DENKSTOFF TRENDSZENARIEN INTEGRIERTE VERSORGUNG SCHWEIZ - N
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FM C D E N K S T O F F N° 1 INHALT 3 Editorial 6 Die Trendszenarien auf einen Blick 8 Hintergrund 13 Trendszenario Land 17 Trendszenario Urbane Region 21 Trendszenario Gross-Stadt 24 Handlungsoptionen und Anreize 26 Anwendungsbeispiele 44 Das Leistungsportfolio des fmc 46 Die Goldpartner und Partner des fmc IMPRESSUM Herausgeber: Weitere Exemplare des fmc-Denkstoff N°1 sind fmc – Schweizer Forum beim Herausgeber erhältlich (info@fmc.ch). für Integrierte Versorgung Die PDF-Version steht für den Download auf der Zugerstrasse 193 Website www.fmc.ch kostenlos zur Verfügung. 6314 Neuägeri www.fmc.ch Gestaltung, Satz und ganzseitige Fotos: Rudi-Renoir Appoldt, Luzern, www.rrenoir.com Wir danken den Expertinnen und Experten unserer Goldpartner und Druck: Heller Druck AG, Cham Partner für die Mitarbeit bei der ISBN: 978-3-033-04668-9 Entwicklung der Trendszenarien © fmc, September 2014 Integrierte Versorgung Schweiz. 2
EDITORIAL HAUSAUFGABEN FÜR ALLE AKTEURE Die Versorgung von kranken und verunfallten Menschen soll gegenüber heute integrierter erbracht werden. Das ist eigentlich eine gesundheitspolitische Selbstverständlichkeit und löst kaum mehr Widersprüche aus. Die Vorteile der Integration sind zu überzeugend: Nicht nur kann die Versorgungsqualität für die Patientinnen und Patienten durch eine bessere Koordi- nation und Integration erhöht werden, sondern es können auch Ineffizienzen abgebaut und damit Kosten gespart werden. Der Bundesrat hat die Verbesserung der Integrierten Versorgung in seiner im Januar 2013 verabschiedeten, umfassenden Strategie Gesundheit2020 ebenfalls an prominenter Stelle auf- genommen. An der ersten Nationalen Konferenz zu dieser Strategie, an der sich in Bern rund 350 Akteure des Gesundheitssystem getroffen haben, wurde die Förderung zeitgemässer und integrierter Versorgungsmodelle von den Teilnehmenden als wichtigstes von zwölf Zielen der Strategie Gesundheit2020 bezeichnet. Wo liegt somit das Problem, wenn sich (fast) alle Akteure über die Zielrichtung einig sind? Ganz offensichtlich scheint es unterschiedliche Vorstellungen darüber zu geben, wie wir von der heutigen Situation zu einer mit verstärkter Integration kommen. Dies mag da und dort mit Besitzstanddenken oder einem Unwillen gegenüber der mit der Integration verbunde- nen Veränderungen zu tun haben. Es gibt aber auch andere Hindernisse: Integration ist ein schillernder Begriff, der im Akutbereich etwas anderes bedeutet als in der Palliativversorgung und der auf dem Lande anders umgesetzt werden muss als in der Agglomeration. Hier gilt es mehr Klarheit zu schaffen. Weiter sind sehr viele Akteure am Integrationsprozess beteiligt: Der Bund schafft Rah- menbedingungen, die Kantone sind für die Versorgung verantwortlich und planen, die vielen verschiedenen Leistungserbringer entwickeln neue Versorgungsmodelle, die Versicherer ver- suchen Produkte zu entwickeln, die von einer integrierteren Leistungserbringung ausgehen, und die Patienten wählen schliesslich aus dem grossen Angebot aus. Es gibt heute keine Stelle mit einer zentralen Verantwortung für den Integrationsprozess, sondern ein komplexes Zusammenspiel von vielen Akteuren. Es kommt dazu: Integration braucht es nicht überall im gleichen Ausmass. Im Vordergrund stehen für den Bund die Versorgungsprozesse bei leistungsintensiven Patientinnen und Patienten. Die Publikation, die Sie in den Händen halten, liefert vor diesem anspruchsvollen Hinter- grund einen wertvollen Diskussionsbeitrag. Sie differenziert und versucht, allzu starke Ver- einfachungen zu umgehen. Und sie stellt berechtigte Forderungen: Alle Akteure haben Haus- aufgaben zu leisten, wenn wir das ehrgeizige Ziel des Bundesrates bis 2020 erreichen wollen. Stefan Spycher, Vizedirektor Bundesamt für Gesundheit, Direktionsbereich Gesundheitspolitik 3
FM C D E N K S TO F F N°1 DIE TRENDSZENARIEN AUF EINEN BLICK Die Gesundheitsversorgung im Allgemeinen und die Integrierte Versorgung im Speziellen werden sich künf- tig differenzierter und je nach Umfeld unterschiedlich entwickeln. Deshalb stellen wir drei Trendszenarien zur Diskussion: Trendszenario Trendszenario Trendszenario Land Urbane Region Gross-Stadt Ländliche bzw. bergige Eher städtisch geprägte, Grossstädtische Agglomeration Region mit niedriger und wirtschaftlich wichtige Region mit Einzugsgebiet von >300‘000 Merkmale Regionale saisonal schwankender (Agglomeration, Einzugsgebiet Versicherten Bevölkerungsdichte >150‘000 Versicherte) Beispiele: Unterengadin, Beispiele: Aarau - Baden, Beispiele: Basel, Bern, Simmental - Saanenland Grossraum Luzern Genf - Lausanne, Zürich Sicherstellen der Versorgung Optimieren der Versorgung Optimieren der Versorgung durch eine Organisation der durch einige Organisationen der durch viele Organisationen Integrierten Versorgung, der fast Integrierten Versorgung der Integrierten Versorgung mit alle Leistungsanbieter angehören unterschiedlichen, sich konkur- Wenig Konkurrenz zwischen renzierenden Angeboten Merkmale der Versorgung Kein oder kaum Wettbewerb Leistungsanbietern zwischen Leistungsanbietern Wettbewerb kann primäres Verträge zwischen einer bis Steuerungsinstrument sein Verträge zwischen einer Orga- mehreren Organisationen der nisation der Integrierten Versor- Integrierten Versorgung und Verträge zwischen mehreren gung und mehreren Versicherern mehreren Versicherern Organisationen der Integrierten Versorgung und mehreren Versicherern 6
TRENDSZENARIEN HANDLUNGSOPTIONEN Die Entwicklung der Integrierten Versorgung wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten massgeblich durch Initiativen der Akteure selber, insbesondere der Leis- tungserbringer und Versicherer angetrieben. Für die weitere Entwicklung formulieren wir mögliche Hand- lungsoptionen und Anreize, welche vor allem die verti- kale, sektorenübergreifende Integration befördern und sich vielerorts umsetzen lassen. Für Leistungserbringer Für Versicherer Für die öffentliche Hand • Hausarztnetze bauen sektorenübergreifen- • Krankenversicherer schliessen mit Leis- • Kantone und Gemeinden fördern bei Be- de (vertikale) Kooperationen mit anderen tungserbringer-Organisationen Verträ- darf den Aufbau von Integrierten Organi- Leistungserbringern auf. ge ab, welche die sektorenübergreifende sationen mit vergünstigten Darlehen und • Allgemein- oder spezialisierte Ärzte (vertikale) Vernetzung fördern und in Projektfinanzierungen. Sie knüpfen Unter- realisieren zusammen mit anderen denen neue Zusammenarbeits- und Ver- stützungsbeiträge an Bedingungen, welche Leistungserbringern Gesundheitszentren gütungsmodelle sowie Qualitätskriterien z.B. Zusammenarbeit, Weiterbildung, oder mit attraktiven