Der Kanton Graubünden braucht Wachstum und Diversifikation

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Der Kanton Graubünden braucht Wachstum und Diversifikation
Serie

        Der Kanton Graubünden braucht Wachstum und Diversifikation
        Graubünden ist vor allem als
        grösste Ferienregion der Schweiz
        bekannt. In vielen Talschaften
        des weitläufigen Kantons ist der
        Tourismus der mit Abstand wich­
        tigste Erwerbszweig. Die laufende
        Bündner Tourismusreform stärkt
        die Wettbewerbsfähigkeit des
        Wirtschaftsmotors und schafft
        Grundlagen für dessen künftige
        Prosperität. Allerdings verfügt
        Graubünden über weitere Stärken:
        Der Kanton ist Standort von be­
        deutenden Industrieunterneh­
        men, einer der grössten Strom­
        erzeuger des Landes sowie ein
        qualitativ hochwertiger Wohn­
        standort. Um die vorhandenen
        Potenziale noch gezielter nutzen
        und im Standortwettbewerb ein­
                                            Die Industriezone Tardisland im Bündner Rheintal (im Bild) eröffnet Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsunter­
        setzen zu können, bildet Wachs­     nehmen einmalige Entwicklungschancen.                                                                Foto: Walter Schmid

        tum den Schwerpunkt des neuen
        Regierungsprogramms 2013–
                                               Wie kaum ein anderer Kanton ist Grau-                           wirtschaft in Graubünden noch ein stärkeres
        2016.
                                            bünden durch seine geografische, sprachliche                       Gewicht als anderswo.
                                            und kulturelle Heterogenität gekennzeichnet.                           Wie vergleichbare Kantone sieht sich
                                            Dieses reichhaltige Erbe und attraktive Land-                      Graubünden seit den 1990er-Jahren mit zu-
                                            schaften bilden – in Form von natürlichen                          nehmenden Herausforderungen konfron-
                                            Standortfaktoren – das eigentliche Kapital                         tiert. Im Zuge der Globalisierung verstärkten
                                            Graubündens. In Graubünden leben heute                             sich die regionalen Disparitäten zwischen
                                            gut 192 000 ständige Einwohnerinnen und                            urbanen und ländlichen Regionen in der
                                            Einwohner; rund 87 000 vollzeitäquivalente                         Schweiz. Verschiedene Faktoren führen
                                            Stellen werden gezählt. Im Vergleich zu an-                        dazu, dass Graubündens Wirtschaft im Ver-
                                            deren Kantonen verzeichnen das Baugewerbe                          hältnis zum Schweizer Mittel unterdurch-
                                            und vor allem das Gastgewerbe überdurch-                           schnittlich wächst: Strukturwandel in der
                                            schnittliche Beschäftigungsanteile. Trotz                          Landwirtschaft, rückläufige touristische Fre-
                                            schwindender Bedeutung hat auch die Land-                          quenzen als Folge von Flugverkehrsliberali-
                                                                                                               sierungen, neuen Reisegewohnheiten und
                                                                                                               gestiegener internationaler Konkurrenz, eine
                                                                                                               zunehmende Konzentration von zukunfts-
                                                                                                               trächtigen Branchen und qualifizierten Ar-
                                                                                                               beitsplätzen in den Metropolen sowie ein
                                                                                                               Abbau von Stellen in ehemaligen Bundesbe-
                                                                                                               trieben. Stark rückläufige Geburtenzahlen
                                                                                                               und geringe Zuwanderung gefährden heute
                                            Eugen Arpagaus                                                     vor allem in den peripheren Talschaften des
                                            Leiter Amt für Wirtschaft                                          Kantons mittelfristig die Aufrechterhaltung
                                            und Tourismus Graubünden
                                                                                                               der dezentralen Besiedlung.

