DAS WEGWERF-PRINZIP: WIE SCHEINLÖSUNGEN DER VERPACKUNGSINDUSTRIE DIE MÜLLBERGE WACHSEN LASSEN - GREENPEACE GREENWIRE
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Inhalt Die globale Krise durch Kunststoffverschmutzung dringt 4 Teil 1 immer stärker ins öffentliche Bewusstsein, verstärkt durch die wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnisse Einführung über ihre ökologischen und sozialen Auswirkungen. Im- mer mehr Menschen aus aller Welt werden aktiv und su- chen nach Lösungen, die die meisten Großunternehmen 8 Teil 2 bisher nicht umgesetzt haben: die Vermeidung billiger Papier: Falsche Versprechen Einweg-Kunststoffverpackungen und die Forderung nach Mehrweglösungen für Alltagsgüter. Kleine Unternehmen entwickeln inspirierende, innovative (und manchmal na- 12 Teil 3 heliegende, einfache) Verpackungsmethoden und -mo- delle. Eine wachsende globale Bewegung trägt zu einer Falsche Versprechen: „Biokunststoffe“ – nachhaltigen Wirtschaft bei, die auf Mehrwegprodukte die neue Form des „Greenwashing“ und nicht auf Wegwerfartikel setzt. Einige der weltweit größten Unternehmen, die riesi- 14 Teil 4 ge Mengen an verschwenderischen Einweg-Kunststoff- verpackungen produzieren, sehen sich gezwungen, auf Unser Recycling-System: das steigende Bewusstsein für das Problem der globa- Gefährdet durch Plastik len Plastik-Krise zu reagieren. Einige haben Zusagen ge- macht, die auf den ersten Blick ambitioniert erscheinen. Aber eine genauere Prüfung zeigt, dass die Unternehmen 20 Teil 5 meist auf dem gleichen Weg weitergehen: Sie investieren in falsche Lösungen, die uns nicht vom Einweg-Plastik Chemisches Recycling – Toxische Technologie wegführen, sondern die Wegwerfkultur aufrechterhal- als vermeintliche Lösung ten, die Öffentlichkeit irreführen und zugleich die Auf- merksamkeit von besseren Systemen ablenken. 26 Teil 6 Aber eine Umgestaltung dieser Prozesse ist entschei- dend für die Zukunft unserer Gesellschaft. Die größten Fazit: Wir brauchen eine Unternehmen der Welt sollten nicht in der Vergangen- Wiederverwendungs-Revolution! heit stecken bleiben, indem sie auf falsche Lösungen set- zen, sondern dringend ihre Geschäftsmodelle umstellen und dem Beispiel von Menschen auf der ganzen Welt fol- gen, die an einem gerechten Übergang von einer Einweg- zu einer Mehrweg-Wirtschaft einleiten. 2
Teil 1 Die Belastung durch Plastikmüll stellt eine Bedrohung Gesundheit darstellen.19 Auch wenn diese Chemikalien für unsere Umwelt dar. Jede Minute wird das Äquivalent oft nur in kleinen Mengen in Verpackungen vorhanden einer Lastwagenladung Plastik in den Ozean geschüt- sind, kann die Wirkung einer Kombination verschiede- tet.1 Dort zerfällt der Kunststoff mit der Zeit in immer ner Schadstoffe gravierend sein.20 kleinere Stücke. Studien schätzen, dass es heute zwi- schen fünf und 50 Billionen Kunststoffpartikel in unse- Obwohl immer mehr Forschungsergebnisse über die ren Ozeanen gibt.2 Diese Kunststoffe werden oft von irreversiblen Schäden, die Kunststoff für Mensch und Einführung Meerestieren aufgenommen, die daran ersticken oder dadurch verhungern können. Umwelt verursachen kann, veröffentlicht werden, wird die Kunststoffproduktion voraussichtlich zunehmen. Die Industrie der fossilen Brennstoffe will die Produk- Die Plastikverschmutzung beschränkt sich nicht nur auf tion im nächsten Jahrzehnt um weitere 40 % steigern.21 den sichtbaren Müll im Meer und an den Stränden. Der Kunststoffe könnten 20 % des gesamten weltweiten Öl- überwiegende Teil aller jemals produzierten Kunststoffe verbrauchs ausmachen.22 Unternehmen wie Shell und lagert auf Mülldeponien oder wurde in die Umwelt ab- ExxonMobil haben seit 2010 insgesamt 180 Milliarden gegeben und verbleibt dort in irgendeiner Form.3 Es gibt Dollar in die Kunststoffproduktion investiert und dabei immer mehr Nachweise von Kunststoff in Gewässern4, billiges Erdgas verwendet, das in den USA durch hydrau- Boden5 und der Atmosphäre6, und es ist noch mehr lische Frakturierung („Fracking“) gefördert wurde.23 Forschung zu dessen Auswirkungen auf Umwelt und Petrochemie-Unternehmen bauen die Kunststoffpro- Gesundheit erforderlich.7 Kunststoff hat zu jedem Zeit- duktion an der Golfküste der Vereinigten Staaten aus,24 punkt seines Lebenszyklus bekannte und potenzielle wo die Gemeinden seit langem gegen die toxischen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Auswirkungen der Öl- und Gasraffination kämpfen.25, 26 Auch europäische Unternehmen beuten Erdgasvor- Neunundneunzig Prozent der Kunststoffe werden aus kommen aus – die Ineos Corporation macht die größten Öl oder Gas hergestellt8, deren Gewinnung und Raffina- petrochemischen Investitionen in die Infrastruktur der tion zum Klimawandel, zur Luftverschmutzung und zum Kunststoffproduktion in der EU seit 20 Jahren.27, 28 Dazu Risiko für Unfälle und Umweltverschmutzung beitragen.9 gehört auch eine „virtuelle Pipeline“, die Europa mit bil- Kumulative Auswirkungen der Kunststoffproduktion auf ligem Fracking-Gas aus den USA überschwemmen soll, die umliegenden Gemeinden sind nicht immer Teil von um Kunststoff herzustellen.29, 30, 31 Dieser Plan hat einen Umwelt- oder Sicherheits-Risikobewertungen, die die internationalen Aufschrei ausgelöst.32 In Asien wird be- Auswirkungen von Chemikalien häufig nur isoliert do- richtet, dass Petrochemie-Produzenten wie Sinopec, kumentieren.10 Die Klimaauswirkungen von Kunststoff Petronas und Hengli Petrochemical Milliarden Dollar in sind gravierend: Aktuelle Schätzungen deuten darauf den Ausbau der Kunststoffproduktion investieren.33 hin, dass bis 2050 die globalen Treibhausgasemissionen durch Kunststoffe bis zu 10–13 % des verfügbaren „Bud- Da billig verfügbarer, fabrikneuer Kunststoff den Markt gets“ der uns verbleibenden Emissionen ausmachen überschwemmt, können Einwegverpackungen aus Kunst- könnten.11 Einige Schätzungen gehen davon aus, dass stoff zu einer Rettungsleine für die Öl- und Gasindus- allein bis Ende 2019 weltweit bei der Herstellung und trie werden. Lösungen, die sich auf die Verbesserung des Verbrennung von Kunststoffen das CO2-Äquivalent von „End-of-Life“-Managements von Kunststoffen konzentrie- 189 Kohlekraftwerken emittiert wird.12 ren, werden jedoch nur funktionieren, wenn der Ölhahn zugedreht wird. Um die Funktionalität von Kunststoff zu gewährleisten und die gewünschten Eigenschaften in Bezug auf Sta- bilität, Flexibilität oder Aussehen zu erzielen, werden chemische Zusätze benötigt.13 Diese können krebsför- dernde oder auf den Hormonhaushalt wirkende Che- mikalien wie Phthalate beinhalten.14 Einige Kunststoffe können gefährliche Chemikalien freisetzen, wie zum Beispiel BPA (Bisphenol-A) aus Polycarbonat15, 16, 17, 18 und Phthalate aus PVC. Obwohl viel über die gefährlichen Auswirkungen dieser Chemikalien auf das Fortpflan- zungssystem und andere Aspekte unserer Gesundheit bekannt ist, betonen Wissenschaftler die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zu den Risiken, die Zusatz- stoffe in Lebensmittelverpackungen für die menschliche
