AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG MODUL FÜR MODERATOREN NOVEMBER 2017 - KBV
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AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG MODUL FÜR MODERATOREN NOVEMBER 2017
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG INHALT PROLOG 1 ARBEITSZIELE 2 THEMENHINTERGRUND 3 EMPFEHLUNGEN FÜR DIE ZIRKELMODERATION 5 MODERATIONSMEDIEN 10 KURZVERSION 45 LINKS UND LITERATUR 46 LITERATURVERZEICHNIS 47 ANLAGE: Präsentation unter: http://www.kbv.de/qz (Download auf der Website der KBV, Stichwort Qualitätszirkel/QZ-Module) Autoren: Birgit Haider Silvia Maurer Thomas Montag Achim Rieger Ingrid Quasdorf
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 1 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG PROLOG Die Entwicklung der modernen Palliativmedizin im 20. sowohl den Versorgungsauftrag, die Vernetzung und Jahrhundert ist im Wesentlichen einer Frau zu verdan- die Qualitätssicherung als auch die Qualifikation und ken: Cicely Saunders. Die englische Ärztin war über- Aufgaben der teilnehmenden Ärzte. zeugt davon, dass es möglich sei, die letzten Tage eines Sterbenden menschenwürdig und selbstbestimmt zu Ergänzend dazu können Qualitätszirkel beteiligten Ak- gestalten. 1967 gründete sie das St. Christopher’s Hos- teuren, insbesondere Ärzten und Psychotherapeuten, pice im Südosten Londons – das damals modernste aber auch Pflegekräften und weiteren Interessierten Hospiz der Welt. In Deutschland wurden 16 Jahre später eine Plattform bieten, ihre palliativ-medizinische Kom- an der Kölner Universitätsklinik die erste deutsche Pal- petenz weiterzuentwickeln und sich im geschützten liativstation und 1986 das stationäre Hospiz in Aachen Raum des Zirkels mit Kollegen zu Patientenfällen und eröffnet. allen damit im Zusammenhang stehenden Fragen aus- zutauschen. Das hier vorliegende Angebot richtet sich „NICHT DEM LEBEN MEHR TAGE, SONDERN DEN daher an alle Ärzte, die Patienten am Ende ihres Lebens TAGEN MEHR LEBEN GEBEN“ betreuen – insbesondere Hausärzte –, aber auch an an- Cicely Saunders1 dere an der Versorgung dieser Patienten beteiligte Pro- fessionen. Es soll dazu motivieren, Qualitätszirkel für Der 10. Kongress der European Association for Palliative eine freiwillige und selbstbestimmte Fortbildung zum Care (EAPC) hat 2007 die sog. Budapest Commitments Thema Palliativmedizin zu nutzen. vereinbart, die den Anstoß für den nationalen Charta- Prozess Palliativmedizin in Deutschland gegeben ha- Die gemeinsame Diskussion konkreter Patientenfälle ben. Ein wesentliches Ergebnis dieses Prozesses ist die oder Versorgungssituationen mit Kollegen und anderen Vereinbarung der „Charta zur Betreuung schwerstkran- an der palliativ-medizinischen Versorgung Beteiligten ker und sterbender Menschen in Deutschland“ im Jahr trägt dazu bei, Optionen für die Weiterentwicklung der 20102 und der Handlungsempfehlungen3 dazu im Jahr Patientenversorgung und Patientensicherheit zu ent 2016. wickeln und die Zusammenarbeit der Professionen im Interesse der Patienten zu stärken. Die Arbeit im Quali- Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der tätszirkel soll auch dafür sensibilisieren, Palliativmedi- gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs- ziner rechtzeitig an der Versorgung zu beteiligen. stärkungsgesetz – GKV-WSG) wurde 2007 die Speziali- sierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) als Leis- Das Modul ist Bestandteil des Qualitätszirkel-Konzepts tung der gesetzlichen Krankenversicherung in das der KBV. Es versteht sich als Empfehlung. Es soll eine SGB V eingeführt (§ 37b). Die Ausgestaltung der SAPV strukturierte und ergebnisorientierte Qualitätszirkelar- hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in der beit unterstützen und Qualitätszirkel anregen, das SAPV-Richtlinie mit Wirkung ab 2008 geregelt. Das Ge- Thema „Ambulante Palliativversorgung“ aufzugreifen. setz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversor- Die Teilnahme am Qualitätszirkel „Ambulante Palliativ- gung in Deutschland4 vom 1. Dezember 2015 hat den versorgung“ stellt jedoch keine Alternative zur Zusatz- Leistungsanspruch auf ambulante Palliativversorgung Weiterbildung Palliativmedizin oder zur Fortbildung klargestellt und die palliativ-medizinische Versorgung nach dem (Muster-)Kursbuch Palliativmedizin der Bun- als Teil der Krankenbehandlung im Rahmen der gesetz- desärztekammer dar. lichen Krankenversicherung explizit beschrieben (§ 27). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) wurden beauftragt, dazu konkretisierende Vorgaben zu vereinbaren. Das ist mit dem Abschluss der „Vereinbarung zur Palliativversorgung nach § 87 Abs. 1b SGB V als Anlage 30 zum Bundesmantelvertrag (BMV) am 29.11.2016 erfolgt. Die Vereinbarung regelt
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 2 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG ARBEITSZIELE FÜR TUTOREN: FÜR MODERATOREN: > An der Palliativversorgung Inter- essierte oder Beteiligte haben ihre > Der Tutor besitzt die Kompetenz, > Der Moderator ist ausgebildet, ei- Kompetenz zur Versorgung von Pal- Moderatoren in der Durchführung nen Qualitätszirkel zum Thema liativpatienten weiterentwickelt. von Qualitätszirkeln zur ambulanten „Ambulante Palliativmedizin“ struk- Palliativversorgung mit dem turiert und ergebnisorientiert zu lei- > Aus gemeinsamen Fallbespre- Schwerpunkt palliativer Fallbespre- ten und verfügt über die Kompetenz, chungen haben sie Empfehlungen chungen zu schulen. Fallbesprechungen zu moderieren. für die Versorgung der Patienten er- halten. > Er kennt die Aufgaben der an der > Der Moderator kann die rechtli- Palliativversorgung Teilnehmenden chen und vertraglichen Grundlagen > Die Zirkelteilnehmer haben sich und kann sie erläutern. der ambulanten palliativ-medizini- Wissen zu lokalen, regionalen oder schen Versorgung im Überblick dar- überregionalen Informations- und > Er verfügt über Wissen zu den stellen. Unterstützungsangeboten erarbeitet. rechtlichen und vertraglichen Grundlagen sowie zu den Strukturen > Er kennt die Aufgaben der an der der ambulanten palliativ-medizini Palliativversorgung Beteiligten und FÜR ALLE: schen Versorgung und kann Modera- kann sie mit den Zirkelteilnehmern torenkollegen dazu einen Überblick reflektieren. > Auf der Grundlage eines struktu- vermitteln. rierten Lehr-Lern-Prozesses haben > Er kann die Qualitätszirkel-Teil- Tutoren, Moderatoren und Qualitäts- > Der Tutor kennt wichtige Informa- nehmer beim Transfer der im Zirkel zirkel-Teilnehmer Wissen, Fähigkei- tionsquellen und relevante Institu erarbeiteten Handlungsoptionen in ten und Haltung zu palliativ-medizi- tionen zur Palliativversorgung und die Praxis unterstützen. nischen Fragen in der ambulanten kann Qualitätszirkel-Moderatoren medizinischen Versorgung kritisch dazu einen Überblick geben. reflektiert und weiterentwickelt. FÜR QUALITÄTSZIRKEL- > Er kann Qualitätszirkel-Moderato TEILNEHMER: > Sie sind stärker für rechtliche und ren motivieren, das Thema im eige- ethische Aspekte der Palliativversor- nen Qualitätszirkel aufzugreifen. > Durch die Arbeit im Zirkel haben gung sensibilisiert. die Teilnehmer ihre Fähigkeit ge- > Er ist qualifiziert, Moderatoren bei stärkt, ihre palliativ-medizinische > Die Kenntnisse über die Zusam- der Anwendung des Moduls zu un- Tätigkeit zu reflektieren, mit Kolle- menarbeit mit anderen an der Pallia- terstützen (z.B. Rückfragen beant- gen zu diskutieren und so Versor- tivversorgung Beteiligten sind wei- worten oder Moderationshilfen ge- gungsqualität weiterzuentwickeln. terentwickelt. ben).
