Das Burnout-Syndrom: Theorie, Forschung, Intervention
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BURNOUT 5 Ingeborg Hedderich Das Burnout-Syndrom: Theorie, Forschung, Intervention Zusammenfassung «Müde, erschöpft, ausgebrannt…» Wenn Arbeitsbelastungen zum Dauerzustand werden, sprechen Berufstätige von «Burnout». Wie lässt sich Burnout wissenschaftlich definieren? Der Beitrag skizziert zunächst das Problemfeld der be- grifflichen Fassung. Anschliessend wird der aktuelle Forschungsstand thematisiert. Hierbei rücken Lehrkräfte ins Zen- trum des Interesses. Die wissenschaftlichen Befunde verweisen als zentrales Verursachungsmoment auf ein komple- xes Wechselspiel zwischen den individuellen Ressourcen und den Arbeitsanforderungen im Sinne einer «Nicht-Pas- sung». Formen der Intervention runden den Beitrag ab. Résumé «Fatigue, épuisement, harassement», lorsque la surcharge de travail devient chronique, les professionnel-le-s parlent de «burnout». Quelle est la définition scientifique du burnout ? L’article aborde en premier lieu la problématique de sa définition conceptuelle. L’avancée de la recherche est ensuite thématisée. Le corps enseignant est ici au centre des attentions. Les avancées scientifiques désignent comme principal déclencheur l’interaction compliquée et le décalage entre ressources individuelles et exigences professionnelles. Des exemples d’interventions parachèvent le texte. Begriff «Burnout ist ein dauerhafter, negativer, ar- Burnout (dt.: ausbrennen) ist ein sozialpsy- beitsbezogener Seelenzustand ‹normaler› chologischer Begriff von hoher gesellschaft- Individuen. Er ist in erster Linie von Er- licher Praxisrelevanz, aber nicht per se eine schöpfung gekennzeichnet, begleitet von klinische Diagnose. In der Medizin hat sich Unruhe und Anspannung (Disstress, einem der Begriff noch nicht etabliert. Der interna- Gefühl verringerter Effektivität, gesunke- tionale Diagnoseschlüssel zur Klassifikation ner Motivation und der Entwicklung dys- von Krankheiten (ICD-10), der von der Welt- funktionaler Einstellungen und Verhaltens- gesundheitsorganisation herausgegeben weisen bei der Arbeit).» wird, enthält in seiner aktuellen Fassung ei- nen Eintrag zum Phänomen Burnout als «Zu- Doch auch dieser sehr umfassende Definiti- stand der totalen Erschöpfung», der nicht nä- onsversuch veranlasste Burisch (2006, S. 15) her erläutert wird. Von medizinischer Seite zu der Frage, ob das Kernsymptom der muss für die Abrechnung gegenüber der Erschöpfung ausreiche oder welche Be- Krankenkasse auf die Diagnose Depression gleitsymptome für eine Diagnose vorhan- ausgewichen werden. Aus der akademischen den sein müssen. Für Burisch (2006, S. 15) Literatur liegt mittlerweile eine grosse An- bleibt der Burnout-Begriff ein «Fuzzy Set», zahl von Burnout-Definitionen vor, es konnte eine «randunscharfe Menge»: Diesen Be- sich jedoch keine einheitliche Definition griff zu definieren, komme der Aufgabe durchsetzen. Als Synopse vieler Definitions- gleich, die Grenzen einer grossen Wolke be- versuche schlagen Schaufeli und Enzmann schreiben zu wollen. Weit mehr Einigkeit (1998, S. 36; in Übersetzung von Burisch, besteht darüber, wie sich der Begriff etab- 2006, S. 19) folgende Arbeitsdefinition vor: lieren konnte. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 20, 7 – 8 / 2014