Arbeitsplätzen für Fach- vereinbart werden. Forschung in der Region begünstigen. personen. • Krankenversicherer können v.a. in länd- • In ländlichen Regionen stellen Kantone • Spitäler bzw. ambulant tätige Leistungs- lichen Regionen und bei Bedarf den Auf- und Gemeinden bei Bedarf Räumlichkei- erbringer engagieren sich für vernetzte bau regionaler Versorgungsnetze mit An- ten zur Verfügung oder (vor-)finanzieren Strukturen und Prozesse. schubfinanzierungen unterstützen und die die IT-Infrastruktur. • Leistungserbringer entwickeln – allenfalls Standortattraktivität in sehr abgelegenen/ • Kantone fördern den Erfahrungsaustausch mit telemedizinischen Anbietern – Be- alpinen Regionen mit differenzierten Tax- und den Wissensaustausch zwischen Or- treuungsprogramme für chronisch Kranke punktwerten fördern. ganisationen der Integrierten Versorgung. (Diabetes, COPD und Herzinsuffizienz). • Krankenversicherer entwickeln – zusam- • Leistungserbringerorganisationen profi- men mit Leistungserbringern – neue Ver- lieren sich v.a. in urbanen und städtischen gütungsmodelle und wenden sie in Pilot- Regionen durch Differenzierung ihrer projekten an. Angebote. • Krankenversicherer entwickeln oder un- • In ländlichen Regionen stellen regionale terstützen Programme zur Stärkung der Spitalzentren als Anreiz für neue Leis- Gesundheits- und Patientenkompetenz. tungserbringer Praxis-Infrastruktur zur Verfügung. • Versorgungsnetze entwickeln – abge- stimmt auf die eHealth-Strategie von Bund und Kantonen – erste Anwendungen für künftige elektronische Patientendossiers. 7
FM C D E N K S TO F F N°1 HINTERGRUND Die Integrierte Versorgung in der Schweiz wächst DIE ZIELE DER TRENDSZENARIEN seit Jahren eindrücklich. Gleichzeitig ist auf vielen Die Szenarien beschreiben Trends oder mögliche Entwicklungen der Integrierten Versorgung in Ebenen eine neue Dynamik zu beobachten: Der «Di- der Schweiz in den nächsten fünf bis zehn Jah- ren. Sie enthalten bewusst keine Wertungen, ste- alog Nationale Gesundheitspolitik», die gemeinsa- hen nicht in Konkurrenz zueinander und sind me Plattform von Bund und Kantonen, will die koor- ebenso wenig Wunschszenarien des fmc. Sie orientieren sich an aktuellen Innovationen und dinierte Versorgung stärken und bereits 2015 erste Initiativen. Mit den nachfolgend beschriebenen Trendszenarien wollen wir Lösungsansätze diskutieren. Mehr als zwei Drittel • die Entwicklung der Integrierten Versorgung der Hausärzte sind einem Ärztenetz angeschlossen. in der Schweiz unterstützen und ein breites Verständnis fördern (im Sinne einer «gemein- Spitäler interessieren und engagieren sich stärker samen Sprache»); • Diskussionen über erwünschte und uner- für integrierte Versorgungsformen. Eine wachsende wünschte Entwicklungen in Gang setzen; Zahl multiprofessioneller Behandlungsprogramme • den zentralen Akteuren – Leistungserbringer, Krankenversicherer & andere Kostenträger, optimiert auf Basis des Chronic-Care-Modells die Patienten, Politik & Öffentliche Hand – Ori- entierung geben und Handlungsspielräume Betreuung von Patienten mit chronischen Krankhei- aufzeigen (auch bisher nicht genutzte). ten. Das Rationale hinter dieser Dynamik ist die Wir gehen davon aus, dass sich die Integrier- Tatsache, dass mehr Integration und Koordination te Versorgung differenziert und je nach Umfeld (Zentrum/Peripherie, Altersstruktur, Versor- die Resultate und Qualität der Patientenbehandlung gungs- und Leistungsangebot etc.) unterschied- verbessert. lich entwickeln wird. Deshalb formulieren wir drei Trendszenarien: Land, Urbane Region und Gross-Stadt. Vor diesem Hintergrund beschloss das fmc, Trendszenarien zur Weiterentwick- Wir verstehen diese Szenarien nicht als scharf lung der Integrierten Versorgung in der voneinander abgegrenzt. Es sind Kombinatio- Anwendungsbeispiele nen und weitere Varianten als die hier gewählten Schweiz zu erarbeiten. Ergänzt wird das Dokument mit 16 An- möglich, beispielsweise urbane Regionen und Der fmc-Denkstoff «Trendszenarien In- wendungsbeispielen aus der Schweiz, grosse Städte in grenznahen Räumen, wo ein tegrierte Versorgung Schweiz» ist das Er- deren gemeinsamer Nenner die verti- grösseres Angebot von Spezialisten aus dem EU- gebnis eines mehrstufigen Prozesses: Aus- kale Integration ist (ab Seite 26). Sie Raum zu erwarten ist oder wo sich in Zukunft gehend von den relevanten Treibern der unterstreichen die Vielfalt der Lösungs- auch grenzüberschreitende Versorgungsorgani- Entwicklung der Integrierten Versorgung ansätze und die Innovationskraft der sationen konstituieren könnten. und der relevanten Evidenz aus der Litera- Partner in der Integrierten Versorgung. tur hat eine Expertengruppe des fmc un- Die Szenarien fokussieren die Versorgung, ter Einbezug des Strategischen Beirats die d.h. die Integration der Behandlung und Betreu- vorliegenden Trendszenarien erarbeitet. ung, unabhängig davon, ob die beanspruchten Leistungen durch Unfall, akute oder chronische Krankheit, Gesunderhaltung oder Pflegebedürf- tigkeit bedingt sind. In der nachfolgenden Darstellung der Szena- rien konzentrieren wir uns auf differenzierende Aspekte und verzichten zugunsten einer guten Lesbarkeit darauf, alle Einschätzungen in jedem Szenario zu wiederholen. Aspekte der Finanzie- rung, Steuerung und Regulierung sind erwähnt, wo sie für die Integration relevant sind. Die Szenarien werden regemässig überprüft und bei Bedarf aktualisiert. 8
TRENDSZENARIEN AKTUELLE ZAHLEN ZUR INTEGRIERTEN VERSORGUNG IN DER SCHWEIZ Versicherte in Ärztenetzen pro Kanton und ganze Schweiz 2004-2014 Rund 2 Millionen (oder 24 Prozent) Versi- cherte waren zum Jahresbeginn 2014 einem der 75 Ärzte- und Praxisnetze angeschlos- sen. Das sind 44 Prozent mehr als 2012 und dreimal so viele wie 2008. Bemerkenswert ist, dass die die Westschweiz aufholt: Waren Netzwerk-Versicherte früher einzig im Kan- ton Genf substanziell verbreitet, wächst de- ren Anteil seit 2012 in der Romandie rascher als im gesamtschweizerischen Durchschnitt (58 Prozent zwischen 2012 und 2014 gegen- über 44 Prozent). Regionale Verteilung und Versichertenanteile der Ärztenetze 2014 Die Ärztenetze differenzieren sich zuneh- mend; nur noch jedes fünfte ist ein reines Hausarztnetz. Das Spektrum reicht heute von Netzen mit einer kantonsweiten, fast vollständigen Abdeckung der hausärztlichen Versorgung wie im Kanton Graubünden bis zu sich konkurrierenden Netzen mit unter- schiedlichen Leistungsspektren, Betreuungs- programmen für chronisch Kranke oder ver- traglichen Kooperationen wie in den urbanen Zentren Zürich oder Bern. 9
