (Hg.): Handbuch interdisziplinäre Geschlechterforschung. Wiesbaden: Springer, S. 1-9. Peter, Tobias; Waldschmidt, Anne (2017): Inklusion. Genealogie und Dispositivanalyse eines Leitbegriffs der Gegenwart. In: SUG 2017; 14 (1): 29–52. Winker, Gabriele; Degele, Nina (2009): Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: Transcript.
Themenforen Vildan Aytekin, Mareike Brunk & Ronja Giesen: Normativität in Handreichungsliteratur zur Inklusiven Schule – Eine Rekonstruktion gegenstandstheoretischer Prämissen (Forum "Zwischen Diskurs und Praxis I") Die Leitidee der inklusiven Schule selbst beruht bereits auf normativen Prämissen und Entscheidungen, aber auch deren Entwicklung setzt für die Einzelschule eine Vielzahl von Entscheidungen voraus. Dabei werden sowohl Fragen bezüglich der Ebene der Interaktion als auch der der Organisation virulent (vgl. Wischer 2019). Zu den Optionen einer inklusiven Schulentwicklung ist innerhalb der Schulpädagogik eine Bandbreite an sog. Handreichungsliteratur (vgl. z.B. Werning 2013; Klauß & Sliwka 2013) entstanden, die sich im Spannungsfeld der doppelten Erwartungsstruktur an die Erziehungswissenschaft bewegt (vgl. Meseth 2014): Die Beiträge sind auf der einen Seite Teil des wissenschaftlichen Diskurses, tragen also zur Bestimmung ihres Gegenstandes bei. Zugleich richten sie sich an die schulische Praxis mit dem Versprechen, Entwicklungsmaßnahmen für eine inklusive Schule aufzuzeigen. Bei diesem Spannungsfeld setzt der Beitrag an: Es wird zunächst rekonstruiert, wie die inklusive Schule und ihre Entwicklung unter diesen Vorzeichen innerhalb der Handreichungsliteratur modelliert und konstituiert werden. Dabei sollen präskriptive Aussagen und implizite Prämissen zur inklusiven Schule herausgearbeitet und so die Normativität des Diskurses zugänglich gemacht werden. Ein besonderer Fokus liegt also auf gegenstandstheoretischen Prämissen, die im Anschluss mit organisationstheoretischen Perspektiven konfrontiert und kritisch eingeordnet werden sollen. Dabei geht es darum, mögliche Verkürzungen, „blinde Flecken“ und Folgeprobleme einer schulpädagogisch-normativen Perspektive auf Inklusion sichtbar zu machen. Ausgehend von diesen vorgestellten Analysen soll aber im Kern die Frage diskutiert werden, ob und wie die unterschiedlichen Funktionen der erziehungswissenschaftlichen Reflexion ausbalanciert werden können. Literatur Klauß, T. & Sliwka, A. (2013): Schulen entwickeln sich in Richtung Inklusion. Wie kann die Wissenschaft sie unterstützen? In: Klauß, T. & Terfloth, K. (Hg.): Besser gemeinsam lernen! Inklusive Schulentwicklung. Heidelberg: Universitätsverlag, 29-53. Meseth, W. (2014); Erziehungswissenschaft als sozialwissenschaftliche Disziplin. Überlegungen zur Normativität in der empirischen Forschung. In: Ricken, N. et al. (Hg.): Die Idee der Universität – revisited. Wiesbaden: Springer Fachmedien, 249-268. Werning, R. (2013): Inklusive Schulentwicklung. In: Moser, V. (Hg.): Die inklusive Schule. Standards für die Umsetzung. Stuttgart: Kohlhammer, 51-63. Wischer, B. (2019): Heterogenität als Grundprinzip der Schulgestaltung. Herausforderungen und Probleme schulpädagogischer Reformideen. In: Westphal, M. & Wansing, G. (Hg.): Migration, Flucht und Behinderung. Herausforderungen für Politik, Bildung und psychosoziale Dienste. Wiesbaden: Springer VS, 281-300. Bianca Baßler & Kathrin Leipold Grenzbeziehungen und Grenzbearbeitung als mögliche Erweiterung der Inklusionsforschung (Forum „Methodologische Fragen“) In unserem Beitrag, den wir gerne im Rahmen eines Themenforums vorstellen möchten, gehen wir der Frage nach, inwiefern eine bewusste Positionierung im Forschungsprozess
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