6 BURNOUT Historie Theoretische Modelle Als Beginn der Burnout-Diskussion gilt ein Ohne Zweifel dürfte ein enger Zusammen- Artikel des Psychoanalytikers Herbert Freu- hang zwischen Burnout und Stress beste- denberger mit dem Titel: «Staff burn-out», hen. Der Begriff wurde von Selye (1975), der der im Jahre 1974 im Journal of Social Issu- als Begründer der Stress-Forschung gilt, in es publiziert wurde (vgl. Barth, 1997, S. 13; die Literatur eingebracht: Stress ist als un- Hedderich, 2009, S. 13). Freudenberger be- spezifische Reaktion des Organismus auf je- obachtete bei ehrenamtlich Mitarbeitenden de Art von Anforderung zu verstehen, die Tendenzen der Ermüdung und Langeweile an ihn gestellt wird. Stressoren können ent- weder als positive Herausforderung oder als bedrohende Einengung im Berufsalltag er- Burnout kann als langfristige Stressfolge lebt werden. Burnout kann als langfristige betrachtet werden. Stressfolge betrachtet werden. Hoher Stress führt aber nicht automatisch zum Ausbren- durch Routine, die er als Burnout kenn- nen. Ein bedeutsamer Unterschied zwi- zeichnete. Freudenberger wird eindeutig schen Burnout und Stress liegt in der sub- forschungshistorische Bedeutung zuge- jektiven Bewertung der Bewältigungsmög- sprochen (vgl. Burisch, 2006; Rook, 1998; lichkeiten von Stresssituationen. So kann Rösing, 2003). Seine Arbeiten werden je- Burnout als letzte Stufe eines missglückten doch von ihrer wissenschaftlichen Qualität Prozesses angesehen werden, negative her eher als «feuilletonistisch» bewertet. In Stressbedingungen zu bewältigen. Im De- der historischen Betrachtung ist der Über- tail ist zwischen drei Theoriemodellen zu gang von der feuilletonistischen hin zur em- unterscheiden. pirischen Forschungsphase mit dem Namen der Sozialpsychologin Christina Maslach Differentialpsychologisch-individuumszen- verbunden. In der empirischen Phase mit trierte Ansätze betrachten Burnout primär Beginn der 1980er-Jahre verlagert sich der unter persönlichkeitsspezifischen Aspek- Schwerpunkt auf die Durchführung empiri- ten, wobei umweltbedingte Faktoren weit- scher Untersuchungen zur Erforschung von gehend ausgeblendet werden. Als Vertre- Burnout, wobei in erster Linie das «Maslach ter dieses Ansatzes gelten Freudenberger Burnout Inventory» als standardisierte (1974) und Schmidbauer (1977). Freuden- quantitative Erhebungsform zum Einsatz berger sieht in der übertriebenen Helfer- kam. Mit diesem Messinstrument hat Chris- motivation der Betroffenen den Grund für tina Maslach die theoretische Entwicklung die Burnout-Entwicklung. Schmidbauer zum Thema Burnout weltweit beeinflusst prägte den Begriff des «Helfersyndroms», (Maslach & Jackson, 1984). Zu Beginn des der seit den 1970er-Jahren eine breite Ver- 21. Jahrhunderts wird für eine vielfältige breitung und Eingang in die Alltagsspra- Anwendung wissenschaftlicher Methoden che erfahren hat. Als prägende Erfahrung plädiert, vor allem qualitative Methoden der Helferpersönlichkeit sieht Schmidbau- rücken in das Zentrum wissenschaftlicher er eine ungenügende Bedürfnisbefriedi- Betrachtung (Hedderich & Hecker, 2009; gung in der frühen Kindheit. Das Motiv, Rook, 1998). Hilfe empfangen zu wollen, veranlasst den Helfenden, Hilfe zu geben. Die skizzierte Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 20, 7 – 8 / 2014
BURNOUT 7 Persönlichkeitsstruktur ist Burnout-anfäl- Insgesamt kann der Schluss gezogen wer- lig, da das Bedürfnis nach Zuwendung sehr den, dass monokausale Ansätze offensicht- hoch ist und kaum gesättigt werden kann. lich die Komplexität dieses Phänomens und Das Fehlen empirischer Befunde für die der einflussnehmenden Faktoren nicht zu Thesen von Schmidbauer zum Helfersyn- erfassen vermögen. Als Fazit an dieser Stel- drom wird jedoch von Burisch (2006) be- le bleibt: Burnout ist ein Zusammenspiel aus mängelt. Persönlichkeitsmerkmalen und gefährden- der Umwelt, eine «Nicht-Passung der Per- Arbeits- und organisationsbezogene An- son mit ihrer Umwelt» (vgl. Hedderich, sätze sind darauf ausgerichtet, die