                                            40 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 3-2012
Der Kanton Graubünden braucht Wachstum und Diversifikation
Serie

                                                    Die kantonale Wirtschaftspolitik stellt                         plätze an. Dies und die Erzeugung von Mul-
                                                 sich diesen Herausforderungen aktiv. Die                           tiplikatoreffekten auf dem Binnenmarkt ma-
                                                 vielfältigen Potenziale des Kantons als Wirt-                      chen diese Betriebe zu einem eigentlichen
                                                 schafts- und Wohnstandort wurden bereits                           Wachstumstreiber der ganzen Bündner Wirt-
                                                 in den letzten Jahren identifiziert; entspre-                      schaft.
                                                 chende Massnahmen wurden eingeleitet und                               Um die Rahmenbedingungen für beste-
                                                 gezielt Projekte gefördert. Je nach Teilräumen                     hende und ansiedlungswillige exportorien-
                                                 unterscheiden sich die Ausgangslagen dabei                         tierte Hightechunternehmen zu optimieren,
                                                 innerhalb des Kantons beträchtlich.                                erachtet der Kanton Graubünden vor allem
                                                 − Städtischer Raum (Bündner Rheintal, vor-                         drei Instrumente als zentral:
                                                    deres Prättigau, untere Mesolcina): In die-
                                                    sen gut erschlossenen, für Bündner Ver-                         Optimierung der steuerlichen Rahmen­
                                                    hältnisse dicht besiedelten Räumen                              bedingungen
                                                    entwickeln sich Bevölkerung und Wirt-                               Graubünden ist aus steuerlicher Sicht ein
                                                    schaft insgesamt positiv. Rund 40% der                          sehr interessanter Standort für internationale
                                                    ständigen Bevölkerung wohnt heute im                            Unternehmen. Durch die Steuergesetzrevisi-
                                                    Bündner Rheintal; über 43% des kanto-                           on, welche seit Januar 2008 in Kraft ist, wur-
                                                    nalen Bruttoinlandprodukts (BIP) wird                           de die Gewinnsteuer deutlich gesenkt und
                                                    hier erwirtschaftet. Mit einer weiteren                         die Sonderabgabe auf dem Kapital (für juris-
                                                    Konzentration ist zu rechnen. Als Dienst-                       tische Personen) sowie auf dem Vermögen
                                                    leistungs-, Verwaltungs-, Bildungs- und                         (für natürliche Personen) abgeschafft.
                                                    Gesundheitsplatz nimmt die Stadt Chur
                                                    dabei eine Zentrumsfunktion ein, die                            Stärkung des Wissens- und Technologie­
                                                    über die Kantonsgrenzen hinausreicht.                           transfers, Förderung der Forschungsinstitute
                                                 − Tourismusraum: Die grossen, bekannten                               Graubünden ist heute ein wichtiger For-
                                                    Destinationen und die vielen kleineren                          schungsplatz: Die renommierten Institute in
                                                    Ferienorte stehen für den grössten, be-                         Davos (z.B. AO Foundation, Swiss Institute
                                                    deutendsten Wirtschaftszweig Graubün-                           of Allergy and Asthma Research, WSL-Insti-
                                                    dens. In vielen Regionen des Kantons ist                        tut für Schnee- und Lawinenforschung SLF,
                                                    die gesamte regionale Wirtschaft haupt-                         Physikalisch-Meteorologisches Observatori-
                                                    sächlich vom Tourismus und dessen aus-                          um Davos/World Radiation Center), aber
                                                    gelösten Effekten abhängig.                                     auch das Centre Suisse d' Electronique et de
