Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung

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Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Das Magazin
1/2019

                                                              Aus der Heimstiftung

 Innovation2              ALADIEN –        Pro-Pflegereform
 Start-up-Kooperationen   Jetzt auch       Aktuelle Entwicklungen
 in der EHS               für zu Hause     und zweites Gutachten

                                         Verantwortung für
                                                Fortschritt
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Stell dir vor, zusammen sichern
wir beste Pflegequalität.
Mit der langjährigen Erfahrung der EHS.

Ein Arbeitgeber nach deinen Vorstellungen.

Das Wichtigste für die tägliche Arbeit? Herzblut und Überzeugung. Aber auch Expertise und
Kompetenz. Nur so schaffen wir die passenden Rahmenbedingungen für unsere Mitarbeiter
wie zum Beispiel eine Vielzahl an unterschiedlichen Pflege- und Betreuungsformen. Wir
können mit Überzeugung sagen: Wir haben bundesweit mit die besten Personalschlüssel.
Denn gute Pflege hat einen Namen: Evangelische Heimstiftung.

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Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

ein neues Jahr mit dem Magazin der Evangelischen
Heimstiftung bringt neue, spannende Themen.
Wir entwickeln uns als Unternehmen ständig
weiter und wollen das auch mit Ihnen teilen. Wir
übernehmen Verantwortung für den Fortschritt
und wir übertragen Verantwortung, um das zu
ermöglichen. Was das konkret bedeutet: Erstmalig
kooperieren unsere Einrichtungen mit fünf Start-
ups aus der Pf legebranche. Die Hausdirek-
tionen konnten diese Start-ups in einem Pitch
kennenlernen und sich für eine oder mehrere
Kooperationen entscheiden. Wir sind gespannt auf
die Ergebnisse.

Fortschritt fördern wir jedoch auch mit eigenen
internen Projekten wie zum Beispiel der Weiter-
entwicklung von ALADIEN für zu Hause, einer
Kooperation mit Handwerksbetrieben im Projekt
HAMMER 4.0 und unserem Einsatz für die Initi-
ative ProPflegereform.

Und auch aus den Einrichtungen gibt es wieder
einiges zu berichten: Unsere Rehabilitationsklinik
in Bad Sebastiansweiler wurde für die regionale
Küche mit dem Zertifikat „Schmeck den Süden“
ausgezeichnet, das Haus am Maienplatz in Böblin-
gen feierte 50-jähriges Jubiläum, eine Reportage
zu den Bedingungen in der Pflege, gedreht unter
anderem im Haus im Wiesengrund in Albershausen,
wurde ausgezeichnet und im Mai hat unser erstes
Strategie-Café in Freudenstadt stattgefunden.

Ich wünsche uns und Ihnen auch für dieses Jahr
wieder viele spannende, innovative und zukunfts-
weisende Entwicklungen.

Ihr Bernhard Schneider

                                                     „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 3
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Inhalt

06                                                                                                                14

                                                                                           Inhalt 1/2019
                                                                                            6 | Titel                             20 | Impuls
               Das Magazin
      1/2019

       Innovation2              ALADIEN –        Pro-Pflegereform
                                                                    Aus der Heimstiftung
                                                                                           		Innovation2 –                       		 Nicht „Wie viel“ sondern „Wohin“
                                                                                              Wenn Innovatoren kooperieren
       Start-up-Kooperationen   Jetzt auch       Aktuelle Entwicklungen
       in der EHS               für zu Hause     und zweites Gutachten

                                               Verantwortung für
                                                      Fortschritt                          		„Die Herausforderungen              22 | Aus der Heimstiftung
                                                                                              der Zukunft im Blick”
                                                                                                                                  		Dr. Antonie Kraut –
                                                                                                                                     eine Stuttgarter Jahrhundertfrau
                                                                                           10 | Perspektiven
                                                                                                                                  		Ein starkes Netzwerk – Treffen
                                                                                           		Ein Arbeitgeber nach deinen
                                                                                                                                     der Trainee-Gruppe 2009
                                                                                              Vorstellungen – Employer
                                                                                              Branding in der EHS                 		 Ausgezeichnet: SWR Reportage
                                                                                             Neues
                                                                                           		       von ALADIEN – jetzt auch     		Ein halbes Jahrhundert gute
                                                                                               für Daheim                            Pflege in Böblingen –
                                                                                                                                     Evangelische Heimstiftung feiert
                                                                                           		Technik als Lebenshilfe –
                                                                                                                                     50. Jubiläum im Haus am Maien-
                                                                                              neue Geschäftsfelder
                                                                                                                                     platz
                                                                                              im Handwerk
                                                                                                                                  		 Erstes Strategie-Café der EHS
                                                                                           		„Es ist an der Zeit, den Paradig-
                                                                                              menwechsel herbeizuführen“          		„Schmeck den Süden“
                                                                                                                                     in Bad Sebastiansweiler
                                                                                           		 Info-Kampagne #NeustartPflege
                                                                                                                                  		 Personalien
                                                                                           19 | Freundeskreis                     		Wer macht was in der
                                                                                                                                     Evangelischen Heimstiftung?
                                                                                           		Projekte mit Herz

     4 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Inhalt

                 23               28                                                          30

28 | Ehrenamt aktiv                    Impressum
		Vom Ehrenamt zum                    „Das Magazin. Aus der Heimstiftung“
                                       Verantwortlich: Bernhard Schneider
   Engagement 4.0                      Redaktion: Ann-Christin Kulick
                                       magazin@ev-heimstiftung.de
                                       Nicht gekennzeichnete Artikel sind
30 | Bau                               von der Redaktion verfasst
                                       Anschrift der Redaktion:
		Hammerschlag                        „Das Magazin. Aus der Heimstiftung“
                                       Hackstraße 12, 70190 Stuttgart
		 Richtfest                           Gestaltung:
                                       Amedick & Sommer GmbH, Stuttgart
		 Spatenstich/Grundsteinlegung        Fotos:
                                       alle Fotos Evangelische Heimstiftung
                                       mit Ausnahme von:
                                       Titel, S.4 © Adobe Stock, Raisa Kanareva
34 | Übersicht                         S.3 © Adobe Stock, Worawut
                                       S.6 © Adobe Stock, PureSolution
		 Namen und Anschriften               S.18 © Adobe Stock, doris oberfrank-list
                                       S.28,29 © Adobe Stock tentacula

                                       Produktion und Druck:
                                       Henkel GmbH Druckerei, Stuttgart
                                       Nachdruck und elektronische Verwendung
                                       nur mit schriftlicher Genehmigung.
                                       „Das Magazin. Aus der Heimstiftung“
                                       erscheint zweimal im Jahr.
                                       Auflage: 20.500
                                       Herausgeber:
                                       Evangelische Heimstiftung GmbH
                                       www.ev-heimstiftung.de
                                       Der Bezugspreis ist durch den Beitrag
                                       abgegolten.
                                       Im Magazin wird das generische Maskulinum ver-
                                       wendet. Dies dient lediglich der Leserfreundlichkeit
                                       und schließt alle Geschlechter mit ein.

                                                          „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 5
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Titel

    Innovation                                                                    2
                                                                                           –
    Wenn Innovatoren kooperieren

    ALADIEN, WohnenPLUS, ein eigenes Innovationszentrum – die Evangelische Heimstiftung (EHS) positioniert sich seit
    Jahrzehnten als Innovations-Treiber der Altenpflege. Doch auch Impulse von außen sind erwünscht. Der Startschuss
    für die Zusammenarbeit mit fünf Start-ups aus der Pflegebranche ist gefallen: wenn die Innovatoren kooperieren.

                                  Gute Pflege steht in der EHS an erster Stelle, der     präsentierten fünf Start-ups ihre innovativen Kon-
                                  Mensch im Mittelpunkt. Innovation hat dabei einen      zepte für die Pflege. Jede Einrichtung hat nun die
                                  hohen Stellenwert: „Wir wollen die Pflegebranche       Möglichkeit diese Innovationen zu testen – von der
                                  voranbringen, mit technischen Lösungen aber auch       videobasierten App Lindera zur Sturzprävention,
    „Der Startschuss            Veränderungen in der Pflegepolitik.“ Im Innovati-      der Verbesserung der Hygienestandards mit

     für die Zusam-               onszentrum entwickelt die EHS gemeinsam mit            HygNova und dem individuellen Lieferservice
                                  Partnern technische Lösungen, wie etwa das             BringLiesel bis hin zu der Quiz-App SuperNurse für
     menarbeit mit
                                  ALADIEN-Tablet, aber auch neue Wohnkonzepte            Pflegethemen oder innovativen Kommunikations-
     fünf Start-ups               wie WohnenPLUS. Um zudem politische Entwick-           formen mit Angehörigen von myo. Anschließend
     ist gefallen.“               lungen zu fordern und zu fördern, ist die EHS an der   an den Pitch der Innovatoren prüfte eine Jury,
                                  Initiative Pro-Pflegereform maßgeblich beteiligt.      bestehend aus Bernhard Schneider, Hauptgeschäfts-
                                  „Wir haben intern großes Potenzial für Innovati-       führer, Martin Schäfer, Prokurist Neue Wohn-
                                  onen, sind aber auch immer offen für Ideen von         formen und Dienste und Dr. Alexandra Heizer­-
                                  außen und sehen sie als große Bereicherung“, erläu-    eder, Pressesprecherin, die Konzepte der jungen
                                  tert Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider. Als      Unternehmensgründer. „Die Start-ups haben sich
                                  Teil der diesjährigen Leitungskonferenz der EHS        wirklich hervorragend präsentiert. Nach der Kurz-