FM C D E N K S TO F F N°1 DAVON GEHEN WIR AUS • Die horizontale Integration, das heisst und Westschweiz), laufende oder geplan- die Vernetzung innerhalb eines Bereichs te kantonale, überregionale und nationale oder Sektors (z.B. innerhalb der ambulan- Initiativen sowie Strukturen und Instru- ten Grundversorgung), wird konsequent mente, die sich in den letzten 20 Jahren fortgeführt. Sie wird schrittweise ergänzt etabliert haben. Dazu gehören Ärzte-/Ver- durch eine vertikale Integration, das heisst sorgungsnetze, Qualitätssicherungs- und die bereichs- oder sektorenübergreifende Controlling-Systeme, Behandlungspfade, Vernetzung entlang der Betreuungspro- Disease-Management-Programme. zesse (z.B. Grundversorger-Akutspital- • Wir berücksichtigen alle Stakeholder: Rehabilitation-Langzeitpflege; Abb. 1). Leistungserbringer, Krankenversicherer • Wir berücksichtigen (sprach-)regionale und andere Kostenträger, Patienten, Po- Unterschiede (z.B. zwischen Deutsch- litik und Öffentliche Hand. Abb. 1: Horizontale und vertikale Integration Patientenweg Selbstsorge, z.B. Präventionsprogramm, Prävention Gesundheitsliga, ... Ambulante z.B. Hausarzt, Hausarztnetz, Primär-Behandlung Apotheke, Notfall-Station, ... Vertikale Vernetzung Ambulante z.B. Spezialarzt, Diabetesfachberatung, spezialisierte Behandlung Physiotherapie, ... Stationäre Akut-Behandlung z.B. Spital, Psych. Klinik, ... Amb./Stat. Nach-Behandlung/ z.B. Spitex, Hausarzt, Betreuung Hausarztnetz, Rehabilitation, ... Langzeit-Betreuung, z.B. Hospiz, Heim, ... Palliativ-Betreuung Horizontale Vernetzung 10
TRENDSZENARIEN • Zentraler Treiber der Integrierten Ver- Leistungserbringern und Patienten IT- sorgung ist das Zusammenspiel von Ver- Lösungen anbietet, die offen sind, auf an- sicherten/Patienten, Leistungserbringern erkannten Standards basieren und einen und Krankenversicherern. Die gegenseiti- integrierten Datenaustausch ermöglichen. gen Beziehungen sind vertraglich geregelt Auf diese Weise werden regionale Versor- (Abb. 2). gungsgrenzen überbrückt und bewährte • Um dieses Zusammenspiel zu fördern, Anwendungen lassen sich national nutzen. werden mehr und mehr elektronische Die Entwicklung solcher Lösungen orien- Hilfsmittel zur Erfassung, Weitergabe tiert sich an den Arbeiten zur Umsetzung und Auswertung von patienten-, qualitäts- der «Strategie eHealth Schweiz» von Bund und prozessorientierten Daten eingesetzt. und Kantonen; damit ist auch die Investi- Dafür ist es nötig, dass die Industrie den tionssicherheit gewahrt. Abb. 2: Zusammenspiel der Akteure in der Integrierten Versorgung Versicherte/Patienten • Selbstmanagement, Selbststeuerung und Eigenverantwortlichkeit • Mitentscheiden (Shared Decision Making) bei verschiedenen Handlungsoptionen • Interesse an (Qualitäts-)Reportings Ve ge rtr r trä äg e Ve Leistungserbringer-Netze Krankenversicherer • Versorgungskonzepte für verschiedene • Versicherungsprodukte (KVG, VVG) Patientenkollektive (z.B. Chronic Care) Verträge • Modelle der Leistungsvergütung • Vertikale/horizontale Allianzen (Capitation, Mixed/Bundled Payment) • Aufgabenübertragung (zwischen Berufe, • Vergütung von Steuerungs-/Koordinations- Institutionen und Sektoren) leistungen und Qualitätsmanagement Kanton: Regulierung, Aufsicht und Finanzierung Bund: Regulierung und Aufsicht 11
FM C D E N K S TO F F N°1 TRENDSZENARIO LAND 12
TRENDSZENARIEN RAHMEN Ländliche bzw. bergige Region mit niedriger, aber auch unterschiedlicher Bevölkerungsdichte (um 50 Einwoh- ner pro km2). Bedingt durch den Tourismus starke sai- sonale Schwankungen der Anzahl versorgter Personen. Gemeinden mit 1‘000 bis 7‘000 Versicherten. Grosse Gemeinden mit regionale Unterschiede, vom Tourismus-Ort der gehobe- 1‘000 bis 7‘000 nen Preisklasse bis zum traditionellen Bergbauerndorf. Versicherten Der Mangel an Hausärzten, spezialärztlichen Angebo- ten und anderen Fachkräften ist hier im Vergleich zu städtischen Gebieten besonders spürbar: 1 Allgemein- praktiker pro 3000 Einwohner gegenüber 1 pro 1500 in den grossen Städten. Ein langjähriges Bezirksspital Bezirkspital in wird – u.a. wegen zu kleiner Fallzahlen – geschlossen Gesundheitszentrum bzw. in ein Gesundheitszentrum umgewandelt. umgewandelt Beispiele sind das Unterengadin oder die Region Simmental-Saanenland. 1 Allgemeinpraktiker pro 3000 Einwohner 13
FM C D E N K S TO F F N°1 GESUNDHEITS- UND PATIENTENVERSORGUNG Wichtigstes Element ist das Regionale Gesundheitsnetz, das von einer Gruppe engagierter Haus- und Spezial- ärzte initiiert und zusammen mit dem regionalen Spital- zentrum aufgebaut wurde. Das Regionale Gesundheits- netz umfasst als wesentliche Elemente beispielsweise: • Zwei Gesundheitszentren: Gruppenpra- • Weit entwickelte Betreuungsprogramme Das Gesundheitsnetz übernimmt die xen mit 2 bis 4 Grundversorgern, 2 bis 4 für chronisch Kranke (insbesondere mit Koordination der Versorgung in der gesam- spezialisierten Ärzten, chirurgisch/spezi- Diabetes, COPD und Herzinsuffizienz) ten Region und stimmt sämtliche Angebote al-medizinischen Ambulatorien, Radiolo- unter Einbezug von nichtärztlichen Leis- aufeinander ab. Ein Forschungsprojekt un- gie, Beratungsdiensten (z.B. Diabetesbe- tungserbringern wie Apotheker und spe- tersucht anhand der Beanspruchung von ratung), Physiotherapie, Apotheken. Das zialisierte MPAs oder Pflegefachpersonen. ambulanten und stationären Leistungen, wie eine Gesundheitszentrum stellt bestimm- • Fortschrittliche telemedizinische Ange- gut die flächendeckende Versorgung funk te Leistungen für die gesamte Region zur bote, z.B. eine (hausärztliche) Online- tioniert. Diese Versorgungsforschung unter- Verfügung (z.B. ambulante Psychiatrie Praxis oder Online-Sprechstunden für stützt die Zustimmung der Bevölkerung zum oder kleines stationäres, v.a. orthopädi- spezialärztliche Bedürfnisse wie Tele- Regionalen Gesundheitsnetz. sches und chirurgisches Angebot). Dermatologie. Das Netz bzw. die darin zusammenge- • Ein allgemeinmedizinisches Ärztezent- • Für die im Einzugsgebiet nicht angebote- schlossenen Leistungsanbieter fühlen sich rum auf dem Areal eines Pflegezentrums nen Leistungen bestehen Kooperationen verantwortlich für eine qualitativ hochwer- in der Region. mit dem regionalen Spitalzentrum und tige Versorgung der gesamten Bevölkerung • Einzel- und Gruppenpraxen mit allge- weiteren Einrichtungen. Die Notfallver- in der Region, ebenso für die Touristinnen mein- und spezialärztlicher Ausrichtung. sorgung und der Rettungsdienst werden und Touristen. Das bedeutet auch, dass die • «Flying doctors»: mobile Grundversorger- in Zusammenarbeit mit dem regionalen Potentiale integrierter Versorgungsmodelle, Equipen aus Ärzten und Nurse Practiti- Spitalzentrum gewährleistet. namentlich attraktivere Arbeitsplätze für oners, die Patienten trotz Fachpersonal- (Haus-)Ärzte und ein besserer Zugang zur mangel zuhause aufsuchen. Betreuung für Patienten, weitestmöglich aus- • Spitex, Alterspflege mit betreutem Woh- geschöpft werden. nen und angeschlossenen Pflegezentren. 14