                                                 − Ländliche Gebiete: Diese Gebiete abseits                         Microtechnique (CSEM) in Landquart be-
                                                    der grossen Verkehrsachsen und Touris-                          schäftigen mehrere hundert Forschende. Die-
                                                    musorte waren in der Vergangenheit be-                          se Einrichtungen sowie die zwei Fachhoch-
                                                    sonders stark vom Rückgang der Land-                            schulen in Chur tragen zur Positionierung
                                                    wirtschaft und dem direkt oder indirekt                         von Graubünden als Hochschul- und For-
Kasten 1
                                                    damit verbundenen Abbau von Arbeits-                            schungsstandort bei. Das sich in Erarbeitung
 WTT in der Ostschweiz
                                                    plätzen betroffen. Die Potenziale dieser                        befindende kantonale Gesetz über Hochschu-
                                                    Gebiete liegen heute einerseits im natur-                       len und Forschungseinrichtungen will die da-
    Der Wissens- und Technologietransfer            und kulturnahen Tourismus und anderer-                          mit verbundenen Potenziale noch zielgerich-
 (WTT) soll dazu beitragen, die Innovations-        seits in einer stärkeren Nutzung der zahl-                      teter und selbstbewusster einsetzen. Dadurch
 kraft der Ostschweizer Wirtschaft zu stärken.
                                                    reich vorhandenen natürlichen Ressourcen                        sollen die Rahmenbedingungen für die Bünd-
 In Abstimmung mit der Kommission für
 Technologie und Innovation (KTI) und dem           (Wasser, Holz etc.). Vor allem in der Res-                      ner Wirtschaft vor allem in Bezug auf die
 Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wird       source Holz liegt ein hohes Wertschöp-                          Ausbildungsmöglichkeiten und die Innovati-
 hier ein starker Bottom-up-Ansatz ange-            fungspotenzial entlang der gesamten                             onskraft verbessert werden. Der Wissens- und
 strebt, der den KMU einen direkten Nutzen
                                                    Holzkette, das die Gemeinderechnungen                           Technologietransfer (WTT) gewinnt in Zu-
 bringen soll. Der Nutzen muss darin liegen,
 dass der Zugang zu Wissen vor allem für KMU        entlastet und dezentrale Arbeitsplätze                          sammenarbeit mit dem Kanton St. Gallen
 ohne eigene Entwicklungsabteilungen ver-           schafft.                                                        und anderen Kantonen der Ostschweiz sowie
 bessert werden kann und dadurch innovative                                                                         dem Fürstentum Liechtenstein zunehmend
 Projekte vorangetrieben werden. Der Einbe-
                                                                                                                    an Bedeutung (siehe Kasten 1).
 zug der KTI sowie der Fachhochschulen ist       Stärkung der Exportindustrie durch
 dabei für alle Beteiligten von hoher Bedeu-
                                                 Investitionen in Bildung und Forschung                             Aktives Flächen- und Landmanagement
 tung, weiter soll auf den bestehenden Inno-
 vationszellen aufgebaut werden. Die Vernet-        Von höchster Bedeutung für die Bündner                             Der Kanton arbeitet daran, durch aktives
 zung mit den meist an Hochschulen angesie-
 delten WTT-Stellen in der Region soll opti-
                                                 Volkswirtschaft sind die grossen exportori-                        Flächen- und Landmanagement ansied-
 miert und national vernetzt werden. Um die      entierten Industriebetriebe, die ihren Sitz im                     lungs- und erweiterungswilligen Unterneh-
 vorhandenen Potenziale bestmöglich umzu-        Bündner Rheintal sowie im vorderen Prätti-                         men künftig bessere Voraussetzungen zu bie-
 setzen, muss ein solches Projekt grossräumig    gau haben. Diese Unternehmen gehören in                            ten. Mit der regionalen Industriezone Tardis
 angegangen werden. Weitere Kantone der
 Ostschweiz sollen in diese WTT-Konzeption       ihren Bereichen Elektronik, Chemie und                             in Zizers und Landquart konnte vor einigen
 eingeschlossen werden und somit von             Kunststoffe oder Medizinaltechnologie teils                        Jahren ca. 300 000 m2 Bauland neu eingezont
 den Vorarbeiten der Kantone Graubünden und      zu den weltweiten Marktführern und bieten                          und optimal erschlossen werden. Den Be-
 St. Gallen profitieren können.
                                                 eine hohe Anzahl hochqualifizierter Arbeits-                       dürfnissen der kleinen und mittleren Unter-