6 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Titel

    Die Start-ups:

Produkt:                                     Produkt:                                               Produkt:
       Technologie zum Monitoring der               Drogerie-Liefer-Service zur Unter-                      Kommunikationsplattform für den
       Handdesinfektion in Kranken- und             stützung von Pflegeteams                                Austausch zwischen Pflegekräften
       Pflegeeinrichtungen                   Wie funktioniert das?                                          und Angehörigen der Bewohner.
Wie funktioniert das?                               Versorgt Bewohner mit Dingen des                Wie funktioniert das?
       Über einen im Bewohnerzimmer                 täglichen Bedarfs. Bestellungen                         App, über die tagesaktuelle Themen
       installierten Sensor erfolgt ein             können nach individuellen Bedürf-                       mit den Angehörigen kommuniziert
       Monitoring über die Häufigkeit der           nissen und Wünschen der Bewohner                        werden können. Austausch mittels
       Handdesinfektion. Die Technologie            mit reduziertem Zeitaufwand und                         Informationen und Fotos aus dem
       kommt ohne bauliche Veränderun-              möglichst selbstbestimmt erfolgen.                      Pflegealltag.
       gen vor Ort aus und ist die erste     Gründer:                                               Gründer:
       Anwendung ohne tragbaren Sensor.             Christoph Gukelberg und                                 Jasper Böckel und Felix Kuna
       Die Datentiefe der Auswertung kann           Nico Jäschen                                    Hintergrund:
       individuell vereinbart werden, so-    Hintergrund:                                                   Pflegekräfte leisten viel mehr als
       dass eine vollständige Anonymisie-           Immer weniger Angehörige sind                          bei den Angehörigen ankommt.
       rung möglich ist. Personenbezogene           für alltägliche Besorgungen regel-                      Diese Kommunikationslücke soll
       Daten werden nicht gespeichert.              mäßig verfügbar. Wie kann diese                         geschlossen werden. Für mehr
Gründer:                                            Lücke, möglichst unter Beteiligung                      Wertschätzung und engeren Aus-
       Dr. Ehsan Khaljani, Theresa Ebeling          der Bewohner, geschlossen werden?                       tausch – und bessere Pflege.
       und Simon Slama
Hintergrund:
       Wie können Infektionen mit Kran-
       kenhauskeimen reduziert werden?

                                                                   Produkt:                                                 Produkt:
                                                                          Quizz-App für Pflegethemen                               Mobilitätstests zur Sturzprävention
    präsentation konnten wir mit unseren Nachfragen                Wie funktioniert das?                                           mittels Videoanalyse
    nochmals genauer auf die Themen und Produkte                          Die App vermittelt spielerisch Fach-              Wie funktioniert das?
    eingehen und den Entscheidern im Publikum                             wissen aus verschiedenen Bereichen                       Mit einer gewöhnlichen Smart-
    damit eine erste Informationsgrundlage bieten“,                       der Pflege und bietet zeitlich unab-                     phone-Kamera werden etwa 40-
    erläutert Schäfer.                                                    hängige Weiterbildung sowie Festi-                       sekündige 3-D-Videos erzeugt,
                                                                          gung von pflegerischem Fachwissen.                       anhand derer die Gangbewegung
    Auf dem „Marktplatz“ hatten die Regional- und                  Gründer:                                                        analysiert wird. Ein Fragebogen zu
    Hausdirektionen die Möglichkeit, sich mit den                         Judith Ebel                                              Persönlichkeit und Wohnsituation
    Gründern auszutauschen und auch konkrete Ver-                  Hintergrund:                                                    ergänzt die Analyse.
    einbarungen zur Kooperation zu treffen. „Mir ist                      Fachwissen erneuert sich immer                    Gründer:
    es ein besonderes Anliegen, Bottom-up-Entschei-                       wieder – wie können sich Pflege-                         Diana Heinrichs
    dungen zu fördern, denn gute Impulse kommen                           kräfte zeitlich flexibel auf dem ak-              Hintergrund:
    aus der Praxis, von der Basis. Dort, im direkten                      tuellen Stand halten?                                    Wie können ältere Menschen
    Kontakt mit den Bewohnern, findet Pflege statt und                                                                             länger und selbst bestimmt zu
    dort soll auch Innovation stattfinden“, erklärt                                                                                Hause leben?
    Schneider.

                                                                                                                                   „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 7
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
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                                     Mit welchen und wie vielen Start-ups die einzelnen
                                     Einrichtungen in einer Pilotphase zusammenar-
                                     beiten, entscheiden sie selbst. „Ich sage den Pfle-
                                     gefachkräften bei uns im Haus immer, sie sollen
                                     den Angehörigen unbedingt von den Bewohnern
                                     erzählen – positive Dinge berichten, denn unser
                                     Fokus liegt oft viel zu stark auf schlechten Nach-
                                     richten“, erzählt Kristina Baumstark, Hausdirek-
                                     torin im Haus im Wiesengrund, Albershausen. Sie
                                     möchte in der Pilotphase die Kommunika-
                                     tions-App myo testen. „Das ist genau, was wir
                                     erreichen möchten: dass Pflegekräfte mit Hilfe der
                                     App wieder verstärkt die positiven Momente ihres
                                     Berufes wahrnehmen. Die Kommunikation mit
                                     den Angehörigen sensibilisiert sie dafür“, erklärt      palliativen Perspektive ist die Beziehung zwischen
                                     Jasper Böckel, Gründer von myo. Auch aus der            Pflegekräften und Angehörigen sehr entscheidend:
                                                                                             „Früher Kontaktaufbau zahlt sich gegebenenfalls
                                                                                             später in der palliativen Betreuung aus. Es schafft
                                                                                             die Basis für einen persönlicheren Umgang“, kom-
                                                                                             mentiert Dr. Thomas Mäule, Leiter der Stabsstelle
                                                                                             Theologie und Ethik.

                                                                                             In den kommenden Monaten startet in den Ein-
                                                                                             richtungen eine Pilotphase mit den gewählten
                                                                                             Start-ups. Produkte, die sich im Pflegealltag be-
                                                                                             währen, könnten zukünftig auch EHS-weit zum
                                                                                             Einsatz kommen. Zur Finanzierung der Koopera-
                                                                                             tionen soll ein Innovationsfond ins Leben gerufen
                                                                                             werden. Die EHS misst der Weiterentwicklung in
                                                                                             den Einrichtungen einen hohen Stellenwert zu.
                                                                                             „Deshalb sehen wir es als unsere Aufgabe entspre-
                                                                                             chende Unterstützungsangebote zu etablieren. Die
                                                                                             Kooperationen sollen in den nächsten Monaten
                                                                                             an den Start gehen. Wir freuen uns und sind ge-
                                                                                             spannt“, resümiert Schneider.

    v.l.n.r.: Benjamin Klein, Social Impact Lab; Martin Schäfer, Prokurist Neue Wohnformen
    und Dienste EHS; Jasper Böckel, Gründer myo; Christoph Gukelberger, Geschäftsführer
    BringLiesel; Sebastian Donath, Social Impact Lab, Bernhard Schneider, Hautgeschäfts-
    führer EHS; Judith Ebel, Gründerin SuperNurse; Theresa Ebeling, Gründerin HygNova;
    Marleen Ebel, Social Media SuperNurse; Sosan Wardak, Innovationsmanagerin
    BringLiesel; Dr. Ehsan Khaljani, Gründer HygNova

8 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Titel

                                                        Welchen Einfluss hat die Innovationskultur auf
                                                        ein Unternehmen?
                                                        Innovation steht für das Unbekannte, für Verän-
                                                        derung und die Bereitschaft das „was wir schon
                                                        immer so gemacht haben“, zu hinterfragen. Die-
                                                        se Grundhaltung sorgt aus meiner Sicht für eine
                                                        Kultur der Selbstreflektion und der Offenheit
                                                        neue Wege zu gehen. Ich glaube, diese Haltung
                                                        kann so etwas wie das Herz eines Unternehmens
                                                        sein, welches nicht stillsteht und alles am Leben
                                                        erhält.