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 3 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG THEMENHINTERGRUND „JEDER MENSCH HAT EIN RECHT Erkennung, sorgfältige Einschät- Auch wenn Patienten nicht mehr ge- AUF EIN STERBEN UNTER zung und Behandlung von Schmer- heilt werden können, ihre Lebenser- WÜRDIGEN BEDINGUNGEN“ zen sowie anderen Problemen auf wartung begrenzt ist und sie pallia- körperlicher, psychosozialer und tiv-medizinisch betreut werden, gilt – mit diesem Satz wurden die fünf spiritueller Ebene.“ das ethische Grundprinzip der Pati- Leitsätze der Charta zur Betreuung entenautonomie. Eine wichtige Hilfe schwerstkranker und sterbender Palliativversorgung kann dabei die rechtzeitige Formu- Menschen in Deutschland über- lierung des Patientenwillens zu le- schrieben. Vor dem Hintergrund der > ermöglicht Linderung von benserhaltenden Maßnahmen sein demographischen Entwicklung mit chmerzen und anderen belasten- S [s. hierzu das PALMA-Formular (AB einer zunehmenden Zahl hilfe den Symptomen, 27)]. In diesem Kontext sei auch auf bedürftiger und schwerstkranker das Thema Advance Care Planning Menschen mit chronischen Erkran- > bejaht das Leben und erkennt (ACP) verwiesen. Unter ACP versteht kungen, aber auch von unterschied- Sterben als normalen Prozess an, man den Prozess der Planung der lichen Vorstellungen zur Gestaltung künftigen Patientenversorgung un- der letzten Lebensphase, stellt die > beabsichtigt weder die Beschleu- ter Berücksichtigung des Patienten- Umsetzung dieses Rechtes nicht nur nigung noch Verzögerung des Todes, willens, insbesondere für den Fall, eine Herausforderung für das Ge- dass der Patient nicht mehr in der sundheitssystem, sondern für die > integriert psychologische und Lage ist, seinen Willen zu äußern. Gesellschaft insgesamt dar5 – heißt spirituelle Aspekte der Betreuung, Einige Informationsquellen dazu fin- es in der Präambel der Handlungs- den sich in der Linkliste am Ende empfehlungen zur Charta. > bietet Unterstützung, um Patien- des Moduls. ten zu helfen, ihr Leben so aktiv wie Die menschliche Betreuung möglich bis zum Tod zu gestalten, Betroffenen Patienten und ihren An- schwerstkranker und sterbender gehörigen steht heute ein deutlich Menschen steht im Mittelpunkt der > bietet Angehörigen Unterstützung erweitertes Angebot in der Palliativ- Palliativversorgung. Beginnend mit während der Erkrankung des Patien- versorgung zur Verfügung als noch den Budapest Commitments 2007 ten und in der Trauerzeit, vor einigen Jahren. Nach Angaben wurde in Deutschland ein Prozess des Deutschen Hospiz- und Palliativ- der Diskussion zur Palliativversor- > beruht auf einem Teamansatz, um verbandes e.V. hat sich die Zahl der gung eingeleitet, der in der Formu- den Bedürfnissen der Patienten und Palliativstationen und stationären lierung der „Charta zur Betreuung ihrer Familien zu begegnen, auch Hospize seit 1996 mehr als verdrei- schwerstkranker und sterbender durch Beratung in der Trauerzeit, facht, die Zahl der ambulanten Hos- Menschen in Deutschland“ mündete. falls notwendig, piz- und Palliativdienste ebenfalls. Ausgehend von der Analyse des da- Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte mit maligen Ist-Zustandes wurden Ziele > fördert Lebensqualität und kann der Zusatzbezeichnung „Palliativ- für die Ausgestaltung der Palliativ- möglicherweise auch den Verlauf der medizin“ ist bis 2014 auf über 9.000 versorgung festgeschrieben. Erkrankung positiv beeinflussen gestiegen (Gesundheitsberichterstat- und tung des Bundes). An der vertrags- Die Deutsche Gesellschaft für Pallia- ärztlichen Versorgung von Palliativ- tivmedizin e.V. definiert Palliativme- > kommt frühzeitig im Krankheits- patienten haben 2016 3.667 dizin in Anlehnung an die Weltge- verlauf zur Anwendung, auch in Palliativmediziner teilgenommen, sundheitsorganisation (WHO) (siehe Verbindung mit anderen Therapien, darunter 2.756 Vertragsärzte (Bun- Arbeitsblatt/AB 1) wie folgt: „Pallia- die eine Lebensverlängerung zum desarztregister). tivversorgung ist ein Ansatz zur Ver- Ziel haben, wie z.B. Chemotherapie besserung der Lebensqualität von oder Bestrahlung, und schließt Gesetzliche und vertragliche Grund- Patienten und ihren Familien, die Untersuchungen ein, die notwendig lagen zur Palliativversorgung finden mit Problemen konfrontiert sind, sind, um belastende Komplikationen sich u.a. im Hospiz- und Palliativge- welche mit einer lebensbedrohlichen besser zu verstehen und zu behan- setz, im Sozialgesetzbuch, 5. Buch Erkrankung einhergehen. Dies ge- deln.“6 (SGB V) und im Bundesmantelver- schieht durch Vorbeugen und Lin- trag (BMV). Darüber hinaus gelten dern von Leiden durch frühzeitige zum Teil regional vereinbarte ver-
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 4 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG tragliche Regelungen. Um Palliativ- Vorgaben des Einheitlichen Bewer- Schmerz, Obstipation, D epression, patienten künftig noch besser ver- tungsmaßstabes (EBM), die beson- Kommunikation, Sterbephase und sorgen zu können und ihren Verbleib ders qualifizierte und koordinierte Versorgungsstrukturen. Die Leitlinie in der häuslichen Umgebung zu un- palliativ-medizinische Versorgung soll bei der Bearbeitung von Patien- terstützen, hat der Gemeinsame gemäß Vereinbarung zum Bundes- tenfällen im Qualitätszirkel Berück- Bundesausschuss im März 2017 die mantelvertrag und die spezialisierte sichtigung finden. Für Patientinnen Häusliche Krankenpflege-Richtlinie ambulante Palliativversorgung und Patienten wurden die Leitlinien auf die Belange dieser Patienten an- (SAPV) nach der Richtlinie des Ge- empfehlungen in eine gut verständ- gepasst und Leistungen zur Symp- meinsamen Bundesausschusses zur liche Patientenleitlinie „Palliativme- tomkontrolle aufgenommen. Verordnung von SAPV. dizin für Patientinnen und Patienten mit einer nicht heilbaren Krebser- Die Strukturen der palliativ-medizi- Die unten stehende Abbildung 1 gibt krankungen“8 umgesetzt. nischen Versorgung in Deutschland einen detaillierten Überblick dazu. sind heterogen. Leistungen werden Die fürsorgliche Begleitung am Le- stationär und/oder ambulant Mit der Entwicklung der S3-Leitlinie bensende ist Thema der Patientenin- erbracht; in der ambulanten Versor- „Palliativmedizin für Patienten mit formation Palliativversorgung des gung sowohl im Rahmen kollektiv- einer nicht heilbaren Krebserkran- Ärztlichen Zentrums für Qualität in vertraglicher als auch selektivver kung“ steht behandelnden Ärzten der Medizin (ÄZQ).9 In anschauli- traglicher Regelungen. Vereinfacht eine wissenschaftlich fundierte Ori- cher und leicht verständlicher Spra- dargestellt gliedert sich die palliativ- entierung u.a. mit Therapieempfeh- che erhalten Patienten wichtige medizinische Versorgung in die all- lungen für die Betreuung krebskran- Informationen für die letzte Lebens- gemeine ambulante palliativ-medizi- ker Patienten zur Verfügung, speziell phase, u.a. auch zu Vorsorgevoll- nische Versorgung nach den zu den Themenbereichen Atemnot, macht und Patientenverfügung. PALLIATIVLEISTUNGEN Kollektivvertrag Selektivvertrag Pflegeheim- & Hospiz (AAPV) (SAPV/AAPV) versorgung Fallbesprechun- EBM § 132d SGB V § 73b/§ 140a Strukturverträge gen nach § 132d (03370, 03371, § 87 1b (nur SAPV) (ohne KV) (KV-System) Abs. 2 (Versor- 03372, 03373) gungsplanung) RL SAPV: > Beratungsleistungen >K oordination der Versorgung > additiv unterstützen- Verordnung 01425, 01426 de Teilversorgung > Vollversorgung Quelle: Eigene Darstellung Dezernat 4, KBV Abbildung 1: Struktur der Palliativversorgung
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 5 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG EMPFEHLUNGEN FÜR DIE ZIRKELMODERATION Für die Bearbeitung des Themas im nen auch Fallbeispiele für die Arbeit > geschlossene Gruppe für die Auf- Qualitätszirkel wird empfohlen, zu- an konkreten Patientenfällen im Zir- taktsitzung, ggf. offene Gruppe für nächst mit einer Einführungssitzung kel ausgewählt werden. Folgesitzungen im Zeitumfang von 90 bis 100 Minu- ten zu beginnen. In dieser ersten Sit- Grundsätzlich sollte sich der Zirkel- > Gruppengröße 5 bis max. 20 Teil- zung sollen ein Überblick zum moderator im Vorfeld der Sitzung nehmer (ggf. themenbezogen Gäste Thema gegeben und die Erwartungen über die regionalen Strukturen und zulassen) der Teilnehmenden erfragt werden. Angebote der Palliativversorgung Darauf aufbauend können weitere informieren. Der „Wegweiser Hospiz- > Die Teilnehmer der ersten Sitzung Zirkelsitzungen, zum Beispiel zu rea- und Palliativversorgung Deutsch- sollten Vertragsärzte sein. Für wei- len oder fiktiven Patientenfällen, fol- land“ (http://www.wegweiser- tere Zirkelsitzungen wird – ggf. auch gen. Aspekte der Palliativversorgung, hospiz-palliativmedizin.de/, aufge- nur themenbezogen – eine multipro- die im Qualitätszirkel thematisiert rufen am 15.03.2017) bietet dafür fessionelle Zusammensetzung emp- werden können, sind zum Beispiel: eine gute Hilfestellung. fohlen. > Symptomkontrolle/Symptom Links zu relevanten Organisationen > Anwendung bewährter Methoden linderung und Institutionen in der Palliativver- für die Qualitätszirkelarbeit, wie z.B. sorgung finden sich in einer Über- Patientenfallkonferenz, Anwendung > Wundversorgung sicht am Ende dieses Moduls. von Leitlinien, Experteninterview, Journal Club > Medikamentöse Therapie Sofern andere an der Palliativversor- (u.a. Off-Label-Use) gung beteiligte Professionen in die > Verschwiegenheit Zirkelarbeit integriert sind, sollten > Heilmittelversorgung auch berufsgruppenspezifische Leit- > Wertschätzung linien Berücksichtigung finden, z.B. > Delegierbare Leistungen Pflegeleitlinien der Deutschen Ge- > Dokumentation der Ergebnisse (z.B. Hauskrankenpflege) sellschaft für Palliativmedizin, Sek- tion Pflege.10 Für die Schulung von Tutoren und > Kommunikation (Arzt – Patient, Moderatoren zu diesem Modul sollte Arzt – Angehörige, Arzt – andere Je nach Themensetzung im Zirkel der ausbildende Tutor selbst Pallia- Professionen) und nach Wissensstand der Teilneh- tivmediziner sein oder eine Fortbil- mer wird angeregt, externe Experten dung nach dem (Muster-)Kursbuch DATEN- UND INFORMATIONS in den Zirkel einzuladen. Ein beson- Palliativmedizin der Bundesärzte- BESCHAFFUNG ders hoher Nutzen kann dann gene- kammer absolviert haben. Eine erste riert werden, wenn vorab konkrete Zirkelsitzung ist auf ca. 90 bis 100 Für die Einführung in die Thematik Fragestellungen an den Experten im Minuten angelegt und gliedert sich kann die zur Verfügung gestellte Zirkel formuliert werden. in mehrere Phasen. Präsentation Grundlage sein (http://www.kbv.de/qz). SETTING Definitionen zur Hospiz- und Pallia- Das Modul eignet sich sowohl für die tivversorgung finden sich beispiels- einmalige Anwendung, um für Fra- weise unter: https://www.dgpallia gen der palliativ-medizinischen Ver- tivmedizin.de/ (aufgerufen am sorgung zu sensibilisieren, als auch 15.03.2017). für den Auftakt zu einer Zirkelse- quenz, z.B. mit Fallbesprechungen. Grundsätzliche Informationen zum Es kann durch bestehende Zirkel Thema, die insbesondere für Zirkel- oder neu gegründete Zirkel genutzt moderatoren hilfreich sein können, werden. Es wird empfohlen, die stehen auf der Website der Deut- nachfolgenden oder ähnliche Rah- schen Gesellschaft für Palliativme- menbedingungen zur Zusammenar- dizin e.V. zur Verfügung. Hier kön- beit im Zirkel zu vereinbaren:
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 6 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG Phase EINFÜHRUNG A ZEITBEDARF: 30 MINUTEN SCHRITT 1 Starten Sie den Zirkel mit einer kurzen Begrüßung. Sofern es sich um einen neu gegründeten Zirkel handelt, sollte sich eine Vorstellungsrunde (Moderator und Teilnehmer) anschließen. Be- schreiben Sie danach das geplante Vorgehen im Zirkel. Bitten Sie die Teilnehmer, kurz zu ihren Erfahrungen mit der Betreuung von Palliativpatienten zu berichten. Empfohlene Moderationsmedien: Flipchart Methodische Hinweise: Ggf. können Sie die Vorstellungsrunde nutzen, um jeden Teilnehmer über seine Vorkenntnisse und Erfahrungen berichten zu lassen. Dokumentieren Sie die wichtigsten Punkte. Dazu können Sie auch einen Schriftführer auswählen, um sich selbst als Moderator zu entlasten. Holen Sie sich als Moderator die Zustimmung der Teilnehmer zum skizzierten Vorgehen ein. SCHRITT 2 Führen Sie nun – ggf. anhand der Präsentation – in die Thematik ein. Wichtig ist, die Zielstel- lung der Palliativversorgung zu umreißen und die Rolle der Vertragsärzte/-psychotherapeuten dabei herauszustellen. Es soll zunächst ein Überblick zum Thema gegeben werden. Die Struk- turen der ambulanten palliativ-medizinischen Versorgung sollen erläutert und relevante Insti- tutionen bzw. Organisationen vorgestellt werden: > Wie ist Palliativmedizin in Deutschland organisiert? > Welche Aufgaben/Ziele hat sie? > Welches sind die wichtigsten Akteure? > Welches sind die gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen? > Differenzierung nach ambulanter Palliativversorgung, besonders qualifizierter und koordi- nierter palliativ-medizinischer Versorgung und spezialisierter ambulanter Palliativversor- gung > Vorgehen beim Fehlen von SAPV und AAPV Empfohlene Moderationsmedien: Präsentation (http://kbv.de/qz) Methodische Hinweise: Verweisen Sie dazu auch auf die Regelungen des SGB V, des Bundesmantelvertrags (BMV-Ä) und die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses und differenzieren Sie nach den er- forderlichen Teilnahmevoraussetzungen. SCHRITT 3 Ergänzungen zum Vortrag, Klären von Verständnisfragen zum Vortrag Methodische Hinweise: In dieser Phase der Zirkelsitzung geht es um Wissens- bzw. Informationsvermittlung, um alle Zirkelteilnehmer auf einen ähnlichen Kenntnisstand zu bringen. Es sollen daher nur Verständ- nisfragen zugelassen werden. Übergreifende methodische Hinweise: In der ersten Phase der Zirkelsitzung geht es zunächst nur darum, einen Überblick zum Thema zu geben und den Status quo zur palliativ-medizinischen Versorgung von Patienten durch die Zirkelteilnehmer abzufragen. Grundsätzliche Fragen sollen an dieser Stelle noch nicht disku- tiert werden.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 7 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG ZIELE > Die Zirkelteilnehmer haben sich zu ihrem Erfahrungsstand in der palliativ-medizini- PHASE A schen Versorgung ausgetauscht. > Die Kenntnisse zum Thema Palliativversorgung sind vertieft. > Die Zirkelteilnehmer haben das weitere Vorgehen zum Thema abgestimmt. Phase ERWARTUNGSABFRAGE/THEMENSAMMLUNG B ZEITBEDARF: 20 MINUTEN SCHRITT 1 In der zweiten Phase der Sitzung sollen die Erwartungen und Interessen der Teilnehmer ermit- telt werden. Mit welchen Ergebnissen möchten die Teilnehmer aus dem Zirkel herausgehen? Zu welchen Themen möchten sie mehr erfahren? Solche Themen könnten zum Beispiel sein: > Symptomkontrolle > Heilmittelversorgung > Wundversorgung > Koordination/Interaktion > Spiritualität > usw. Welche Fragen haben sie ggf. bereits? Gibt es bereits Beispielfälle, die im Zirkel vorgestellt und besprochen werden sollten? Empfohlene Moderationsmedien: Flipchart Methodische Hinweise: Diese Aspekte können sowohl im Zirkel insgesamt als auch in Kleingruppen zusammengetra- gen werden. Wichtig ist, alle Punkte zu dokumentieren. SCHRITT 2 Auf der Basis der gefundenen Themenfelder soll sich der Zirkel nun darauf verständigen, ob und wie er weiter am Thema arbeiten möchte. Hierzu ist es wichtig, die Themen zu priorisieren. Halten Sie das Ergebnis schriftlich fest. Empfohlene Moderationsmedien: ggf. Klebepunkte Methodische Hinweise: Lassen Sie die Teilnehmer mithilfe von Strichen oder Klebepunkten die dokumentierten The- men priorisieren. Wichtig ist bei diesem Arbeitsschritt, dass ein Konsens hergestellt wird und sich kein Teilnehmer übergangen fühlt.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 8 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG SCHRITT 3 Schlagen Sie den Teilnehmern nun mögliche Vorgehensweisen für die weitere Arbeit an den Themen vor: > Fallbesprechungen (Modul Patientenfallkonferenz) > Einladung eines externen Experten in den Zirkel, um offene Fragen zu klären (Modul Exper- teninterview) > Sofern weiterer Informationsbedarf besteht, könnte ein Austausch zu Literatur oder wissen- schaftlichen Artikeln hilfreich sein. (Modul Journal Club) > Palliativversorgung ist eng mit ethischen Fragen verknüpft, so u.a. zu Patientenautonomie/ Patientenverfügung. (Modul Ethikberatung im Qualitätszirkel) > Medikation/Off-Label-Use (S3-Leitlinie) (Module Evidenzbasierte Medizin, Arzneimittelthera- piesicherheit und Multimedikation, Arbeitsblätter zur Medikation am Lebensende) > usw. Empfohlene Moderationsmedien: Module des Qualitätszirkel-Konzepts der KBV Methodische Hinweise: Die Module des Qualitätszirkel-Konzepts der KBV stehen unter http://www.kbv.de/qz zum Download zur Verfügung. Übergreifende methodische Hinweise: Für die weitere Arbeit am Thema im Zirkel sollte auch geklärt werden, ob sich der Zirkel öffnet und weitere, an der Versorgung von Palliativpatienten beteiligte Professionen in den Zirkel ein- lädt. ZIELE > Die Teilnehmer haben für sie interessante Themen und Fragen zusammengetragen und PHASE B priorisiert. > Der Zirkel verfügt über einen Plan für die weitere Arbeit am Thema Palliativversorgung. > Die Teilnehmer sind über mögliche Methoden der ergebnisorientierten Bearbeitung ihrer Fragen informiert. Phase FALLBESPRECHUNGEN C ZEITBEDARF: 50–60 MINUTEN SCHRITT 1 Nach der Einführung in das Thema und der Klärung der Arbeitsweise im Zirkel sollte anhand der Beispielfälle oder auch eines konkreten Patientenfalls aus dem Teilnehmerkreis eine erste Fall- bearbeitung stattfinden: > Reflektieren der bisherigen Behandlungspraxis > Abgleich zu verfügbarer Evidenz > gemeinsame Entwicklung von Vorschlägen für eine veränderte Behandlungspraxis Empfohlene Moderationsmedien: AB: 2–18: Beispielfälle MP: Fallbesprechung
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 9 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG Methodische Hinweise: Nutzen Sie hierfür ggf. die Arbeitsblätter (AB) 2–18. Für eine strukturierte Vorgehensweise und die Dokumentation der Ergebnisse kann das Moderationsplakat (MP) Fallbesprechung als Hilfs- mittel dienen. Die beigefügten Checklisten und Informationen (AB 19–29) können für die Fall- besprechungen hilfreich sein. Wichtig für weitere Zirkelsitzungen ist, dass die Teilnehmer mit konkreten Ergebnissen für ihren Praxisalltag nach Hause gehen, zum Beispiel mit einem im Zir- kel erarbeiteten Krisenplan. SCHRITT 2 Alternativ kann sich der Zirkel dazu austauschen, wie eine gute Kommunikation bezogen auf den konkreten Fall aussehen könnte, sowohl zwischen Arzt und Patient als auch zwischen Arzt und Angehörigen oder anderen an der Versorgung Beteiligten. Methodische Hinweise: Ausgewählte Kommunikationssituationen mit Patienten, deren Angehörigen oder anderen an der Versorgung Beteiligten sollen analysiert und ggf. im Rollenspiel trainiert werden. SCHRITT 3 Legen Sie am Ende der Sitzung fest, ob und wie der Zirkel weiter am Thema arbeiten möchte. Vereinbaren Sie mit den Zirkelmitgliedern, wie mit offenen Fragen umgegangen werden soll. Stimmen Sie ggf. erforderliche Vorbereitungen für eine nächste Zirkelsitzung ab. Holen Sie sich ein Feedback zur Moderation von den Teilnehmern ab. Empfohlene Moderationsmedien: Feedbackbogen Methodische Hinweise: Protokollieren Sie die gemeinsam getroffenen Entscheidungen. Um ein Feedback zu erhalten, können Sie die Methode des Blitzlichtfeedbacks nutzen oder den Muster-Fragebogen (AB 29) verwenden. Legen Sie einen Termin für die Rückgabe der Feedbackbogen fest. Übergreifende methodische Hinweise: Sofern der Zirkel weiter am Thema arbeiten möchte, sollten Sie die nächste Sitzung mit einem kurzen Rückblick auf diese erste Sitzung beginnen. Vielleicht haben sich Fragen oder neue As- pekte ergeben. ZIELE > Die Zirkelteilnehmer haben einen ersten Beispielfall/erste Beispielfälle analysiert und PHASE C Optionen für die Weiterentwicklung ihrer Versorgungspraxis zusammengetragen. > Der Zirkel hat die weitere Arbeit am Thema „Ambulante Palliativversorgung“ abge- stimmt. > Der Moderator hat ein Feedback zur Sitzungsleitung erhalten.