                                                 41 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 3-2012
Der Kanton Graubünden braucht Wachstum und Diversifikation
Serie

                                                         nehmen (KMU) gilt es in Bezug auf die Be-                            Schnittstellen ihre touristische Produkte
                                                         reitstellung geeigneter Flächen Rechnung zu                          deutlich einfacher über eine Vielzahl von
                                                         tragen, wobei der nachhaltige Umgang mit                             Distributionskanälen zu vertreiben.
                                                         der Ressource Boden ebenso berücksichtigt                          − Natur- und kulturnaher Tourismus: Die
                                                         werden muss.                                                         Ferienregion Graubünden steht für au-
                                                            Ein grosses Potenzial für industrielle Tä-                        thentische, natur- und kulturnahe Ferien.
                                                         tigkeiten findet sich im Umfeld der Agglo-                           Diese schweizweit führende Rolle soll bei-
                                                         meration Bellinzona in der unteren Mesolci-                          behalten und weiter ausgebaut werden.
                                                         na, an der Grenze zum Kanton Tessin. Auf                             Mit einer professionellen Koordination
                                                         dem Areal des ehemaligen Flugplatzes San                             und Beratung durch eine Kompetenzstelle
                                                         Vittore soll eine wettbewerbsfähige Industri-                        wird die nachhaltige Weiterentwicklung
                                                         ezone errichtet werden. Ein Gesamtkonzept                            des natur- und kulturnahen Tourismus in
                                                         befindet sich in Ausarbeitung.                                       Graubünden verbessert.
                                                                                                                            − Qualitätsoffensive: Die Bedeutung von
                                                                                                                              Qualität ist eine unternehmerische
                                                         Perspektiven für den Bündner Tourismus
                                                                                                                              Grundsatzfrage und für den Tourismus
                                                             Graubünden ist die grösste Tourismusre-                          von grosser Bedeutung. Eine Qualitäts-
                                                         gion der Schweiz; jeder siebte Hotelbetrieb                          strategie für Graubünden ist erarbeitet
                                                         und jedes sechste Hotelbett der Schweiz steht                        und befindet sich als flankierende Mass-
                                                         hier. Zu ca. 6 Mio. Hotellogiernächten gesel-                        nahme seit Ende 2011 in Umsetzung.
                                                         len sich in Graubünden jährlich etwa noch-                         − Balanced Scorecard (BSC): Nach der
                                                         mals so viele in der Parahotellerie. Über 50                         Schaffung von professionellen Strukturen
                                                         Bergbahnunternehmen locken pro Jahr rund                             soll deren Wirkung mittels eines moder-
                                                         8,5 Mio. Besucher an. Gemäss einer Wert-                             nen Führungs- und Controllinginstru-
                                                         schöpfungsstudie der Hochschule für Tech-                            ments überprüft werden können. Der
                                                         nik und Wirtschaft Chur (2008) ist rund ein                          Transparenz kommt bei der Leistungs­
                                                         Drittel des regionalen BIP Graubündens von                           beurteilung von DMO und ReTO – auch
                                                         ca. 11 Mrd. Franken direkt oder indirekt tou-                        im Zusammenhang mit dem Einsatz von
                                                         ristisch induziert.                                                  öffentlichen Mitteln – grosse Bedeutung
        Kasten 2
                                                             Die 2006 gestartete Bündner Tourismus-                           zu.
                                                         reform stellt die Weichen dafür, dass der
         Tourismusabgabengesetz
                                                         Bündner Tourismus durch wettbewerbsfähi-                               Mit dem Gesetz über Tourismusabgaben