                                                        Die EHS hat, unter anderem mit dem Bereich der
                                                        Neuen Wohnformen und Dienste, den Sie ver-
                                                        antworten, auch intern großes Innovations-
                                                        Potenzial. Welchen Mehrwert bietet dennoch die
Martin Schäfer, Prokurist Neue Wohnformen und Dienste   Kooperation mit externen Partnern?
                                                        Menschen, die sich in Start-ups auf völlig neues
                                                        Terrain begeben, sind bereit für ihre Idee das       „Es ist erfrischend
                                                        Risiko einzugehen zu scheitern. Diese Start-ups        und bereichernd,
„Die Herausforderungen                                  können auf keine sicherheitsstiftende Tradition
                                                                                                               mit diesen Men-
                                                        zurückblicken und begeben sich einzig aus ihrer
der Zukunft im Blick”                                   Überzeugung auf einen unbekannten Weg. Es ist
                                                                                                               schen zu tun zu
                                                        erfrischend und bereichernd mit diesen Men-            haben, ihre oft-
Die EHS ist ganz bewusst ein Unternehmen, das           schen zu tun zu haben, ihre oftmals großartigen        mals großartigen
auf eine Geschichte zurückblickt und als größter        Ideen kennenzulernen. Ich erlebe uns als großes        Ideen kennen-
Träger für Altenpflegeeinrichtungen in Baden-           Unternehmen dabei in zwei unterschiedlichen
                                                                                                               zulernen.“
Württemberg nicht unbedingt in einem für In-            Rollen: Auf der einen Seite sind wir Unterstützer,
novation bekannten Umfeld tätig. Widersprechen          auf der anderen profitieren wir vom Idealismus
sich Innovation und Tradition?                          der jungen Unternehmen und können uns davon
Ich glaube, dass das eine vom anderen abhängig          anstecken lassen. Dabei begeben wir uns auf ein
ist. Auf eine lange Tradition kann ein Unterneh-        unbekanntes Gebiet: einer Idee zu folgen, ohne
men nur zurückblicken, wenn es in der Lage ist,         zu wissen was genau passieren wird und es auch
sich den ständigen Veränderungen nicht nur an-          auszuhalten einmal dabei zu scheitern. Ich glau-
zupassen, sondern zu antizipieren. Dann ist es gut      be, dass am Ende beide Seiten von diesen Begeg-
aufgestellt und den dynamischen Herausforde-            nungen profitieren.
rungen gewachsen. Dies gelingt nur mit Innova-
tion und Flexibilität. Tradition ist für ein Unter-     Viele der Einrichtungen kooperieren nun in einem
nehmen in der Selbstreflektion der eigenen Wur-         Pilotprojekt mit Start-ups aus der Sozialbranche.
zeln wichtig und schafft eine gute und sichere          Welche Ergebnisse wünschen Sie sich ganz kon-
Basis, von der aus Innovation starten kann.             kret aus dieser Zusammenarbeit?
                                                        Ich wünsche mir, dass ein Funke überspringt, eine
Bezug zur Vergangenheit, vergewissern in der Ge-        Geschäftsidee funktioniert, vielleicht etwas Neues
genwart und die Herausforderungen der Zukunft           entstehen. Dass die Menschen, die in den Einrich-
im Blick: Das benötigt, gerade bei großen Unter-        tungen leben und gepflegt werden und die Men-
nehmen, viel Kraft und die Bereitschaft diese En-       schen, die dort arbeiten, davon profitieren. Kon-
ergie zu investieren. Ich bin davon überzeugt, dass     kreter kann ich es nicht formulieren, denn wir
die Evangelische Heimstiftung in der gesamten           haben uns ganz bewusst darauf eingelassen vor
Branche als gutes Beispiel dafür dienen kann, dass      Ort etwas geschehen zu lassen, ohne uns sicher zu
dies möglich und erfolgreich umsetzbar ist.             sein was passiert. Innovation eben.

                                                                                                             „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 9
Das MagazinAus der Heimstiftung Verantwortung für Fortschritt - Evangelische Heimstiftung
Employer Branding

    Ein Arbeitgeber nach
    deinen Vorstellungen –

                                   Die Evangelische Heimstiftung (EHS) ist der größte Träger für Altenpflege in
                                   Baden-Württemberg und trägt damit Verantwortung für 8.400 Mitarbeiter. Das Ziel: ein
                                   Arbeitgeber nach deren Vorstellungen zu sein. Die Herausforderung: genau die gleiche.

                                                                 Die EHS möchte als Arbeitgeber den Vorstellungen jedes einzel-
                                                                 nen Mitarbeiters entsprechen.

                                                                 Bei 8.400 Mitarbeitern eine spannende Herausforderung, die
                                                                 bestimmt nicht jeden Tag gelingt – eine Mitarbeiterbefragung
                                                                 aus dem Jahr 2018 zeigt jedoch, dass die Rückmeldungen po-
                                                                 sitiv sind. Mit einer Bewertung von 1,8 erreicht die Gesamtzu-
                                                                 friedenheit der Mitarbeiter in der aktuellen Befragung eine
                                                                 Bestnote. Acht von zehn Mitarbeitern sind demnach mit der
                                                                 EHS als Arbeitgeber zufrieden oder sehr zufrieden. Der Wert
                                                                 ist damit im Vergleich zu der Befragung im Jahr 2015 nochmals
                                                                 um zwei Prozentpunkte gestiegen. Den größten Einfluss auf
                                                                 die Gesamtzufriedenheit hat das Ansehen der EHS. Den Mit-
                                                                 arbeitern ist besonders wichtig, was ihr Arbeitgeber leistet und
                                                                 wie diese Arbeit in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
                                                                 Mit einem Anteil von 25 Prozent setzt sich der Aufwärtstrend
                                                                 der letzten zehn Jahre fort. „Für die EHS leitet sich daraus der
                                                                 klare Auftrag ab: Unsere Mitarbeiter sollen weiterhin allen
                                                                 Grund haben, stolz auf ihren Arbeitgeber zu sein“, kommentiert
                                                                 Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider das Ergebnis. Der
                                                                 zweitwichtigste Faktor für die Gesamtzufriedenheit ist die
                                                                 Arbeit selbst. Die Einschätzung der Zufriedenheit ist hierbei
                                                                 für die Mitarbeiter in erster Linie abhängig von der Freude an
                                                                 der Arbeit, der Wertschätzung der eigenen Arbeit von Vorge-
                                                                 setzten sowie dem Umgang mit den Kundenbedürfnissen.

10 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Employer Branding

Employer Branding
                                                                       in der EHS
                                                                   wollen wir auch nutzen, denn was bringt uns weiter als zufrie-
  Hintergrund zur Befragung                                        dene Mitarbeiter, die stolz sind hier zu arbeiten – bessere
                                                                   Markenbotschafter kann ein Unternehmen nicht haben“, fasst
  Von 29.10.2018 bis 4.12.2018 wurden alle Mitarbeiter, ein-       Schneider zusammen.
  schließlich der Tochterunternehmen, zum ersten Mal online
  befragt. 2.776 Mitarbeiter füllten den Fragebogen aus, das       Auch im Bereich der Ausbildung spiegelt sich diese Wertschät-
  entspricht einer Rücklaufquote von 35 Prozent. Erstmals fand     zung: „Pflegefachkräfte erlernen einen anspruchsvollen Beruf
  zusätzlich von 23.10.2018 bis 15.11.2018 eine Befragung der      mit großer Verantwortung. Dafür wollen wir unsere Auszubil-
  Leitungskräfte statt. Diese erzielte eine Rücklaufquote von 85   denden auch angemessen vergüten und bezahlen sie nach dem
  Prozent bei 111 teilnehmenden Personen. Die Befragung            Tarif der Diakonie Deutschland. Ich begrüße deshalb ausdrück-
  wurde in Zusammen­arbeit mit dem Marktforschungsinstitut         lich die aktuelle Erhöhung der Ausbildungsvergütung zwischen
  cogitaris GmbH durchgeführt. Seit 2001 führt die EHS regel-      vier und acht Prozent, je nach Lehrjahr“, erklärt Hauptgeschäfts-
  mäßig Mitarbeiter­befragungen durch. Seit 2018 mit einem         führer Bernhard Schneider. Die Bezahlung für Pflegefachkräfte
  überar­beiteten Konzept: Neue Mitarbeiter werden nun bereits     in Ausbildung liegt damit im ersten Lehrjahr nach der aktuellen
  nach den ersten sechs Monaten ihrer Tätigkeit zu ihrer Zufrie-   Tariferhöhung gut 25 Prozent über dem vom Bundesinstitut für
  denheit befragt und auch ehemalige Mitarbeiter werden sechs      Berufsbildung errechneten durchschnittlichen Entgelt während
  Monate nach ihrem Ausscheiden um ein Feedback gebeten.           einer tariflich bezahlten Ausbildung in Deutschland.