Reduzierung von Kunststoff. So wollen sie das Vertrau- Kundenfreundlichkeit und mehr Wahlmöglichkeiten. en der Verbraucher gewinnen und sie davon überzeu- Grundsätzlich müssen Unternehmen ihre Geschäfts- gen, dass sie an Lösungen zur Bewältigung der Kunst- modelle neu ausrichten, weil sie erkennen müssen, stoffkrise arbeiten. Aber nicht alle der beworbenen dass wir keine Einwegverpackungen mehr produzieren „Lösungen“ sind gleich effektiv oder gerecht. können, die nur wenige Sekunden verwendet werden, aber unseren Planeten über Generationen hinweg ver- Jede Lösung für die globale Krise der Kunststoffver- schmutzen. schmutzung sollte zum Übergang41 zu einer kunst- stofffreien Wirtschaft beitragen. Durch eine sogenannte „People‘s Solutions Lens“42 lassen sich Lösungen finden, von denen die Menschen und unser Planet möglichst gerecht und vielfältig profitieren werden. Warnung: Ungenauigkeiten in der Lebens- • Wer trifft die Entscheidungen? Unterstützen und zyklus-Analyse Viele Unternehmen werden fördern sie die Selbstbestimmung der Gemeinschaft? behaupten, dass Kunststoff laut „Life Cycle Ist die politische Steuerung angemessen, damit alle Assessments“ (LCAs oder auf Deutsch: Öko- Entscheidungen, die von Unternehmen getroffen bilanzen) die umweltfreundlichste Option werden, dem Gemeinwohl dienen? für jede Art von Verpackung ist. Ökobilan- zen sind Entscheidungshilfen, mit denen ver- • Wer profitiert von der Lösung? Trägt sie zu unserer schiedene ökologische oder soziale Auswir- kollektiven Gesundheit und zum Schutz unserer na- kungen verglichen werden können, die alle türlichen Ökosysteme bei oder ermöglicht sie Unter- Phasen des Produktlebenszyklus betreffen nehmen, die Kosten ihrer Geschäfte weiterhin auf die – von der Rohstoffgewinnung über die Her- Allgemeinheit und unseren Planeten zu verlagern? stellung, den Vertrieb, die Nutzung und was Führt sie zu einem echten systemischen Wandel? nach dem Ende der Lebensdauer („End of Life“) mit dem Produkt geschieht. • Wen oder was wird die Lösung beeinflussen? Wird sie unbeabsichtigte Folgen für Menschen und die Diese Ökobilanzen können zwar als Ent- globale Umwelt haben? Gibt es genügend Informatio- scheidungshilfen dienen, bieten aber oft „Peak Plastic“: Zeit für eine Umkehr nach neuen Technologien, die es diesen Unternehmen nen, um die Auswirkungen einzuschätzen? eine selektive Sichtweise, je nachdem, wel- ermöglichen, ihre Geschäfte wie gewohnt fortzusetzen – che Annahmen vorausgesetzt und welche Kunststoffverpackungen machen den größten Teil der anstatt die Nachfrage nach Kunststoff zu reduzieren. Die Krise der Kunststoffverschmutzung wird nur dann Daten verwendet werden oder verfügbar globalen Kunststoffherstellung aus.34, 35, 36 Sie verursa- gelöst, wenn Unternehmen, die von Einweg-Kunststof- sind.44 Einige Ökobilanzen zeigen Kunststoff chen auch die meisten Kunststoffabfälle in der Umwelt, Bislang hat sich noch kein größerer FMCG-Produzent fen profitieren, zur Umkehr bewegt werden können und als die umweltfreundlichste von mehreren da Verpackungen meist auf den Einmalgebrauch ausge- verpflichtet, das Gesamtvolumen oder die Anzahl der sich zu einer baldigen Reduktion der Menge der von ih- Optionen, aber schließen oft wichtige Teile legt sind.37 Einheiten von Einwegverpackungen, die er verkauft, nen verkauften Einwegverpackungen verpflichten. Ein des Kunststofflebenszyklus aus: die Gewin- zu reduzieren oder signifikant in nachfüllbare Verpa- offensichtlicher erster Schritt ist die sofortige Beseiti- nung von Rohstoffen, die Produktion, die Globale und regionale Abfall-Überprüfungen haben ge- ckungen oder Mehrweg-Liefersysteme zu investieren, gung unnötiger und übermäßiger Verpackungen wie Freisetzung gefährlicher Chemikalien, die zeigt, dass große Hersteller von „Fast Moving Consumer und nur wenige Unternehmen haben überhaupt ihren etwa Kaffeekapseln. Entsorgung am Ende des Lebenszyklus oder Goods“ (FMCG-Hersteller) wie Nestlé, PepsiCo, Procter & „Kunststoff-Fußabdruck“ offenbart.40 Unternehmen und die Meeresverschmutzung. So behauptet bei- Gamble, Coca Cola und Mondelez für den größten Teil Einzelhändler, die Einweg-Kunststoffverpackungen ver- Die Unternehmen müssen außerdem einen öffentlich spielsweise eine aktuelle dänische Studie, der weltweit untersuchten Kunststoffverpackungen von wenden, müssen dringend klare, überprüfbare Redukti- zugänglichen, umfassenden Plan für Investitionen in dass leichte LDPE-Kunststofftragetaschen Markenherstellern verantwortlich sind.38, 39 onsziele festlegen, um die Anzahl der in Einweg-Kunst- neue Verfahren und Prozesse beschließen. Ziel dieses die geringsten Umweltauswirkungen im Ver- Als Reaktion darauf haben viele FMCG-Hersteller ver- stoff verpackten Produkte zu verringern. Sie müssen Plans muss sein, den Verbrauchern Produkte in wie- gleich zu Papier, Baumwolle und anderen schiedene Selbstverpflichtungen abgegeben, um ihre erheblich in neue Liefersysteme investieren, die auf derverwendbaren und nachfüllbaren Verpackungen ausgewählten Materialien haben. Aber der Kunststoffverpackungen leichter recyclingfähig, wieder- nachfüllbaren und Mehrwegverpackungen aus langlebi- anzubieten, die langlebig, erschwinglich und verantwor- Ansatz der Studie und ihre Annahmen be- verwendbar oder kompostierbar zu machen – oder sie gen Materialien basieren. tungsbewusst hergestellt sind. Derzeit gibt es viele ver- günstigen Einweglösungen, indem sie die direkt aus Recycling-Produkten herzustellen. Obwohl schiedene Wiederverwendungs- und Nachfülloptionen, Vorteile der Wiederverwendung aus langlebi- diese Verpflichtungen ein wichtiger Schritt nach vorn und mit Innovationen könnten noch mehr entwickelt geren Materialien nicht berücksichtigen. Die sind, haben sich die meisten Pläne zum Erreichen die- Nicht alle Lösungen sind gleich gut werden. Die Ellen MacArthur Foundation schätzt, dass Studie geht auch – unrealistischerweise – da- ser Ziele auf falsche Lösungen konzentriert: Umstellung der Austausch von nur 20 % der Einwegverpackungen von aus, dass dadurch keine Abfälle anfallen von Kunststoffen auf andere Formen von Einwegverpa- Scheinbar jeden Tag bewerben grosse FMCG-Unterneh- einen Wert von 10 Milliarden Dollar ausmachen könn- und keine Plastiktüten aus Recycling- und ckungen, Investitionen in Partnerschaften zur Verbesse- men und Einzelhändler sowie kleinere Start-ups oder te.43 Dazu kämen andere Vorteile, die über die verringer- Abfallmanagementsystemen in die Umwelt rung von Recycling und Abfallwirtschaft oder die Suche Unternehmer eine neue Innovation oder einen Weg zur ten Umweltauswirkungen hinausgehen – beispielsweise gelangen.45 6 7