Vielfalt 2009, S. 31). Im aktuellen internationalen Burnout-relevanter Merkmale zu erheben. Diskurs zum Thema Burnout dominieren Häufig stützen sich Untersuchungen in die- Gleichgewichtsmodelle (vgl. ausführlich sem Forschungsfeld auf transaktionale Mo- Mühler & Hedderich, 2013). Das «Job De- delle der Stressforschung. Der enge Zusam- mand Control Model» (dt.: Arbeits-Anfor- menhang zwischen Burnout und Stress wur- derungs-Kontroll-Modell) (Karasek, 1979) de bereits erläutert. Als Vertreter dieses wird als einflussreiche Theorie im Bereich Forschungsansatzes können sowohl Bu- der Erforschung vom Arbeitsstress angese- risch (2006) als auch Kleiber und Enzmann hen. Als Grundaussage dieser Theorie gilt: (1990) gelten. Als zentrale arbeits- und or- Arbeitsstress resultiert aus einer Kombina- ganisationsbezogene Einflussfaktoren sind tion von hohen Arbeitsanforderungen und zu nennen: eingeschränkter Tätigkeits- und niedriger Arbeitskontrolle. Hohe Arbeitsan- Handlungsspielraum, Mangel an sozialer forderungen verlangen auch hohen physi- Unterstützung, Übermass an Verantwort- schen und mentalen Einsatz. Arbeitskont- lichkeit, mangelnde Einflussmöglichkeiten rolle beschreibt die Möglichkeit der Arbei- auf das Arbeitsergebnis, Überlastung durch tenden, ihre Arbeitssituation zeitlich und in- Faktoren wie Arbeitszeit, Unterforderung, haltlich mitzugestalten. geringe Aufstiegsmöglichkeiten (Körner, 2003, S. 55). Burnout ist ein Zusammenspiel aus Persönlichkeitsmerkmalen und Soziologisch-sozialwissenschaftliche An- sätze beschreiben gesellschaftliche Kompo- gefährdender Umwelt, eine «Nicht-Passung nenten bei der Burnout-Entstehung. Vertre- der Person mit ihrer Umwelt». ter dieser Ausrichtung sind Kleiber und Enz- mann (1990) sowie Freudenberger (1974). Stand der Forschung Als gesellschaftliche Faktoren sind zu nen- Kritische Analysen zur nationalen und inter- nen: gestiegene Erwartungen an die Flexi- nationalen Forschungsliteratur lieferten bilität und Mobilität der Mitarbeitenden, Schaufeli und Enzmann (1998) sowie Rösing zunehmende gesellschaftliche Vereinsa- (2003). Der Beginn der Burnout-Forschung mung, Isolation und Anonymität sowie ge- in den 1980er-Jahren in den USA und in den änderte Kommunikationsformen und die 1990er-Jahren im deutschen Sprachraum aktuelle Problematik der «permanenten Er- wurde eindeutig durch das Maslach Burn- reichbarkeit» in diesem Kontext (Körner, out Inventory geprägt. Die Dimensionen 2003, S. 56). emotionale Erschöpfung, Dehumanisierung Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 20, 7 – 8 / 2014
8 BURNOUT und Reduktion eigener Leistungsfähigkeit mension der emotionalen Belastung des hatte Christina Maslach in ihrer frühen For- Maslach Burnout Inventory. Die empiri- schung bei helfenden Berufen für Burnout schen Befunde auf der Basis des maslachs- als zentral erkannt. Die Anwendung dieses chen Diagnostikums führten, wie deutlich Verfahrens lässt sich als «roter Faden» in sichtbar, keineswegs zu einer einheitlichen der Burnout-Forschung erkennen. Folgen Erkenntnislage bezüglich der Verursa- wir den kritischen Analysen der Forschungs- chungsfaktoren von Burnout. Offensichtlich literatur der genannten Autoren, so lässt erwächst Burnout aus einem komplizierten sich als bedeutsamste demografische Vari- Geflecht von Bedingungen, die miteinander able das Alter benennen. Es korreliert rela- interagieren: demografische Variablen, Per- tiv einheitlich eher negativ mit Burnout. sönlichkeitsvariablen, Arbeitsplatzvariab- Dies bedeutet: Ältere Arbeitnehmende sind len. Hierbei scheint eine einfache Beziehung eher weniger von Burnout betroffen. Eben- zwischen «Aussenwelt und Innenwelt» zu