                                                                   Neben dem deutschlandweit besten Personalschlüssel bietet die
                                                                   EHS den 8.400 Mitarbeitern und 830 Auszubildenden zusätzlich
                                                                   eine betriebliche Altersvorsorge sowie eine Jahressonderzahlung.
79 Prozent der Mitarbeiter geben an, die EHS als Arbeitgeber       Auch nach der Ausbildung ist das Basisgehalt mit mindestens
und 83 Prozent die EHS als Dienstleister an Kunden weiterzu-       2.460,60 Euro deutlich höher als nach vergleichbaren Ausbil-
empfehlen. Beide Werte haben sich somit gegenüber der letz-        dungen. Darüber hinaus bietet die EHS zahlreiche Karrierechan-
ten Befragung nochmals um vier Prozentpunkte verbessert.           cen in Form von Fort- oder Weiterbildungen sowie die Möglichkeit
Mehr als neun von zehn Leitungskräften sind außerdem mit           zur Übernahme von Personalverantwortung mit dem Trainee- und
ihrem Arbeitgeber zufrieden. „Ich freue mich sehr über das         dem CAREer-Programm. „Wir wollen unsere Mitarbeiter entspre-
tolle Ergebnis der Mitarbeiterbefragung. Für uns ist das aber      chend ihrer Kompetenzen und Bedürfnissen fördern und ein
kein Anlass sich zurückzulehnen. Es gibt immer noch Bereiche,      Arbeitgeber nach ihren Vorstellungen sein. Dafür haben wir die
in denen wir uns verbessern können und dieses Potenzial            entsprechenden Angebote geschaffen“, sagt Schneider.

                                                                                                          „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 11
Perspektiven

   Neues von
   		                              ALADIEN –
                                   jetzt auch für zu Hause
                                   ALADIEN sorgt bei bereits über 100 Kunden in             welche persönlichen Bedarfe bestehen und wie die
                                   Betreuten Wohnungen der Evangelischen Heim-              räumlichen Voraussetzungen mit ALADIEN so
                                   stiftung (EHS) für ein sicheres, selbstständiges und     ausgestaltet werden können, dass mit wenig Auf-
                                   selbstbestimmtes Leben im Alter. Zukünftig kann          wand so viel Sicherheit und Selbstständigkeit wie
                                   ALADIEN auch in der eigenen Häuslichkeit einge-          möglich besteht. Alle Basismodule von ALADIEN
                                   setzt werden. Ein ALADIEN-Berater bespricht mit          haben sich bereits in der Praxis der Betreuten
                                   den Kunden vor Ort in einer Wohnraumberatung             Wohnungen bewährt.

                                     Leistungen des Basispakets von ALADIEN:
                                     ƒƒ Die Inaktivitätsmeldung meldet ALADIEN, wenn über längere Zeit keine
                                        Aktivität erkennbar war.
                                     ƒƒ Der Sturzmelder im Bad ist bei ALADIEN besonders sensibel, da viele
                                        Stürze dort passieren.
                                     ƒƒ Das Orientierungslicht wird bereits am Bett eingeschaltet und erleichtert
                                        den nächtlichen Gang vom Schlafzimmer zur Toilette.
                                     ƒƒ Der Hausnotruf benachrichtigt im Falle eines von ALADIEN festgestellten
                                        Unterstützungsbedarfes zu jeder Tages- und Nachtzeit automatisch
                                        die Mobilen Dienste der Evangelischen Heimstiftung, um zeitnahe Hilfe
                                        sicherzustellen.

12 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Perspektiven

ALADIEN ermöglicht zukünftig zu Hause nicht        funktionen reichen von der automatischen
nur den Kontakt zu den Mobilen Diensten der        Herdabschaltung bis hin zur komfortablen
EHS, sondern erleichtert auch den Austausch        Steuerung des Lichtes über das ALADIEN-Tablett.
mit Familie, Freunden und Bekannten. Dazu
steht bei ALADIEN das ALADIEN-Tablet zur           Die Pilotphase in Bad Mergentheim hat in die-
Verfügung, das mit der eigens entwickelten         sem Frühjahr gestartet und wird für jeden Teil-
Oberfläche leicht zu bedienen ist und älteren      nehmer sechs Monate dauern. Danach geht
Menschen den Zugang zu modernen Kommu-             ALADIEN bei den Pilotkunden automatisch
nikationswegen deutlich erleichtert. ALADIEN       in den Regelbetrieb über. Die Teilnehmerzahl
Daheim ist eine gemeinsame Entwicklung der         ist auf 20 Kunden begrenzt. „Wer sich schnell
Evangelischen Heimstift ung mit der escos          anmeldet, ist dabei. Für die Pilotphase gibt es
GmbH, an der die Evangelische Heimstiftung         auch besonders gute preisliche Konditionen“,
beteiligt ist. Beide arbeiten gemeinsam an der     erläutert Henning Koch, Referent Assistenz­
Weiterentwicklung der ALADIEN-Familie.             systeme und Digitalisierung bei der Evange-
                                                   lischen Heimstiftung, die Bedingungen. ALADIEN
Nach Abschluss der Pilotphase wird das Basis-      ist eine gemeinsame Entwicklung der Evange-
paket von ALADIEN individuell auch für Zuhause     lischen Heimstiftung mit der escos GmbH, an
um zusätzliche Module aus der ALADIEN-Familie      der die Evangelische Heimstiftung beteiligt ist.
erweiterbar sein, um die Wünsche und Bedarfe       Beide arbeiten gemeinsam an der Weiterentwick-
der Kunden bestmöglich zu erfüllen. Zusatz-        lung der ALADIEN-Familie.

  ALADIEN für zu Hause
  startet mit einer Pilotphase in der Region Bad Mergentheim. Teilneh-
  men können alle Personen, die sich zu Hause aufgrund gesundheits-
  bedingter Bedarfe unsicher fühlen und mit der Unterstützung von
  ALADIEN und den Mobilen Diensten der EHS möglichst lange in den
  gewohnten, eigenen vier Wänden bleiben möchten. Angesprochen
  sind auch Bewohner der Betreuten Wohnungen der EHS oder anderer
  Träger.

                                                                                                      „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 13
Perspektiven

    Technik als Lebenshilfe –
    neue Geschäftsfelder
    im Handwerk

                                   Assistenzsysteme ermöglichen Personen mit
                                   Einschränkungen möglichst lange in der eigenen
                                   Wohnung zu bleiben – eine neue Perspektive
                                   dazu bietet das Projekt Hammer 4.0 – Partner aus
                                   Handwerk, Industrie, Forschung und Pflege haben
                                   gemeinsam zwei Jahre lang die Möglichkeiten
                                   ausgelotet. Die Evangelische Heimstiftung über-
                                   nahm dabei die Federführung.

                                   „Ich höre nicht, wenn es an der Haustüre klingelt
                                   – haben Sie dafür eine Lösung?“ „Wie kann ich
                                   den Rauchmelder in der Küche stumm schalten
                                   ohne auf die Leiter zu steigen, wenn er wieder
                                   anschlägt, weil es beim Kochen dampft?“ Volker
                                   Kiesel strahlt. „Das sind genau die Fragen, mit
                                   denen meine Kunden täglich zu mir kommen.“

14 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Perspektiven

Kiesel ist Elektrotechniker aus Rottenburg und     die Bedarfe dieser Kunden verstehen sowie die
Teil des Projekts Hammer 4.0. Seine Kunden,        passenden technischen Lösungen kennen und
überwiegend Privatleute, wissen: Der Mann hat      umsetzen können, ist für einen langen Verbleib
immer eine Idee, wie sich Alltagsprobleme mit-     in den eigenen vier Wänden mit möglichst hoher
hilfe neuer Technik lösen lassen.                  Lebensqualität unabdingbar.“