Teil 2 Papier: Falsche Versprechen Erwärmung auf 1,5 °Celsius reicht es nicht aus, allein die digte McDonald‘s beispielsweise 2018 an, dass es seine Emissionen zu reduzieren. Wir werden auch große Men- Kunststoffstrohhalme in Großbritannien und Irland auf gen an CO2 aus der Atmosphäre entfernen müssen – und Papier umstellen würde (als Reaktion auf die Beden- der effektivste Weg dazu sind die Wiederherstellung ge- ken bezüglich Kunststoffen), aber die Dicke der neuen schädigter Wälder und die Wiederaufforstung großer Tei- Papierstrohhalme und die Verwendung von Klebstof- le in der Vergangenheit gerodeter Waldflächen.56 Diese fen machen sie unvereinbar mit den derzeitigen Recy- Ziele sind grundsätzlich unvereinbar mit einem Anstieg cling-Systemen.59 Insgesamt kann das derzeitige Papier- Einige Unternehmen versuchen, ihr Kunststoffproblem dafür gelobt,52 denn Papier gilt seit langem als umwelt- der Abholzung und der industriell genutzten Plantagen. recycling keinen nachhaltigen Weg für eine Steigerung zu lösen, indem sie ihre Einwegverpackungen von freundlicheres Material. In Wirklichkeit ist dieser Wech- der Papierverpackungen bieten. Kunststoff auf Papier umstellen. Dunkin‘ Donuts hat ei- sel jedoch problematisch. Obwohl Papier seit Jahrhunderten recycelt wird, liefern nen Wechsel von Plastikschaumbechern zu Papierbe- die derzeitigen Papierrecycling-Systeme in vielen Län- FMCG-Hersteller führen oft Zertifizierungen von Dritt- chern angekündigt,46 und McDonald‘s und Starbucks ga- Wälder spielen eine einzigartige Rolle, indem sie die Ar- dern nicht genügend hochwertige Recyclingfasern. Das anbietern wie zum Beispiel den „Forest Stewardship ben beide eine Umstellung auf Papierhalme bekannt.47 tenvielfalt unterstützen, Kohlenstoff aufnehmen und ist zum Teil auf die Kontamination im Recyclingprozess Council“ (FSC) als Beweis dafür auf, dass ihre neuen Pa- Insbesondere Nestlé hat die Umstellung auf Papier-Ver- speichern, indigenen Völkern Lebensunterhalt und Exis- zurückzuführen und veranlasst Gemeinden dazu, große pierverpackungen verantwortungsbewusst bezogen packungen hervorgehoben48 und verkündet, dass die tenzgrundlage bieten und eine Reihe von ökologischen Mengen an Papier zu verbrennen oder zu deponieren, werden.60 Einige FMCG-Unternehmen könnten die ver- neue Verpackung für seine Yes!-Schokoriegel patent- Funktionen übernehmen, die das Leben auf der Erde die für das Recycling gesammelt wurden.57, 58 Große FM- stärkte Beschaffung von Einwegverpackungen aus zer- frei ist, weil das Unternehmen „die Industrie bei der erhalten.53 Die Zellstoff- und Papierindustrie verursacht CG-Unternehmen, die eine Umstellung auf Papierver- tifizierten Quellen als verantwortungsbewussten Weg in Verwendung von Papier unterstützen will“.49 Nestlé hat erhebliche Umweltauswirkungen und beschleunigt den packungen angekündigt haben, scheinen sich dieser die Zukunft sehen. Die Forstzertifizierung kann ein nütz- auch auf Papierstrohhalme für Nesquik-Papierbehälter Klimawandel,54 da Holzeinschlag und großflächige Plan- Einschränkungen nicht bewusst zu sein; keines von ih- liches Instrument sein. Aber auch FSC-zertifizierte Fa- in Europa umgestellt,50 und Papierverpackungen für Mi- tagen zur industriellen Nutzung die natürlichen Wald- nen hat sich verpflichtet, ausschließlich recycelte Fasern sern können die negativen Auswirkungen nicht verhin- lo-Drinks werden in Asien folgen.51 Unternehmen wer- gebiete schrumpfen lassen und große Mengen an CO2 zu beziehen, und viele ignorieren sogar die zukünftige dern, die jede Form der Abholzung auf das Ökosystem ten diese Umstellungen als positive Schritte und werden freisetzen.55 Im Wettlauf um die Begrenzung der globalen Recyclingfähigkeit ihrer Papierverpackungen. So kün- eines Waldes hat – beispielsweise auf die Speicherung 8 9
von Kohlenstoff oder die im Wald lebenden Wildtiere. Zertifizierte, nachhaltige Holzprogramme können keine zusätzliche Nachfrage verkraften, da das aktuelle Ange- bot an FSC-zertifizierten Fasern begrenzt ist und auch nicht genügend aussagekräftige Nachhaltigkeitskenn- zahlen liefert. So übersteigt beispielsweise die aktuelle Nachfrage bereits die Verfügbarkeit von nachhaltig pro- duzierten Fasern in den USA und Kanada, und es ist un- gewiss, ob es genügend neu zertifizierte FSC-Fasern ge- ben wird, um die zusätzliche Nachfrage zu decken.61 Dies hat einige Unternehmen veranlasst,62 sich entwe- der auf weniger strenge Elemente des FSC-Systems zu verlassen, die keine Garantien vor Ort bieten können,63 oder sich auf andere, wesentlich schwächere Systeme wie die „Sustainable Forestry Initiative“ oder das „Pro- gramme for the Endorsement of Forest Certification“ zu verlassen.64 Außerdem garantiert die Beschaffung von FSC-zertifizierten Fasern in einigen Regionen keinen verantwortungsvollen Holzeinschlag – dazu gehören Russland, das Kongobecken und Skandinavien, wo FSC mit dem massiven Verlust intakter Waldlandschaften und der Zerstörung von Wäldern mit hohem Schutzwert zu kämpfen hatte und auch die Souveränität und Men- schenrechte der indigenen Bevölkerung nicht ausrei- chend berücksichtigt wurden.65, 66, 67 So erweitert der schwedische Zellstoff- und Papierrie- se Svenska Cellulosa AB (SCA) seine Aktivitäten in den borealen Wäldern – auch, um der wachsenden Nach- frage der Verpackungshersteller gerecht zu werden.68 Die Forstbetriebe von SCA sind FSC-zertifiziert, aber indigene Gemeinschaften haben sich aktiv gegen die Umwandlung von ursprünglich gewachsenen Wäldern in Plantagen durch SCA ausgesprochen.69 SCAs Kunden stellen Kartonverpackungen her, die an Amazon, IKEA, L‘Oréal, Mars, Mondelez, Nestlé,70 Procter & Gamble und Unilever verkauft werden. Viele sind zum einmaligen Gebrauch bestimmt und könnten relativ einfach durch wiederverwendbare Liefersysteme ersetzt werden.71 Angesichts der derzeitigen Auswirkungen auf die bereits begrenzten Waldressourcen müssen deutlich größe- re Waldflächen als bisher geschützt und wiederaufge- forstet werden, anstatt sie in Einwegverpackungen zu verwandeln. Unser Planet hat schlicht nicht genügend Ressourcen, um die zusätzliche Nachfrage von Unter- nehmen zu befriedigen, die ihre Einweg-Kunststoffver- packungen durch Papier oder Pappe ersetzen wollen. Unternehmen müssen sich generell zu einer deutlichen Reduzierung von Verpackungen und zur Umstellung auf alternative Liefersysteme wie Wiederverwendung und Nachfüllung verpflichten. Das ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, und noch haben wir Zeit zu handeln. 10