so bildet auch die Arbeitserfahrung inner- fehlen. Forschungsmethodologisch wird die halb eines Berufes einen eher negativen Zu- hohe Anzahl an quantitativen Studien kriti- sammenhang mit Burnout. Für die Variable siert, gefordert werden qualitative Studien Geschlecht lassen sich laut Rösing (2003) und die Hinwendung zu einer salutogeneti- sowohl Studien zitieren, wonach Frauen schen Betrachtungsweise. Burnout-anfälliger sind als auch solche, in denen Männer eine höhere Burnout-Anfäl- Im Fokus: Lehrkräfte ligkeit aufweisen. Persönlichkeitsvariablen Den bedeutsamsten Beitrag zur Lehrerbe- waren Gegenstand vielfältiger Untersu- lastungsforschung im deutschen Sprach- chungen, in denen nach den besonderen Ei- raum lieferte zweifelsfrei die Potsdamer genschaften Burnout-anfälliger bzw. Burn- Lehrerstudie (Schaarschmidt, 2005) (siehe out-resistenter Menschen gefragt wurde. Artikel von Wettstein in dieser Nummer). In diesem Zusammenhang wurde als Diagnos- tikum das arbeitsbezogene Verhaltens- und Der sozialen Unterstützung durch Erlebensmuster (AVEM) entwickelt, wel- das Kollegium und durch die Schulleitung ches den beschriebenen Perspektivenwech- wird Entlastungsfunktion zugeschrieben. sel von der Erfassung subjektiv erlebter Be- lastung, sprich Burnout, hin zur wissen- Gemäss der bereits benannten Synopse von schaftlichen Erhellung von erfolgreichen Rösing (2003, S. 96ff.) lässt sich der Burn- Bewältigungsformen vollzog. Der Test er- out-anfällige Typ vorsichtig als eher «emo- möglicht eine Zuordnung zu verschiedenen tional vermeidend sowie ausweichend im Typen der Stressbewältigung. Im Vergleich Umgang mit Belastung charakterisieren». zu anderen psychosozial beanspruchten Be- Im Gegensatz dazu steht der «problemori- rufen weisen Lehrkräfte ungünstigere Mus- entierte, aktive Zugang» als Merkmal Burn- terkombinationen auf, so eines der zentra- out-resistenter Menschen. Im Bereich ar- len Ergebnisse. Zu den grössten in der beitsbezogener Variablen zeigen sich je- Lehrerstudie erfassten Belastungsquellen doch relativ klare positive Zusammenhän- gehören: schwierige Schülerinnen und ge: Zeitdruck, hohe Arbeitsbelastung und Schüler, grosse Klassen und die hohe An- Rollenkonflikt korrelieren positiv mit der Di- zahl der zu unterrichtenden Stunden. Dem- Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 20, 7 – 8 / 2014
BURNOUT 9 gegenüber wird der sozialen Unterstützung menbedingungen als belastend empfun- durch das Kollegium und durch die Schullei- den, die von den Probanden hinsichtlich tung Entlastungsfunktion zugeschrieben. In zeitlicher und personeller Aspekte als man- Kollegien, in denen die genannten Entlas- gelhaft eingeschätzt wurden. Integrative tungsfaktoren als gut eingeschätzt werden, Arbeit wurde von den Befragten mit einem zeigen sich beim befragten Lehrpersonal si- erhöhten Koordinations- und Organisati- gnifikant weniger körperliche und psychi- onsaufwand verbunden. Bei der Betrach- sche Beschwerden. Ein besonderer, arbeits- platzbezogener Faktor der Lehrerbelastung Zum einen sollen die Arbeitsbedingungen, ist mit Sicherheit das Kriterium der Arbeits- zum anderen die Bewältigungsmöglich- zeit. Nicht selten wird dieser Berufsstand als «Halbtagsjobber» bezeichnet, da Lehr- keiten des Einzelnen verbessert werden. kräfte einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeit am häuslichen Arbeitsplatz erledi- tung der Bewältigungsstrategien war auf- gen. Die Freiburger Arbeitszeitstudie (Dor- fallend, dass in erster Linie das Kollegium semagen et al., 2007), die Lehrkräfte zu al- als schützend wahrgenommen wurde. Ein ternativen Formen der Arbeitszeit an Schu- zweiter wichtiger Schutzfaktor ist