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 10 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG MODERATIONSMEDIEN Die Moderationsmedien sind in der Reihenfolge ihres möglichen Einsatzes aufgelistet: Arbeitsblatt 1: WHO Definition of Palliative Care 2002 Moderationsplakat: Fallbesprechung Arbeitsblatt 2: Beispielfall 1 – Patient in häuslicher Situation Arbeitsblatt 3: Beispielfall 2 – Patient im Pflegeheim Arbeitsblatt 4: Beispielfall 3 – Patient im Hospiz Arbeitsblatt 5: Beispielfall 4 – Onkologischer Patient Arbeitsblatt 6: Beispielfall 5 – Neurologischer Patient Arbeitsblatt 7: Beispielfall 6 – Pneumologischer Patient Arbeitsblatt 8: Beispielfall 7 – Kardiologischer Patient Arbeitsblatt 9: Beispielfall 8 – „Chirurgischer“ Patient Arbeitsblatt 10: Beispielfall 9 – Patient in früher Phase Arbeitsblatt 11: Beispielfall 10 – Sterbender Patient Arbeitsblatt 12: Beispielfall 11 – Junger Patient Arbeitsblatt 13: Beispielfall 12 – Alter Patient Arbeitsblatt 14: Beispielfall 13 – Alleinstehender Patient Arbeitsblatt 15: Beispielfall 14 – Patient mit familiärer Anbindung Arbeitsblatt 16: Beispielfall 15 – Patient mit großem Umfeld Arbeitsblatt 17: Beispielfall 16 – Karzinompatient mit Kinderwunsch Arbeitsblatt 18: Beispielfall 17 – Patient mit Wunsch ausschließlicher komplementärmedizinischer Therapie Arbeitsblatt 19: Checkliste für die Praxis – Erstkontakt bzw. erster Hausbesuch im palliativen Kontext Arbeitsblatt 20: Checkliste für die Praxis für die letzten Tage Arbeitsblatt 21: Ernährung und Flüssigkeit am Ende des Lebens Arbeitsblatt 22: Terminalphase bei Patienten mit ALS Arbeitsblatt 23: Morphingabe bei Atemnot Arbeitsblatt 24: Morphinmythen Arbeitsblatt 25: Krisenplan für die Praxis: Atemnot Arbeitsblatt 26: Krisenplan für die Praxis: Blutung Arbeitsblatt 27: PALMA-Formular (Patienten-Anweisungen für lebenserhaltende Maßnahmen) Arbeitsblatt 28: Rechte für Kinder als Angehörige Arbeitsblatt 29: Tipps und Anregungen für Kinder
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 11 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG WHO DEFINITION OF PALLIATIVE CARE 2002 Palliative care is an approach that improves the quality of life of patients and their families facing the problems associated with life-threatening illness, through the prevention and relief of suffering by means of early identifi- cation and impeccable assessment and treatment of pain and other problems, physical, psychosocial and spiritual. Palliative care: > Provides relief from pain and other distressing symptoms > Affirms life and regards dying as a normal process > Intends neither to hasten or postpone death > Integrates the psychological and spiritual aspects of patient care > Offers a support system to help patients live as actively as possible until death > Offers a support system to help the family cope during the patient’s illness and in their own bereavement > Uses a team approach to address the needs of patients and their families, including bereavement counselling, if indicated > Will enhance quality of life, and may also positively influence the course of illness > Is applicable early in the course of illness, in conjunction with other therapies that are intended to prolong life, such as chemotherapy or radiation therapy, and includes those investigations needed to better understand and manage distressing clinical complications Deutsche Übersetzung Palliativversorgung ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen Problemen auf körperlicher, psychosozialer und spiritueller Ebene. Palliativversorgung: > ermöglicht Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen > bejaht das Leben und erkennt Sterben als normalen Prozess an > beabsichtigt weder die Beschleunigung noch Verzögerung des Todes > integriert psychologische und spirituelle Aspekte der Betreuung > bietet Unterstützung, um Patienten zu helfen, ihr Leben so aktiv wie möglich bis zum Tod zu gestalten > bietet Angehörigen Unterstützung während der Erkrankung des Patienten und in der Trauerzeit > beruht auf einem Teamansatz, um den Bedürfnissen der Patienten und ihrer Familien zu begegnen, auch durch Beratung in der Trauerzeit, falls notwendig > fördert Lebensqualität und kann möglicherweise auch den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen > kommt frühzeitig im Krankheitsverlauf zur Anwendung, auch in Verbindung mit anderen Therapien, die eine Lebensverlängerung zum Ziel haben, wie z.B. Chemotherapie oder Bestrahlung, und schließt Untersuchungen ein, die notwendig sind um belastende Komplikationen besser zu verstehen und zu behandeln Arbeitsblatt 1
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 12 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG FALLBESPRECHUNG KURZE FALLBESCHREIBUNG BISHERIGE PRAXIS VERFÜGBARE EVIDENZ OPTIONEN FÜR EINE VERÄNDERTE BEHANDLUNGSPRAXIS Moderationsplakat