Teil 3 kompostierbar sind und sogar Kunststoffe auf Basis tigkeitsbedingungen werden jedoch in der natürlichen fossiler Brennstoffe beinhalten können. Umgebung selten oder gar nicht erfüllt,87, 88, 89 und wenn dieser biologisch abbaubare Kunststoff zerfällt, löst er Biobasierter Kunststoff bezieht sich auf Kunststoffe, sich oft nicht vollständig auf, sondern zerfällt wie jedes die nicht aus fossilen Brennstoffen, sondern aus Pflan- andere Plastikmaterial in kleinere Stücke, darunter auch zenmaterial wie Mais oder Zuckerrohr hergestellt wer- Mikroplastik, das von Tieren aufgenommen werden und den.76 Biobasierter Kunststoff macht nur etwa 1 % des in unsere Nahrung gelangen kann. Der Eindruck, dass Falsche Versprechen: auf dem Markt erhältlichen Kunststoffs aus.77 Obwohl derzeit daran geforscht wird, um die Menge an bioba- diese Produkte „natürlicher“ sind, weil sie aus Pflanzen stammen, ist ebenfalls falsch: Bei der Herstellung von „Biokunststoffe“ – die neue siertem Material zu erhöhen,78 besteht der größte Teil biobasierten Kunststoffen können ähnliche chemische der biobasierten Kunststoff-Produkte derzeit teilweise Zusatzstoffe zum Einsatz kommen bei herkömmlichen noch aus fossilem Kunststoff. So besteht die von großen fossilen Kunststoffen.90 Form des „Greenwashing“ Getränkekonzernen verwendete NaturALL-Flasche zu 30 % aus biobasiertem Kunststoff und zu 70 % aus fossi- lem Kunststoff.79 Kompostierbarer Kunststoff: Ein weiterer verwirren- der Marketingkniff im Zusammenhang mit biobasier- ten Kunststoffen und biologischer Abbaubarkeit ist die Der Großteil der biobasierten Kunststoffe stammt Behauptung, dass Einwegartikel kompostierbar seien. aus landwirtschaftlichen Nutzpflanzen, die mit Nah- Kompostierbarer Kunststoff wurde entwickelt, um sich rungspflanzen konkurrieren und dadurch die Ernäh- unter bestimmten Bedingungen, die entweder in in- rungssicherheit gefährden sowie den Wandel der dustriellen Kompostieranlagen91 oder seltener in Haus- Landnutzung und die Emissionen der Landwirtschaft kompostierungssystemen92 erfüllt werden, vollständig vorantreiben.80, 81 Weltweit ist die Produktion landwirt- zu zersetzen, anstatt in kleine Fragmente zu zerfallen. schaftlicher Rohstoffe die Hauptursache für Entwaldung Aber nicht alle Kommunen verfügen über industrielle und Zerstörung des Lebensraums;82 landwirtschaftliche Kompostieranlagen, und viele können kompostierbare Nutzpflanzen, Forstwirtschaft und andere Landnutzun- Kunststoffverpackungen nicht recyceln, sodass diese gen sind für ein Viertel der weltweiten Treibhausgase- häufig auf Deponien landen oder verbrannt werden. missionen verantwortlich.83 Ein wachsender Teil der Darin unterscheiden sie sich kaum von herkömmlichen landwirtschaftlichen Nutzfläche wird für Non-Food-Kul- Einweg-Kunststoffen. turen genutzt, die meist auf großen, industriell genutz- ten Plantagen angebaut werden, welche sowohl natür- Einige neue Technologien nutzen für die Herstellung bio- liche Lebensräume als auch Kleinbauern verdrängen.84 basierter Verpackungen nichtlandwirtschaftliche Nutz- Während sich einige FMCG-Produzenten wie Unilever pflanzen wie Algen und Seegras – oder auch Methan.93 verpflichtet haben, ihren biobasierten Kunststoff aus Es handelt sich hierbei um neue Technologien und Pro- nachhaltigen Quellen zu beziehen, erfüllt die häufig zi- zesse, die noch auf eine transparente Bewertung ihrer tierte „Bioplastic Feedstock Alliance“ nicht die Anforde- Auswirkungen warten. Einige biobasierte Verpackungs- rungen an einen unabhängigen Zertifizierungsstandard. materialien, die nach agroökologischen Grundsätzen angebaut werden oder lokale landwirtschaftliche Abfäl- Auch wenn viele Verbraucher glauben mögen, dass le oder Nebenprodukte verwenden, können Bestandteil sich alle biobasierten Kunststoffe auf natürliche Wei- eines Gesamtplans zur Vermeidung von Einweg-Kunst- se zersetzen, wenn sie in die Umwelt gelangen oder stoffverpackungen sein – sofern diese Materialien nicht deponiert werden, ist dies nicht unbedingt der Fall. So- mit Nahrungspflanzen konkurrieren oder die Fruchtbar- wohl herkömmliche fossile Kunststoffe als auch bioba- keit des Bodens negativ beeinflussen. Beispielsweise sierte Kunststoffe können unter bestimmten Bedin- könnten Lebensmittel in tropischen Gebieten in Bana- gungen abgebaut werden; diese werden entweder als nenblätter verpackt werden. Generell sollte ein sehr vor- abbaubare oder biologisch abbaubare Kunststoffe sichtiger Ansatz für industriell verarbeitete, biobasierte Als Reaktion auf die wachsende öffentliche Besorgnis flaschen zu ersetzen, und viele Tüten oder Wegwerfar- bezeichnet.85, 86 Die erforderlichen Hitze- und Feuch- Kunststoffverpackungen gewählt werden. über konventionelle Einweg-Kunststoffe tauschen viele tikel (Besteck, Teller usw.) werden zunehmend als „bio- Unternehmen Einweg-Plastik aus fossilen Brennstof- logisch abbaubar“ vermarktet. Diese Begriffe können fen gegen biobasierte Kunststoffe, die oft fälschlicher- für den Kunden verwirrend sein, insbesondere wenn weise als biologisch abbaubar oder kompostierbar allgemeine „Greenwashing“-Begriffe wie „öko“, „bio“ propagiert werden. Mehrere Unternehmen – zum Bei- oder „umweltfreundlich“ fürs Marketing verwendet spiel Coca-Cola72, Danone73, Nestlé74, PepsiCo75 – ver- werden. Das Wort „Biokunststoffe“ hat keine einheitli- wenden biobasierte Kunststoffe, um einen Teil der che Definition und wird oft für Kunststoffe verwendet, herkömmlichen fossilen Kunststoffe in ihren Getränke- die entweder biobasiert, biologisch abbaubar oder 12 13