TRENDSZENARIEN FINANZIERUNG STEUERUNG Das Gesundheitsnetz finanziert seinen Die Kooperation der im Netz enga- Aufbau primär durch Eigenmittel der Or- gierten Leistungserbringer/-organi- ganisation. sationen ist in einer Vereinbarung Abhängig von regionalwirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird zwischen Netz und Leistungserbrin- der Aufbau durch Förderbeiträge von Gemeinden, Kanton und Kran- ger verbindlich geregelt. Wesentliche kenversicherern oder weiterer Partner unterstützt. Dabei findet eine enge Absprache statt, damit die finanziellen Mittel bedarfsgerecht Punkte darin sind: eingesetzt werden. Die laufende Tätigkeit des Gesundheitsnetzes finanziert sich • Spezifische Weiterbildungen zur interdisziplinären Zusam- menarbeit; weitgehend aus den Leistungsvergütungen. Der Zweckverband der involvierten Gemeinden und der Kanton beteiligen sich wenn not- • Qualitätsmanagement (z.B. interdisziplinäre Qualitätszirkel, gemeinsam entwickelte Qualitätsindikatoren, Datenerfassung wendig an gemeinschaftlichen Leistungen, z.B. für Notfall- oder und Datenauswertung); Pikettorganisation. • Teilnahme an gemeinsamen Projekten (z.B. gemeinsamer Weitere Beiträge, zum Beispiel des Kantons, unterstützen Pro- Einkauf, gemeinsame Betreuungsprogramme, Forschungs- gramme wie Praxisassistenzen, ein Transferprogramm Stadt/Land projekte). (um die hausärztliche Kapazität sicherzustellen) oder Beiträge fürs Das regionale Gesundheitsnetz ist eigenständig organisiert Qualitätsmanagement (z.B. interdisziplinäre Qualitätszirkel, Sammeln und wird von einer Geschäftsleitung geführt. Wichtigste Träger und Auswerten von Daten zur Patientenversorgung). sind die Gemeinden der Region bzw. deren Zweckverband sowie Private (z.B. Leistungserbringer/-organisationen). Das Gesundheitsnetz organisiert jährlich eine «Regionale Konferenz Integrierte Versorgung», an der sich alle Interessierten über Projekte und Steuerungsinstrumente informieren können. Der Kanton kann Rahmen und Anreize setzen, um • die Mobilität von Leistungserbringern zu fördern, zu planen und zu steuern (z.B. durch das Bereitstellen von Infrastruktur); • die Multifunktionalität und Aufgabenteilung zu fördern, zu planen und zu evaluieren; • Behandlungsprogramme für bestimmte Patientengruppen (z.B. Diabetiker) einzuführen und zu evaluieren. 15
FM C D E N K S TO F F N°1 TRENDSZENARIO URBANE REGIONEN 16
TRENDSZENARIEN RAHMEN Eher städtisch geprägte Region (Agglomeration, Ein- zugsgebiet >150‘000 Versicherte, Bevölkerungsdichte um 500 Einwohner pro km2). Wichtige Wirtschaftsre- gion mit Unternehmen in unterschiedlichen Branchen, Tourismus, Fachhochschule und Kantonsspital (mit meh- > 150'000 reren Standorten). Zwischen öffentlichen und privaten Versicherte Spitälern besteht ein zunehmender Wettbewerb um Patienten und Leistungsangebote (Spitallisten). Vor ei- nigen Jahren wurde die ambulante Notfallversorgung zentral und mit einer von Haus- und Spitalärzten ge- meinsam geführten Notfallpraxis im Kantonsspital neu Wettbewerb zwischen konzipiert. Damit werden die Hausärzte entlastet und öffentlichen und nicht spitalbedürftige Patienten rechtzeitig triagiert. privaten Spitälern Beispiele sind die Region Aarau/Baden oder der Grossraum Luzern. Notfallpraxis mit Haus- und Spitalärzten 17
FM C D E N K S TO F F N°1 GESUNDHEITS- UND PATIENTENVERSORGUNG Die guten Erfahrungen mit der spitalbasierten Notfall- praxis und anderen Projekten des Spitals und der bei- den Ärztenetze in der Umgebung, sind die Grundlage für den weit reichenden Kooperationsverbund in dieser Region. Kern dieses Verbundes ist ein Nebeneinander von unterschiedlichen Leistungserbringer-Konglome- raten (und nicht eine eigenständige, übergeordnete Struktur), die sich durch meist bilaterale Kooperations- vereinbarungen abstimmen: • Zwei Ärztenetze mit allgemeininternis- das Spital ein Ärztezentrum und zwei Ge- Grundversorger; bei komplexen chroni- tischen und spezialisierten Einzel- und meinschaftspraxen auf und betreibt diese schen Situationen sind es spezialisierte Gruppenpraxen sowie drei grössere Ärz- in Zusammenarbeit mit Partnern; Ärzte Leistungserbringer; für vornehmlich tezentren decken ein breites medizinisches und Personal sind angestellt. Die Mitarbei- pflegerisch Betreute stehen Patienten- Leistungsspektrum ab und schliessen tenden können flexibel im Spital oder im Coaches im Einsatz, die einem Spital oder Apotheken sowie Röntgen- und Labor- Ärztezentrum eingesetzt werden. Netz angeschlossen sind. Ein steigender Einrichtungen ein. Viele der spezialisier- • Die überdurchschnittliche Vielfalt an Anteil der Betreuung folgt Behandlungs- ten Ärzte sind als Belegärzte an einem Chronic-Care-Betreuungsmodellen wird protokollen und Guidelines. der Spitalstandorte tätig. Eines der bei- durch die enge Zusammenarbeit von • Die Notfallversorgung und der Ret- den Netze profiliert sich in der Präventi- Grundversorgern, Spezialisten sowie spi- tungsdienst werden gemeinsam von den on und Gesundheitsförderung und wirbt talbasierten ambulanten und stationären ambulanten und stationären Leistungs- mit intelligenten Vorsorgeprogrammen Leistungsbereichen ermöglicht. Die Be- erbringern des Kooperationsverbundes um Versicherte. sonderheit dieser Modelle ist die bessere gewährleistet. • Ein Psychiatrienetz vereint die ambulanten Abstimmung der einzelnen (medizini- Das engagierte Mitwirken der Leistungs- und stationären Einrichtungen der Region schen) Massnahmen sowie der Bedürfnis- erbringer treibt die intensiven Kooperationen und ist verantwortlich für die Betreuung se von Patienten und ihrer Angehörigen. massgeblich an; sinnvolle Rahmensetzungen von Menschen mit psychischen und psy- Die gemeinsame, mehrheitlich elektroni- und Leistungsanreize von Politik und Finan- chiatrischen Störungen. Das Netz betreibt sche Patientendokumentation erleichtert zierenden unterstützen sie dabei. Auf diese u.a. ein Kriseninterventionszentrum und diese Betreuungskonzepte erheblich. Die Weise werden attraktive Aus- und Weiterbil- ein psychiatrisches Case Management und Chronic-Care-Modelle werden in For- dungsmöglichkeiten sowie Arbeitsplätze für pflegt verbindliche Kooperationen insbe- schungsprojekten zusammen mit wissen- MPAs, Pflegende und Ärzte geschaffen. Darin sondere mit den Ärztenetzen, Pflegeein- schaftlichen Instituten evaluiert. liegt mittel- bis langfristig ein beträchtlicher richtungen und Sozialdiensten. • Andere Leistungserbringer (Apotheken, Mehrnutzen. • Das kantonale Spital umfasst drei teilau- Reha, Spitex, Pflegeeinrichtungen) sind tonome Standorte mit unterschiedlichen mehrheitlich über bilaterale Kooperati- Schwerpunkten und gemeinsamen, stand- onsverträge eingebunden. ortübergreifenden Bereichen, die departe- • Wer den Patienten steuert, ist differen- mental organisiert sind. Ausserdem baute ziert vereinbart: In vielen Fällen ist es der 18