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 13 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 1: PATIENT IN HÄUSLICHER SITUATION Frau P. ist 66 Jahre alt. Sie hat als Reinigungsfachkraft gearbeitet und vier Kinder großgezogen. Ihr Mann ist zehn Jahre älter als sie. Bei ihr war vor acht Jahren eine mäßiggradige Hypertonie diagnostiziert worden, weswegen sie Sie in großen Abständen (zwei bis drei Jahre) als Hausarzt konsultiert hatte. Mit einem niedrig- dosierten ACE-Hemmer war der Blutdruck bei Kontrollmessungen in der Praxis oder auch manchmal in einer Apotheke stets im hochnormalen Bereich. Ansonsten ist sie körperlich nie nennenswert krank gewesen. Sie spricht nicht darüber, ob sie mit ihrem Leben zufrieden ist. Zuletzt hatte Frau P. häufiger an Oberbauchbeschwerden und Übelkeit gelitten. Die Leberwerte waren erhöht. Im Rahmen der stationären Abklärung ergibt sich ein 7 cm messendes Gallen- gangkarzinom, das bereits mehrere Lebermetastasen verursacht hat. Außerdem sind laut Ent- lassungsbrief auch im Peritoneum Metastasen. Beim Hausbesuch nach Entlassung aus der Klinik lehnt Frau P. jede weitere stationäre Behand- lung ab und sagt klar, dass sie auf jeden Fall zu Hause bleiben möchte. Der Ehemann wirkt etwas überfordert, möchte ihr aber diesen Wunsch erfüllen. Zwei der vier Kinder wohnen mit ihren Familien in der Nähe und sind bereit, an der Betreuung mitzuwirken. Sie leidet an ausge- prägten Schmerzen im Bereich des rechten Rippenbogens sowie an einer mäßiggradigen Ver- größerung des Bauchumfanges und hat starke Beinödeme. Der Nachtschlaf ist schlecht. Wie gehen Sie vor bezüglich > Betreuungsnetz? > Symptomlinderung? > Patientenwillen? > Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung? > Umgang mit den Angehörigen? > Krisenplanung? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Praxisplan Schmerzkrise“ Arbeitsblatt 2
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 14 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 2: PATIENT IM PFLEGEHEIM Herr S. ist 87 Jahre alt. Er hat bis zu seiner Pensionierung als Berufschullehrer gearbeitet, lebt seit drei Jahren im Pflegeheim, das Sie betreuen, und hat vor sechs Monaten seine Frau verloren. Seither hat er an Lebenslust eingebüßt, hat aber immer noch sporadisch an den Aktivitäten im Heim teilgenommen und alle mit seinem kauzigen Humor begeistert. Er leidet an Morbus Parkinson und nimmt dagegen ein L-Dopa-Präparat ein. Seit einer Woche isst er nichts mehr, trinkt nur noch schluckweise. Ins Krankenhaus möchte er nicht, das kann er klar formulieren. Sie werden von der Tochter angerufen, die sich große Sorgen macht, dass ihr Papa ja nun verhungern und verdursten muss. Bei der Visite finden Sie Herrn S. kachektisch und bettlägerig. Er sagt, er habe sein Leben gelebt und sei bereit zu sterben. Allerdings habe er starke Schmerzen, vor allem im Rücken. Die Tochter bedrängt Sie, den Vater ins Krankenhaus einzuweisen. Eine Patientenverfügung hat Herr S. nicht erstellt, hat aber seine Tochter als Bevollmächtigte für finanzielle Fragen ein- gesetzt. Wie gehen Sie vor bezüglich > Symptomlinderung? > Patientenwillen? > Umgang mit der Tochter? > Krisenplanung im Seniorenheim? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Letzte Tage“, „Ernährung und Flüssigkeit am Ende des Lebens“ Arbeitsblatt 3
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 15 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 3: PATIENT IM HOSPIZ Herr D. ist ein 44-jähriger Patient, der Ihnen aus der Allgemeinsprechstunde bekannt ist. Er hat als EDV-Fachmann in einer großen Computerfirma gearbeitet. Vorstellig wurde er hin und wie- der wegen Infekten und auch wegen seiner problematischen familiären Situation – die Ehefrau ist alkoholkrank, worunter er sehr gelitten hat. Über die damit in Zusammenhang stehenden Gespräche haben Sie eine intensive Arzt-Patienten-Beziehung aufgebaut. Nun erfahren Sie aus dem gefaxten Entlassungsbrief einer Klinik, dass bei Herrn D. ein weit fortgeschrittenes Glioblastom diagnostiziert worden ist, zur Einweisung hatte ein cerebraler Krampfanfall geführt. Die Klinik hatte mit Herrn D. besprochen, dass er weder von einer Opera- tion noch von einer Radiatio profitieren würde, man könne ihm lediglich eine palliative Chemo- therapie anbieten. Diese hat Herr D. abgelehnt. Da er seiner kranken Frau eine häusliche Wei- terversorgung nicht zumuten könne, hat er einer Verlegung ins Hospiz zugestimmt. Er erhalte derzeit eine hohe Dosis an Cortison sowie einige weitere Medikamente zur Symptomlinderung (Analgesie, Antiemese, Anfallsprophylaxe). Am selben Tag erhalten Sie einen Anruf von der Ehefrau, die Sie inständig bittet, ihren Mann auch im Hospiz weiter zu betreuen, da er sich das so sehr wünsche. Außerdem sei er letzte Nacht total verwirrt gewesen, sei in die Zimmer der anderen Gäste gegangen und habe sogar laut randaliert. Wie gehen Sie vor bezüglich > Weiterbetreuung: Übernehmen Sie die hospizliche ärztliche Versorgung? Was tun Sie, wenn Sie sich dagegen entscheiden? > Unterstützung der Ehefrau? > Krisenplanung? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Praxisplan Delir“ Arbeitsblatt 4
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 16 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 4: ONKOLOGISCHER PATIENT Der onkologische Kollege im Nachbarhaus ruft Sie an – er betreut eine 46-jährige Patientin mit einem in Lunge und Leber metastasierten Pankreaskarzinom, die „austherapiert“ ist. Sie wohnt in der nächsten Querstraße und hatte bisher einen anderen Hausarzt, der aber keine Hausbesuche macht. Frau A. möchte ihre letzte Lebenszeit zu Hause verbringen und braucht einen Arzt, der sie dabei begleitet. Sie erklären sich bereit, die Patientin zu übernehmen und machen den ersten Hausbesuch. Vor Ort sind der Ehemann, beide Eheleute sind Lehrer, und die 18-jährige Tochter. Der 16-jährige Sohn bleibt in seinem Zimmer und will nicht mit Ihnen sprechen. Die Patientin klagt über starke Schmerzen in Bauch und Rücken, Übelkeit und Druckgefühl im Abdomen sowie Kurzatmigkeit. Sie ist kachektisch und kann kaum noch alleine zur Toilette gehen. Ein Pflegedienstmitarbeiter sei am Vormittag schon da gewesen. Mann und Tochter wollen die Versorgung aber alleine übernehmen. Die Kinder gehen aufs Gymnasium. Wie gehen Sie vor bezüglich > häuslicher Versorgung, Betreuung und Pflege? > Symptomlinderung? > Umgang mit den einzelnen Familienangehörigen? > Krisenplanung? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Rechte für Kinder von Patienten“, „Tipps und Anregungen für Kinder von Patienten“ Arbeitsblatt 5