Teil 4 FMCG-Unternehmen und die Kunststoffindustrie pro- pagieren seit langem die Idee, dass Recycling der beste Weg ist, um Kunststoff nicht auf Deponien gelangen zu lassen94 – doch global gesehen wurden mehr als 90 % aller jemals produzierten Kunststoffe nicht recycelt.95 Kunststoffe landen viel häufiger auf Deponien, in Ver- brennungsanlagen oder in der Umwelt als in der Wie- Unser Recycling-System: derverwertung. Gefährdet durch Plastik Dennoch konzentrieren sich die Selbstverpflichtungen der Unternehmen zur Bekämpfung der Kunststoffflut überwiegend darauf, die Zahl der recycelten oder recy- celbaren Inhaltsstoffe zu erhöhen und technologische Recycling-Lösungen zu fördern. Zahlreiche Berichte ha- ben jedoch gezeigt, dass die Recyclingsysteme weder genügend Material gewinnen, um die Nachfrage nach Kunststoff aus fossilen Quellen zu reduzieren,96, 97, 98 noch eine ordnungsgemäße Entsorgung gewährleisten – denn diese Ziele sind wegen der problematischen Inhaltsstof- fe des Plastiks, der Kunststoffmischungen und der enor- men Produktionsmengen schlicht nicht erreichbar. Die existierenden Recyclingsysteme können mit der enormen Menge an Kunststoffabfällen nicht mithalten. Selbst in Deutschland, das eine der höchsten Recycling- quoten der Welt vorweisen kann gemessen an der ge- sammelten Menge, werden ca. 60 % aller Kunststoffabfäl- le verbrannt und nur 38 % recycelt.99 In der EU wurden insgesamt 31 % der im Jahr 2016 gesammelten Kunst- stoffabfälle als recycelt gemeldet100 – obwohl ein Groß- teil davon in ärmere Länder exportiert wird, ohne dass bekannt ist, was dort letztendlich mit dem Plastikmüll ge- schieht. Dieses Muster wiederholt sich in den USA, wo im Jahr 2015 nur 9 % der Plastikabfälle recycelt wurden (laut neuesten verfügbaren Zahlen der Regierung101). Die tat- sächlich im Inland recycelte Menge könnte laut einer Ana- lyse nur 2 % des gesamten Kunststoffabfalls betragen.102 Kunststoffverpackungen aus Polyethylenterephthalat (PET), beispielsweise Limonaden- und Wasserflaschen, so- wie aus hochdichtem Polyethylen (HDPE), beispielsweise Waschmittelbehälter,103 sind in vielen kommunalen Sys- temen üblicherweise recycelbar, aber die Recyclingquo- ten sind immer noch schockierend niedrig: Die Hälfte des verkauften PET wird nicht für das Recycling erfasst,104 und nur aus 7 % der zum Recycling gesammelten Flaschen werden neue Flaschen hergestellt.105 Ein Großteil der Kunststoffverpackungen landet im „Downcycling“-Prozess – das bedeutet: Aus einer alten Kunststoffverpackung ent- steht keine neue, sondern sie wird zu Produkten geringe- rer Qualität oder niedrigeren Wertes weiterverarbeitet, die wiederum nicht weiter recycelbar sind. Flexible Kunststoffverpackungen wie dünne Folien, Por- tionsbeutel, Schrumpffolien und Tüten wie zum Beispiel
für Chips dominieren heute die Lebensmittelgeschäfte – eine Wiederverwertung erschwert oder gar unmöglich Was passiert mit den Kunststoffabfällen, die gesammelt, ben die damit einhergehenden Probleme offengelegt: der Markt dafür wuchs allein 2017 um 19 %.106 Diese Ver- macht.107 Recycling-Sammelanlagen sind für die Komple- aber nicht endgültig recycelt werden? Es gibt kein Land, unzulässige Recyclingmaßnahmen, offene Verbrennung packungen bestehen oft aus mehreren Materialien, was xität dieser Materialien in der Regel nicht ausgerüstet. das alle Kunststoffverpackungen effektiv im Inland recy- und Beschwerden über Gesundheitsprobleme, die auf celt, weshalb der größte Teil dieses „minderwertigen Umweltverschmutzung hinweisen.124 Die Sortierung Kunststoffs“ auf Deponien entsorgt oder in Müllverbren- von Abfällen erfolgt in der Regel durch informelle Müll- nungsanlagen verbrannt wird, die wiederum Treibhaus- sammler, denen oft die Ressourcen fehlen, um sauber gase und Schadstoffe in die Luft emittieren.120 Und ein und sicher zu sortieren.125 Eine Studie berichtet, dass Portionsbeutel (Sachets): eine einzige Porti- Teil des Plastiks landet einfach als Müll in unserer Um- große Mengen an Kunststoffabfällen über mehrere gro- on unkontrollierbarer Plastikverschmutzung welt. Der überwiegende Teil des gesamten jemals welt- ße asiatische Flüsse in den Ozean gelangen.126 Das be- Ein Portionsbeutel ist eine bestimmte Art weit hergestellten Kunststoffs gelangte in die Umwelt, deutet aber nicht, dass die asiatischen Länder mehr zur von Kunststoffverpackung, in der typischer- wobei 12 % verbrannt wurden und 79 % auf Deponien Kunststoffverschmutzung der Welt beitragen als ande- weise kleine oder einzelne Portionen von Le- oder in der Natur landeten.121 re, denn ein Großteil dieses Plastikabfalls könnte seinen bensmitteln und Körperpflegeprodukten wie Ursprung in Nordamerika oder Europa haben, wo die Seife, Shampoo und Deodorant verkauft wer- Kunststofferzeugung pro Person höher ist als in vielen den. Südostasien macht in diesem Bereich Nichts ist wirklich „weg“ asiatischen Ländern.127 fast 50 % des globalen Marktes aus. 2018 wurden weltweit 855 Milliarden der kleinen Der kleine Prozentsatz des Kunststoffes, der als „recy- Im Jahr 2018 verbot China die Einfuhr von ausländi- Portionsbeutel verkauft, und bei den aktuel- celt“ bezeichnet wird, bringt ein weiteres Problem mit schen Abfällen. Die Exporte von Kunststoffabfällen um len Wachstumsraten werden es 2027 1,3 Billi- sich: das globale Kunststoffabfallgeschäft. Kunststoffe, die ganze Welt sanken um 50 %. Die zur Verwertung onen sein.108, 109 die nicht im Inland recycelt werden, werden in der Re- gesammelten Plastikstoffabfälle begannen, sich zu sta- beutelchen anzugehen (siehe Teil 4).112 Unile- gel in gemischte Ballen verpackt und häufig in andere peln oder waren auf dem Weg zu einer unsachgemä- In Nordamerika und Europa wird diese Ver- ver Philippinen verkauft angeblich mehr als Länder exportiert. Die Vereinigten Staaten zum Beispiel ßen Entsorgung.128 Einige Kunststoffabfälle wurden in packung oft „Reisegröße“ oder „Probierpa- die Hälfte seiner Produkte in Plastik-Porti- exportierten ein Drittel ihrer recycelbaren Kunststoff- nahegelegene Länder wie Indonesien, Malaysia und ckung“ genannt und für unterwegs verzehrte onsbeuteln („Sachets“).113 Im Jahr 2012 entwi- abfälle, und bis 2018 war die Hälfte davon für China be- Thailand umgeleitet,129 deren kommunale Recycling- Lebensmittel (zum Beispiel als Ketchup-Pa- ckelte Unilever auf den Philippinen ein soge- stimmt,122 wo niedrige Umweltstandards und geringe infrastruktur bereits mit den eigenen nicht wiederver- kete) oder einzelne Portionen (wie tägliche nanntes „Sachet Recovery Program“, um die Lohnkosten das recycelte Material für den Einsatz im wertbaren Abfällen zu kämpfen hat. Einige dieser Län- Dosierungen von Vitaminen) genutzt. In Süd- Plastikbeutel in Zementplatten (Eco Bricks) verarbeitenden Gewerbe attraktiv machten.123 Feldun- der haben eigene Beschränkungen für die Einfuhr von ostasien wurde diese Art der Verpackung zu „downcyceln“, die dann an Schulen und tersuchungen zu Siedlungsabfällen in Südostasien ha- Kunststoffabfällen eingeführt130 und damit begonnen, von Unilever vorangetrieben.110 Produkte in Gemeinden gespendet wurden.114 Portionsbeuteln werden aggressiv von FM- CG-Produzenten an einkommensschwache Das Unternehmen sammelte zunächst zwi- Verbraucher vermarktet, die sich den Kauf schen 4,5 und 10 Millionen Portionsbeutel größerer Mengen nicht leisten können. Da- pro Jahr,115 aber das entspricht nur einem Müllverbrennung In der EU wurde der größ- stanzen und krebserregende Dioxine/Furane, mit