TRENDSZENARIEN FINANZIERUNG STEUERUNG Verschiedene Kooperationspartner Die Kooperation der in den Organisa- bilden eine Organisation, die mit den tionen engagierten Leistungserbringer Krankenversicherern eine geeignete ist in einer Vereinbarung zwischen Or- Form der Leistungsvergütung verein- ganisation und Leistungserbringer ver- bart (z.B. Budgetmitverantwortung, bindlich geregelt. Wesentliche Punkte Mixed/Bundled Payment, Pay-for-Per- darin sind: formance-Modell, Mitfinanzierung von • Spezifische Weiterbildungen zur interdisziplinären Zusam- spezifischen Chronic-Care-Betreuungs- menarbeit; • Qualitätsmanagement (z.B. interdisziplinäre Qualitätszirkel, modellen). gemeinsam entwickelte Qualitätsindikatoren, Datenerfassung und Datenauswertung); Denn eine Vergütung, welche Behandlungsprozesse über meh- • Teilnahme an gemeinsamen Projekten (z.B. gemeinsamer rere Versorgungsstufen umfasst, insbesondere Spital und ambu- Einkauf, gemeinsame Betreuungsprogramme, Forschungs lante Leistungserbringer, unterstützt eine kohärente Betreuung projekte); und reduziert die Risiken DRG-bedingter Verkürzungen der • Aufteilung der Leistungsabgeltungen auf die einzelnen Leis- Hospitalisationsdauer. tungserbringer. Kantonale Beiträge können bei Bedarf die Finanzierung von Die Organisationen sind eigenständig und werden von einer Ge- Praxisassistenzen (ärztliche Weiterbildung in Praxen) und be- schäftsleitung geführt. sondere Qualitätsinitiativen und -Massnahmen (z.B. Sammeln und Auswerten von Daten zur Patientenversorgung) unterstützen. 19
FM C D E N K S TO F F N°1 TRENDSZENARIO GROSS- STADT 20
TRENDSZENARIEN RAHMEN Grossstädtische Agglomeration mit Einzugsgebiet von >300‘000 Versicherten (Bevölkerungsdichte über 1000 Einwohner pro km2), einem Universitätsspital, vielen hochspezialisierten Einrichtungen wie Tumor- oder Transplantationszentren sowie weiteren Spitälern. > 300'000 Hohe Ärztedichte im ambulanten Sektor mit rund 5 Versicherte Ärzten pro 1000 Einwohner (davon 0.7 Allgemein- praktiker), Tendenz steigend. Es entwickeln sich zahl- reiche und unterschiedliche Organisationen und Mo- delle der Integrierten Versorgung, z.B. Ärztenetze mit Allgemeinmedizinern und/oder Spezialisten, Ärzte-/ Therapiezentren, Chronic-Care-Modelle, Modelle für Universitätsspital, sowie weitere Spitäler Demenzkranke und ihre Angehörige, für spezielle Kun- densegmente (Frequent Flyers mit Versorgungsnetz im Ausland, Expats, für Lifestyle-Medizin mit Check-ups, Antiaging, ästhetischen Eingriffen). Beispiele sind Städte und Agglomerationen wie Unterschiedliche Basel, Bern, Genf-Lausanne oder Zürich. Organisationen und Modelle der Integrierten Versorgung 21
FM C D E N K S TO F F N°1 GESUNDHEITS- UND PATIENTENVERSORGUNG Die Gesundheits- und Patientenversorgung zeichnet sich – als Folge der hohen Leistungserbringer-Dichte – durch ein vielfältiges Nebeneinander von integrierten ambulanten und stationären Organisationen aus: • Mehrere und unterschiedlich positio- Ausserdem ist das Gesundheitszentrum rer Nähe führt das Universitätsspital ein nierte Ärztenetze (reine Hausarztnetze, eine attraktive Aus- und Weiterbildungs- intermediäres Pflegeheim, das geriatri- Netze mit ärztlichen Grundversorgern stätte für Mediziner, Pflegende und MPAs. sche und palliative Patienten zwischen der und Spezialisten, Netze mit ärztlichen/ • Patientengruppen mit komplexen Be- Akut-Hospitalisation und dem Aufenthalt nicht-ärztlichen Mitgliedern) bieten ihre treuungsbedürfnissen werden in eigenen in einer Langzeitinstitution oder zu Hause Leistungen alleine an oder in Kooperation Netzstrukturen betreut: beispielsweise betreut. mit anderen Organisationen wie Spitälern, in einem Onkologie-Netz, in dem Pati- Zwischen den verschiedenen Organisa- Spitex, Pflegeheimen, Apotheken, Reha- entenpfade, klinische Entscheidfindung, tionen besteht ein innovationsförderlicher und Physio-Einrichtungen. Innerhalb Konferenzen und Boards bis hin zu den Wettbewerb. Anderseits besteht die Gefahr dieser Netze bzw. Kooperationen hat sich Terminvereinbarungen vernetzt und auf- der Behinderung von Kooperationen, bei- eine ausgeprägt interdisziplinäre Arbeits- einander abgestimmt werden. Das Onko- spielsweise wenn grosse Spitäler kleinere teilung entwickelt, namentlich zwischen logie-Netz zeichnet sich durch innovative Kooperationspartner vergrämen, indem Hausärzten, Spezialisten, Apotheken so- Betreuungsformen und eine ausgespro- sie darauf bestehen, (zu) viel selber zu tun. wie spezialisierten MPAs und Pflegefach- chen starke Patientenorientierung aus, Konfliktpotential birgt ausserdem die Kon- personen. beispielsweise indem die Patienten Com- kurrenzsituation zwischen dem integrierten • Im grossen Gesundheitszentrum, das von munity in die Entwicklung von Patienten- Versorgungsbereich und Privatspitälern (bzw. einem Spital und zwei Ärztenetzen reali- pfaden oder in ärztliche Weiterbildungen den dort tätigen Belegärzten), namentlich bei siert wurde, finden sich eine Notfallpra- involviert wird. zusatzversicherten Patienten. xis mit 365x24-Stunden-Zugang, mehrere • Das Universitätsspital betreibt ein grosses Kompetenzzentren für bestimmte Patien- Patienten-Hotel, in dem Patienten – so- tengruppen (z.B. ein psychiatrisches Walk- bald sie nach einer Operation oder Ge- in-Ambulatorium, ein Geriatrie-Zentrum, burt keine intensive Pflege mehr benöti- ein Chronic-Care-Zentrum) sowie Spitex- gen – untergebracht werden und wo bei Dienste mit einer kleinen Bettenstation für Bedarf die zuständigen Ärzte beigezogen Kurzbetreuungen von älteren Patienten. werden können. Ebenfalls in unmittelba- 22
TRENDSZENARIEN FINANZIERUNG STEUERUNG Verschiedene Kooperationspartner bil- Die Zusammenarbeit zwischen Instituti- den eine Organisation, die mit den onen und Leistungserbringern in einer Krankenversicherern eine geeignete Organisation ist in Kooperationsverein- Form der Leistungsvergütung vereinbart barungen geregelt. Der Anbieter-Wett- (z.B. Capitation-basierte Budgetmitver- bewerb ist ein zusätzliches Steuerungs- antwortung, Mixed/Bundled Payment, element. Voraussetzung dafür ist eine Pay-for-Performance-Modelle). Ist diese grössere Transparenz für die Patienten von Spital und ambulanten Leistungs- (z. B. Public Reportings, Zertifizierung), erbringern getragen, werden dadurch so dass sich diese über die Qualität der eine kohärente Betreuung unterstützt Anbieter bzw. der Leistungen informie- und die Risiken DRG-bedingter Ver- ren können. Wenn notwendig, sind da- kürzungen der Hospitalisationsdauer für die gesetzlichen Rahmenbedingun- reduziert. gen anzupassen. 23