            Die Bündner Tourismusreform hat bereits      ge Strukturen und eine gezielte Aufgabentei-                       soll nun zum Abschluss der eigentlichen Re-
         eine marktgerechte Neustrukturierung ge-        lung der zentralen Akteure auch künftig vom                        form auch die Tourismusfinanzierung auf
         bracht. Mit dem Gesetz über Tourismusabga-      internationalen Wachstumsmarkt profitieren                         eine neue, breite Basis gestellt werden (siehe
         ben (TAG), das im April 2012 im Bündner Kan-
         tonsparlament behandelt wird, soll eine zeit-   kann.                                                              Kasten 2).
         gemässe Grundfinanzierung des Tourismus             Die neuen Tourismusorganisationen in                               Mit dem Projekt Touristisches Gesamtsys-
         sichergestellt werden. Die Finanzierung des     Graubünden sind grösser, professioneller                           tem Graubünden (Graubünden 2020) richtet
         Tourismusmarketings sowie der touristischen
                                                         und leistungsfähiger geworden. Aus einst                           der Bündner Tourismus seinen Blick proak-
         Entwicklung in den Regionen wird dauerhaft
         durch alle nutzniessenden Unternehmen ge-       über 90 meist lokalen Tourismusorganisatio-                        tiv in die Zukunft: Welche Erfolge wurden in
         währleistet.                                    nen sind bis heute vier Destinationsmanage-                        der Reformphase 2006-2012 erreicht? Wo
            Mit einem einzigen kantonalen Gesetz         ment-Organisationen (DMO) und elf regio-                           gibt es noch Handlungsbedarf? Wie können
         werden die heutigen rund 120 kommunalen
                                                         nale Tourismusorganisationen (ReTO) ent-                           künftige Herausforderungen bewältigt wer-
         Gesetze (Kurtaxen- und Tourismusförde-
         rungsabgabengesetze) abgelöst. Die Touris-      standen. Allein im Gebiet der vier DMO wer-                        den? Der Tourismus ist einem sehr dynami-
         musabgabe ist somit für die Abgabepflichti-     den gemeinsam gut zwei Drittel aller                               schen Markt ausgesetzt und muss auch in
         gen in den meisten Gemeinden nicht neu. Sie     Hotellogiernächte in Graubünden registriert.                       Zukunft neue gesellschaftliche oder techno-
         wird zwar im ganzen Kanton erhoben, jedoch
                                                         Durch die gezielte Optimierung der Aufga-                          logische Trends rasch antizipieren.
         stark abgestuft; entscheidend für die Höhe
         der Abgabe sind die Wertschöpfungskraft der     benteilung entlang der touristischen Wert-                             Der Tourismus ist auf wettbewerbsfähige
         Branchen sowie die Tourismusabhängigkeit        schöpfungskette sollen die vorhandenen Res-                        Infrastrukturen angewiesen, dies insbeson-
         der Regionen und Branchen.                      sourcen noch effizienter und effektiver zur                        dere in der Beherbergung, bei den Bergbah-
            Das TAG erlaubt den Gemeinden innerhalb
         einer Region zudem, ihren Bedürfnissen ent-
                                                         Gewinnung neuer Gäste eingesetzt werden.                           nen sowie bei Infrastrukturen zur Stärkung
         sprechend die Abgabesätze nach oben oder        Dies betrifft die Produktgestaltung, die Bear-                     des Sommertourismus. Für Beherbergungs-
         unten anzupassen. Nebst einer Grundpau-         beitung der Nah- und Fernmärkte aber auch                          betriebe müssen unter Einbezug der Ge-
         schale werden in Hotels und Ferienwohnun-       die Koordination der Infrastrukturvorhaben                         meinden und Regionen sowie der Landei-
         gen die Kapazitäten besteuert und nicht mehr
         wie heute üblich die Anzahl Logiernächte.
                                                         vor Ort.                                                           gentümer Erweiterungsmöglichkeiten an
         Damit wird der erfolgreiche Unternehmer be-         Parallel zur Destinationsbildung arbeitet                      geeigneten Standorten evaluiert werden. Bei
         lohnt. Bei den Unternehmen dient die AHV-       der Kanton gemeinsam mit den Leistungs-                            komplexeren Verfahren – etwa einer Skige-
         Lohnsumme als Bemessungsgrundlage für           trägern an zahlreichen flankierenden Mass-                         bietserweiterung oder -verbindung, bei de-
         den variablen Abgabeteil. Das TAG soll auch
         die Erfolge der Tourismusreform langfristig     nahmen, wie beispielsweise:                                        nen der Einbezug verschiedener kantonaler
         absichern und leistet damit ebenso einen        − Elektronische Tourismusplattform Grau-                           Dienststellen notwendig ist – sollen Vorha-
         wichtigen Beitrag zur Steigerung der Wett­          bünden: Die ePlattform GR ermöglicht es                        ben im Sinne eines One-Stop-Shops intern
         bewerbsfähigkeit.
                                                             den Destinationen, dank verschiedenen                          optimaler koordiniert werden.