nutzen die Unternehmen die wirtschaft- kleinen Teil der bis zu 27 Milliarden Porti- te Teil (41,6 %) der im Jahr 2016 gesammelten Schwermetalle (einschließlich Quecksilber), liche Ungleichheit aus, indem sie in Indust- onsbeutel, die Unilever 2016 in Südostasien Kunststoffabfälle verbrannt.133 Die Verbren- Cadmium und Blei sowie viele Treibhausgase rie- und Entwicklungsländer unterschiedliche verkaufte116 – oder der geschätzten 59,7 Mil- nung von Plastikabfällen in Europa stieg zwi- freisetzt und so zur Klimakrise beiträgt.138, 139 Standards anlegen. Da es sich bei diesen Ver- liarden Portionsbeutel, die pro Jahr allein auf schen 2000 und 2016 um 61 %.134 Diese Ten- packungen um eine Kombination aus Kunst- den Philippinen verbraucht werden.117 Unile- denz zur Verbrennung lässt sich auch in China Die Verbrennung ist auch eine Frage der Um- stoff und anderen Materialien (zum Beispiel ver fördert nun den Einsatz des sogenannten beobachten, wo 231 Verbrennungsanlagen weltgerechtigkeit. Zum Beispiel befinden Alufolie) handelt, können sie nicht recycelt „CreaSolv-Verfahrens“,118 das mit chemischen betrieben werden und weitere 103 geplant sich etwa 80 % der Müllverbrennungsanla- werden und überfordern die kommunale Ab- Lösungsmitteln die Plastikbeutel auflöst, um sind (zum Vergleich: In Europa gibt es 500 Ver- gen in den USA in einkommensschwachen fallinfrastruktur in Südostasien. sie zu neuem flexiblen Kunststoff zu verar- brennungsanlagen).135 Einer Analyse zufolge und/oder überwiegend von Afroamerikanern beiten; eine Pilotanlage in Indonesien verar- verbrennen die USA 13 % ihrer Kunststoffab- bewohnten Gemeinden.140 Anlagen sind oft Anstatt alltagstaugliche Mehrwegverpa- beitet täglich 3 Tonnen Kunststoff.119 Unilever fälle – das wäre das Sechsfache der Menge, teuer im Betrieb und erfordern einen kon- ckungssysteme zu entwickeln, setzen die bietet jedoch wenig Informationen über die die recycelt wird.136 Die Abfallverbrennung stanten Abfallstrom, sodass die Abfallver- FMCG-Hersteller weiterhin auf Produkte in möglichen gesundheitlichen Auswirkungen ist eine ineffiziente Art der Energieerzeugung brennung die Erzeugung von Einwegmaterial kleinen Portionsbeuteln. Nestlé erkennt das der Lösungsmittel oder die Effizienz der Tech- und eine unverantwortliche Form der Abfall- fördert. Trotz der bekannten Verschmutzung Problem zwar an, hat bislang aber wenig nologie. Anstatt sich auf falsche Lösungen zu wirtschaft.137 Die Verbrennung von Kunststof- durch die Verbrennung hat Nestlé angekün- getan, um es direkt anzugehen.111 Unilever konzentrieren, sollte Unilever der Innovation fen verursacht Luftverschmutzung, Fluga- digt, auf den Philippinen die Verwertung von nutzt Downcycling-Prozesse und setzt auf von umweltfreundlichen wiederverwendba- sche, Schlacke und Kesselasche. Sie kann die Kunststoffabfällen zur Verbrennung in Öfen neue, chemische Recycling-Technologien, um ren und nachfüllbaren Systemen für seine menschliche Gesundheit und den Planeten zu fördern, um Zement herzustellen141 – ein das Problem der nicht recycelbaren Plastik- Kunden in Südostasien Priorität einräumen. schädigen, indem sie atemwegsreizende Sub- extrem umweltschädlicher Prozess.142 16 17
Abfallcontainer in die Herkunftsländer zurückzuschi- cken.131, 132 Es ist offensichtlich, dass das Recycling bei den steigen- den Mengen an Kunststoffen und den unvermeidlichen Plastikabfällen nur wenig bewirken kann. Daher sind die Bemühungen der meisten FMCG-Produzenten und Ein- zelhändler, Strände zu säubern, das Recycling und die Recyclingfähigkeit zu verbessern oder ihre Kunden auf- zuklären, im besten Fall fehlgeleitet und im schlimmsten Fall ein Vorwand, um das Problem zu verschleiern. Eini- ge Unternehmen haben damit begonnen, auffälligere Kennzeichnungen auf ihre Verpackungen zu drucken, die angeben, ob sie recycelbar sind oder nicht. Diese Eti- ketten (wie beispielsweise „How2Recycle“ in Nordameri- ka) sind potenziell irreführend, da jede Gemeinde über unterschiedliche Möglichkeiten verfügt, verschiedene Arten von Kunststoff zu recyceln. So bedeutet recycel- bar nicht unbedingt, dass es auch recycelt wird. Nur auf Entsorgungsstrategien für Kunststoffabfälle zu setzen, ignoriert die Auswirkungen, die der gesamte Kunst- stofflebenszyklus vom Rohstoff bis zum Abfall auf die menschliche Gesundheit und Umwelt hat.143, 144 Recycling spielt als Teilstrategie für den Übergang zu ei- ner kunststofffreien Wirtschaft eine wichtige Rolle, aber Recycling ist kein Ersatz für die allgemeine Reduzierung der Einwegverpackungen – und schon gar keine Recht- fertigung für eine erhöhte Kunststoffproduktion. In die- ser Übergangsphase muss das Recycling ab sofort den höchsten Sozial- und Umweltstandards entsprechen und seinen rechtmäßigen Platz in der Abfallhierarchie einnehmen, und zwar hinter „vermeiden“, „reduzieren“ und „wiederverwenden“. 18
Teil 5 Die Selbstverpflichtung von 37 FMCG-Unternehmen, sammengesetzt, ohne die chemische Struktur zu den Anteil von Recyclaten in Verpackungen zu erhöhen, verändern. Dies funktioniert gut für das Downcycling würden bis 2030 einen Bedarf von 5 bis 7,5 Millionen von Kunststoffen in andere, minderwertige Materia- Tonnen recycelten Kunststoffs bedeuten, was einem lien, aber weniger gut für die Herstellung von Kunst- Anstieg von 200 bis 300 % entspricht.145 Doch diese Ver- stoff, der mit fabrikneu erzeugtem Plastik mithalten sprechen stoßen in der Praxis auf eine bedeutende Bar- kann. Gründe sind der Qualitätsverlust und die Ver- riere: Die komplexen Kunststoffe und Mischmaterialien, unreinigung.146 Die niedrigen Kosten für komplett Chemisches Recycling – die in flexiblen Kunststoffverpackungen und -etiketten verwendet werden, sind im konventionellen Recycling- neu erzeugtes Ausgangsmaterial in Verbindung mit diesen Einschränkungen bedeuten, dass einige Kunst- toxische Technologie als verfahren praktisch nicht recycelbar und können nicht stoffe zwar technisch recycelbar sind, aber aufgrund für die Erzeugung neuen Kunststoffs in der geforderten der Schwierigkeit, sie massenhaft zu recyceln, in der Qualität verwendet werden. Praxis kein Markt dafür existiert und die Recycling- vermeintliche Lösung Bei herkömmlichen Recyclingverfahren, auch be- kannt als mechanisches Recycling, wird der Kunst- raten daher niedrig sind.147 Dies ist der Fall bei Polypro- pylen, dem Basiskunststoff für einen Großteil der auf dem Markt befindlichen flexiblen Verpackungen wie Jo- stoff im Wesentlichen zerkleinert und neu zu- ghurtbecher oder Quetschflaschen.148