FM C D E N K S TO F F N°1 HANDLUNGSOPTIONEN UND ANREIZE Die Entwicklung der Integrierten Versorgung wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten massgeblich durch Initiativen der Akteure selber, insbesondere der Leistungserbringer und Versicherer angetrieben. Damit ist auch in Zukunft zu rech- nen. Deshalb formulieren wir mögliche Handlungsoptionen und Anreize, welche vor allem die vertikale, sektorenübergreifende Integration befördern und sich in allen Trendszenarien umsetzen lassen. Für Leistungserbringer • Hausärzte/Hausarztnetze bauen sekto- erbringer realisieren gemeinsam Ärzte- renübergreifende (vertikale) Kooperati- zentren und Gemeinschaftspraxen und onen mit anderen Leistungserbringern engagieren sich für vernetzte Strukturen auf. Allgemein- oder spezialisierte Ärzte und Prozesse. Patienten-Coaches in Spi- realisieren zusammen mit anderen Leis- tälern unterstützen ein patientenorien- tungserbringern Gesundheitszentren (z.B. tiertes Austrittsmanagement und eine in einem ehemaligen Klein-Spital). wirkungsvolle Nachbetreuung. • Leistungserbringer entwickeln – allenfalls • In ländlichen Regionen stellen regionale mit telemedizinischen Anbietern – Be- Spitalzentren als Anreiz für neue Leis- treuungsprogramme für chronisch Kranke tungserbringer Praxis-Infrastruktur für (insbesondere mit Diabetes, COPD und Ärzte zur Verfügung. Herzinsuffizienz). • Unternehmen aus anderen Branchen (z.B. • In urbanen und städtischen Regionen Detailhandel, Hotellerie, Ernährung, Te- profilieren sich Leistungserbringerorga- lekommunikation) beteiligen sich am nisationen durch die Differenzierung ihre Aufbau von Versorgungsnetzen und Angebote, z.B. nach Patientenbedürfnis- entwickeln spezifische Angebote für die sen (Chroniker, Frequent Flyers etc.), nach Versicherten/Patienten (z.B. Prävention, Patientengruppen bzw. Krankheitsbildern Ernährung, Datenaustausch, Partizipati- (Stroke, Tumor, Demenz, Sucht, Burnout on/Communities). etc.) oder nach Service-Level (Sofortter- • Versorgungsnetze entwickeln – abge- mine, 7-24-Stunden-Kontakt, Ausland- stimmt auf die eHealth-Strategie von Bund Assistance etc.). Spitäler und Leistungs- und Kantonen – erste Anwendungen für erbringer-Organisationen entwickeln künftige elektronische Patientendossiers spezielle Angebote für hochqualifizierte (z.B. elektronische Überweisungs- und ausländische Fachkräfte in der Schweiz Austrittsberichte, elektronisches Impf- (Expats). dossier, elektronische Patientenverfügung, • Ein Versorgungsnetz organisiert sich als elektronischer Diabetes-Pass, elektroni- Genossenschaft, an der sich Versicherte/ scher Mutter-Kind-Pass für Vorsorgeun- Patienten mittels Genossenschaftsschei- tersuchungen bei Schwangeren und Klein- nen beteiligen. kindern). • Spitäler bzw. ambulant tätige Leistungs- 24
TRENDSZENARIEN Für Krankenversicherer Für die Öffentliche Hand • Krankenversicherer schliessen mit Orga- • Kantone und Gemeinden unterstützen nisationen Verträge ab, in denen auf die bei Bedarf den Aufbau regionaler Versor- Bedürfnisse der Versicherten/Patienten gungsnetze mit vergünstigten Darlehen ausgerichtete Zusammenarbeits- und und Projektfinanzierungen. Denn solche Vergütungsmodelle sowie Qualitätskri- Netze gewährleisten in ländlichen Regi- terien vereinbart werden. Beispiele sind onen die Versorgungssicherheit (Erhalt/ qualitätsorientierte Pay-for-Performance- Schaffung von Arbeitsplätzen, weniger/ Elemente oder Zusatzabgeltungen für keine Abwanderung, Stärkung von Tou- spezifische Chronic-Care-Betreuungs- rismusregionen) und in urbanen bzw. programme. städtischen Regionen können sie Über- • In ländlichen Regionen können Kranken- kapazitäten insbesondere bei Spezialisten versicherer den Aufbau regionaler Ver- reduzieren. sorgungsnetze bei Bedarf mit einer An- • Kantonale Beiträge sind an Bedingungen schubfinanzierung unterstützen. In sehr geknüpft, z.B. dass sich Leistungserbrin- abgelegenen/alpinen Regionen können ger-Organisationen in der Region/im Hin- allenfalls differenzierte Taxpunktwerte terland engagieren (durch Zusammenar- zur Förderung der Standortattraktivität beit, Weiterbildung, Forschung). beitragen. Im Gegenzug profitieren die • Kantone fördern den Erfahrungsaustausch Versicherer von der höheren Effizienz und und den Wissenstransfer zwischen Orga- Effektivität regionaler Versorgungsnetze. nisationen der Integrierten Versorgung. • Krankenversicherer entwickeln – zusam- • In ländlichen Regionen stellen Kanto- men mit Leistungserbringern – neue Ver- ne und Gemeinden als Anreiz für neue gütungsmodelle (oder lassen diese entwi- Leistungserbringer Räumlichkeiten zur ckeln) und wenden sie in Pilotprojekten Verfügung oder (vor-)finanzieren die IT- an (z.B. Mixed/Bundled Payment, Pay for Infrastruktur. Performance). • Kantone ergänzen ihre Leistungsaufträge • Krankenversicherer und Leistungser- an Spitäler mit Bestimmungen, welche bringer unterstützen den Aufbau einer die sektorenübergreifende Integration un- Dienstleistungsorganisation für Versi- terstützen. cherte/Patienten, welche die Gesundheits- • Bund und Kantone sorgen für Investiti- und Patientenkompetenz fördert (z.B. onssicherheit, indem sie z.B. einheitliche Befähigung zum Selbstmanagement; Be- Standards für den elektronischen Daten- wertung von Produkten, Leistungen und austausch vorgeben (abgestimmt auf die Leistungserbringern; sorgsamer Umgang «Strategie eHealth Schweiz» von Bund mit Gesundheits- und Krankheitsinfor- und Kantonen). mationen). 25
STANDARDISIERUNG DES BERICHTSWESENS RHEINFELDER PATIENTEN MANAGEMENT-MODELL FAMILYSTART BEIDER BASEL OPTIMA TRIAGE WEB KG – PALLIATIVE CARE VD : LE PROGRAMME CANTONAL DIABÈTE CITÉ GÉNÉRATIONS – MAISON DE SANTÉ LIAISON INSELSPITAL-SPITEX BERN ANWENDUN
HAUS DER GESUNDHEIT AKUT UND REHA UNTER EINEM DACH IPW: INTEGRATION IN DER PSYCHIATRIE PONTE VECCHIO – VOM SPITAL ZUM HAUSARZT GESUNDHEITSZENTRUM UNTERENGADIN INTEGRATION DER SPITEX BEI PIZOLCARE DOKUMENTENMANAGEMENT IN PRAXEN NETCARE-APOTHEKEN GSB EISPIELE