Oft seien es kleine Dinge: Wie eine Fernbedie-     Der Anfang ist gemacht
nung für den Rauchmelder, eine sogenannte          Initiiert haben HAMMER 4.0 die Evangelische
Blitzklingel, die nicht nur Geräusche von sich     Heimstiftung und die Universität Tübingen, die
gibt, sondern auch ein helles Blitzlicht auslöst   Handwerkskammer und die Industrie- und Han-         „Mit durchdachten
oder ein Bewegungssensor, der die Nachtbeleuch-    delskammer Reutlingen. Finanziell unterstützt         technischen
tung automatisch einschaltet, wenn jemand          wurde das Projekt vom Wirtschaftsministerium
                                                                                                         Lösungen können
aufsteht, um auf die Toilette zu gehen. „Es geht   Baden-Württemberg. Mit im Boot: der Kreis­
vor allem darum, alle diese technischen Assi-      seniorenrat Tübingen sowie die Stuttgarter Tellur
                                                                                                         wir Menschen mit
stenzsysteme kompatibel zu gestalten, sodass sie   Gesellschaft für Telekommunikation und das            Einschränkungen
längerfristig einfach und übersichtlich von        Zentrum für Telemedizin (ZTM) in Bad Kis-             das Leben tat-
einem Gerät aus gesteuert werden – zum Beispiel    singen. Die Projektleitung lag bei der EHS. Das       sächlich leichter
über unser ALADIEN-Tablet“, erläutert Henning      Projekt Hammer 4.0 markiert den Beginn einer
                                                                                                         machen und ihnen
Koch. Viele der technischen Lösungen und           langfristigen Entwicklung. „Wir wollen den
Assistenzsysteme lassen sich in der ALADIEN-       regionalen Handels-, Handwerks- und Dienst­           mehr Sicherheit
Musterwohnung der Evangelischen Heimstif-          leistungsunternehmen dauerhaft neue, luk­rative       verschaffen.“
tung in Stuttgart auf Praxistauglichkeit testen.   Geschäftsfelder eröffnen“, sagt Sylvia Weinhold,
ALADIEN steht für das Zusammenwirken von           Geschäftsführerin der Handwerkskammer Reut-
Alltagsunterstützenden Assistenzsystemen mit       lingen. Um das damit verbundene Wissen zu
Dienstleistungen. „Mit durchdachten tech-          bündeln und öffentlich zugänglich zu machen,
nischen Lösungen können wir Menschen mit           erstellte der Projektpartner ZTM eine HAMMER-
Einschränkungen das Leben tatsächlich leichter     Datenbank. Darauf aufbauend hat die Evange-
machen und ihnen mehr Sicherheit verschaffen.      lische Heimstiftung eine Wissensdatenbank
Dies gilt nicht nur für die Einrichtungen der      (www.wiqqi.de) geschaffen, deren Inhalte jedem
Evangelischen Heimstiftung, sondern insbeson-      Interessierten zur Verfügung stehen.
dere für Menschen in ihrem gewohnten Zuhau-
se. Die Zusammenarbeit mit Handwerkern, die

                                                                                                       „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 15
Perspektiven

    „Es ist an der Zeit,
      den Paradigmenwechsel herbeizuführen“

    Bernhard Schneider ist Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung und Sprecher der Initiative
    Pro-Pflegereform. Im Interview spricht er über die aktuellen Entwicklungen, ein zweites Gutachten und Optimismus.

                                   Pflege- und Betroffenenverbände, Politiker, Bund      drehen“. Ich freue mich jedenfalls über jede dieser
                                   und Länder, Mitarbeiter und Bewohner: Überall         Positionierungen, denn sie zahlen alle auf die
                                   fordert man den Sockel-Spitze-Tausch in der           gleiche Karte ein. Wichtig war sicher auf der einen
                                   Pflegeversicherung. Hätten Sie mit einer solchen      Seite das Pflegestärkungsgesetz 2 und die Einfüh-
                                   Dynamik gerechnet?                                    rung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils,
                                   Nicht wirklich – es war schon klar, dass durch die    der wegen steigender Löhne und auch wegen
                                   steigenden Eigenanteile der Druck bei den Betrof-     besserer Personalschlüssel deutlich höher gewor-
                                   fenen steigen und dann auch in der Politik            den ist. In der EHS hat sich der einrichtungsein-
                                   ankommen würde. Ich hätte aber nicht mit dem          heitliche Eigenanteil in den letzten zwei Jahren
  „Deshalb fordern               großen Echo gerechnet, das unsere Forderungen         um rund 400 Euro erhöht, so dass wir Eigenanteile
   wir den Sockel-                 nach einem Sockel-Spitze-Tausch oder einer            von 2.500 bis über 3.000 Euro erreichen. Wer kann
                                   Begrenzung der Eigenanteile auf allen Ebenen          sich das noch leisten? Jede Leistungsverbesserung
   Spitze-Tausch.“
                                   erzeugten. Interessant ist, wie sich die Vorschläge   muss von den Bewohnern und deren Angehörigen
                                   inhaltlich und auch in der Wortwahl ähnlich sind,     aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Immer
                                   und zwar unabhängig davon, ob sich unser Sozial­      mehr Menschen empfinden das als eine große
                                   minister Manfred Lucha und die Fraktionsvor­          Ungerechtigkeit. Es kann doch nicht sein, dass es
                                   sitzende von Bündnis90/Die Grünen im Bundes­-         eine Pflegeversicherung gibt und trotzdem müssen
                                   tag Katrin Göring-Eckardt im Handelsblatt dazu        alte Menschen noch über 1.500 Euro für die Pflege
                                   äußern oder, ob die SPD-Vorsitzende Andrea            zusätzlich bezahlen. Deshalb fordern wir den Sockel-
                                   Nahles auf spiegel.de fordert, „das System umzu-      Spitze-Tausch: Die Pflegebedürftigen bezahlen für

16 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Perspektiven

die Pflegekosten einen fixen, festgelegten Anteil      Was sind die nächsten Schritte der Initiative?
und alle Kosten, die darüber hinaus gehen, über-       Die Initiative hat die Entwicklung Ende letzten
nimmt die Pflegeversicherung. Das entspricht dem       Jahres richtig eingeschätzt und deshalb ein zweites
solidarischen Prinzip einer Sozialversicherung und     Gutachten bei Professor Heinz Rothgang und
ich finde es ist jetzt wirklich an der Zeit, diesen    Thomas Kawitzki in Auftrag gegeben. Ziel des Gut-
Paradigmenwechsel herbeizuführen.                      achtens ist es, zunächst in einem Diskussionspapier,
                                                       die bisher geführte, sehr breite fachliche Diskussion
Auch in Baden-Württemberg wird eine Reform             und die sich daraus ergebenden Fragen zusammen-
der Pflegeversicherung unterstützt. Wie sehen          zuführen. Diese werden dann in zwei Resonanz-
Sie die Aktivitäten des Sozialministeriums?            gruppen eingebracht. Eine der Gruppen beschäftigt
Über die Aktivitäten von Herrn Lucha freue ich         sich bis Juli mit den Finanzierungsfragen des
mich natürlich sehr. Er hat mir kürzlich bei einem     Sockel-Spitze-Tausches und dem Umgang der
Gespräch versichert, dass er das Reformgutachten,      Behandlungspflege. Eine zweite Resonanzgruppe
das ich ihm bei der Pflegemesse 2018 überreicht        fragt sich, wie eine Welt aussehen könnte, in der es
habe, persönlich gelesen und auch verstanden           den ambulanten und den stationären Sektor nicht
hat. Er hat auch mit anderen Bundesländern die         mehr gibt, sondern Pflege und Betreuung nach dem
Initiative ergriffen und einen Entschließungs­         Prinzip „Wohnen und Pflege” organisiert wird. Das
antrag zur Einrichtung einer Bund-Länder-              sind natürlich alles hoch spannende Fragen und ich      „Das sind natürlich
Arbeitsgruppe in den Bundesrat eingebracht.            bin sicher, die Antworten darauf werden neue Fragen      alles hoch span-
Ein solches Gremium kommt genau zur richtigen          aufwerfen. Aber es lohnt sich, sich damit auseinan-
                                                                                                                nende Fragen.“
Zeit. Es bildet die Basis für verschiedene Initia­     derzusetzen, denn nach 25 Jahren Pflegeversiche-
tiven, die auf das gleiche Ziel zulaufen: Da ist der   rung hat sie es verdient, neu erfunden zu werden.
Bund-Länder-Antrag von Schleswig-Holstein,             Daran arbeiten wir und ich bin sicher, dass wir mit
Hamburg und Berlin, die erfolgreiche Petition der      dem zweiten Reformgutachten im Herbst diesen
AWO, die Forderungen verschiedener Organisa­           Jahres neue Vorschläge und Handlungsempfeh-
tionen wie der BAGSO, dem VdK oder auch von            lungen geben können.
ver.di. Die Forderungen sind in einzelnen Details
unterschiedlich, so fordern zum Beispiel ver.di        Auch wenn die Zukunft stets ungewiss ist, was
und die SPD eine Pflegevollversicherung, während       sagt Ihr Gefühl: Wann schaffen wir den Sockel-
sich die Grünen und auch Vertreter der CDU auch        Spitze-Tausch?
für die Pflege einen Eigenanteil vorstellen können,    Ich bin Optimist und rechne deshalb damit, dass
der aber begrenzt und damit versicherbar ist. Alle     ich in meiner aktiven Zeit den Paradigmenwech-
arbeiten daran, den Sockel-Spitze-Tausch tatsäch-      sel, also den Sockel-Spitze-Tausch und den Abbau
lich stemmen zu können.                                der Sektorengrenzen, noch erleben werde.