Daher ist die Verfügbarkeit von recyceltem Material viel Die Vergasung wandelt Kunststoffabfälle in Gase um; geringer als die Nachfrage. Da die FMCG-Produzenten die Pyrolyse, manchmal auch als „Kunststoff-zu-Öl“ bestrebt sind, ihre Produkte sowohl als recycelt als auch bezeichnet, macht aus Kunststoffabfällen Teeröl, in- als recycelbar zu kennzeichnen, suggerieren Kunststof- dem sie ihn hoher Hitze aussetzt. Das Öl kann dann findustrie und -lobby, dass eines Tages ein vollständiges als Brennstoff, für neuen Kunststoff oder andere che- Recycling möglich sein wird, während sich die Unterneh- mische Anwendungen verwendet werden. Dies unter- men potenziell riskanten neuen Technologien zuwen- scheidet die Pyrolyse zwar technisch von der Verbren- den – allgemein als chemisches Recycling bezeichnet. nung, da der Abfall nicht verfeuert wird, aber sie ist immer noch eine thermische Zerstörung mit starker Hit- ze (und hohem Energieverbrauch) und kann gefährliche Chemisches Recycling Nebenprodukte erzeugen. Chemisches Recycling ist der Oberbegriff für verschie- Vergasung und Pyrolyse sind keine neuen Technologi- dene Technologien, von denen die meisten noch in den en: Sie werden seit Jahrzehnten als Alternative zur Ab- Kinderschuhen stecken. Große Markenhersteller be- fallverbrennung eingesetzt, haben aber aufgrund von schreiben das chemische Recycling oft in ihren Werbe- Ineffizienz, Emissionsverschmutzung und Umweltaus- materialien mit Begriffen wie „verbessertes Recycling“ wirkungen keine gute Erfolgsbilanz.150, 151 Trotz dieser oder „modernes Recycling“, um den falschen Eindruck Misserfolge wird die Neuentwicklung der Vergasung zu erwecken, dass diese Technologien harmlos sind. und Pyrolyse für die Wiederaufbereitung von Kunst- Informationen über die Umwelt- und Gesundheitsaus- stoffabfällen derzeit fälschlicherweise als moderner wirkungen vieler dieser Technologien sind derzeit be- Weg zu einer „Kreislaufwirtschaft“ beworben. Beispiele grenzt, aber es bestehen ernsthafte Bedenken bezüg- für einige Unternehmen, die in diese riskante Technolo- lich der Emissionen gefährlicher Chemikalien und dem gie investieren, sind: hohen Energieverbrauch. Es gibt verschiedene Formen dieser neuen Technologien, die Kunststoffabfälle in ihre • Mars Incorporated: Das Unternehmen kündigt an, chemischen Grundbausteine (Polymere oder Monome- die Kapazität für die Pyrolyse zu testen, um seiner re) umwandeln. Dazu gehören folgende Methoden:149 Verpflichtung zur Erhöhung der Menge an recyceltem Kunststoff nachzukommen.152 • Verwendung chemischer Lösungsmittel zur Reini- gung von Kunststoffabfällen • Der saudi-arabische Chemie-Riese SABIC, der sogar den Begriff „Kreislaufwirtschaft“ übernommen hat, • chemische Depolymerisation, bei der die Kunst- indem er „zertifizierte Kreislaufpolymere“ oder Kunst- stoff-Polymerketten in ihre ursprünglichen Bestand- stoffe aus Pyrolyse (d.h. Kunststoffabfälle, die zu Öl teile (beispielsweise Monomere) abgebaut werden und zu neuwertigem Kunststoff verarbeitet werden) auf den Markt bringt.153 Unilever und Tupperware • thermische Depolymerisation und das „Cracken“ wollen diesen Kunststoff verwenden.154, 155 (Aufbrechen der chemischen Verbindungen, was auch bei der Erdölraffination verwendet wird), auch • Agilyx, ein Unternehmen, das Flugkraftstoff und recy- als Vergasung und Pyrolyse bezeichnet, wodurch celtes Polystyrol aus Polystyrolabfällen herstellt.156 Kohlenwasserstoffe wie Gas oder Öl („Kunststoff zu Kraftstoff“) sowie neuwertige Kunststoffe hergestellt Investitionen in neue Infrastrukturen für das chemische werden können. Recycling sind insofern riskant, als sie die Nachfrage nach Kunststoffabfällen „einfrieren“, um ständig neu- Chemische Lösungsmittel und Depolymerisation dekon- es Plastik und seine Nebenprodukte zu erzeugen. Eine taminieren den Kunststoff, aber der aus dem Prozess re- Analyse schätzt den Wert der durch chemisches Recy- sultierende Kunststoff ist immer noch von schlechterer cling hergestellten Produkte auf 120 Milliarden Dollar, Qualität. Auch erfordern diese Techniken einen durchge- wobei die Produktion von Gas und Öl aus diesen Pro- henden Strom von Kunststoffabfällen und stoßen daher zessen auf 14 % dieses Wertes geschätzt wird.157 Die FM- auf die gleichen Probleme beim Sammeln wie das me- CG-Hersteller müssen sicherstellen, dass die Erfüllung chanische Recycling. Die thermische Depolymerisation ihrer Verpflichtungen zur Erhöhung des Recyclinganteils hingegen kann gemischte Kunststoffabfälle verarbeiten die Verwendung von neuem Kunststoff reduziert und und das Abbauproblem lösen, bringt aber auch andere nicht die Erzeugung neuer fossiler Brennstoffe fördert. ernsthafte Bedenken mit sich, insbesondere die Entste- hung potenziell gefährlicher Nebenprodukte. 22
Förderung des chemischen (einschließlich chemisches Recycling).163 Doch dies sind Recyclings in einem kleine Investitionen, verglichen mit den 180 Milliarden regulatorischen Vakuum Dollar, die in den Ausbau der Kunststoffproduktion in- vestiert wurden.164 Weder die USA noch die EU haben kohärente Vorschrif- ten oder vereinbarte Definitionen für diese Technologi- Trotz der vielen oben genannten Bedenken und der Tat- en als Gruppe, was zu weiterer Verwirrung führt, wenn sache, dass das chemische Recycling noch nicht tech- die Industrie oder FMCG-Unternehmen neue Recycling- nisch oder wirtschaftlich tragfähig ist,165 bewerben die technologien vorantreiben. Die Kunststoff-Lobbygruppe FMCG-Produzenten diese Technologien als „Recycling“ American Chemistry Council ermutigt die Regulierungs- in ihren Veröffentlichungen zur unternehmerischen behörden, „plastics-to-fuel“ nicht als Recycling oder Ab- Verantwortung.166 Viele Petrochemie-Unternehmen ha- fallentsorgung, sondern als Herstellungsverfahren oder ben in verschiedene Start-ups für chemisches Recycling sogar als Energieerzeugung158 zu betrachten, obwohl sie in Europa und Nordamerika investiert,167 die teilweise diese Technologien und Unternehmen auch über die durch einige FMCG-Unternehmen finanziert werden. „Chemical Recycling Alliance“ bewerben.159 Procter & Gamble, PepsiCo, Nestlé, L‘Oreal, Coca-Co- la, Kuerig und Danone haben alle in chemische Recy- Um die Akzeptanz der Technologie zu fördern, nutzt cling-Technologien investiert oder Kaufverträge für zu- die Kunststoffindustrie mehrere hochkarätige Bran- künftige Produkte abgeschlossen,168, 169, 170 obwohl viele chenallianzen wie zum Beispiel die „Chemical Recycling noch kein Material in nennenswertem Umfang produ- Alliance“160 und die „Alliance to End Plastic Waste“161 zieren und sich noch in der Labor-, Pilot- oder Bauphase des „American Chemistry Council“ und positioniert befinden.171 Zum Beispiel: „plastics-to-fuel“ als