die Wei- len befragte, konnte jedoch keine eindeuti- terbildung. Für die befragten Probanden gen Ergebnisse vorlegen. Offensichtlich war sie sowohl für die eigene Kompetenz- verursacht jegliche Veränderung der Ar- entwicklung als auch für diejenige der Kol- beitszeit bei Lehrkräften eine grosse Sorge leginnen und Kollegen wichtig, um dem in- um weitere zusätzliche Arbeitsbelastungen. tegrationsspezifischen Stressor der unter- «Ferner scheinen viele Lehrkräfte der Mei- schiedlichen pädagogischen Sicht- und He- nung zu sein, dass eine Verbesserung der rangehensweise wirkungsvoll begegnen zu aktuellen Arbeitssituation nicht über eine können. Insgesamt war auffallend, dass Be- Veränderung der Organisation von Arbeits- und Entlastungen auf der gleichen Ebene zeit, sondern lediglich über eine Reduktion wie z. B. die Arbeit im Team, die Arbeit im der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung Kollegium und die pädagogische Herange- zu erreichen ist» (Dorsemagen et al., 2007, hensweise lokalisiert werden können. Zu- S. 244). gleich zeigte sich, dass die als positiv einge- schätzten eigenen Rahmenbedingungen Obwohl die gesundheitliche Situation von bei den befragten Lehrkräften für Sonder- Lehrkräften erneut in das Zentrum bil- pädagogik zu einer hohen beruflichen Zu- dungspolitischer Diskurse gerückt ist, liegt friedenheit führten. der wissenschaftliche Fokus nur sehr selten auf Lehrkräften für Sonderpädagogik, die in Prävention und Intervention integrativen Schulen tätig sind. Eine eigene Die Präventions- und Interventionsvor- Studie in diesem neuen Forschungsfeld (vgl. schläge der Fachliteratur können grund- ausführlich Hedderich & Hecker, 2009) sätzlich nach ihrer Zielrichtung unterteilt konnte als Hauptbelastungsquelle Schwie- werden: Zum einen sollen die Arbeitsbedin- rigkeiten im Kollegium ermitteln, die sich an gungen, zum anderen die Bewältigungs- integrationsspezifischen Fragestellungen möglichkeiten des Einzelnen verbessert entzündeten. Ebenfalls häufig wurden Rah- werden (vgl. ausführlich Burisch, 2006; Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 20, 7 – 8 / 2014
10 BURNOUT Hedderich, 2011). Massnahmen der Super- delle, Befunde, Interventionen (S. 227– vision werden in diesem Kontext zur Refle- 247). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwis- xion und Verbesserung von Arbeit und Ar- senschaften. beitsbeziehungen besondere Beachtung Fengler, J. (2001). Helfen macht müde. Zur geschenkt. Andere Massnahmen zur Ver- Analyse und Bewältigung von Burnout besserung der Arbeitsbedingungen zielen und beruflicher Deformation (6. Aufl.). auf organisatorische Veränderungen wie München: Pfeiffer bei Klett-Cotta. öffentliche Anerkennung für Teams, höhere Freudenberger, H. J. (1974). Staff burn-out. Autonomie und Mitbestimmung ab (Feng- Journal of Social Issues, 30, 159–165. ler, 2001). Auf der individuellen Ebene set- Hedderich, I. (2009). Burnout. Ursachen, For- zen die meisten Interventionsprogramme men, Auswege. München: Beck. auf Entlastung von Stressoren, Erholung Hedderich, I. (2011). Schulische Belastungssi- durch Entspannung und Sport sowie auf Er- tuationen erfolgreich bewältigen. Ein Pra- nüchterung im Sinne einer Verabschiedung xishandbuch für Lehrkräfte. Bad Heil- von extremen Perfektionsvorstellungen brunn: Klinkhardt. (Hillert & Marwitz, 2006, S. 239). Burnout- Hedderich, I. & Hecker, A. (2009). Belastung bezogene Workshops basieren auf zwei und Bewältigung in Integrativen Schulen. Säulen: Zum einen ist es das Ziel, arbeitsbe- Eine empirisch-qualitative Studie bei Leh- zogene Probleme und ihre Bewältigungs- rerInnen für Förderpädagogik. Bad Heil- möglichkeiten bewusst zu