                                                         42 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 3-2012
Serie

Das InterContinental Davos Resort & Spa feiert
im November 2013 seine Eröffnung. 200 neue
Vollzeitstellen werden durch das Projekt in
Davos geschaffen.

                                                                                                                                                  Foto: www.stillipark.ch

                                                                                                                    kehrstechnische Anbindung mit der
                                                 Marke graubünden – ein Erfolgsmodell
                                                                                                                    Einführung des SBB-Halbstundentakts für
                                                     Das Regio Plus-Projekt Marke graubün-                          das Bündner Rheintal von noch grösserer
                                                 den wurde in den letzten Jahren konsequent                         strategischer Bedeutung sein.
                                                 weiterentwickelt. Viele Tourismusregionen                              Exemplarisch für die Zusammenarbeit
                                                 kommunizieren mit der Marke graubünden,                            mit anderen Schweizer Gebirgskantonen
                                                 was zu einer Bündelung der Kräfte und so-                          steht das interkantonale NRP-Projekt «San
                                                 mit zu einem sehr hohen Wiedererkennungs-                          Gottardo» unter Beteiligung der Kantone
                                                 wert geführt hat. Sinnbildlich dafür steht die                     Uri, Graubünden, Wallis und Tessin. Das
                                                 aus der TV-Werbung bekannte Kommunika-                             Projekt hat zum Ziel, die Chancen und Po-
                                                 tionskampagne mit den beiden Steinböcken                           tenziale des Gotthard-Raumes zu nutzen und
                                                 Gian und Giachen unter dem Dach der Mar-                           diese zu einer Einzigartigkeit zu kombinie-
                                                 ke graubünden.                                                     ren, die Gäste und Unternehmen anzieht.
                                                     Aber nicht nur viele Anbieter von touris-                      Mittel- bis langfristig sollen markante quan-
                                                 tischen Dienstleistungen sind mit der Marke                        titative und qualitative Wirkungen erzielt
                                                 auf dem Markt präsent; auch verschiedenste                         und der Gotthard-Raum als Ganzes gestärkt
                                                 Bündner Qualitätsprodukte werden heute                             werden.
                                                 unter Verwendung des Steinbock-Symbols
                                                 beworben. Weiter arbeiten diverse Dachver-
                                                                                                                    Wachstum als Kernthema des
                                                 bände, Organisationen und Veranstaltungen
                                                                                                                    Regierungsprogramms 2013–2016
                                                 mit der Marke graubünden. Die Marke stellt
                                                 damit ein wesentliches Instrument zur nach-                           Mit dem Bündner Regierungsprogramm
                                                 haltigen Stärkung des Wirtschaftsstandorts                         für die Jahre 2013-2016, das einen deutlichen
                                                 Graubünden dar und wird konsequent als                             Akzent auf die Erzielung von Wachstum
                                                 Regionenmarke weiterentwickelt.                                    setzt, wird der in den letzten Jahren in der
                                                                                                                    Wirtschaftspolitik eingeschlagene Weg fort-
                                                                                                                    gesetzt und gefestigt. Die Regierung stellt da-
                                                 Interkantonale Kooperationsformen
                                                                                                                    bei folgende Überlegung ins Zentrum: «Die
                                                    Der Kanton ist überzeugt davon, dass die                        Bündner Bevölkerung und die Bündner Wirt-
                                                 Entwicklung einer grossräumigeren Zusam-                           schaft wachsen im schweizerischen Vergleich
                                                 menarbeit in Zukunft zur eigenen Stärkung                          unterdurchschnittlich. Vorrangiges Ziel des
                                                 beiträgt. So wird der interkantonalen Zu-                          Regierungsprogramms ist es, wirtschaftliches
                                                 sammenarbeit grosses Gewicht beigemessen.                          Wachstum zu fördern und damit die Attrakti-
                                                 Im Bereich der Standortpromotion beteiligt                         vität Graubündens als Wirtschafts-, Arbeits-
                                                 sich Graubünden an der Greater Zurich Area.                        und Wohnraum zu erhöhen. Angesichts der
                                                 Die Nähe zum Metropolitanraum Zürich                               demografischen Entwicklung und der sich ab-
                                                 wird aus gesellschaftlicher und wirtschaftli-                      zeichnenden Verknappung der finanziellen
                                                 cher Sicht an Bedeutung gewinnen. Vor die-                         Mittel werden besondere Anstrengungen not-
                                                 sem Hintergrund wird eine optimierte ver-                          wendig sein, um dieses Ziel zu erreichen.»