                                                                                                               „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 17
Perspektiven

                                                                                                                                               #
                                                                                                                                                                             ge
                                                                                                                                                            für die Pfle
                                                                                                                                                Neustart
                                                                                                Pflege
       Info-Kampagne                                                                            reform
                                                                                               pro
                                                                                                                                                          hen.
                                                                                                                                               lbar mac
                                                                                                                                  ege bezah
                                                                                                                         Gute Pfl                  ze n .
                                                                                                                                              re n
                                                                                                                                  teile beg                   tzen.
                                                                                                                         Eigenan                      durchse
                                                                                                                                     it ze -Tausch

    #NeustartPflege
                                                                                                                                -S p
                                                                                                                         Sockel
                                                                                                                                                                                    rm.de
                                                                                                                                                                       pflegerefo
                                                                                                                                                            www.pro-
                                                                                                                                                  Sie hier:
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                                                                                                                           funktionie
                                                                                                           Pfleg   ereform
                                                                                                   Wie die

    Initiative startet Postkarten-Aktion an Minister Spahn zum Sockel-Spitze-Tausch

                                   Stefan und seine pflegebedürftige Mutter fordern        Gleichzeitig sollen die Sektorengrenzen zwischen
                                   von der Politik, den Sockel-Spitze-Tausch umzu-         ambulant und stationär überwunden und statt-
                                   setzen und so die explodierenden Eigenanteile           dessen das System nach den zwei Prinzipien
                                   endlich zu begrenzen. Ein Erklär-Video zeigt an         „Wohnen“ und „Pflege“ einfach und verständ-
                                   einem Beispiel auf, welche zwei Fehler das Pfle-        l­ich organisiert werden. Unabhängig davon, wo
                                   gesystem hat und wie sie politisch korrigiert           jemand wohnt (zu Hause, im Betreuten Wohnen
                                   werden können. Die Initiative startet außerdem          oder Pflegeheim), übernimmt also die Pflegever­
                                   eine bundesweite Aktion: Angehörige, Pflege­            sicherung Grundpf lege und Betreuung, die
                                   bedürftige und Pflegekräfte können sich mittels         Krankenkasse Behandlungspflege und Rehabili­
                                   einer Postkarte, eines Briefs oder mit dem Erklär-      tation und der Versicherte zahlt die Hotelkosten.
                                   Video über die sozialen Medien an die Politik
                                   wenden und den Sockel-Spitze-Tausch einfordern.         Systemreform kommt Pflege­
                                                                                           kräften und Pflegebedürftigen
                                   Postkarten-Aktion und Erklär-                           zugute
                                   Kampagne gestartet
                                                                                           Diese Reform macht das System nicht nur für
  „Pflegende und                 Immer mehr Angehörige fordern eine Begrenzung           Pflegebedürftige, sondern gerade für Pflegekräfte

   Pflegebedürftige                der explodierenden Eigenanteile, unterstützen den       gerechter und hat drei große Vorteile: erstens wirkt
                                   Sockel-Spitze-Tausch und fragen, wie sie die den        man Dumpinglöhnen und schlechter Pflege ent-
   dürfen nicht
                                   Reformprozess voranbringen können“, erklärt             gegen, weil sich der Wettbewerb dann an der
   länger gegen­                   Bernhard Schneider. Der Hauptgeschäftsführer der        Qualität orientiert und nicht mehr am Preis;
   einander                        Evangelischen Heimstiftung ist auch Sprecher von        zweitens wird der Pflegeberuf attraktiver, weil die
   ausgespielt                     Pro-Pflegereform, einer bundesweiten Initiative, die    Rahmenbedingungen unabhängig von den Kosten

   werden.“                        2017 ins Leben gerufen wurde. „Wir wollen deshalb       für die Betroffenen verbessert werden können;
                                   Postkarten und Briefe zur Verfügung stellen, um         drittens wird gute Pflege wieder bezahlbar und das
                                   die Angehörigen zu unterstützen“, sagt Schneider        Risiko der Altersarmut sinkt automatisch.
                                   weiter. Das Erklär-Video, die Postkarte und der Brief
                                   sind auf der Homepage der Initiative erhältlich.

                                   Der Sockel-Spitze-Tausch bedeutet, das aktuelle
                                   System der Pflegeversicherung auf den Kopf
                                   zu stellen. Denn derzeit sind die Leistungen                            Jetzt mitmachen
                                   der Pflegeversicherung auf einen Sockelbetrag                           und Pflegereform
                                   begrenzt. Die nach oben offene Spitze zahlen die                            fordern!
    Erklärvideo zur                Pflegebedürftigen selbst und mit ihr jede Verbes-
    Pflege­reform unter
                                   serung, wie bessere Gehälter oder mehr Personal                   Postkarte, Brief und
    www.pro-pflegereform.de
                                   in den Einrichtungen. Durch die Reform über-                        Erklärvideo auf
                                   nimmt die Pflege­kasse alle notwendigen, pflege-                www.pro-pflegereform.de
                                   bedingten Kosten – also die Spitze – und berech-
                                   net dem Versicherten den fixen und begrenzten
                                   Eigenanteil – also den Sockel.

18 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Freundeskreis

Projekte mit Herz
Das Wohlergehen der Bewohner vor Ort fördern, aber auch Ehrenamtliche bei ihrer Arbeit aktiv unterstützen – das sind
die Anliegen des Freundeskreises der Evangelischen Heimstiftung e.V. Auch 2019 konnten, dank zahlreicher Spender,
wieder viele Projekte in den Einrichtungen realisiert werden. Unter anderem die Aktionen „Humor am Lebensende“ in
Heidenheim und „Veeh-Harfen“ in Blaubeuren:

„Humor am Lebensende“ –
Heidenheim, Hansegisreute

Lachen tut uns allen gut. Gerade in schwierigen Zeiten. Für viele
                                                                                                           SPENDENKONTO
Betreuungskräfte und Ehrenamtliche der Hospizgruppe Heiden-
                                                                                            Evangelische Bank
heim in der Hansegisreute wurde dies in dem Seminar „Humor
                                                                                    IBAN DE215206 0410 0000 4040 20
am Lebensende“, von Ludger Hoffkamp, deutlich spürbar. Der
                                                                                           BIC GENODEF1EK1
Freundeskreis ermöglichte diesen im Juni 2018, aufbauend auf
                                                                                         Freundeskreis der Evangelischen
das Seminar „Humor in der Pflege bzw. den Humor pflegen“ für                                   Heimstiftung e.V.

Mitarbeiter und Ehrenamtliche im Jahr zuvor. Hoffkamp ist
Theologe und arbeitet seit über 15 Jahren als Klinik-Clown – seit
fünf Jahren für die von Eckart von Hirschhausen gegründete           „Veeh-Harfen“ – Blaubeuren,
Stiftung "Humor hilft heilen".                                       Karl-Christian-Planck-Stift

Hoffkamp brachte seine Zuhörer, immer wieder herzhaft zum            Wöchentlichen Musikunterricht für Bewohner gibt es seit
Lachen. „Humor ist ein spannendes Thema”, beginnt er. Aber           Oktober 2017 im Karl-Christian-Planck-Stift – dank der Unter­
auch die Relevanz von Humor in schweren und traurigen Zeiten         stützung des Freundeskreises. „Die Anschaffungen der
stand im Mittelpunkt seines Vortrags. Er berichtete dabei immer      Veeh-Harfen wäre sonst nicht möglich gewesen. Mit der Unter­
wieder über seine vielfältigen positiven Erfahrungen zum             stützung einer ehrenamtlichen Musikschullehrerin wird die
Thema Humor im Zusammenhang mit Krankheit, Sterben und               Unterrichtsgestaltung noch professioneller und lebendiger“,
Trauer. Sein Ziel: Mit Humor Menschen für den Moment glück-          findet Eveline Venohr, Hausdirektorin des Karl-Christina-
lich machen. “Wir pflanzen schöne Bilder in die Köpfe", ver-         Planck-Stifts. Veehn-Harfen sind Instrumente, die auch von
deutlichte der Referent und ließ auch aktuelle Forschungs­           Senioren in hohem Alter noch gut lernbar sind ihnen viel und
ergebnisse einfließen, die vom großen Erfolg solcher „Humor-         schnell Freude bereiten. „Sie ermöglichen unseren Bewohnern,
therapien” berichteten.                                              die selbst noch gerne musizieren, mitsingen oder auch nur
                                                                     zuhören eine gute Möglichkeit, dies miteinander in geselliger
Neben Information und Unterhaltung gab Hoffkamp den                  Runde zu tun“, erzählt Venohr. Die ersten hauseigenen Kon-
Teilnehmern mit in den Alltag: „Starke Menschen holen Hilfe,         zerte konnten bereits stattfinden.
Schwache nicht“ – dies gelte auch für „Humor am Lebensende“                                                                    Norbert Schick
und ganz besonders für die Integration von Abschiednehmen
und Sterben im Alltag. „Gerne hat der Freundeskreis diese sehr       Der Freundeskreis der Evangelischen Heimstiftung e. V. kann
interessante, kurzweilige und humorvolle Fortbildung in der          diese tollen Projekte nur mit Hilfe von Spenden unterstützen.
Hansegisreute in Heidenheim, mit großer Freude und einem             Helfen Sie uns, auch in Zukunft außergewöhnliche Ideen zum
finanziellen Beitrag unterstützt“, resümiert Gerhard Gasser,         Wohle der Bewohner zu realisieren. Jeder Spenden-EURO
Vorsitzender des Freundeskreises.                                    kommt direkt vor Ort an. Schon jetzt ein herzliches Dank-
                             Birgit Misliworski und Norbert Schick   schön für Ihre Spende.