machen. Zum an- brunn: Klinkhardt. deren wollen die Methoden der Selbstbeob- Hillert, A. & Marwitz, M. (2006). Die Burn- achtung und der Entspannung das individu- out-Epidemie oder brennt die Leis- elle Stresserleben reduzieren. Abschliessend tungsgesellschaft aus? München: Beck. muss jedoch festgehalten werden, dass Karasek, R. (1979). Job Demands, Job Decisi- Massnahmen auf der individuellen Ebene on Latitude and Mental strain: Implication ohne Veränderungen auf der organisatori- for Job redesign. Administrative Science schen Ebene nicht wirksam werden können. Quarterly, 24, 285–308. Kleiber, D. & Enzmann, D. (1990). Burnout. Ei- ne internationale Bibliografie. Göttingen: Literatur Hogrefe. Barth, A. R. (1997). Burnout bei Lehrern. The- Körner, S. C. (2003). Das Phänomen Burnout oretische Aspekte und Ergebnisse einer am Arbeitsplatz Schule. Berlin: Logos. Untersuchung (2. Aufl.). Göttingen: Hog- Maslach, C. & Jackson, S. E. (1984). Burnout refe. in organisational settings In S. Oskamp Burisch, M. (2006). Das Burnout-Syndrom. (Ed.), Applied Social Psychology Annual, Theorie der inneren Erschöpfung (3. Aufl.). (pp. 133–154). Beverly Hills: Sage. Berlin: Springer. Mühler, F. & Hedderich, I. (2013). Gesundheit Dorsemagen, C., Lacroix, P. & Krause, A. von Mitarbeitenden der Behindertenhilfe: (2007). Arbeitszeit an Schulen: Welches Review des internationalen Forschungs- Modell passt in unsere Zeit? Kriterien zur standes. Zeitschrift für Heilpädagogik, 11, Gestaltung schulischer Arbeitsbedingun- 471–479. gen. In M. Rothland (Hrsg.), Belastung Rook, M. (1998). Theorie und Empirie in der und Beanspruchung im Lehrerberuf. Mo- Burnout-Forschung. Eine wissenschafts- Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 20, 7 – 8 / 2014
BURNOUT 11 theoretische und inhaltliche Standortbe- stimmung. Hamburg: Dr. Kovac. Rösing, I. (2003). Ist die Burnout-Forschung ausgebrannt? Analyse und Kritik der in- ternationalen Burnout-Forschung. Heidel- berg: Asanger. Schaarschmidt, U. (Hrsg.). (2005). Halbtags- jobber? Psychische Gesundheit im Lehrer- beruf – Analyse eines veränderungsbe- dürftigen Zustandes (5. Aufl.). Weinheim: Prof. Dr. Ingeborg Hedderich Beltz. Universität Zürich Schaufeli, W. B. & Enzmann, D. (1998). The Institut für Erziehungswissenschaft Burnout Companion to study and practi- Lehrstuhl Sonderpädagogik: Gesellschaft, ce. London: Taylor & Francis. Partizipation und Behinderung Schmidbauer, W. (1977). Die hilflosen Helfer. Hirschengraben 48 Reinbek: Rowohlt. 8001 Zürich Selye, H. (1975). Confusion and controversy ihedderich@ife.uzh.ch in the stress field. Journal of human stress, 1, 37–44. Themenschwerpunkte der Schweizerischen Zeitschrift für Heilpädagogik 2014 Heft Schwerpunkt Redaktionsschluss 1 / 2014 Dyslexie – ICT 16.11.2013 2 / 2014 Armut und Behinderung 06.12.2013 3 / 2014 Kunsttherapie / Musiktherapie 10.01.2014 4 / 2014 Schulische Integration 07.02.2014 5 / 2014 Zeugnisse / Bewertungen 07.03.2014 6 / 2014 Frühe Kindheit 11.04.2014 7 – 8 / 2014 Burnout 09.05.2014 9 / 2014 Schulung hospitalisierter Kinder «Spitalschulen» (NFA) 13.06.2014 10 / 2014 Integration in den Arbeitsmarkt 15.08.2014 11 – 12 / 2014 Kommunikation ohne Lautsprache / ICT 12.09.2014 Die Beschreibungen zu den Themenschwerpunkten finden Sie unter www.szh.ch/zeitschrift. Anregungen, Beiträge und Fragen etc. senden Sie bitte an redaktion@szh.ch. Übrigens, es werden auch regelmässig Beiträge veröffentlicht, die vom jeweiligen Schwerpunktthema abweichen, aber von heilpädagogischer Relevanz sind. Reichen Sie also ein! Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 20, 7 – 8 / 2014
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