                                                 43 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 3-2012
Serie

                                                                Im Rahmen von sieben Handlungsfeldern
                                                                                                                     Fazit
                                                             wurden 25 konkrete Entwicklungsschwer-
                                                             punkte und Massnahmen beschlossen, die                      Graubünden ist stark vom Tourismus ab-
                                                             dem übergeordneten Ziel dienen, mehr                    hängig. Von einer Monokultur zu sprechen,
                                                             Wachstum zu erzielen (siehe Kasten 3). Von              ist dennoch nicht gerechtfertigt, da der Be-
                                                             Bedeutung ist auch die laufende Gemeinde-               reich der exportorientierten Industrie sehr
                                                             und Gebietsreform. Durch eine gezielte För-             wertschöpfungsstark ist und in der Wirt-
                                                             derung von Gemeindefusionen sollen die                  schaftsstruktur Graubündens eine entspre-
                                                             Gemeinden gestärkt werden. Langfristig soll             chend wichtige Rolle spielt. Die Herausfor-
                                                             sich der Kanton nur noch in rund 50 Ge-                 derungen bleiben aber auch in den nächsten
                                                             meinden und acht bis zehn Regionen mit                  Jahren gross. Nur durch eine ständige Inno-
                                                             klar umrissenen Aufgabengebieten gliedern.              vationspolitik kann der Kanton im härter
                                                                                                                     werdenden Standortwettbewerb bestehen.
        Kasten 3
                                                                                                                         Durch das Regierungsprogramm akzen-
           Regierungsprogramm 2013–2016                                                                              tuiert, bleibt die Wachstumspolitik auch in
                                                                                                                     den nächsten Jahren die zentrale Thematik
              Die sieben Handlungsfelder des Regierungs-        entierten Industriebetrieben, des Tourismus so-      in Graubünden. Wachstum kann Graubün-
           programms 2013-2016 lauten:                          wie der Regionalentwicklung als strategische Ab-     den vor allem in den Exportbranchen und
           1. Wirtschaftswachstum steigern;                     sicht. Weiter wird das kantonale Wirtschaftsent-
           2. Sich als attraktiver Arbeits- und Lebensraum      wicklungsgesetz aktuell einer Totalrevision unter-   durch die Mobilisierung neuer Potenziale in
              entwickeln;                                       zogen. Die Beratung und Betreuung von investiti-     all seinen Regionen erzielen. Dafür sind weit-
           3. Staatliche Strukturen und Verfahren               onswilligen Personen und Organisationen soll zu-     greifende unternehmens- und investitions-
              vereinfachen und für Bürgerinnen und Bürger       dem durch eine höhere Dienstleistungsqualität
                                                                                                                     freundliche Rahmenbedingungen zu schaf-
              greifbarer machen;                                und Verfahrenskoordination verbessert werden.
           4. Für eine gute Bildung und starke Identität                                                             fen. Verbesserungen in der Koordination der
              sorgen;                                           Weiterführende Hinweise:                             Sektoralpolitiken (Verkehr, Raumentwick-
           5. Eine intakte Umwelt als Kapital für die           − Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubün-          lung, Bildung, Landwirtschaft etc.) sowie die
              Zukunft einsetzen;                                  den: www.awt.gr.ch.
                                                                                                                     Weiterführung der strukturellen Reformen
           6. Integration und Sicherheit fördern;               − Bündner Tourismusreform: www.awt.gr.ch, Ru-
           7. Hohe Lebensqualität und soziale Absicherung         briken Themen/Projekte, Bündner                    unterstützen diese Prozesse. Nicht zu verges-
              gewährleisten.                                      Tourismusreform.                                   sen ist die ständig angestrebte Optimierung
                                                                − Regierungsprogramm 2013–2016:                      der Verkehrsverbindungen gegen innen und
              Unter dem Handlungsfeld «Wirtschaftswachs-          www.gr.ch, Rubriken Institutionen,
           tum steigern» bezeichnet die Regierung explizit
                                                                                                                     aussen, welche gerade für einen weitläufigen
                                                                  Parlament, Botschaften, Heft Nr. 11 /
           die Intensivierung der Förderung von exportori-        Botschaften 2011–2012.                             Kanton wie Graubünden von hoher Bedeu-
                                                                                                                     tung sind.                                  m

                                                                                                                                                                      ccnr 10212

        Bei uns oben ist im Winter noch Winter.
        graubuenden.ch
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