technologisches Wunderwerk (ein Sprecher der Kunststoffindustrie hat die Plas- • Procter & Gamble entwickelte ein Verfahren zur Ver- tik-zu-Brennstoff-Technologie sogar mit dem Flug zum arbeitung von Polypropylen mit chemischen Lösungs- Mars verglichen162). PepsiCo und Procter & Gamble sind mitteln und lizensierte es an ein Start-up, das Material der „Alliance to End Plastic Waste“ beigetreten – einem an Nestlé und L‘Oreal verkaufen wird.172, 173 Zusammenschluss von Unternehmen, die überwiegend Kunststoff- und petrochemische Produkte herstellen. • PepsiCo. hat angekündigt, bis 2020 chemisch recycel- Diese Allianz will 1,5 Milliarden Dollar sammeln, um tes PET zu verwenden, obwohl das von seinem Liefer- die Infrastruktur für Recycling und Abfallwirtschaft zu partner produzierte PET erst Mitte 2020 kommerziell verbessern und Recycling-Technologien zu entwickeln erhältlich sein wird.174 Eine falsche Lösung mit cling-Technologien abhängig, die sich als nicht sicher, unbekannten Umwelt- und effizient oder umweltverträglich erwiesen haben und Gesundheitsauswirkungen zudem noch Jahre von der kommerziellen Umsetzung entfernt sind. Trotz hoher Investitionen und der Propa- Details zu diesen Recyclingprozessen werden häu- gierung als Problemlöser ist das chemische Recycling fig nicht offengelegt, was Informationen über Kosten, teuer und ineffizient, und über die Auswirkungen dieser Effizienz, Umweltauswirkungen wie Luft- oder Was- potenziell umweltschädlichen Prozesse ist nicht genü- serverschmutzung oder Risiken für die Arbeitnehmer gend bekannt. FMCG-Produzenten und Einzelhändler verschleiert. Obwohl sie von den Unternehmen als „ge- setzen auf theoretische Lösungen, um zu behaupten, schlossener Kreislauf“ oder als „Kreislaufwirtschaft“ dass ihre nicht wiederverwendbaren und -verwertba- bezeichnet werden,175 sind die meisten Prozesse sehr ren Kunststoffe aus recyceltem Material bestehen und energieintensiv,176 erfordern eine kostspielige Infra- „recycelbar“ sind. Unterdessen könnte die Konzentrati- struktur und erzeugen Abfälle (wie Zusatzstoffe und on auf diese neuen Technologien die Entwicklung ver- Schadstoffe). Selbst bei fortschrittlicheren Technologien antwortungsvoller Lösungen verzögern. Und während gibt es nur wenige Belege dafür, dass sie umweltfreund- das Recycling kurzfristig eine begrenzte, wenn auch lich oder effizient sind und beim Übergang zu einer wichtige Rolle spielt, um die Krise der Kunststoffver- CO2-armen Wirtschaft helfen177 – geschweige denn Ein- schmutzung zu lösen, müssen wir generell weniger Ein- weg-Kunststoffe überflüssig machen. weg-Kunststoffe produzieren. Angesichts der Grenzen des mechanischen Recyclings sind die Verpflichtungen der FMCG-Hersteller zur Erhö- hung des Recyclinganteils von den chemischen Recy- 25
Teil 6 Die Kunststoffkrise, in der wir uns bereits befinden, zeigt, • Langlebig: Die Materialien sollten langlebig und so dass das Versprechen des Recyclings bereits gescheitert robust wie möglich sein, um möglichst geringe Aus- ist. Aber auch die neuen Technologien des chemischen wirkungen auf Gesundheit und Umwelt zu haben. Recyclings, die von großen Marken beworben werden, sind kein Allheilmittel. Es kann Jahre dauern, bis die- • Ungiftig: Mehrwegbehälter sollten frei von gefährli- se kommerziell nutzbar werden – und am Ende könnte chen Chemikalien sein, und zwar nicht nur von Sub- die Erkenntnis stehen, dass sie mit hohen ökologischen stanzen, die in bestimmten Regionen reguliert oder Fazit: Wir brauchen Kosten verbunden sind und uns bereits in ein endloses Wachstum der Kunststoffproduktion geführt haben. verboten wurden, sondern von allen Chemikalien, die gefährliche Eigenschaften aufweisen. eine Wiederverwendungs- Was ist mit den anderen Lösungen, die große Lebens- mittel- und Kunststoffhersteller anbieten? Es ist einfach, • Praktisch: Den Verbrauchern sollte eine Reihe wie- derverwendbarer und nachfüllbarer Produkte zur Revolution! natürliche Alternativen wie Papier und Pappe oder „na- türlich“ klingende Alternativen wie Biokunststoffe zu be- werben – aber diese werfen wiederum unbeantwortete Verfügung stehen, die zu verschiedenen Lebensstilen passen, und die Wiederverwendung sollte nicht nur für Online-Kunden verfügbar sein. Mehrwegverpa- Fragen auf: Die riesige Menge der benötigten Rohstoffe ckungen sollten sammelbar sein, und Unternehmen würde einen inakzeptablen Druck auf die natürlichen sollten die Verantwortung für die Gestaltung von Ressourcen wie Wälder und landwirtschaftliche Flächen Sammelsystemen übernehmen, um sicherzustellen, ausüben, die jetzt bereits überbeansprucht werden. dass Mehrwegbehälter nicht in den Müll geworfen werden. Der Einzelhandel sollte sowohl Sammelop- Deshalb bieten diese vermeintlichen „Alternativen“ kei- tionen anbieten als auch den Kunden ermöglichen, ne adäquate Antwort auf die Kunststoff- oder Klima- ihre eigenen Mehrwegbehälter mitzubringen. krise. Es ist offensichtlich, dass wir uns längeres War- ten nicht mehr leisten können. Und es ist ein Glücksfall, • Einfach: Ein Übergang zu einem ökologisch aus- dass es andere Lösungen gibt, die relativ schnell um- gerichteten Agrarsystem würde einen höheren gesetzt werden können und sowohl den Menschen als Verbrauch von Lebensmitteln in der Nähe ihres auch dem Planeten zugutekommen. Produktionsortes beinhalten, was zu weniger Verpa- ckungsmaterial und Transporten führt. Vorrangig fordern wir die Reduzierung der in Einweg- verpackungen verkauften Einheiten und stattdessen Investitionen in Lösungen, die sich auf Wiederver- wendung, Nachfüllung und andere Systeme konzen- trieren, die nicht von Einwegprodukten abhängig sind. Letztendlich müssen Unternehmen neu darüber nachdenken, wie ihre Produkte zu den Verbrauchern gelangen. In der Übergangsphase auf dem Weg zur Vermeidung von Wegwerfkunststoffen spielt der Ersatz von neuem Kunststoff durch ungiftigen, recycelten (und recycelbaren) Kunststoff nur eine begrenzte Rolle bei der Bewältigung der Kunststoffüberproduktion. Es gibt keine pauschalen Lösungen für neue wiederver- wendbare und nachfüllbare Verpackungen, die für jedes Unternehmen, Produkt oder jede Region anwendbar sind. Wir schlagen jedoch vor, dass FMCG-Hersteller und Einzelhändler Investitionen in die Bereitstellung von Wiederverwendungs- und Nachfülloptionen priori- sieren, die die folgenden Kriterien erfüllen: • Erschwinglich: Die Hersteller müssen die Verant- wortung für die Kosten des Materials, der Mehrweg-/ Mehrwegverpackungen und ihrer Sammlung über- nehmen und nicht nur hochwertige Mehrwegbehälter für wohlhabende Verbraucher schaffen.
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