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 17 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 5: NEUROLOGISCHER PATIENT Frau H. ist 89 Jahre alt, eine rüstige Dame, die das Leben genießt, in ihrer Kirchengemeinde aktiv ist und nur selten bei Ihnen vorbeikommt. Nun sitzt sie vor Ihnen und erzählt, sie habe ihren Sohn zu sich genommen, da dieser schwer krank sei und nicht mehr alleine leben könne. Bei Herrn H. sei eine „ALS“ diagnostiziert worden, er sei außerdem immer mehr dement und würde nur „dumme Sachen anstellen“, außerdem kann er nicht mehr sprechen und sabbert ständig. Sie lassen sich den letzten Arztbrief des Sohnes zeigen, er ist von der neurologischen Spezial- sprechstunde für Amyotrophe Lateralsklerose einer Universitätsklinik. Darin ist beschrieben, dass es sich um die bulbäre Verlaufsform handelt. Herr H. ist mobil, kann Fragen mit Ja und Nein beantworten und hat laut des Papiers noch eine Lebenserwartung von bis zu mehreren Jahren. Sie beschließen, den Patienten persönlich kennenzulernen und finden einen freundlichen Herrn, der offensichtlich Freude an Ihrem Besuch hat. Er kann nicht mit Ihnen sprechen, den Sprachcomputer mag er nicht bedienen, aber auf bestimmte Fragen kann er antworten: Bei JA zeigt sein Daumen nach oben, bei NEIN nach unten. Herr H. geht in der Wohnung herum und fühlt sich bei seiner Mutter wohl. Allerdings habe die Kraft in den letzten Wochen schon nach- gelassen, sagt Frau H. Ernährt wird Herr H. über einen Magenschlauch. Hin und wieder käme es zur Aspiration und dann träten Erstickungsanfälle auf. > Was müssen Sie abklären? > Wie organisieren Sie die weitere Versorgung, falls Sie Herrn H. als Patienten übernehmen? > Welche Medikamente halten Sie für indiziert bzw. wie sieht die Krisenplanung aus? > Was könnten wichtige Schritte im Verlauf sein? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Informationen für Patienten mit ALS“, „Praxisplan Atemnot“ Arbeitsblatt 6
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 18 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 6: PNEUMOLOGISCHER PATIENT Herr F. ist 76 Jahre alt, lebt allein zu Hause und leidet an einer weit fortgeschrittenen COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Er wurde vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen, die Pneumologen bezeichnen die Erkrankung als austherapiert. Er hat die Maximal- therapie an Medikamenten und benötigt permanent Sauerstoff. Sie besuchen ihn auf Bitten des Pflegedienstes, der ihn täglich besucht – die Pflegekraft be- richtet über massive Atemnot, er könne das Bett so gut wie nicht mehr verlassen. Vor Ort f inden Sie Herrn F. im Pflegebett sitzend und sichtbar kurzatmig. Am Boden liegt seine Brille, die er alleine nicht aufheben könne, da die Luft dafür zu knapp sei. Sie verabreichen zunächst 3 Tropfen einer 2%igen Morphinlösung. Nach 15 Minuten kann sich Herr F. problemlos mit Ihnen unterhalten. Er berichtet begeistert von seiner Karriere als Musiker und dass er sich jetzt sehr einsam fühle. Sein Sohn habe den Kontakt zu ihm abgebrochen, weil er sich vor Jahren von seiner Mutter getrennt habe. Wie gehen Sie weiter vor bezüglich > Therapie- und Behandlungsplanung? > Krisenplanung? > Versorgungssituation? > Eruierung des Patientenwillens? > Familiärer/sozialer Situation? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Morphingabe bei Atemnot“, „Krisenplan für die Praxis: Atemnot“ Arbeitsblatt 7
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 19 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 7: KARDIOLOGISCHER PATIENT Herr P. steht kurz vor seinem 75. Geburtstag. Er war Geschäftsführer eines großen Sportvereins und in seinen jüngeren Jahren selbst immer sportlich aktiv gewesen. Er leidet aber seit zwei Jahrzehnten an mehreren schweren kardialen Erkrankungen. Es bestehen eine massive Herz insuffizienz mit einer Ejektionsfraktion von 15% und einer weit fortgeschrittenen und nicht mehr invasiv therapierbaren koronaren Herzkrankheit (KHK), durch die er bereits vier Herzin- farkte erlitten hat. Aufgrund einer Sinusarrhythmie wurde bereits vor 20 Jahren ein Herzschritt- macher eingesetzt. Sie kennen Herrn P. aus der Sprechstunde, haben ihn aber seit zwei Monaten nicht mehr ge sehen. Jetzt sitzt die Ehefrau vor Ihnen und berichtet über den Zustand ihres Mannes, der sehr schlecht sei – er leide permanent unter präkordialen Schmerzen und massiver Atemnot bei geringster Belastung, sodass er das Haus und eigentlich auch das Bett kaum noch verlassen könne. Herr P. habe dadurch kaum noch Lebensfreude. Sie gehen zum Hausbesuch – der Zustand ist tatsächlich bedauernswert. Herr P. hat sehr viel an Gewicht verloren, es bestehen Beinödeme und eine ausgeprägte obere Einflussstauung. Bei der körperlichen Untersuchung stellen Sie beidseitig Pleuraergüsse fest, ein beginnendes Lungenödem ist ebenfalls wahrscheinlich. Herr P. möchte auf gar keinen Fall nochmals in ein Krankenhaus, man habe ihm dort mehrfach sehr klar gesagt, dass man nichts mehr für ihn tun könne. Er möchte gerne noch seinen Ge- burtstag erleben und sich an diesem Tag von allen verabschieden, um dann in Frieden sterben zu können. Was tun Sie? Überlegen Sie, wie Sie das Gespräch mit dem Patienten und seiner Ehefrau weiter führen bezüglich > Patientenwunsch und Therapieziel? > Medikation und Krisenplanung? > Unterstützungsbedarf, soziales Netz? > Krisenplanung? > (Was antworten Sie auf die Frage, ob der Herzschrittmacher ihn am Sterben hindern werde?) Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Morphingabe bei Atemnot“, „Krisenplan für die Praxis: Atemnot“ Arbeitsblatt 8
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 20 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 8: „CHIRURGISCHER“ PATIENT Sie kennen Frau K. aus der Sprechstunde. Sie ist Diabetikerin, herzinsuffizient und hat ihr Leben lang viel geraucht – deshalb besteht auch eine schwere periphere arterielle Verschluss- krankheit (pAVK). An beiden Beinen hat sie offene Wunden, ein handtellergroßes Ulcus im Bereich des linken Knöchels hat sich infiziert und riecht übel. Die Infektion breitet sich aus, die mitbehandelnde Wundexpertin sowie die Diabetologin bestehen auf stationärer Behandlung mit der Option auf zeitnahe Unterschenkelamputation. Auf der Basis mehrere Wundabstriche wurde eine orale Antibiose angesetzt, die kurzfristig zu leichter lokaler Besserung geführt hatte, jetzt sei der Befund aber wieder rasch progredient. Frau K. verweigert eine stationäre Einweisung. Sie sei erst vor drei Monaten für sechs Wochen im Krankenhaus mit anschließender Reha gewesen, da sie gestürzt war und sich im Rahmen dessen eine Humerusfraktur zugezogen hatte. Der Arm ist immer noch kaum beweglich und schmerzt stark. Sie ist 81 Jahre alt und lebt mit ihrem ebenfalls betagten Ehemann in einer gro- ßen Altbauwohnung, die sie nicht verlassen will. Eine Demenz besteht nicht. Aufgrund der drohenden Sepsis besuchen Sie die Patientin nach Anruf der Wundexpertin zu Hause und besprechen die Situation mit ihr und ihrem Mann. Es gibt zwei Söhne, die laut Frau K. ihre Entscheidung mittragen. Sie schlagen zunächst eine intensive Schmerztherapie mit retardiertem Morphin vor. Der Ehe- mann hat Sorge, seine Frau könne morphiumsüchtig werden. > Welche Konsequenzen besprechen Sie mit Frau K. und ihrem Mann? > Wie sieht Ihr weiteres Betreuungskonzept aus? > Wie gehen Sie vor bezüglich der Angehörigen? Wer sollte noch informiert werden? > Wie gehen Sie mit den Bedenken des Ehemanns bezüglich einer Opiatabhängigkeit um? > Überlegen Sie, inwieweit die Medikation auch um Bedarfs- und Krisenmanagement ergänzt werden muss. > Wie können Sie dem Wunsch gerecht werden, Krankenhauseinweisungen zu vermeiden? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Morphinmythen“ Arbeitsblatt 9