FM C D E N K S T O F F N° 1 GESUNDHEITSZENTRUM Von Philipp Gunzinger, Direktor Gesundheitszentrum Unterengadin UNTERENGADIN www.cseb.ch Kontakt: Philipp Gunzinger Seit 2007 arbeiten im Unterengadin wichtige philipp.gunzinger@cseb.ch Anbieter in den Bereichen Gesundheitsversorgung, ambulante und stationäre Pflege sowie Wellness unter einem Dach zusammen. Das Gesundheitszentrum Unterengadin umfasst das Regionalspital, die Spitex-Dienste, eine Beratungsstelle, das Bogn Engiadina mit sei- nen angegliederten Betrieben, die Pflegegruppen in Scuol und Samn- aun sowie das Pflegeheim Chüra Lischana. Die Gesundheitsversorgung konnte so weiterentwickelt, koordiniert und noch bedürfnisgerechter gestaltet werden. Damit wird auch ein wichtiger Beitrag für eine hohe Versorgungs- und Lebensqualität der Bevölkerung geleistet. Dieser Zusammenschluss stellt einen einzigartigen Schritt in der gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region dar, welchem auch national Pioniercharakter zukommt. Die Struktu- ren der einzelnen Betriebe wurden so angepasst, dass sie im Verbund optimal funktionieren und Synergien im Betrieb und bei Investitionen genutzt werden können. Die umfassenden und qualitativ hoch stehen- den Angebote und Dienstleistungen wurden aufeinander abgestimmt Gesundheitszentrum Unterengadin: ein Meilenstein in der gesundheitspoliti- und koordiniert. Zusätzlich wurden auch zahlreiche neue Projekte rea- schen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region lisiert, die für die Versorgung der Bevölkerung von grosser Bedeutung Therapieangebot ist 20-jährig. War es 1993 einzigartig, gibt es heute sind. Dank der heutigen Positionierung ist die Gesamtorganisation in im Alpenraum zahlreiche attraktive Angebote. Dank umfangreicher der Lage, die künftigen Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Erneuerungs- und Erweiterungsinvestitionen im Umfang von 6.6 Mil- lionen Franken wurden die Angebote so weiterentwickelt, dass sie auch Integrative Medizin als Behandlungsphilosophie in Zukunft den Anforderungen des Marktes und den Bedürfnissen Im Regionalspital wurden eine komplementärmedizinische Abteilung der Gäste entsprechen. und eine Palliative-Care-Station in Betrieb genommen. Als schweize- rische Neuheit wird die Schulmedizin mit einem komplementär- und Gesundheit und Tourismus als Verbund stärken palliativmedizinischen Angebot ergänzt. Eine umfassende Betreu- Die Sorge, dass mit dem Zusammenschluss all dieser Betriebe Ar- ungs- und Behandlungsphilosophie, die den Menschen in seiner Ge- beitsplätze gefährdet würden, ist der Freude über die Schaffung von samtheit erfasst und wahrnimmt und daher als «integrative Medizin» zusätzlichen 50 Vollzeitstellen gewichen – davon acht neue Ausbil- bezeichnet wird. Ausserdem wurden eine Schmerztherapie sowie zu- dungsplätze für junge Menschen. Diese Entwicklung konnte erfreuli- sätzliche Konsiliar-Dienste eingeführt. Eindrücklich stellen sich die cherweise bei gleichbleibenden Betriebsbeiträgen seitens der Träger- Zuwachsraten der vergangenen fünf Jahre bei der Nutzung der Spital- schaft realisiert werden. angebote dar: Die Zahl der stationären Patienten hat um 20 Prozent und jene der ambulanten Patienten um 46 Prozent zugenommen. Vor zwei Jahren hat das Gesundheitszentrum das langfristig ausge- richtete Projekt «Nationalparkregion – Gesundheitsregion» lanciert. Bei der Pflegeversorgung wurden die ambulanten Dienstleistun- Die Erfolgspotentiale der Nationalparkregion liegen in der intakten gen ausgebaut, mit dem Ziel, Bedürftige möglichst lange zu Hause Natur- und Kulturlandschaft, einer naturnahen Landwirtschaft, im betreuen zu können. Um diese Absichten zu stärken, wurde zusätz- werte- und sinnorientierten Tourismus, in einer innovativen Gesund- lich die Betreuung, Unterstützung und Koordination der pflegenden heitsversorgung sowie in einer gut ausgebauten Infrastruktur. Um Angehörigen sowie die Freiwilligenarbeit ausgebaut. Von grosser Be- diese Chancen noch besser nutzen zu können, werden die bereits vor- deutung für die regionale Versorgung waren auch die Inbetriebnahme handenen Leistungen der Region in den Bereichen Gesundheit und der regionalen Pflege-Beratungsstelle sowie der zwei Pflegegruppen in Tourismus auf innovative Weise so verbunden und weiterentwickelt, Scuol und in Samnaun. In Zernez wird in naher Zukunft eine weitere dass zusätzliche Gästesegmente erschlossen werden können. So kann Pflegegruppe realisiert. Im Pflegeheim Chüra Lischana wurden Inves- auch die Gesundheitsversorgung der einheimischen Bevölkerung titionen zur Steigerung der Wohn- und Betreuungsqualität getätigt. wirtschaftlicher erbracht und damit langfristig für die Region sicher- Mit der Realisierung des Bogn Engiadina in Scuol wurde ein Mei- gestellt werden. Das Gesundheitszentrum Unterengadin hat sich als lenstein für die touristische und wirtschaftliche Entwicklung der gan- innovatives Versorgungsmodell einer eher peripheren Region etabliert zen Region gesetzt. Das Bad mit seinem umfangreichen Bäder- und – mit einer weit überregionalen Ausstrahlung. 28
ANWENDUNGSBEISPIELE DOKUMENTEN- Von Peer Hostettler, Business Developer, und Marc Condrau, Projektleiter, BlueCare MANAGEMENT IN PRAXEN www.bluecare.ch, www.zgn.ch, www.grisomed.ch Kontakt: Peer Hostettler Institutionsübergreifende Zusammenarbeit peer.hostettler@bluecare.ch fördern und Prozessintegration ermöglichen: Das sind die Ziele des Projekts Larnags. Die Akzeptanz bei Ärztenetzen und Praxen ist hoch. Das Projekt, an dem BlueCare in Kooperation mit dem Zürcher Ge- Im Dialog mit Ärztenetzen entstanden sundheitsnetz (zgn) und der MC-Organisation Grisomed seit Mitte Das ausserordentlich positive Echo auf die Prototypen der künftigen 2013 arbeitet, setzt an einem neuralgischen Punkt der Arbeitsorgani- Lösungen zeigt, dass sich Informationsflüsse rund um die Zuweisungs- sation in Arztpraxen an: bei der Triage von Informationen über die prozesse in der Integrierten Versorgung bereits heute mit einfachen praxisexternen Behandlungen der Patienten. Heute gibt eine mittel- Mitteln optimieren lassen. Dass die Bedürfnisse und das Wissen der grosse Gruppenpraxis täglich rund 50 Aufträge für weiterführende Ärztenetze und Praxen im Dialog eingebunden wurden, war einer Untersuchungen in Spitälern, Labors und bei anderen Leistungser- der grossen Erfolgsfaktoren des Projekts. Die intuitive und auf An- bringern in Auftrag. hieb verständliche Umsetzung der Projektideen von BlueCare zeigt deren technisch-organisatorische Kompetenz zur Lancierung solcher Anderseits gehen täglich rund 70 bis 100 Rückmeldungen von die- Innovationen. sen Stellen in der Praxis ein. Diese kommen teilweise via E-Mail, zu 70 Prozent aber nach wie vor per Fax oder Brief in den Praxen an. Die Als Pionier der Managed-Care-Bewegung erkennen wir in dem Medizinischen Praxisassistentinnen verbringen daher einen Grossteil Projekt eine folgerichtige Weiterentwicklung unserer MC-Lösun- ihrer Arbeitszeit damit, die eingehenden Informationen jeweils dem gen, welche die bessere Verzahnung der Behandlungsprozesse der Kontext des richtigen Patienten und Arztes zuzuweisen. Integrierten Versorgung in den Arztpraxen rasch und wirksam ver- einfachen können. Gleichzeitig werden diese Prozesse transparenter Überblick und Ordnung schaffen und nachvollziehbarer gemacht sowie bedeutende Zeit- und Kosten- Genau hier setzt Larnags an. Das Ziel des Projekts ist, eine praxisnahe einsparungen in den Praxen ermöglicht. Die Realisierung des neuen und effiziente Möglichkeit zur Übermittlung von ausgehenden und der IT-Systems ist initiiert und soll 2015 