                                                                                                                   „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 19
Impuls

   Nicht                                      „Wie viel“ –
    Christine Westermann hat sich zu ihrem 65. Geburtstag ein Buch geschenkt. „Da geht noch was“,
    heißt es. Darin erzählt sie von ihrer letzten Fernsehreportage beim WDR. Gedreht wurde ein
    Klosteraufenthalt. Zurück an ihrem Schreibtisch sah sie, wie die Sendung beworben werden sollte.

                                   „Christine Westermann: „Wieviel Leben bleibt mir        damit man sich spürt. Nur keinen Stillstand aufkom-
                                   noch?“, stand da. Sofort spürte sie, wie der Ärger in   men lassen. Dabei ist es wichtig, zur Ruhe zu kom-
                                   ihr Aufstieg. „Die Leute denken, die hat eine tod-      men, um unsere Erfahrungen zu reflektieren und zu
                                   bringende Krankheit“, dachte sie. Oder, Möglichkeit     unserer Mitte zu finden. Nichtstun und Träume
                                   zwei: „Die ist stark vergreist und verabschiedet sich   haben, – für Sam Keen sind das die Haltungen auf
                                   mit dieser Dokumentation.“ Und dann, mit klarem         dem Weg nach „innen“ und nach „oben“.
                                   Kopf schrieb sie an die Redaktion: „Wie viel Leben
                                   bleibt mir noch? Das ist keine Sinnfrage. Das ist       Da fällt mir Jakob ein. Nicht der Apostel Jakobus,
                                   eine Unsinnsfrage. Es geht nicht um das Wieviel.        nach dem der Pilgerweg benannt ist, sondern der
                                   Das Wohin ist das Entscheidende, die Richtung, die      Jakob aus der hebräischen Bibel. Der Zweitgebore-
                                   ich meinem Leben noch geben will. Nur deshalb           ne, der seinem Bruder Esau das Erbe abluchste –
                                   habe ich mich auf die Suche eingelassen.“               und seinem Vater Isaak den Segen. Ein junger
                                                                                           Mann, voller Hunger nach Leben, dem jedes
  „Am Ende geht                   Sie ist nicht die Einzige. Christine Bergmann, die      Mittel Recht scheint, um zu bekommen, was das

    es um die Frage                ehemalige Bundesfamilienministerin, ist letztes         Schicksal ihm verweigert: Land und Herden, die
                                   Jahr mit ihrem 20-jährigen Enkel den Jakobsweg          dem Erstgeborenen zustehen, eine große Familie
    nach dem Wohin,
                                   gegangen – ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes,          und viele Nachkommen, eben Erfolg und Segen.
    nach Ziel und                  nach einer Phase vieler Ämter und Ehrenämter.           Der Schwindel fliegt auf und Jakob flieht durch
    Richtung unseres               Und die vielen Altersgenossinnen, die jetzt auf         die Wüste zu seinem Onkel Laban. Er wird sich
    Lebens.”                       Kreuzfahrtschiffen unterwegs sind, wollen nicht         durchkämpfen durch die Widrigkeiten der kom-
                                   nur entspannen, gut essen und den blauen Him-           menden Jahre und es wird ihm tatsächlich gelin-
                                   mel genießen – es geht zugleich um neue, tiefere        gen, sich nach und nach den Reichtum aufzubau-
                                   Entdeckungen. Die großen Reisen, die Pilgerschaf-       en, nach dem er sich sehnte – als stünde ihm der
                                   ten passen in eine der immer neuen Aufbrüche in         Himmel tatsächlich offen. Er hatte den offenen
                                   Jobs, Partnerschaft und Familie. Am Ende geht es        Himmel gesehen in einem Traum auf der Flucht.
                                   um die Frage nach dem Wohin, nach Ziel und              Nachts in der Wüste, den Kopf auf einem Stein.
                                   Richtung unseres Lebens.                                Die Himmelsleiter, an der die Engel auf- und ab-
                                                                                           stiegen, hat er sicher nie vergessen.
                                   „Es lohnt sich nur der Weg nach innen“, heißt eines
                                   der Bücher von Sam Keen. Er legt den Finger in die      Diesem Jakob können wir später noch einmal
                                   Wunde einer Zeit, in der immer etwas los sein muss,     begegnen, in einer anderen Nacht, gegen Ende

20 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Impuls

sondern                                                 „Wohin“
seines Lebens. Es ist eine Art Gegengeschichte.         Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu zentrie-
Jakob ist auf dem Weg zurück, um sich mit Esau          ren und Ruhe, Gelassenheit und Frieden zu finden.
zu versöhnen. Seine Herden, seine Frauen und            Es geht dabei nicht um viele Worte, sondern ei-
Kinder, seinen ganzen Reichtum, hat er am Ufer          gentlich nur um einen Gedanken: „Jesus Christus,
gelassen; er ist allein, als er in der Nacht am Fluss   erbarme dich meiner“ oder das „Liebe umgibt
Jabbok mit einer unbekannten Macht ringt. Noch          mich“. Wer sich im Ausatmen und Einatmen da-
einmal geht es um den Segen – jetzt aber nicht mehr     von tragen lässt, kann spüren, wie der Geist zur
in diesem äußeren Sinne von Erfolg, Land und            Ruhe kommt. „Diese mystische Erfahrung setzt
Besitz, sondern in einem inneren Sinn. Es geht um       allerdings voraus, dass wir von Barrieregefühlen
die eigene Integrität. Um die Frage, ob er trotz des    frei geworden sind“, schreibt die Kieler Theologin     Cornelia Coenen-Marx
                                                                                                               ehemalige Landeskirchen-
Betrugs, der am Anfang steht, akzeptiert und an-        Sabine Bobert; Gefühlen wie Hass, Angst, Wut,
                                                                                                               rätin der Evangelischen
genommen ist – von der Familie, von Gott selbst.        Neid, Lähmung und Zweifel.                             Kirche im Rheinland und
Am Ende dieser Nacht ist Jakob verletzt, er hinkt.                                                             Rundfunksprecherin.

Aber er geht der Sonne entgegen. Hinkend geht er        Solche Gefühle entfremden uns voneinander und
aufrecht. Er ist ein anderer geworden oder in einem     von uns selbst; sie schneiden uns von unserer
tieferen Sinne er selbst: Jakob ist jetzt Israel.       Wesensmitte ab. Im Alltag unterdrücken wir sie
                                                        oft, schieben sie einfach beiseite – aber wenn
Max Beckmann hat die beiden Gottesbegeg-                plötzlich Zeit dafür ist, im Urlaub, in Krankheit
nungen Jakobs in einem einzigen Holzschnitt             oder auch im Alter, können die alten Gespenster
dargestellt. Wir sehen Gott, der Jakob auf der          noch einmal richtig munter werden. „Sie wollen
Leiter hält. Wie Jakob sich festhält an dieser Got-     uns keine Angst einjagen; vielmehr wollen sie
tesgestalt und doch zu fallen droht in die Tiefe        endlich in Rente gehen“, meint spitzbübisch Bri-
und Dunkelheit des Flusses. Von oben aber, von          gitte Hieronimus in ihrem Buch „Mut zum Lebens-
der Spitze der Leiter, strahlt Licht ins Bild – die     wandel“. Situationen und Menschen, die uns
aufgehende Sonne. Es ist, als zöge sie den Fallenden    schwierige Erfahrungen in Erinnerung rufen,
nach oben. „Ich bin in meinem Leben oft gefallen,       nennt sie „Entwicklungshelfer“, „weil sie dazu
sei es in Beziehungen oder im Beruf, emotional          beitragen, das Blockierte in uns wieder wahrzu-
oder körperlich, doch immer gab es einen Tram-          nehmen.“ Uns zu versöhnen mit alten Widersa-
polineffekt, der bewirkte, dass ich letztlich nach      chern, mit den Ecken und Kanten des eigenen
oben gefallen bin“, schreibt der Franziskanerpater      Lebens. Der dunkle Gott, der Jakob am Jabbok
Richard Rohr.                                           begegnet ist, hatte genau diese versöhnende Kraft.
                                                        Jakobs Reise ist mir zum Bild geworden. Wir müs-
Darum geht es: sich ganz und gar einzulassen auf        sen uns mit unseren Schatten auseinandersetzen
das Leben, auch wenn es uns verwundet, und auf          und mit unserer tiefsten Sehnsucht. Leicht ist das
die Kraft, die uns nach oben zieht. Auf Gott, dem       nicht. Aber wir werden ankommen.
wir in Träumen begegnen können, im Nichtstun,
im Gebet. Das orthodoxe Herzensgebet ist so eine

                                                                                                             „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 21
Aus der Heimstiftung

    Dr. Antonie Kraut – eine Stuttgarter Jahrhundertfrau

                                                                                                                                                   g
                                                                                                                                    der Evangelischen Heimstiftun
    Zwischen Oktober 2016 und Juni 2018 erforsch- hinweggesetzt. Das ist gelebte
    te das Diakoniewissenschaftliche Institut Hei- Diakonie und bis heute ein Leit-