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 21 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 9: PATIENT IN FRÜHER PHASE Vor Ihnen in der Sprechstunde sitzt erstmalig das Ehepaar P. Beide Eheleute sind hochbetagt (sie 92, er 94), aber rüstig. Sie besuchen zweimal wöchentlich einen Kurs für Progressive Mus- kelrelaxation und gehen täglich mindestens eine Stunde spazieren. Frau P. hat in ihrem Leben nie Medikamente eingenommen, sie möchte das auch weiterhin so halten und sich auch keine Blutprobe abnehmen lassen. Herr P. wirkt ebenfalls sehr fit, berichtet aber, dass sein Urologe nun leider ein Prostatakarzinom festgestellt hat, das auch in die Knochen metastasiert hat. Da er hin und wieder unter starken Kopfschmerzen leide, habe er zugestimmt, eine Computerto- mografie machen zu lassen, hierbei sei eine Hirnmetastase festgestellt worden. Herr P. hofft, dass diese langsam wachsen werde, die Kopfschmerzen bekämpfe er notfalls mit Novaminsulfontropfen. Auch sonst habe er kaum Schmerzen, außer manchmal im Rücken, das sei aber gut auszuhalten. Er nehme, mehr dem Urologen zuliebe, ein Hormonpräparat ein, sonst wolle er nichts machen lassen. Das Ehepaar bittet Sie, die Betreuung zu übernehmen und möchte wissen, wie es nun weiter gehen werde. > Übernehmen Sie den Patienten? > Was können Sie den beiden anbieten? > Welche Therapievorschläge machen Sie? > Müssen weitere Schritte unternommen werden? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“ Arbeitsblatt 10
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 22 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 10: STERBENDER PATIENT Die Onkologin, mit der Sie zusammenarbeiten, ruft am Freitag an und bittet Sie um Übernahme eines Patienten. Herr G. ist 68 Jahre alt und immer gesund gewesen, bis er vor drei Jahren, kurz nach seiner Berentung, an einem Colonkarzinom erkrankt ist. Er wurde operiert, ein zwischen- zeitlich angelegter Anus praeter ist erfolgreich zurückverlegt worden. Vor drei Monaten sind jedoch mehrere Lebermetastasen festgestellt worden, auch in der Lunge wird radiologisch eine Metastasierung vermutet. Die Kollegin berichtet, er sei bis vorgestern weiterhin regelmäßig bei ihr in der Praxis gewesen und erhalte eine ambulante Chemotherapie. Heute habe aber die Ehefrau angerufen, dass er zu schwach dafür sei. Sie wisse gar nicht, was da jetzt plötzlich los sei, die Blutwerte seien immer so gut gewesen. Wahrscheinlich reiche es aus, wenn Sie nach dem Wochenende mal dort vor- bei gingen, meint die Onkologin. Sie rufen vorsichtshalber doch noch am selben Tag unter der angegebenen Telefonnummer an – die Ehefrau meldet sich mit den Worten: „Gottseidank, Herr/Frau Doktor, wenn Sie sich jetzt nicht gemeldet hätten, hätte ich die Feuerwehr gerufen. Er sieht gar nicht gut aus und hat so starke Schmerzen.“ Sie machen zeitnah den Erstbesuch. Herr G. liegt auf dem Sofa, neben ihm steht ein Eimer. Er wimmert vor sich hin. Kontaktfähig ist er nur bedingt, er hat die Augen meist geschlossen, wenn er sie öffnet, schaut er Sie nicht an, sondern irgendwohin nach oben. Seine Lippen sind trocken, die Beine und auch der Bauch dick angeschwollen, Luftmangel scheint er nicht zu haben. Auf dem Tisch liegen diverse Unterlagen, Arztbriefe, Laborbefunde, auch eine Patientenver fügung können Sie auf den ersten Blick erkennen. > Was tun Sie als Erstes? > Was besprechen Sie mit der Ehefrau? Bedenken Sie auch, wo Sie das Gespräch führen. > Ziehen Sie weitere Betreuungspersonen hinzu? > Wie sieht Ihre Behandlungs- und Krisenplanung aus? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Checkliste Letzte Tage“, „Ernährung und Flüssigkeit am Ende des Lebens“, SOP (Standard Operating Procedure) Sterbephase und Versorgung Verstorbener der AG Palliativmedizin der Deutschen Krebshilfe (in: Der Onkologe, SpringerMedizin Verlag GmbH Berlin) Arbeitsblatt 11
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 23 MODUL: AMBULANTE PALLIATIVVERSORGUNG BEISPIELFALL 11: JUNGER PATIENT Ein Ehepaar hat einen Sprechstundentermin bei Ihnen ausgemacht: Herr und Frau H., die Sie seit langem kennen, berichten von ihrer Tochter, jetzt 25, die mit 23 Jahren ein inzwischen mehrfach metastasiertes Magenkarzinom entwickelt hat. Sie musste ihr Medizinstudium ab- brechen und hat eine Odyssee durch Krankenhäuser durchlaufen, bis jetzt neue Metastasen in der Wirbelsäule zu einem tiefen Querschnitt geführt haben. Sie leidet unter starken Schmerzen und wird zu Hause gepflegt. Ein Pflegedienst ist beteiligt, der aber zu erkennen gibt, dass er mit der Situation überfordert ist, auch weil sich die junge Frau kaum bewegen lässt. Die Eltern bitten dringend um einen Hausbesuch. Sie sehen sich die Situation vor Ort an. Die Patientin ist an eine Schmerzpumpe angeschlos- sen, die über den Port läuft. Allerdings ersehen Sie, dass es bisher keine Bedarfsgaben gibt. Im Entlassungsbrief steht, die Schmerzen seien mit der entsprechenden Dauerdosierung von Morphin gut eingestellt. Außerdem kommt im Gespräch zu Tage, dass die junge Frau Angst hat, immer mehr Morphin zu benötigen und deshalb einer zusätzlichen Gabe bisher nicht zuge- stimmt hat. Die Eltern und auch die junge Frau, die Sie schon als Kind kennengelernt haben, bitten Sie, Sie mögen doch auch weiterhin zu ihr nach Hause kommen und sie betreuen. > Wie entscheiden Sie sich? > Welche weiteren Unterstützungsmöglichkeiten schlagen Sie für die Familie vor? > Was tun Sie bezüglich Krisenplanung? > Sprechen Sie auch die weitere Vorgehensweise an (z.B. Patientenwunsch)? Hilfreiche Literatur: „Checkliste Erstkontakt“, „Morphinmythen“ Arbeitsblatt 12
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