unter einem neuen Namen am Triagierung von eingehenden Patienteninformationen zu schaffen. Markt eingeführt werden. Durch die Bündelung der verschiedenen Informationskanäle wird eine Optimierung der Zuweisungsprozesse ermöglicht. Angenehmer Nebeneffekt: Das Fax als primäre Lösung für das Versenden und Emp- fangen der relevanten Patienteninformationen wird abgelöst. Das Projekt ermöglicht eine wesentlich höhere Transparenz und Kontrolle der vielfältigen externen Aufträge. Vor allem aber erhal- ten Larnags-Nutzer einen Überblick, wo welcher Patient von wem behandelt wird. Selbstverständlich kann das Patientendossier nach Bedarf von den Behandelnden geteilt werden. Zielsetzung ist weiter, die heutigen Vorteile von Brief, Fax und Telefon aufzugreifen, darüber hinaus aber den Kommunikationsprozess als Ganzes zu optimieren (siehe Grafik). Dies bedingt auch eine optimale Adaption auf die bestehenden Arbeitsprozesse und IT-Infrastruktur in den Praxen, damit diese rasch, einfach und konkret die Vorteile von Larnags nutzen können. MPAs sowie Ärztinnen und Ärzte sollen künftig ihre Ressourcen nicht mehr an schlecht organisierte administrative Prozesse verschwenden, sondern in die Qualität und den Nutzen der Behandlungen ihrer Pa- Das Projekt optimiert Zuweisungsprozesse, automatisiert die Triage und tienten investieren können. Um dieser aufwändigen Administration senkt Zeitaufwand, Ärger und Kosten. entgegenzuwirken, hat das Projektteam einen Ansatz gefunden, um die Systemgrenzen der Informatiklösungen, die IT-Silos innerhalb der Praxen, zu durchbrechen. 29
FM C D E N K S T O F F N° 1 INTEGRATION DER Von Dr. med. Urs Keller, Facharzt Allgemeinmedizin FMH, VR-Präsident und Geschäftsführer PizolCare AG SPITEX BEI PIZOLCARE www.pizolcare.ch Kontakt: Urs Keller Jährlich überarbeitete Betreuungsgrundlagen für urs.keller@hin.ch die wichtigsten chronischen Krankheiten bilden die Grundlage für eine gute ambulante Pflege in der PizolCare-Region. Patienten, die über die ganze Behandlungskette betreut werden, sind Eigenständigkeit der Partner bleibt gewahrt in der Regel sehr kostenintensiv. Ausserdem ist deren Behandlung Grundlagen zur optimierten und integrierten Zusammenarbeit sind meist komplex und dadurch fehleranfällig. Häufig handelt es sich um der zeitgerechte Informationsaustausch, formal standardisierte Ver- chronisch kranke Menschen, die vor allem – im weitesten Sinne – ordnungen sowie gemeinsam definierte Zielvorgaben und regelmässi- palliative und damit spitalexterne Pflege benötigen. ge Weiterentwicklung. Wichtig auch: Die Eigenständigkeit der einzel- nen Organisationen zu erhalten, bedeutet, verschiedene Strukturen zu Solche Spitex- und auch Heimbehandlungen sind im Rahmen der akzeptieren und bei politischen Widerwärtigkeiten mit pragmatischen Integrierten Versorgung zu optimieren, denn sie sind durch einen Lösungen voranzukommen. einzelnen Grundversorger schwierig zu steuern. Der koordinative Auf- wand ist relativ gross, die Spitex-Fachpersonen arbeiten zunehmend Jährlich finden in jeder Region vier von den Spitex-Koordinato- eigenverantwortlich und trotzdem muss diese Arbeit vom (MC-)Arzt rinnen moderierte und protokollierte Spitex-Qualitätszirkel statt, bestätigt werden. Für ein Netz wie PizoCare mit Capitation (= Bud- in denen die Zusammenarbeit und Betreuungspfade diskutiert und get-Mitverantwortung) ist es von grosser Bedeutung, dass die Kosten Verbesserungsvorschläge eingebracht werden. Finanziert werden pro Patient bei Heim-Betreuung an 1. Stelle und bei Spitex-Betreuung diese durch PizolCare aus dem Geld, das mit den Budgetverträgen an 4. Stelle des Budgets stehen. erwirtschaftet wird, gleich wie die jährlich stattfindenden ganztägigen Spitex-Heime-MPA-Fortbildungen. PizolCare investiert in Pflege-Knowhow Im Hinblick darauf werden gemeinsame Behandlungspfade zur Spitex- und Heimbehandlungen sind Bestandteile der Integrierten Betreuung von chronisch kranken Menschen erarbeitet und deren Versorgung. Die Netzwerkarbeit bei PizolCare umfasst für alle in- Inhalte an diesen Fortbildungstagen sowohl aus ärztlicher wie aus volvierten Leistungserbringer Verbindlichkeiten entlang dem Patien- pflegerischer Sicht zur Diskussion gestellt. Als Resultat daraus entsteht ten- und Behandlungspfad («am gleichen Strick ziehen»). Diese sind wieder ein neues oder überarbeitetes Kapitel im PizolCare-Spitex-Pal- gekennzeichnet durch liative-Care-Ordner. Die darin gesammelten Betreuungsgrundlagen, • eine verpflichtend geregelte Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Behandlungspfade und Pflegerichtlinien stehen allen Fachpersonen Bedürfnisse der betreuten Patienten kosten- und ressourcenopti- sowohl als gedruckte wie als elektronische Vorlagen zur Verfügung. miert zu erfüllen; Ausserdem bestehen diverse Formulare für die Zusammenarbeit, teils • gegenseitig sichtbar gemachte ökonomische und qualitative Er- sogar für Spitäler, zum Beispiel für die Symptomerfassung, für Medi- gebnisse; kamenten-Verordnungen (mit einer Spalte für Limitationen) oder für • eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Zusammenarbeit; die Bestellung von medizinischem Material. • die Wahrung der strukturellen Autonomie der einzelnen Leistungs- erbringer, sei es als Gruppe, Verein oder sonstige Organisation. Alle profitieren von Synergien Für die fünf bedeutendsten chronischen Krankheiten – Herzinsuf- Vereinbarungsgemäss wird der zeitgerechte Informationsaustausch fizienz, COPD/Asthma, Diabetes, Mental Health, Palliative Care (inkl. durch E-Mail über die datenschutzkonforme HIN-Plattform oder Schmerztherapie)/End of Life – werden analog zu den ärztlichen Pi- den standardisierten Fax gewährleistet. Zudem stehen auf der Pi- zolCare-Patientenpfaden pflegerische Behandlungspfade erarbeitet. zolCare-Website eigene Spitex-Seiten mit Links und Downloads zur Zur Integration der spitalexternen Dienste finanziert PizolCare seit Verfügung. Die Zusammenarbeit mit den für die Spitex und Heime 2005 zwei Spitex-Pflegefachpersonen HF als regionale Koordinato- wichtigen Medizinischen Praxisassistentinnen wird jährlich und re- rinnen. Diese nehmen folgende Aufgaben wahr: gional am «Runden Tisch» diskutiert. • Spitex-QZ-Leitung in den beiden Regionen von PizoCare: Auf diese Weise werden günstige Voraussetzungen geschaffen, da- • Spitex-Spital-Koordination (spitex-spitin); mit alle Fachpersonen, die an der Behandlung und Betreuung eines • «Klagemauer» bezüglich Zusammenarbeit mit den MC-Ärzten; Patienten beteiligt sind, von Synergien profitieren. • regionales Reporting mit Analyse der Schnittstellen Spitex-Patient- Arzt-Spital-Praxis-Spitex; • Mitorganisation von gemeinsamen Fortbildungsveranstaltungen; • Qualitätsentwicklung. 30
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