                                                                                                                                         Pionierin und Gründerin
    delberg im Auftrag der Evangelischen Heim- bild unseres Handelns“. Die
    stiftung (EHS) Leben und Wirken von Dr. Anto- besondere Bindung zur EHS

                                                                                                      Dr. Antonie Kraut Eine Stuttgarter
                                                                                                                                                                     Teresa A. K. Kaya, Thomas Mäule
    nie Kraut. Entstanden ist ein zweiteiliges     Buch,            beruhte        stets auf Gegenseitig-
                                                                                                                                                                    Dr. Antonie Kraut
                                         „Helfen,     wo geholfe        n werden        muss.“
    das Antonie Kraut als Führungs- und          Privat­
                                        Mutig sein, hinsehen, sich keit.    „Die Krönung meiner Arbeit
                                                                    einmischen,
                                        für Hilfebedürftige eintreten                                                                                                (1905 – 2002)
                                                                      – das ist Antonie Kraut.
    person ergründet und Entwicklungen nach- war                           1952 die Mitgründung der

                                                                                          Teresa A. K. Kaya, Thomas Mäule:
                                                                                                                                                                     Eine Stuttgarter Pionierin und
                                                                                                                                                                                                                  Gründerin der Evangelischen
                                                                                                                                                                                                                                                Heimstiftung
    zeichnet, die zur EHS geführt haben. In einem Evangelischen Heimstiftung“,
    zweiten Teil zeigen 13 Beiträge anschaulich, wie schreibt Kraut in einem Rück-                                                                                  Evangelische Heimstiftung,
                                                                                                                                                                    Diakoniewissenschaftliches Institut
                                                                                                                                                                                                        der   Universität Heidelberg (Hg.)
    Antonie Kraut bis heute inspiriert und bewegt. blick. 50 Jahre lang war sie
                                                                    ehrenamtlich und unentgelt-
    Für die Evangelische Heimstiftung hat die lich als Vorsitzende und Ehren-
    Gründerin eine ganz besondere Bedeutung. vorsitzende engagiert.
    „Ihr selbstgewähltes Motto „Helfen, wo
    geholfen werden muss“ hat das Unternehmen Und auch darüber hinaus hat das Wirken                                                                                     Informationen zum Buch
    von Beginn an tief geprägt und tut es immer Antonie Krauts Spuren hinterlassen. „Sie                                                                                 Teresa A. K. Kaya, Thomas Mäule: Dr. Antonie
    noch“, sagt Hauptgeschäftsführer Bernhard war gewissermaßen die Grande Dame der                                                                                      Kraut (1905 – 2002). Eine Stuttgarter Pionierin
    Schneider. Die Stuttgarter Unternehmenszen- Stuttgarter Diakonie“, sagt Mäule. Als Frau in                                                                           und Gründerin der Evangelischen Heimstiftung.
    trale trägt ihren Namen, am Eingang erinnern Führung habe sie tragfähige Fundamente für                                                                              Evangelische Heimstiftung, Diakoniewissen-
    ein Wandbild und ein Zitat an die Gründerin. die württembergische Diakonie gelegt und                                                                                schaftliches Institut der Universität Heidelberg
    „Für sie stand der Mensch immer im Fokus“, wesentlich zur Förderung der beruflichen                                                                                  (Hg.), Verlag und Buchhandlung der Evange-
    weiß Schneider, „dafür hat sie sich im Zweifel Gleichstellung von Frauen und Männern im                                                                              lischen Gesellschaft GmbH, Stuttgart 2018,
    auch mutig über Konventionen ihrer Zeit kirchlichen Bereich beigetragen.                                                                                             136 Seiten. ISBN 978-3-945369-72-2.

      „Es ist die Lebensgeschichte einer Frau mit Format, die zu ihren Überzeugungen stand und sich behauptete. Eine Kämpferin für die Rechte
      der Frau, aber noch viel mehr für die Rechte der Menschen, die Hilfe brauchen.“ Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg 11/2019

               „Bewohner und Besucher waren tief berührt vom Leben und Wirken der Antonie Kraut.“
               Kristina Baumstark, Hausdirektion Haus im Wiesengrund, Albershausen

                                     „Das Buch ist sehr gelungen – ansprechend, vielfältig, bunt, informativ – ein wunderbares Produkt, das
                                     hervorragende Resonanz erfahren wird, so hoffe ich.“
                                     Prof. Johannes Eurich, Direktor des Diakoniewissenschaftlichen Instituts, Universität Heidelberg

      „Mein Dank und meine Anerkennung für dieses gelungene Projekt ist riesengroß. Die Heimstiftung hat wieder einmal ein Qualitätsmerkmal
      geschaffen.“ Siegfried Hörrmann, ehemaliger Geschäftsführer des Diakonischen Werks Württemberg

      „Es tut gut, in Erinnerungen eintauchen zu können und auch viel Unbekanntes zu erfahren.“ Erika Deppe, Zeitzeugin

                                     "Das Buch gefällt mir in Bild und Text sehr gut. Haben Sie herzlichen Dank"
                                     Dr. Max Kraut, Neffe von Dr. Antonie Kraut

22 „Aus der Heimstiftung“ 1/2019
Aus der Heimstiftung

Ein starkes Netzwerk – Treffen der Trainee-Gruppe 2009

„Das Lernen ist ein Schleifstein der Per-    Seit 2004 starten etwa zehn Teilnehmer         begleitende Lerncoaching und das Modul
sönlichkeit“, so befand im zwölften          jährlich im Trainee-Programm der Evan-         zur Weiterentwicklung des diakonischen
Jahrhundert der chinesische Philosoph        gelischen Heimstiftung. Seit dem Start         Profils. Durch diesen regelmäßigen Aus-
Zhu Xi – „eine gute Überschrift für das      haben mittlerweile über 150 Trainees das       tausch wächst die Gruppe zusammen und
Trainee-Programm der Evangelischen           Programm absolviert. Für jeden Trainee         „es entstehen persönliche Beziehungen auf
Heimstiftung“, findet Peter Hettig, Regio­   wird ein individuelles Programm erarbeitet,    Augenhöhe, obwohl die Gruppe meist recht
n
­ aldirektion Heilbronn und ehemaliger       das aus zielgerichteten Praxis- und Pro-       heterogen ist“, erläutert Annabelle Arm-
Teilnehmer des Programms. Zur Verab-         jekteinsätzen in verschiedenen Einrich-        bruster, bei der EHS verantwortlich für das
schiedung von Anna Maria Witte, Haus-        tungen besteht. Die Lernfelder werden          Programm. „Neben all dem Arbeiten an der
direktorin Johannes-Sichart-Haus und         genau definiert und geeignete Maßnah-          eigenen Führungspersönlichkeit, war es
ebenfalls Teilnehmerin des Trainee-Jahr-     men dafür abgeleitet. Das Mentoring durch      auch einfach eine tolle Zeit mit einer Grup-
gangs 20 0 9, zus ammengekommen,             erfahrene Führungskräfte während der           pe Menschen, die einander verstanden und
resümieren die ehemaligen Trainees die       Traineephase spielt eine große Rolle. Jeder    halfen, in einem sehr schönen Ambiente
Bedeutung de s damals noch recht             Trainee wird durch die jeweilige Haus­         in Isny“, findet Petra Annen.
neuen Fortbildungs- und Coachingpro-         direktion intensiv betreut und bei jeglichen
gramms für neue Hausdirektionen. „Das        fachlichen oder persönlichen Fragen und        Anna Maria Witte und ihre ehemaligen
ist schon etwas sehr Erstaunliches und       Herausforderungen unterstützt. Auch die        Trainee-Kollegen sammeln sich um einen
Schönes“ finden Peter Hettig und Frank       Geschäftsführung nimmt sich immer              der Stehtische. Der Festakt zur Verab-
Beyrich, „wie uns die gemeinsame Zeit        wieder Zeit zum Austausch beispielsweise       schiedung ist schon längst beendet. Man
zu einer Gruppe geformt hat, die heute       am Traineetag „Strukturen und Prozesse“.       sieht geradezu das Netzwerk, das sie
noch – zehn Jahre später – als Netzwerk,     Standardisiert sind lediglich die Module,      verbindet und so verabschiedet man sich
Fahrgemeinschaft und einfach als freund-     die für alle Trainees verpflichtend sind –     selbstverständlich mit: wir hören uns,
schaftlicher Kontakt funktioniert“.          allen voran das Führungstraining, das          wir sehen uns und bis zum nächsten Mal.

                                                                                                                 Auf dem Foto (v.l.):
                                                                                                                 Peter Hettig, Petra
                                                                                                                 Annen, Petra Becker,
                                                                                                                 Anna Maria Witte, Frank
                                                                                                                 Beyrich, Gisela Schmid

                                                                                                               „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 23
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